Türkei - Entdeckungen im Morgenland - Claudia Stosik - E-Book

Türkei - Entdeckungen im Morgenland E-Book

Claudia Stosik

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Beschreibung

Im Laufe von fast 30 Jahren lernte die Autorin die Türkei kennen. Den Auftakt bildete eine Studienreise im September 1990 quer durch das Land unter dem Motto: 4000 Jahre Geschichte unter Einbeziehung Kilikiens, Kappadokiens und Ostanatoliens. Die Ruinenstadt ANI nahe der (damaligen) sowjetischen Grenze, kürzlich erst zugänglich, und der Menschheitsberg Ararat zählten zu den unvergesslichen Eindrücken. Während einer Rundreise im Kleinbus wurde die Westtürkei mit ihren zahlreichen Zeugnissen der Kulturen des Altertums erkundet: Troja, Pergamon, Ephesus u. a. – also die gesamte Westküste. Bei Çanakkale erfolgte die Überquerung der Dardanellen, um auch den europäischen Teil der Türkei kennen zu lernen. Die letzte Reise führte nach Antalya, direkt in die Altstadt, und nicht wie sonst üblich in die Hotels außerhalb der Stadt. Hauptaugenmerk dieser Publikation sind persönliche Eindrücke und Beobachtungen im geschichtsträchtigen Land. Begegnungen mit den Menschen, die Alltäglichkeiten sowie die wunderbare Landschaft begeistern immer wieder. Zahlreiche Abbildungen ergänzen die Reiseberichte.

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Claudia Stosik

TÜRKEI

Entdeckungen im Morgenland

Reisen von 1990 bis 2017

Engelsdorfer Verlag Leipzig 2021

Bibliografische Information durch die Deutsche Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über https://dnb.de/DE/Home/home_node.htmlabrufbar.

Titelbild: Sonnenaufgang auf dem Nemrut-Berg in Ostanatolien

Zur Autorin: 1961 in Dresden geboren, Studium der Kulturwissenschaften, Literatur und Geschichte an der Fernuniversität Hagen.

Copyright (2021) Engelsdorfer Verlag Leipzig

Alle Rechte bei der Autorin

Hergestellt in Leipzig, Germany (EU)

www.engelsdorfer-verlag.de

E-Book-Herstellung: Zeilenwert GmbH

Inhaltsverzeichnis:

Cover

Titel

Impressum

Vorbemerkung

Studienreise September 1990

Vorbereitung für eine Studienreise

Flug nach Adana – Metropole Kilikiens

Fahrt nach Tarsus und Mersin

Am Golf von Iskenderun

Die Felsenkirche des Apostels Petrus

Antakya und das Mosaikmuseum

Fahrt Richtung Osten

Der Moses-Berg

Urfa – die orientalischste Stadt in der Türkei

Harran – ein Ort in der Wüste

Klöster

Durch's wilde Kurdistan

Ankommen am Van-See

Die Stadt Van

Insel Ahtamar

Fahrt durch die Berge in die östlichste Stadt

Von Kars nach Ani

Erzurum – Höchstgelegene Stadt in der Türkei

Sonnenaufgang auf dem Nemrut-Berg

Königreich Kommagene

Fahrt mit dem Ziel Kayseri

Unterirdische Städte

Teppich-Show im Bazar 54

Avanos

Göreme-Tal mit seinen Höhlenkirchen

Abschluss in Ankara

Urlaubsreise nach Alanya Mai 1997

Burg Alanya

Zweitagesfahrt nach Pamukkale

Rundreise Westtürkei Juli 2005

Ankunft in Muğla

Ephesus – einst Hafenstadt

Der Tempel der Artemis

Bergama – Pergamon

Entdeckung von Troja

Die Dardanellen – Riesenmonument auf Gallipoli

Çanakkale – die Hafenstadt

Einzigartiges Istanbul

Der Topkapi-Palast

Überragende Hagia Sophia

Die Blaue Moschee

Noch einmal Pamukkale

Halbinsel Bodrum – das alte Halikarnassos

Das Mausoleum von Halikarnassos

Kurzreise März 2017 – Antalya

Die Altstadt von Antalya

Hotel im osmanischen Stil

Das archäologische Museum in Antalya

Verpasster Ausflug zum heiligen Nikolaus

Wanderung zum Leuchtturm

Die antike Stadt Perge

Ein letztes Mal in Pamukkale

Skulpturen in der Stadt

Die Korkut-Moschee in der Altstadt

Was wir noch entdeckten …

Nachbemerkung

Literaturverzeichnis/Zeitschriften

Internetquellen/Radiosendung

Bildnachweise

Anhang

Anmerkungen

Vorbemerkung

Im Laufe von fast 30 Jahren lernte ich die Türkei kennen. Ein kleiner Ausschnitt dieser Reisen soll auf den folgenden Seiten beschrieben werden. Eine besondere Studienreise stand am Anfang meiner Türkei-Erlebnisse auf dem Programm. Im Bildungswerk Berlin, später Berlin-Brandenburg, organisierte man eine Reise unter dem Themenschwerpunkt „Auf den Spuren der Apostel“. Diese Reise hat mich tief beeindruckt, auch weil es möglich war, die altarmenische Stadt Ani nahe der sowjetischen Grenze zu besichtigen, die wenige Monate zuvor für Touristen noch unzugänglich war.

Die eigentlich als Bade- und Erholungsreise gedachte Auszeit im Mai 1997 führte mich zu kulturellen Höhepunkten und Naturlandschaften wie die Kalksteinterrassen von Pamukkale.

Während einer dreiwöchigen Rundreise erkundete ich die Westtürkei mit ihren zahlreichen imposanten Zeugnissen des Altertums. Namen wie Troja, Ephesus und Pergamon kannte ich nur aus Büchern und schon lange bestand der Wunsch, diese antiken Städte real kennenzulernen. Zwei der berühmten sieben Weltwunder der Antike fanden ihre Bewunderung. Im Kleinbus fuhren wir die ge amte Westküste entlang, um dann bei Çanakkale mit der Fähre über die Dardanellen überzusetzen, um auf den europäischen Teil der Türkei zu gelangen.

Die letzte Türkei-Reise führte mich nach Antalya, direkt in die Altstadt, und nicht wie meist üblich in die Hotels außerhalb der Stadtgrenze. Da die Saison noch nicht eröffnet war, konnte man in aller Ruhe durch die Gassen der Altstadt bummeln. Kein Massentourismus oder Invasionen von Tagestouristen bevölkerten die Stadt, was als sehr wohltuend empfunden wurde. Weitere Erkundungen zu antiken Städten wie Perge standen auf der Tagesordnung. Nicht nur einmal stellte ich fest, das die Türkei einen unermesslichen Reichtum an antiken Stätten besitzt, denn viele Völker von Kleinasien durchwanderten das Territorium oder wurden seßhaft. Ihre großartigen Gebäude aus der Vergangenheit laden auch heute noch zu Erkundungen ein, denn durch ihre Sichtbarkeit lassen ich viele Etappen der Menschheits- und Kulturgeschiche besser verstehen. Hauptaugenmerk dieser Publikation sind persönliche Beobachtungen und Eindrücke und weniger das ausführliche Beschreiben von geschichtlichen Daten und Ereignissen.

Bedeutende Kulturdenkmäler der antike Stätten, welche wir auf allen vier Reisen mehr oder weniger intensiv besichtigten, werden etwas näher im geschichtlichen Zusammenhang beleuchtet. Das ist beispielsweise der Pergamon-Altar in der westtürkischen Stadt Bergama oder das Mausoleum von Halikarnassos, heute Bodrum.

Vor allem prägten mich die Begegnungen mit den Menschen des Landes, die kleinen Dinge des Alltags, das Handeln im Basar oder auch die Teilnahme an einem Gottesdienst in einer syrisch-orthodoxen Kirche, wozu sich die Gelegenheit spontan ergab und natürlich die wunderbare Landschaft, all diese Erlebnisse hinterließen bleibende Eindrücke.

***

Studienreise September 1990

Vorbereitung für eine Studienreise

Fast vierzig Personen au Berlin einschließlich Ostberlin und dem gesamten Bundesgebiet führte eine Studienreise im September 1990 über 16 Tage ca. 5000 Kilometer durch Geschichte und Gegenwart der Türkei – fernab von den Badestränden. Obwohl die deutsche Einheit erst bevorstand, spielte der politische Hintergrund DDR/BRD auf dieser Reise kaum eine Rolle. Sowohl ein Wissenschaftler mit dem Spezialfachgebiet Armenien als auch eine Theologiestudentin, beide aus Ostberlin, einige (ehemalige) Lehrer, mehrere Pfarrer und eine bunt gemischte Gruppe von Interessierten wollten die Türkei kennenlernen. Es wäre ein hoffnungsloses Unternehmen, einen annähernd vollständigen Reisebericht zu erstellen, so viele Eindrücke, Begegnungen, Besichtigungen und Reisestationen erlebten wir während dieser Tour durch Kleinasien. Eigentlich sollte die Reise kurzfristig abgesagt werden, weil es die politischen Verhältnisse zur damaligen Zeit – es ist die erste Golfkrise mit Stationierung in der Osttürkei – nicht zuließen. Aber die Mehrzahl der Teilnehmer und Teilnehmerinnen wollten, dass die lang geplante Reise auch durchgeführt wird. Letztendlich haben wir von den kriegerischen Vorbereitungen überhaupt nichts bemerkt. Wir bewegten uns durch kurdische Gebiete, doch als an Land und Leute interessierte Touristen blieben uns gefährliche Situationen erspart.

„Christen und Moslems in Geschichte und Gegenwart“

lautete das Motto dieser Reise. 4000 Jahre Geschichte unter Einbeziehung Kilikiens, Kappadokiens und Ostanatoliens.

Um uns auf die Reise ins Unbekannte einzustimmen, lernten wir in einer Moschee in Berlin-Kreuzberg die Säulen des Islams kennen. Ein zum Islam konvertierter Deutscher brachte die uns bis dato fremde Religion näher. Weitere Vorbereitungsveranstaltungen im Sommer 1990, geleitet durch kompetente Referenten mit den Themen „Muslimische Religion in Vergangenheit und Alltag" sowie „Türkische Frauen zwischen Tradition und Moderne", vertieften die Kenntnisse über die Gepflogenheiten und Sitten des Landes.

***

Flug nach Adana – Metropole Kilikiens

6. September 1990:

Abflug in Berlin-Tegel 19 Uhr, in Ankara 22.15 Uhr + 1 Stunde Zeitverschiebung und schließlich 2.30 Uhr Ankunft in Adana, 3 Uhr im Hotel. Eine tropische Nacht empfing die Reisegruppe von etwa 40 Personen, die Luftfeuchtigkeit betrug 80 bis 85 Prozent, dazu die Qualmwolken au den Kraftfahrzeugen – eben erste Eindrücke von Adana, der Industriemonopole Kilikiens. Die hohe Luftfeuchtigkeit ist wahrscheinlich auf die künstliche Bewässerung von Baumwollfeldern zurückzuführen, welche das Klima drastisch veränderte. Textilindustrie ist vorherrschender Wirtschaftszweig in der Region. Vormals betrug der Wert etwa 50 Prozent. Die Klimakrise ist anscheinend kein neues Phänomen.

Das Hotel, an einer verkehrsreichen Straße gelegen, lässt seine Gäste kaum zur Ruhe kommen, denn durch die Hitze war an Schlaf kaum zu denken. Ventilatoren, sofern vorhanden und wenn sie dann auch funktionierten, schufen etwas Abhilfe. Der erste Eindruck ist ungewöhnlich nach dem Nachtflug. Der nächste Morgen kündigt sich an, denn die Stimme des Muezzin ertönt in der ganzen Stadt. Für den Erstreisenden in ein islamisches Land sind das ungewohnte Klänge, es sei denn, man ist oft genug in Berlin-Kreuzberg unterwegs. Nicht dest trotz war die Nacht recht kurz. Was hält der neue Tag bereit?

***

Fahrt nach Tarsus und Mersin

7. September:

Eine Bildungsreise ist angesagt, unser Reiseleiter und Pfarrer übervoll an Wissen und Eifer, und so starten wir am frühen Morgen nach Tarsus, dem Geburtsort des Apostels Paulus. Cicero1, der berühmte römische Philosoph und Dichter, hatte hier als Stadthalter ein Amt inne. Insgesamt schien die Stadt stark römisch gesonnen zu sein. Die Lufttemperatur beträgt 36 Grad – heute, im Jahr 2020, auch für uns keine ungewöhnlichen Temperaturen mehr. Die Stadt Tarsus hat im Jahr 1990 80.000 Einwohner. Aus der Antike bis heute erhalten, besichtigen wir das Kleopatrator, durch das schon Alexander der Große durchgeritten sein soll. Tarsus, einst eine Hafenstadt, befindet sich nun einige Kilometer im Land, da der Hafen verlandet ist.

Kleopatrator, Paulus-Brunnen und ein Mosaik

Das Tor nannte man einst Meerestor, später nach der Legende von Kleopatra und Antonius benannt, die sich angeblich an dieser Stelle getroffen haben sollen. Durch Tarsus's Gassen entdecken wir noch einige armenische Häuser, jedoch

im schlechten Zustand. Alte Frauen lehnen am Fenster – beinahe wirken sie wie eine Kulisse. Was hatte Tarsus, in der Antike zum geistigen Zentrum erkoren, noch zu bieten?

Die nächste Station ist der Paulus-Brunnen, wo unser Pfarrer eine Andacht hält: Stille – dann folgt eine dem historischen Ort angepasste Predigt. Also: Unter freiem Himmel in aller Öffentlichkeit. Gleichzeitig wird das „heilige Wasser“ aus dem 37 m tiefen Brunnen hochgezogen. Wasser, zuallererst war Wasser der Wegweiser.

Eine Wandtafel in englischer Sprache erinnert an den

„Saint Paul of Tarsus“.

Wir sollten eine Gemeinde sein, eine Gemeinde von Christen in einem islamischen Land. Die meisten der Teilnehmer sehen das wahrscheinlich auch so. Wir singen einige Lieder und genießen den Augenblick. Schließlich stimmt ein Kantor, bereits im (Un)Ruhestand, aber noch sehr aktiv, die bekannten und weniger bekannten Lieder aus dem Gesangbuch an.

Moschee Eshab 'I Kehf

Die rege Gesangsbeteiligung der Teilnehmer ließ vermuten, dass die meisten dem sonntäglichen Gottesdienst nicht fern stehen. Ich war interessiert, musste aber bei einigen Kirchengesangsbuchliedern passen. Anschließend machen wir Mittagspause in einem Gartenrestaurant, in dem es auch ein extra Frauencafé gibt, sehr zu unserem Erstaunen. Unterwegs besichtigen wir eine Moschee. (siehe Abbildung) Selbstverständlich mit Kopftuch und ohne Schuhe, wobei Männer und Frauen extra Räume betreten, in denen mehrere bunte

Teppiche übereinander liegen. Es wird immer Richtung Mekka gebetet und das fünfmal am Tag. Vorher erfolgt die rituelle Reinigung. Es folgt die Abfahrt nach Mersin am Mittelmeer: Dort besuchen wir die byzantinisch-orthodoxe Kirche St. Michelle. Das Gebet findet unverkennbar in arabischer Sprache statt. Die Texte stammen aus dem syrischen Kontext.

Die eindrucksvolle Innenausstattung mit einem hohen Kirchengestühl bringt uns die hiesige religiöse Prächtigkeit nahe.

… weiter bringt uns der Bus in Richtung Osten

***

Am Golf von Iskenderun

8. September:

Meine Aufzeichnungen von damals erinnern mich, dass sich die Abfahrt in Richtung Iskenderun wohl um einige Minuten verzögert hatte. Es ist eigentlich nicht erwähnenswert, doch bei dieser Reise ist der Zeitplan eng kalkuliert. Unterwegs werden wir von unseren zwei türkischen Reiseführern in die Geschichte der Hethiter eingewiesen. Sie hatten die gleiche Regierungsform wie die Osmanen. Diese Großreiche regierten über lange Zeit in Kleinasien, aber letztendlich zerfielen diese mächtigen Reiche. Für die Zerstörung des Hethiterreiches gab es viele Gründe, zum Beispiel auch die Völkerwanderungen. Nach den Hethitern kamen die Assyrer. Auf die Geschichte dieser Völker werde ich in späteren Kapiteln noch genauer eingehen. Nur soviel: Die Hethiter hatten ihre Blütezeit um 2000 v. Chr.

Am Golf von Iskenderun angekommen, die gleichnamige Stadt hieß in der Antike Alexandrette, legen wir eine Badepause im Mittelmeer ein, für die Reisefreunde aus der (noch) DDR eine willkommene Premiere.2 In Erinnerung geblieben ist ein sehr schönes Café direkt am Meer. Die Toilettenanlage entspricht weniger unserem Standard.

***

Die Felsenkirche des Apostels Petrus

Aufstieg zur ersten Kirche, (Grotte) der Christen

Immer biblischer erscheint das Land, wir nähern uns der syrischen Grenze, damals ein sicheres Gebiet, zumindest in der gefühlten Wahrnehmung, was man allerdings heute von dieser Region nicht mehr behaupten kann. Ziel ist die Felsenkirche des heiligen Petrus am Hang des Staurus-Berges.

Nach dem Tod von Jesu gingen die Apostel in alle vier Winde – Petrus kam hierher und es fanden die ersten Treffen zur Verbreitung des Christentums statt. Die Felsenkirche ist 13 m lang und 9,5 m breit. Sie wurde im 6. Jahrhundert weiter ausgebaut.

Ergänzend möchte ich erwähnen, dass noch vor der Zeit der römischen Provinzen3 ein Streifen der Türkei ursprünglich einmal zu Syrien gehörte. Selbstverständlich handelte es sich damals nicht um Ländergrenzen, sondern um die kulturelle durch inschriftliche Zeugnisse belegte Entwicklung. Aus geografischer oder/und kulturhistorischer Sicht zählten dazu die Gebiete um den Golf von Iskenderun bis hin nach Gaziantep.4 Diese Stadt werden wir im Laufe der Reise noch kennenlernen genauso wie Harran, wo heute noch syrische Araber leben, die nur arabisch oder persisch sprechen und vermutlich kein türkisch. Doch zu diesem Thema in einem späteren Kapitel.

An diesem denkwürdigen Ort hält unser Reiseleiter und Pfarrer eine Andacht, die etwas theatralisch wirkt, denn er spricht von den „hier lebendigen Gebeinen in Verkörperung unserer Gruppe“.

Um den Glaubensfrieden noch zu bestärken, singt die Gruppe: „Donna nobis pacem“. Die singende christliche „Gemeinde“ wirkte missionarisch, mitunter peinlich. Wir waren doch nicht die einzigen Besucher in der Felsenkirche. Das Pastorale erhob sich gnadenlos und unbescheiden, dabei waren wir doch nur Gäste in einem fremden Land?! In einem Land, wo es erst einmal darum ging, die hiesigen Gewohnheiten kennenzulernen bzw. sie im Rahmen der eigenen Toleranzgrenze zu akzeptieren. Das betraf die für unsere Ohren ungewohnte Musik, das öffentliche Ausrufen der Gebete durch den Muezzin und natürlich das gewöhnungsbedürftige Klima. Aber das Singen von Kirchenliedern sollte noch öfters praktiziert werden, manchmal sinnvoll, manchmal völlig unpassend. Man stelle sich vor, eine muslimische Reisegruppe reist durch Deutschland singt bei jeder sich bietenden Gelegenheit Suren aus dem Koran. Die Aufgeregtheit der einheimischen Bevölkerung wäre vermutlich voraussehbar. Die Toleranz des jeweils anderen wäre das Ideal.

Auf den Spuren der Apostel:

In diesem Zusammenhang war für uns die Erkenntnis neu, dass die Türkei nach dem Staat Israel mit den wichtigsten Stätten des Christentums aufwarten kann: Die Apostel Paulus und Petrus, der islamisch-urchristliche Wallfahrtsort Urfa5 – das alte Edessa – mit der Geburtshöhle Abrahams und Harran, der Zufluchtsort seines Sohnes Jakob. Außerdem auf türkischem Boden Kayseri, das biblische Caesarea, sowie der Herkunftsort des heiligen Nikolaus von Myra nahe der Mittelmeerküste, legen beredtes Zeugnis der biblischen Geschichte ab. Das unter Kaiser Konstantin einberufene Konzil von Nicäa im Mai des Jahres 325 führte nach langem Streit zu Klärung und Festlegung des Osterfestes. Auf geschichtsträchtigem Boden von Kleinasien, der heutigen Türkei, legte man neben anderen kirchlichen Glaubensfragen das höchste Kirchenfest auf den 1. Sonntag nach dem Frühlingsvollmond fest. Was an Gültigkeit bis heute nichts verloren hat.

An diesem historischen Ort, wo einst Apostel Petrus predigte, hielt unser Pfarrer eine Andacht.

***

Antakya und das Mosaikmuseum

Ankunft in Antakya, das frühere Antiochia, die nach Rom größte Stadt des Altertums. Damals lebten hier 500.000 Einwohner – heute nur noch 66.000. Die Stadt wurde 301 v. Chr. gegründet, gehörte zu Syrien, denn wie schon erwähnt, beherrschten die Römer diesen Teil Asiens. Auch heute noch wird die Stadt von ihrer einstigen griechisch-römischen Stadtanlage geprägt. Vermutlich wurden die Menschen hier zum ersten Mal in der Geschichte Christen genannt. Von meinem Hotelfenster blicke ich auf die Altstadt von Antakya. Bei einem abendlichen Stadtbummel offenbart sich die Schönheit der Altstadt mit einem Besuch im orientalischen Basar.

Blick auf die Altstadt von Antakya in der Abenddämmerung

Aus unerfindlichen Gründen sollte die Stadt nicht mehr lange Antakya heißen, sondern zukünftig Hatay, nach der gleichnamigen Provinz. Das wäre dann der dritte Name seit ihrer Gründung.