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Wie lang dürfen Schnullerketten sein? Wie krumm Salatgurken? Müssen Seiltänzer Schutzhelme tragen? Und was ist ein EU-konformer Schlafanzug? Norbert Golluch präsentiert die kuriosesten, unsinnigsten und schrägsten Gesetze, Richtlinien und Verordnungen der EU. Ein unerschöpfliches Kompendium technokratischer Regulierungswut und zugleich ein Fest für alle Fans von Realsatiren.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 242
Vorwort: Die Leiden eines Autors an Europa
EU-Bestimmungen: Hahaha, was haben wir gelacht!
Albtraum in Endlosschleife: Was erwartet der EU-Bürger von der EU?
Was die EU so alles reguliert
Wie die EU reguliert
Die EU in Feld, Wald und Wiese
Auf die Sau gekommen: Die EU räumt auf im Schweinestall
»Vogelgrippe«: Bürokraten im Hühnerstall
Schwalben-Verordnung: Schluss mit Vögeln im Stall!
Sündenfall: Die EU-Norm für Äpfel
Versägt: EU-Richtlinie zur Sortierung von Rohholz
Nachts nur mit Muskelkraft: Die EU regelt das Rasenmähen
»1984« mal anders: Der kriminelle EU-Kleingärtner
Perspektiven für neue EU-Naturkatastrophen
Essen und Trinken mit der EU
Aller Anfang ist schwer: Der Versuch der Frühstücksrichtlinien
Die Mutter aller Bürokratie-Monster: Die Gurkenverordnung
Streitpunkt: »Kirschkuchen« oder »Kirschenkuchen«?
Total Banane: Die EU-Verordnung zur gelben Gurke
Die EU sagt: Wasser löscht wohl nicht den Durst …
Knobelfrage: Wer darf wie viel Salz ins Brot streuen?
Richtig süß: Die EU-Norm Honig
Durchgefallen: Grillen mit der EU
Fleischtee? Die EU und der Teebeutel
Mafia-Torte: Die »Pizza Napoletana«
Frage auf Leben und Tod: »Feta« oder »Käse in Salzlake gereift«?
Über das Reiten von Steckenpferden: Öl nicht mehr im Kännchen?
Speisekarte: Alles, was drin ist, muss drauf!
Krisenpunkt: Konfitüre oder Marmelade?
EU-Sprachregelungen: Analogkäse wird zu Pizza-Mix
Wein nur noch aus Trauben: Äppelwoi ade!
Etikettenschwindel: Die EU unterstützt Mogelpackungen
Perspektiven für die EU-Konsumenten-Bevormundung
Big Brother EU – Bürokraten regeln Heim und Hobby
Raucher geschockt: Eine Schachtel Horror bitte!
Brennendes Problem: Die Zündneigung von Zigaretten
Der letzte Strohhalm: Rauchen Sie doch elektrisch!
Endlich: Die EU sorgt für Ordnung im Kleiderschrank!
Definition: Was ist eigentlich ein Schlafanzug?
Da brennt dir die Birne durch: Der Energiesparlampen-Wahnsinn
Es saugt und bläst der Heinzelmann – jetzt nur noch mit 900 W!
Zwangssparen: Duschen nur auf Sparflamme
Klospülung: Sechs Liter sind genug!
EU-Millionenstudie: Gibt es Rohstoffe im Urin?
Game over: Mit der EU gegen unökologische Ballerspiele
Cut: Analogfotografie verboten!
Perspektiven für den Hausfriedensbruch mit der EU
Big Mama EU
Achtung Lebensgefahr! Die EU reguliert die Länge von Schnullerketten
Parttime-Mama: Die Berufsbezeichnung von Tagesmüttern
EU-Gender-Wahnsinn Lasst Kinderbücher brennen für die Emanzipation!
Blasen – nicht ohne meine Mutter: Lebensgefährliche Luftballons
Unter 16: Haarefärben verboten!
Perspektiven für die EU als Super-Nanny
Sex mit der EU
Didödeldi: Fassungsvermögen und minimale Länge von Kondomen
Bumsen statt bolzen: Prostitution während der Fußball-WM
Wenn beim Beamten nichts mehr geht: Kostenerstattung für Viagra
Safe and secure: Mehr Sicherheit bei medizinischen Ersatzteilen?
Relax: Ein bisschen Entspannung zwischendurch
Perspektiven für Sex mit der EU
Die EU am Arbeitsplatz
Dekolleté? Nee! – Die Sonnenscheindauer für Arbeitnehmer
Schlechte Vibrationen: EU schützt Arbeitnehmer am Presslufthammer
Hilfreich: Schutzhelmpflicht für Seiltänzer?
Echte Stütze: Die Sicherheit auf der Leiter
Kantine zu: Danke, EU!
Perspektiven für Big Boss EU
EU goes online
No pussies please: Die Veröffentlichung von Tierbildern im Internet
Spionage verboten: Die EU-Cookie-Richtlinie
Dicke Kohle: Die E-Mail-Steuer
Perspektiven für das Web 3.0 mit der EU
Unterwegs mit der EU
Schluss mit rosa Lappen: Form und Farbe des Führerscheins
Flop: Der Sechzigtonner
Messer ja, Shampoo nein: Was ins Flugzeug darf und was nicht
Treppauf, treppab: Keine Kinderwagen auf Rolltreppen!
Schildbürger: Das deutsche Flachland und seine Seilbahnen …
Perspektiven für das Vollgas-Europa
Schwefelgelb – Gesundheit in Europa
Buntes Chaos: Die Farbe von Rettungswagen
Knüller: Fahrstuhl für den Weinkeller
Katastrophe? Höhere Grenzwerte!
Heilpflanzenverbot? Alles Quatsch!
Perspektiven für den Wunderheiler EU
Fakt oder Fake?
Schnürsenkel? Nicht in der EU!
Endlich: Leinenzwang für Hauskatzen!
Unmenschlich: Apfelschnecken verboten!
Vorbildlich: Ausbildungszwang für Aquarianer
Dem demographischen Wandel sei Dank: Der Führerschein für Rollatoren kommt!
Bedeutende Männer und Frauen regieren Europa
Hitliste der EU-Superstars
Mon dieu, shocking! Die bizarrsten persönlichen Entgleisungen
Mobbing?
Beleidigung?
Alkoholprobleme?
Vetternwirtschaft?
Bestechlichkeit?
Dokumentierte Korruption?
Freiheitsberaubung
Betrug und Körperverletzung
Was die EU unbedingt neu regeln sollte
Die Säulen der Zivilisation: Standfeste Grabsteine
Pustekuchen: Der Alkoholtester für alle
Stopp: Neue Halteverbotsschilder
Blechen für den Staat: Bußgeld kreativ
Kuriosa auf europäischen Straßen: Neue Strafen für Verkehrssünder
Standlichtparken: Neue Beleuchtungsregeln für Automobile
Tuuut: Es lebe die Hupe!
Akademiker? Na und?
Kleiner Kontinent ganz groß: Die Fakten zur Europäischen Union
Das Monster mitten in Europa
Woher kommt das gute Geld?
Apropos kassieren: Die Gehälter
Rechenkünstler: EU-Verschwendung zum Quadrat
Der günstige Quadratmeterpreis
EU vergibt Forschungsauftrag für eine Mundgeruch-Datenbank
Verschwendung in allen Sprachen?
Fragen über Fragen
Nachwort: Erweiterung tut not
Register
Norbert Golluch ist ein vielseitig interessierter Mensch mit viel Humor. Er hat unzählige Bücher veröffentlicht, die den geballten realen Irrsinn dieser Welt zum Thema haben. Seine semi-dokumentarische Stoffsammlung Stirbt ein Bediensteter während der Dienstreise, so ist damit die Dienstreise beendet ist 2009 zum Bestseller geworden.
Norbert Golluch
Die dümmsten EU-Verordnungen
BASTEI ENTERTAINMENT
Vollständige E-Book-Ausgabe
des in der Bastei Lübbe AG erschienenen Werkes
Bastei Entertainment in der Bastei Lübbe AG
Originalausgabe
Copyright © 2014 by Bastei Lübbe AG, Köln
Textredaktion: Matthias Auer
Titelillustration: © shutterstock/fotografos;
© shutterstock/My Life Graphic; © shutterstock/Gruffi
Umschlaggestaltung: Christiane Hahn, www.christianehahn.de
E-Book-Produktion: Urban SatzKonzept, Düsseldorf
ISBN 978-3-8387-5857-2
www.bastei-entertainment.de
www.lesejury.de
Es war albtraumhaft: Können Sie sich vorstellen, einen Text in Ihrer Muttersprache zu lesen, ohne bei der ersten Lektüre irgendetwas zu verstehen außer Bahnhof?
Das aber ist die bittere Realität, wenn Sie sich mit Verordnungen, Richtlinien, Erlassen und Sitzungsprotokollen der EU befassen. Beispiel gefällig?
Delegierte Richtlinie 2014/72/EU der Kommission vom 13. März 2014 zur Änderung – zwecks Anpassung an den technischen Fortschritt – des Anhangs III der Richtlinie 2011/65/EU des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich einer Ausnahme für Blei in Loten und Anschlussbeschichtungen von elektrischen und elektronischen Bauteilen und Beschichtungen von Leiterplatten zur Verwendung in Zündungsmodulen und anderen elektrischen und elektronischen Motorsteuerungssystemen …
Oder auch:
Durchführungsverordnung (EU) Nr. 288/2014 der Kommission vom 25. Februar 2014 zur Festlegung von Vorschriften gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit gemeinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds im Hinblick auf Muster für operationelle Programme im Rahmen des Ziels »Investitionen in Wachstum und Beschäftigung« und gemäß der Verordnung (EU) Nr. 1299/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates mit besonderen Bestimmungen zur Unterstützung des Ziels »Europäische territoriale Zusammenarbeit« aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung im Hinblick auf das Muster für operationelle Programme im Rahmen des Ziels »Europäische territoriale Zusammenarbeit« …
In Abschnitt 10 dieses 48 Seiten umfassenden Verordnungs-Monsters geht es dann übrigens um den Bürokratieabbau, wobei sich ganze vier oder fünf Zeilen zu diesem Thema finden.
Oder ein bezeichnender Auszug aus der DIN EN 12586, der sogenannten Schnullerketten-Verordnung:
Wenn eine Schnur (ausgenommen eine Befestigung formende Schnur) vor oder während den in 6.1.4.1. und 6.1.4.2. beschriebenen Prüfungen der Breite des Bandes so exponiert wird, dass es nicht mehr bedeckt ist, muss bei der Prüfung nach 6.1.4.4. die größte Gesamtlänge der freien Schnur (einschließlich aller zur Anbringung eines Ergänzungsteils benutzten Schnüre) 15 mm betragen.
Alles klar? Nein? Dann werden Sie sicher verstehen, dass sich beim Autor während der Arbeit an diesem Buch des Öfteren Verwirrungszustände und Anfälle von Geistesstörung einstellten. Das ist unter diesen Umständen ganz normal. Bitte üben Sie sich also etwas in Nachsicht, wenn an irgendeiner Stelle der Amtsschimmel, auf dem der Autor ritt, mit ihm durchgegangen sein mag. Immer wieder hat das Mistvieh ihn aber auch abgeworfen und ihm sogar üble Huftritte versetzt. Sie werden schon sehen …
Zudem ist es möglich, dass er an manchen Stellen den allzu verwinkelten Gedankengängen erleuchteter EU-Bürokraten nicht zu folgen vermochte und im Stadium laienhaften Irrtums verhaftet blieb – wie der einfältige Gläubige angesichts päpstlicher Unfehlbarkeit.
Apropos: War da nicht mal irgendwas mit mehr Bürgernähe?
Sei’s drum. Nun aber gleich zur Sache.
Ungläubiges Kopfschütteln und humoreskes Schenkelklopfen über die seltsamen Kommunikationsstrukturen und kuriosen Ideen von EU-Bürokraten ist nicht nur in Deutschland weit verbreitet. Sätze wie »Die spinnen wohl, die da in Brüssel!« – in allen europäischen Sprachen geäußert – sind oft die einzige angemessene Reaktion auf Regelungen, die für einen ganzen Kontinent gelten und natürlich keinesfalls der Erheiterung als vielmehr der großflächigen Regulierung des staatlichen und zwischenstaatlichen Zusammenlebens dienen sollen.
Dabei gilt es allerdings zu bedenken: Wenn es um bürokratische Ergüsse geht, ist Qualität nicht immer das oberste Kriterium. Das wäre indes nicht weiter tragisch, wenn die betreffenden Texte nur vielfach kopiert, registriert, gestempelt, zwischen Aktendeckeln abgeheftet und dann in irgendeinem Archiv endgelagert würden. Dort wären sie wirkungslos und könnten keinen Schaden anrichten. Aber auch absurde administrative Erzeugnisse aus nur schwach erhellten Amtsstuben ziehen eben ernste Folgen nach sich und haben langfristige Auswirkungen auf uns alle. Das gilt es, sich klarzumachen, nachdem man herzlich darüber gelacht hat. Bei Heiterkeit sollte man es also nicht belassen, sondern Einfluss zu nehmen versuchen, und wenn auch nur, um das Schlimmste zu verhindern …
Anders gesagt: Über manche der im Folgenden angeführten Beispiele kann man sich also mit allem Recht der Welt kringeln vor Lachen, wie zum Beispiel über die Sache mit den Schnullerketten – besonders über die Sache mit den Schnullerketten, wie Sie im Folgenden nachlesen können. Ernster wird es bereits bei den Energiesparlampen, wobei offenbar Zusammenhänge nicht zu Ende gedacht wurden und Lobbyinteressen sinnvolle Regelungen verhindert haben. So wie es auch, als weiteres Beispiel, das durch die Presse ging, 2013 im Fall der ab 2020 gültigen CO2-Grenzwerte für Automobile geschehen ist: In diesem wichtigen Zusammenhang war die EU endlich einmal auf dem richtigen Weg – bis Mutti Merkel, wohl geplagt von Zweifeln an der Innovationskraft der deutschen Autoindustrie, die vorliegende Textfassung im Sinne von BMW und Daimler – und gegen den Klimaschutz Partei ergreifend – blockierte und noch einmal einen Aufschub für Spritfresser erwirkte. Das hinderte sie allerdings dann nicht daran, die betreffende Regelung als großartigen Fortschritt zu feiern. (Nebenbei: Alle Politiker feiern jede ihrer Taten als großartigen Fortschritt.) Immerhin, zumindest auf dem Papier werden Autos in den kommenden Jahren sparsamer.
Fazit: Jenseits des Spaßfaktors ist es immer wichtig, sich mit den Fakten und Folgen auseinanderzusetzen und in der einen oder anderen Weise Stellung zu beziehen – sei es als bewusster Konsument oder bei Europawahlen!
Welche Marke fahren Sie übrigens? Apropos: Kohlendioxidausstoß pro Kilometer?
Überall haben sie ihre bürokratischen Griffel, die überbezahlten und unfähigen EU-Bürokraten. Die kuriosesten Gesetze und Erlasse denken sie sich aus, um hilflose Bürger zu schikanieren und zu drangsalieren. Mit allem muss man rechnen:
»EU-Kommission erlässt neue Schlachtregelungfür Kinder …«
Na, na, na, das geht dann doch etwas zu weit. Natürlich korrigierte sich HR-Sprecher Peter Lemke nach diesem Versprecher sofort und machte aus dem menschlichen Nachwuchs wieder Hornochsen, nämlich Rinder. Böswillige Zeitgenossen allerdings könnten annehmen, dass dieser Medienmann möglicherweise – Freud’scher Versprecher – aber auch genau das artikuliert hat, was der EU-Bürger von der Europäischen Union erwartet – nämlich nichts als Verwirrung, Chaos und Horror.
Nein, in der Tat, Bürgernähe ist ihr Ding nicht, und auf Volkes Stimme hört die EU-Kommission nicht einmal ansatzweise. Auch mit dem gesunden Menschenverstand ist sie bisher noch keine Allianz eingegangen. Vieles von dem, was sie bereits realisiert hat und zukünftig umsetzen will, besitzt beachtliches (Real-)Satirepotenzial. Wie sonst wäre es zu erklären, dass man zwischen tatsächlicher Gesetzestat und von Journalisten in humoristischer Absicht erdachten Fake-Erlassen so schlecht unterscheiden kann? Bei weitem nicht nur der Gurken-Erlass war total vergurkt, wie die folgenden Seiten belegen werden. Wobei der, genau genommen, eigentlich gar nicht aus der Feder von EU-Bürokraten stammt, aber trotzdem eben zu einer Art Markenzeichen für europäische Unfähigkeit wurde …
Zuletzt berichtete die Presse über Horrorbilder in neuer Größe auf Zigarettenschachteln, vierfarbige Lungenkarzinome, faule Zähne, Krebsgeschwüre im Rachen und schwarz schwärende Raucherbeine. Werden eigentlich demnächst auch auf Wahlscheinen (zum Beispiel auch für das EU-Parlament) abschreckende Fotos von Politikern und Politikerinnen mit einem gewissen Gefahrenpotenzial zu sehen sein? In den vergangenen Jahren wären Silvana Koch-Mehrin und Jorgo Chatzimarkakis ideale Kandidaten gewesen, oder – in der Bundespolitik – auch Annette Schavan (»Vorsicht! Politik kann zur Enthüllung unangenehmer akademischer Geheimnisse führen!«) bzw. Rainer Brüderle (Prosit). Bildnisse von Karl-Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg mit entsprechendem Kommentar hätten allerdings nur auf großflächige Plakatwände gepasst. Der absolute Knaller internazionale aber wäre vermutlich Silvio Berlusconi gewesen (»Attenzione! Italienische Politiker stehen womöglich in Verbindung mit der Mafia und sind immer wieder in Bunga-Bunga-Affären verwickelt!«). Für Wahlkampfslogans wäre dann jedoch auf den Werbeplakaten kaum noch Platz gewesen – was wiederum nicht unbedingt zum Nachteil gereicht hätte, weil diese Simpel-Schlagwörter meist ohnehin so gut wie nichts aussagen.
Natürlich wird dies aber nicht geschehen, eher werden auf Senfgurken Warnungen vor der Gefahr des Erstickens bei nicht sachgerechtem Verzehr und auf Klobürsten Hinweise wie »Nicht zum Reinigen der Zähne geeignet!« aufgedruckt.
Wenn wir einmal davon ausgehen, dass die EU einst mit einem Vorschuss an Vertrauen bei den Bürgern an den Start gegangen ist – ein großes Europa der Vaterländer, kulturell vielfältig und mit einer gewichtigen Stimme in der Welt, ein territorialer Großraum ohne Grenzen, mit Handel und Wandel ohne Zollschranken und einer Währung für alle, bei derartigen Vorstellungen kann man als EU-Bürger ja schon ins Schwärmen geraten –, so haben die politischen Vertreter der EU und ihre Bürokraten leider über die Jahre und Jahrzehnte jedes noch so positive Image durch ihre fragwürdigen und zum Teil recht unsinnigen Aktivitäten verwässert und die Liebe zur Idee in ihr Gegenteil umschlagen lassen. Das beginnt schon beim Umfang ihrer textlichen Einlassungen mit Rechtscharakter:
Das Vaterunser hat 56 Wörter, die Zehn Gebote haben 297 und die amerikanische Unabhängigkeitserklärung 300. Aber eine Verordnung der EWG-Kommission über den Import von Karamellen und Karamellprodukten zieht sich über 25 911 Wörter hin.
Eine schöne Argumentationslinie, in der Tat, aber die Sache hat einen Haken: Die obige Formulierung ist zwar ein Originalzitat, aber eine EU-Verordnung über den Import von Karamellbonbons gibt es nicht. Mit diesem so überzeugenden Vergleich wurde Alwin Münchmeyer, damals Präsident des Bundesverbandes deutscher Banken 1974 im Spiegel zitiert, die betreffende Verordnung hat er sich, in ironischer Absicht, aber nur ausgedacht. Später übernahmen dennoch zahlreiche Politiker und Journalisten, unter ihnen Franz Josef Strauß oder auch Bodo H. Hauser und Ulrich Kienzle, die scheinbar so bezeichnende Beweisführung zum Nachteil der EU, eben weil sie so aussagekräftig ist.
Auch wenn der Verweis auf die angeblich 25 911 Worte der Karamellbonbon-Verordnung gut klingt und seine Wirkung tut, eine solche Anweisung zum Thema Plombenzieher braucht es gar nicht, es gibt hinreichend andere Beispiele des bürokratischen Blödsinns, den EU-Beamte verzapften und immer noch verzapfen. Es existieren – und diese Aufzählung ist keineswegs vollständig – ungemein wortreiche Vorschläge, Empfehlungen oder Vorschriften für
die Länge von Schnullerketten
den Durchmesser von Äpfeln
den Inhalt von Schweineställen
die Zündneigung von Zigaretten
die Eigenschaften von Pizza
(hierbei handelt es sich um ein besonders aufwändiges Bürokratieprojekt, man könnte schon fast an eine Pizza-Connection denken …)
das Fassungsvermögen von Kondomen
die Kostenerstattung für Viagra für EU-Beamte (schließlich haben sie auch sonst einiges durchzustehen …)
die Schutzhelmpflicht für Seiltänzer
die Farbe von Notdienst- und Rettungswagen
die Nutzung von Teebeuteln
die Sonnenscheindauer für Arbeitnehmer(und im Zusammenhang damit die optimale Fläche des Dekolletes von Biergarten-Kellnerinnen …)
die Veröffentlichung von Tierbildern im Internet
die Form und Farbe von Führerscheinen
die Berufsbezeichnung von Tagesmüttern (»Lebensmittelunternehmerinnen«).
Und dies ist nur kleiner Ausschnitt aus dem großartigen Schaffen von zahllosen engagierten Mitarbeitern an EU-Schreibtischen. Aber mal ehrlich: Hätten Sie von Beamten etwas anderes erwartet?
Eine wichtige Begriffsklärung vorab, bevor es in die detaillierte Darstellung der EU-Großtaten geht: Der Gesetzgeber Europäische Union äußert sich mithilfe zweier Rechtsakte: Es gibt EU-Richtlinien und EU-Verordnungen. Beides sind effektive bürokratische Waffen und sollten eigentlich von der Genfer Konvention als unsinnig und unmenschlich verboten werden – meinen deren Kritiker.
EU-Richtlinien setzen den Mitgliedsstaaten sozusagen die Pistole auf die Brust: Bis zum Soundsovielten des Jahres zweitausend-x müsst ihr, nationale Parlamente, die Regelungen der EU in Gesetze gießen. Das geschieht zwar nicht immer in allen EU-Staaten zu 100 %, versetzt aber wiederum zahllose nationale Parlamentarier, deren Mitarbeiter und zahllose ausführende Beamte in einen hektischen bürokratischen Schaffensrausch mit manchmal unabsehbaren Folgen. Gelingt die Umsetzung, wird es zum Beispiel mancherorts zappenduster, so geschehen infolge der gefürchteten Ökodesign-Richtlinie 2005/32/EG -Glühbirnenverbot.
EU-Verordnungen hingegen sind von unmittelbar durchschlagender Wirkung: Jede noch so intellektuell randständige Regelung, die als EU-Verordnung in die Welt gesetzt wird, ist augenblicklich in der gesamten Europäischen Union geltendes Recht.
Klare Regelung? Nur zwei gesetzgeberische Instrumente? An sich ja, aber damit sind die Bürokraten ja noch nicht fertig. Ob Richtlinie oder Verordnung, der verwaltende Beamte hat erst dann Spaß an seinen Ergüssen, wenn es richtig schön kompliziert wird. Jedes Gesetz braucht Durchführungsbestimmungen, und die heißen in der EU auch – Verordnungen. Wie könnte man besser Chaos anrichten? Zwei unterschiedliche Dinge mit derselben Bezeichnung – das ist Kultbürokratie!
Durchführungsbestimmungen oder eben -verordnungen werden von der EU-Kommission erlassen, der Rat der Gemeinschaft ermächtigt sie dazu. Die unterschiedlichen nationalen Regierungen haben ein Mitspracherecht, eine Vielzahl von Beamten aus den nationalen Ministerien erfreut sich an der Mitarbeit in Ausschüssen und darf sich bei der Formulierung der wunderschönsten Verordnungen einbringen. Ausschüsse sind sozusagen Swingerclubs der Bürokratie. Jeder treibt es exzessiv mit jedem.
Genug Chaos? Nein! Da wäre auch noch eine gewisse Auswahl an weiteren Rechtsinstrumenten, welche sich die Papierkrieger ausgedacht haben, zum Beispiel der Beschluss und der Rahmenbeschluss. Allerdings driften wir hier in Bereiche ab, die das ungeschulte bürokratische Gehirn nicht erfassen kann, ja, der einfache EU-Bürger könnte gar geistigen und seelischen Schaden nehmen, wenn er sich tiefer in dieses Labyrinth vorwagte, was dieses Buch keinesfalls zum Ziel hat. Bleiben wir lieber gesund – und ein wenig unwissend, wenn es gar zu sehr um Spitzfindigkeiten geht …
Gleichgültig, ob der Wanderer in einem EU-Land seinen Fuß auf eine wilde Wiese setzt, ob er Ackerland durchschreitet oder durch einen Garten wandelt – irgendeine EU-Verordnung regelt bestimmt irgendetwas, ohne dass irgendjemand, und schon gar nicht besagter EU-Bürger auf Wanderschaft, darum gebeten hätte. Aber so ist das nun einmal: Wer, ohne die konkreten Folgen zu bedenken, ein Bürokratie-Monster in die Welt setzt (ja, da ist es wieder, jetzt in freier Wildbahn), muss sich nicht wundern, wenn es anschließend umherirrt, nach Beute lechzt und schließlich irgendwo im hintersten Winkel seine Krallen in ein nichtsahnendes Opfers schlägt.
Ach, die gute alte Zeit! Jahrhundertelang lebten Schwein und Bauer ohne jede Vorschrift einträchtig zusammen – beide konnten nicht lesen, was ihre Zufriedenheit noch steigerte; beide fühlten sich wohl unter der Sonne ihres einfachen Universums, das Schwein in seinem Stall, der Bauer in seiner Kate. Was das Schwein anging, nahm das Wohlgefühl allerdings meist ein abruptes Ende. Die Harmonie war nämlich für eine der beiden Parteien trügerisch, die Liaison endete mit ihrem gewaltsamen Ableben, und weitaus häufiger war davon das Schwein als der Bauer betroffen. Aber alles Gute hat eben einmal ein Ende, und bis dahin suhlte sich auch das Schwein im Schlamm archaischer Regellosigkeit. Irgendwann allerdings meinten Brüssels Bürokraten, dass es so einfach nicht weitergehen könne, und begannen an bürokratischen Fesseln zu stricken …
Und so trat die Verordnung Richtlinie 91/630/EWG des Rates vom 19. November 1991 über Mindestanforderungen für den Schutz von Schweinen in Kraft. In diesem Meisterwerk eines oder vielleicht auch mehrerer Schreibtischtäter wird dies und das geregelt, zum Beispiel auch, wer überhaupt was ist. Zu beachten ist hier vor allem der Punkt 10 – ordnet sich doch dort die zuständige Behörde recht eigentlich besehen unter den Schweinen ein:
Im Sinne dieser Richtlinie sind
»Schweine«: Tiere der Gattung Schwein jedes Alters für Zucht- bzw. Mastzwecke;
»Eber«: geschlechtsreife männliche Schweine, die zur Zucht bestimmt sind;
»Jungsauen«: geschlechtsreife weibliche Schweine vor dem ersten Wurf;
»Sauen«: weibliche Schweine nach dem ersten Wurf;
»säugende Sauen«: weibliche Schweine vom Beginn der perinatalen Phase bis zum Absetzen der Saugferkel;
»trockengestellte und trächtige Muttertiere«: Sauen vom Zeitpunkt des Absetzens bis zur perinatalen Phase;
»Saugferkel«: Ferkel vom Zeitpunkt der Geburt bis zum Absetzen;
»Absatzferkel«: abgesetzte Ferkel bis zum Alter von zehn Wochen;
»Mastschweine/Zuchtläufer«: Schweine vom Alter von zehn Wochen bis zur Schlachtung bzw. zum Decken;
»zuständige Behörde«: die zuständige Behörde im Sinne des Artikels 2 Nummer 6 der Richtlinie 90/ 425/EWG (6).
Da es nun kein Problem mehr ist, Ross bzw. Sau und Reiter bzw. Beamte zu benennen, kann man ins Detail einsteigen. So muss der EU-Landwirt etwa dafür sorgen, dass den Schweinen in ihrem Koben »manipulierbares Material« zur Verfügung steht, also Heu, Stroh oder Kompost, damit die Tiere sich artgerecht einrichten können. Das wird ihm nicht ganz leichtfallen, wenn man einen Blick darauf wirft, wie viel Raum den Schweinen laut EU in ihrem Stall zusteht. Schöner Wohnen ist da kaum zu realisieren:
Die uneingeschränkt benutzbare Bodenfläche, die jedem Absatzferkel oder Mastschwein/Zuchtläufer in Gruppenhaltung zur Verfügung stehen muss, muss mindestens folgende Größe haben:
– 0,15 m² bei einem Durchschnittsgewicht der Schweine von bis zu 10 kg,
– 0,20 m² bei einem Durchschnittsgewicht der Schweine von 10 bis 20 kg,
– 0,30 m² bei einem Durchschnittsgewicht der Schweine von 20 bis 30 kg,
– 0,40 m² bei einem Durchschnittsgewicht der Schweine von 30 bis 50 kg,
– 0,55 m² bei einem Durchschnittsgewicht der Schweine von 50 bis 85 kg,
– 0,65 m² bei einem Durchschnittsgewicht der Schweine von 85 bis 110 kg,
– 1,00 m² bei einem Durchschnittsgewicht der Schweine von über 110 kg.
Einmal ganz abgesehen von dem generell skandalös geringen Platzangebot für die künftigen Schnitzellieferanten: ob 0,05 m² mehr Lebensraum das 12-Kilogramm-Schwein wirklich glücklicher machen als das 10-Kilogramm-Schwein mit 0,05 m² weniger? Ob das 108-Kilogramm-Schwein nicht vor Neid erblasst, wenn es sieht, dass das 111-Kilogramm-Schwein über 0,35 m² Standfläche mehr verfügt? Aber vielleicht versteht das 108-Kilogramm-Schwein, dass das 111-Kilogramm-Schwein diese 0,35 m² Standfläche dringend benötigt, um seine letzten Dinge zu regeln, denn dieser eine Quadratmeter ist die letzte Station, bevor Porky Pig zu einer ungewissen Reise aufbrechen muss …
EU-Verordnung macht Bauern wahnsinnig – Gestern wurde der ostfriesische Landwirt Hauke R. (53) mit einem Nervenzusammenbruch, neudeutsch Burnout, in das landwirtschaftliche Sanatorium »Ruhige Scholle« in Norden/Ostfriesland eingewiesen. Er hatte über mehrere Wochen versucht, in seinen Stallungen die Einhaltung der Richtlinie 91/630/EWG für jedes einzelne Schwein zu überprüfen, wobei angesichts der großen Zahl – 12 000 Stück – gewisse Schwierigkeiten auftraten. Auch sahen die einzelnen Tiere den Sinn der Richtlinie nicht ein und weigerten sich beharrlich, die ihnen zugewiesene Bodenfläche korrekt einzunehmen. Sie drängten sich immer wieder auf viel zu engem Raum zusammen oder benutzten als Einzeltiere viel zu große, ihnen gar nicht zustehende Freiflächen, was bei Hauke R. zum sogenannten »Bauer sucht Sau«-Syndrom führte. Der Agronom wird nun mit zwölf anderen Landwirten in der Therapiegruppe »Miss Piggy« einer Desensibilisierungs-Behandlung unterzogen.
Nein, nicht nur das Schwein bedarf des Schutzes durch die EU – auch das in Krisensituationen als kopflos bekannte Hühnervolk kann nur gewinnen, wenn EU-Beamte beschwörende Gesetzesworte zu seinem Wohl verfassen und zum Beispiel endlich einmal klar und eindeutig definieren, was eine Legehenne ist, legten doch Millionen und Abermillionen Hennen bisher Eier, ohne die geringste Ahnung zu haben, wer sie überhaupt sind. Parallel läuft vermutlich ein Alphabetisierungsprogramm für Hennen, dem sich mancher Landwirt anschließen sollte, um den Text der folgenden Verordnung besser verinnerlichen zu können:
Auszug aus der Verordnung zum Schutz landwirtschaftlicher Nutztiere und anderer zur Erzeugung tierischer Produkte gehaltener Tiere bei ihrer Haltung (Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung – TierSchNutztV), bei der EU bekannt unter 2001/312/D:
§ 2 Begriffsbestimmungen
…
4. Legehennen: legereife Hennen der Art Gallus gallus, die zur Erzeugung von Eiern, die nicht fürVermehrungszwecke bestimmt sind, gehalten werden.
5. Nest: ein gesonderter Bereich zur Eiablage.
…
8. Kaltscharrraum: witterungsgeschützter, mit einer flüssigkeitsundurchlässigen Bodenplatte versehener, nicht der Klimaführung des Stalles unterliegender Teil der Stallgrundfläche, der vom Stallgebäude räumlich abgetrennt, den Legehennen unmittelbar zugänglich und mit Einstreumaterial ausgestattet ist
Sind das nicht Worte von großer Schönheit? Vermehrungszwecke …, Einstreumaterial …, Kaltscharrraum – gibt es eigentlich auch einen Warmscharrraum? Ach ja, das klärt doch die folgende Bauernregel:
Der Landfrau tut’s das Herz zerreißen,sieht sie das Huhn aufs Sofa scheißen …
Leider vergaßen die Beamten, das Hühnerei und sein sprachliches Umfeld zu definieren, ein Versäumnis, das man unbedingt vor den Europäischen Gerichtshof bringen sollte. Hier ein paar Vorschläge für eine Erweiterung der oben genannten Verordnung, welche dieses Problem souverän beseitigt:
Ei: Keimzelle von Vögeln der Art Gallus gallus, meist als Hühner bekannt, zunächst erzeugt mit der Absicht der Vermehrung selbiger Art und ursprünglich dazu bestimmt, dem Brutvorgang zugeführt zu werden.
Das natürliche Ei besteht aus drei Teilen: Schale, Eiweiß und Eigelb.
Frühstücksei: Keimzelle von Vögeln der Art Gallus gallus, die durch Hitzeexposition von 2–6 Minuten Dauer mittels kochendem Wasser nach Entfernung der Kalkschale zum menschlichen Verzehr geeignet gemacht wird; man unterscheidet
das weichgekochte Ei (ovum mollum, 2–4 Minuten) vom
hartgekochten Ei (ovum durum, 4–6 Minuten), nicht zu verwechseln mit dem
Weichei (homo degeneratus).
Zum Verzehr wird das Ei meist in einen eigens dafür konstruierten Behälter, den sogenannten Eierbecher gestellt und mit Kochsalz (Natriumchlorid) bestreut. Obwohl sträflicherweise noch keine DIN-Norm für Eierbecher existiert, sollten derartige Behältnisse über eine Höhe von minimal 120 mm über Tischkante und einen Durchmesser zwischen 45 und 55 mm verfügen.
Rührei: durch Aufschlagen und Erhitzen unter Beimengung von Milch, Natriumchlorid und anderen Zutaten nahrungstauglich gemachte Keimzellen von Vögeln der Art Gallus gallus; während des Erhitzens wird die natürliche Struktur des Eies (Eigelb und Eiweiß) durch intensives Durchmengen zerstört, sodass ein einheitlicher, gelber bis goldgelber Nahrungsbrei entsteht.
Spiegelei: durch Erhitzen in der Pfanne unter Beibehaltung der natürlichen Struktur des Eies (Eigelb und Eiweiß) nahrungstauglich gemachte Keimzelle von Vögeln der Art Gallus gallus; auffälligstes Merkmal ist die Aufteilung des Spiegeleies: außen eine weiße, leicht transparente, unregelmäßig begrenzte Fläche aus gestocktem Eiweiß, häufig mit karamellisiertem Rand, innen ein kissenförmiger, gelber bis goldgelber Kern mit flüssigem bis bissfestem Innenteil.
Eine solche Ergänzung würde das ewige Herumeiern rund um das Hühnerei endlich beenden!
Was für ein Chaos in europäischen Ställen! Da laufen nicht nur Nutztiere und Bauern kreuz und quer durcheinander, nein, ohne jede Rücksicht auf das Ordnungsbedürfnis der europäischen Bürokratie drängen auch noch von außen kommende wilde Tiere in die schützenden landwirtschaftlichen Tierbehausungen. Vor allem stören diese im Kuhstall bei einem sehr intimen Akt zwischen Rindvieh und Landwirt, nämlich beim Melken. Hier greift – was für ein Segen – die EU-Richtlinie 89/362 ordnend ein: Während des Melkens sind »Geflügel, Nagetiere und Ungeziefer« im selben Raum verboten. Nichts hat zu krabbeln, zu nagen oder zu flattern, wenn der Bauer bzw. die Melkmaschine zur Sache geht.
Doch da wäre ein flugtaugliches und vielerorts gegenwärtiges Problem auf dem Lande: die Schwalben. Die könnte man zum Geflügel zählen oder als fliegendes Ungeziefer begreifen. So jedenfalls sah das ein Beamter der Kärntner Landesregierung und wollte durchsetzen, dass alle Schwalben aus Österreichs Kuhställen zu verschwinden haben. Basta!
Ja bitte, geht’s noch?, fragen sich da die »Landlust«-Leserin und der leicht nostalgische Naturfreund konsterniert. Schwalben fressen doch Unmengen von Fliegen und anderen lästigen und unhygienischen Insekten – soll der Bauer auf ihre Mitarbeit auf dem Hof verzichten? Und schließlich gehören sie obendrein doch irgendwie zur ländlichen Folklore.
Nein, die EU hatte ein Einsehen, dass Schwalbenverbot wurde nicht durchgesetzt. Ein Sieg des gesunden Menschenverstandes? Wohl kaum, eher kommen wir ins Grübeln: Wenn die EU-Richtlinie 89/362 einheitliche Hygienestandards während des Melkvorgangs festlegt und die Schwalben dennoch bleiben dürfen – warum dann nicht auch Hühner, Enten und Gänse? Welches von den Federviechern hat es am einfachsten, die frische Milch zu versauen? Hühner, Enten und Gänse vielleicht? Die laufen nur auf dem Boden herum und hinterlassen da möglicherweise Unappetitliches. Aber welche Tierart hat als einzige die Chance, in eleganten Kunstflugschleifen die dunggeschwängerte Luft durchmessend gezielt in die Milchkanne zu kacken? Die Schwalben natürlich.
Deshalb unsere Forderung: Schwalben raus aus dem Stall! Oder Hühner, Enten und Gänse wieder rein! Oder … Ach, ist doch egal, so ein Quatsch …
Da die Schwalben-Regelung ja nicht verabschiedet wurde: keine. Wenn man sich aber vorstellt, was geschehen wäre, wenn … Hier der Katalog möglicher Lösungen bei der Umsetzung:
Die Landbevölkerung hätte es machen können wie Hunderttausende Eigenheimbesitzer auch: Alle Schwalbennester radikal entfernen! Das wäre zwar auf die Ausrottung der Art (vermutlich Mehlschwalbe) hinausgelaufen, aber eine schöne Aufgabe für die Landjugend gewesen. Vermutlich wären jedoch die untrainierten Dorfbewohner reihenweise von der Leiter gefallen, weil sie mittlerweile Facebook bedienen, twittern, skypen und stundenlang What’s-appen können, aber nicht mehr fensterln. Wozu auch? Für Sex gibt es doch Pornoseiten und Webcams!
Die mittlere Generation, traditionsbewusste Bewahrer der Schützenkultur, hätten mit der Waffe in der Hand ein fröhliches Vogelschießen im Sinne der EU veranstalten können, vor jedem Stall, und zwar so lange, bis sich keine einzige Schwalbe mehr hätte blicken lassen. Der mit den meisten abgeschossenen Schwalben wäre der Schützenkönig.
Eine weitere Alternative wären Schwalbenschleusen vor jeder Stalltür gewesen, in der einfachen Version einem Mückengitter nicht unähnlich, eine schöne Möglichkeit bietend, der mittelständischen Wirtschaft neue Aufgabenfelder zu erschließen. Die Hightech-Schwalbenschleuse »Swallow-Ex« mit Bauernerkennung, Lichtsensoren und pfeilschnellem Laserstrahl-Eliminator hätte ein Marktrenner werden können …
Auch die kränkelnde Pflanzenschutz-Industrie hätte von neuen Aufträgen profitieren können, das Anti-Schwalben-Spray »Hirundinidex«, in der Großpackung auch vom Spritzenwagen der örtlichen freiwilligen Feuerwehr aus ausbringbar, hätte ohnehin mit Chemie vertraute Landwirte sicher überzeugt.