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Der Klimawandel ist da und mit ihm immer öfter unerträglich heiße Temperaturen. Den meisten Menschen ist kaum bewusst, dass unser Körper nur in einem sehr engen Temperaturbereich von 37°C optimal funktioniert. Schon bei einer Erhöhung um 0,5°C nimmt die kognitive Leistungsfähigkeit ab. Ab 39°C droht der Hitzekollaps oder sogar ein lebensbedrohlicher Hitzeschlag. Welche Maßnahmen können im Vorfeld einer Hitzewelle persönlich und institutionell ergriffen werden, um hitzebedingte Erkrankungen zu vermeiden? Wie reagiert der Körper auf Hitzestress? Warum stirbt man daran? Wer wird davon betroffen sein? Wen gilt es besonders zu schützen? Der Autor zeigt in seinem Buch, wie wir uns auf die nächsten "Jahrhundertsommer" besser vorbereiten können, um gesund zu bleiben.
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Cover
Über das Buch
Über den Autor
Titel
Impressum
Widmung
Einleitung
Körper und Hitze
Gesundheit und Hitze
Stadt und Hitze
Erde und Hitze
Kosmos und Hitze
Danksagung
Literaturverzeichnis
Der Klimawandel ist da und mit ihm unerträglich heiße Temperaturen. Den meisten Menschen ist kaum bewusst, dass unser Körper nur in einem sehr engen Temperaturbereich von 37 °C optimal funktioniert. Schon bei einer Erhöhung um 0,5 °C nimmt die kognitive Leistungsfähigkeit ab. Ab 39 °C droht der Hitzekollaps oder sogar ein lebensbedrohlicher Hitzschlag. Welche Maßnahmen können im Vorfeld einer Hitzewelle persönlich und institutionell ergriffen werden, um hitzebedingte Erkrankungen zu vermeiden? Wie reagiert der Körper auf Hitzestress? Wen gilt es besonders zu schützen? Der Autor zeigt in seinem Buch, wie wir uns auf die nächsten »Jahrhundertsommer« besser vorbereiten können, um gesund zu bleiben.
Hanns-Christian Gunga ist Geologe, Paläontologe und Mediziner am Institut für Physiologie der Charité in Berlin sowie einer der weltweit renommiertesten Experten für Weltraumedizin und extreme Umwelten Er hat an zahlreichen Raumfahrtmissionen, sowie nationalen als auch internationalen Studien zum Thema Klimawandel und Gesundheit mitgewirkt. Seine Forschungsarbeiten führten ihn u.a. nach Südamerika, Asien und Afrika.
Hanns-Christian Gunga
TÖDLICHE HITZE
Was extreme Temperaturenim Körper bewirken und wie wir unsschützen können
Vollständige eBook-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Originalausgabe
Copyright 2023 by
Bastei Lübbe AG, Schanzenstraße 6−20, 51063 Köln
Textredaktion: Burkard Miltenberger, Berlin
Covergestaltung: Guter Punkt, München nach einem Coverentwurf von Anzinger und Rasp, München unter Verwendung eines Motivs von © stock.adobe.com: anitalvdb
eBook-Erstellung: Jilzov Digital Publishing, Düsseldorf
ISBN 978-3-7517-4854-4
quadriga-verlag.de
lesejury.de
Meinen lieben SöhnenLeonard, Maxim und Arthur gewidmet,die trotz brütender Hitze begeistertin jurassischen Atollen nach Lebensspuren suchten
Hitze ist tödlich – warum eigentlich? Was passiert im Körper, wenn wir Hitzebelastungen ausgesetzt sind? Was zeichnet eine tödliche Hitzewelle aus? Wie reagieren junge, alte, gesunde und Menschen mit Vorerkrankungen darauf? Sind Menschen, Tiere und Pflanzen gleichermaßen gefährdet? Welche Regionen der Erde werden besonders betroffen sein, und welche Maßnahmen zum vorbeugenden Schutz können wir entwickeln? Wie müssen Politik und Wissenschaft zusammenarbeiten, um diese erheblichen Probleme für die Menschheit zu lösen? In diesem Buch geht es um ein ganzheitliches Verständnis der physischen und psychischen Auswirkungen von Hitzestress auf den Menschen, die Grenzen der körperlichen Anpassung – auch unter Einbeziehung evolutionsbiologischer Aspekte – sowie ökonomische, gesellschaftliche Folgen und notwendige politische Schritte, um den durch den Klimawandel ausgelösten globalen Temperaturanstieg mit seinen tödlichen Folgen zu begrenzen.
Dies erfordert, dass wir die wesentlichen physiologischen Grundlagen des Wärme- und Energiehaushalts und der Temperaturregulation des Menschen verstehen, um danach auf die pathophysiologischen, krank machenden Entwicklungen einzugehen. Doch zunächst wollen wir uns verdeutlichen, warum dieses Thema solchermaßen an Bedeutung gewonnen hat und welche Regionen vom Hitzestress besonders betroffen sind, sowohl lokal, etwa die Unterschiede zwischen Stadt und Land, als auch global.
Warum also ist dieses Thema so aktuell geworden? Die Hauptrolle spielen hierbei die zunehmende Anzahl und Stärke von Hitzewellen in Europa. Erstmals ins kollektive Bewusstsein trat das Problem im Sommer 2003. Hier zeigte sich, dass es durch eine ausgeprägte Hitzewelle mit stabiler Hochdruckwetterlage zu Zehntausenden von Toten kommen kann – wenn man unvorbereitet ist. Heute gehen vorsichtige Schätzungen davon aus, dass über 70.000 Menschen in Europa an den Folgen der Hitzewelle im August 2003 gestorben sind. Doch diese Hitzewelle blieb kein singuläres Ereignis, das unter »normalen Gegebenheiten« vielleicht einmal in 100 Jahren auftritt. Nein, hierzulande folgten 2006, 2013, 2015 und 2018 weitere Hitzewellen. Insgesamt gab es 2018 im Mittel 75 Sommertage mit mindestens 25 °C sowie mehr als 20 Hitzetage mit mindestens 30 °C. Beides hatte es seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 nicht gegeben; sogar die Werte des extrem heißen Sommers 2003 mit 62 Sommertagen und 19 Hitzetagen wurden teils deutlich übertroffen. Aber nicht nur in Deutschland kam es zu außergewöhnlichen Temperaturen. So erlebte im Juni 2021 Nordamerika eine der extremsten Hitzewellen seiner Geschichte, die zahlreiche Todesopfer forderte. In Kanada etwa wurden Temperaturen von bis zu 49,6 °C gemessen. Auch für 2022 ließen die Daten des EU-Messdienstes Copernicus nichts Gutes ahnen. Bereits im September zeichnete sich ab, dass der Sommer 2022 der wärmste je in Europa gemessene werden könnte, wobei die Lufttemperaturen insbesondere im August deutlich über den bisherigen Spitzen lagen. An Neujahr 2023 schließlich berichtete die Süddeutsche Zeitung, dass – mit Temperaturen von teilweise 20 °C an Silvester – das Jahr 2022 tatsächlich das wärmste Jahr seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Deutschland war. Und nicht nur das: Das Jahr 2022 war gezeichnet durch viele Sonnenstunden, extreme Trockenheit und extrem niedrige Pegelstände an Mosel, Rhein und Ruhr. Im Zeitraum Juli/August war der Schiffsverkehr nur noch eingeschränkt aufrechtzuerhalten. Im Trierer Moselhafen konnten die Schiffe nur noch halb beladen werden, wobei es gleichzeitig keine Ausweichmöglichkeiten auf die Schiene gab, weil die Kapazitäten der Deutschen Bahn im Güterverkehr bereits erschöpft waren. Niedrige Pegelstände traten und treten immer wieder auf, das Besorgniserregende ist, dass es inzwischen so früh im Jahr dazu kommt, was vollkommen unüblich ist. Aber die Rekordtrockenheit und –hitze setzte nicht nur den Gewässern zu, sondern auch Tieren und Pflanzen – und das in ganz Europa. Laut Untersuchungen des DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt) gingen allein in Deutschland im Zeitraum 2018 bis 2021 fast fünf Prozent der gesamten Waldfläche, dies sind rund 501.000 Hektar, verloren. Für die wechselwarmen Fischbestände in den Flüssen und Seen bedeuten die höheren Temperaturen einen geringeren Sauerstoffgehalt im Wasser bei gleichzeitig höherem Bedarf. Zudem führen die höheren Temperaturen zu einer verstärkten Algenbildung und einem zunehmenden Zerfall von pflanzlichen Bestandteilen. Beide Prozesse benötigen Sauerstoff und senken den Sauerstoffgehalt in den Flüssen zusätzlich. Verheerende Auswirkungen auf den Fischbestand kann dann ein zunehmender Salzgehalt in den Gewässern haben, der das Wachstum einer bestimmten salzliebenden Algenart (Prymnesium parvum) exponentiell befördert, wie dies im August 2022 in der Oder geschah. Wie man an diesen wenigen Beispielen erkennen kann, sind die Auswirkungen des Klimawandels ungemein komplex und vielfältig – sie treffen die Lebensgrundlage von Menschen, Tier- und Pflanzenwelt, lokal, regional und global. In diesem Sinne hat erst im Januar 2023 der Sachverständigenrat Gesundheit und Pflege in seinem Gutachten »Zur Resilienz im Gesundheitswesen« darauf hingewiesen, dass gerade im Blick auf den Klimawandel das Prinzip »Health in All Policies« der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gestärkt werden muss. Dieser Strategieansatz der WHO geht davon aus, dass Prävention, Gesundheitsförderung und gesundheitliche Versorgung nicht allein Aufgaben des Gesundheitssektors sind, sondern ressortübergreifend in allen Politik- und Themenfeldern öffentlichen Handelns verfolgt werden sollten. Denn vereinfacht gesagt, hängen die tatsächlichen Auswirkungen des Klimawandels auf die Gesundheitslage der Bevölkerung von unterschiedlichen Faktoren ab, zum Beispiel von der Globalisierung, von den Migrationsbewegungen, der ökonomischen Entwicklung der betroffenen Länder und von der Interaktion dieser genannten Felder miteinander. Die daraus resultierenden Auswirkungen unterteilt man in primäre oder direkte Auswirkungen, sekundäre, die das Öko-System betreffen, und tertiäre, die insbesondere das Soziale, die Gesellschaft berühren. Aufgrund dieser Ausgangslage erscheint für die Bewältigung der Auswirkungen des Klimawandels ein integrativer Ansatz zur Lösung der anstehenden Fragen besonders geboten. Wie der deutsche Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen 2023 und andere wissenschaftliche Institutionen gleichfalls betonen, ist der Klimawandel als die absehbar größte Gefahr für die Gesundheit in der Zukunft anzusehen. Der Sachverständigenrat fordert deshalb in seinem Gutachten zum Beispiel verbesserte Monitoringsysteme, um die Auswirkungen von Hitzewellen besser beurteilen und optimierte Vorsorgemaßnahmen auf verschiedenen gesellschaftlichen Ebenen entwickeln zu können. Wie genau diese Gefahren durch den Klimawandel aussehen, welche Gegenmaßnahmen zu ergreifen sind und warum, das soll in den folgenden Kapiteln erläutert werden. Beginnen wir damit, die aktuelle thermische Lage unseres Planeten zu beschreiben, um danach die physiologischen Grundlagen des Wärmehaushaltes und der Temperaturregulation des Menschen kennenzulernen, um zu begreifen, wie unglaublich eng die Grenzen der Anpassungsfähigkeit für den Menschen und andere Organismen auf unserem Planeten gesteckt sind.
Warum liegt eine Schlange in der Sonne? Will sie sich bräunen? Körperzellen haben Türen, wozu das denn? Und – was hat das mit Lieferketten zu tun? Torpor, Hibernation und Ästivation – wann könnte was sinnvoll sein?
Was ist der Unterschied zwischen endothermen und ektothermen Organismen? Was bedeutet »thermokonform« und »homoiotherm«? Wie halten endotherme Organismen ihre Körpertemperatur aufrecht? Was sind die »thermische Neutralzone« und die »Indifferenztemperatur«? Wie beeinflussen Umgebungsbedingungen die Leistungsfähigkeit des Menschen? Dies sind die Fragen, die in diesem einleitenden Kapitel geklärt werden sollen.
Zu den endothermen Organismen, oft auch homoiotherme, gleich-warme bezeichnet, zählen beispielsweise Vögel, Säugetiere und der Mensch. Diese Organismen sind in der Lage, weitgehend unabhängig von der Umgebungstemperatur und ihrer körperlichen Aktivität ihre Körpertemperatur im Körperkern relativ konstant zwischen 36 und 37,5 °C zu halten; man nennt dies auch die Normaltemperatur. Abweichungen von diesem Temperaturbereich können nur in einem sehr geringen Rahmen und zeitlich begrenzt toleriert werden. Um diese Konstanz der Körpertemperatur bei kühlen Umgebungsbedingungen zu gewährleisten, benötigen endotherme Organismen einen vier- bis fünffach höheren Stoffwechsel und Isolationsschichten, um Wärmeverluste zu minimieren. In vielen Fällen dient dazu ein dickes Unterhautfettgewebe oder ein dichtes Fell. Bei den Vögeln übernimmt diese Isolationsfunktion ein Federkleid. Führen hingegen Bedingungen zu einer Wärmebelastung des Körpers, sei es durch hohe Umgebungstemperaturen oder schwere körperliche Arbeit oder beides, muss die Wärmeabgabe gesteigert werden. Der Mensch hat hierzu im Laufe der Evolution sein dichtes Haarkleid verloren, Schweißdrüsen und eine komplexe Durchblutungsregulation der Haut entwickelt; anatomische Veränderungen, die dem Organismus eine kontrollierte und effiziente Steuerung der Temperaturregulation ermöglichen, worauf wir noch zu sprechen kommen werden. Der Vorteil einer gleichbleibend hohen Körpertemperatur liegt darin, dass dem Organismus auch bei kühlen Umgebungstemperaturen eine größere Aktivität ermöglicht wird, zum Beispiel in der Nacht, und ganz neue Lebensräume auf dem Planeten erschlossen werden konnten, wie die Polargebiete.
Als thermische Neutralzone bezeichnen Physiologen den Bereich der Umgebungstemperatur, in dem allein durch eine Regelung der Hautdurchblutung eine ausgeglichene Wärmebilanz erzielt werden kann. Auf den Menschen übertragen heißt das, die Person friert nicht, und es ist ihr nicht zu heiß, sodass sie zu schwitzen beginnt. Die Indifferenztemperatur hingegen ist diejenige Temperatur, bei der der Mensch den niedrigsten Energieumsatz aufweist. Bei geringer Bekleidung liegt dieser Wert bei 27 °C. Abweichungen hiervon nach unten und nach oben auf der Temperaturskala kann es geben, wenn die Luftfeuchte, die Windgeschwindigkeiten, die Strahlungstemperaturen oder sich der Aktivitätsgrad verändern; denn bei physischer Arbeit fällt viel Wärme an, die zu einem Anstieg der Körpertemperatur führt. Bei dem endothermen Organismus kann deshalb bei schwerer körperlicher Arbeit in kalter Umgebung ein hoher Temperaturgradient zwischen Körper und Umgebung bestehen – unter Umständen mehr als 40 °C. Bei den ektothermen Organismen wie Amphibien, Reptilien oder Fischen ist der Temperaturgradient gegenüber der Umwelt hingegen gering (weniger als 5 °C). Ihre Körpertemperatur und damit ihre Aktivität hängen weitgehend von den vorherrschenden Umweltbedingungen ab. Ein Reptil, wie die Schlange, legt sich nicht in die Sonne, um sich zu bräunen, sondern um durch das Bad in der Sonne die Körpertemperatur zu steigern und dadurch aktiver sein zu können. Der unbestreitbare Vorteil dieser Art des Stoffwechsels liegt darin, dass diese Organismen aufgrund ihres niedrigen basalen Metabolismus in der Lage sind, lange Phasen von Nahrungsmangel zu überbrücken, manchmal mehrere Monate, wie wir sehen werden.
Eigentlich ist die Bezeichnung »gleich-warm« für endotherme Organismen nicht ganz korrekt, denn die Temperatur ist innerhalb des Körpers an verschiedenen Stellen unterschiedlich hoch, was von der jeweiligen Stoffwechselaktivität der Organe, der Wärmebildung, abhängt. Im Körperkern, also der Kopf-, Brust-, Bauchhöhle, liegt die Temperatur bei 37 °C, das ist der sogenannte Sollwert, der durch eine alte anatomische Struktur im Gehirn, dem Hypothalamus, kontrolliert wird. In der Körperschale der Haut, Unterhaut und den Extremitäten messen wir unter Ruhebedingungen deutlich niedrigere Temperaturen in den Geweben, die zwischen 28 °C und 36 °C liegen können. Dieser Temperaturgradient ist sehr wichtig, denn er ermöglicht einen Wärmetransport vom Körperkern zur Körperschale, um die im Stoffwechsel produzierte Wärme abzugeben.
Was wir als eine angenehme, zu kalte und oder zu warme Umgebung empfinden, dies ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich und wird nicht nur von den klimatischen Umgebungsbedingungen (Lufttemperatur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit) beeinflusst, sondern auch von der Körperzusammensetzung, dem Alter, dem Geschlecht, dem hormonellen Status. Die Temperatur, die von den meisten Erwachsenen in Mitteleuropa weder als zu heiß noch als zu kalt empfunden wird, nennt man Neutraltemperatur. Sie liegt für einen leicht bekleideten Menschen in Ruhe bei mäßiger Luftfeuchtigkeit (50 %) und Windstille bei etwa 27 °C.
Unter diesen Bedingungen halten sich Wärmeproduktion und –abgabe die Waage. Bei hohen Umgebungstemperaturen, insbesondere in Verbindung mit hoher Luftfeuchtigkeit, körperlich anstrengender Arbeit und/oder dem Tragen von Schutzkleidung (z. B. im Gesundheitswesen, bei der Feuerwehr), kann dieser Bereich der Neutraltemperatur jedoch schnell überschritten werden. Wenn nicht rechtzeitig Maßnahmen getroffen werden, um die Hitzebelastung für den Organismus zu senken – längere Ruhezeiten einhalten, Bekleidungsstücke ablegen oder Räume klimatisieren –, kann dies die kognitive und körperliche Leistungsfähigkeit des Menschen erheblich beeinträchtigen oder sogar seine Gesundheit gefährden. Wir werden auf das Thema von Temperaturgrenzwerten in Gebäuden noch eingehen, nur so viel hier an dieser Stelle: Wird in einem Raum eine Lufttemperatur von 35 °C überschritten, so ist dieser in Deutschland ohne technische, organisatorische oder personenbezogene Maßnahmen für die Zeit der Überschreitung nicht als Arbeitsraum geeignet. Aber bindende, gesetzliche Vorgaben – wie wir in einem späteren Abschnitt sehen werden – gibt es erstaunlicherweise in Deutschland nicht.
Wie wird eigentlich Wärme im Körper transportiert, und wo und warum entsteht sie? Der äußere Wärmetransport erfolgt hauptsächlich durch Konvektion, Strahlung und Evaporation. Bei der Konvektion wird Wärme durch den Kontakt mit einem Fluid wie Luft oder Wasser übertragen. Strahlung bezieht sich auf die Abgabe von Wärmeenergie durch elektromagnetische Strahlung, die von der Körperoberfläche ausgestrahlt wird. Evaporation bezieht sich auf die Verdunstung von Wasser von der Haut- und Atemwegsoberfläche, wodurch Wärmeenergie in Form von Latentwärme abgegeben wird.
Diese Wärmetransportmechanismen werden vom Körper in unterschiedlicher Weise genutzt, abhängig von Umgebungstemperatur, Luftfeuchtigkeit, körperlicher Aktivität und anderen Faktoren. Ein Ungleichgewicht zwischen Wärmebilanz und Wärmeabgabe kann zu Hitzebelastung und körperlichen Strapazen führen. Das Schwitzen und die anschließende Verdunstung des Schweißes von der Haut sind wichtige Mechanismen zur Wärmeabgabe des Körpers, insbesondere bei hoher körperlicher Belastung und warmen Umgebungsbedingungen. Durch die Verdunstung wird dem Körper Wärme entzogen, wodurch die Körpertemperatur stabil gehalten werden kann. Allerdings ist dafür eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr notwendig, da der Körper sonst dehydrieren kann.
Ab wann aber spricht man von einer Überwärmung oder einer Unterkühlung des Körpers? Gibt es dafür Grenzwerte der Körpertemperatur? Was ist der Unterschied zwischen einer Überwärmung und Fieber?
Eine Überwärmung, eine Hyperthermie, des Körpers liegt vor, wenn die Körperkerntemperatur 37,5 °C überschreitet. Sie ist gekennzeichnet durch ein Missverhältnis zwischen Wärmeabgabe und Wärmeproduktion beziehungsweise Wärmezufuhr von außen an einen Organismus. Typischerweise kann so ein Zustand durch körperliche Arbeit hervorgerufen werden, wenn der körpereigene Stoffwechsel stark gesteigert wird oder der Körper in einer Sauna eine extreme Wärmezufuhr von außen erfährt. Zur Unterscheidung vom Symptom »Fieber« ist es wichtig zu wissen, dass bei der Überwärmung der Sollwert im Hypothalamus, dem Kontrollzentrum für die Körpertemperatur, gleichbleibt. Beim Fieber hingegen kommt es durch die Vermittlung von körperfremden, exogenen (z. B. Bakterienmembranen) und körpereigenen, endogenen Botenstoffen aus dem Immunsystem, sogenannten Pyrogenen, zu einer Sollwertverstellung in der Schaltzentrale des Temperaturregulationszentrums, dem Hypothalamus. Hierdurch erklären sich auch die verschiedenen Begleitsymptome bei Überwärmung und Fieber. Bei einer Überwärmung ist zum Beispiel eine helle rote Gesichtsfarbe typisch, die auf einer verstärkten Hautdurchblutung beruht, um überschüssige Körperwärme abzugeben. Ähnliches trifft auf die Extremitäten, Hände und Füße, zu, die warm und stark durchblutet sind. Bei einem Fieber hingegen hat der Patient ein starkes Kältegefühl, weil jetzt der Sollwert im Hypothalamus von 37 °C auf einen höheren Wert wie 41 °C verschoben worden ist. Um diese Körpertemperatur zu erreichen, wird die Wärmeabgabe im Körper gedrosselt, wo es nur geht. Die Hautgefäße werden verschlossen, wodurch der fiebrige Patient seine typische blasse Hautfarbe bekommt. Die verminderte Durchblutung führt gleichfalls dazu, dass sich die Extremitäten kühl bis kalt anfühlen. Das ist die charakteristische Phase des Fieberanstiegs. Handelt es sich um eine schwere Infektion, kann es zu diesem Zeitpunkt zusätzlich zu einer verstärkten Wärmeproduktion im Körper kommen, die durch Muskelzittern ausgelöst wird und gemeinhin als »Schüttelfrost« bezeichnet wird. Wenn durch verminderte Hautdurchblutung und den gesteigerten Stoffwechsel der neue Sollwert von 41 °C erreicht worden ist, folgt eine Plateauphase im Fieberverlauf, die je nach Krankheitsursache unterschiedlich lange dauert. Ist die Infektion am Abklingen, kommt es zu einer Sollwertanpassung zurück auf das Niveau der Normaltemperatur von 37 °C, es wird der Thermostat im Hypothalamus wieder zurückgedreht. Um diesen Vorgang im Körper zu beschleunigen, werden jetzt die Wärmeabgabemechanismen im Organismus stimuliert. Der Patient in der Phase der Entfieberung schwitzt stark und weist eine deutlich erhöhte Hautdurchblutung auf. Seine Hautfarbe wechselt von blass zu rosarot. In dieser Phase eines typischen Fieberverlaufs wird das Herz-Kreislauf-System durch die Blutvolumenumverteilung im Organismus vom Körperkern zur Körperoberfläche (Haut) und die vorangegangene krankheitsbedingte Ruhigstellung stark belastet. Dadurch besteht in diesem Stadium des abklingenden Fiebers die Gefahr, dass der Patient schon bei leichter körperlicher Anstrengung einen Herz-Kreislauf-Kollaps erleidet. Deshalb ist es vernünftig, sich nach einer überstandenen fiebrigen Erkrankung noch Ruhe zu gönnen.
Das genaue Gegenteil von einer Überwärmung ist die Unterkühlung oder die Hypothermie. Bei einer Hypothermie übersteigt der Wärmeverlust die Wärmeproduktion des Organismus. Sinkt die Körperkerntemperatur unter 35 °C, spricht man im Allgemeinen von einer Unterkühlung. Die betroffenen Personen haben eine schnelle Atmung, kalte Extremitäten, zittern, sind blass und der Herzschlag ist vermindert. Die Unterkühlung ist ein lebensbedrohlicher Zustand insbesondere dann, wenn die Körperkerntemperatur unter 32 °C sinkt. Dann treten vermehrt Herzrhythmusstörungen auf, die zum Tode führen. Solch ein Zustand kann zum Beispiel bei Wassertemperaturen um 5 °C bereits nach 30 Minuten erreicht sein. Bei älteren Menschen, die einen verminderten Stoffwechsel aufweisen, oder bei Kleinkindern, aufgrund ihres ungünstigen Oberflächen-Volumen-Verhältnisses und ihres geringen subkutanen Fettgewebes, können diese Auskühlungsprozesse noch schneller verlaufen.
Bleibt zu klären, wo im Körper die Sensoren zur Erfassung der Körpertemperatur sitzen, wie sie funktionieren und: Warum wird uns eigentlich plötzlich heiß, wenn wir Chilis essen?
Physikalische und chemische Prozesse im Körper, die Wärmeproduktion oder –verlust bewirken, werden wie geschildert im Hypothalamus erfasst. Dies erfolgt, indem die sensorischen Nervenbahnen die Gewebetemperaturen etwa aus der Haut oder den inneren Organen dem Hypothalamus zuleiten. Diese aktuellen Istwerte der Temperaturen in den Körpergeweben werden mit dem vom Hypothalamus selbst generierten Sollwert verglichen. Dieser Sollwert liegt beim Menschen, wie besprochen, bei 37 °C, und wenn man genau hinschaut, zeigt er geringe zyklische Veränderungen im Tagesverlauf. Diese Tagesschwankungen liegen bei +/- 0,5 °C und werden als zirkadianer Rhythmus bezeichnet. Bei der geschlechtsreifen Frau kommen monatliche Temperaturschwankungen durch einen veränderten Hormonzyklus hinzu, die durch eine Ausschüttung des weiblichen Hormons Progesteron hervorgerufen werden. Es erhöht bei der Frau die Körpertemperatur etwa zwei Tage nach dem Eisprung um etwa 0,2 °C bis 0,5 °C. Danach bleibt die Körpertemperatur auf diesem leicht erhöhten Niveau bis zum Einsetzen der nächsten Regelblutung. Diese Phase der erhöhten Körpertemperatur dauert im Durchschnitt etwa zwei Wochen an.