True North - Unser Traum von Für immer - Sarina Bowen - E-Book

True North - Unser Traum von Für immer E-Book

Sarina Bowen

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Beschreibung

Er hält mich fest umschlungen, und noch nie habe ich mich so sicher, so geliebt gefühlt wie in diesem Augenblick

Um ihren Job zu behalten, muss die Journalistin Skye Copeland in ihre Heimatstadt nach Vermont zurückkehren - für sie der schlimmste Ort der Welt. Bereits am ersten Tag begegnet sie ausgerechnet Benito Rossi, dem Mann, der ihr vor Jahren das Herz gebrochen hat. Und auch wenn sie sich vorgenommen hat, diesmal endgültig einen Schlussstrich zu ziehen, ist das heiße Prickeln zwischen ihnen stärker als je zuvor ...

"Eine wunderschöne Liebesgeschichte - absolutes Must-Read!" USA TODAY

Abschlussband der gefeierten TRUE-NORTH-Reihe von USA-TODAY-Bestseller-Autorin Sarina Bowen

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Seitenzahl: 508

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Inhalt

Titel

Zu diesem Buch

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Die Autorin

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Impressum

Sarina Bowen

True North

Unser Traum von Für immer

Roman

Ins Deutsche übertragen von Wanda Martin

Zu diesem Buch

Nachdem sich Skye Copeland im Fernsehen blamiert hat, steht ihre Karriere als Journalistin auf dem Spiel. Will sie ihren Job behalten, braucht sie dringend einen Plan. Da kommt ihr der Tipp ihrer Schwester für eine heiße Story in Vermont gerade recht, auch wenn sie dafür in ihre Heimatstadt zurückkehren muss – einen Ort, den Skye mit schlimmen Erinnerungen verbindet. Und bereits am ersten Tag trifft sie ausgerechnet auf Benito Rossi, ihren ehemals besten Freund, der ihr vor Jahren das Herz gebrochen hat und den sie nie wiedersehen wollte. Doch ihre Begegnung ist kein Zufall, denn Benito ermittelt als Polizist in demselben Fall, der Skyes Karriere retten könnte. Skye hat keine Wahl und lässt sich trotz ihres Schwurs, Benitos dunklen Augen nie wieder zu verfallen, auf eine Zusammenarbeit mit ihm ein. Aber sie hat nicht mit dem heißen Prickeln gerechnet, das augenblicklich wieder zwischen ihnen aufflammt. Und die längst vergessenen Gefühle entwickeln sich schnell zu einem intensiven Verlangen, dem weder Skye noch Benito länger widerstehen können …

1

Vor zwölf Jahren im August

Ein sechzehnjähriges Mädchen starrt aus dem Fenster des ramponierten Dodges ihrer Mutter. Dieses Automodell wird nicht mal mehr hergestellt. Nichts im Leben dieses Mädchens ist neu. Seine Sachen nicht. Die zerschlissene Sporttasche zu seinen Füßen nicht.

Nur die Umgebung. Die ist immer neu, denn sie sind in drei Jahren fünfmal umgezogen, jedes Mal ins Haus des aktuellen Freundes ihrer Mutter. Dann – ein paar Monate später – verlassen sie es wieder.

Diesmal ist die Landschaft, die vor dem Autofenster vorüberzieht, hübscher als sonst. Also immerhin etwas. Es gibt Farmhäuser und Maisfelder. Hellbraune Kühe grasen neben einer dunkelroten Scheune. In der Ferne kann das Mädchen ab und an den Lake Champlain zwischen den Hügelkuppen sehen.

»Die Schule dort ist viel besser«, sagt die Mutter, wobei sie die Worte an einer Zigarette vorbei herausquetscht, die zwischen ihren Lippen klemmt. »Und die Luft ist sauber. Vermont hat dir gefallen, als du klein warst.«

Aber unser Mädchen macht sich lieber selbst ein Bild. Die Mutter sagt nie die Wahrheit. Und trotz der Landschaft macht es sich bereits Sorgen. Sie sind unterwegs zum Haus desjenigen Ex-Ehemanns ihrer Mutter, den sie am wenigsten mag.

Die Mutter hat fünfmal geheiratet. Und wurde fünfmal geschieden. Das ist eine krasse Statistik für eine Frau von gerade mal sechsundvierzig Jahren.

Skye wird niemals heiraten. Sie weiß es schon jetzt besser.

»Bist du sicher, dass Rayanne nicht da sein wird?«, fragt sie ihre Mutter. Letztes Mal, als sie bei Jimmy Gage wohnten, hatte Skye eine Stiefschwester. Das ist zwölf Jahre her, doch sie hatte danach nie wieder eine Schwester oder einen Bruder.

»Nein, wird sie nicht.« Ihre Mutter schnaubt. »Das Dummchen ist nach Kalifornien abgehauen. Aber so hat Jimmy jetzt ein Zimmer nur für dich«, sagt die Mutter und biegt von der Hauptstraße ab.

Das ist überhaupt kein Trost, Skye mochte Rayanne nämlich um einiges lieber als den zweiten Ehemann ihrer Mutter. Sie war fünf, als sie zuletzt bei ihm gelebt haben. Es war nett, eine siebenjährige Schwester zu haben. Richtig schön sogar. Aber sie hatte immer Angst vor Jimmy. Er hatte unheimliche Augen und stank nach Schnaps und Kautabak. Wenn Skye etwas sagte, das ihm nicht gefiel, rutschte ihm schnell die Hand aus. Sie hatte gelernt, sich von ihm fernzu­halten.

Vielleicht ist er mit den Jahren milder geworden.

Als sie in eine schmalere Straße einbiegen, weiß Skye, dass die Wohnwagensiedlung nicht mehr weit ist. Man merkt es immer. Selbst im makellosen Vermont gibt es diese Art von Straßen – solche, wo Autoreifen im Abflussgraben liegen. Niemand ist stolz auf dieses Stück Land. Sie fahren an einer Badewanne vorbei, die am Straßenrand vor sich hin rostet. Dann taucht ein Schild auf: PIN VIEW PARK.

Unser Mädchen rümpft die Nase über das fehlende E im Wort Pine. »Letztes Mal, als wir hier waren, hat er in einem Haus gewohnt«, stellt es fest. Sechzehnjährige sprechen immer die schmerzhafte Wahrheit aus. Dazu sind sie da.

Ihre Mutter überhört die Kritik und biegt in die Wohnwagensiedlung ein. »Skye, guck nach den Hausnummern«, verlangt sie. »Welcher ist die dreizehn?«

Glückszahl dreizehn. »Der da«, knurrt sie. Natürlich ist es der heruntergekommenste Wohnwagen an diesem heruntergekommenen Ort. Die Veranda steht auf Porenbetonsteinen, und die Fenster müssten mal geputzt werden. »Ein echter Hingucker.«

»Hüte deine Zunge, Frollein. Immerhin hast du ein Dach über dem Kopf.« Ihre Mutter biegt in das ein, was wohl die Einfahrt sein soll, und steigt aus dem Wagen. Nachdem sie die Tür zugeknallt hat, hält sie einen Moment inne, um ihre Bluse glatt zu streichen und sich mit den Fingern durch die Haare zu fahren.

Skye rührt sich nicht. Sie wartet im Auto, denn sie weiß, es eilt nicht. Manchmal halten sie vor Häusern an, in denen sie gar nicht so willkommen sind, wie ihre Mutter meint. Sie schaut zu, wie ihre Mom an die dünne Tür klopft. Einen Augenblick später wird aufgemacht, und sie verschwindet nach drinnen.

Das ist kein schlechtes Zeichen. Aber unsere Heldin wartet zur Sicherheit noch ein paar Minuten ab. Und als kein Geschrei aus dem Haus dringt, gewinnt ihre Neugierde doch die Oberhand. Sie zieht ihre Sporttasche hervor und geht zur Tür. Ihre Mutter steht direkt dahinter und spricht mit Jimmy. Die Miene des Mannes ist noch genauso hart, wie sie sie in Erinnerung hat.

Und jepp – diese gruseligen Augen. Er trägt eine Polizistenuniform. Das ist neu.

»Süße, komm rein«, ruft ihre Mutter mit aufgesetzter Fröhlichkeit. »Das da drüben wird dein Zimmer.« Sie zeigt einen schmalen Flur hinunter, als Skye den Wohnwagen betritt.

Zuerst mal muss sie an Jimmy Gage vorbei. Aber er geht nicht beiseite. Sie spürt, wie er langsam den Blick über ihren Körper wandern lässt. »Da ist jemand aber mächtig hübsch geworden«, sagt er leise. »Sechzehn, geht aber für sechsundzwanzig durch.«

Unser Mädchen hat keine Ahnung, was es darauf erwidern soll. Also sagt es gar nichts. Mit angehaltenem Atem quetscht es sich vorbei und braucht nur zwei Schritte, dann erreicht es den muffigen kleinen Raum. Ein Kanye-West-Poster fällt halb von der Wand. Dieses kleine Zimmer hat offensichtlich Rayanne gehört.

Skye ist immer noch traurig darüber, dass Raye nicht da ist. Sie ist lustig und Skyes einzige Fast-Schwester. Andererseits könnten sich die beiden dieses Kämmerchen von Zimmer nie im Leben teilen. Das Einzelbett passt gerade so hinein.

Jimmys Stimme schallt aus der Küche herüber. »Wie lange bleibt ihr?«

Unser Mädchen will gerade seine Sporttasche aufs Bett stellen und erstarrt mitten in der Bewegung. Jimmys Frage ist kein gutes Zeichen.

»Ich weiß nicht genau«, lautet die vage Antwort der Mutter. »Nur so lange, bis ich ein bisschen Geld beisammen hab.«

Er grunzt zustimmend. »Du wirst dich revanchieren müssen.«

»Kann ich mir denken, Schätzchen.«

Unsere Heldin will nichts mehr davon hören. Sie lässt ihre Tasche stehen, schlüpft aus dem Zimmer und geht an den beiden Erwachsenen in der Küche vorbei. »Mit Hausarbeit«, stellt er klar.

Sie ist schon zur Tür hinaus, ehe sie noch mehr mitbekommt.

Nach draußen zu gehen, ist eine gute Entscheidung. Die Luft ist angenehm kühl und riecht nach Kiefern. Anders als einige der übleren Wohnwagensiedlungen, in denen sie war, ist diese hier klein. Die verschieden großen Mobilheime stehen in einem Halbkreis vor einem unberührten Stück Wald. Der Boden ist hübsch gesprenkelt mit den ersten orange gefärbten Blättern.

Skye geht hinter Wohnwagen Nummer dreizehn. Dort stellt sie fest, dass man nur noch Natur sieht, wenn man den Blechbüchsen, die die Leute ihr Zuhause nennen, den Rücken kehrt.

Nicht schlecht.

Sie tritt zwischen zwei hoch aufragenden Kiefern in den Wald. Ihr Blick wandert nach oben in die Baumkronen, während sie langsamen Schrittes weitergeht. Wie lange ein Baum wohl braucht, um so hoch zu werden? Fünfundsiebzig Jahre? Hundert? Wenn sie nur nach oben schaut, gibt es keine Wohnwagensiedlung und keinen Ex-Stiefvater, der einen nicht haben will. Nur noch den farbenfrohen Blätterwald vor dem blauen Spätsommerhimmel.

»Pass auf, wo du hintrittst.«

Skye schluckt einen überraschten Aufschrei hinunter. Ruckartig senkt sie den Kopf, bis sie sieht, woher die Stimme kam.

Dann ist sie noch verblüffter, denn sie gehört dem hübschesten Jungen, den sie je gesehen hat. Mit dichtem schwarzen Haar und dunklen Augen grinst er sie aus einem lächerlich großen Gartensessel an. Der ist breit genug für zwei und steht mitten auf einer Lichtung.

»Was machst du denn hier?«, fragt sie blöde.

Er betrachtet sie einen Moment lang stumm. Bei manchen Jungs wirkt das gruselig, aber nicht bei ihm. Sein Blick ist ganz anders als der von Jimmy Gage. Eher freundlich als anzüglich. »Wahrscheinlich dasselbe wie du«, antwortet er schließlich. »Vor dem Ganzen da flüchten.« Er nickt mit dem Kopf hinter sich in Richtung Wohnwagensiedlung.

»Oh«, sagt sie und beweist damit erneut brillante Schlagfertigkeit.

»Oh.« Er grinst. »Hast du auch einen Namen?«

Darauf weiß sie einen Augenblick lang keine Antwort, weil das Grübchen an seinem Kinn sie ablenkt. Sie würde es gern mit dem Daumen befühlen. »Ja, Skye«, fällt es ihr schließlich wieder ein.

»Willkommen in der Wohnwagensiedlung, Skye. Ich bin Benito Rossi.«

Unser Mädchen lächelt innerlich, denn gerade ist Vermont ein bisschen freundlicher geworden. Aber seine Miene bleibt unbewegt, weil es geübt darin ist, seine Regungen für sich zu behalten. »Gehst du auf die Highschool? Die geht morgen los, oder?«

Er nickt. »Bin im Abschlussjahr. Gott sei Dank. Und du?«

»In der Zehnten.«

»Ah. Hast du schon einen Stundenplan?«

Skye schüttelt den Kopf. Man kann von ihrer Mutter nicht erwarten, dass sie sie schon vorab anmeldet. Bis ihre Mutter sie morgen hingefahren und die Anmeldung ausgefüllt haben wird, dürfte Skye schon die ersten zwei oder drei Stunden verpasst haben. »Gibt’s einen Bus?«, fragt sie, weil ihre Mutter sich nicht um solche Details schert.

Benito nickt. »Hält um zehn nach sieben vor der Siedlung.« Er schwingt seine langen, in einer Jeans steckenden Beine zur Seite und klopft auf den freien Platz neben sich auf dem breiten Sessel. »Das hier ist mein Luxussitz«, sagt er lächelnd. »Kleiner Wohnwagenwitz.«

Sie lächelt.

»Setz dich.«

Skye würde sich liebend gern neben diese gut aussehende Person auf das Polster setzen und sich zurücklehnen, um in die Baumkronen zu schauen. Doch sie ist die Neue hier und muss auf sich aufpassen. Jungs nehmen gerne einfach etwas an. Seit Skye mit vierzehn Jahren Körbchengröße B bekommen hat, starren Männer sie an, und Jungs versuchen zu grabschen.

Mit ihren sechzehn Jahren weiß sie, dass sie attraktiv ist. Ab und zu findet sie das ganz nützlich. Sie weiß, dass ihr die Jungs in ihrer Klasse morgen alle Infos liefern werden, die sie braucht. Sie werden ihr einen Platz anbieten, weil sie hübsch anzuschauen ist, und ihr die Peinlichkeit ersparen, alleine essen zu müssen.

Aber meistens ist es ätzend, begehrt zu werden. Die auf ihrer Brust verweilenden Blicke. Das Gegrinse und die unerwünschten Hände auf ihrem Po.

Deshalb meidet Skye den riesigen Sessel und setzt sich stattdessen auf einen Baumstumpf. Es gibt auch eine Art Feuerstelle – einen großen Steinkreis und eine Kuhle, in der schwarze Kohlen zerfallen. »Macht ihr hier Party?«, fragt sie.

»Nein.« Benito schüttelt seinen umwerfenden Kopf. »Das würde alles ruinieren. Hierher komme ich, wenn ich keine Leute um mich haben will. Ich mag Menschen zwar, aber bei uns im Wohnwagen leben zu viele. Ich habe drei ältere Brüder und eine Zwillingsschwester …«

Skye schnappt nach Luft. »Das ist echt viel.«

Er lächelt wieder, und das bringt ihren Bauch dazu, Purzelbäume zu schlagen. »Einer meiner großen Brüder ist zur Grundausbildung bei der Armee, und meine Schwester wohnt dieses Jahr bei einer Freundin. Bleiben also nur noch Mom und ich, Damien und Matteo. Immer noch ziemlich viele. Und wir sind alle nicht gerade klein. Ein Mann braucht doch sein eigenes Wohnzimmer.« Er breitet die Arme aus wie ein König, der seinen Palast präsentiert. »Aber wenn du mein Geheimnis für dich behältst, kannst du jederzeit herkommen. Verleg nur nicht die Fernbedienung.« Er zwinkert.

Skye lächelt widerwillig. »Ich werd’ keiner Menschenseele was davon sagen«, schwört sie.

Er verschränkt die Arme hinter dem Kopf. »Also, was willst du noch über die Schule wissen?«

2

Skylar

Der Mietwagen ist ein brandneuer Jeep Grand Cherokee in Kirschrot, und ich mag ihn unheimlich.

Ich habe noch nie ein eigenes Auto besessen. Und wenn es so weitergeht, werde ich auch nie eins haben. Wenn man in New York City lebt und mit seinem miesen Journalistenjob gerade so über die Runden kommt, ist die Vorstellung lachhaft, jeden Monat fünfhundert Mäuse fürs Parken auszugeben. Von den Haltungskosten eines Fahrzeugs ganz zu schweigen.

Daher meine Freude, als ich in dem fünfundvierzigtausend Dollar teuren Luxuswagen mit Allradantrieb aufs Gaspedal trete. Es ist toll.

Was macht es da schon, dass ich in der rechten Spur bleiben muss, weil ein Kajak auf dem Dach befestigt ist? Aus der beeindruckenden Stereoanlage schallt meine Lieblingsmusik, und der Ledersitz fühlt sich kühl an meinen nackten Kniekehlen an. Ein weiteres Plus: Das Auto ist geräumig, und ich passe mit meinem sehr langen Körper problemlos hinein.

Es riecht sogar nach Neuwagen.

Ich brauche das hier – eine kleine Flucht aus New York nach der elenden Woche, die ich hatte. Schade, dass ich meinen Kurzurlaub in Vermont verbringen muss. Auch wenn Vermont in dem Ruf steht, wunderschön zu sein, bin ich kein Fan davon. Ich wurde dort geboren. Ich habe in meiner Kindheit und Jugend zweimal dort gelebt.

Beim letzten Mal wurde mir das Herz gebrochen.

Ich hätte mir Vermont niemals als Wochenendziel ausgesucht, aber meine verrückte Stiefschwester bat mich zu kommen. Sie hat auch den Jeep bezahlt, weil ich ihr das Kajak bringen soll. Ich kann bei ihr übernachten. Es handelt sich also um einen kostenlosen Kurztrip raus aus der Stadt.

Mein Handy klingelt. Und alles, was ich machen muss, um mit Tante Jenny zu sprechen, ist, auf das schicke Display des Wagens zu tippen. »Hallo! Grüße vom Wilbur Cross Parkway!«

»Grüße von der Promenade in Palm Beach. Also, wie läuft die Reise so bisher?«

»Ich bin gerade mal in Connecticut, Jenny.«

»Ich weiß. Aber da du Vermont hasst, dachte ich mir, ich stelle die Frage jetzt schon mal. Wie hast du deinen Chef dazu überredet, dir diesen Kurzurlaub zu geben? Ich dachte, er wäre der personifizierte grantige Geizhals, also sozusagen der Ebenezer Scrooge der Lokalnachrichten?«

»Oh, ist er auch. Ich bin allerdings gerade die Witzfigur von New York News and Sports. Und auf YouTube. Und wahrscheinlich auch auf Twitter.« Im Moment kann ich nicht in die sozialen Medien gucken, da würde ich bloß Panik kriegen. »Der Sender bekommt eine Menge Mails wegen meines Patzers. Sie wollen mich erst in zwei Wochen oder so wieder auf Sendung haben, wenn sich der Wirbel gelegt hat.«

Ich sage das unbekümmert. Aber in Wahrheit habe ich schreckliche Angst, dass sich der Wirbel nicht legen wird. Mein Producer – John McCracken – hat mich heute nicht mal meinen Arbeitslaptop mitnehmen lassen. Und das macht mich echt wahnsinnig. Werden die mich feuern? Normaler­weise will der Mann, dass mir der Computer quasi an die Hand getackert ist.

»Ach, Liebes.« Tante Jenny seufzt. »Das könnte doch jedem passieren.«

»Aber warum zum Kuckuck musste es ausgerechnet mir passieren?« Seien wir mal ehrlich, man braucht schon eine ordentliche Portion Pech, um versehentlich live im Fernsehen den perfekten Umriss eines erigierten Penis zu malen.

Da stand ich also und »malte« – per Wunder der Technik – mit meinem Finger auf eine digitale Karte von Manhattan, und Zehntausende Zuschauer guckten zu, wie ich einen Verkehrsstau in der Upper West Side einzeichnete. In leuchtend lilafarbenen Pixeln zog ich einen Kreis um den Columbus Circle, um die Ursache des Problems zu zeigen. Dann fuhr ich den Broadway Richtung Nordwesten bis zur Sixty First Street nach.

Tja, der Broadway verläuft dort zufälligerweise in einem recht steilen Bogen. Ich habe ihn, na ja, dick nachgezogen. Dann, während ich ruhig in Kamera sechs sprach, habe ich den Columbus Circle noch mal eingekreist, weil ich betonen wollte, wie schlimm es sich dort staute.

Wer hätte gedacht, dass es im Ergebnis aussehen würde wie ein Penis samt der Nüsse im Profil? Ich habe bloß meinen Job gemacht. Und weil ich nie versaute Gedanken habe, ist mir gar nicht aufgefallen, dass ich versehentlich eine äußerst stattliche Erektion auf die Straßenkarte malte.

Es gibt jedoch fünf Millionen YouTube-Zuschauer mit versauten Gedanken. So viele Klicks hatte das Video nämlich in den letzten sieben Tagen. Jedenfalls sagt man mir das.

Einige dieser fünf Millionen Aufrufe müssen Wiederholungen sein, obwohl ich selbst mir den Zwanzig-Sekunden-Clip meiner Schande nur ein einziges Mal angesehen habe. Okay, zweimal. Und beim zweiten Mal ist mir aufgefallen, dass es nicht so doppeldeutig ausgesehen hätte, wenn ich nicht noch den Umriss des Central Parks dazugenommen hätte, der nach unten abfiel wie wohlgeformte Bauchmuskeln. Oder wenn ich die, ähm, Spitze des Verkehrsstaus in der Sixty First Street nicht noch mit einem pilzförmigen Pfeil gekrönt hätte.

Hätte, hätte. Jetzt, wo ich daran denke, möchte ich meinen Kopf auf das sehr teure Lenkrad knallen.

»Ich weiß, wie das laufen wird«, sagt Jenny. Ich kann eine Möwe in ihrer Nähe schreien hören, denn die Lautsprecher des Jeeps sind Spitzenklasse.

»Wie denn?« Ich möchte es unbedingt erfahren, denn eigentlich sollte ich jetzt auf der Arbeit sein und mich um die nächste Story streiten. Da ich für Arschlöcher arbeite, lassen die mich nie einen Beitrag machen, wenn ich mal auf was Gutes stoße. Alle meine Knüllermeldungen werden News-Leuten gegeben, die schon länger dabei sind. Ich darf nur über die allerlahmsten Bezirksversammlungen berichten. Und über den Verkehr und das Wetter.

»Du wirst zwei Wochen lang nicht im Büro sein, stimmt’s? Wahrscheinlich vermissen sie dich jetzt schon. Du hältst den Laden doch praktisch zusammen, stimmt’s? Dein Chef wird spätestens Montag heulend am Telefon hängen.«

Ich hoffe aus tiefstem Herzen, dass sie recht behalten wird. Es war echt schockierend, meinen schwitzenden Producer sagen zu hören: »Sie haben noch zweiundsiebzig Urlaubstage. Nehmen Sie sich zehn davon ab morgen.«

Das ist kein gutes Zeichen. Bei NYNS kriegt nie jemand einen Tag frei. Und wenn doch, dann nimmt man seinen Computer und seine Arbeit mit.

»Ich hoffe, du hast recht«, gestehe ich. »Und ich hoffe, sie haben meinen Computer nur genommen, damit ich keine anzüglichen E-Mails bekomme.« Diese Theorie ist mir am liebsten. Es ist auch nicht gerade so, als ob ich gern von meinen neu gewonnenen Fans hören würde. Manche Frauen könnten sich wahrscheinlich über die ganze Geschichte kaputtlachen, aber so eine bin ich nicht. Ich mache keine anzüglichen Witze. Nie. Die ganze Sache weckt in mir den Wunsch, mich unterm Bett zu verkriechen.

Aber das kann ich nicht. Erstens, weil es schwierig ist, sich unter einem Bett zu verstecken, wenn man einen Meter dreiundachtzig groß ist. Zweitens, weil ich meinen Job bei New York News and Sports brauche. Ich muss Schwitzi McCracken davon überzeugen, dass ich eine seriöse Journalistin bin. Nach diesem Kurztrip raus aus der Stadt habe ich vor, wieder ins Büro zu marschieren und meinen Job vor der Kamera zurückzuverlangen. Ich habe eine Heidenangst davor, aber das werde ich machen.

»Wie dem auch sei – tief durchatmen. Und ruf mich an, sobald du angekommen bist«, sagt Jenny. »Nein – diese Bitte nehme ich zurück. Ich möchte, dass du eine tolle Zeit hast. Denk nicht an die Arbeit. Denk nicht an mich. Guck dir einfach die Sehenswürdigkeiten an und lass dich von Rayanne bespaßen.«

»Die Sehenswürdigkeiten?« Es gibt nichts Sehenswertes in Vermont.

»Berge. Bärenstarke Holzfäller. Guten Käse. Worin Vermont auch immer gut ist.«

Wenn ich das nur wüsste. Als ich als Teenager dort gelebt habe, hatten wir kaum je genug Essen, guten Käse schon gar nicht. Und von den Männern will ich gar nicht erst anfangen.

Aber ich sage Jenny nichts von meinen Zweifeln, denn sie macht sich Sorgen um mich. »Ich ruf dich an, wenn ich kann«, verspreche ich ihr stattdessen. »Bis bald!«

»Hab dich lieb!«, sagt sie. »Tschüss!«

Lächelnd lege ich auf. Jenny ist meine einzige echte Verwandte. Sie und meine verrückte Halb-Stiefschwester in Vermont sind alles für mich.

Sie hat mir nicht gesagt, warum sie das kleine Boot oben auf dem Jeepdach braucht. Und ich habe nicht nachgefragt, weil Raye ständig irgendeinen Plan ausheckt, wie sie schnell reich werden kann. Die gehen immer schief, aber das hält sie nie davon ab, es zu versuchen.

Irgendwann einmal war meine Loserin von Mutter mit Rayes Fiesling von Vater verheiratet. Rayanne ist lustig, was so ziemlich einem Wunder gleichkommt, denn ihr Dad ist ein gruseliger Irrer.

Wir sind in den letzten Jahren enger zusammengewachsen, weil Raye – die inzwischen einunddreißig ist – versucht hat, sich ins Zeug zu legen und was aus ihrem Leben zu machen. Sie hat ihre Zwanziger damit verbracht, die Westküste entlangzutrampen, als Barkeeperin zu arbeiten und abzufeiern. Dann fing das mit den Plänen an, schnell reich zu werden. Sie ist schon als Gourmetkaffee-Rösterin, Wandgemälde-Künstlerin und Stand-up-Comedienne gescheitert – das alles kurz nacheinander.

Ich höre die ganzen Geschichten immer bei unseren halbjährlichen Treffen, wenn Rayanne in New York auftaucht, um ihre verrückten Freunde zu besuchen. Und mit den Jahren fing ich an, mir Sorgen um sie zu machen.

Doch dann hat sie Yoga für sich entdeckt. Ich dachte, ihr Interesse daran würde nur eine Woche anhalten, genauso wie bei allem anderen, was sie sich in den Kopf gesetzt hat. Aber nein. Yoga ist jetzt ihr Leben. Sie gibt zweimal die Woche Unterricht in einem Wellness-Resort und träumt davon, ein eigenes Studio zu eröffnen.

Ich liebe Raye, aber sie hatte es nicht leicht, mich zu überreden, ihr diesen Gefallen zu tun. »Bitte, Skye?«, hat sie mich gestern angebettelt. »Ich miete das Auto für dich. Der Verkäufer des Kajaks wird das Boot aufs Dach montieren. Du brauchst nichts zu machen. Ich bezahle dir sogar das Benzin.«

Das klang alles nach jeder Menge Anstrengungen. »Wieso kaufst du dir das Boot nicht einfach in Vermont?«

Sie schwieg einen Augenblick, was gar nicht zu Raye passt. »Es soll keiner wissen, dass ich es gekauft habe. Ich erklär’s dir, wenn du hier bist.«

Zu dem Zeitpunkt war ich immer noch nicht überzeugt. Immerhin bat sie mich, ins Epizentrum meines Herzschmerzes zu fahren. Die schlimmsten Dinge, die mir als Teenager passiert sind, geschahen genau an dem Flecken von Vermont, wo Raye heute lebt. Das ist nichts, worüber ich gerne nachdenke, geschweige denn rede.

Deshalb machte ich gerade den Mund auf, um abzusagen, als Raye mich mit dem einzigen Argument unterbrach, mit dem man mich überzeugen könnte. »Es steckt eine Story für dich drin. Eine gute. Ein karrierefördernder Knüller.«

»Was?«, hatte ich geflüstert. Raye ist nicht die Sorte Stiefschwester, der meine Karriere sonderlich am Herzen liegt. Wenn wir einmal im Monat quatschen, fragt sie mich normalerweise, ob ich irgendwelche heißen Klubs entdeckt habe, die sie nächstes Mal abchecken kann, wenn sie mit ihren Freunden in der Stadt ist.

(Meine Antwort lautet immer gleich: Aufstrebende Journalistinnen gehen in keine Klubs. Sie gehen in überteuerte Fitnessstudios und danach nach Hause.)

»Eine Story, Raffie!« (Das ist ihr Spitzname für mich. Von Giraffe. Ich kriege viele Witze über große Mädchen zu hören.) »Hier oben an der Grenze tut sich was, von dem du erfahren musst.«

»Du meinst … etwas Illegales?« Die größten Knüller drehen sich um illegale Machenschaften. Eilmeldung: Riesenskandal von unserer Reporterin Emily Skye aufgedeckt! Die Dokumentation um 23 Uhr.

Ein Mädchen wird doch wohl noch träumen dürfen.

»Ich erzähl dir davon, wenn du hier bist«, hatte Raye wiederholt. »Mit so was würde ich dich nie foppen.«

So kurz nach meinem Schwanz-Bild im Fernsehen brauche ich eine Story. Dringend. Also fahre ich jetzt das Kajak nach Vermont.

»Wehe, das wird ein Reinfall«, habe ich sie gewarnt. »Es gibt Leute in Vermont, die ich nicht sehen will.« Zum Beispiel jemanden von der Familie Rossi. Oder Jimmy Gage. Oder überhaupt alle, mit denen ich auf der Highschool war.

Die Liste ist lang.

»Das wird gut, Skye! Ich versprech’s. Du wirst es nicht bereuen. Ich werde mich gut um dich kümmern.«

Den letzten Teil hätte sie wohl besser weggelassen. Raye hat sich noch nie gut um mich gekümmert. Sie ist glücklos, ahnungslos und erfolglos, und das scheint ihr nicht sonderlich viel auszumachen.

Ich liebe ihren unendlichen Optimismus. Sie und ich haben von unseren Müttern und ihrem Dad jede Menge Mist aufgetischt bekommen. Aber anders als ich ist Raye trotzdem noch ein glücklicher Mensch mit einem kindlichen Wesen, der daran glaubt, dass gute Nachrichten nie lange auf sich warten lassen.

Im Gegensatz dazu bin ich die Schwester, die immer schwarzsieht. Was immer ich mir ausmale, das schiefgehen könnte, geht meistens auch schief, und außerdem noch jede Menge anderes, was ich nicht vorhergesehen habe. (Wie der TV-Penis. Wer konnte denn damit rechnen?)

Falls mein Kurztrip nach Vermont tatsächlich einen brauchbaren Knüller bringen sollte, wäre ich baff. Mein Plan aber ist, Raye das Kajak zu bringen, zum ersten Mal seit etwa einem Jahr zwei, drei Tage mit ihr zu verbringen und dann schleunigst zuzusehen, dass ich aus Colebury wegkomme.

Wenigstens muss ich auf dieser Spritztour nicht an unserer alten Wohnwagensiedlung vorbeifahren. Raye wohnt jetzt zur Miete in einem Haus im Stadtzentrum. Ich nehme an, dort werden wir uns treffen.

Aber nein. Als ich in Massachusetts anhalte, um mir einen Salat zum Mitnehmen zu holen, habe ich eine SMS von einer unbekannten Nummer, die mit 802 beginnt. Raffie, ich bin’s! Wir treffen uns im Orange County Infocenter an der 89., hat sie geschrieben. Ich muss dir etwas zeigen.

Zuerst bin ich schlagartig sauer. Es ist typisch Raye, dass sie in letzter Minute die Planung über den Haufen wirft. Aber ich habe mich ja nur auf eine Achtundvierzig-Stunden-Dosis von Rayannes sprunghafter Art eingelassen. Außerdem sollte man sich nicht wegen jeder Kleinigkeit streiten. Nagut, schreibe ich also. IchhabesalsneuesZielindasschickeNavieingegeben.Essagt,dassichum20.15 Uhrankomme.

Cool, antwortet sie sofort. Ich hab dich lieb!

Solltest du auch! Ich würde nicht für jeden nach Vermont fahren.

Sie antwortet erst mit dem Betende-Hände-Emoji und dann mit dem Einhorn. Hundertprozent Rayanne.

Seht ihr? Ich kriege das hin. Erwachsen wie ich bin, kann ich nach Vermont fahren, um einem Familienmitglied zu helfen. Es handelt sich bloß um irgendeinen x-beliebigen Ort auf der Welt. Ich kann übers Wochenende hinfahren, Raye besuchen und ein bisschen damit abschließen.

Vermont hat mich nicht kaputt gemacht. Es hat’s versucht, aber nicht geschafft.

Ich bin noch ziemlich großspurig drauf, als noch hundert Meilen zu fahren sind. Aber als das Navi runter auf dreißig Meilen ist, werde ich langsam nervös und traurig. Und das alles nur wegen eines Jungen, der nicht mal mehr in Vermont lebt.

Benito Rossi.

Vor zwölf Jahren wollte ich ihn so sehr, dass ich alles getan hätte, um ihn zu kriegen, sogar fast all das, was mir mein fieser Ex-Stiefvater immer unterstellt hat, wenn er betrunken war. Bei Benito steckte ich jedoch fast die ganze Zeit über, die wir uns kannten, in der Friendzone.

Bevor ich Vermont für immer verließ, sah es dann ein paar wunderbare Tage lang so aus, als würden meine romantischen Träume doch endlich wahr werden. Aber nein. In allerletzter Sekunde hat er mich auf die schmerzhafteste Art und Weise abserviert, die es nur gibt.

Mein Herz leidet, wenn ich bloß daran denke, sogar noch nach all der Zeit. Es ist egal, dass ich ihm nicht über den Weg laufen werde. Ich hege immer noch einen Groll auf ihn und auf den ganzen Bundesstaat, in dem ich mich in ihn verknallt habe.

Als nur noch wenige Meilen zwischen mir und der Highway-Abfahrt liegen, nehme ich den Fuß vom Gaspedal. Jetzt, wo ich so nah dran bin, kann ich das Echo der naiven Teenagerin, die ich einmal war, in meinem Kopf hören. Es ist damals so ein schweres Jahr gewesen. Ich war sechzehn und hatte fast keine Freunde. Immer, wenn ich in Schuhen aus dem Second-Hand-Shop in die Schule kam, schämte ich mich.

Einen tröstlichen Gedanken gibt es aber: Falls ich tatsächlich jemandem aus der Highschool über den Weg laufen sollte, werde ich vielleicht nicht erkannt. Es ist Jahre her, dass ich gebrauchte Klamotten anhatte. Für diesen Trip habe ich ein Outfit gewählt, das ich »Sie macht einen stylischen Ausflug aufs Land« nenne. Meine lilafarbene Seidenbluse schmiegt sich an meine Kurven. Darüber trage ich eine zarte Kaschmir-Strickjacke. Und mein kurzer Rock endet ein paar Zentimeter oberhalb meiner gemütlichen Overknees und meiner hammermäßigen, kniehohen Lederstiefel.

Ich sehe edel aus. Ich sehe umwerfend aus. Nimm das, Vermont.

Ein Vorteil, wenn man beim Fernsehen arbeitet, ist die Maske. Die Visagistinnen sind immer für ein Pröbchen gut und zeigen einem Schminktricks. Und Taz, der Hairstylist, schneidet mir alle drei Wochen kostenlos die Haare nach, weil ich keine hochnäsige Zicke bin. Heute Abend rocke ich Vermont also mit fransig geschnittenen langen Haaren und teurer Kosmetik, für die ich nichts bezahlt habe.

Das Leben könnte echt schlechter sein, rufe ich mir selbst in Erinnerung.

Die körperlose Stimme aus dem Navi sagt mir, dass ich die nächste Ausfahrt nehmen soll. Und das tue ich auch, weil ich nämlich dringend mal Pipi muss. Das Infocenter liegt gleich neben dem Highway. Der Parkplatz ist fast leer.

»Sie haben Ihr Ziel erreicht«, sagt die Navi-Stimme.

»Stimmt gar nicht«, bestreite ich laut und schalte den Jeep aus, um das letzte Wort zu behalten.

Ich springe raus, schnappe mir meine Tasche und laufe in das hell erleuchtete Gebäude. Raye sehe ich nirgendwo. Ich hoffe, sie kommt nicht zu spät. Meine Stiefel hallen auf dem Fliesenboden wider, als ich an einem Automaten vorbeiflitze, aus dem man T-Shirts kaufen kann mit der Aufschrift »802 – Vermonts einzige Vorwahl«.

Also das ist mal ein Kleidungsstück, das ich niemals tragen werde.

Ich erleichtere mich in einer der Toilettenkabinen und ziehe nach dem Händewaschen noch vor dem Spiegel meinen Lippenstift nach. »Ich mag dich immer noch nicht, Vermont«, flüstere ich in der Stille.

Als ich aus dem Waschraum komme, ist keine Spur von Raye zu sehen. Also kaufe ich mir eine Packung Salzbrezeln und lese die Schautafeln über Vermonts Landwirtschaftsgeschichte, während ich warte.

Und warte.

Wo zum Kuckuck bleibt sie?

Als ich gerade so richtig vor mich hin schäume, brummt mein Handy, und ich habe noch eine Nachricht von einer anderen 802er-Nummer.

Komm raus, steht da. Tut mir sehr leid, dass ich unser Wochenende canceln musste. Hab dich lieb.

Ein Schauer läuft mir den Rücken hinunter. Das hat sie nicht getan!

So schnell mich meine Designerstiefel tragen, laufe ich nach draußen. Vor der Tür ist Raye nicht im Lichtkegel der Laterne zu sehen. Ich sehe überhaupt niemanden auf dem Parkplatz.

Was außerdem nicht da ist: der rote Jeep. Mein Fahrzeug! Es ist weg. Und unfassbarerweise befindet sich dort, wo er parkte, meine Reisetasche. Sie steht auf dem Pflaster, mit einem Stück Papier darauf, das unter einem nicht erkennbaren Gegenstand festgeklemmt ist.

Als ich näher herangehe, sehe ich, dass es sich um ein abgenutztes altes Handy mit zerkratztem Display handelt.

Während mein Puls nach oben schießt, schnappe ich mir das Telefon und den Zettel, auf dem, wie sich herausstellt, eine Nachricht steht.

Skye – es tut mir so leid, dass ich dich hier so stehen lasse. Mir fiel keine andere Lösung ein. Ich brauche Hilfe, aber ich kann dich nicht mit in die Sache hineinziehen. Das Telefon ist für dich. Es ist ein Wegwerfhandy – ich habe die Prepaidkarte bar bezahlt, es kann also nicht zu mir zurückverfolgt werden. Benutz dein eigenes Handy, um dir ein Uber-Taxi nach Colebury zu rufen. Dann geh in die Gin Mill und bitte den Barkeeper, Benito Rossi zu holen.

»Was?« Ich ziehe scharf die Luft ein. »Auf keinen Fall.«

Oh doch, auf jeden. Ich weiß, du hattest nicht vor, Benito dieses Wochenende zu sehen. Habe ich dir überhaupt erzählt, dass er wieder in Vermont ist? Nein? Ups! Mein Fehler.

Egal, er ist wieder da. Und er und ich werden uns später unterhalten müssen. Aber erst mal musst du ihm etwas von mir ausrichten. Sag ihm Folgendes: Die Sache, mit der er rechnet, läuft früher, als er denkt. Und ich werde euch einen Beweis dafür schicken, sobald ich einen habe. Skye – lass ihn sich für ein paar Tage um dich kümmern, okay? Ich werde dieses Handy benutzen, um mit dir und Benito zu kommunizieren, wenn es sein muss.

Schreib mir NICHT von deinem normalen Handy. Es wird eventuell überwacht.

Schreib mir GAR NICHT. Warte, bis ich mich bei dir melde.

DerSchlüsselzumeinemHausliegtunterderBuddha-FiguraufderVeranda.Ichweißallerdingsnicht,obichandeinerStelledableibenwürde.Eskommenvielleichtwelchenachmirsuchen.

Und krieg jetzt keine Panik. Ich werd’ schon. Ich kriege das hin.

Ich hab dich wirklich lieb, auch wenn ich weiß, dass du jetzt wahrscheinlich stinksauer auf mich bist.

– Raye

PS: Benito ist in den letzten zwölf Jahren nur noch heißer geworden. Genieß den Anblick.

Ich stoße einen schier entsetzten Schrei aus. »Du hinterhältige kleine Hexe!«

Den Zettel lese ich noch dreimal, und mit jedem Mal werde ich noch wütender. Rayanne und ihre Dramen. Ich hätte es wissen müssen. Ich liebe sie, aber sie ist egoistisch und ein bisschen durchgeknallt.

Wie kann sie es wagen, mich zu Benito zu schicken! Und was für ein Gelaber ist das überhaupt in dieser Nachricht? Beweise? Sie ist Yogalehrerin. Und Benito ist …

Okay, ich habe keine Ahnung, was Benito macht. Das letzte Mal, als ich seine Social-Media-Accounts gestalkt habe, stellte sich heraus, dass er in Afghanistan war und für einen Militärdienstleister gearbeitet hat. Es gab ein Foto von ihm in Kampfuniform in der Wüste. Das dürfte allerdings fünf oder sechs Jahre her sein.

Als ich mit siebzehn aus Vermont geflüchtet bin, habe ich ihn regelmäßig online gestalkt. Er nutzte die sozialen Medien aber nicht großartig, deshalb war das nicht besonders ergiebig. Das war allerdings zu einer Zeit, als ich noch meinte, ihn in Menschenmengen zu entdecken. Mein Unterbewusstsein hielt noch Ausschau nach dem Jungen, der mir das Herz gebrochen hatte.

Erst als ich dieses eine Foto von ihm tausend Meilen weit weg sah, konnte ich aufhören, nach ihm Ausschau zu halten. Und seitdem habe ich nicht oft an ihn gedacht. Außer in meinen Träumen, und die zählen nicht.

Blöde Rayanne. Sie steckt irgendwo und genießt das hier. Ich weiß nicht recht, ob ich sie schlagen oder mir Sorgen um sie machen soll. Diese mysteriöse Sache klingt ernst. Nur dass Rayanne niemals ernst ist.

Das Einzige, was ich mit Sicherheit weiß, ist, dass es keine gute Idee wäre, die ganze Nacht lang an einer Raststätte herumzustehen. Meine Jacke lag auf dem Rücksitz, und ich friere jetzt schon. Die Autoschlüssel waren in der Jacke – noch dazu hat der Jeep eine dieser raffinierten Sensorzündungen, bei der sich zum Starten der Schlüssel bloß in der Nähe des Wagens befinden muss –, sie brauchte die Kiste also nicht mal kurzzuschließen.

Ich hasse mein Leben.

Zähneknirschend mache ich, was Rayanne vorgeschlagen hat – ich öffne die Uber-App auf meinem Handy. Als ich Vermont vor zwölf Jahren verlassen habe, gab es so etwas wie Uber noch nicht, und es verblüfft mich ein bisschen, dass der Dienst hier auf dem Land verfügbar ist. Zu meiner absoluten Überraschung stelle ich fest, dass sich bloß zweihundert Meter entfernt ein verfügbarer Wagen befindet. Der Fahrer ist mit fünf Sternen bewertet, also tippe ich schnell aufs Display.

Augenblicklich leuchten Scheinwerfer in einer der dunklen Ecken des Parkplatzes auf. Ich sehe, wie ein Auto losrollt und auf mich zufährt.

Okay, das ist jetzt ein bisschen unheimlich. Ich gucke aufs Handy, um den Namen des Fahrers und das Automodell abzugleichen. Damien R. Fährt einen schwarzen Toyota RAV4.

Damien R.? Das kann doch nicht sein …

Der schwarze Toyota RAV4 hält vor mir. Ich öffne die Tür zum Rücksitz und schiele zum Fahrer. »Damien R.?«, frage ich leise.

Benito Rossis Bruder dreht den Kopf zu mir um und betrachtet mich. »Du kommst mir bekannt vor«, sagt er. »Kennen wir uns?«

Es vergeht eine Sekunde, in der ich meinen Schock hinunterschlucke. »Nee«, lüge ich. »Ich muss zur Gin Mill.«

Er runzelt die Stirn. »Das ist voll merkwürdig. Rayanne hat mit mir um zehn Tacken gewettet, dass meine nächste Fahrt zur Gin Mill geht.«

»Sie hat geschummelt!«, rufe ich aus, während ich ein­steige und die Tür hinter mir zumache. »Zahl sie bloß nicht aus.«

»War ja klar.« Vor sich hin lachend fährt er los.

»Hast du Rayanne eben hergebracht?«

»Jepp. Vor zehn Minuten vielleicht.« Er beschleunigt auf den Highway.

»Weißt du, wo sie hin ist?«

»Nope. Hab nicht danach gefragt.«

»Fandest du nicht, dass das Infocenter ein seltsames Ziel war?«, kiekse ich.

Er zuckt mit den Schultern. »Es gab schon seltsamere. Und Rayanne ist eine Nummer für sich. Heute Abend hat sie mir erzählt, meine Aura sei zu blau und dass ich Ingwertee trinken sollte, um meine Chakren auszugleichen. Aber egal. Sie hat mir auch Trinkgeld gegeben.«

Von dieser überaus zutreffenden Beschreibung meiner Fast-Stiefschwester bekomme ich nur noch schlechtere Laune. Noch dazu bin ich so nervös, dass ich auf der Rückbank kaum still sitzen kann. Ich will Benito Rossi nicht sehen. Vielleicht brauche ich das auch gar nicht. Ich könnte mir irgendwo ein Motelzimmer nehmen und darauf warten, dass Rayanne mir simst. Ich muss unbedingt herausfinden, was zum Teufel mit ihr los ist.

»Entschuldige«, wende ich mich an Damien, »gibt es irgendwelche neuen Hotels in Colebury?«

»Wie man’s nimmt«, sagt er. »Sie waren ungefähr 1980 neu.«

Oh. Schade. Wenigstens werden sie günstig sein.

Wenige Minuten später verlässt Damien den Highway und fährt noch zwei Minuten auf der Bundesstraße weiter. Dann biegt er auf den Parkplatz vor einem schönen alten Backsteingebäude ein.

»Hier ist es?«

»Ja. Es gibt nur eine Gin Mill.«

»Was meinst du, ist, äh, Benito drinnen?« Seinen Namen laut auszusprechen, ist noch schwieriger als gedacht.

Damien dreht verwundert den Kopf. Dann schnippt er mit den Fingern. »Ich wusste doch, dass ich dich kenne! Unsere Nachbarin! Du und Benny hattet in der Highschool was miteinander.«

»Hatten wir nicht«, sage ich eisig. Ein Kuss ist noch nicht was miteinander haben. Auch wenn es der beste Kuss der Welt war. »Arbeitet er in dieser Bar?« Ich spähe zu dem alten Mühlengebäude, das auf eine wunderbare Weise zu einer Bar umgebaut wurde. Sogar der Außenbereich hat zehnmal mehr Stil als alles, woran ich mich aus meiner Zeit in Colebury erinnere.

»Für gewöhnlich nicht«, sagt Damien rätselhaft. »Geh einfach rein und bitte den Barkeeper, ihn zu holen.«

Genau das soll ich Rayannes Nachricht zufolge machen. Vielleicht geht Benito hier ein und aus?

Aber ich habe genug vom Fragen, also steige ich aus dem Wagen aus, schultere meine Reisetasche und winke Damien zum Abschied.

Nachdem er weggefahren ist, schaue ich an dem Gebäude nach oben. Es ist hoch, doch ich zähle nur drei Etagen. Jede davon muss hohe Decken haben. Auf einem hübschen Neonschild leuchtet THEGIN MILL in Vintage-Buchstaben. Ich kann Musik von drinnen hören und lachende Freitagabend-Partygänger.

Nichts fühlt sich hier vertraut an. Ich bin mir sicher, als ich das letzte Mal durch Colebury gefahren bin, stand dieses Gebäude leer und sah schlimm aus. Jetzt macht es einen großartigen, belebten Eindruck. Für einen Moment überkommt mich ungeahnte Wut. Wie kann Colebury es wagen, eine hippe neue Bar zu haben und lieblich duftende Abendluft? Wie kann Benito Rossi es wagen, nach Vermont zurückzukehren und sich in dieser Stadt zu amüsieren, die mich gequält hat?

Und wie kann Rayanne es wagen, mich hierherzuschicken, damit ich das alles sehe!

Sobald ich sicher bin, dass es ihr gut geht, bringe ich sie um.

3

Vor zwölf Jahren im September

Unser Mädchen lebt sich an der Colebury Highschool ein – wenn man unter »sich einleben« versteht, dass man sich daran gewöhnt, ständig von seinen Mitschülern gehänselt zu werden.

Es ist komplett falsch angezogen, weil der letzte Freund seiner Mutter in Georgia gelebt hat, wo es immer warm war. Es hat kein Geld, um sich warme Klamotten in einem normalen Laden zu kaufen, deshalb muss es nehmen, was immer Rayanne in dem winzigen Zimmer zurückgelassen hat, das jetzt seines ist.

Und das ist nicht viel.

Skyes größeres Problem ist der Schulweg. Die Highschool liegt nicht mal annähernd in der Umgebung der Wohnwagensiedlung. Um elf Minuten nach sieben hält der Schulbus bei der Einfahrt zu Pine View Park. Die Wohnwagensiedlung ist die Endhaltestelle – sowohl wortwörtlich als auch im übertragenen Sinn – und die Fahrt dauert eine Stunde.

Am ersten Tag wartet sie schon, als der mürrische Fahrer anhält. Sechs Leute steigen ein, aber der umwerfend gut aussehende Benito gehört nicht dazu.

Am zweiten Tag ist Skye noch zwanzig Meter von der Haltestelle entfernt, winkt und ruft: »Warten Sie!«, als das letzte Kind einsteigt.

Doch der Fahrer wartet nicht. Noch während sie keuchend zum Bus rennt, knallen die gelben Türen zu, und das Fahrzeug entfernt sich beschleunigend von ihr.

Skye steht schäumend vor Wut da und starrt die Straße entlang. Bis zur Schule sind es zwölf Meilen. Sie hat keine Freunde, die sie anrufen könnte, und besitzt auch gar kein Mobiltelefon. Ihre Mutter ist schon bei der Arbeit – sie hat von sechs bis Mittag Schicht in dem rund um die Uhr geöffneten Diner am Stadtrand von Colebury. Den Job hat Jimmy ihr besorgt und damit gezeigt, dass er ihre Mutter überraschend gut einschätzen kann. (Die Frau schiebt gerne mal die gute alte »Ich-finde-einfach-keine-Arbeit«-Ausrede vor.) Es kann durchaus sein, dass Jimmy sie beide so schnell wie möglich loswerden will, indem er dafür sorgt, dass ihre Mutter eine Anstellung hat.

Aber darüber kann sich unser Mädchen jetzt keine Gedanken machen, denn es steht hier weit entfernt von der Schule am Straßenrand und kommt nicht weg. Jimmy zu bitten, es zu fahren, steht auch nicht zur Debatte. Er hat so eine gruselige Art, Skye lange zu betrachten, die ihr nicht gefällt.

Hoffnungslosigkeit macht sich gerade in ihr breit, als sich knatternd ein Moped nähert. Sie geht von der Straße runter, als eine glänzende Triumph in Sicht kommt. Der Fahrer hockt mit langen, in Jeans steckenden Beinen auf dem Moped.

Das Moped hält neben ihr, und der Fahrer nimmt seinen Helm ab.

Benito. Selbst mit platt gedrückten Haaren sieht er unbeschreiblich gut aus. Mit einem Mal kriegt unser Mädchen das Flattern.

»Bus verpasst?«, fragt er. Er schenkt ihr ein kurzes Lächeln.

»Ja«, bringt sie heraus.

Er nimmt seinen Rucksack ab, aus dem er einen zweiten Helm holt. »Spring auf. Du musst aber meinen Rucksack tragen.«

»Woher hast du das Moped?« Sie ist noch nie auf einem gefahren und hat keine Ahnung, was sie machen soll.

»Es gehört meinem Bruder, und der ist bei der Navy. Mach schnell, ja? Ich muss früh in der Schule sein. Meine Schwester hat irgendeine Krise, die ich noch vorm Klingeln für sie lösen soll.«

Skye schafft es, den Helm aufzusetzen, hat dann aber Probleme mit der Schnalle am Kinn.

»Komm her.« Benito winkt sie zu sich und passt dann mit seinen großen Händen den Riemen an. »So.« Er nimmt ihr ihre kleine Tasche ab und verstaut sie in seinem Rucksack. Dann gibt er ihn ihr, damit sie ihn aufsetzt. »Steig auf. Fahren wir.«

Sie weiß nicht, wie man auf ein Moped aufsteigt, also schwingt sie ein Knie darüber, und das klappt irgendwie. (Manchmal ist es praktisch, groß wie ein Baum zu sein. Manchmal.)

Er fasst nach hinten, nimmt eine ihrer Hände und zieht sie an seinen Bauch. »Halt dich fest, Skye. Bereit?«

Sie ist überhaupt nicht bereit. Sie versucht noch, sich an das Gefühl zu gewöhnen, an Benitos festen Körper geschmiegt zu sein – mit einer Hand auf seinem Sixpack. Als der Motor aufröhrt, legt sie aus Selbsterhaltungstrieb auch noch den anderen Arm um ihn.

Das Moped schießt los, und dann gibt es nur noch den Fahrtwind und ihre Empfindungen. Sie fliegt und hält sich am hübschesten Jungen der Welt fest.

Dass sie sich in ihn verknallt, ist genauso unausweichlich wie dass die Bäume entlang der Straße, auf der sie fahren, ihre goldgelben Blätter abwerfen.

Fünfzehn atemlose Minuten später kommen sie an der Schule an. Als Skye vom Moped steigt, starrt ein halbes Dutzend Mädchen sie ungläubig an. Sie nimmt ihre Tasche, reicht Benito den Helm und bedankt sich bei ihm.

»Nicht der Rede wert«, sagt er.

Alle anderen finden es durchaus der Rede wert. Skye hört noch die ganze Woche, wie ihr Name auf den Fluren geflüstert wird. Und genauso in der darauffolgenden, denn einige Tage später verpasst Skye den Bus wieder. Es ist keine Masche. Sie hat bloß ständig Pech.

Erneut hilft er ihr aus der Patsche, und erneut drehen die Mädchen aus der Zwölften leicht am Rad, als sie sehen, dass ihr Lieblings-Bad-Boy die stille neue Zehntklässlerin durch die Gegend kutschiert.

Sie hassen Skye auf der Stelle.

Skye ist daran gewöhnt, in der Schule keine Freunde zu haben. Ein komplettes Schuljahr ist der längste Zeitraum, den sie je an ein und demselben Ort verbracht hat. Das reicht nicht, um so viel Arschkriecherei und taktische Manöver zu betreiben, wie nötig wären, um in der Hackordnung aufzusteigen.

Scheiß drauf. Es ist leichter, allein zu sein. Sie hat weder das Geld für die angesagten Klamotten noch die Kraft für die Übergriffe, die sie bis dahin einstecken müsste.

Leider wird sie trotzdem so einiges an Übergriffen einstecken müssen, allerdings nicht in der Schule.

Als ihre Mutter die erste Nachtschicht im Diner hat, sitzt Skye mit ihrem Mikrowellen-Abendessen vor Jimmy Gages Fernseher. Es ist eine der seltenen Gelegenheiten, an denen sie den beengten Wohnwagen für sich allein hat. Das hält jedoch nicht lange an. Sie hört, wie die Tür von Jimmys Wagen zuknallt. Als Streifenpolizist hat er ganz unterschiedlich Dienst. Skye weiß nie, wann er aufkreuzen wird.

Sie isst schneller, weil sie vorhat, in ihr kleines Zimmer zu verschwinden. Doch er platzt schon eine Minute später zur Tür herein. Er stinkt nach Whiskey und Zigaretten. Wahrscheinlich hat er in der Bar mit seinen Kumpels gesoffen.

»Sieh mal einer an. Das kleine Frollein Zickig«, flüstert er.

Skye spürt, wie ihr durch und durch kalt wird. Sie wohnt seit zwei Wochen hier, und Tag für Tag gafft sie dieser Mann anzüglich an. Sie duscht immer nur, wenn er gerade weggegangen ist – dann weiß sie, dass er wahrscheinlich nicht so bald zurückkommen wird. Und sie hält die dünne Leichtbautür zu ihrem Zimmer immer geschlossen. Die lässt sich zwar abschließen, aber auch das Schloss ist Leichtbauweise …

Eine Sekunde später pflanzt er sich aufs andere Ende der Couch. »Was guckste da?«

Es ist eine Kochshow. Skye ist sich der Ironie bewusst, dass sie Gourmetköchen zuschaut, während sie ein Tiefkühlgericht isst, aber sie hat keine Lust, sich darüber zu unterhalten. Nicht mit ihm.

»Ich hab dich was gefragt«, knurrt er.

»Hab einfach irgendwas angemacht«, murmelt sie. Weil ihr der Appetit vergangen ist, stellt sie ihren Teller auf den Beistelltisch. Dann gibt sie ihm die Fernbedienung. »Hier. Such du was aus.« Skye hat bereits raus, wie man die Männer ihrer Mutter versöhnlich stimmt. Sie ist ein alter Hase darin, in einem Heim zurechtzukommen, in dem sie nicht wirklich willkommen ist.

Er nimmt die Fernbedienung weder noch guckt er das Ding überhaupt an. »Was treibst du so, wenn ich nicht da bin?«

»Ähm …« Skye gefällt diese Art von Befragung nicht. »Nicht viel?«

»Hast du einen Freund?«

»Nein«, sagt sie schnell.

»Lügnerin.« Er verdreht betrunken die Augen. »Du wärst nicht die Tochter deiner Mutter, wenn du nicht in jeder Stadt einen Kerl hättest.«

Skyes Puls schießt in die Höhe. Sie fasst den Flur zu ihrem Zimmer ins Auge, aber Jimmy Gage ist ihr im Weg. Zwischen dem Fernseher und der Couch ist wenig Platz. Wenn sie versuchen würde vorbeizugehen, könnte er einfach die Hand heben und sie festhalten. Sie muss ihre Flucht unauffälliger anstellen.

Er hört nicht auf, die Klappe aufzureißen. »Darf dein Freund dich küssen?«

»Ich habe keinen Freund«, murmelt sie, unsicher, ob sie überhaupt darauf eingehen soll. Mit einem betrunkenen, aufgebrachten Mann kann man nicht diskutieren.

»Darf er deine Pussy anfassen?«

Das Essen dreht sich ihr im Magen um. »Ich geh besser mal den Teller abspülen«, sagt sie vorsichtig. Daraufhin nimmt sie den Teller und steht auf.

Er lässt sie vier Schritte gehen, bevor er ihr Handgelenk packt. »So ein hübsches Mädchen. Lass mich dich anschauen.«

Sie macht sich aus seinem Griff los. »Fass mich nicht an«, sagt sie klar und deutlich. Das Herz droht ihr aus der Brust zu springen, so sehr hämmert es, doch sie geht ruhig zu der kleinen Küchenzeile und stellt ihren Teller in die Spüle. Er folgt ihr nicht. Noch nicht. Aber sie darf auch nicht riskieren, den Weg aus dieser Ecke abgeschnitten zu bekommen, deshalb nimmt sie sich nicht die Zeit, um ihren Teller abzuspülen.

Als sie durch den Flur zu ihrem Zimmer geht, hört sie seine Schritte. Sie schlüpft durch die Tür, macht sie schnell hinter sich zu und schließt ab. Doch wenn er hier rein will, wird das Schloss auf keinen Fall standhalten.

Sie hätte zur Vordertür rausgehen sollen.

»He«, sagt er. »Ich rede mit dir. Komm da wieder raus.« Er haut gegen die billige, dünne Tür, sodass Skye zusammenzuckt. Dann macht er es noch mal. Die Tür wackelt.

Wenn er das noch ein paarmal wiederholt, springt das Schloss auf. Wahrscheinlich weiß er das.

Skye dreht sich zum Fenster um. Weil es heute warm war, steht es ein Stück offen. Sie greift nach den kleinen Metallclips, mit denen das Fliegengitter festgemacht ist, und nimmt es schnell ab.

Wohnwagen haben einen Vorteil: Man muss nicht aus großer Höhe runterspringen. Sie ist schon draußen und nähert sich den Bäumen, als sie seine Stimme erneut hört. Sie ist laut. »He, du kleine Schlampe …«

Skye läuft in den Wald. Sie hat kein Ziel im Sinn, Hauptsache, weg von ihm. Zum zweiten Mal stolpert sie in Benitos »Wohnzimmer«, diesmal mit Panik im Blick.

Benito schaut hoch, als sie auf die Lichtung gerannt kommt. Wieder sitzt er auf dem riesigen Sessel, nur hat er diesmal eine Ukulele auf dem Schoß. Wortlos klopft er auf den Platz neben sich.

Und diesmal zögert Skye nicht. Sie setzt sich neben ihn auf das Polster, zieht die Knie an die Brust und starrt in Richtung Wohnwagen, während sie sich fragt, ob Jimmy ihr nachkommen wird. Sie hat keine Ahnung, was sie tun soll, wenn er ihr hierher nachstellt.

Benito sagt nichts, und sie weiß sein Schweigen zu schätzen. Die Sonne geht bereits unter, und die Schatten werden länger. Der Himmel wird dunkler. Allmählich geht Skyes Atem wieder langsamer.

»Ist er betrunken?«, fragt Benito schließlich.

»Jepp.«

Er schlägt nach einer Mücke. Der Herbst steht bevor, aber noch ist es so warm, dass die Insekten stören. Benito greift unter den Sessel und zieht eine Dose Insektenschutzspray hervor. »Kann ich dir was von diesem edlen Parfum anbieten?«

Und zum ersten Mal diese Woche lächelt Skye.

4

Benito

Ich knie auf dem Teppich und stochere in den Holzscheiten in meinem Kamin. Es ist ein hammermäßiger alter Kamin, der in die Backsteinwand meines Wohnzimmers eingelassen ist. Ich liebe dieses Gebäude. Ich liebe diesen Raum. Aber heute Abend kann ich mich nicht entspannen. Ich mache bloß deshalb Feuer, weil meine Hände was zu tun brauchen.

Normalerweise genieße ich es, wenn ich einen Abend freihabe. Aber der heutige kommt zur Unzeit. Ich bin ganz dicht dran, einige wichtige Festnahmen zu machen. Und solange diese Arschlöcher nicht hinter Gittern sitzen, glaube ich nicht, dass ich an was anderes als den Fall werde denken können.

Heute Abend weiß ich also nicht so recht, was ich mit mir anfangen soll. Größtenteils bin ich auf und ab gelaufen und habe darauf gewartet, dass das Telefon klingelt. Hat es aber nicht. Ich sollte meine Sexbeziehung anrufen und was abmachen. Oder runter in die Bar gehen und ein Bier trinken. Aber nicht mal Bier und Sex interessieren mich im Moment.

Ebenso gut hätte ich dem Streifenpolizisten freigeben und die Observierung heute Abend selbst übernehmen können.

Ich überlasse das Feuer sich selbst und drehe eine Runde durch mein großes Wohnzimmer, während ich im Kopf noch mal die Verdächtigen durchgehe. Da wäre Jimmy Gage, der Drogen durch Vermont und in den Rest von Neuengland transportiert. Und sein Verbrecherkumpel. Ich gehe davon aus, dass die beiden nächste Woche noch mal eine große Ladung kaufen.

Außerdem wäre da noch Gages Tochter. Der Cop, der Rayanne heute Nacht für mich beschattet, ist auf Zack. Ich durchschaue die Frau noch nicht recht. Ich weiß, dass sie da irgendwie mit drinsteckt, kenne die genauen Umstände aber noch nicht. Heute Abend trifft sie jemanden namens Raffie.

Wer ist Raffie? Das muss ich herausfinden.

Offensichtlich bin ich scheiße darin, einen Abend freizumachen. Löcher in meinen Teppich laufen und über den Fall nachdenken – das nenne ich anscheinend Entspannung.

Irgendwann leuchtet mein Handydisplay auf, als eine Nachricht von Officer Nelligan kommt. Schlechte Neuigkeiten. Sie hat mich abgehängt.

Ich antworte sofort. Was? Wo?

Scheiße.

Nelligan: Ich habe das Auto ihres Freunds vorm Burrito-Laden im Auge behalten. Aber er ist allein rausgekommen und dann weggefahren.

Rossi: Sind Sie reingegangen?

Nelligan: Selbstverständlich. Kann sie nirgendwo finden. Allerdings gibt es einen Hinterausgang zu einer Gasse.

Scheiße. Laufen Sie die Gegend ab.

Nelligan: Mache ich gerade.

Ich gebe ein ordentliches Stöhnen von mir. Einerseits habe ich jetzt die Genugtuung zu wissen, dass mein Bauchgefühl richtig war – Rayannes mysteriöser Wochenendbesuch ist wichtig. So wichtig, dass Rayanne sich irgendwie aus dem Staub gemacht hat.

Andererseits bin ich jetzt voll am Arsch. Gut möglich, dass Gages Bande früher als gedacht eine weitere Fuhre Fentanyl aus Kanada herschmuggelt.

So viel zu meinem freien Abend. Ich sehe noch mal nach dem Feuer und stelle den Ofenschirm davor. Dann schnappe ich mir meine Jacke und schlüpfe in meine Boots. Rayanne ist inzwischen wahrscheinlich schon meilenweit weg vom Burrito-Laden. Aber ich kann nicht bloß hier rumsitzen und nichts tun.

Als ich gerade meine Waffe ins Holster stecke, zeigt ein Brummen meines Handys erneut eine eingehende Nachricht an. Kurz werde ich ganz aufgeregt, weil ich denke, dass Nelligan wieder Sichtkontakt aufgenommen hat.

Aber nein. Die Nachricht ist von meinem Bruder. Komm runter, schreibt er. Und ich nehme an, mit »runter« kann er nur seine Bar meinen, die direkt unter meiner Wohnung liegt.

Kann nicht. Will gerade los.

Seine Antwort ist ein Foto. Auf dem daumennagelgroßen Bild erkenne ich bloß eine Frau, die unten in der Gin Mill am Tresen steht.

Doch dann tippe ich es an, und als ich einen genaueren Blick darauf werfe, schießt mein Puls in die Höhe. »Ach du Scheiße«, flüstere ich.

Es ist Jahre her, dass ich dieses Gesicht gesehen habe. Aber es sind dieselben eindringlichen hellblauen Augen, die da direkt in die Handykamera meines Bruders schauen. Dasselbe glatte blonde Haar fällt ihr über die Schultern.

Wir sind beide zwölf Jahre älter als das letzte Mal, als wir uns gesehen haben. Doch der einzige echte Unterschied, der mir bei Skylar auffällt, ist der angespannte Zug um ihren Mund.

Herrgott. Skylar Copeland steht unten in der Bar meines Bruders. Und sie ist stinksauer wegen irgendwas.

Den Bruchteil einer Sekunde schlägt mein Herz höher. Danke, lieber Gott. Ich habe zwölf Jahre lang nicht gewusst, wo sie ist und ob es ihr gut geht. An jedem anderen Tag im vergangenen Jahrzehnt hätte ich alles darum gegeben, sie in den Arm nehmen zu können. Oder auch nur mit ihr im Wald zu sitzen und mit ihr zu reden, verflucht.

Und jetzt ist sie hier?

Gerade als das bei mir durchzusacken beginnt, werden mir die Umstände bewusst.

Skylar Copeland hat eine lose Verbindung zu Rayanne Gage. Und Rayanne wird von der Polizei verdächtigt, ihrem Stück Scheiße von Vater zu helfen. Der ganze Fall wird in den nächsten fünf Tagen hochkochen.

Und gerade da taucht Skye auf? Herrgott, wieso? Gott, jede andere Woche, nur nicht diese.

Ich kann nicht fassen, dass ich da runtergehen, in diese hübschen Augen schauen soll – dieselben, die mich immer umgehauen haben – und cool tun muss, um sie dann über ihre Stiefschwester auszufragen.

Manchmal hasse ich meinen Job.

Ich nehme meine Jacke und atme einmal tief durch. Locker bleiben, Rossi. Diese Frau hat mich gebrochen und wird es wahrscheinlich wieder tun. Aber noch vor Ende des Monats werde ich Gages Kopf auf dem Silbertablett haben.

Wenn mein Herz unterdessen noch mal in Stücke gerissen wird, dann muss ich dieses Kreuz wohl tragen.

5

Skylar

»Kennen wir uns nicht?«, fragt der Barkeeper, als ich zum Tresen gehe.

Offensichtlich bin ich mehr als angespannt, denn ich schnauze ihn an: »Nein. Ein Problem damit?« Ich bin eigentlich kein unhöflicher Mensch. Nur drehe ich gerade am Rad. Ich kann nicht fassen, dass der einzige Junge – inzwischen Mann –, den ich je geliebt habe, ganz in der Nähe ist.

Darauf bin ich überhaupt nicht vorbereitet.

»Du kommst mir echt bekannt vor«, hakt er nach und blickt mich über den glänzenden Tresen hinweg prüfend an.

»Wir haben uns noch nie gesehen, versprochen.« Aber vielleicht guckt er viel YouTube. Wenn er mich bittet, einen Penis auf eine Cocktailserviette zu malen, gehe ich.

»Ein guter Barkeeper vergisst niemals ein Gesicht«, bleibt er beharrlich.

»Wie schön.« Es kommt schnippisch heraus. »Kannst du mir helfen, Benito Rossi zu finden?«

»Ohhhhhh, Scheiße!« Jetzt leuchten seine Augen heller als das Neonschild draußen. Dann fängt er an zu grinsen. »Ich kenne dich wohl. Aus Benitos Jahrbuch.«

Wie auch immer. »Ist er hier?«

»Wahrscheinlich. Wir werden’s gleich rausfinden.« Er hat sein Handy aus der Hosentasche gezogen und ein Foto von mir gemacht.

»Was soll das?«

»Ich schaffe Benito für dich her. Das wird wie eine Zauberformel wirken.« Er tippt auf seinem Handy herum und steckt es dann wieder ein. »Okay. Dauert noch ungefähr sechzig Sekunden. Was darf ich dir bringen?«

»Ähm.« Natürlich will er, dass ich ein Getränk bestelle. Ich starre wie blind nach oben auf seine Getränketafel. »Was ist denn gut?« Als würde mich das kümmern. Mich beschäftigen viel wichtigere Fragen. Wird Benito noch so aussehen wie früher? Wird er eingestehen, was er vor Jahren Fieses getan hat? Oder wird er es herunterspielen und so tun, als wäre es schön, mich wiederzusehen?

Ich weiß nicht mal, was ich von ihm hören möchte. Wenn er nicht gerade auf die Knie fällt und um Verzeihung fleht, kann das hier nie im Leben gut gehen. Vielleicht lässt er sich ja gar nicht blicken.

Eigentlich sollte ich erleichtert sein, falls er nicht auftaucht. Warum also macht mich diese Vorstellung fast genauso verrückt wie der Gedanke, ihn zu sehen?

»… ein Pilsener mit einem fruchtigen, hopfigen Abgang«, sagt der Barkeeper gerade. »Oder das Shipley-Cider. Wir haben heute Abend das Amber von der neuen Ernte im Ausschank.«

»Warte mal«, sage ich, als mein Hirn an dem Namen Ship­ley hängen bleibt. »Shipley wie die Shipleys, die Äpfel anbauen?«

Mr. Sexy-aber-selbstgefällig nickt. »Genau die.«

Ich verspüre ein Kribbeln an meiner Wirbelsäule. Und ich dachte, ich könnte mal eben in Vermont vorbeischauen, ohne meiner Vergangenheit zu begegnen. Aber die Shipleys kannte ich in der Tat. Als ich auf die Colebury High ging, war Griffin Shipley im Abschlussjahr und seine Schwester May in der Neunten. Einmal bin ich auf ihrer traumhaften Obstplantage gewesen. »Okay, ich nehme das Cider, bitte.«

Ich habe sogar noch Ruth Shipleys Stimme im Kopf. Wollsocken sind was Wunderbares. Ich schaue hinunter auf die Socken, die ich gerade trage. Sie sind aus Kaschmir. Ich habe sehr, sehr lange nicht mehr an Mrs Shipley gedacht. Aber ihre freundliche Stimme trage ich noch im Herzen.

Eine Reise in die eigene Vergangenheit ist komisch. Echt komisch. Ich bin von lauter Geistern umgeben.

Einen Augenblick später wird ein Weinglas mit einer herrlich bernsteinfarbenen Flüssigkeit darin vor mich hingestellt. Ich nehme einen Zehner aus meinem Portemonnaie und lege ihn auf den Tresen. Dann schaue ich erneut zur Tür. Immer noch keine Spur von Benito.