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Wie sicher ist ein Ort, an dem Vertrauen bröckelt wie ein zu dünn geratener Mürbeteig? Hinter der scheinbar perfekten Fassade von Nachbarschaftsidyllen, langjährigen Freundschaften und routiniertem Geschäftsalltag lauern Verrat, Intrigen und gefährliche Geheimnisse. Dort, wo Tarteletten verführerisch duften, goldbrauner Teig zum Zugreifen verlockt und Tigerlilien, Engelstrompeten und Adonisröschen in voller Pracht erblühen, ist der Tod oft nur einen Atemzug entfernt. Sie glauben, die Menschen in Ihrem Leben wirklich zu kennen? Doch manchmal genügt ein verstohlener Blick, ein scheinbar harmloses Lächeln oder ein unüberlegtes Wort, um das zart gesponnene Netz aus Vertrauen und Gewissheit zu zerreißen – und eine Kette verhängnisvoller Ereignisse in Gang zu setzen. Diese Sammlung atmosphärischer Kurzkrimis entführt Sie in eine Welt, in der selbst das stärkste Vertrauen unter der Last raffinierter Intrigen und dunkler Geheimnisse zerfällt – so mühelos wie ein butterzarter Mürbeteig. Jede Erzählung gipfelt in einer unvorhersehbaren Wendung – und einem Rezept, das verführerischer nicht sein könnte. Lernen Sie Pflanzen kennen, deren Schönheit nur von ihrer tödlichen Gefahr übertroffen wird.
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Seitenzahl: 264
Veröffentlichungsjahr: 2025
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A.J. Rhyan
Trügerische Tigerlilien
&
tödliche Tarteletten
Kurzkrimis für Schleckermäuler
Rezepte inklusive
Mary B. Ratha
schreibt als A.J. Rhyan
© 2025 Marybenita Ratha
Druck und Distribution im Auftrag der Autorin. epubli – ein Service der neopubli GmbH, Köpenicker Straße 154a, 10997 Berlin
Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Für die Inhalte ist die Autorin verantwortlich. Jede Verwertung ist ohne ihre Zustimmung unzulässig. Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag der Autorin, zu erreichen unter:
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Für meine Mutter Sashikala, die mit ihrer Anmut und Perfektion in allem,
was sie tut, ein strahlendes
Vorbild für mich ist.
Deine Hände schaffen mit Hingabe Schönes – ob beim Backen, Kochen
oder Nähen. Was du berührst, wird zu etwas Einzigartigem und zeugt von
deiner unverwechselbaren Liebe zum Detail.
Du bist mehr als ein Vorbild: Du bist der Ursprung unserer Stärke,
die Brücke, die uns verbindet, und der Ort, an dem wir immer Heimat
finden. Deine Entschlossenheit, auch in schwierigen Momenten das
Beste zu geben, und dein Glaube daran, dass in jedem von uns mehr
steckt, als wir selbst ahnen, sind eine unerschöpfliche Quelle meiner In-
spiration.
Dieser Sammelband spiegelt für mich vieles wider, was ich von dir lernen
durfte: den Mut, Neues zu wagen, die Geduld, es zu vollenden, und die
Überzeugung, dass Hingabe und Leidenschaft am Ende belohnt werden.
Auch wenn Worte niemals ausreichen, hoffe ich, dass diese Seiten dir ein
Lächeln ins Gesicht zaubern und dir zeigen, wie sehr ich dich liebe.
Für Rhyan und Ajay, durch euch sehe ich die Welt mit neuen Augen.
Euer Lachen, eure Neugier und eure unbändige Lebensfreude lehren mich jeden Tag aufs Neue, das Wunderbare in den kleinen Momenten zu
erkennen und das Leben mit Neugier und Offenheit zu umarmen.
Möge euch dieser besondere Blick auf die Welt immer begleiten und euch daran erinnern, wie wertvoll ihr seid. Entfaltet eure Kreativität, er-zählt Geschichten und bereichert die Welt durch eure Träume und Ideen.
Dieses Buch widme ich euch mit all meiner Liebe.
In Dankbarkeit und mit unendlicher Liebe,
Tochter & „Amma“ Inhaltsverzeichnis
Ungebucht und abgeschrieben ................................................................ 11
Wer den Wald nicht ehrt ......................................................................... 25
Das letzte Geständnis .............................................................................. 35
Ordnung hat ihren Preis ........................................................................... 47
Teambuilding mit tödlichem Nachgeschmack ........................................ 59
Die Wahrheit liegt im Strang ................................................................... 65
Zimtduft und Zwietracht .......................................................................... 77
Marmelade, Männer und ein tödlicher Zwerg ........................................ 93
Der Kelch der Täuschung ....................................................................... 105
Die dunkle Seite des Glücks ................................................................... 111
Geheimnisse auf mürbem Teigboden ................................................... 127
Zwischen süßen Marillen und bitteren Wahrheiten............................. 145
Spuren im Wachs ................................................................................... 157
Es sind oft die unscheinbaren Dinge, die uns am tiefsten berühren, nicht wahr?
Ein Lächeln, das die Welt heller macht. Ein Wort, das zur rechten Zeit fällt. Oder eine Tartelette, deren Duft und Geschmack all unsere Sinne betören und uns für einen Moment die Welt um uns herum vergessen lassen.
Aber wie oft täuscht uns diese scheinbare Einfachheit? Wie oft verbirgt sich hinter dem, was uns Freude schenkt, eine Wahrheit, die wir nicht se-hen wollen? Können wir je sicher sein, dass das Süße nicht auch eine dunkle Note trägt? Dass der Duft der Verlockung nicht zugleich den Schatten eines Rätsels in sich trägt?
Die Geschichten dieses Sammelbands spielen mit genau dieser Dualität. Sie sind eine Ode an die Schönheit der kleinen Dinge – und an ihre Ge-fährlichkeit. Wo Torten uns zum Träumen einladen, können sie zugleich ein Geheimnis bergen. Wo prachtvolle Blumen den Raum erfüllen, mag sich ein Gift verbergen. Und wo das Gewöhnliche herrscht, ist das Unge-wöhnliche oft nur einen Atemzug entfernt.
Tauchen Sie ein in diese Welt der Gegensätze, wo süße Genüsse und bit-tere Wahrheiten aufeinandertreffen. Wo jedes Detail, so unscheinbar es wirken mag, eine verborgene Geschichte erzählt. Erleben Sie Momente, die ans Herz gehen, Wendungen, die den Atem stocken lassen, und Ent-hüllungen, die noch lange nachhallen.
Sind Sie bereit, diese Grenze zu überschreiten? Dann blättern Sie um. Lassen Sie sich verführen – von Geschichten, die mörderisch gut sind, und Kreationen, die genauso süß wie gefährlich sein können.
Mit einer Prise Leidenschaft für Genuss und Nervenkitzel, Ihre Mary B. Ratha (alias A.J. Rhyan)
Sorgfältige Buchführung ist für jede Organisation eine conditio sine qua non. Ohne ordentliche Buchführung ist es unmöglich, die Wahrheit in ihrer ursprünglichen
Reinheit aufrechtzuerhalten.
Mahatma Gandhi (1869–19488)
Ungebucht und abgeschrieben
Sie denken vielleicht, die Buchhaltungsabteilung sei langweilig; ein paar graue Schreibtische irgendwo zwischen Vertrieb und Marketing, besetzt mit Zahlennerds, die in Excel-Tabellen versinken und sich stundenlang über Soll und Haben unterhalten. Ehrlich? Ich wünschte, es wäre so.
In Wirklichkeit ist die Buchhaltung das unsichtbare Rückgrat jedes Un-ternehmens. Hier werden nicht nur Zahlen jongliert, sondern buchstäb-lich die Weichen für Erfolg oder Misserfolg gestellt. Ein einziges Komma kann über Millionen entscheiden und ein Zahlendreher verwandelt schwarze Zahlen in rote. Glauben Sie mir: In der Buchhaltung gibt es keine kleinen Fehler – nur potenzielle Katastrophen.
Von meinem unscheinbaren Posten aus erlebte ich ungestört die wahre Gesicht des Büroalltags – frei von Masken und Floskeln.
Mein Vorteil: Ich war für die meisten meiner Kolleginnen unsichtbar. Das erlaubte mir, jede Nuance zu erfassen. Ich sah die Dinge, die oft übersehen wurden: verstohlene Seufzer, nervöse Augenlider und Augen-rollen, die schnell unterdrückt wurden, bevor sie jemand bemerkte.
Doch das war nur der Anfang. Es waren die flüchtigen Blicke über die Schulter, das leise Raunen am Schreibtisch und das angespannte Zittern der Finger über der Tastatur, die die wahre Spannung verrieten.
In der Buchhaltung war jeder Tag ein Drama: Tabellen waren Schlachtfelder, Deadlines donnerten wie Gewitter und stille Triumphe oder bittere Niederlagen entfalteten sich wie ein packendes Bühnen-stück.
Die Hauptrolle spielte zweifellos Sabine Meier, unsere Senior-Buch-halterin. Fachlich brillant, menschlich ein Albtraum. Mit einem unfehlba-ren Adlerauge für Fehler erkannte sie Probleme, noch bevor sie entstanden. Eine beeindruckende Fähigkeit – vorausgesetzt, man über-stand ihren unnachgiebigen Kontrollzwang.
Sabine war die unangefochtene Generalin unserer Buchhaltungsar-
mee, immer makellos gestylt. Ihr bordeauxroter Lippenstift glich einer Warnleuchte und ihr Blick erfasste jede Kleinigkeit wie ein Buchhalter seine T-Konten.
Wer in ihr Visier geriet, spürte schnell, dass es kein Entrinnen gab. In
solchen Momenten blieb einem nur die stille Hoffnung, dass der Kaffee stark genug war, um den Tag zu überstehen.
Es war Montagmorgen und die Morgendämmerung kroch nur wider-
willig durch die Fenster der Büroräume – fast so, als hätte sie denselben Respekt vor dem Wochenstart wie wir alle. Markus, unser Junior-Buch-halter, saß bereits an seinem Platz. Überraschend war das nicht. Er war einer dieser Menschen, die schon zur frühen Stunde da sind, ohne dass es jemand verlangte.
Heute jedoch war etwas anders. Von meinem Platz aus konnte ich se-
hen, wie seine Finger ruhelos über die Tischplatte trommelten. Sein Blick war starr auf den Bildschirm gerichtet. Neben ihm stand seine Kaffee-tasse und der dünne Dampf, der daraus aufstieg, verlor sich schnell in der kühlen Luft des Raumes. Es war schwer zu sagen, ob er nervös war oder einfach müde.
Aber dann bemerkte ich es: der leichte Glanz auf seiner Stirn, der die
Schweißperlen verriet. Was auch immer ihn beschäftigte, es fraß an ihm. Ein Teil von mir – nennen wir ihn den lebensmüden Helden – wollte auf-stehen, zu ihm hinübergehen und ihn fragen, was los war, ob ich ihm ir-gendwie helfen kann. Aber nein, ich blieb, wo ich war. Ich bin kein Held, und die Buchhaltung ist kein Ort für selbstlose Heldentaten – vor allem nicht, wenn Sabine im Spiel ist.
Und dann war es so weit. Das unverkennbare Klacken von Absätzen
hallte durch den Flur. Sabine war auf dem Weg und Markus ’ gesamte Körpersprache schien darauf programmiert zu reagieren. Seine Schultern versteiften sich, sein Atem wurde flacher, und noch bevor sie den Raum betrat, schwebte ihre Präsenz wie eine dunkle Wolke über ihm. Sekun-den später stand sie in der Tür – unaufhaltsam wie eine Naturgewalt.
„Guten Morgen, Markus. Wo sind die anderen?“ Ihre Worte klangen
beiläufig, doch der schneidende Unterton machte unmissverständlich klar, dass hier weder Platz für Höflichkeiten noch für belanglosen Small Talk war. Mit der Präzision eines Bombenentschärfers ließ sie ihre Desig-ner-Handtasche auf dem Schreibtisch landen. Ihr Blick streifte mich nur flüchtig – ein kurzer Moment, der wie immer signalisierte: Ja, ich weiß, dass du da bist, aber du bist nicht von Bedeutung.
Markus brachte ein verschüchtertes „Morgen“ hervor, kaum mehr als ein leises Eingeständnis seiner Unterlegenheit. Sabine quittierte es mit derselben Nonchalance, mit der sie fehlerhafte Buchungen in einer Bilanz aufspürte und korrigierte.
„Wo sind die Zahlen für das dritte Quartal?“, fragte sie schließlich, ohne den Blick von ihrem langsam hochfahrenden Laptop zu lösen. „Die Geschäftsführung braucht sie dringend. Und vergiss nicht, Markus: Heute prüfen wir noch die Rückstellungen und analysieren die offenen Forde-rungen.
Markus nahm einen großen Schluck von seinem Kaffee, als könnte dieser ihm eine Form von Halt geben. Ich beobachtete, wie seine Finger kurz zitterten, bevor er antwortete. „Ich bin fast fertig.“
Eine glatte Lüge – das wusste ich und vermutlich wusste Sabine es auch. Aber in diesem Moment war es die einzige Antwort, die ihm offen-bar sicher erschien. „Fast fertig“, klang immer noch besser als: „Ich habe keine Ahnung, wo ich anfangen soll, weil die Datenbank seit einer Stunde hängt.“
Sabine zog eine Augenbraue hoch – ihr Markenzeichen. Dieses Mal war es das „Markus, ich sehe durch dich hindurch“-Modell.
„Fast fertig?“, wiederholte sie, mit einem Lächeln, das so viel Wärme ausstrahlte wie ein Steuerbescheid.
„Weißt du, Markus, ‚fast fertig‘ ist wie ‚fast pünktlich‘ – es bringt nie-mandem etwas.“
Markus senkte den Blick und wandte sich hastig seinem Bildschirm zu, doch seine Schultern blieben steif vor Anspannung – ein stummer Beweis dafür, dass ihre Worte ihn getroffen hatten.
Sabine schnappte sich ihr Smartphone und verschwand in die Kaffee-küche. Natürlich würde sie sich nicht mit der Brühe begnügen, die das Buchhaltungsteam trank. Sabine hatte ihren eigenen Vorrat an Biokaffee-bohnen in der Schublade, fair gehandelt und vermutlich von Mönchen in den Anden gesegnet.
Ich erinnerte mich daran, wie sie einmal während der Mittagspause
diese Bohnen mahlte. Ihre Bewegungen waren so kontrolliert und me-thodisch, dass sie fast hypnotisch wirkten – eine perfekte Spiegelung ih-rer Arbeitsweise. Alles an ihr strahlte Präzision und Unnahbarkeit aus. Es war beeindruckend und einschüchternd zugleich.
Markus saß unbeweglich an seinem Platz, seine Schultern schienen
unter einer unsichtbaren Last nach vorn zu fallen. Sein Blick streifte mich kurz, als suche er Trost – oder vielleicht nur die Gewissheit, dass er nicht völlig allein war. Ich lächelte ihn an und nickte ihm zu, wie ich es immer tat. Für einen Moment schien das zu wirken.
Er ließ seine Schultern sinken, bevor er den Blick abwandte und sich
wieder dem Monitor zuwandte.
Mit einem erneuten Seufzer beugte sich Markus wieder über seinen
Bildschirm. Seine Finger flogen hektisch über die Tastatur, während er durch die Tabellen scrollte. Seine Lippen bewegten sich leise, als mur-melte er Zahlen, die nur für ihn Sinn ergaben. Sie durchdrangen den Raum und ließen auch mich nicht unberührt.
Die Tür öffnete sich mit einem leichten Knarren und Sabine kehrte zu-
rück. Geschmeidig ließ sie sich auf ihren Stuhl sinken, den dampfenden Bio-Kaffee in der Hand. Kein Wort verließ ihre Lippen, doch der Blick, den sie Markus zuwarf, war kalt und unnachgiebig.
Die Atmosphäre veränderte sich merklich, als die ersten Kollegen ein-
trafen. Stimmen vermischten sich mit dem leisen Summen des Compu-ters, Stühle rückten, Papier raschelte – eine unruhige Dynamik, die Sa-bine ungerührt ignorierte. Markus hingegen schien unter der Last der wachsenden Geräuschkulisse zu schrumpfen.
Dann, pünktlich um zehn, erhob sich Sabine. Lautlos trat sie hinter
Markus.
„Markus“, begann sie mit ihrer unverwechselbaren Stimme, „warum
gibt es noch immer Differenzen in den Quartalswerten? Die Geschäftslei-tung erwartet Ergebnisse.“
Markus hielt kurz inne, seine Finger schwebten über der Tastatur, be-
vor er tief durchatmete und sich ihrem Blick stellte.
„Ich arbeite daran“, hörte ich ihn sagen. „Es liegt an der Datenbank. Die Buchungen wurden nicht rechtzeitig
synchronisiert und die Fremdwährungsanpassungen fehlen noch. “
Sabine beugte sich näher, ihre Stimme wurde noch leiser – und gleich-zeitig noch gefährlicher. „Markus, hören Sie mir genau zu. Ich habe keine Zeit für halbe Erklärungen und Probleme, die nicht gelöst werden. Wenn diese Zahlen bis zum Mittag nicht perfekt sind, werde ich mich direkt an die Geschäftsleitung wenden – und zwar mit einer Empfehlung für eine fähigere Besetzung Ihrer Stelle. “
Markus schluckte hörbar, seine Hände fielen in den Schoß, ehe er hektisch zu tippen begann.
Sabine ließ sich von der Spitze nicht aus der Ruhe bringen. Sie hob nur eine Augenbraue, griff mit kühler Präzision zum Stift und kritzelte etwas in ihr Notizbuch. Das leise Kratzen klang beinahe unheimlich in der Stille des Raumes.
Ihr Blick schweifte kurz durch das Büro und blieb an dem Akten-schrank haften. Der Schrank war alt, massiv und schwer beladen- und kippte bedrohlich nach links. Tobias hatte ihn schon oft als „die tickende Zeitbombe der Buchhaltung“ bezeichnet.
„Und ihr solltet euch um dieses Koloss kümmern“, sagte Sabine schließlich, ohne den Blick vom Schrank zu lösen, „er scheint seine Belas-tungsgrenze ebenfalls erreicht zu haben. „Vielleicht sollte man ihn end-lich ersetzen, bevor er uns noch erschlägt.“
Tobias starrte sie kurz an und schnaubte dann.
„Ich bin doch nicht der Hausmeister. Und mal ehrlich – der Schrank steht hier seit Urzeiten. Der kippt nicht um. Der gehört quasi zum Inven-tar.“
Sabine verzog die Lippen zu einem kalten Lächeln, ein Lächeln, das nichts Gutes verhieß. „Manche Dinge fallen nicht von allein, Tobias. Sie brauchen nur einen kleinen Anstoß.“
Tobias starrte ihr hinterher.
Seine Lippen verzogen sich zu einem schmalen Strich, und ohne den Blick von der Tür abzuwenden, flüsterte er an Markus gewandt: „Sag mal, warum machst du das eigentlich mit? Ich wäre an deiner Stelle längst weg. Mit der hält man es doch keine fünf Minuten aus, ohne den Ver-stand zu verlieren.“
Er lachte trocken, ehe er leise hinzufügte: „Ein Glück, dass ich hier nur Bernds Vertretung mache. Hoffentlich wird er schnell wieder fit. Ich habe echt keine Lust, mich noch länger mit eurem Chaos herumzuärgern. Ganz zu schweigen von eurer grauenhaften Buchhaltungssoftware.“
Er deutete auf Markus’ Bildschirm, seine Stimme troff vor Ironie. Markus zuckte kaum merklich mit den Schultern. Doch seine Hände,
die sich auf dem Tisch abstützten, ballten sich zu Fäusten, und ein nervö-ses Zucken lief über seine Kiefermuskeln. Sein Atem ging flach, als würde ihn die Last der Situation erdrücken. Der Ausdruck in seinen Augen ver-riet alles: Er war am Ende.
Die Uhr zeigte 11:30 und die Quartalszahlen waren genauso weit von
„präsentierbar“ entfernt, wie ich von einer frischen Nährstoffkur.
Markus saß vor seinem Monitor, den Kopf in die Hände gestützt, als
die Bürotür plötzlich aufging.
Beatrix trat ein – wie immer ein Bild makelloser Eleganz. Ihre lockigen
Haare fielen in weichen Wellen über ihre Schultern und ihre strahlenden, tiefblauen Augen schienen jedes Mal ein wenig heller zu leuchten, wenn sie einen Raum betrat. Doch es war nicht nur ihr Äußeres, das Aufmerk-samkeit erregte – es war ihre Präsenz, diese unschuldige Leichtigkeit, die sie in ihrer zarten Stimme und ihrem charmanten Lächeln trug.
In ihren Händen balancierte sie einen kleinen Karton, aus dem ein be-
törender Duft nach Schokolade, Mango und einem Hauch von Kokos strömte.
Beatrix war bekannt für ihre Tarteletten – und für die nahezu obsessive Akribie, mit der sie diese kleinen Kunstwerke erschuf. Es hieß, sie habe einmal ein ganzes Wochenende damit verbracht, die perfekte Balance zwischen Süße und Säure zu finden. Das Ergebnis? Eine Tartelette, so vollendet, dass sie fast unheimlich wirkte – als hätte Beatrix die Gesetze der Patisserie außer Kraft gesetzt und den Geschmack der Welt in ein einziges Gebäckstück gebannt.
„Markus, alles in Ordnung?“, „sagte sie, während sie den Karton mit
einer beinahe theatralischen Geste direkt vor ihm abstellte.
„Alles bestens, Bea“, murmelte er, ohne auch nur den Versuch zu un-
ternehmen, Glaubwürdigkeit vorzutäuschen. Seine Augen klebten am Bildschirm, als könnte er sich hinter den Zahlen verstecken.
„Sicher?“ Beatrix verschränkte die Arme, während ihre Haltung eine
Hartnäckigkeit ausstrahlte, die keinen Widerspruch duldete.
„Sabine hat mir gesagt, ich soll dir etwas abnehmen, bevor du kom-
plett durchdrehst.“
„Hat sie das echt gesagt?“
Langsam drehte sich Markus zu ihr um. Seine Schultern sackten ein wenig herab – nicht aus Überzeugung, sondern aus purer Erschöpfung. In seinen Augen war der Blick eines Kämpfers, der weiß, dass er den nächs-ten Schlag nicht mehr abwehren kann.
Beatrix grinste schief – ein Ausdruck, der gleichermaßen Mitgefühl und leises Amüsement verriet.
„Na ja, nicht in genau den Worten. Es war mehr so: Markus steht kurz vor einem Nervenzusammenbruch. Helfen Sie ihm, bevor ich es tun muss. Aber ich glaube, sie wollte freundlich sein – auf ihre eigene, schau-rige Art.“
Markus schnaubte leise und wandte sich wieder dem Monitor zu.
Beatrix öffnete derweil den Deckel des Kartons und der Duft der Tar-teletten breitete sich wie eine sanfte Umarmung im Raum aus.
Sie nahm eines heraus und betrachtete es mit fast ehrfürchtiger An-dacht.
„Schoko-Kokos-Tartelette mit einem Hauch Mango“, sagte sie, als sei der Name allein schon eine Offenbarung.
„Danke, aber ich bin nicht in der Stimmung.“ Markus’ Stimme war kaum mehr als ein Flüstern.
„Nicht in der Stimmung? Markus, genau jetzt solltest du dir etwas Gu-tes tun.“
Sie kaute bedächtig, als wolle sie die Stille dehnen, bis Markus nicht anders konnte, als hinzusehen.
Dann sprach sie, ihre Stimme ein dunkler Samtvorhang: „Weißt du, das Besondere an Tarteletten ist, dass man darin alles verstecken kann – Süße, Bitterkeit, Überreste, sogar Dinge, die niemand essen sollte.“
Sie hielt inne, ließ ihre Worte sacken.
„Und niemand würde es merken. Bis es zu spät ist.“
Markus ’ Blick löste sich von seinem Monitor, und zum ersten Mal richtete er seine volle Aufmerksamkeit auf sie. Verwirrung und ein wach-sendes Unbehagen mischten sich in seinen Augen, als hätte sich ein Schatten auf seine Seele gelegt.
„Was willst du damit sagen?“
Beatrix wischte sich langsam die Finger einzeln mit präziser und be-dächtiger Bewegung ab.
„Manchmal muss man Dinge von Grund auf ändern, Markus. Manch-
mal reicht es nicht, sich zu beugen. Man muss handeln. “
Eine Stille breitete sich aus, schwer und bedeutungsvoll. „Sabine wird nicht aufhören“, fuhr sie fort und ihr Tonfall war leise,
fast verschwörerisch.
"Sie ist wie eine Maschine. Sie funktioniert nur, indem sie alles um
sich herum zermahlt. Aber du kannst sie stoppen. “
Markus hob den Kopf, seine Augen glommen auf mit einer Mischung
aus Zweifel und einem Funken Hoffnung.
„Wie? Reden bringt doch nichts.“ Beatrix neigte den Kopf, ihr Lächeln wurde schärfer. „Nicht mit ihr. Aber mit jemandem, der wirklich etwas ändern kann.
Herr Dr. Richter zum Beispiel. “
Markus nickte zögernd. Etwas regte sich in ihm, ein Keim von Mut
vielleicht, oder der Beginn eines Plans. Beatrix griff nach einer weiteren Tartelette und erhob sich.
Bevor sie die Tür erreichte, blieb sie stehen und warf einen Blick über
die Schulter.
„Ach übrigens“, sagte sie, ein fast spielerisches Funkeln in ihren Au-
gen. „Ist das ein Rizinus?“
Markus folgte ihrem Blick.
„Ja, das ist ein Wunderbaum, Olaf hat ihn letztes Jahr aus dem Urlaub
mitgebracht. “
Beatrix lächelte, und in diesem Lächeln lag ein Hauch von Boshaf-
tigkeit. „Wusstest du, dass seine Samen tödlich sind? Schon ein paar rei-chen aus.“
Markus’ Augen weiteten sich und ein Schatten glitt über sein Gesicht,
doch bevor er eine Antwort finden konnte, war Beatrix bereits durch die Tür verschwunden.
Zurück blieb nur der Duft nach Schokolade, Kokos und Mango – und
etwas Düsteres, das sich wie ein stiller, dunkler Fluch in die Luft legte.
***
Der nächste Morgen begann wie immer – zumindest für die anderen.
Ich jedoch wusste es besser. Etwas lag in der Luft, schwer und unheilvoll, wie ein Vorbote des Unausweichlichen.
Punkt 7:45 Uhr betrat Sabine das Büro. Nicht einfach so – Sabine mar-schierte. Ihre Stilettos klackten auf den Fliesen mit der Präzision eines Metronoms.
„Markus, die Analyse der Rückstellungen fürs dritte Quartal fehlt noch! “ Keine Begrüßung, kein Vorlauf – nur die reine, brutale Feststel-lung seiner Unzulänglichkeit.
Markus, ohnehin schon blass, wurde noch bleicher. Er saß an seinem Schreibtisch, die Hände nervös über der Tastatur, unfähig, auch nur ei-nen Buchstaben zu tippen. Sein Blick flackerte wie der eines Tieres, das den Schatten eines Raubvogels wahrnimmt, doch nicht fliehen kann.
„Ich … ich bin dran“, stammelte er.
Sabine schnaubte leise – ein Geräusch, das gleichermaßen Missfallen und Triumph ausdrückte, als hätte sie genau das erwartet. Sie zog die Schultern zurück, hob eine Augenbraue und fixierte ihn mit diesem un-verwechselbaren Du bist-ein-jämmerlicher-Versager-Blick.
„Das höre ich seit Tagen. Glaubst du, ich habe Zeit, dir ständig hinter-herzurennen?“
Markus öffnete den Mund, doch die Worte, die kommen sollten, blie-ben ihm im Hals stecken. Seine Finger krallten sich um die Armlehnen des Stuhls, als suche er Halt, während sie weitersprach.
„Manche Menschen“, begann sie, und ihre Stimme wurde leise, kalt, beinahe genüsslich, „sind einfach nicht für diese Art von Arbeit gemacht. Vielleicht solltest du über eine Umschulung nachdenken. Etwas Einfa-ches. Lagerist vielleicht?“ Sie lächelte – kein freundliches Lächeln, son-dern eines, das Triumph und Verachtung in sich vereinte. „Das wäre we-nigstens auf deinem Niveau.“
Die Worte trafen wie Hiebe. Markus senkte den Kopf. Sein Gesicht lief rot an, seine Hände ballten sich unter dem Schreibtisch zu Fäusten. Doch er schwieg.
Die Stille, die folgte, war unerträglich. Sie fühlte sich wie ein Sog, der alles Leben aus dem Raum zog.
Und dann, ohne ein weiteres Wort, wandte sich Sabine ab. Ihre Schritte hallten durch den Raum, während sie zielstrebig auf den großen Aktenschrank zuging.
Sabine griff nach den Griffen des Schranks, riss die Türen mit einem entschlossenen Ruck auf und das unheilvolle Quietschen der Scharniere zerriss die Stille.
„Sabine! Vorsicht!“ Markus sprang augenblicklich auf, durchquerte
den Raum. Doch der Schrank begann zu kippen. Zuerst langsam, dann schneller, unaufhaltsam. Sabines Gesichtsausdruck wechselte von ge-nervter Entschlossenheit zu Irritation – und schließlich zu einem Anflug von Panik. Sie versuchte zurückzuweichen, doch zu spät.
Der Schrank krachte mit ohrenbetäubendem Lärm zusammen. Akten,
Ordner und lose Papiere regneten zu Boden, während der Schrank mit ei-nem dumpfen Schlag direkt auf Sabine landete.
Für einen Augenblick schien die Zeit stillzustehen. „Oh Gott! Sabine!“
Beatrix schrie, ihre Stimme durchdrang die erstickende Stille. Sie
stürzte zum Schrank, fiel auf die Knie und begann verzweifelt, an der massiven Konstruktion zu ziehen.
„Markus! Hilf mir!“ Ihre Stimme überschlug sich vor Panik, aber Mar-
kus stand da, wie eingefroren, die Augen auf das Chaos gerichtet.
„Was … was ist hier los?“ Tobias kam aus dem Nebenraum gestolpert,
den Schraubendreher in der Hand, den er sogleich fallen ließ. Seine Au-gen weiteten sich, während er stumm auf die Szene starrte.
Dr. Richter folgte, seine Kaffeetasse in der Hand. Doch als er den um-
gestürzten Schrank und die reglosen Beine darunter sah, entglitt ihm die Tasse. Sie zerschellte auf den Fliesen, der Kaffee spritzte auf den Boden, doch niemand beachtete es.
„Sabine … sie liegt unter dem Schrank!“, schrie Beatrix. Was dann geschah, hätte niemand erwartet. Dr. Richter, der mit sei-
ner gemütlichen Statur und seinem beachtlichen Bauch nie den Eindruck gemacht hatte, zu sportlichen Höchstleistungen fähig zu sein, sprintete.
Es war kein Laufen, kein Eilen – es war ein echter Sprint. Sein Bauch
wippte bei jedem Schritt, sein Gesicht war rot vor Anstrengung, aber er schaffte es in wenigen Sekunden zum Schrank.
Er ließ sich schwer auf die Knie fallen und begann sofort, an der mas-
siven Konstruktion zu rütteln.
„Wir müssen sie da herausholen! Jetzt!“ Sein energischer Befehl riss die anderen aus ihrer Starre. Markus,
Tobias und Beatrix stürzten sich an seine Seite, ihre Hände fanden den Schrank, und mit vereinten Kräften versuchten sie, das schwere Metall zu heben.
„Eins … zwei … drei!“ Dr. Richters Stimme war laut, angespannt. Lang-sam hob sich der Schrank.
Ich konnte es sehen, bevor die anderen es begriffen.
Sabine lag reglos auf dem Boden. Ihr Gesicht war wächsern, ihre Au-gen starrten ins Nichts.
Dr. Richter starrte auf Sabine. Sofort lockerte sich sein Griff. „Nein…… „Das darf nicht wahr sein …“, murmelte er.
Der Schrank sackte bedrohlich nach unten.
„Wir können das nicht allein halten!“, rief Beatrix panisch.
Tobias sprang nach vorn und stemmte sich gegen den Schrank.
Dr. Richter erwachte aus seiner Schockstarre und griff erneut mit sei-nen zittrigen Händen zu. Gemeinsam schafften sie es, den Schrank zu sta-bilisieren, aber es war zu spät.
„Wie konnte das passieren, ich habe doch …?“, flüsterte Tobias, wäh-rend Dr. Richter sich neben Sabine kniete und mit zitternden Händen nach einem Puls tastete.
„Sabine … bitte … sag etwas.“
Beatrix schluchzte, ihre Hände zitterten. „Das … das kann nicht sein …“
„Sie ist … sie ist tot“, sagte Dr. Richter schließlich, seine Stimme kaum mehr als ein Hauchen.
„Das wissen wir doch nicht. Vielleicht ist sie nur bewusstlos!“, schrie Markus, obwohl ich wusste, dass Dr. Richter recht hatte.
„Ruft einen Krankenwagen! Jetzt!“
Er drehte sich zu mir und starrte mich geradewegs vorwurfsvoll an – mit seinem Was-stehst-du-so-blöd-rum-Blick.
Ehe ich reagieren konnte, zog Tobias sein Handy hervor, wählte den Notruf und erklärte die Situation in einer brüchigen, keuchenden Stimme.
Die Minuten, bis der Krankenwagen eintraf, zogen sich wie Stunden hin. Dr. Richter stand da, sein Hemd durchgeschwitzt, die Hände in die Hüften gestützt, während er auf Sabine hinunterstarrte. Seine Augen wa-ren glasig, sein Gesicht schlaff, als hätte ihn diese eine Situation um Jahre altern lassen.
Als die Sanitäter endlich eintrafen, wich er nicht von Sabines Seite, bis sie ihre Untersuchung beendet hatten.
„Es tut uns leid“, sagte einer der Sanitäter mit gedämpfter Stimme.
„Der Tod trat unmittelbar durch den Aufprall ein.“
Dr. Richter ließ sich schwer auf einen Stuhl sinken und rieb sich die
Hände durch das Gesicht. Sein schwerer Atem hallte durch den Raum. „Wie … wie konnte das nur passieren?“, murmelte er, mehr zu sich selbst als zu uns.
Beatrix begann zu schluchzen, während Tobias sich abwandte, als
könnte er die Szene nicht mehr ertragen.
Ich stand einfach da. Mein Blick wanderte von Sabines regloser Ge-
stalt zu Markus.
Die Polizei erschien bald darauf und begann mit ihrer Untersuchung.
Der leitende Ermittler, ein Mann mit scharfem Blick und einer Vorliebe für Kaugummi, inspizierte den umgestürzten Schrank mit einer Mischung aus Desinteresse und Konzentration.
„Massiver Aktenschrank, schlecht gesichert“, murmelte er, während
er mit seinem Notizblock hantierte. „Sieht nach einem typischen War-tungsfehler aus. Das kommt häufiger vor, als Sie denken.“
Dr. Richter nickte, doch seine Augen blieben glasig. „Ich dachte … ich dachte, so etwas passiert nur in anderen Büros“,
sagte er leise, während er sich mit einem Taschentuch den Schweiß von der Stirn wischte.
„Es ist tragisch, keine Frage“, sagte der Ermittler, während er etwas
ins Notizbuch kritzelte.
Als der letzte Polizist gegangen war und das Türschloss einrastete,
schien die Zeit stillzustehen. Wir standen inmitten des Büros, das plötz-lich fremd wirkte. Der Schrank war zurück an seinem Platz, die Spuren von Sabines Tod beseitigt, und doch hatte sich der Raum verändert. Eine lähmende Schwere hing in der Luft wie ein unsichtbarer Vorhang, der sich über alles legte – wartend, lauernd, nach Wahrheit verlangend.
Beatrix wartete, bis auch das letzte Echo der Schritte im Flur verhallt
war. Dann nahm sie auf der Kante von Markus ’ Schreibtisch Platz und fi-xierte ihn mit einem Blick, der gleichzeitig weich und durchdringend war. Unter der samtenen Oberfläche ihrer Augen lauerte etwas Hartes, Un-nachgiebiges – wie ein verborgenes Urteil, das nur auf den richtigen Mo-ment wartete.
„Das war … übel“, sagte sie schließlich, ihre Stimme gedämpft.
Markus, der mit gesenktem Kopf am Fenster stand, hob den Blick nur zögernd.
„Ich kann nicht glauben, dass sie tot ist“, murmelte er mehr zu sich selbst als zu Beatrix.
Beatrix neigte den Kopf. Ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, das eine Mischung aus Trost und etwas Dunklerem war.
„Manche Menschen fordern das Schicksal eben heraus. Und das Schicksal, Markus, das Schicksal ist … gnadenlos.“
Er starrte sie an. Für einen Moment lag ein unausgesprochener Vor-wurf in der Luft, doch er ließ ihn nicht über seine Lippen. Schließlich nickte er nur.
„Lass uns nach Hause gehen“, murmelte er.
„Warte noch einen kurzen Moment bitte“, antwortete Beatrix, wäh-rend sie ihren Blick durch das Büro wandern ließ. Es war, als suchte sie etwas.
Dann hob sie ihre Hand. Langsam, fast zögernd, streckte sie die Finger aus, bis sie mich berührten.
Ihre Fingerspitzen strichen vorsichtig über mein Blattdach, zart und flüchtig – und doch so bedeutungsvoll. Ein Moment, der mir galt – ein stiller Dank, der meine Diskretion würdigte.
Schließlich hatte ich alles gesehen. Den Streit zwischen den beiden Frauen, die Drohungen, die Sabine leichtfertig aussprach – als wäre Beatrix jemand, den man einfach so einschüchtern könnte. Und ja, ich habe auch den Schraubenzieher gesehen, mit dem Beatrix heute Morgen am Aktenschrank herumhantierte.
Mein Duft schien in diesem Moment intensiver, als wollte ich ihre An-erkennung erwidern. Ich war mehr als nur der unscheinbare Rizinus.
Ihre Berührung drückte mehr aus, als Worte der Dankbarkeit je ver-mocht hätten. Sie hatte mich gesehen. Mich, den Rizinus und plötzlich wusste ich: Ich war nicht nur Dekoration. Ich war ein wichtiges Mitglied des Buchhaltungsteams.
Die Moral der Geschichte?
Wer nicht bereit ist, sich zu verändern,
wird eines Tages von der Veränderung überwältigt.
Weiße-Schokoladen-Kokos-Tartelette mit Mango
Zutaten für 12 Tarteletten, 10 cm Ø/ Zubereitungszeit ca. 4,5 Std.
„Manchmal muss man Dinge von Grund auf ändern, Markus“, hatte Beatrix mit ihrer sanften, aber unüberhörbar ernsten Stimme gesagt, während der Duft ihrer Tarteletten den Raum füllte. Sabine dagegen hatte die Veränderung ignoriert – bis das Schicksal selbst ihre Ordnung ins Chaos stürzte.
„Für alle, die Neues wagen und doch auf bewährte Zutaten setzen – hier das Rezept:
Zutaten Zubereitung
für den Mürbeteig: 1.Mürbeteig: Butter, Puderzucker,
300 g Mehl Ei, Eigelb, Mehl und Kokosraspeln
75 g Kokosraspeln rasch zu einem glatten Teig verkne-
150 g kalte Butter, gewür-ten. 30 Minuten kühlen, ausrollen,
felt Förmchen auslegen, Böden einste-
75 g Puderzucker chen und bei 180 °C (Ober-/Unter-
1 Ei + 1 Eigelb hitze) 12 Minuten blind backen.
2.Mango-Schicht: Mangopulp mit
für die Mango-Schicht:
Zucker, Zitronensaft und Speise-
300 g Mangopulp
stärke glattrühren, erhitzen, bis die
(frisch pürierte Mango oder
Masse eindickt, abkühlen lassen.
aus der Dose, ungesüßt)
2 EL Zucker (optional, je 3.Schokoladenfüllung: Sahne erhit-
nach Süße der Mango) zen, Schokolade darin schmelzen,
1 TL Zitronensaft optional Kokoslikör einrühren, ab-
1 EL Speisestärke kühlen lassen, bis die Masse dick-
flüssig wird.
für die Schokoladenfüllung:4.Topping: Kokosraspeln und Chips
300 g weiße Schokolade goldbraun rösten.
150 ml Sahne
5.Anrichten: Teigböden mit Mango-
1,5 EL Kokoslikör (optional)
Schicht bestreichen, Schokoladen-
füllung darauf verteilen, mit Kokos-
für das Topping:
raspeln und Chips dekorieren. Min-
75 g Kokosraspeln, geröstet,
destens 2 Stunden kühlen.
1 EL Kokoschips (optional)
Tipp: Für eine intensivere Kokos-
note die Sahne durch Kokosmilch
ersetzen.
Lassen Sie es sich kriminell gut
schmecken
Der Wunderbaum (Ricinus communis)
Heiler und Gefahrenbringer zugleich
Beatrix ’ beiläufige Bemerkung über die tödlichen Samen des Wunder-baums ließ einen Schatten über Markus ’ ohnehin schweren Morgen glei-ten. Doch wie oft übersehen wir, dass selbst die unscheinbaren Details – ob Worte, Gesten oder Pflanzen – eine ungeahnte Macht besitzen? Der Wunderbaum ist ein Paradebeispiel für diese zweischneidige Natur.
Der Wunderbaum, auch Rizinus genannt, ist ein eindrucksvolles Ge-wächs, das ursprünglich aus Ostafrika stammt. Heute ist er weltweit in tropischen und subtropischen Regionen verbreitet und wird oft wegen seines exotischen Erscheinungsbilds als Zierpflanze geschätzt. Doch hin-ter seiner Pracht verbirgt sich eine tödliche Gefahr.
Die dunkle Seite des Wunderbaums
Die Samen der Pflanze enthalten Rizin, eines der stärksten pflanzlichen Gifte. Bereits ein einzelner Samen kann für Kinder tödlich sein; wenige Samen reichen aus, um einen Erwachsenen zu vergiften. Das Gift hemmt die Eiweißsynthese in den Zellen, was zu schwerem Organversagen führt.
• Symptome: Übelkeit, blutige Durchfälle, Organversagen • Gefährlichkeit: Es gibt kein Gegengift; die Behandlung ist rein
symptomatisch.
Die nützliche Seite: Rizinusöl
Aus den Samen wird Rizinusöl gewonnen, das – nach Entfernung des Gif-tes – vielseitig einsetzbar ist. Ob als Abführmittel, in der Kosmetik oder Industrie: Das Öl beweist, dass selbst gefährliche Pflanzen wertvolle Sei-ten haben können.
Fazit
Der Wunderbaum ist eine perfekte Metapher für das Leben: faszinie-