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Leoron von Alera kehrt von den Hive-Kriegen zurück, um die Hauptstadt seines Planetenund letzte Bastion des Reichs einer verschwundenen Königinvor einem Bürgerkrieg zu bewahren.Leo, loyal bis ins Mark, folgt der Bitte von Prime Nial und schwört diesem, drei unbekannte Frauen von der Erde um jeden Preis zu beschützen.Der einfache Soldat ist allerdings nicht auf die überwältigende Schockwelle des Verlangens vorbereitet, als er zum ersten Mal Trinity Jones von der Erde erblickt. Nichts ergibt Sinn, als Leo gegen Freund und Feind gleichermaßen kämpft und feststellt, dass die Frau, die ihm das Herz gestohlen hat, eine sehr viel weitreichendere Bestimmung hat, als er sich je hätte vorstellen können.
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Seitenzahl: 425
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Interstellare Bräute® Programm
Ascension-Saga: 1
Interstellare Bräute Programm: Ascension-Saga
Prequel
Königin Celene, Planet Alera, siebenundzwanzig Jahre zuvor
Trinity Jones, Gegenwart, Abfertigungszentrum für interstellare Bräute, Erde
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Ascension Saga: 2
Interstellare Bräute Programm
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Ascension - Saga: 3
Interstellare Bräute Programm
Prolog
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Epilog
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Interstellare Bräute® Programm
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Über Die Autorin
Ascension-Saga: 1
Copyright © 2020 durch Grace Goodwin
Interstellar Brides® ist ein eingetragenes Markenzeichen
von KSA Publishing Consultants Inc.
Alle Rechte vorbehalten. Dieses Buch darf ohne ausdrückliche schriftliche Erlaubnis des Autors weder ganz noch teilweise in jedweder Form und durch jedwede Mittel elektronisch, digital oder mechanisch reproduziert oder übermittelt werden, einschließlich durch Fotokopie, Aufzeichnung, Scannen oder über jegliche Form von Datenspeicherungs- und -abrufsystem.
Coverdesign: Copyright 2020 durch Grace Goodwin, Autor
Bildnachweis: Deposit Photos: Angela_Harburn, EdwardDerule
Anmerkung des Verlags:
Dieses Buch ist für volljährige Leser geschrieben. Das Buch kann eindeutige sexuelle Inhalte enthalten. In diesem Buch vorkommende sexuelle Aktivitäten sind reine Fantasien, geschrieben für erwachsene Leser, und die Aktivitäten oder Risiken, an denen die fiktiven Figuren im Rahmen der Geschichte teilnehmen, werden vom Autor und vom Verlag weder unterstützt noch ermutigt.
Vor siebenundzwanzig Jahren war Königin Celene gezwungen, mit ihrem ungeborenen Kind aus Alera zu fliehen. Erfahre von ihrer Flucht zur Erde im Prequel der Ascension Saga.
Die Dunkelheit der Nacht hüllte uns wie eine Decke ein, aber sie war nicht warm. Sie war kalt. Tödlich. Ich stolperte durch die finsteren Gassen, als ob ich eine tödliche Verletzung erlitten hatte.
Das hatte ich auch. Mein Herz schlug zwar immer noch und ich war äußerlich unversehrt, aber ich spürte nichts als Schmerz. Verlust. Und Wut. Eine so grässliche Wut, dass ich stundenlang geschrien hätte, wenn ich auch nur den winzigsten Laut von mir gegeben hätte.
“Kommen Sie, meine Königin. Wir sind fast da.” Der Garde hatte sanft aber entschlossen seinen Arm um meine Taille gelegt. Ich wusste nicht, wie er hieß. Das Familienwappen auf seiner Uniform war mir vertraut und für den Moment reichte das aus. Dieser junge Mann hatte mir das Leben gerettet, gerade als mein Liebster, der König, getötet worden war. Mit jedem unserer Schritte entfernte ich mich weiter von meinem Partner, von meinem Leben als Königin Celene und unserer gemeinsamen Herrschaft über Alera. Alles war plötzlich anders geworden. Der Planet steckte in der Krise und ich wusste, was ich zu tun hatte. Ich würde nicht zulassen, dass sie die friedliche, jahrtausendealte Regierungsform stürzen würden. Ich würde nicht zulassen, dass meine Feinde die Kontrolle übernahmen.
“Die Zitadelle wird von Kriegern bewacht, die Ihnen nicht loyal sind. Sie werden Sie nicht einfach in den letzten sicheren Zufluchtsort des Planeten hereinspazieren lassen. Sie werden Sie entweder auf der Stelle ermorden oder Sie zu den Bastarden zurückbringen, die den König erstochen haben und die Sie ebenfalls töten wollen. Fast hätten sie es geschafft.” Der andere, ältere Garde war ein jahrelanger Freund und seine Worte ließen mich erschaudern. Aber er hatte recht.
Die Verräter würden sich die Kronjuwelen schnappen, die seit Urzeiten vom jeweiligen Oberhaupt des Planeten getragen wurden und sie für ihre eigenen Zwecke einsetzen wollen. Die schwarzen Juwelen um meinen Hals waren ein Attribut meiner Herrschaft und sollten eigentlich an meine Nachfolgerin weitergegeben werden, genau wie es seit Generationen und lange vor Anbeginn unserer Geschichtsschreibung der Fall gewesen war.
Zum ersten Mal in meinem Leben fürchtete ich, dass das königliche Blut in meinen Adern tatsächlich versiegen könnte. Meine Cousins waren alle getestet worden, aber sie waren nicht stark genug, um eine der heiligen Gaben geschenkt zu bekommen. Ich hatte erst kürzlich meinen Partner geheiratet und die Verräter hatten zugeschlagen, noch ehe ich einen Thronerben zur Welt bringen konnte. Ohne eine zukünftige Königin wären mein Volk gezwungen, mit der Tradition zu brechen und einen Herrscher zu wählen, der kein direkter Nachkomme der Ältesten war.
Heute Abend hätten sie es fast geschafft. Alera standen finstere Zeiten bevor und es war klar, dass sie die jahrtausendelange Herrschaft meiner Familienlinie und unserer heiligen Gaben stürzen wollten. Meine Feinde hatten sich schließlich gezeigt. Sie hatten meinen König, meinen Liebsten, getötet. Sie hatten versucht auch mich zu ermorden.
Sie wollten den Thron an sich reißen.
Das konnte ich nicht zulassen. Bis auf den Putschversuch heute Abend herrschte auf Alera Frieden. Und solange ich am Leben war, würde es auch so bleiben. In den falschen Händen aber … ich erschauderte, als ich mir vorstellte, was mit meinem Heimatplaneten geschehen könnte. An das, was eine finstere Seele mit der in der Zitadelle versteckten Technologie anrichten könnte.
Ich hörte laute Schritte und zog meine beiden Garden zurück in die Schatten, als eine Gruppe bewaffneter Söldner an uns vorbei über die offene Straße stürmte. Zweifellos suchten sie nach mir, um mich den Anführern des Aufstands zu überführen. Meine Lebenskraft war es, die es verhinderte, dass sie dieses Ziel auch erreichten.
Es war spät und die meisten Bewohner schliefen bereits tief und fest; sie glaubten, dass morgen ein sorgloser Tag wie jeder andere werden würde. Sie irrten sich, denn im Morgengrauen würden sie vom Tod meines Partners erfahren. “Wir müssen zum anderen Eingang gelangen,” flüsterte ich so leise wie möglich. “Beim Wasser.”
“Meine Königin, dort gibt es keinen Eingang.” Der junge Mann an meiner Seite sprach aus jugendlicher Überzeugung; vielleicht dachte er, dass ich verletzt worden war, dass ich mir beim Angriff den Kopf gestoßen hatte. Aber er irrte sich.
“Doch, es gibt einen,” entgegnete ich. “Vertrau mir.”
Meine Mutter hatte mir von dem Eingang erzählt; das Wissen darüber wurde von Königin zu Königin, von Mutter zu Tochter weitergereicht, und zwar seit die Zitadelle gebaut worden war. Vor Jahrtausenden. Niemand konnte sagen, wann genau die Ältesten die mächtigen Türme errichtet hatten oder woher die heilige Energie stammte, die den königlichen Nachkommen ihre Kräfte verlieh. Eine Sache aber war allgemein bekannt—die Zitadelle schützte sich vor Eindringlingen und erlaubte nur denjenigen mit königlichem Blut den Zugang zum Heiligtum.
Viele andere hatten versucht die Barriere zu durchdringen. Sie alle waren auf der Stelle umgekommen.
Ich hatte den geheimen Eingang seit dem Tag, an dem meine Mutter ihn mir gezeigt hatte nicht genutzt; es war nie nötig gewesen. Bis jetzt.
“Dann werden wir Sie dorthin geleiten, meine Königin.” Mein alter Freund blickte auf mich herunter, sein ernstes Gesicht war halb in Schatten gehüllt. Ich war froh, dass es so finster war, denn so musste ich ihm nicht in die Augen blicken. Ich konnte ihn nicht anblicken. Er war voller Blut. Das Blut des Königs und sein eigenes waren zu einem dunkelroten Cocktail vermischt, der seinen Rücken und seine Flanke besudelt hatte. Er würde einen ReGen-Stab benötigen, um die Nacht zu überleben.
Sollte die Zitadelle, wie er vermutete, streng bewacht werden—und zwar von denen, die mir nicht wohlgesinnt waren—, dann würde womöglich keiner von uns die heutige Nacht überleben.
Aber ich musste es schaffen. Es stand nämlich mehr als nur mein eigenes Leben auf dem Spiel.
Ich nickte ihm zu, richtete mich auf und befreite mich aus dem Griff des jüngeren Garden. Der Schock, mitanzusehen, wie mein Partner vor meinen Augen ermordet wurde, verblasste langsam und wurde von Entschlossenheit ersetzt. Ich würde nicht versagen. Nicht in dieser Sache. Ich musste leben, damit Alera nicht gestürzt werden konnte.
Ich legte meine Hand auf meinen Bauch, auf das ungeborene Leben dort und bedeckte unsere Tochter, die zukünftige Königin, mit der Wärme meiner Handfläche. Sie war noch ganz klein, aber ihr Herz schlug bereits kräftig. Sie würde ein starkes Wesen haben. Einen eisernen Willen. Sie würde sich nicht geschlagen geben, also würde ich mich auch nicht geschlagen geben.
Ich würde sie um jeden Preis beschützen.
“Lasst uns gehen. Bringt mich runter zum Fluss. Ich werde den Rest erledigen.”
“Jawohl, meine Königin. Hier entlang.”
Ich folgte lautlos meinem alten Freund, als er sich wie ein Gespenst von Schatten zu Schatten bewegte. Den jungen Garden hinter mir hatte ich so gut wie vergessen, als die glitzernden Silbertürme der Zitadelle in Sicht kamen. Die altertümliche Struktur war von einer Rasse Unsterblicher errichtet worden, von der seit langem nichts als ein Mythos übriggeblieben war und deren Geheimnisse von Generation zu Generation innerhalb der königlichen Familie weitergegeben wurden.
Die Nachfolgelinie war in den letzten Jahren stark ausgedünnt. Mein Cousin ersten Grades war ein Jahr zuvor bei einem Unfall getötet worden. Seine Tochter hatte ein paar Monate später Selbstmord begangen. Jetzt aber, nach dem Attentat auf mein Leben und dem Ableben meines Partners musste ich mich fragen, ob es denn tatsächlich Selbstmord gewesen war. So sehr es mich auch schmerzte, ich wusste jetzt ohne jeden Zweifel, dass man es auf die königliche Linie abgesehen hatte. Dass irgendjemand uns auslöschen wollte.
Heute Abend hätten sie es fast geschafft, allerdings wusste niemand, dass ich bereits schwanger war. Mit der Thronerbin. Meine Tochter würde meine direkte Nachfolgerin werden. Ich konnte ihren Geist in mir spüren, er war so lebendig, leidenschaftlich und weise, dass ich alles tun würde, um sie zu schützen; selbst, wenn ich dafür meinen Planeten verlassen müsste. Mein Zuhause. Ein stolzes Volk, über das ich herrschen durfte. Sie war das Licht, das diese Welt vor dem Untergang bewahren würde und diese Narren vor ihrer eigenen Dummheit.
Wenn es an der Zeit wäre, würden wir gemeinsam zurückkehren. Ich würde sie unterweisen und darauf vorbereiten, meine Nachfolge anzutreten. Und ihre Tochter nach ihr. Ich glaubte an sie und an die Liebe, die sie gezeugt hatte.
Und wenn mir etwas zustoßen sollte? Sie würde leben und nach Alera zurückkehren, um zu regieren. Sie würde nicht einfach nur zurückkehren und herrschen, sondern sie würde sich rächen. Für alle, die heute gestorben waren, darunter ihr Vater. Dafür würde ich sorgen.
Die Silberwände der Zitadelle funkelten Tag wie Nacht, als ob das Gebäude lebendig war. Vorne, in der Nähe der Treppe des Haupteingangs, erstreckte sich gleich einem Fächer aus grünem Gras, Bäumen und Seidenblüten ein großer Garten. Der Mond schien zu dieser späten Stunde auf die schimmernden, transparenten Blütenblätter der Aleranischen Blumen und sie sahen so schön und friedlich aus, selbst als die Nacht im Rest der Stadt mit Gewalt explodierte.
Mein Partner war tot. Andere Familienmitglieder ebenfalls. Der royale Garde. Sie alle waren tot. Und doch, die Zitadelle stand weiterhin, eine Bastion der Stärke und Zuversicht. Ich musste nur die königliche Halskette verstecken, die so viel Macht in sich trug und mein Baby so weit wegbringen wie möglich. Irgendwohin, wo sie groß und stark werden konnte. Mächtig.
Ich musste zu einem Planeten fliehen, der so klein und unbedeutend war, dass sie gar nicht auf die Idee kommen würden, dort nach uns zu suchen. Sie würden nach mir suchen … und sie würden wissen, dass ich am Leben war. Das Leuchtfeuer der Zitadelle würde ihnen verraten, dass die Königin weiter regierte, selbst von ihrem Versteck aus. Der anhaltende Schein des Zitadellenturms würde Alera verkünden, dass ihre Königin noch lebte.
Ich stolperte über den Saum meines Juwelen-bestickten Kleides und mein treuer Freund fing mich auf und lehnte mich sanft gegen die kühle Silberwand. “Wir sind da, meine Königin, aber ich sehe keinen Eingang.”
Ich nickte und als ich schließlich die notwendige Stärke dafür gefunden hatte, blickte ich ihm in die Augen. Diese Ehre schuldete ich ihm. “Du hast mir und deinem König mit Ehren gedient. Du bist ein edler Krieger und ich bin stolz, dich zu meinen Freunden zu zählen.”
Seine dunklen Augen wurden schwermütig und er blinzelte feste, dann wandte er sich ab, damit ich nicht seine Tränen sah. “Ich habe versagt, Sie enttäuscht. Ich habe den König enttäuscht.”
“Nein.” Ich nahm seine Hand und legte sie auf die leichte Wölbung meines Bauches. “Nein. Er lebt weiter. Unsere Tochter wächst bereits in mir heran. Heute Nacht ist nicht das Ende unserer Familie. Wir leben weiter, solange das Licht des Turms erstrahlt. Und wir werden zurückkehren.”
“Wie kann ich Eure Majestät?” Er fiel vor mir auf die Knie und geriet ins Straucheln, als frisches Blut seine Flanke tränkte. Der jüngere Garde fiel ebenfalls auf die Knie.
“Wie können wir ihnen dienen?”
“Erzählt niemandem, dass ihr mich begleitet habt, dass ihr mich gesehen habt. Erzählt keinem von meinem Kind.” Ich richtete mich so gut wie möglich auf und hielt mein Kinn hoch, selbst als ich Schritte hörte. “Und ihr müsst am Leben bleiben. Haltet durch und helft meiner Tochter, sobald sie zurückkehrt.”
Beide senkten ihre Köpfe und ich nutzte den Moment, um in die Zitadelle zu schlüpfen. Der Eingang war ein unsichtbares Energiefeld; er sah aus wie jeder andere Teil der Wand. Diejenigen mit königlichem Blut in ihren Adern brauchten nur einen Schritt zu tun, um die Barriere zu durchschreiten und ins Innere Heiligtum zu gelangen.
Draußen hörte ich Klingen aufeinander schlagen und Gebrüll. Todesschreie. Aber ich wagte es nicht mich umzudrehen. Wenn der Feind bereits da war, würden mir nur Minuten bleiben, um die Halskette zu verstecken und zu entkommen, ehe einer meiner verräterischen Cousins die Barriere durchbrechen würde.
Als die Edelsteine sicher versteckt und ohne meine Anweisung nicht mehr auffindbar waren, blickte ich ein letztes Mal zu den heiligen Turmspitzen auf. Mehrere Stufen heiliger Steine, die mit Edelmetall verziert waren. Die Zitadelle war auf unerklärbare, wundersame Weise—die besten Wissenschaftler des Planeten hatten seit Jahren versucht herauszufinden, wie die Energie des Gemäuers mich und alle anderen Königinnen vor mir auserkoren hatte—mit meiner Lebenskraft verbunden und solange ich lebte, würde mein Turm weiter erstrahlen; ganz egal, wo ich mich aufhielt. Solange die Lebenskraft durch meinen Körper floss, waren die Steine und ich auf Quantenebene miteinander verbunden.
Ich trat aus dem geheimen Raum heraus und blickte auf. Mein Turm, also der Beweis, dass ich am Leben war, war hell erleuchtet. Alle Türme waren meilenweit zu sehen, ihr Licht war seit Jahrtausenden ein Zeichen königlicher Stärke und Macht. Zu Anfang, als die königliche Blutlinie noch stark war, erstrahlten noch alle neun Türme. Eine unzerstörbare Thronfolgelinie.
Im Laufe der Zeit aber hatte sich das geändert. Es gab weniger Geburten. Kriege. Und jetzt? Jetzt war nur noch ich übriggeblieben. Aber solange die Lichtsäule des Turmes in den Himmel ragte, würde niemand meinen Thron an sich reißen. Der Turm log nicht. Sein meilenweit sichtbares Licht würde erst mit meinem letzten Atemzug erlöschen. Keiner meiner Cousins war von der geheimnisvollen Intelligenz der altertümlichen Steinstruktur als würdig erachtet worden.
Aber ich zweifelte nicht an der Lebenskraft und an dem Feuer, das meine Tochter in sich tragen würde. Bei ihrer Rückkehr würde ich sie hierher bringen, ihr Blut auf den heiligen Stein tröpfeln lassen und sie in die Arme schließen, sobald ihr Turm vor den Augen aller erstrahlen würde.
Jetzt aber musste ich von hier verschwinden und abwarten. Mich so unauffällig wie möglich machen, bis es für meine Tochter an der Zeit war zurückzukehren. Ich würde den Planeten inkognito verlassen müssen und nicht als Königin. Also zog ich meine Juwelen-bestickten Roben aus und ließ sie zu Boden fallen. Das schlichte Unterkleid und ein Schal würden mir erlauben, unbemerkt zu entkommen.
Wer auch immer die königliche Familie stürzen wollte, heute Nacht würden sie nicht triumphieren. Und die Lichtsäule des Turms würde meine Feinde beständig quälen, und zwar bis ich meine Familie rächen könnte. Bis meine Tochter den Thron übernehmen würde.
Wieder brach es mir das Herz, ich biss den Kiefer zusammen und zog meine Schultern zurück, als ich zum letzten Mal das Licht des Turms betrachtete. Ich würde nicht hier sein, um mein Volk anzuführen, aber sie würden wissen, dass ich sie nicht verlassen hatte und auf meine Rückkehr warten.
Ich blickte ein letztes Mal auf das Versteck der königlichen Halskette. Die heiligen Edelsteine würden sicher sein, und zwar bis meine Tochter zurückkehren würde.
Ich schluckte meine Tränen runter, machte mich zum geheimen Ausgang auf und verschwand.
Der Wagen schlitterte und die beiden linken Reifen hoben vom Asphalt ab, als ich rasend schnell in die Kurve bog. Meine Fähigkeiten im Autorennen machten allerdings keinen Unterschied, denn der schwarze Geländewagen hinter uns wurde nicht einmal langsamer.
“Ich brauche mehr Fahrunterricht,” fauchte ich und umklammerte das Lenkrad.
Ich war aufs College gegangen, hatte Jura studiert und die Grundlagen der Selbstverteidigung gelernt, aber nichts davon hatte Stuntfahren beinhaltet. Mutter hätte wohl darauf bestehen sollen, als ich sechzehn geworden war.
“Meine Güte, Trin, du wirst uns noch alle umbringen.” Meine mittlere Schwester Faith—sie war ganze acht Minuten älter als ihr Zwilling—schimpfte vom Rücksitz aus, ihre weißen Knöchel klammerten sich im Todesgriff an den Vordersitz und das war das einzige, was sie davon abhielt, aus dem Auto geschleudert zu werden.
“Halt einfach an, damit ich diese Arschlöcher abknallen kann. Dann können wir nach Alera gehen.” Und diese genervte Stimme gehörte meiner kleinsten Schwester Destiny, sie saß auf dem Beifahrersitz und streichelte ihre Knarre wie ein Schoßhündchen. Ich befürchtete schon längst nicht mehr, dass sie mich aus Versehen erschießen könnte; sie war viel zu geschickt. Sie sah zwar wie die Entspanntere meiner beiden Zwillingsschwestern aus, hatte aber seit ihrem vierten Lebensjahr nichts anderes getan, als zu jagen, zu stalken und zu töten. Ihr lila Haar und ihre riesigen, unschuldigen, babyblauen Augen waren eine totale Täuschung für jeden Mann, der gedacht hatte, dass er sie durchschaut hatte.
Nicht, dass sie vielen Typen eine Chance gegeben hätte. Wir alle hatten Beziehungen gehabt. Wir waren keine unschuldigen, abgeschotteten Jungfrauen. Wir waren Prinzessinnen. Nicht, dass irgendjemand darüber Bescheid wusste. Und es war auch nicht gerade so, dass wir es bis vor wenigen Stunden selber geglaubt hätten. Es gab zu viele Disney-Prinzessinnen, als dass wir wirklich geglaubt hätten, dass wir echte Royals von einem anderen Planeten waren.
Von einem verfluchten anderen Planeten.
“Schieß ihnen doch einfach in die Reifen. So wie sie es im Film immer machen.” Faith grinste wie wahnsinnig; sie liebte Abenteuer. Im Gegensatz zu Destiny sah Faith vollkommen unschuldig aus. Wie die Unschuld in Person. Langes, goldbraunes Haar. Warme, dunkle Augen. Sie sah wie das liebenswürdigste Mädel des Planeten aus. Und sobald es um Tiere ging, dann stimmte das auch. Sie schleppte jede kranke Kreatur in einem Umkreis von zehn Meilen mit nach Hause, Schlangen miteingeschlossen. Aber mit Leuten? Autsch. Eher weniger. Als Zwillinge hätten sie sich eigentlich ähnlicher sein müssen, aber sie waren eher wie Geschwister und ihre Persönlichkeiten waren genauso verschieden wie ihr Look.
“Wehe,” warnte ich und blickte weiter geradeaus auf die Straße. “Wir sind fast da. Ich kann schon den Parkplatz sehen.”
“Ich werde sie nicht verfehlen, Trin. Lass mich schießen.” Destiny beäugte bereits den Geländewagen, die Straße, die Winkel.
“Nein. Ich glaube gerne, dass du treffen wirst.” Ich warf einen Blick in den Rückspiegel. “Sie fahren zu schnell. Die dumme Karre wird sich wahrscheinlich überschlagen und einer dieser armen Bastarde wird heute Abend nicht mehr zu seiner Familie heimkehren. Nein. Für sie ist es nur ein Job.”
Mit einem tiefen Seufzen, das ich schon hunderte Male gehört hatte, lehnte Destiny sich in ihren Sitz zurück. “Na schön, Frau Diplomatin. Übrigens, sie jagen uns.”
Faith drehte sich um und winkte den Sonnenbrillentragenden Men-in-Black in dem Wagen hinter uns zu. Ich musste grinsen, als der Fahrer den Kiefer verkrampfte. “Hör auf die Alien-Jäger zu ärgern.”
“Spaßbremse.”
“Hippie,” feuerte ich zurück.
“Und der Freak hat’s geschafft!” Destiny stieß einen Siegesschrei aus, als wir mit quietschenden Reifen auf den Parkplatz des Bräutezentrums einbogen. Wir waren aber keine Bräute. Wir kamen nicht, um getestet und einem außerirdischen Partner zugeteilt zu werden. Wir waren die Außerirdischen. Also irgendwie jedenfalls. Laut unserer Mutter war ich zu hundert Prozent ein Alien. Aber meine nervigen Schwestern waren es nur zur Hälfte.
Wir waren also keine Bräute. Und ins Militär würden wir auch nicht eintreten. In der Einrichtung wurden sowohl Bräute als auch Krieger für die Koalitionsflotte abgefertigt, aber auf keinen Fall wollte ich mich irgendeinem Soldaten hier erklären. Wir waren in gewisser Weise zwar weibliche Soldaten, aber ich hatte jetzt keine Zeit um mich mit einem Typen herumzuschlagen, sollte einer von denen gerade Dienst haben. Und den Warnungen unserer Mutter zufolge musste bei mir die Aleranische Gluthitze eingesetzt haben—das war eine lange Geschichte—, also war es im Moment nicht gerade die beste Idee einem Mann gegenüberzutreten.
Kurz gesagt, sollte ich einen Mann sehen, der mir gefiel, dann würde ich ihn aggressiv besteigen wollen und hinterher total enttäuscht, unbefriedigt und noch aufgebrachter als sowieso schon dastehen. Bei meinen Schwestern? Nun, das war noch nicht ganz klar. Aber mein Körper war gerade dabei mich in den Wahnsinn zu treiben und kein einziger Mann hatte mir bisher zugesagt.
Mutter hatte darauf gepocht, dass ich die heilige Energie eines Aleranischen Mannes brauchte, um meine Triebe zu befriedigen, aber das hatte ich ihr auch nicht wirklich geglaubt. Zumindest nicht, bis ich versucht hatte meinen Hunger mit einem meiner scharfen Arbeitskollegen zu stillen. Ein gewaltiger Fehler.
Ich hatte ihn geküsst und hätte schwören können, sein Mund hatte wie ein Aschenbecher geschmeckt. Und dabei war er Nichtraucher.
Außerdem war er bloß nach ein bisschen Knutschen zusammengeklappt und hatte für vier Stunden geschlafen. Ich hatte die ganze Zeit über ihn gewacht und war sichergegangen, dass er noch atmete. Und dann hatte ich mich damit abgefunden, dass ich nie mehr auf dem Planeten Erde Sex haben würde. Da ich jetzt diese Gluthitze stillen musste, brauchte ich einen Alien-Mann; einen, den meine Küsse nicht gleich auslaugen und umbringen würden.
Verdammt unpraktisch. Also musste ich schleunigst nach Alera oder ich würde sterben. Und wir mussten unsere Mutter retten. Wir mussten den Planeten verlassen. Jetzt sofort.
Aber erst mussten wir an dem riesigen Alien vorbeikommen—er war tatsächlicher größer als Mutters Volkswagen—, der den Eingang bewachte. Mit quietschenden Reifen brachte ich Mutters Käfer genau vor ihm zum Halten. Er hatte die Arme vor der Brust verschränkt und machte finstere Miene. Er schrie regelrecht nach einer Kreuzung aus Alphatypen und Titanen—einem heißen Alien-Typen über den Weg zu laufen hatte mir gerade noch gefehlt, egal wie groß er war oder wie gut er aussah. Blöde Alien-Hormone.
“Heiliger Bimbam.” Destiny war total baff. “Ist das ein Atlane? Ich habe gehört, dass sie groß sind, aber—”
“Alle Achtung. Trinity, vielleicht kann er ja dein Problem beheben.” Faith winkte vom Rücksitz aus und hatte ein strahlendes Lächeln auf dem Gesicht.
“Auf keinen Fall,” konterte ich. “Vergiss es. Wir müssen da rein und jemanden dazu bringen, uns nach Alera zu transportieren. Sofort. Mir bleibt keine Zeit, um mein Problem zu beheben.” Ich war alles andere als froh über diesen Schlamassel und ich würde kein Risiko eingehen. Er war zwar echt prächtig, aber er war kein Aleraner. Ich fürchtete, dass ich ihn erledigen könnte, ganz egal wie groß und stark er aussah.
“Und wir wollen unseren besonderen Freunden hier auch kein Schauspiel liefern,” fügte Faith hinzu. “Lasst uns gehen!”
Als der Geländewagen fünf Minuten zuvor versucht hatte uns den Weg abzuschneiden, hatten wir beschlossen, im Bräutezentrum Zuflucht zu suchen. Das war unsere beste Chance. Den ersten Alien-Schmacko, der mir über den Weg lief zu besteigen gehörte aber nicht dazu. “Sieht nicht so aus, als ob er sich einfach von uns überrollen lassen wird.”
“Wehe du krümmst diesem Prachtstück von einem Alien auch nur ein Haar,” schimpfte Faith. Sie seufzte … übertrieben.“Verdammt. Ich glaube, ich brauche einen Atlanen.”
“Oh nein. Du gehst doch nicht auch in Hitze, oder?” Destiny war todernst. Und ich war besorgt. Sie waren nur drei Jahre jünger als ich, aber Mutter hatte mich seit ich zweiundzwanzig wurde, mit Adleraugen beobachtet und geschlussfolgert, dass ich ein Spätzünder war, weil keine Aleranischen Männer da waren um meinen Motor zu befeuern.
Aber die Zwillinge waren halb menschlich, also wer würde schon wissen, was mit ihnen los war? “Faith?” sprach ich.
Sie verdrehte nur die Augen. “Nein, meine Mumu steht nicht in Flammen. Mir geht’s gut.”
Destiny runzelte die Stirn.
“Im Ernst. Ich würde euch nichts vormachen. Nicht jetzt.” Über die Schulter blickte sie sich zu unseren Freunden um und grinste. “Sieht aus, als ob sie sich auch nicht sicher sind, was der große böse Alien tun wird.”
“Sie werden nicht ewig hier warten. Wir müssen aussteigen,” sprach ich. “Lasst uns zum Eingang rennen.”
Als ob sie mich gehört hatten, öffneten die Männer hinter uns die Wagentüren und stiegen aus; sie gingen hinter den Türen in Deckung. Der Gigant vor uns machte zwei Schritte vorwärts und blickte skeptisch, als er die beiden Männer aussteigen sah. Ich sah, wie das Duo sich einen Blick zuwarf und scheinbar überlegte, ob sie sich unseretwegen mit einem riesengroßen, fiesen Alien anlegen sollten.
“Wer sind die überhaupt und warum sind sie hinter uns her?” sprach ich.
“Ich kann sie kurz und klein schlagen,” erwiderte Destiny entschlossen. “Du brauchst es nur zu sagen.”
Ich schüttelte den Kopf. “Nein. Wir müssen von der Erde verschwinden. Das ist das Klügste im Moment.”
Ich blickte durch die Windschutzscheibe und entdeckte zwei weitere Krieger, die hinter dem Atlanen auf uns zukamen. Verstärkung. Wie es aussah, gab es unseretwegen bereits Zulauf.
“Los!” Mir blieb keine Zeit, um mir Gedanken zu machen, ob meine Schwestern nun zuhörten oder nicht. Unsere Mutter war verschwunden. Nein, nicht verschwunden. Sie war entführt worden. Und wir würden sie zurückbekommen.
Ich schnappte mir meinen Rucksack, öffnete die Fahrertür und stürzte so schnell ich konnte auf den Giganten zu. Destiny war natürlich schneller als ich und brüllte aus vollem Halse “Asyl!” als sie an mir vorbeistürmte. Ich rannte und war leicht außer Atem, als ich ihn schließlich erreichte, allerdings mehr vom Adrenalin als der Entfernung wegen. Faith aber …
“Verdammt, Faith! Komm schon oder ich werde dich eigenhändig erschießen.” Destiny stand zwischen zwei massigen Giganten und ich stand hinter dem ersten Alien, der unseren Wagen gestoppt hatte. Faith dagegen beeilte sich kaum, sie schwang ihre Tasche in die Luft und verspottete die Regierungs- oder Militäragenten—oder was auch immer zur Hölle sie waren—hinter ihr. Sie hätten sie schnappen können. Mühelos. Und sie wusstees. Aber sie mochte schon immer ein gutes Katz- und Mausspiel und sie wusste, dass diese Typen sich wegen der heißen Aliens hier nicht mit uns anlegen würden.
“Komme schon.” Sie lächelte. Strahlend. Der Gigant neben mir warf ihr einen aufmerksamen Blick zu. Mit einem Grinsen tätschelte sie ihm im Vorbeigehen den Bizeps, ihr Kopf allerdings reichte ihm nicht einmal bis zur Schulter. “Danke, mein Großer.”
“Ist mir ein Vergnügen, meine Dame.” Er verbeugte sich sogar leicht.
Die Agenten kamen herbeigelaufen, hielten aber vor unserem offenen Wagen an und spähten ins Innere. Vielleicht erhofften sie sich eine entschlüsselte Nachricht über das Alien-Raumschiff, das heute Morgen vor unserem Haus gelandet war. Wahnsinn, oder? Aber alles, was sie finden würden, waren verschwitzte Sportklamotten und ein paar Minz-Kaugummis, die Mutter im Getränkehalter aufbewahrte.
Sie verpissten sich aber trotzdem nicht. Wir waren jetzt sicher; die Aliens würden nicht zulassen, dass diese Typen uns in irgendein schwarzes Loch verschleppen würden, also stellte ich mich ihnen gegenüber und verschränkte die Arme.
“Bitte, Miss Jones. Wir wollen Ihnen und Ihren Schwestern nur ein paar Fragen stellen.” Der ältere Agent nahm tatsächlich seine Sonnenbrille ab. Er sah um die fünfzig aus, sein Blick war hart, aber nicht bösartig. Er sah wie ein Krieger aus. Eine andere Art Krieger wie die Giganten, die das Koalitionsgebäude bewachten, aber dennoch ein Kämpfer. Eine Art Erdenkrieger. CIA, NSA, oder irgendeine andere Organisation …
“Ich bedaure,” entgegnete ich. “Wie ich Ihnen bereit am Telefon gesagt habe, können wir Ihnen keine Fragen beantworten.”
Er zog ein kleines Aufnahmegerät aus seiner Tasche und legte es auf die Motorhaube. Bestimmt machten sie Video- und Tonaufnahmen von uns. “Und ihr Vater? Was ist mit ihm? Wo ist er?”
“Lass gefälligst die Finger von meinem Vater, du Mistkerl.” Destiny machte zwei Schritte vorwärts, aber der Krieger neben ihr legte eine massive Hand auf ihre Schulter und hielt sie zurück. Sie blickte vollkommen unerschrocken zu ihm auf und riss sich wieder los. Aber sie blieb, wo sie war. Gott sei Dank. Ich wollte nicht, dass man sie wegen Mordes anklagen würde, sollte sie eines Tages zurück nach Hause kommen wollen. Danach.
“Unser Vater ist sicher. Und wir werden uns um das Problem kümmern. Sie haben mein Wort, Herr … ” Ich bezweifelte, dass er mir einen Namen geben würde. Aber das tat er. Sozusagen jedenfalls.
“Agent Smith.”
“Smith, hm? Richtig.”
“Und ihr Name ist Trinity Jones.”
“So steht es auf meiner Geburtsurkunde.”
“Natürlich. Aber wir wissen bereits, dass Ihr Vater nicht Adam Jones heißt. Sein richtiger Name lautet …” Er blickte in ein altmodisches Notizbüchlein. “Sein echter Name ist Baxter Adam Buchanan, geboren in Boston. Und Ihre Mutter …” Wieder blickte er in sein Notizheft. “Hm. Seltsam. Über Ihre Mutter gibt es überhaupt keine gesicherten Aufzeichnungen. Könnten Sie mir das bitte erklären, Miss Jones? Oder warum wir heute Morgen bei Ihrem Haus ein außerirdisches Raumschiff aufgespürt haben?”
Sie kannten Dads richtigen Namen? Scheiße. In kürzester Zeit hatten sie bereits mehr herausgefunden, als ich gedacht hätte. Nicht, dass das jetzt eine Rolle spielte. Wir mussten schleunigst von diesem Planeten verschwinden und meine Mutter finden. Sicher, es hörte sich lächerlich an … die Erde verlassen zu müssen, aber die Realität hatte bewiesen, dass wir keine Disney-Prinzessinnen waren.
“Nein, kann ich nicht.” Ich trat an den großen Alien neben mir heran und reckte den Hals nach oben, um ihn anzublicken. Wäre er verärgert oder einfach nur gemein gewesen, dann hätte er uns zehnmal mehr Angst eingejagt als die Men-in-Black, die uns eben verfolgt hatten. Aber er war keines von beiden. Er wirkte neugierig—und bereit zu töten, um mich zu verteidigen, was mich zum ersten Mal seit Stunden wirklich beruhigte. Seitdem diese Ungetüme unser Haus gestürmt und unsere Mutter kreischend aus dem Bett gezerrt hatten. War das wirklich erst heute Morgen gewesen?
“Ich muss Aufseherin Egara sehen,” erklärte ich ihm. “Es ist ein Notfall.”
Er war zwar attraktiv, aber mein Verlangen war nur so lala. Klar, ich wollte einen Mann—oder heftige, heiße Alien-Orgasmen—, aber er war nicht derjenige, der sie mir bescheren würde. Ich sah kein Interesse in seinem Blick. Keine Hitze, nur Pflichtbewusstsein. Und obwohl mit der Aleranischen Gluthitze mein Bedürfnis nach Sex mit jedem Tag erstarkte, so würde nicht jeder dicke Schwanz die Sache für mich besiegeln. Nein, ich brauchte einen Aleranischen Schwanz. Jemand, der groß und stark genug war, um mich zu überleben.
Innerlich verdrehte ich die Augen. Ich hatte keine Zeit, um mich blind der Lust hinzugeben.
Der Alien verbeugte sich leicht und riss mich aus meinen Gedanken. “Selbstverständlich, meine Dame.” Er streckte den Arm aus und zeigte mir den Weg ins Gebäude, Agent Smith und dessen Gehilfen ignorierte er dabei völlig und die anderen beiden Wachen blieben im Hintergrund, bis meine Schwestern zu mir gestoßen waren. Aber Smith war noch nicht fertig.
“Ich werde an Antworten kommen, Miss Jones,” rief er mir nach. “Wenn nicht von Ihnen, dann von Ihrem Vater.”
Er wollte mir drohen, also drehte ich mich um, damit er den Zorn in meinen Augen zu spüren bekam. “Sie werden Ihre Antworten kriegen. Ich werde zurückkehren, Agent Smith. Und wenn es soweit ist und Sie meinem Vater auch nur ein Haar gekrümmt haben, dann werde ich Sie eigenhändig umbringen.”
“Nicht, wenn ich ihn zuerst finde.” Destiny zog ihre Pistole aus einer versteckten Tasche ihrer Lederhose, aber der Riese an ihrer Seite nahm sie ihr einfach weg; wie einem Baby, dem man den Lolli mopste. Sie grinste ihn einfach nur an; ohne jedes Bedauern. “Tut mir leid.”
“Erdenfrauen,” sprach er und steckte die Waffe weit, weit weg von meiner blutrünstigen Schwester. Normalerweise war sie gar nicht so drauf. Eigentlich war sie ein echter Softie. Aber nachdem wir heute Morgen Mutters Schreie gehört hatten, waren wir alle wie ausgewechselt.
Seit Jahren hatte Mutter uns von ihrer Heimatwelt erzählt, von den Ältesten, die ihrem Volk geholfen hatten und ihren Ahnen eine königliche Halskette aus magischen Steinen überreicht hatten, um die Herrschaft unserer Blutlinie zu unterstützen. Von der Zitadelle, die nur die Mitglieder der Königsfamilie betreten konnten. Von dem Putschversuch, der sie zur Flucht gezwungen hatte, vom Tod meines biologischen Vaters, dem König. Wie sie auf der Erde gelandet war und Adam getroffen und sich in ihn verliebt hatte. Ihn geheiratet hatte. Wie schließlich Faith und Destiny das Licht der Welt erblickt hatten. Aber ihre Töchter—also wir drei—hatten niemals wirklich hierher auf die Erde gehört. Das hatte sie uns eingebläut, seit wir zu sprechen gelernt hatten. Tatsächlich hatte sie darauf bestanden, dass wir Aleranisch von ihr lernten. Wir sprachen es nicht perfekt und wer weiß, was dort in den vergangenen siebenundzwanzig Jahren alles abgelaufen war, aber wir hatten so viel wie möglich von ihr gelernt. Sie hatte gesagt, dass es irgendwann an der Zeit sein würde, um nach Alera zurückzukehren. Und jetzt war es soweit, ob es uns gefiel oder nicht.
Wir waren Royals. Wir entstammten einer altertümlichen Aleranischen Blutlinie. Wir waren Prinzessinnen. Mutter war nicht von ein paar stümperhaften Einbrechern gekidnappt worden. Das Raumschiff in unserem Vorgarten war der Beweis. Sie war von jemandem auf Alera entführt worden, ihrer Heimat.
Warum ausgerechnet jetzt? Bei ihrer Flucht war sie bereits mit mir schwanger gewesen … also vor siebenundzwanzig Jahren. Das war ziemlich lange für eine Königin im Exil.
Wir hatten zwar unser gesamtes Leben auf der Erde verbracht, aber jetzt wurde es Zeit, dass wir zurückkehrten. Die Bewohner von Alera konnten sich auf etwas gefasst machen, wenn die Jones-Schwestern eintrudeln würden, um ihre Mutter zu finden, um ihre Königin zu retten.
Es war Zeit, zu unserem Heimatplaneten zurückzukehren und ein paar Leuten ordentlich in den Arsch zu treten.
Trinity Jones, Abfertigungszentrum für Interstellare Bräute, Miami
“Von wegen nur wie Ohrlochstechen,” brummte meine Schwester Destiny. Dann tätschelte sie die Stelle, an der ihr soeben die NPU eingepflanzt worden war, und zwar mit der fettesten Nadel, die ich je gesehen hatte. “Das hat verdammt wehgetan.”
Sie fing an auf und ab zu schreiten, als ob sie so dem Schmerz davonlaufen könne. Ihr schulterlanges, lila Haar schwang hin und her, als sie durch den Raum tigerte.
“Hör auf rumzuheulen. Ich war als Erste dran.” Ich hatte nicht die Absicht meiner Schwester zu zeigen, wie nervös ich war. Als Älteste musste ich mit gutem Beispiel vorangehen. Egal, wie beängstigend die letzten vierundzwanzig Stunden auch gewesen sein mochten, ich vermutete, dass die nächsten vierundzwanzig Stunden noch viel schlimmer werden würden. “Nach diesen ganzen Wirbelsäulentattoos”—die Zeichnungen waren kunstvoll, feminin und wirklich schön, aber das würde ich ihr gegenüber niemals zugeben—"müsstest du dich doch längst an Nadeln gewöhnt haben.”
Destiny verdrehte die Augen und rieb sich immer noch die Stelle hinter ihrem Ohr. “Das war keine normale Nadel. Das war eine Stricknadel mit der sie uns kleine Kugeln ins Hirn geschossen haben.”
Aufseherin Egara, die offizielle Vertreterin der Koalitionsflotte im Bräutezentrum kam zwar selber von der Erde, sie schien heute aber nicht besonders gut gelaunt zu sein. “Meine Damen, die NPU geht nicht in ihr Gehirn. Die Nanotechnologie gräbt sich in ihren Innenohrknochen und überträgt modifizierte Geräusche direkt in den Cochlea-Nerv. Und sie werden sehr dankbar dafür sein, weil sie damit jeden im Weltall verstehen können.” Sie verkörperte kühle Effizienz in Person. Ihre Uniform saß tadellos, ihr dunkles Haar war gepflegt, sie war umgänglich und doch ernsthaft. Und dieses Anatomie-Geschwafel? War nicht so meine Sache, meine Schwester Faith aber nickte enthusiastisch.
Streberin. Seit sie laufen konnte, hatte Faith verletzte Tiere und sogar Insekten mit nach Hause gebracht. Und sie hatte ein sanftmütiges Wesen, das weder Destiny noch ich unser eigen nennen konnten. Ich liebte Ordnung. Gesetze. Tradition. Faith plante nie im Voraus. Und Destiny? Nun, meine kleine Schwester vermöbelte gerne Bösewichte und stellte sicher, dass die Dinge nicht ins Stocken gerieten. Zusammen waren wir unschlagbar. Ich hoffte nur, dass wir stark genug waren, um die nächsten Wochen zu überleben. Nein, die nächsten Jahre. Wir würden zu einem Planeten aufbrechen, den keine von uns je betreten hatte. Und wir würden Feinde jagen, die keine von uns je gesehen hatte.
Diese ganze Angelegenheit war ein Riesenschlamassel und ich wünschte mir, dass ich zwei Jahre zuvor auf Mutter gehört hätte; als sie meinte, dass wir nach Alera zurückkehren sollten. Aber ich war mitten im Jurastudium und zu beschäftigt gewesen. Ich war immer viel zu beschäftigt gewesen.
Jetzt war sie tot, und ich war schuld.
“Hör auf rumzuheulen oder du wirst Faith Angst einjagen,” sagte ich zu ihr. Die Injektion hatte wehgetan, aber da ich als Erste dran gewesen war, hatte ich die Zähne zusammengebissen und angesichts des stechenden Schmerzes keinen Ton von mir gegeben. Eine Betäubungscreme oder Anästhesie wäre aber wirklich nicht schlecht gewesen.
“Nur weil ich mich wie ein Mädchen anziehe, heißt das nicht, dass ich weniger drauf habe als ihr beide.” Meine kleine Schwester Faith war acht Minuten älter als ihre Zwillingsschwester. Beide waren fast drei Jahre jünger als ich, und ich war siebenundzwanzig. Sie waren meine Halbschwestern, aber ihr menschlicher Vater war nicht der Grund, warum wir jetzt hier waren—bereit, in eine unbekannte Welt aufzubrechen.
Faith atmete tief durch, als Aufseherin Egara das teuflische Instrument für sie vorbereitete. Es war wie eine Ohrlochpistole, allerdings mit einer Nadel wie für eine Fruchtwasseruntersuchung oder um einen Alien zu durchlöchern statt kleinen Mädchen im Schmuckwarengeschäft im Einkaufszentrum Ohrstecker ins Ohrläppchen zu schießen.
“Werd bloß nicht ohnmächtig. Ich kann dich nicht auffangen, mir tut es immer noch voll weh,” warnte Destiny.
“Jetzt mach nicht so ein Drama,” entgegnete Faith zu Destiny, die immer noch ihre Hand an jener Stelle hielt, wo jetzt die NPU saß. Aufseherin Egara trat an sie heran und Faith schwang ihr langes braunes Haar über die andere Schulter und legte die Stelle frei, die für die Injektion gebraucht wurde. “Aufseherin, unsere Mutter hat uns die Aleranische Sprache beigebracht. Ich verstehe nicht ganz, warum das hier notwendig ist.”
Das Pfeifen der Druckluft ließ mich zusammenzucken, genau wie Faith, als die Nadel mit der NPU ihre Haut durchbohrte. “Es gibt über zweihundertsechzig Welten mit tausenden Sprachen. Die meisten davon sind nicht so wie die Erde; sie sind sehr viel weiter fortgeschritten und nehmen Reisende von anderen Planeten bei sich auf.”
Mit anderen Worten, die Erde war ein primitiver, rückständiger und unbedeutender Ort im Universum. Mutter hatte uns berichtet, wie sie nach einem Planeten abseits der großen Politik und der interstellaren Koalition gesucht hatte, um sich zu verstecken und sich genau deshalb für die Erde entschieden hatte. In fast dreißig Jahren war niemand auf die Idee gekommen, hier nach ihr zu suchen. Bis ich es vermasselt hatte und einige Tage zuvor mit Aufseherin Egara telefoniert hatte. Ich wollte ein paar Informationen über Alera und die wahnwitzige Aleranische Gluthitze einholen, vor der meine Mutter mich immer gewarnt hatte.
Mein Körper ließ mich zusehends im Stich und ich wurde immer verzweifelter. Ein beknackter Fehltritt, den ich nicht noch einmal machen würde. Ein törichter Anruf genügte und binnen zwei Tagen waren sie zu unserer Mutter gekommen.
Mutter. Verdammt. Sie war irgendwo da draußen. Das kleine Raumschiff in unserem Vorgarten hatte mir Hoffnung gemacht, dass sie noch am Leben war. Am helllichten Tag waren sie in unser Haus eingebrochen, als meine Schwestern und ich auf der Arbeit waren. Vater hatte auf der Couch gelegen und geschlafen. Später, als wir uns das Video von der Überwachungskamera angeschaut hatten, mussten wir mitansehen, wie sie ihn mit einer Art Elektroschockpistole betäubt hatten. Die Aliens waren gelandet, hatten unseren Vater außer Gefecht gesetzt, unsere Mutter mit einer Art Blitzpistole beschossen und ihren reglosen Körper nach draußen zu ihrem Raumschiff geschafft.
Sie war bewusstlos, als sie gekidnappt wurde. Auf dem Video war kein Blut zu sehen, was aber nicht heißen musste, dass sie noch lebte.
Ehrlich gesagt hatte ich eher das Gefühl, dass wer auch immer sie entführt hatte, sie töten wollte, sollte das, was Mutter uns über das Licht der heiligen Turmspitzen auf Alera erzählt hatte, wahr sein.
Alera. Unsere Mutter hatte uns seit wir denken konnten von diesem Planeten erzählt. Aber wir sind wie ganz normale Kinder aufgewachsen. Vater hatte mich offiziell adoptiert, als ich zwei war. Mutter hatte ihn geheiratet und dann die Zwillinge bekommen. Wir alle gingen zur Schule. Der übliche Kram, Schulprojekte, Abschlussball, Abitur. Ich hatte Jura studiert, wie unser Vater. Faith war Biologin geworden, mit einem merkwürdigen akademischen Titel und arbeitete beim Forstdienst. Und Destiny? Nun, Destiny war unsere Kampfspezialistin. Wir alle waren seit wir klein waren in Kampfsport unterrichtet worden, aber Destiny brauchte das Kämpfen wie die Luft zum atmen. Sie liebte es. Und sie war verdammt gut. Sie leitete ein Dojo und unterrichtete dort sechs Tage in der Woche. Sie war dermaßen durchtrainiert, ihr zuzusehen war wie einem wilden Tiger zuzusehen, sie war leichtfüßig, aber unheimlich angsteinflößend.
Es sei denn, unser Zuhause war ohne unser Wissen Drehort für einen Science-Fiction Film geworden, hatten die Aleraner schließlich doch unsere Mutter abgeholt. Die bösen Aleraner. Nachdem unsere Mutter jahrelang über ihren Heimatplaneten gesprochen hatte—unseren Planeten—wusste ich, dass wir die Guten waren.
Und jetzt hatten sie sie. Warum? Ich wusste es absolut nicht, aber ich würde nicht auf der Erde bleiben und Däumchen drehen. Wir waren ihre Töchter. Wir mussten sie finden.
Ich wusste, was sie sagen würde. Ich war angeblich eine Thronerbin. Es war meine Pflicht nach Alera zu gehen und meinen rechtmäßigen Platz einzunehmen. Punkt. Keine Suche. Keine Rettungsaktion. Sie würde uns alle ausschimpfen und darauf beharren, dass Aleras Zukunft wichtiger war als alles andere.
Nein. Nicht für mich. Nicht für meine Schwestern.
Vater würde hier auf der Erde bleiben und wir würden ihn kontaktieren. Die Aleraner wussten nichts von unserer Existenz, von mir und meinen Schwestern. Ich hatte nie verstanden, warum Mutter keine Familienfotos an den Wänden wollte, keine Klassenfotos. Unsere Kinderzimmer hatten immer wie Gästezimmer ausgesehen. Hübsch eingerichtet, aber unpersönlich. Wir ließen keine Kleider herumliegen. Oder Schuhe. Auf den Regalen im Bad gab es weder Zahnbürsten noch Make-up.
Unser Haus sah aus wie eine Pension. Ein Ferienhaus. Immer.
In meiner Kindheit hasste ich diese Pedanterie. Aber jetzt konnte ich es nachvollziehen. Sie hatten sie gekidnappt und nicht nach uns gesucht. Sie wussten nicht, dass sie Kinder hatte. Töchter.
Erben.
Aber wenn die Aleraner sie geschnappt hatten, und darin waren wir uns alle einig—ich, meine Schwestern, Aufseherin Egara und sogar Prime Nial, der Regent von Prillon Prime und der Kolonie—, dann mussten wir sie auf Alera aufspüren. Warum würden sie auf der Erde bleiben? Sie kannten den Planeten nicht. Auf der Erde zu bleiben wäre nicht zu ihrem Vorteil. Selbst wenn sie sie umgebracht hatten, würden sie nach Alera zurückkehren und ihre Belohnung einkassieren.
“Funktioniert das auch bei Tieren? Stellt euch vor, wie fantastisch das wäre. Die Symbiose des Universums wäre … perfekt,” erklärte Faith und neigte den Kopf zur Seite, damit die Aufseherin leichter an die Wunde herankam und sie mit Alkohol betupfen konnte.
Destiny lief weiter hin und her, sie war ein Nervenbündel. “Symbiose? Ernsthaft? Vielleicht foltern sie unsere Mutter in diesem Moment und du willst mit Tieren reden? Glaubst du, dass die Bösen irgendetwas mit Symbiose am Hut haben? Zum Teufel, wissen die überhaupt, was das bedeutet?”
“Nein.” Faith grinste unverfroren. “Aber Trinity weiß es bestimmt.” Faith blickte zu mir rüber und fasste sich an den Kopf. Sie fing an, auf Aleranisch zu sprechen. “Mit ihrer super-sexy-lasziven Gluthitze wird sie mit einem heißen Alien-Schwerenöter eine heftige Symbiose eingehen, sobald wir auf Alera sind.”
Ich verdrehte die Augen, als Destiny mit den Augenbrauen wackelte und grinste. “Oh ja. Eine heiße, schwitzige Symbiose. Wahrscheinlich mehr als einmal.”
“Ich verstehe Sie,” sprach Aufseherin Egara. “Und ich habe Prime Nial über die bevorstehende Ankunft von Trinitys Aleranischer Glut in Kenntnis gesetzt.“
Ich seufzte und wurde rot im Gesicht. Schließlich musste nicht jeder im Universum mitbekommen, dass meine Muschi dauerfeucht war und ununterbrochen nach einem riesigen Schwanz gierte. Dass ich ein notgeiles Flittchen wurde und mich ständig danach sehnte, ordentlich durchgenommen zu werden. Die Typen auf der Erde taugten allerdings nichts. Das hatte ich schon versucht. Nach zehn Minuten Rummachen war mein Date auf der Couch kollabiert, bewusstlos. Ich war wie ein verdammter Sexvampir. Ich fürchtete, dass ich ihn umgebracht hatte und war länger geblieben, nur um über seinen Atem zu wachen. Das Erlebnis hatte mich zu Tode erschreckt und am nächsten Morgen hatte ich sofort beim Zentrum für interstellare Bräute angerufen.
Und dabei Mutters Aufenthaltsort preisgegeben. Meinetwegen war sie entführt worden. Gefoltert. Verdammt, vielleicht war sie bereits tot.
“Nicht doch, Trin. Ich weiß, was du denkst. Es ist nicht deine Schuld.” Faith schüttelte den Kopf und schenkte mir ihre mütterlichste Miene.
“Auf gewisse Weise schon, Faith.”
“Vergiss es, Trin. Es ist rein biologisch, und sonst nichts. Vielleicht hätten wir uns einfach besser um dich kümmern müssen. Es gibt hier bestimmt ein paar knackige Aliens, die nichts gegen einen Quickie einzuwenden hätten.”
“Ich brauche keinen Quickie. Danke trotzdem.” Nein. Ein Quickie würde mir nicht genügen. Ich brauchte einen großen Aleranischen Typen, der mich gegen die Wand nagelte und durchfickte. Feste. Ordentlich feste. Stundenlang.
Himmel, meine Muschiwände flimmerten und wollten gefüllt werden. Der Drang nach Vereinigung wurde immer heftiger, aber ich biss die Zähne zusammen—und andere Stellen—und ignorierte ihn. Wieder einmal.
“Und Prime Nial hat mir versichert, dass ein Beamter für alle Gelegenheiten im Transportzentrum auf Sie warten wird,” erklärte die Aufseherin. “Über Alera ist mir nicht viel bekannt, aber mir wurde versichert, dass der Mann ihre Glut lindern wird.” Sie lächelte verhalten.
“Soll das ein Witz sein,” sprach Destiny und blickte zu mir rüber. “Wusstest du davon? Das hört sich an wie eine männliche Prostituierte.”
Aufseherin Egara schüttelte den Kopf. “Eher wie ein Escort-Boy, obwohl es auf der Erde nichts wirklich Vergleichbares gibt.”
Ich war sicher, dass man im Raum nebenan mein Seufzen hören konnte. “Ja. Mutter hat mir davon erzählt. Sie sind sehr selten und extrem teuer.” Unmittelbar nach meiner Ankunft mit einem Fremden schlafen? Das sah mir so gar nicht ähnlich, aber mein Körper verlangte das Gegenteil. Ich war dermaßen aufgegeilt, dass mir keine andere Wahl blieb.
“Moment mal,” sprach Destiny und hob ihre Hand, die fette Nadel war jetzt vergessen. “Aufseherin, Sie sprechen Aleranisch. Wie ist das möglich? Wie können Sie uns verstehen? Ich meine, Sie sind von der Erde. Sie sind auf der Erde.”
Aufseherin Egara drehte sich um und legte die NPU-Pistole ab. “Ich wurde als Braut getestet, mir wurde eine NPU implantiert und ich wurde mit Prillon Prime gematcht. Ich hatte zwei Partner, beide sind im Krieg gestorben. Nachdem ich mich gegen ein neues Match entschieden hatte, bin ich zur Erde gekommen, um anderen Bräuten dabei zu helfen ihre Partner zu finden.” Sie drehte sich wieder um und blickte jede von uns an, dann fasste sie sich hinters Ohr. “Und Sie drei? Ich muss zugeben, Sie sind definitiv eine Überraschung.”
“Tut mir leid.” Ich war schon immer die Diplomatin unter uns, aber ich musste es sagen. Wie furchtbar. Zwei Partner zu verlieren musste vernichtend gewesen sein.
Sie lächelte resigniert. “Das war vor langer Zeit. Und jetzt müssen Sie sich beeilen.”
“Oh ja, eine Aleranische Prinzessin, versteckt auf der Erde und bereit den Thron für sich zu beanspruchen,” kommentierte Faith. Sie hatte bemerkt, wie die Aufseherin das Thema wechselte, weil sie weder Mitleid noch Erinnerungen an ihre toten Partner heraufbeschwören wollte. “Trin, dein Leben ist wie eine Liebeskomödie.”
“Außer, dass Mutter entführt wurde und ich meinen Körper nicht mehr unter Kontrolle habe,” konterte ich. “Eher ein Fantasy-Epos.” Ich dachte daran, wie mir das Blut in den Adern gefroren war, als wir uns das Überwachungsvideo angeschaut und ihren wütenden Schrei gehört hatten, kurz bevor sie auf sie gefeuert hatten und mir drehte sich der Magen um. Wie sie auf dem Küchenboden zusammengebrochen war. Wie sie wie eine nasse Spaghettinudel zusammengesackt war.
Auf dem Weg nach unten war sie mit dem Kopf gegen den Tresen geknallt. Und ich wusste nicht, ob es ein perverser Auswuchs der Gluthitze war oder nur mein angeborener Zorn, aber irgendjemand würde dafür bezahlen. Ich war normalerweise nicht gewalttätig, aber es gab Ausnahmen. Und diese Aleranische Hitze war nicht nur unangenehm, sie brachte mich regelrecht zur Weißglut. Ich war gezwungen zu ficken oder ich würde verrückt werden?
Was für schrägen biologischen Gegebenheiten unterlagen diese dämlichen Aliens bloß?
“Prime Nial wird Sie nicht persönlich empfangen, er ist auf Prillon Prime, drei Sektoren von Alera entfernt, aber er wird Ihnen ein Schutzkontingent zur Verfügung stellen und Ihren Aleranischen Mann für alle Gelegenheiten entsenden, um Sie zu begrüßen.”
“Es ist hart über diese Sache mit der Glut nachzudenken, wenn meine Mutter vermisst wird,” erklärte ich. Ich rieb über meine Jeans und bemerkte, dass ich mir morgens wahllos etwas übergezogen hatte und mir nicht einmal die Haare gekämmt hatte, als wir überstürzt zum Bräutezentrum geeilt waren. Auf keinen Fall würde dieser Mann mich ins Bett bekommen wollen, wenn ich so ungepflegt aussah. Ich zupfte ein meinem T-Shirt und stellte fest, dass es verkehrt herum war. Verflucht.
“Deine Gluthitze hat vor ein paar Wochen begonnen. Es hätte dich so oder so überkommen, mit oder ohne Mutter,” sprach Destiny. “Überleg doch, wärest du auf Alera gewesen, dann hätte dieses Hitze-Ding nicht auf sich warten lassen, bis du siebenundzwanzig bist.” Sie wedelte mit der Hand herum, als sie das Hitze-Ding erwähnte. Natürlich war es für sie ein Leichtes, die Sache zu verharmlosen, schließlich war sie noch nicht von ihrer Gluthitze überkommen worden. Auf sie wartete kein Wildfremder, um ihr das Hirn rauszuvögeln und so zu verhindern, dass sie verrückt wurde. “Ich meine, wenn es bei dir mit zweiundzwanzig losgegangen wäre, so wie Mutter immer gesagt hatte, dann hättest du niemals mit Aiden Dugen geschlafen.”
Aiden Dugen. Ich musste lachen. Im Nachhinein war man immer schlauer. Meinen College-Freund hätte ich mir sicher sparen können. Was seinen Schwanz anging, so wäre er niemals als heißer Alien-Schmacko durchgegangen. Zum Teufel, nichts aber auch gar nichts an ihm war schmackhaft.
“Oh ja. Aber der große Atlane am Eingang ist bestimmt behängt wie ein Hengst,” verlautete Faith und fächelte sich Luft zu. “Wenn ich gewusst hätte, dass Aliens dermaßen heiß sind, dann hätte ich mich vielleicht freiwillig als interstellare Braut gemeldet.”
“Wenn wir auf Alera bleiben, dann wirst du irgendwann einen Alien heiraten,” sagte Destiny. “Ich denke, das zählt.”
“Nun, ihr seid nur zur Hälfte Aleranisch und wir wissen nicht, ob diese blöde Gluthitze euch ebenfalls heimsuchen wird. Ich hoffe nicht. Letzte Woche habe ich fast meinen Arbeitskollegen umgebracht und dabei habe ich ihn nur geküsst,” ermahnte ich die beiden.