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Das Thema Trauer betrifft uns alle im Leben. Doch es macht einen großen Unterschied, ob wir mit den Freunden oder der Familie sprechen, oder ob wir mit Klienten zu tun haben, die sich auf die Fachlichkeit eines Beraters verlassen. Plötzlich und unerwartet aufkommende Trauer in einer Beratungseinheit kann den weiteren Verlauf der Beratung oft unangenehm oder auch negativ beeinflussen. Darum ist es sehr wichtig, angemessen reagieren zu können. Dieses Buch soll eine Hilfe für Sie sein und Ihnen sofort umsetzbare Möglichkeiten für die Beratung bieten. Somit ist es ein Praxisbuch, welches den Alltag in der Beratung erleichtern kann. Es ist ein kleiner Ausschnitt aus meiner täglichen Arbeit mit Menschen, die sich in Trauer befinden und ein Einblick in meine eigenen Sichtweisen auf die Dinge und auf das Leben.
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Seitenzahl: 82
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www.tobias-vandervelde.de
Vorwort
Was ist Trauer
Inwiefern ist das Coaching betroffen
Trauer ist wie eine Wanderung
Trauerphasen
Trauertrance
Grundbedürfnisse
Traueransätze
Mitleid, Mitgefühl und Anteilnahme
Warum oder Wozu
Destruktive Mythen
Schuldgefühle
Rituale
Tools und Rituale
Aktives Zuhören
Herdplattenmodell
ABC Modell
Lebensuhr
Aufgaben für Trauernde
Was kann ich machen?
Einzelne Methoden
Schlusswort
Danksagung
Es ist eigentlich schon traurig, wie viel Zeit und Geld in die Ausbildung von guten Beratern und Coaches investiert wird. Jahrelange Seminare und Fachbücher formen den, nach heutigen oft schwer nachvollziehbaren Maßstäben, guten Coach.
Doch dann kommt ein Klient welcher aus dem nichts heraus von seiner Trauer übermannt wird. Dieser weint vielleicht unaufhörlich und macht emotional zu und verschließt sich. Das geht schnell, wenn wir bedenken, wie manche Berater und Coaches vorgehen. Auch wird schnell vergessen, dass alte Wunden und Erlebnisse maßgeblich für heutige aufgetretene Hindernisse und Blockaden verantwortlich sein können und den Klienten am Erfolg hindern können.
In vielen Schulungen wird das Thema Trauer nur grob angeschnitten oder es wird angesprochen, aber dann nicht ausreichend erklärt, wie ein Berater damit umzugehen hat.
Klar, dieses Thema gehört nicht unbedingt in eine Coachingschulung, denn dafür reicht die Zeit meist gar nicht. Aber es geht gar nicht darum einen angehenden Coach zu einem Trauerbegleiter oder Seelsorger zu machen. Es geht viel mehr darum, einem Coach bzw. Berater zu zeigen, was er machen kann, wenn ein Klient von der Trauer übermannt wird. Wenn vielleicht ganz alte, durch die Trauer wiedererweckte Verletzungen der Seele einen Beratungszyklus eventuell sogar negativ beeinflussen. Es wird nämlich genau dann negativ, wenn der Berater nicht richtig damit umzugehen weiß. Mit etwas mehr Hintergrundwissen zum Thema Trauer, kann er solche Momente sinnvoll und auch wegweisend für die Beratung nutzen, um auch lösungsorientierte Erfolge zu erzielen. Das ist es doch, was der Klient und auch der Berater erreichen möchte.
Wichtig ist es für mich an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass ein schwerer Trauerverlauf oder auch Traumatisierungen nicht in den Bereich eines Coaches gehören, der sich nicht damit auskennt.
Auch ein gut ausgebildeter Coach kann sich Hilfe von außen holen. Trauerbegleiter sind in Trauerfällen doch meist die besseren Ansprechpartner.
Ich selbst habe in den letzten 20 Jahren beruflich in einem Beerdigungsinstitut sehr viele Menschen begleitet und ich habe viele Erfahrungen sammeln können. Auch in meiner Ausbildung zum Coach habe ich viele Menschen kennen gelernt, die besser nicht mit Angehörigen von verstorbenen reden sollten. Ob diese Berater überhaupt in Bereichen der Lebenshilfe arbeiten sollten ist wohl ein anderes Thema. Übrigens gilt das auch für so manch einen Bestatter.
Ich freue mich über das Interesse an diesem Thema und hoffe Sie finden ein paar Anregungen für Ihre ganz eigene Arbeit mit Menschen.
An dieser Stelle möchte ich auch darauf hinweisen, dass ich im Verlauf des Buches für alle Beratungsformen die Bezeichnung Coaching nutze. Das liegt hauptsächlich an der Einfachheit im Schriftfluss und ist somit besser zu verstehen, als jede Beratungsform immer wieder einzeln anzusprechen. Irgendwie ist doch jede Form der Beratung auch eine Form des Coachings.
Bitte Entschuldigen Sie wenn ich Ihre Form der Beratung nicht explizit anspreche.
Des weiteren nutze ich in diesem Buch ausschließlich die männliche Schreibweise.
Auch dies dient lediglich der Vereinfachung.
Ich wünsche viel Freude beim lesen meines Buches. Vielleicht können Sie den ein oder anderen Aspekt mit in Ihre Beratungsarbeit übernehmen.
Es ist nur ein kleines Buch, welches dazu dienen soll, in der Praxis zu helfen.
Ganz am Anfang sollten wir vielleicht erst einmal herausfinden was Trauer eigentlich ist und was sie unter Umständen auch wieder nicht ist. Denn auch hier gibt es, wie so oft im Leben, verschiedene Auffassungen und Irrtümer unter den Menschen.
Grundsätzlich ist Trauer eine nach außen gerichtete Emotion, ein Gemütszustand. Trauer ist der Ausdruck einer tiefen Verbundenheit zu einem Menschen. Trauer ist eine Emotion des Abschieds. Die Trauer kann helfen, den Verstorbenen los und gehen zu lassen.
Durchaus ist Trauer auch auf andere Bereiche des Lebens übertragbar. Diese können z. B. verpasste Lebenschancen sein, eine gescheiterte Beziehung, ein Bruch von Vertrauen et cetera.
Wenn Kinder das Haus verlassen und erwachsen werden, empfinden wir neben Freude und Stolz auch Trauer. Denn in diesen Momenten müssen wir uns von jemandem und von einer Lebenssituation trennen. Wir müssen lieb gewonnene Gewohnheiten ändern, ob wir das wollen oder nicht.
In den meisten Fällen bezieht sich Trauer jedoch auf die Gefühle um den Verlust eines Menschen. Dies kann sicherlich jeder nachvollziehen und hat die Erfahrung der Ohnmacht und des Schmerzes den die Trauer auslöst, selbst gespürt.
Häufig wird im Volksmund falsch gedeutet, was Trauer ist oder was sie auslösen kann.
Oder anders:
Trauer ist niemals eine Krankheit und darf auch niemals als eine solche betrachtet werden.
Es gibt schwere Trauerverläufe die schnell den Eindruck vermitteln, eine ärztliche Hilfe wäre notwendig. Auch Psychotherapeuten kümmern sich gerne um Trauernde Menschen. Das ist sicherlich nicht verwerflich wenn man berücksichtigt was Krankenkassen für eine Psychotherapie bezahlen. Davon abgesehen müssen sie aber auch eine Behandlung beginnen, da ein Patient über Probleme berichtet. Die Hilfe, die in einer Therapie geboten wird, ist sicherlich gut und fachlich auf hohem Niveau, aber es vermittelt den Hinterbliebenen auch schnell ein falsches Bild. Es sagt den Menschen nämlich, dass Trauer etwas schlechtes ist. Dass diese behandelt werden muss und sogar behandelt werden kann. Sonst würde ja keine Therapie geboten. Die Wirklichkeit sieht leider all zu häufig anders aus. Wenn ich das Gefühl habe krank zu sein und dies von meinem Hausarzt und Therapeuten noch bestätigt wird, habe ich keine Chance die Trauer anzunehmen und sie ihre Arbeit machen zu lassen. Denn die Trauer heilt den Schmerz des Verlustes hilft die Realität des Todes zu erkennen. Trauer ist kein Kampf gegen schlechte bzw. unangenehme Gefühle. Trauer ist ein Segen in einer tiefen, emotionalen Krise. Der Tod eines geliebten Menschen ist wohl die tiefste und schmerzhafteste Erfahrung die wir machen können. Diese Krise nimmt Einfluss auf unser ganzes Leben. Darum müssen wir sie annehmen und dürfen sie nicht leugnen oder unterdrücken.
Denn Unterdrückung führt auf lange Sicht zu einer Rebellion. Die Seele schreit und erhebt sich. Sie übernimmt die Herrschaft über das Leben und nimmt den Trauernden die Chance, die Sehnsucht und den Schmerz zu verarbeiten und in das Leben zu integrieren.
Es stellt sich hier die Frage, warum Ärzte so schnell einen Therapeuten in Betracht ziehen und nicht auf Hilfe von Trauerbegleitern oder auf die mittlerweile zahlreichen Trauercafés und den ambulanten Hospizgesellschaften zurückgreifen.
Ein kleiner Exkurs zum Thema Was ist Trauer. Ich möchte hier eine Erklärung aus dem Buch "Hypnosystemische Trauerbegleitung" von Roland Kachler einfügen:
"In seelischen Ausnahmezuständen kommt es zu Stress in der Seele. In der Hypothalamus-Hypophyse-Nebennierenrindenachse (Stressachse) kommt es zu einem Anstieg des Cortisolspiegels. Gleichzeitig sinkt der Anteil an Noradrenalin, Serotonin und Dopamin. Dies führt zu einer depressiven Stimmungslage, welche wir als Trauer empfinden. Dieser Zustand nennt sich Distress Cries. Übersetzen kann man den Begriff mit dem deutschen Wort Notschreie."
Dieser Zustand kann sehr lange anhalten und sich unter Umständen verschlechtern. Dauert dieser Zustand über einen langen Zeitraum an, führt dies zu einer klinischen Depression. Darum ist es wichtig dies immer im Auge zu behalten.
Wie schon in den vielen und unterschiedlichsten Ausbildungen und Lehrgängen vermittelt wurde, ist hier darauf hinzuweisen, dass Depressionen und ähnliche Krankheitsbilder nicht in den Bereich eines Coachs oder sogar in den Bereich eines der vielen ehrenamtlichen Helfern gehören. Der Klient ist umgehend an einen Facharzt zu überweisen.
Viele Klienten kommen in ein Coaching, je nach Motivation, mit eher dünnen und oberflächlichen Gründen. Dahinter stecken nicht selten Erlebnisse aus früheren Zeiten. Dies können Traumata sein, die nur mit äußerster Vorsicht besprochen werden sollten. Ein wirkliches Trauma ist nur etwas für speziell geschulte Menschen. Also für Therapeuten! Die Trauer hingegen kann von jedem ausgebildeten Coach und Berater thematisiert werden.
Familienmitglieder und Freunde machen das auch ohne Ausbildung. Lange nicht so effektiv wie es ein Profi machen würde, aber sie stehen zur Seite. Da ist eine Ausbildung der Coaches mehr als gut. Es kann schnell passieren, dass eine Coachingsitzung oder auch jede andere Form der Beratung eine unerwartete Wendung nimmt.
Hier kann es schnell passieren, dass wir unsere Rolle als Berater oder Coach verlieren und die Rolle eines Gefährten einnehmen. Das ist meist nicht das, was sich ein Coach für den weiteren Verlauf vorstellt. Aber es kann passieren. Da stellt sich die Frage, wie flexibel eine Beratungsstunde aufgebaut ist.
Und muss ich auch wandern in finsterer Schlucht; Ich fürchte kein Unheil, denn du bist bei mir. (Psalm 23)
Ein schönes Zitat aus der Bibel, welches auf wunderbare Weise beschreibt, worum es in der Trauer gehen kann.
Auf unserem Weg durch die Trauer schreiten wir durch Höhenlagen, durch Täler und Schluchten. Doch dürfen wir nie vergessen, dass wir immer weiter wandern, wir bewegen uns und kommen voran. Schritt für Schritt. Stein um Stein.
Wir müssen uns auch in schweren und Krisen behafteten Zeiten bewegen und lange Wege in Kauf nehmen. Das gefällt sicherlich niemandem. Aber es ist eben auch nicht immer schön und ebenerdig in unserem Leben. Das Leben ist nicht nur sonnig. Es gibt auch Regentage und Tage wo der Sturm uns nicht vor die Tür lässt.
Roy Black sang einmal ein Lied mit dem Text:
Rosen ohne Dornen gibt es nicht.
Die Schönheit einer Rose ist umgeben von schmerzhaften Dornen und doch kaufen wir uns Rosen und stechen uns an eben diesen Dornen. Das nehmen wir in Kauf. Denn die Rose ist so wunderschön, dass sie es wert ist sich zu verletzen.
Manchmal gibt es Hindernisse oder Probleme auf unserem Lebensweg. Das ist nun mal so. Das war auch schon immer so und wird auch immer so sein.