8,99 €
Nach dem Kampf gegen den Vampirhexer Malik leidet Cael unter Halluzinationen, die die Grenze zwischen Albtraum und Realität verschwimmen lassen. Das Trauma gefährdet nicht nur das Verhältnis zu seinem Rudel, sondern auch seine Beziehung zu Talina. Als ein kleines Mädchen um Schutz bittet, sieht sich das Sauk-River-Rudel mit einem unbekannten Feind konfrontiert. Heimtückische Magie und die gefährlichen Fähigkeiten des Mädchens stellen alle vor ungeahnte Gefahren. Dabei erkennen sie zu spät, dass das wahre Ziel jemand anderes ist.
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Katja Rostowski
Trapped In Blood And Claws
(Band 2)
Trapped In Blood And Claws
© 2024 VAJONA Verlag GmbH
Originalausgabe bei VAJONA Verlag GmbH
Lektorat: Sandy Brandt
Korrektorat: Patricia Buchwald und Susann Chemnitzer
Umschlaggestaltung: Stephanie Saw
Satz: VAJONA Verlag GmbH, Oelsnitz
VAJONA Verlag GmbH
Carl-Wilhelm-Koch-Str. 3
08606 Oelsnitz
Für Felix.
Wenn du noch einmal heimlich unanständige Wörter in mein Manuskript schreibst, verteile ich Kekskrümel auf deiner Sofaseite.
Nach vier Jahren voller Schmerzen und Demütigungen entkommt der unterwürfige Werwolf Cael seinem gewalttätigen Rudel und landet bei Alec und dem Sauk-River-Rudel. Gebrochen und seinem Selbstwertgefühl beraubt, lebt er sich nur schwer ein und kämpft gegen die Angst an, die sein alter Alpha Raffael in ihm verankert hat. Als er eines Abends von den Vampiren Isabelle und Lorenz angegriffen wird, gerät er in ihren Fokus und wird zwei Tage später zusammen mit seiner besten Freundin Josie entführt.
Sie müssen in Käfigkämpfen gegen andere Werwölfe antreten.
Dabei trifft Cael auf die dominante, jedoch ihrem Willen beraubte Werwölfin Talina.
Da Cael sich die Schuld dafür gibt, dass Josie in Gefahr ist, kämpft er gegen seine tief verwurzelte Angst an und kann durch einen Trick entkommen. Dabei findet er heraus, dass Raffael Menschen extra für die Käfigkämpfe in Werwölfe verwandelt und an einen Vampir namens Malik verkauft.
Cael gelingt es, sein Rudel zu kontaktieren. Gemeinsam töten sie die Vampirin Isabelle und befreien Josie und Talina, jedoch sind die anderen Vampire, darunter auch Lorenz und Malik, bereits verschwunden.
Cael offenbart seinem Rudel seine dunkle Vergangenheit bei Raffael. Auch Talina wurde von ihm verwandelt.
Gemeinsam mit Alec, Josie und Josh müssen die beiden zurück in ihre Heimatstadt Davenport, um den König der Werwölfe Niall zu treffen. Dieser will dort über das Schicksal von Raffael entscheiden. Bevor es dazu kommt, werden Cael und Talina, die sich in der Zwischenzeit nähergekommen sind, von einem Anhänger von Malik entführt. Malik entpuppt sich als Hybrid eines Vampirs und eines Hexers, wodurch er bereits mit seinen jungen Jahren außerordentlich mächtig ist. Er will sich für das Chaos, das Cael angerichtet hat, rächen, allerdings ist Caels Blut für ihn einzigartig, dass er ihn mit sich nehmen will.
Caels Rudel stoppt Malik und ein blutiger Kampf bricht aus, bei dem Cael entscheidet, kein Opfer mehr zu sein und all jene zu töten, die ihm oder seinen Freunden schaden wollen.
Cael und Talina töten den Vampir Lorenz und mithilfe der Hexe Roana besiegen die Werwölfe Malik. Bevor sie ihn töten, taucht der Meistervampir Tony auf und erhebt Anspruch auf den Vampirhexer.
Cael und die anderen können nur tatenlos zusehen, wie Malik fortgebracht wird.
Am Ende bleibt Talina in Davenport, jedoch mit dem Versprechen, zu Cael zurückzukehren. Im Epilog stehen die Fürstin der Vampire und Tony dem gefangenen Malik gegenüber, der im Wahn über einen besonderen Werwolf spricht. Die Fürstin will Malik brechen und als Waffe benutzen und befiehlt Tony, besagten Werwolf zu finden. Tony ahnt, dass es sich dabei um Cael handelt. Aus Angst vor dem unberechenbaren Malik und um seine Stadt zu schützen, entscheidet er, dies seiner Fürstin zu verheimlichen.
Das ist kein Date – oder doch?
Goldene Augen starrten mich aus der Dunkelheit zwischen moosbedeckten Baumstämmen an. Der Geruch nach Kiefern brannte sich in meine Nase und ließ meinen Puls in die Höhe schießen. Ein Knurren. Bedrohlich leise und doch vibrierte es in meinen Knochen, als stände der Wolf direkt vor mir.
Etwas Dunkles flackerte kurz in meinem Augenwinkel. Ich blinzelte – und der Wald verwandelte sich in einen harmlosen Busch. Statt auf goldene Augen starrte ich auf einen überquellenden Mülleimer.
Ich schüttelte den Kopf, verdrängte das Hirngespinst. Mit einem tiefen Atemzug beruhigte ich mein Inneres und nahm einen großen Schluck meines eiskalten, grünen Matcha-Frappuccinos.
Ein stechender Schmerz baute sich hinter meiner Stirn auf. Stöhnend kniff ich die Augen zusammen. Selbst als Werwolf war ich vor Hirnfrost nicht geschützt. Toll.
Ich presste Talinas heißen Kaffeebecher gegen meinen Kopf und wartete. Nicht nur auf sie, sondern auch darauf, dass der Schmerz nachließ.
»Sag mal, hättest du dich für heute nicht etwas herausputzen können?« Mein Kollege Billy gesellte sich neben mich auf den Bürgersteig vor dem tristen Bürogebäude.
Verwirrt sah ich zuerst ihn, dann meine Kleidung an. Ein sauberes weißes T-Shirt und darüber ein hellblaues Kurzarmhemd. Dazu eine graue, kurze Hose mit einem hartnäckigen Fleck über dem rechten Knie.
»Warum?«
Billy starrte mich mit weit aufgerissenen Augen an, die durch seine dicke runde Brille noch größer wirkten als ohnehin. »Warum? Cael, du hast gleich ein Date. So kannst du doch nicht mit deiner zukünftigen Frau ausgehen.«
Hitze schoss in meine Wangen. »Das ist kein Date«, grummelte ich und betrachtete eingehend meine Sneaker. Zugegeben, die hatten bereits bessere Tage hinter sich.
»Wer hat ein Date?« Grace trat aus der großen Doppeltür zu uns heraus, setzte ihre Sonnenbrille auf und schulterte die pinke Handtasche. Der Wind stand ungünstig und der intensive Duft ihres Parfüms kitzelte mich in der Nase.
»Kein – hatschi!« Eine heftige Niesattacke unterbrach meinen Einwand.
»Cael trifft sich gleich mit Talina.« Billy rieb sich aufgeregt die Hände.
»Uuhh!« Meine Kollegin strahlte über das ganze Gesicht, bevor sie ihre Augenbrauen zusammenzog und ihren Blick an mir auf und ab wandern ließ. »Hättest du dich nicht etwas schicker machen können?«
Ich verdrehte die Augen, bereute es, Billy überhaupt von Talina erzählt zu haben. »Ich habe kein Date – hatschi! Wir schauen uns nur zusammen nach Möbeln für ihre neue – hatschi – Wohnung um.«
Umständlich rieb ich mir mit dem Ärmel über die Nase, um das Kribbeln loszuwerden.
Billy grinste und schob die Brille seine Nase hoch. »Jaja, rede dir das bloß weiter ein. Warum nimmt eine Frau wohl einen Mann mit und nicht ihre beste Freundin?«
»Na vielleicht, weil ich einen guten Geschmack habe?«
Beide starrten mich an.
Grace lachte los und Billy sagte: »Nichts für ungut, Cael, aber du hast einen miserablen Geschmack in allem außer deiner Musikauswahl.«
Mit einem vernichtenden Blick auf meinen Kollegen nahm ich einen weiteren Schluck meines Getränkes. »Dann braucht sie eben einen starken Mann, der ihr die Möbel ins Auto schleppt.«
»Dafür gibt es einen Lieferservice.« Grace winkte ab. »Rede dich nicht raus, Cael. Du hast gleich ein Date. Nicht alle Dates finden in Bars oder Cafés statt. Manche sind als andere Aktivität getarnt.«
Verträumt sah sie in den blauen Himmel. »Das ist so romantisch. Die ersten zaghaften Annäherungsversuche.«
Billy klopfte mir auf die Schulter. »Denk an unsere Worte, wenn sie dich nach der Shoppingtour noch auf einen Drink einlädt.«
»Ich glaube nicht –«
»Wenn sich der Abend zum Ende neigt«, unterbrach er mich, »bringst du sie nach Hause. Sie lädt dich ein, mit reinzukommen und … BÄM!« Er klatschte laut in die Hände und ich zuckte zusammen.
Unwohl sog ich an dem Strohhalm und wandte mich ab, damit er mein erhitztes Gesicht nicht sah. Bilder von Talina und mir blitzten in meinen Gedanken auf. Hände auf nackter Haut. Unsere Körper eng umschlungen. Das Kribbeln in meinem Magen wurde nur eine Sekunde später durch ein unangenehmes Ziehen ersetzt. So war das zwischen uns nicht. Um ehrlich zu sein, hatte ich gar keine Ahnung, was dieses das eigentlich war.
»O mein Gott, das ist so aufregend!« Grace sprang wie ein kleines Mädchen auf und ab. »Unser Cael hat ein Date!«
»Das ist kein –« Ich presste die Lippen zusammen und sagte stattdessen: »Habt ihr nichts Besseres zu tun, als hier herumzustehen?«
»O nein, jetzt bleiben wir erst recht und warten, bis deine Angebetete dich abholt.«
Stöhnend verdrehte ich die Augen und die beiden lachten los.
Wenn die wüssten, dass Talina und ich uns bereits geküsst hatten.
Die Erinnerung an diesen kurzen, aber intensiven Moment im Kofferraum von Maliks Lieferwagen entfachte erneut dieses nervige Kribbeln in mir. Abgesehen von dem eher harmlosen Abschiedskuss in Davenport, war es nicht erneut passiert. Ein Ausrutscher. Nichts, in das ich mehr interpretieren sollte.
Dass sie überhaupt zurückgekommen war, war mehr, als ich erwartet hatte.
Fünf Wochen war sie bei ihrem Vater geblieben. Fünf Wochen, in denen ich nichts von ihr gehört hatte. Es hätte mich nicht gewundert, wenn sie einfach dortgeblieben und unsere alte Heimat als ihr Revier übernommen hätte. Denn für einen so frisch gewandelten Wolf zeigte sie bereits jetzt genügend Stärke und Dominanz, um ein eigenes Rudel zu gründen.
Aber vor vier Wochen stand sie vor Alecs Tür. Selbstbewusst und entschlossen. Er nahm sie in unser Rudel auf, gab ihr ein Dach über dem Kopf und finanzielle Starthilfe, die sie jedoch ablehnte. Stattdessen suchte sie sich einen Aushilfsjob in einer großen Kanzlei, setzte ihr Jurastudium fort und fand eine Wohnung nur fünfzehn Minuten von meiner entfernt, die sie in zwei Wochen beziehen konnte.
Und statt sich von mir fernzuhalten, wie ich es befürchtet hatte, suchte sie unbeirrt meine Nähe. Und ich … verstand es nicht. Ich war ein verdammtes Wrack. Ein nervöses Nervenbündel mit einer gebrochenen Seele. Zerstört von all dem Grauen der Vergangenheit. Die Erinnerungen verfolgten mich. Bilder, Schreie, meine und die von anderen. Blut. Überall. So viel, dass ich darin ertrank.
Und mit jedem Tag nahm mir diese Dunkelheit, dieser Wahnsinn, ein bisschen mehr den Halt.
Keine Ahnung, was mit mir nicht stimmte. Der Ursprung meiner Angst war tot. Ich hatte gesehen, wie das Leben aus Raffaels Augen gewichen war, hatte gesehen, wie Niall, der König der Werwölfe, Trents Kehle herausgerissen hatte. Mein altes Rudel gab es nicht mehr. Der Schrecken war vorbei – oder?
Denn da draußen gab es noch immer ein Monster. Eines, das lebte, das wartete, das mich jagen würde, sobald es die Möglichkeit dazu hatte.
Malik. Erneut kündigte ein dunkles Flackern im Augenwinkel weiteres Grauen an. Erinnerungen, die sich über meine Augen legten und sich mit der Gegenwart vermischten. Doch es wurde durch das vertraute Brummen eines Motors verjagt. Trotz des regen Verkehrs erkannte ich das Geräusch von Quentins Wagen.
Eine Sekunde später fuhr das schwarze Gefährt auf uns zu.
Ich hob meine zittrige Hand mit dem Kaffeebecher und Talina setzte den Blinker.
»Ah, da kommt die Angebetete!«, rief Billy lauter als nötig.
»Sei bloß still«, murrte ich, innerlich dankbar, dass er meine Gedanken auf andere Bahnen lenkte. Gleichzeitig betete ich, dass mein Kopf nicht so rot war, wie er sich anfühlte.
»Frag sie, ob ihr danach noch was trinken wollt, Cael.« Grace lachte, als ich mich mahnend zu ihr umdrehte. »Und kein Sex beim ersten Date.«
Hastig floh ich in Richtung Van und öffnete die Beifahrertür, was mit zwei Getränkebechern in den Händen gar nicht so einfach war. Ich sprang auf den Beifahrersitz, verstaute die Becher in der Mittelkonsole und zog die Tür zu.
»Fahr!«, rief ich Talina gespielt panisch zu. Aber sie hob nur die Augenbrauen und winkte über mich hinweg meinen beiden Kollegen zu. Die winkten entzückt zurück und Billy stieß einen lauten Pfiff aus. Stumm lachend fuhr Talina los und fädelte sich in den Straßenverkehr ein.
»Hey«, sagte ich etwas verspätet, zog meinen Rucksack hinter mir hervor und verstaute ihn zwischen meinen Beinen. Dann lehnte ich mich zurück. Sie grinste, ohne den Verkehr aus den Augen zu lassen. Dabei bildeten sich kleine Grübchen auf ihren Wangen, an denen mein Blick eine Spur zu lange hängenblieb.
»Wie war dein Tag?«
Sie hob die Schultern, wog den Kopf hin und her.
»Geht so«, übersetzte ich. Sie nickte kurz und deutete mit dem Finger auf mich.
»Ach, wie immer. Nichts Besonderes.«
Da es nicht leicht war, sich mit jemandem zu unterhalten, der keine Stimme mehr besaß, fuhren wir schweigend auf den Highway, der uns nach Minneapolis führte.
Auch wenn ich keine Ahnung hatte, was das zwischen uns war, genoss ich jede einzelne Minute mit ihr. Die Wärme, die sie ausstrahlte und sich geradewegs in mein Inneres schlich. Dieser vertraute Geruch nach Frühling und der Anblick ihres stummen Lachens.
Als sie erzählte, dass sie begonnen hatte, Gebärdensprache zu lernen, hatte ich nicht lange überlegt und mich ihr angeschlossen. Genau wie einige andere aus dem Rudel.
Es würde jedoch noch eine Weile dauern, bis wir uns ohne Notizblock oder Handy verständigen könnten.
An manchen Tagen sehnte ich mich zwar danach, Talinas Stimme zu hören, doch diese unfreiwillige Stille beruhigte mich auch.
Ich war nicht gut im Small Talk und die Gegenwart von dominanten Raubtieren machte es nicht besser, sodass peinliche Witze oder gestotterte Worte meinen Mund verließen. Was wiederum ein nervöses Lachen in mir auslöste und ich mich wie ein lebensunfähiger Volltrottel fühlte.
Bevor ich mich an all die peinlichen Situationen in meinem Leben erinnerte, wanderten meine Gedanken zurück zu Talina.
Seit sie wieder zurück war, trafen wir uns beinahe jeden Tag. Wir bestellten Essen, sahen uns Filme oder Serien an, lachten, redeten über unsere Schulzeit und warum wir uns nie dort über den Weg gelaufen waren, obwohl wir im selben Ort gewohnt hatten.
Sie war viel mit ihrer Lerngruppe in der Bibliothek gewesen und ich mit meiner Band im Proberaum.
Selbst bei den Schulfesten war sie meist zu Hause geblieben, um zu lernen, während ich mit meinen Freunden davon geträumt hatte, irgendwann mal groß rauszukommen.
Und nun war alles anders. Aber eines der wenigen guten Dinge der letzten Jahre war, dass ich Talina getroffen hatte.
Ich mochte sie – sehr sogar. Dank meiner verbesserten Sinne als Werwolf wusste ich, dass sie mich auch mochte. Ich hörte, wie sich ihr Puls beschleunigte, wenn sie mich ansah, roch ihre Nervosität, wenn wir uns einen Moment zu lange in die Augen sahen. Verdammt, ich hatte sogar schon einmal ihre Erregung gerochen. Als Gentleman hatte ich natürlich sofort den Raum verlassen.
Schnell. Sehr schnell.
Ich war geflohen. Die Angst, dass sie nur mit einer einzigen Berührung meine zerbrochene Seele sah, überwog den Drang, ihr näherzukommen. Wenn sie erkannte, was für ein Wrack ich in Wirklichkeit war …
Ich sah sie von der Seite an. Nur eine Armlänge entfernt hing ihr eine gelockte, hellbraune Haarsträhne ins Gesicht. Es wäre ein Leichtes, sie zur Seite zu streichen. Ein kurzer, harmloser Körperkontakt.
Sie wird gehen.
Warum sollte sie mit einem traumatisierten Kerl zusammen sein, der noch immer in der Vergangenheit gefangen war?
Schnell sah ich auf meine Hände hinab, die geballt in meinem Schoß lagen. Mit einem brennenden Klumpen Selbsthass im Magen starrte ich aus dem Fenster und beobachtete die vorbeirauschende Landschaft.
Eine Berührung an der Schulter lenkte meine Aufmerksamkeit zurück auf Talina. Fragend sah sie mich an.
Ich lächelte verkrampft. »Alles gut.«
Sie zog ihre Augenbrauen zusammen und legte sacht ihre Hand auf meine. Ich starrte die Stelle an, an der unsere Haut sich berührte. Ein kurzes, dunkles Flimmern im Augenwinkel, dann krümmten sich ihre Finger. Sehnen traten hervor, die Nägel wuchsen. Erschrocken zog ich meine Hand zurück, doch mit einem Ruck trieb sie ihre gewandelten Krallen tief in mein Fleisch. Ich keuchte auf. Schmerz explodierte, rauschte meinen Arm hinauf. Blut quoll aus der Wunde. Entsetzt zuckte mein Blick zu Talina. Statt auf den Verkehr waren ihre goldenen Augen auf mich gerichtet. Durchdringend. Intensiv. Mit einem Hass, der mir den Atem nahm. Ihre Lippen teilten sich, entblößten messerscharfe Eckzähne. Ein dunkles Knurren drang aus ihrer Kehle. Dann stürzte sie auf mich zu.
Panisch wich ich zurück, knallte mit dem Kopf gegen die Seitenscheibe.
Der kurze Schmerz ließ mich blinzeln und Talina saß wieder vor dem Steuer. Ihr erschrockener Blick wechselte zwischen der Fahrbahn und mir hin und her.
Keine goldenen Augen, keine spitzen Zähne. Ihre Hände lagen auf dem Lenkrad. Ich starrte auf meine Eigenen. Kein Blut.
Stattdessen klammerte ich mich krampfhaft am Sitz fest.
Mein Atem ging hektisch, der Puls rauschte dröhnend laut in meinen Ohren.
Das war nicht real. Nichts davon ist passiert. Nicht real. Nicht real. Nicht …
Talinas Finger bewegte sich auffordernd. Doch ich bekam kein Wort über meine Lippen. Noch immer schlug mein Herz schmerzhaft schnell in der Brust.
Okay. Komm runter, Cael. Alles ist gut … oder auch nicht.
Ich starrte auf den Lastwagen, der vor uns fuhr. Eine Reklame für Hüpfburgen war auf der Heckklappe abgebildet.
Lust auf ein wenig Spaß? Dann ruf mich an! 612-331 …
Ich löste meinen verkrampften Griff um den Sitz.
Talina stieß leise Pfiffe aus, bis ich mich zu ihr drehte. Sorgenfalten hatten sich in ihre Stirn gegraben.
Ich lehnte mich zurück und fuhr mir über das Gesicht. Wartete, bis mein Herzschlag sich beruhigt hatte. »Mir geht es gut.« Ich zwang mich zu einem Lächeln.
»Nur ein …« Ich zögerte. Ja, was zur Hölle war das? Eine Halluzination? Ein Albtraum? Hatte ich geschlafen? Verlor ich den Verstand? Wahrscheinlich.
Ich rieb mir die Augen. »Mein Gehirn hat mir nur einen Streich gespielt«, erklärte ich lahm.
Talina sah mich noch einmal eindringlich an, bevor sie sich wieder auf den Verkehr konzentrierte. Dabei schürzte sie die Lippen und ihre Hände krampften sich um das Lenkrad.
Sie war wütend. Weil ich nicht redete, über diese Wahnvorstellungen, die mich nicht zum ersten Mal heimgesucht hatten. Manchmal waren es nur goldene Augen, die mich aus den Schatten beobachteten. Aber an anderen Tagen waren sie auch grausamer, realer. So wie gerade.
Verstohlen sah ich zu Talina, vergewisserte mich, dass aus ihren Fingernägeln keine Krallen gewachsen waren, die mich zerfleischen wollten. Dass ihre Augen nicht von Hass durchtränkt waren. Doch sie starrte nur mit verkniffener Miene auf die Straße, während mein Herz bei der Erinnerung einen Takt schneller schlug.
Nach knapp vierzig Minuten fuhren wir auf den überfüllten Parkplatz eines großen Möbelhauses. Talina parkte den Van in einer so engen Lücke, dass ich mich nur mit viel Gefluche aus der Tür quetschen konnte.
»Haben die Leute nichts Besseres an einem Freitagnachmittag zu tun?«, grummelte ich, nachdem ich einem mit riesigen Paketen beladenen Einkaufswagen ausgewichen war. Mein Wolf und ich fühlten uns nicht wohl in dem Gedränge. Schreiende Kinder, hupende Autos und ein Stimmenwirrwarr, das in meinen Ohren dröhnte. Gepaart mit dem penetranten Schweißgeruch fremder Menschen und Abgasen.
Mein Magen rumorte, aber nicht vor Hunger. Ich rieb mir das unangenehme Prickeln aus den Fingerspitzen, ausgelöst durch den Gedanken, dass sich hinter jedem Gesicht eine potenzielle Gefahr verbarg. Vampire, die plötzlich im Tageslicht wandeln konnten oder alte Rudelgefährten, die nach Rache sannen.
Talina zog mich ungeduldig am Ärmel Richtung Eingang, vermied es, mich anzusehen. Ihr Ärger auf mich und meine ausweichende Antwort war nicht verflogen, aber die Suche nach einem neuen Bett würde sie hoffentlich davon ablenken.
Ihre Hände wirbelten kurz durch die Luft. Wir sind nicht besser, verstand ich ihre Zeichen.
Als Antwort grummelte ich erneut.
Durch eine Drehtür gelangten wir in das Innere des Gebäudes, in dem sich die Menschenmassen zu meiner Erleichterung besser verteilten.
Talina steuerte zielgerichtet auf die Bettenabteilung zu und setzte sich auf das erstbeste Modell. Sie hüpfte probeweise mit konzentriertem Gesichtsausdruck auf und ab. Beim Anblick des Preisschilds schüttelte sie den Kopf und marschierte direkt weiter.
Trotz der Spannung zwischen uns fiel es mir schwer, meinen Blick von ihr zu lösen. Wie fast immer trug sie eine schwarze Leggings, dazu ein fließendes pastellgrünes Top. Außerdem die roten Chucks, die sie von Rachel geschenkt bekommen hatte. Ihre braunen Haare schmiegten sich in leichten Locken um ihr Kinn. Sie war noch immer eine zierliche Erscheinung, hatte jedoch in den letzten Monaten an Gewicht zugelegt. Hauptsächlich Muskelmasse. Auch ihre Haut war einige Nuancen dunkler geworden.
Was mich aber viel mehr faszinierte, war die Stärke und Entschlossenheit, die Talina ausstrahlte. Ich hatte sie bereits bei unserem ersten Aufeinandertreffen erkannt. Verborgen hinter traurigen Augen und einer Maske aus Hoffnungslosigkeit. Aber seit sie aus Davenport zurück war, war auch die letzte Dunkelheit verschwunden.
In jeder ihrer Bewegungen spiegelte sich die Dominanz ihrer Wölfin wider. Ein stolzes und selbstbewusstes Tier, das an den Schrecken der Vergangenheit gewachsen und nicht zerbrochen war. Ich beneidete sie darum.
Eine Bewegung holte mich aus den Gedanken. Talina winkte mir nachdrücklich zu. Verdammt, ich hatte sie die ganze Zeit angestarrt. Unwohl räusperte ich mich und fuhr mir durch die Haare.
»Und? Hast du was Passendes gefunden?«
Sie schüttelte den Kopf und bewegte genervt ihre Hände.
»Zu teuer?«, übersetzte ich ihre Geste.
Sie nickte.
»Hm, sonst schau doch, ob du ein Schlafsofa findest. Zwei Fliegen mit einer Klappe.«
Sie sah mich an, als hätte ich ihr vorgeschlagen, Dosenwurst mit Marmelade zu essen.
Abwehrend hob ich die Hände. »Ich finde meins gemütlich.«
Sie beendete das Gespräch mit einem Augenrollen und ging weiter zu den einfachen Holzgestellbetten.
Ich folgte ihr. Etwas prallte gegen mich. Verwundert sah ich nach unten und entdeckte einen kleinen Jungen mit wild abstehenden, schwarzen Haaren, hellbrauner Haut und dunklen Augen. Panisch sah er sich um, murmelte unverständliche Worte und drängte sich an mir vorbei. Instinktiv hielt ich ihn an den Schultern fest und hockte mich vor ihm hin.
»Hey, Klei–« Er kreischte auf und donnerte mir eine spitze Faust gegen die Nase.
Mit einem unterdrückten Schmerzenslaut drehte ich mich weg und stützte mich mit einer Hand am Boden ab.
»Autsch!« Ich rieb mir unter der Nase entlang und tatsächlich glitzerte Blut auf meinen Fingerspitzen.
Der – nein – die Kleine besaß ordentlich Kraft. Die kurzen Haare hatten mich getäuscht, denn das Gesicht war zu feminin für einen Jungen und auch die Kleidung deutete auf ein Mädchen hin.
Kurz sah ich mich um, ob ich ihre Eltern entdeckte. »Was sollte das denn?«
Große, dunkle Augen musterten mich zögernd. Sie kniff die Augen zusammen, kam auf mich zu und nahm mein Gesicht in die kleinen, warmen Hände.
»Wenn sie dich fragen«, wisperte sie mit einer seltsam hellen, melodischen Stimme, die mir eine Gänsehaut bescherte, »dann sag, dass ich Richtung Ausgang geflohen bin. Dass ich dich geschlagen habe. Dass ich verrückt bin.«
Für einen kurzen Moment versank ich in der Dunkelheit ihrer Augen, nicht fähig, mich von dem Anblick loszureißen. Ihre Worte krallten sich in meinem Kopf fest, lösten einen Sog aus, den mein Wolf mit einem ängstlichen Jaulen quittierte.
Dann war das Mädchen weg.
Einfach so, innerhalb eines Herzschlages.
Verdutzt blinzelte ich, schaute zu allen Seiten. Betastete meine Wangen, die noch warm von ihrer Berührung waren. Talina tauchte neben mir auf. Ihre Hände wirbelte durch die Luft, aber ich konnte mich nicht darauf konzentrieren. Stattdessen winselte der Wolf in mir unsicher.
»Was zur Hölle?«, murmelte ich und stand langsam auf, ließ meinen Blick erneut durch das Möbelhaus gleiten. Das Mädchen war fort, aber ich spürte noch immer ein leichtes Prickeln auf meiner Haut, als stände sie direkt neben mir. Auch ihr Geruch nach muffiger Kleidung und Angstschweiß verflog nicht.
Stattdessen entdeckte ich einige Meter entfernt fünf Männer, die mich unweigerlich einen Schritt zurückweichen ließen. Mein Puls schoss in die Höhe, auch wenn ich nicht verstand, warum.
Sie waren in dunkle Cargohosen, schwarze T-Shirts mit einer Schutzweste darüber und schwere Stiefel gekleidet. Mit konzentrierter Miene sahen sie sich um und ich befürchtete, dass sie nicht auf der Suche nach einem neuen Sofa waren.
Sie suchten jemanden. Das Mädchen?
Ich sollte mich abwenden, keine Aufmerksamkeit auf mich ziehen, aber meine Füße waren festgefroren. Die Worte der Kleinen geisterten durch meinen Kopf, verlangten, dass ich hier stehen blieb, auch wenn mein gesamter Körper mich zur Flucht drängte.
Ich spannte meine Muskeln an, aber ich blieb unbewegt.
Einer der Männer fixierte mich. Er war jünger als die anderen und passte nicht zu dem Rest der Gruppe, die allesamt wie Mitglieder der Expendables aussahen. Im Gegensatz zu ihnen war er dünn, blass, hatte ein rasiertes Kinn und zu einem Zopf gebundene Haare.
Er war zu weit entfernt, sodass ich seinen Geruch nicht wahrnehmen konnte, aber der Wolf in mir sah in ihm eine größere Bedrohung als in den deutlich muskulöseren Typen.
Knurrend zog sich das feige Tier in die Schatten meiner Seele zurück.
Ich hatte keine Zeit, mich über ihn zu ärgern, denn einer von ihnen, ein Mann mit Glatze, kam entschlossen auf Talina und mich zu. Die anderen folgten ihm.
Über drei Bettgestelle, die zum Glück zwischen uns standen, fragte er: »Haben Sie ein kleines Kind mit kurzen schwarzen Haaren gesehen?«
Nein, wollte ich sagen, doch stattdessen drangen die Worte des Mädchens aus meinem Mund. Das, was sie mir befohlen hatte, zu sagen. Meine Lippen bewegten sich ohne mein Zutun.
»Sie ist Richtung Ausgang geflohen. Sie hat mich geschlagen. Sie ist verrückt.«
Meine eigene Stimme klang fremd in meinen Ohren. Monoton. Talina zischte wütend neben mir und die Männer spannten sich sichtlich an.
»Ist das Mädchen noch bei Ihnen?«
Für Außenstehende hätte die Frage seltsam gewirkt, denn weit und breit war kein Kind zu sehen, doch meine Haut prickelte noch immer von der unsichtbaren Präsenz.
Ja, sie war noch da.
Erneut öffnete ich den Mund, um die Frage des Glatzkopfes zu verneinen, und erneut sprudelten genau dieselben Worte heraus wie zuvor. Wie ein defekter Plattenspieler. Ich ballte die Hände zu Fäusten und auf dem Gesicht des Mannes breitete sich ein raubtierhaftes Grinsen aus.
»Es reicht, Kenda«, rief er.
Talina zerrte an meinem Arm, doch ich konnte mich auf nichts anderes konzentrieren als auf die Männer vor mir.
»Du kannst dich nicht ewig verstecken. Wir wissen, dass deine Kräfte nachlassen.« Er ließ seinen Blick schweifen. »Früher oder später erwischen wir dich.«
Neben ihm flüsterte der Jüngere mit dem Zopf ihm etwas ins Ohr. Sein Blick zuckte überrascht zu Talina und mir. Ich spannte mich an.
Dann nickte er ihm zu und sagte: »Willst du wirklich erneut Unschuldige in Gefahr bringen?« Verdammt, was war hier los? Talina hatte aufgehört, an mir zu zerren. Der Zopf-Typ entfernte sich und steuerte auf einen Notausgang zu.
Eine Berührung an der Hand riss meinen Blick von ihm los und ich sah nach unten – auf das kleine Mädchen. Das Gesicht leichenblass und verschwitzt. Dunkle, fiebrige Augen fixierten mich, hielten mich fest.
»Beschütze mich«, flüsterte sie. Die Worte bohrten sich in mein Gehirn, breiteten sich dort wie zähflüssiger Honig aus.
Talina wich irritiert zurück. Dann heulte der Feueralarm los und ein verdammtes Schlafsofa kam geradewegs auf mich zugeflogen.
Die Gefahren eines Möbelhauses
Tot durch Schlafsofa. So etwas konnte auch nur mir passieren.
Zumindest, wenn ich ein normaler Mensch gewesen wäre. Aber zum Glück war ich das nicht.
Ich packte das Mädchen und sprang im letzten Moment zur Seite. Keuchend blickte ich dem massiven Möbelstück hinterher, das wie eine Walze durch eine Reihe von Bettgestellen hindurch bretterte.
Um uns herum rannten schreiend Menschen davon. Der Feueralarm dröhnte in meinen Ohren.
»Letzte Chance, Kenda!«, rief der Glatzkopf.
»Lasst mich endlich in Ruhe«, schrie das Mädchen heiser, das noch immer in meinem Griff hing.
Ihr viel zu dünner Körper bebte und nicht nur ihre Worte drängten mich dazu, sie zu beschützen, sondern auch ich selbst. Verdammt, sie war noch ein Kind! Geschwächt, verängstigt.
Wut und Adrenalin tanzten durch meinen Körper und ein Knurren stieg in meiner Kehle auf, lockte den Wolf aus seinem Versteck.
Es war mir egal, wer sie war oder was sie getan hatte, diese Männer wollten sie gegen ihren Willen mitnehmen und das würde ich nicht zulassen.
Ich sah kurz zu Talina, die zur anderen Seite ausgewichen war. Unsere Blicke trafen sich und erste goldene Sprenkel zeigten sich in ihren Augen. Sie nickte knapp und gab mir zu verstehen, dass sie das Gleiche dachte.
»Kannst du nochmal so verschwinden wie gerade?«, flüsterte ich dem Mädchen – Kenda – zu. Ich konnte nicht kämpfen, wenn ich sie gleichzeitig beschützen musste.
»Nicht lange.«
»Auf der linken Seite des Parkplatzes steht ein schwarzer Van.« Ich nannte ihr das Kennzeichen. »Warte da auf uns.«
Sie war fort, noch bevor ich das letzte Wort ausgesprochen hatte. Und dieses Mal blieb kein Prickeln zurück.
Vor uns fluchten die Männer und fackelten nicht lange. Doch, statt uns anzugreifen, verteilten sie sich. Verdammt, sie wollten Kenda abfangen, sobald sie wieder sichtbar wurde.
Talina und ich stürmten vor, um sie aufzuhalten, doch ein verdammter Nachtschrank raste auf mich zu. Ich duckte mich, wurde von einem weiteren fliegenden Möbelstück angegriffen.
Holz zersplitterte an meinen Armen, die ich schützend vor mein Gesicht hielt. Erneut prallte etwas Hartes dagegen. Dem Schmerz folgte ein unangenehmes Taubheitsgefühl. Neben mir zertrümmerte Talina mit einem gezielten Schlag einen kleinen Tisch.
Warum zur Hölle griffen uns Möbel an?
Ich hastete neben Talina und gemeinsam duckten wir uns hinter das Kopfteil eines Bettes, das sofort von einer weiteren Attacke erschüttert wurde.
›Hexe‹, gebärdete Talina.
»Hexe?«, rief ich über den Lärm des Feueralarms, nur um sicherzugehen.
Sie nickte nachdrücklich.
Ich verzog das Gesicht. Bitte nicht.
Für einen kurzen Moment tauchte die blutbesudelte Gestalt von der Hexe Roana vor mir auf. Das irre Grinsen in ihrem Gesicht. Der metallische Geruch in der Luft. Mein Magen verkrampfte sich.
»Wir müssen zum Auto.«
Talina nickte und mit schnellen Bewegungen deutete sie auf sich, dann in die Richtung, aus der die Angriffe kamen und auf mich und Richtung Ausgang.
Sie wollte den Angreifer ablenken, damit ich zum Auto konnte. Ich ignorierte das stechende Gefühl in meiner Brust. Der Gedanke, sie zurückzulassen, um selbst wie ein Feigling abzuhauen, ärgerte mich, doch dafür blieb keine Zeit.
Mit Glück sorgte der Feueralarm für genug Chaos auf dem Parkplatz, dass ich unbemerkt zum Van gelangen konnte. Selbst wenn mich die anderen Männer entdeckten, waren sie lediglich Menschen. Zumindest, wenn ich dem Urteil meines Wolfes vertraute. Ich hatte gegen einen verdammten Vampirhexer gekämpft, da würde ich doch locker gegen vier grimmige Expendables-Söldner–Verschnitte ankommen.
»Wir treffen uns an dem Walmart, zwei Straßen weiter.«
Talina nickte und sprang aus unserer Deckung. Ich tat es ihr nach und blickte kurz in das vor Anstrengung verzogene Gesicht des jungen Mannes mit dem Zopf. Er stand zwischen zwei Boxspringbetten und hielt beide Hände ausgestreckt nach vorn. Die Tattoos darauf waren blutverschmiert.
Blutmagie.
Hastig rannte ich los. Hinter mir ging etwas klirrend zu Bruch. Der Hexer fluchte.
Die Möbel um mich herum erzitterten. Ich sprang über ein Sofa, als mich etwas mit voller Wucht am Rücken traf. Schmerzhaft prallte ich auf den Boden und schlug mir das Kinn auf. Ich wurde von einem riesigen Bett auf den Boden gepresst. Das schwere Gewicht drückte mir die Luft aus der Lunge, ließ kalte Panik in mir aufflammen.
Hastig stemmte ich die Hände in den Boden und richtete mich ächzend auf. Mit einem Fluch schleuderte ich das Teil von mir und setzte meine Flucht fort. Das anhaltende Heulen des Feueralarms und das Krachen von Holz begleiteten mich.
Kurz vor dem Ausgang prallte ein Tisch gegen meine Hüfte. Billiges Pressholz, trotzdem tat es weh. Ich stolperte zur Seite und bekam ein Kissen ins Gesicht geschleudert. Weitere kleine Gegenstände prasselten von allen Seiten auf mich ein. Ich kämpfte mich vor, aber als mir etwas die Beine wegzog und ich der Länge nach auf dem Boden landete, wurde ich wütend.
Knurrend richtete ich mich auf. Holz zersplitterte an meinem Rücken. Ich drehte mich zu dem Hexer, der mich aus der Ferne arrogant angrinste. Talina war nirgends zusehen, aber ein riesiger Berg aus zerstörten Schränken und massiven Betten ließ mich vermuten, dass er sie darunter begraben hatte.
Ein Schatten huschte in meinem Augenwinkel entlang und vor mir flackerte die Gestalt des Hexers. Verwandelte sich in Lorenz, in Trent, Malik, Raffael, Isabelle. Ich blinzelte genervt und vertrieb die Monster meiner Vergangenheit.
Scheiß auf den Plan. Der Kerl ging mir auf den Sack.
Ich wandelte meine Fingerspitzen in Krallen und rannte auf ihn zu. Sprang über heranrutschende Stühle, wich einer Lampe aus und ließ eine Vase kurzerhand an mir abprallen.
Die Arroganz im Gesicht des Hexers verwandelte sich in Unsicherheit.
Talinas blutiger Arm tauchte aus dem Möbelberg auf und brennender Zorn wallte durch meine Adern.
Mit einem Aufschrei zertrümmerte ich die heranrasende Kommode noch in der Luft. Der Hexer riss erschrocken die Augen auf und hob erneut die Hände. Die wenigen Meter Abstand zwischen uns überwand ich mit zwei großen Sprüngen und rammte ihm meine Krallen in den Bauch. Im selben Moment bohrte sich etwas in meine Schulter. Ein kleines Küchenmesser. Ein weiteres ritzte mir die Wange auf und das Dritte grub sich in meinen Oberarm.
Keuchend starrten der Hexer und ich uns an. Nur wenige Zentimeter trennten unsere Gesichter voneinander. Warmes Blut lief über meine Hand. Schmerzen pulsierten an mehreren Stellen meines Körpers.
»Lasst das Mädchen in Ruhe«, grollte ich.
Der Hexer öffnete den Mund, doch es kam nur ein feuchtes Gurgeln heraus. Blut quoll über seine Lippen. Er japste nach Luft. Sein Körper zuckte, dann brach er zusammen. Hastig wich ich zurück, starrte verständnislos auf die eingesunkene Gestalt vor meinen Füßen. Auf das Blut auf meiner Hand.
War er …? Hatte ich ihn …?
In meinen Ohren schwoll ein schrilles Fiepen an. Übertönte den Feueralarm, meinen hektischen Atem und das Trommeln meines Herzens.
Hatte ich gerade einen Hexer getötet?
Ich taumelte nach hinten. Starrte auf den leblosen Körper, auf die Wunde in seinem Bauch, aus der pulsierend weiteres Blut floss.
»Scheiße.«
Neben mir landete eine massive Schranktür krachend auf dem Boden und Talina kämpfte sich aus den Überresten verschiedenster Möbel. Sie stieß einen Pfiff aus, sodass ich mich von dem Anblick vor mir losriss. Ich sah in ihr zerkratztes Gesicht. Die Haare standen wirr von ihrem Kopf ab, das Oberteil war an mehreren Stellen zerrissen. Kurz blickte sie auf den Hexer. Ich konnte ihren Gesichtsausdruck nicht deuten, aber wir hatten keine Zeit, uns mit den Konsequenzen meines Handelns auseinanderzusetzen.
Ich zog die Messer aus meiner Schulter und dem Oberarm und ließ sie auf den Boden fallen. Prickelnd setzte die Selbstheilung ein und wir eilten Richtung Ausgang.
Der ganze Kampf hatte nur wenige Minuten gedauert, doch auf dem Parkplatz blinkten uns bereits die Lichter von verschiedenen Einsatzfahrzeugen entgegen. Es wäre zu offensichtlich, aus dem vorderen Ausgang zu verschwinden. Also entschieden wir uns für eine Notausgangstür im hinteren Teil der Möbelausstellung. Im Vorbeirennen schnappte ich mir eine pinke Fliesdecke und rieb mir hektisch das Blut von den Händen.
Ich habe einen Hexer getötet.
Das Bündnis. Das Friedensabkommen.
Ich hatte dagegen verstoßen.
Warum zu Hölle hatte ich das getan?
Vor mir stieß Talina die Tür auf und ich blinzelte gegen die grelle Sonne an.
In meinem Kopf wirbelten die Gedanken umher. Würde man mich töten? Wenn ja, wer? Alec oder Niall? Oder vielleicht doch Richard? Mein Magen verkrampfte. Ich schluckte die bittere Galle hinunter und stolperte hinter Talina her. Vergaß kurzzeitig, dass wir noch ein ganz anderes Problem hatten.
Wir umrundeten das Gebäude und eilten am äußersten Rand des Parkplatzes entlang. Menschen rannten wie verirrte Küken über den Parkplatz. Feuerwehrleute und Sanitäter riefen Befehle, bemühten sich die unkontrollierbare Masse an Menschen zu beruhigen. Autos hupten. Männer brüllten. Nicht nur einmal rief jemand Bombe oder Attentat.
Auch wenn durch den Alarm die Kunden schnell geflohen waren, so gab es sicherlich genügend Augenzeugen, die von umherfliegenden Gegenständen berichten würden. Zwei Polizeiwagen fuhren von der anderen Seite auf den Parkplatz und in der Ferne heulten weitere Sirenen. Der Anblick verknotete mir die Eingeweide. Wir mussten so schnell wie möglich hier weg.
Von den anderen Männern war niemand zu sehen und wir mischten uns in die hektische Masse. Quentins Van stand zum Glück weit hinten, nahe der Ausfahrt.
Im Laufen holte Talina ihr Handy hervor, tippte kurz und ließ es wieder in die eingenähte Tasche ihrer Leggings verschwinden.
Am Van angekommen, suchte ich mit rasendem Puls nach dem Mädchen.
»Kenda?«
Wie aus dem Nichts stand es direkt vor uns. Das Gesicht gräulich verfärbt.
»Bitte«, flüsterte sie – und verdrehte die Augen. Ich fing sie auf, bevor sie auf dem Boden aufschlug. Ich drückte den zerbrechlichen Körper an mich und sah zu Talina. Sie presste die Lippen aufeinander, ließ ihren Blick noch einmal über das chaotische Treiben schweifen, dann öffnete sie die Seitentür des Vans.
Eilig stieg ich ein und setzte mich mit dem Mädchen im Arm auf einen Sitz. Talina startete den Wagen und brachte uns fort von diesem verfluchten Möbelhaus.
Statt Sirenen und schreienden Menschen hallte Taylor Swift mit Fortnight durch das Auto und ließ die letzten Minuten wie einen Fiebertraum erscheinen.
Mein Atem ging noch immer hektisch, meine Schulter tat weh und mein Puls pochte in den Ohren. Schweiß lief kitzelnd meinen Rücken hinab und ich schloss kurz die Augen.
»Heilige Scheiße.«
Talina schnaufte zustimmend.
In was waren wir da gerade hineingeraten?
Ich sah auf das bewusstlose Mädchen hinunter. Ihr gelbes Oberteil mit dem Einhorn war verdreckt, genau wie die helle Jeans. Sie trug keine Schuhe und die Socken wiesen zahlreiche Löcher auf.
»Was ist da gerade passiert?«
Ich begegnete Talinas Blick im Rückspiegel. Die Wölfin lag in ihren Augen.
Dann entlud sich meine Anspannung. Das Adrenalin ebbte ab und mein Körper begann zu zittern.
»Wer ist das Mädchen? Wo sind ihre Eltern? Du hast auch gesehen, dass sie einfach so verschwunden ist, oder?« Die Fragen sprudelten unaufhaltsam aus meinem Mund. »Ich habe mir das nicht eingebildet, oder? Das Ganze ist gerade wirklich passiert. Das war kein Hirngespinst. Oder verliere ich gerade komplett den Verstand?« Meine Stimme war kaum mehr als ein Krächzen. Ich bekam keine Luft.
»Talina! Die Männer, sie … der Hexer … ich … ich …« Ich presste das Mädchen noch enger an mich. »Ich habe ihn getötet!«
Erneut starrte ich in ihre goldenen Augen. Wut glitzerte in ihnen und ich senkte instinktiv den Blick.
Oh, ich war so dumm gewesen! Warum war ich nicht wie geplant zum Auto gerannt? Warum musste ich mich umdrehen und den Hexer angreifen? Natürlich war Talina wütend auf mich. Ich hatte nicht nur mich in Gefahr gebracht, sondern auch das Rudel. Keiner wusste, wie die Hexen auf den Tod eines ihrer Leute reagieren würden. Verdammt!
Ja, das Mädchen hatte mich irgendwie dazu gedrängt, sie zu beschützen, doch auch ich selbst wollte es. Sie war ein Kind. Wehrlos. Natürlich musste ich sie beschützen. Aber ich hätte den Hexer auch einfach bewusstlos schlagen können. Stattdessen hatte ich mich in dem Moment dazu entschieden, ihn zu töten. Ich hatte bewusst meine Krallen eingesetzt und sie in seinen Körper gebohrt. Das war meine Entscheidung gewesen. Ich allein. Fuck!
Eine knappe Stunde später stand ich am Küchenfenster in meiner Wohnung und starrte aus dem Fenster. Suchte nach potenziellen Gefahren. Nach dunkel gekleideten Männern oder einer Armee von Hexen, die mir die Haut von den Knochen schälen wollten. Doch bis auf vorbeifliegendes Laub, das den herannahenden Herbst ankündigte und eine weiße Katze auf einem Müllcontainer, sah ich nichts. Trotzdem blieb das ungute Gefühl, das von einem nervig flimmernden Schatten in meinem Augenwinkel nur noch verstärkt wurde.
Das Mädchen lag mit einer Wolldecke zugedeckt auf meinem Schlafsofa. Dass sie noch nicht aufgewacht war, bereitete mir Bauchschmerzen. Außerdem war ich ungeduldig. Wir brauchten Antworten.
Talina stand neben mir und trank mit großen Zügen ihr Glas Organgensaft leer. Dabei hielt sie mir ihr Handy entgegen.
›Du musst Alec anrufen. Ich habe ihm schon eine Nachricht wegen des Hexers geschickt. Aber er muss genau wissen, was passiert ist.‹
»Er weiß von dem Hexer?«, entfuhr es mir. »O Gott, er wird mich umbringen.«
Talina zischte.
»Ich habe gegen das verdammte Friedensabkommen verstoßen!«
Sie schüttelte den Kopf und tippte etwas auf ihrem Handy. Nervös rieb ich mir über das Gesicht und starrte erneut aus dem Fenster.
›Der Hexer hat uns zuerst angegriffen. Es war Notwehr.‹
Ich las die Worte, aber ihre Bedeutung drang nicht durch die Panik in meinem Kopf. ›Ruf ihn jetzt an. Ich kann es nicht!‹
Natürlich musste ich anrufen. Weil Talina keine Stimme besaß. In diesem Moment regte mich ihr Handicap so auf, dass ich mich knurrend wegdrehte, meine leere Limodose schnappte und sie wütend gegen die Wand schleuderte. Das leichte Gewicht und das klägliche Klack, mit dem die Dose an der Wand abprallte, befriedigte nicht im Geringsten meine Zerstörungswut.
Talina zischte erneut wütend.
»Was?!«, fuhr ich sie an.
Sie hielt mir ihr Handy entgegen, damit ich Alec anrief.
»Ich habe ein Eigenes!« Keine Ahnung, warum ich wie ein bockiges Kleinkind reagierte. Auch Talina rollte mit den Augen. Trotzdem stapfte ich zu meiner Kommode und nahm mein Handy. Ich war nervös, wusste nicht, wohin mit der Wut, der Angst. In meinem Kopf herrschte das reinste Durcheinander. Und eine Sache blitzte immer wieder in meinen Gedanken auf. Ich hatte Scheiße gebaut und ich hatte verdammt große Angst vor den Konsequenzen. Mein Wolf strich unruhig durch sein Versteck, hin- und hergerissen, zwischen dem Drang zu fliehen und dem Wunsch nach Schutz.
Auf dem Sofa regte sich leise stöhnend das Mädchen. Ich verschob den Anruf an Alec, steckte das Handy in meine Hosentasche und eilte zu ihr, hockte mich eine Armlänge entfernt vor sie hin. Talina stellte ein Glas Wasser auf den Tisch und legte einen Schokoriegel daneben.
Der Herzschlag des Mädchens beschleunigte sich und nur eine Sekunde später richtete sie sich hektisch auf. Desorientiert sah sie sich mit rot unterlaufenen Augen um. Talina strich ihr sanft über den Arm, aber sie schlug ihre Hand ängstlich fort.
»Alles ist gut. Du bist in Sicherheit«, sagte ich so leise und beruhigend, wie ich konnte. Sie fixierte erst mich, dann Talina.
»Wo bin ich?«, krächzte sie, strich sich dabei über das wirre kurze Haar.
»In meiner Wohnung.«
Unsicher sah sie sich erneut um, zog die Decke enger um sich.
»Wir sind hier nicht sicher.« Kendas Stimme war so leise, dass ich sie kaum verstand. »Sie werden bald kommen.«
»Meinst du diese Männer?«
Sie nickte, blickte dabei in Richtung Küchenfenster.
»Wer sind sie und was wollen sie von dir?«
Statt einer Antwort füllten Tränen ihre Augen. Talina setzte sich neben das Mädchen und nahm sie in den Arm. Dieses Mal ließ sie die Berührung zu. Kenda sah mich an.
»Ihr seid Werwölfe, oder?«
Wir zuckten zusammen, während mein Wolf seine Zähne bleckte. »Ähm … Woher … Woher weißt du das?«
Genau wie Vampire und Hexen vermieden auch wir es, dass die Öffentlichkeit von unserer Existenz erfuhr. Menschen reagierten in der Regel nicht begeistert auf eine übernatürliche, potenzielle Bedrohung.
Schniefend wischte sie sich mit dem Arm über Augen und Nase. Der Anflug eines Lächelns lag auf ihren Lippen. »Ich kann eure Wölfe spüren. Deiner mag mich nicht besonders.«
Wie zur Bestätigung wurde das Tier in mir unruhiger, je länger Kenda uns ansah.
Wer zur Hölle ist sie? Oder besser gesagt: Was?
Zögernd nahm sie den Schokoriegel von Talina entgegen. Sie wickelte ihn noch bedächtig aus, nur um ihn dann mit zwei Bissen zu verschlingen. Während sie das Glas Wasser in einem Zug leerte, holte ich aus einem meiner Schränke eine Packung Cookies, von denen sie vier Stück hastig verschlang.
»Besser?«, fragte ich und nahm mir auch einen Keks heraus.
Das Mädchen nickte und die Farbe kehrte langsam in ihr Gesicht zurück.
»Danke, aber ich sollte gehen, bevor sie hier auftauchen.«
Ihre Stimme war fest und ihr Blick entschlossen, aber der Geruch ihrer Angst füllte den Raum.
»Moment, wo willst du denn hin?«
Sie hob matt die Schultern. »Keine Ahnung, aber ich habe euch schon genug in Gefahr gebracht. Diese … Leute sind gefährlich. Sie werden euch wehtun.«
Talina schüttelte vehement den Kopf. Ihre Hand formte eine Schnauze vor ihrer eigenen Nase.
»Talina hat recht. Wir sind Werwölfe und das sind nur einfache Menschen. Wir beschützen dich. Und der Hexer …«
Ich schluckte.
Kenda riss die Augen auf. »Was ist mit dem Hexer?«
Ein Klingeln hallte durch meine Wohnung.
Mein Herz setzte für einen Moment aus. Das Mädchen sprang blitzartig auf und fixierte die geschlossene Haustür.
»Sie sind da.«
Es klingelte erneut. Keiner regte sich. Nach und nach klingelte es auch in den anderen Wohnungen. Jemand betätigte den Summer und die Eingangstür im Erdgeschoss ging auf. Kälte breitete sich in meinen Gliedmaßen aus und das Wissen, dass jemand den Feind in unser sicheres Heim gelassen hatte, weckte nicht nur den Zorn des Wolfes.
Ich eilte auf das Küchenfenster zu. Draußen im Schatten auf der gegenüberliegenden Straßenseite stand ein dreckiger, weißer Lieferwagen. Dagegen lehnte ein Mann in dunkler Kleidung, mit Kampfstiefeln und Schutzweste und starrte auf ein Handy in seiner Hand. Einer der Männer aus dem Möbelhaus.
»Sie sind uns tatsächlich gefolgt.«
»Natürlich sind sie das.« Kendas Stimme klang niedergeschlagen. »Sie finden mich immer. Egal, wo, egal, wie weit weg ich bin. Nur in der Geisterwelt bin ich sicher.«
Geisterwelt?
»Werwölfe sind stark, oder?«, fragte sie und wischte sich die Tränen aus den Augen.
»Im Gegensatz zu Menschen schon.«
»Und im Gegensatz zu Hexen?«
»Kommt drauf an«, sagte ich ausweichend und spitzte erneut die Ohren. Schwere Schritte. Ein energisches Klopfen gegen die Haustür im Erdgeschoss.
»Aber der Hexer aus dem Möbelhaus kann dir nichts mehr tun.«
Leise Stimmen hallten durch das Treppenhaus.
»Ihr habt ihn getötet«, wisperte Kenda und das Entsetzen in ihrer Stimme beunruhigte mich. Um dem schmerzenden Ziehen in meiner Brust zu entkommen, drehte ich mich zu ihr um und schob sie kurzerhand in mein kleines Badezimmer.
»Bleib hier, okay? Du brauchst keine Angst zu haben.«
Große, dunkle Augen sahen panisch zu mir hinauf. Ihre Hand ergriff meine, hielt sie eisern fest und etwas änderte sich in dem Ausdruck in ihren Augen. Ich wurde von der Dunkelheit angezogen, verlor mich darin. Mein Wolf stemmte sich zornig dagegen, wehrte sich gegen die Präsenz, die sich in mein Gehirn schlängelte. Ein Knurren stieg in meiner Brust auf.
»Beschütze mich«, wisperte Kenda und ihr Wunsch verfestigte sich in meinem Sein. Verstärkte mein eigenes Bedürfnis, das ich ihr gegenüber empfand.
Ich schenkte ihr ein kleines Lächeln. »Das hätte ich sowieso getan.«
Der Anflug von Scham huschte über ihr Gesicht, dann schloss ich die Tür und stellte mich neben Talina.
Adrenalin pumpte durch meine Venen und mit rasendem Puls wartete ich auf die Menschen, die es wagten, in mein Heim einzudringen.
Weiche, Dämon
Meine dünne Haustür erbebte unter zwei heftigen Schlägen.
»Klopf, klopf«, sagte die bekannte Stimme des Glatzkopfes.
»Wer ist da«, murmelte ich.
»Mr. Hayes?« Meinen Nachnamen von diesem Kerl zu hören, steigerte meine Nervosität. Neben mir wandelte Talina ihre Fingerspitzen zu Werwolfskrallen. Auch meine Fingerspitzen prickelten, doch ich hielt mich zurück. Das Bild des toten Hexers blitzte durch meine Gedanken, gefolgt von dem unschuldigen Mann in der Gasse, dem mein Wolf auf der Flucht vor den Vampiren die Kehle aufgeschlitzt hatte. Dies waren Menschen. Ich musste sie nicht töten. Verdammt, ich brauchte nicht noch mehr Albträume.
»Sie haben was, was uns gehört.«
Kein Wort über den toten Hexer. Wussten sie überhaupt schon davon oder waren sie genau wie wir abgehauen, als die Polizei aufgetaucht war? Erneut erzitterte meine Tür und der erste Riss zog sich durch das Holz.
»Den Schaden müssen Sie aber meinem Vermieter erklären.« Ein kleiner Hinweis, dass wir in diesem Haus nicht allein waren. Wenn die Kerle weiter auf meine Tür einschlugen, bestand die Gefahr, dass jemand die Polizei rief. Vielleicht hielt sie das zurück.
Der Kerl lachte auf und ein schwarzer Stiefel donnerte durch das Holz neben dem Türgriff.
Oder auch nicht. Talina und ich wichen jeweils zu den Seiten aus und positionierten uns direkt neben der Tür, die unter dem nächsten Tritt krachend aufschwang. Ich stand direkt dahinter, stieß sie mit Wucht wieder zurück und donnerte sie gegen denjenigen, der auf der anderen Seite stand. Er jaulte auf und ich grinste, bis ein erstickter Schuss erklang und Talina zur Seite sprang.
Sie hatten Schusswaffen!
Die Männer stürmten meine Wohnung. Adrenalin schoss wie ein Feuerwerk durch meine Venen. Setzte meinen Körper und Geist in einen Überlebensmodus.
Ich duckte mich unter einem ausgestreckten Arm hinweg und donnerte meine Faust in den Magen des Typen. Stöhnend krümmte er sich und ich riss mein Knie nach oben. Es knackte, Blut spritzte zu den Seiten. Seine Waffe fiel zu Boden und er torkelte nach hinten zurück in den Hausflur.
Von der Seite traf mich etwas Nasses im Gesicht. Ein Typ mit Brille hielt mir drohend ein großes Holzkreuz entgegen und murmelte lateinische Wörter. Dabei wedelte er mit einem offenen Fläschchen durch die Luft.
Verwirrt wischte ich mir über das Gesicht.
»Werwolf!«, rief der Mann aus dem Hausflur erstickt.
Kurzerhand änderte er seine Taktik und bewarf mich mit dem Fläschchen, das mich schmerzhaft am Kinn traf.
»Hey!«, beschwerte ich mich und bekam direkt noch das schwere Kreuz gegen den Kopf.
Ich stolperte einen Schritt nach hinten und sah kurz Sterne.
Jetzt reicht es aber!
Ich wollte nur ein verdammtes Bett mit Talina aussuchen und jetzt schossen irgendwelche Irren in meiner Wohnung herum und bewarfen mich mit Requisiten aus Der Exorzist.
Ich sprang vor und schlug ihn mit einem gezielten Treffer gegen den Kopf bewusstlos.
Zumindest dachte ich das, denn ich hatte mich mit meinen Werwolfskräften nicht zurückgehalten. Aber Brillen-Mann fing sich am zerfetzten Türrahmen ab und ging seinerseits auf mich los. Verdammt, der musste einen Schädel aus Stahl haben. Er rammte mich wie ein Stier und wollte mich zu Fall bringen. Ich hielt dagegen. Solange, bis er mir die Beine wegzog und ich hart auf den Rücken prallte. Sofort war er über mir. Ich trat ihm die Füße in den Magen, wodurch er kurz vom Boden abhob und stöhnend zusammenbrach.
»Sorry«, murmelte ich, rappelte mich hastig auf und sah, wie Talina einen Schlag ihres Gegners abwehrte.
Diese Typen waren zäh. Aber nicht nur das. An ihnen haftete ein Geruch, der mir vertraut vorkam.
Bevor ich nach der Waffe auf dem Boden greifen konnte, traf mich etwas mit solcher Wucht an der Wange, dass mein Jochbein knirschend brach. Schmerzen explodierten in meinem Gesicht und ich stolperte zwei Schritte nach hinten. Keuchend hielt ich mir eine Hand an die heiß pochende Stelle und blickte dem dritten Typen in die grimmige Visage. Blut bedeckte die untere Hälfte seines Gesichts.
An seinen erhobenen Fäusten steckten Schlagringe. Nach dem grässlichen Brennen auf meiner Haut zu urteilen, mit Silber überzogen. Was zur Hölle?
Entschlossen schritt er auf mich zu und die instinktive Angst vor dem Silber trieb mich nach hinten. Ich wehrte einen weiteren Schlag ab, doch das Metall brannte sich durch die Haut an meinem Unterarm. Ich zischte, stolperte nach hinten und prallte gegen das Sofa. Dabei verlor ich das Gleichgewicht und fiel über die Lehne nach hinten.
Der Aufprall trieb mir die Luft aus der Lunge. Ein erstickter Schuss erklang und etwas Schweres landete dumpf auf dem Boden.
In der plötzlichen Stille wummerte mein Herz wie ein Presslufthammer. Hektisch atmend, starrte ich ins Nichts und lauschte angestrengt. Erst als mir der metallische Geruch nach Blut in die Nase kroch, spähte ich über die Lehne.
Talina stand mit erhobener Waffe inmitten von drei leblosen Körpern.
Der Brillen-Mann regte sich und stöhnte leise. Sie zögerte keine Sekunde und schlug ihm den Griff der Waffe mit voller Kraft an den Kopf.
Unwillkürlich verzog ich das Gesicht.
Glatzkopf schien ebenfalls bewusstlos zu sein.
Aber der Typ mit den Schlagringen blutete aus einer Wunde in der Brust und starrte mit leeren Augen zur Decke hinauf. Nur langsam sickerte die Erkenntnis in meinen Kopf.
Er war tot.
Talina hatte ihn erschossen. Einen Menschen. Ein weiterer Toter.
Als hätte sie meine Gedanken gelesen, ruckte ihr Kopf hoch. Goldene Augen fixierten mich. Es war nicht die Tatsache, dass sie jemanden getötet hatte, die mir die Kehle zuschnürte, sondern es war das wilde Glitzern in ihrem Blick. Die Dominanz ihrer Wölfin. Ihre Wut und das Wissen, dass sie mich mit Leichtigkeit zerfleischen konnte.
Der Wolf in mir winselte. Drängte mich dazu, den Blick zu senken und in diesem Moment war ich nicht stark genug, um mich gegen den Instinkt zu wehren. Meine Hände begannen zu zittern und obwohl ich wusste, dass das hier Talina war, breitete sich die Angst unaufhaltsam in mir aus – die Angst vor ihr.
Ich starrte auf das abgenutzte Laminat. Mein Puls pulsierte in meinen Ohren. Das schmerzende Gesicht hämmerte im gleichen Takt. Ich ballte die Hände zu Fäusten, kämpfte darum, diese unsinnige Furcht niederzuringen.
Ein klickendes Geräusch hallte durch die Stille der Wohnung.
Ein vorsichtiger Blick verriet mir, dass Talina die Waffe entladen hatte und sie langsam auf meine Kommode legte. Es kostete mich all meine Kraft, meine Augen wieder nach oben wandern zu lassen.
Nachdenklich starrte sie auf die Pistole und einen Moment später zu mir. Die Wölfin war nicht aus ihren Augen gewichen, aber die ungezähmte Wut war verschwunden.
Sie wollte auf mich zugehen, aber die Bewegung ließ mich zusammenzucken und sie blieb stehen. Sorge, Schmerz und eine ungewohnte Unsicherheit vermischten sich in ihrer Miene. Sie presste die Kiefer aufeinander, straffte die Schultern und ging statt zu mir, zu dem Mädchen ins Badezimmer.
Froh, nicht mehr in Talinas Fokus zu sein, sackte ich zusammen. Verdammte Scheiße, was war das? Warum hatte ich Angst vor Talina? Ich fuhr mir durch die Haare, krallte meine Finger hinein.
Später. Jetzt war keine Zeit, um zusammenzubrechen. Da lagen ein Toter und zwei bewusstlose Menschen in meiner Wohnung.
Nur widerwillig überredete ich meinen Körper dazu, sich zu bewegen. Ich vermied es, die drei Männer anzusehen und konzentrierte mich nur auf das Mädchen, das sich verängstigt an Talina presste.
»Es tut mir leid«, wisperte sie immer wieder.
»Es ist nicht deine Schuld.« Ich hockte mich vor sie hin und war froh, dass meine Stimme nicht so erbärmlich klang, wie ich mich fühlte. Der Schmerz pochte in meinem Gesicht und Übelkeit wallte immer wieder in mir auf. »Aber wir sollten jetzt verschwinden.«
Kenda schüttelte den Kopf. »Das bringt nichts.« Tränen liefen ihr über die Wangen. »Egal, wohin ihr mich bringt, sie finden mich. Egal, wie viele ihr tötet, es kommen weitere von ihnen … oder Schlimmeres.«
Schlimmeres? Nicht gut.
Talina hockte sich ebenfalls hin und sah das Mädchen fragend an, während ihre Lippen ein ›Wie‹ formten.
Die Kleine schluckte. »Ein magischer Peilsender.«
»Was meinst du damit?«, fragte ich verwirrt.
»Unter meiner Haut.« Ihre Hände zitterten. »Die Hexe hat ihnen etwas gegeben, was sie mir in den Rücken getan haben. Ich spüre die Magie. Habe versucht, es rauszuholen.« Ein lautes Schluchzen schüttelte ihren Körper. »Aber es tut so weh.«
Ich fletschte die Zähne, was mein Gesicht mit einem scharfen Schmerz quittierte.
Diese widerlichen Arschlöcher. Dann stockte ich. Die Hexe?
»Sind noch mehr Hexen involviert als der im Möbelhaus?«
Kenda nickte. »Es gibt mindestens noch eine Hexe und einen ganz jungen Hexer.«
Verflucht!
Talina berührte mich leicht. Ich sah zu ihr. Die Wut auf die Männer und diese Hexe hatte meine unsinnige Angst vor ihr verdrängt. Vorerst.
›Maisie‹, formten ihre Lippen.
Ich nickte. Maisie arbeitete im Krankenhaus. Sie konnte sich diesen Peilsender ansehen und hoffentlich auch entfernen.
»Wir fahren zu einer Freundin«, sagte ich zu Kenda und richtete mich auf. »Sie kann uns helfen.«
Die Kleine nickte tapfer, wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und gemeinsam eilten wir zur Tür. Dabei achtete Talina darauf, dass Kenda die Leiche nicht sah.
»Und vielleicht sollte ich Alec anrufen«, murmelte ich und schnappte mir den Autoschlüssel. Ich wollte die zerstörte Tür schließen, erkannte schnell die Sinnlosigkeit dieses Unterfangens. Dabei wunderte ich mich, dass keiner der Nachbarn etwas von dem Tumult mitbekommen hatte. Waren diese Söldner dafür verantwortlich? Aber wie?
Gemeinsam hasteten wir die Treppen hinunter. Vor der großen Eingangstür hielt mich Talina auf. Sie deutete durch die Glasscheibe auf den Lieferwagen, an dem noch immer der vierte Söldner – oder wer diese Kerle waren, die mit Weihwasser, Kreuzen und versilberten Waffen kämpften und ein kleines Mädchen jagten – stand und auf sein Handy sah. Den hatte ich völlig vergessen.
»Wir könnten ihm eins über den Schädel ziehen.«
Talina hob zweifelnd eine Augenbraue.
›Auf offener Straße?‹, schrieb sie auf ihrem Handy. ›Könnten mehr da sein.‹
Daran hatte ich nicht gedacht. Im Möbelhaus hatten wir nur fünf gesehen, aber wer wusste, ob sich noch welche im Lieferwagen versteckten. Vielleicht sogar die andere Hexe, von der Kenda gesprochen hatte. Bei dem Gedanken lief mir ein Schauer über den Rücken.
Da wir schlecht vor der Tür stehen bleiben konnten, brachte ich die beiden kurzerhand die Treppe in den dunklen Keller hinunter. Vorbei an den muffig riechenden Abteilen, weiter bis zum Ende des Ganges, wo eine schwere Eisentür zum hinteren Parkplatz führte.
Vorsichtig lugte ich hinaus, konnte aber nichts Auffälliges entdecken.
Gerade als ich hinausgehen wollte, hielt mich Talina erneut zurück.
Sie langte an mir vorbei und schloss die Tür wieder. Die beinahe Dunkelheit umhüllte uns nur kurz, denn Talina schaltete die Taschenlampe an ihrem Handy an, während sie erneut tippte.
›Ruf Alec an. Bleiben hier. Draußen zu gefährlich. Signal bleibt im Haus. Männer sind K. o., wenn nicht, hören wir sie.‹
Sie hatte recht. Wir wussten nicht, wie genau das Signal in diesem magischen Peilsender funktionierte, aber solange Kenda im Haus blieb, würde der Typ draußen hoffentlich keinen Verdacht schöpfen. Und falls sich die beiden noch lebenden Söldner erholten, würden wir sie hören.
Hör auf zu grübeln und ruf Alec an!
Auf dem Display blinkten mir Dutzende Nachrichten und verpasste Anrufe entgegen. Ups.
Nach dem ersten Klingeln nahm Alec ab. »Was zur Hölle, Cael!«
»Äh, hey … wir haben ein Problem … irgendwie.«
»Ach was! Talina hat geschrieben, dass ihr von einem Hexer angegriffen wurdet und du ihn daraufhin getötet hast. Wenn das ein verdammter Scherz gewesen war, dann rufst du Niall an und klärst die Sache.«
Meine Hand krampfte sich um das Telefon. »Nein, kein Scherz.« Ich holte tief Luft. »Alec, das mit dem Hexer …«
»War Notwehr.«
»Das Friedensabkommen. Ich habe dagegen verstoßen. Es tut mir leid. Ich weiß nicht … ich wollte das nicht.«
»Es war Notwehr«, wiederholte er nachdrücklich.
Ich drückte mir eine Faust in den Magen, um das Stechen darin zu vertreiben. »Es tut mir leid«, sagte ich erneut. Ich hatte das Rudel in Gefahr gebracht. Sie in den Fokus der Hexen gerückt. Was, wenn sie sich rächen wollten?
»Wenn er euch zuerst angegriffen hat, hast du nichts falsch gemacht, Cael. Erzähl mir lieber, was zur Hölle bei euch los ist.«
Ich nickte, auch wenn er es nicht sah. Dann berichtete ich ihm alles in Kürze.
»Und jetzt liegt ein toter Mensch in meiner Wohnung.« Neben mir verspannte sich Talina bei den Worten. »Wir wollen zu Maisie, damit sie sich den Peilsender anschaut, aber mindestens ein Typ steht vor der Tür. Wir sind im Keller am Hinterausgang. Die Kleine kann nicht weg, ohne Alarm zu geben. Und …« Meine Schultern sackten ein. »Wir brauchen Hilfe.«
Alec schwieg. Die Sekunden zogen sich in die Länge. Im Hintergrund seufzte jemand. Josie vielleicht.
»Wie schaffst du es immer, in solch einen Mist hineinzugeraten?« Seine Stimme klang deutlich dunkler, als er fortfuhr. »Und warum zum Teufel seid ihr in deine Wohnung gefahren und nicht direkt zu mir? Ich bekomm nur einen verdammten Einzeiler von Talina, muss Niall sagen, dass da eventuell ein toter Hexer in einem Möbelhaus rumliegt und keiner von euch geht ans Telefon!«
»Es war eben stressig!«, entfuhr es mir ungehalten. Neben mir fletschte Talina die Zähne.
Alec schnaubte. »Bleibt, wo ihr seid. Ich schicke jemanden zu euch.«
Dann legte er auf und ich starrte wütend auf das Display.
»Mein Alpha schickt uns Hilfe«, berichtete ich dem Mädchen und ließ mich schließlich an der Wand in die Hocke gleiten. Ich vergrub mein Gesicht in den Händen. Ein scharfer Schmerz durchzuckte meine Wange. Als hätte ich die Verletzung aufgeweckt, pulsierte mein gebrochenes Jochbein wieder und die Haut darüber brannte wie Hölle. Verfluchtes Silber.
Dann kroch der Geruch nach frischem Blut in meine Nase. Ich sah auf. Der Stoff an Talinas linkem Bein glitzerte feucht.
»Du bist verletzt!« Ich sprang auf und trat besorgt einen Schritt auf sie zu. »Wie ist das passiert?«
Sie ahmte mit ihrer Hand einen Messerangriff nach. Verdammt, Glatzkopf hatte ein Messer gehabt? Und sie erwischt?
Der feine Schweißfilm auf ihrem Gesicht und dass die Wunde noch so stark blutete, ließen nichts Gutes erahnen. Ich beugte mich vor, um mir die Wunde genauer anzusehen, aber sie zischte mich wütend an. Dominante Wölfe zeigten nicht gerne Schwäche. Doch die Sorge und das viele Blut, sorgten dafür, dass ich die Anspannung ignorierte und nach dem Stoff griff.
»Stell dich nicht so an«, grummelte ich sie, aber auch mich selbst an. Wenn ihre Stimmbänder richtig funktionieren würden, hätte sie mich mit Sicherheit angeknurrt.
Ich zerriss den Stoff oberhalb der Wunde, sodass am Ende ihr linkes Bein fast nackt war.