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Eine Erfahrung, die viele Menschen teilen: Wir wissen eigentlich ganz genau, was uns guttun würde und wie wir unser Leben achtsamer, gesünder, glücklicher gestalten könnten. Doch dann kommt der Alltag dazwischen ... Wie finden wir den Schlüssel zu einem Alltag, in dem wir nicht wieder von der Arbeit und unseren übrigen Verpflichtungen aufgefressen werden? Dieses Buch hält einen ganzen Schlüsselbund bereit, um die Antwort zu finden. Dabei benennt es klar die Fallen und Stolpersteine, die unterwegs lauern. Doch die konkreten Tipps, praktischen Anregungen und Übungen für jeden Tag führen uns Schritt für Schritt in ein achtsames Leben.
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Seitenzahl: 142
Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie. Detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Printausgabe
© Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2017
ISBN 978-3-7365-0072-3
E-Book-Ausgabe
© Vier-Türme GmbH, Verlag, Münsterschwarzach 2024
ISBN 978-3-7365-0605-3
Alle Rechte vorbehalten
E-Book-Erstellung: Sarah Östreicher
Lektorat: Claudia Gröhn
Covergestaltung: wunderlichundweigand
www.vier-tuerme-verlag.de
Anselm GrünChristoph GerhardErwin Sickinger
Tür–Öffner
Schlüsselbund für ein achtsames Leben
Vier-Türme-Verlag
Ihr Ungeübtendie in den Nächtennichts lernen.Viele Engel sind euch gegeben.Aber ihr seht sie nicht.
NELLY SACHS
Was mich bewegt
Man muss den Dingendie eigene, stille ungestörte Entwicklung lassen,die tief von innen kommtund durch nichts gedrängt oder beschleunigt werden kann,alles ist ausgetragen –und dann geboren ...
Reifen wie der Baum,der seine Säfte nicht drängtund getrost in den Stürmen des Frühlings steht,ohne Angstdass dahinter kein Sommer kommen könnte.
Er kommt ...!Aber er kommt nur zu den Geduldigen,die da sind,als ob die Ewigkeit vor ihnen läge,so sorglos, still und weit.Man muss Geduld habengegen das Ungelöste im Herzenund versuchen, die Fragen selbst lieb zu haben,wie verschlossene Stubenund wie Bücher, die in einer sehr fremden Sprache geschrieben sind.
Es handelt sich darum, alles zu leben.Wenn man die Fragen lebt,lebt man vielleicht allmählich,ohne es zu merken,eines fremden Tagesin die Antworten hinein.
RAINER MARIA RILKE
EINLEITUNG
In Führungsseminaren laden wir die Teilnehmer und Teilnehmerinnen ein, zur Eucharistiefeier Gegenstände auf den Altar zu legen, die dann gesegnet werden. Die gesegneten Gegenstände sollen uns im Alltag daran erinnern, dass Gottes Segen immer mit uns geht. Der Segen hat aber noch eine andere Bedeutung: Er drückt aus, was Gott durch die Dinge sagen möchte. Mit dem Ring sagt Gott uns beispielsweise zu, dass er alles Brüchige in uns zusammenhält und alles Kantige abrundet, dass er sich an uns bindet, damit wir uns selbst treu sein können.
Oft legen die Teilnehmer Schlüssel auf den Altartisch, zum Beispiel Autoschlüssel oder verschiedenste andere Schlüssel, die zu ihrer Wohnung, zu ihrem Arbeitsplatz oder zu bestimmten Schränken gehören. Diese Schlüssel öffnen nicht nur die Türen zum Haus, zum Auto oder zu verschlossenen Schränken. Der gesegnete Schlüssel will uns verheißen, den Schlüssel zu unserem eigenen Herzen zu finden und den Zugang zu unseren Gefühlen, zu dem, was unser Herz zutiefst bewegt. Daneben steht der Schlüssel auch für die Sehnsucht, Zugang zum Herzen anderer Menschen zu finden und ihr Herz aufzuschließen für unsere Liebe, aber auch für das, was wir ihnen gerne sagen möchten. Und der Schlüssel schließt in sich die Verheißung ein, dass wir den Schlüssel zur Wahrheit finden, den Schlüssel, der uns das Geheimnis unseres Lebens aufschließt und das Geheimnis Gottes.
In diesem gemeinsamen Buch, das aus unseren Führungsseminaren erwachsen ist, verstehen wir den Schlüssel als einen Türöffner zum gelingenden Leben. Am Ende eines Kurses fragen die Teilnehmer oft: Wie können wir das, was wir jetzt erfahren haben, mit in den Alltag nehmen? Wie finden wir den Schlüssel, der uns im Alltag einen Weg zeigt, wie wir aus dem Glauben heraus leben, wie wir achtsam leben, wie wir so leben können, dass wir nicht wieder von der Arbeit aufgefressen werden? Wie können wir im Alltag die Tür zu einem bewussten Leben aufschließen? Welche Hilfen gibt es, dass unser Alltag verwandelt wird?
Der geistliche Weg, auf den wir die Kursteilnehmer eingeladen haben, ist nicht immer ein einfacher Weg und der Schlüssel ist kein schneller Trick, der die Tür zum geistlichen Leben öffnet. Benedikt sagt von diesem Weg in seiner Regel: »Fliehe nicht vom Weg des Heils; er kann am Anfang nicht anders sein als eng. Wer aber im klösterlichen Leben und im Glauben fortschreitet, dem wird das Herz weit, und er läuft in unsagbarem Glück der Liebe den Weg der Gebote Gottes.« (RB Prolog 48f) Der geistliche Weg ist ein Übungsweg und zunächst eng. Jedes Training verlangt vom Sportler Schweiß und Anstrengung. Doch dann weitet sich das Herz. Und es entsteht – wie es im Lateinischen heißt – eine unbeschreibliche Süßigkeit der Liebe. Der geistliche Weg bekommt also den Geschmack der Liebe. Und dieser Geschmack ist süß und angenehm. Doch zu Beginn kann der Geschmack durchaus herb sein und der Weg anstrengend, durch Enttäuschungen und häufige Rückschläge.
Heute werden viele spirituelle Wege angeboten. Daher ist es gut, in der christlichen Tradition nachzusehen, was sie unter geistlichem Leben versteht. Geistliches Leben hat gemäß der christlichen Tradition vier Bedeutungen:
1. Geistliches Leben ist das Leben in der Gegenwart Gottes
In der Gegenwart Gottes zu leben heißt, in Beziehung zu Gott zu leben. Und das bedeutet: Ich bin ganz präsent, ganz im Augenblick. Vor Gott zu leben heißt, sich von Gott angesprochen und gerufen zu wissen und mit seinem Leben auf diesen Ruf zu antworten. Es geht also darum, Verantwortung zu übernehmen. Die Gegenwart Gottes ist dabei immer etwas Geheimnisvolles, das ich letztlich nicht greifen kann. Ich kann in dieser Gegenwart nur staunend und mit Ehrfurcht leben. Denn Gott ist der Unbegreifliche und Unendliche, vor dem ich mich verneige und verstumme.
2. Geistliches Leben heißt, durchlässig zu werden für den Geist Jesu Christi
In der christlichen Tradition erreicht diese Durchlässigkeit nur jemand, der alles, was in ihm ist, immer wieder Christus hinhält und sich vom Geist Jesu durchdringen lässt. Durchlässigkeit verlangt also ehrliche Selbsterkenntnis und Selbstbegegnung. Ich verschließe nichts in mir vor Jesus Christus. Ich öffne alle Kammern meines Leibes und meiner Seele, damit Christi Liebe dahinein strömen und alles verwandeln kann. Der Epheserbrief drückt das so aus: »Alles, was aufgedeckt ist, wird vom Licht erleuchtet. Alles Erleuchtete aber ist Licht.« (Eph 5,13f) Die Selbstbegegnung ist selten angenehm. Sie verlangt absolute Ehrlichkeit sich selbst gegenüber. Doch wenn ich alles in mir ehrlich Christus hinhalte, entsteht eine starke innere Freiheit, in der ich frei bin, alles anzuschauen.
3. Der geistliche Weg ist ein Weg der Verwandlung
Die innere Verwandlung ist ein langer Prozess. Sie geschieht nicht durch das Finden eines Schlüssels, der mir die Tür einfach aufschließt. Verwandlung braucht Zeit. Das lernen wir von der Natur. Die Verwandlung einer Knospe in eine Blüte bedarf Zeit. Und bis ein Baum herangewachsen ist, vergeht noch mehr Zeit. Der Baum muss Zeiten der Hitze und der Kälte, Zeiten des Regens und der Trockenheit, Winter, Frühling, Sommer und Herbst immer wieder durchlaufen, damit er in die Gestalt hineinwächst, die ihn auszeichnet. Ebenso benötigen wir Zeit, immer wieder durch Sonnenschein und Regen hindurchzugehen, bis sich in uns etwas wandelt, bis in uns das einmalige Bild, das Gott sich von uns gemacht hat, sichtbar wird.
4. Der geistliche Weg ist ein Übungsweg
Auf diesem Übungsweg benötigen wir Beharrlichkeit und Geduld. Der Weg geht wie oft genug in unserem Leben zwei Schritt voran und einen Schritt zurück. Wir sind auf Geduld angewiesen, um immer weiter gehen zu können. Und der Übungsweg muss alltagstauglich sein. Er geschieht nicht so sehr in der Abgeschiedenheit des Klosters, sondern mitten im Alltag. Und ob ich auf diesem Weg weitergekommen bin, zeigt die Realitätskontrolle im Alltag. Darin muss sichtbar werden, dass ich nicht mehr so sehr von meinem Ego beherrscht werde, sondern immer mehr zu meinem Selbst gelange, dass ich frei werde von Abhängigkeiten und offen werde für das, was Gott mir heute zutraut.
Man kann nicht bergauf kommen, ohne bergan zu gehen. Und obwohl Steigen beschwerlich ist, so kommt man doch dem Gipfel immer näher, und mit jedem Schritt wird die Aussicht umher freier und schöner! Und oben ist oben.
MATTHIAS CLAUDIUS
Fragen für den Alltag
Bevor Du weiterliest, halte kurz inne und frage Dich:
Gibt es etwas in Deinem Leben, das sich in der Tiefe nach Verwandlung sehnt?
Hast Du in Deinem Leben bereits kleine und regelmäßige Zeiten, in denen Du die Gegenwart Gottes einübst? Eine kurze Zeit am Morgen, ein kurzes Innehalten am Tag oder ein Segenswusch am Ende des Tages? Was kannst Du tun, um Dir diese kostbaren Perlen der Selbstverständlichkeit zu vergegenwärtigen?
LESEANLEITUNG ZUM BUCH
Unser vorliegendes Buch versteht sich als Handbuch, das Du immer wieder in die Hand nehmen kannst, um einmal über Dein Leben nachzudenken, um Dich anregen zu lassen, wie Du Deinen Alltag leben willst.
Das Buch enthält zuerst Gedanken, die uns drei Autoren nach unseren Kursen und nach vielen Gesprächen mit den Kursteilnehmern beim Nachdenken über den Schlüssel in unserem Leben gekommen sind. Die Gedanken wollen Dich anregen, selbst über Dich und Dein Leben nachzudenken und über die Schlüssel, die Dir die Tür zum Leben aufschließen.
Wir haben am Ende jedes Kapitels Übungen und Anregungen für den Alltag vorgeschlagen. Die Übungen wollen Dich einladen, etwas auszuprobieren. Du wirst nicht alle Übungen durchführen. Achte dabei auf Dein Gefühl. Wenn Dich eine Übung reizt, dann probiere sie einfach aus. Es ist wichtig, sich dabei nicht unter Leistungsdruck zu setzen, etwa dass die Übung sofort zu sichtbaren Ergebnissen führen müssen. Probieren geht über Studieren. Und Üben braucht Zeit. Pass die Übungen ruhig auf Deine Lebenssituation an, so dass sie für Dich stimmen.
Ein anderer Bereich unseres Buches sind Texte und Gedichte, die uns beim Nachdenken über den Schlüssel begegnet sind. Die Dichter und Denker haben oft tiefer geschaut und mehr verstanden von dem Geheimnis des Lebens als die Theologen. Denn die Dichter lassen das Geheimnis des Menschen offen. Sie wollen uns nicht festlegen auf bestimmte Gedanken. Wir verzichten darauf, diese Texte zu kommentieren. Wir wollen sie offenlassen für die Deutung, die Dir selbst beim Lesen kommt. Lass Dich ansprechen von den Texten, spüre Dich in sie hinein und such nach ihrer verborgenen Schönheit. Dann werden Dir die Texte guttun. Oft geben sie keine Antworten, sondern stellen uns einfach Fragen. Aber Fragen sind häufig wichtiger als Antworten. Die Frage – so sagt uns die deutsche Sprache – gräbt eine Furche in den Acker unserer Seele. Sie öffnet den Acker für die Samen, den diese Texte in unseren Boden hineinlegen.
Übung für den Alltag
Sammle Texte, Zitate, Gedichte, die Dich spontan ansprechen. So legst Du Dir ein eigenes Schlüsselbrett für den Alltag zu, an dem allerhand Schlüssel hängen, die manche versperrte Tür aufschließen können.
Das Wesen der Wahrheit
Ein Mann wurde von schweren Zweifeln über das Wesen der Wahrheit geplagt. Er beschloss deshalb, zu einem Rabbi in einem weit entfernten Dorf zu reisen, der für seine Weisheit bekannt war.
Als er nach einer langen und beschwerlichen Reise in dem Dorf ankam, erkundigte er sich sogleich, wo er den berühmten Weisen antreffen könne. Doch die Leute im Dorf lachten ihn nur aus:
»Der Rebbe hat sich schon vor 20 Jahren aus der Welt zurückgezogen und jetzt meint so ein dahergelaufener Fremder wie du, er könnte ihn einfach so besuchen!«
Das konnte den Mann jedoch nicht von seiner Suche abbringen. Er wartete einen Moment ab, in dem die engsten Schüler des Rabbiners einmal nicht aufpassten, und stahl sich in die Studierstube des alten Mannes. Es verging eine Zeit, bis der Rabbiner endlich von seiner Arbeit aufsah:
»Ich bitte um Verzeihung, ehrwürdiger Rebbe, aber ich bin von weit her gekommen, weil mich seit Langem eine Frage nicht mehr loslässt. Ich hoffe, dass Ihr mir in Eurer großen Weisheit eine Antwort geben könnt.«
»Nun, wie lautet Deine Frage?«, wollte der Rebbe wissen, und sein Tonfall war dabei durchaus freundlich.
»Was ist das Wesen der Wahrheit?«, erwiderte der Besucher.
Der Rabbiner sah ihm tief in die Augen, stand auf und gab ihm eine Ohrfeige. Der Mann wusste nicht, wie ihm geschah. Vollkommen verwirrt rannte er davon und lief ins nächste Wirtshaus, um dort sein Enttäuschung in Alkohol zu ertränken. Ein junger Bursche aus dem Dorf sah dies und fragte ihn, was denn passiert sei. So bekam er die ganze Geschichte zu hören. Dann sagte er nachdenklich:
»Weißt Du, wenn der Rebbe so etwas tut, hat er einen Grund. Es muss eine Erklärung dafür geben.«
Jetzt mischte sich auch ein Schüler des Rabbiners ein, der am Nebentisch saß und zugehört hatte. »Der Rebbe hat dir eine Ohrfeige gegeben, damit du lernst, dass man niemals eine gute Frage gegen eine Antwort eintauscht.«
Nilton Bonder
Aus: Nilton Bonder, Der Rabbi hat immer recht. Die Kunst, Probleme zu lösen © Carl-Auer Verlag GmbH, 2014; der Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung
EXKURS: DER SCHLÜSSEL IM JUBILÄUMSJAHR DER ABTEI MÜNSTERSCHWARZACH
Das Motto zum 1200. Jubiläum der Abtei Münsterschwarzach »Be open – Sei offen« ist einem besonderen Schlüssel zu verdanken. In den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts wurde auf dem Gebiet der Abtei ein alter Schlüssel aus Bronze gefunden. Er war den Bauarbeitern im Bauschutt aus der Barockzeit aufgefallen und hat eine Länge von 12 und eine Breite von 4,5 Zentimetern. Damals konnte niemand etwas mit dem Schlüssel anfangen. So lag er fast sechzig Jahre lang unbeachtet im Archiv der Abtei Münsterschwarzach.
Erst Pater Franziskus, dem Abtei-Archivar, fiel dieser alte Schlüssel auf. Er brachte ihn zum Landesamt für Denkmalpflege nach Nürnberg. Dessen damaliger Leiter Dr. Uwe Koch bestimmte den Schlüssel als karolingisches Objekt. Er stammte also zu aller Überraschung aus der Gründerzeit der Abtei Münsterschwarzach. Seine Gestalt, ähnlich der eines Fisches mit einem Kreuz darin, legte die Vermutung nahe, dass er einst zu einem heiligen Ort gehört haben könnte. Vermutlich war er der Schlüssel zur Sakristei. Es kann aber auch sein, dass er als Pilgerzeichen oder Amulett Verwendung fand. Denn die ovale Form der Mandorla (ital. für »Mandel«) um das Kreuz herum ist mit Kreisaugen besetzt, die schlechte Einflüsse abhalten und den Träger des Schlüssels vor Gefahren schützen sollten.
Der karolingische Schlüssel verbindet die Mönche mit der Gründungszeit der Abtei. In der abteieigenen Goldschmiede wurde für den Schlüssel eine Kopie angefertigt und Abt Michael trug während des Jubiläumsjahres diesen Schlüssel als Brustkreuz. Manchmal fragten Kinder voller Neugier den Abt, wohin denn der Schlüssel gehöre. Wenn der Abt sie fragte, was sie sich denn vorstellen könnten, kam öfter die spontane Antwort: »Ich weiß, wo der Schlüssel passt. Es ist der Schlüssel zum Himmel.«
Die Kinder haben verstanden, dass der Schlüssel nicht einfach nur die Tür zur Sakristei aufschließt, sondern ein Symbol für den Zugang zum Himmel, auch zum Himmel in uns selbst ist. So ist der Schlüssel zum Symbol für uns Mönche geworden. Mönch sein heißt: offen sein. Die Offenheit hat vor 1200 Jahren Graf Megingaud von Würzburg und seine Frau Imma dazu bewegt, ein Kloster für Mönche zu gründen. Diese Offenheit prägte die Gemeinschaft in 1200 Jahren. Zunächst war es die Offenheit für die Belange der Umgebung. Die Mönche halfen mit bei der Christianisierung des fränkischen Umlandes. Die Offenheit hat die Mönche immer wieder dazu getrieben, nach Krisen und Zerstörungen das Kloster wieder neu aufzubauen. Und die Offenheit war die Triebfeder, das Mönchsein immer wieder den Gegebenheiten der jeweiligen Zeit anzupassen und auf die Bedürfnisse der Menschen jeweils neu zu antworten. Letztlich war es die Offenheit für den Heiligen Geist, der die Mönche inspirierte, immer wieder neue Antworten auf die Fragen und Nöte der Menschen zu geben.
Auf diese Weise wurde der Schlüssel für die Mönche von Münsterschwarzach zur Herausforderung, sich den Nöten der heutigen Menschen zu stellen. Die Offenheit bewegte sie letzten Endes dazu, Flüchtlinge im Kloster aufzunehmen. Sie ist der Grund, die Abtei für die Gäste und ihre Fragen zu öffnen. Im Gymnasium und den Jugendkursen öffnen die Mönche sich besonders den Bedürfnissen junger Menschen. Und die Offenheit war es, die den Dialog zwischen den Konfessionen und den Religionen aufschloss. Die Offenheit gehört wesentlich zum Selbstverständnis der Missionsbenediktiner, die ausgezogen sind in die weite Welt, um die Botschaft Jesu zu verkünden, und die heute offen auf Fragen nach neuen Einsätzen reagieren.
Offenheit als spirituelle Haltung