Über den Dächern von Ecuador - Stephan Schmidt - E-Book

Über den Dächern von Ecuador E-Book

Stephan Schmidt

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Beschreibung

Der Autor, der bereits etliche Reisen auf mehreren Kontinenten begangen hat, möchte mit diesem Buch bei allen Reiselustigen und Weltenbummlern die Neugierde auf ein wunderschönes und interessantes Land wecken. Insofern ist dieses Buch nicht als Reiseführer zu verstehen. Es erzählt vielmehr die Geschichte einer Reise durch ein abwechslungsreiches und aufregendes Land. Aufgrund der Route durch Ecuador, die als roter Faden durch das Buch leitet, beschreibt es lustige Geschichten und Anekdoten, gespickt mit zahlreichen außergewöhnlichen Informationen, Mythen und Legenden, die nicht jedem bekannt sein dürften. Der Autor berichtet auf amüsante und informative Weise über die Vorbereitungen und den Ablauf der Reise durch Ecuador und den Galapagos-Inseln. Mit einer kleinen und ziemlich heterogenen Gruppe begann er die Reise in Quito, der Hauptstadt von Ecuador. Von hier aus reisten sie in die Nebelwälder im Nordwesten, um weiter über Otavalo und der Lagune von Cuicocha zurück nach Quito zu gelangen. Über die Straße der Vulkane ging es in Richtung Süden nach Baños, dem Tor zum Oriente, weiter nach Cuenca, bis sie am Ende des ersten Teils der Reise, in Guayaquil das Flugzeug zu den Galapagos-Inseln bestiegen. Dort setzen sie mit einer fünftägigen Kreuzfahrt auf der La Pinta, die durch den Norden des Archipels führte, ihre Reise fort.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Das Abenteuer beginnt

Ankunft in Quito

Das Swissôtel

Der Ruco Pichincha

Die Hauptstadt Quito

Der Palacio de Garondelet (Präsidentenpalast)

Der Palacio Arzobispal (Bischofspalast)

Die Kirche von San Francisco

Die Fahrt in den Nebelwald

Die Mashpi Lodge

Der Norden von Ecuador

La Mitad del Mundo

Das Intiñan Solar Museum (Inti Ñan)

Der Textilmarkt von Otavalo

Die Lagune von Cuicocha

Der Lago San Pablo

Reise in den Süden von Ecuador

Der Cotopaxi

Das Samari Spa Resort

Stadtbummel in Baños

Santuario de Señora del Rosario de Agua Santa

Pialón del Diablo (Schlucht des Teufels)

Der Tungurahua

Die Tagua-Schmuckwerkstatt

Der Chimborazo

Das Hotel Hacienda Abraspungo

Die Iglesia de Balbanera

Zugfahrt zur Nariz del Diablo (Teufelsnase)

Die Posada Ingapirca

Das Hotel Santa Lucia

Der Hutmacher Homero Ortega

Die Galerie von Eduardo Vega

Iglesia de la Merced de Turi

San Sebastian

Die französische Route durch die Altstadt

Iglesia Santo Cenáculo

Plaza de las Flores (der Blumenmarkt)

Iglesia del Carmen de la Asunción

Neue Kathedrale von Cuenca

Der Abdón Calderón Park

Alte Kathedrale von Cuenca

Individuelle Erkundung der Altstadt

La Merced, ein besonderes Viertel

Der Nationalpark El Cajas

Das Hotel Wyndham

Das Künstlerviertel Las Peñas

Der Hügel von Santa Ana (Cerro Santa Ana)

Die Promenade Malecón 2000

Der Parque Seminario

Insel Baltra

Insel Santa Cruz

Die Charles-Darwin-Station

Die Rancho El Manzanillo

Kreuzfahrt zu den nördlichen Inseln

Eden Islet und Chinese Hat Islet

Bartolomé Island

Sullivan Bay auf der Insel Santiago

Darwin Bay auf der Insel Genovesa

Prince Philip’s Steps auf der Insel Genovesa

Vorwort

Vor jeder meiner zahlreichen Reisen vergrößerte ich in den letzten Jahren meine Sammlung an Reiseführern, um Informationen über Land und Leute, die Natur und die Sehenswürdigkeiten zu sammeln. Reiseführer sind normalerweise sehr sachlich und informativ geschrieben, verzichten aber auf jegliche Emotionalität und Witzigkeit. Ich wollte eine individuelle Reisedokumentation schreiben, insofern ist dieses Buch nicht als Reiseführer zu verstehen. Es erzählt vielmehr die Geschichte einer Reise durch ein wunderschönes und abwechslungsreiches Land. Aufgrund unserer Route durch Ecuador, die als roter Faden durch das Buch leitet, beschreibe ich lustige Geschichten und Anekdoten, die wir als kleine Reisegruppe von acht Personen erleben, gespickt mit zahlreichen außergewöhnlichen Informationen, Mythen und Legenden, die man in „normalen“ Reiseführern oder anderer deutschsprachiger Literatur in der Form nicht so ohne Weiteres finden wird.

Wir kannten Ecuador, insbesondere die Galapagos-Inseln, bisher nur aus Dokumentation, die in Funk und Presse erschienen. Je mehr Details wir über dieses Land sammelten, je mehr wuchs unser Interesse an dieser geografischen, klimatischen und ethnischen Vielfalt dieses zwischen Kolumbien und Peru liegenden Gebietes. Große Nebelwälder erstrecken sich im Norden, gewaltige und teils aktive Vulkane prägen das Andenhochland (Sierra). An den üppig bewaldeten Osthängen der Anden senken sich die geologischen Formationen bis hinab ins Tiefland des Amazonasbeckens (Oriente), am westlichen Küstenbereich (Costa) stößt das Schwemmland an den Pazifischen Ozean. Zu guter Letzt erheben sich die Galapagos-Inseln 1.000 Kilometer westlich des Festlandes aus den Wogen des Pazifiks. Bei dieser Fülle an Diversität musste dieses Land unbedingt auf unseren Reiseplan, wobei die Minikreuzfahrt entlang der nördlichen Galapagos-Inseln einen besonderen Reiz für uns darstellte.

Mit diesem Buch möchte ich bei allen Reiselustigen und Weltenbummlern die Neugierde auf ein wunderschönes und interessantes Land wecken, auch wenn bei solch einer Reise nicht immer alles reibungslos verläuft. In einer kleinen und ziemlich heterogenen Gruppe begannen wir die Reise in Quito, der Hauptstadt von Ecuador. Von hier aus reisten wir in die Nebelwälder im Nordwesten, um weiter über Otavalo und der Lagune von Cuicocha zurück nach Quito zu gelangen. Über die Straße der Vulkane ging es in Richtung Süden nach Baños, dem Tor zum Oriente, weiter nach Cuenca, bis wir am Ende des ersten Teils der Reise, in Guayaquil das Flugzeug zu den Galapagos-Inseln bestiegen.

Ich hoffe, mit dieser kurzweiligen Lektüre für etwas Reisefieber und Abenteuerlust sorgen zu können. Kann ich den Leser oder die Leserin bei der Lektüre dieses Buches auf unsere Reise mental mitnehmen, habe ich mein Ziel erreicht.

Das Abenteuer beginnt

Mit frisch gepackten Hartschalenkoffern stehen Brigitte und ich vor unserem Haus und warten auf das Taxi, das uns um 04.30 Uhr zum Flughafen abholen soll. Voller Vorfreude auf den Urlaub in Ecuador und voller Hoffnung, dass das Taxi auch pünktlich erscheint, warten wir auf die Dinge, die uns in nächster Zeit erwarten werden. Es ist noch dunkel an diesem Morgen, so bemerken wir erst recht spät, dass sich ein Taxi in unsere Richtung nähert. Tatsächlich hält es vor uns an und ein freundlicher Taxi-Fahrer steigt aus, um uns, in einer um diese Uhrzeit eher erstaunlichen Frische, zu begrüßen. Mit dieser Dynamik können Brigitte und ich noch nicht mithalten. Die Nacht war schließlich kurz. Schnell sind die beiden Hartschalenkoffer und die beiden Rucksäcke im Kofferraum des Taxis verstaut und die Fahrt beginnt in Richtung Flughafen Berlin-Tegel.

Diesmal befindet sich jede Menge Foto- und Filmequipment in den Rücksäcken, da ich plane, auf den Galapagos-Inseln unter Wasser zu filmen. Dazu hatte ich mir extra eine GoPro Hero 4 mit wasserdichtem Gehäuse gekauft. Die Beschreibung verspricht Aufnahmen bis zu einer Tiefe von 10 Metern. Das reicht für eine Schnorchel-Tour. Weiterhin liegen eine Foto- und eine Videokamera gut verstaut am Boden des Rucksacks. Damit stelle ich sicher, dass wir mit vielen Erinnerungen und Aufnahmen nach Hause zurückkommen.

Angekommen am Flughafen, folgt das Check-in, d. h. die Ausgabe der Bordkarten sowohl für den Flug nach Madrid als auch für den Weiterflug nach Quito. Bewaffnet mit den beiden Rucksäcken lassen wir den Sicherheits-Check über uns ergehen. Bisher verläuft noch alles sehr relaxt und routiniert. Dann kommt ein Security-Mitarbeiter auf die Idee, mich aus der Schlange herauszuwinken, um sich meinen Rucksack näher anzuschauen. Ich bin anscheinend der Quoten-Mensch, der jetzt mal wieder dran ist. Ohne genau zu wissen, warum ich aus der Schlange herausgepickt wurde, folge ich dem Beamten zu einem speziellen Arbeitsplatz, an dem ein PC und anderes elektronisches Equipment aufgebaut ist. Immer noch weiß ich nicht, was jetzt passieren würde, sodass ich dem Beamten höflich die Frage stelle, was denn los sei. Leider bekomme ich keine Antwort. Der Sicherheitsbeamte gleicht einem wortkargen Gorilla, der sich nicht in die Karten schauen lässt. Angekommen an dem Kontrollplatz, kramt der Beamte einen Kontrollstreifen hervor und streicht damit über mehrere Stellen der Rucksackoberfläche. Dieses Szenario wiederholt er mit verschiedenen Teststreifen und prüft immer wieder unterschiedliche Stellen des Rucksacks. Ich frage erneut ganz freundlich, worauf der Beamte denn testen würde. Aufgrund von diversen Fernsehfilmen tippe ich auf eine Suche nach Rauschgift. Der Beamte antwortet wortkarg und mürrisch, dass es sich um Sprengstofftests handele und sieht mich so an, als hätte ich das wissen müssen.

Nach einer gefühlten Ewigkeit beendet der Beamte endlich seine Testaktivitäten, die natürlich negativ ausfallen. Ich fahre schließlich in Urlaub und will keine Brücke oder eine Polizeistation sprengen. Nachdem ich meinen Rucksack wieder einsammle, greife ich in die Seitentasche meiner Jacke, um zu kontrollieren, ob die Bordkarten noch da liegen, wo sie hingehören. Aber was ist das? Ich greife in eine leere Tasche. Wo sind die verflixten Bordkarten abgeblieben? Hatte ich sie beim Security-Check in einem der Plastikkisten vergessen? Blitzschnell schießt mir durch den Kopf, was alles passieren würde, wenn ich die Bordkarten nicht wieder finde. Im Geiste sehe ich mich schon von Flughafenpersonal zu Flughafenpersonal rennen, um Ersatzbordkarten zu organisieren. Der erste Weg führt mich zu den Bändern, wo die Kontrolle des Handgepäcks stattgefunden hatte und frage voller Panik, ob jemand Bordkarten in den Plastikboxen gefunden hätte. Ich ernte allgemeines Kopfschütteln. Was nun? Reflex gesteuert greife ich noch einmal in sämtliche Taschen meiner Jacke. Hoffentlich finde ich die verflixten Karten. Und siehe da. In der linken Innentasche verbergen sich die Bordkarten, als sei nichts gewesen.

„Uff, noch einmal Glück gehabt“, murmele ich vor mich hin. Brigitte hat von dieser Panikattacke nichts mitbekommen und schaut in aller Seelenruhe in Richtung Monitor, um zu erkunden, wann der Flug nach Madrid abgefertigt wird.

Nach dem nervenaufreibenden Sicherheits-Check sitzen Brigitte und ich endlich auf unseren Plätzen in dem Airbus A320-200 der Iberia Airline. Vorsorglich hatte ich für uns Plätze am Notausstieg gebucht, natürlich gegen Aufpreis, um während des Fluges mehr Beinfreiheit genießen zu können. Da der Flug von Madrid nach Quito ungefähr 11 ½ Stunden dauert, schien mir diese Investition sehr sinnvoll. Dieser Luxus sollte sich, bei den sonst eher einfachen Verhältnissen an Bord der Iberia Maschine, sehr bezahlt machen.

Pünktlich startet die Maschine um 07:35 Uhr in Richtung Madrid. Die Flugzeit beträgt laut Anzeige auf dem altertümlichen Röhrenmonitor, der wackelig von der Decke hängt, etwas mehr als drei Stunden. Die Maschine von Iberia macht auf mich keinen besonders vertrauenerweckenden Eindruck, da neben den altmodischen Monitoren an allen Ecken und Kanten des Flugzeugs irgendeine Kleinigkeit repariert werden müsste. Mir war vor Reiseantritt nicht bewusst, dass Iberia zu den Billigfliegern gehört. Jetzt zeigt sich dies rundherum, leider auch beim Service.

Im ersten Moment über die schlechte Ausstattung des Flugzeugs irritiert, freuen wir uns über die große Beinfreiheit bei unseren Sitzen an der Notausstiegstür. Wir denken beide, die drei Stunden im Flugzeug können ja nicht so schlimm werden. Nach einer Weile schießt Brigitte durch den Kopf, dass jetzt ein schöner heißer Kaffee genau das richtige wäre, damit die müden Geister wieder munter werden. Auch wenn der Adrenalinspiegel nach dem Vorfall am Flughafen bei mir immer noch ziemlich hoch ist, hätte ich auch nichts gegen einen heißen Kaffee einzuwenden. Beide schauen wir immer wieder in Richtung der Stewardessen, um zu sehen, ob sich in der Teeküche irgendetwas zum Thema Getränkeausgabe ereignen würde. Aber es rührt sich nichts. Es gibt auf dem Dreistundenflug tatsächlich keine Getränke. So stellt sich dieser erste Reiseabschnitt als eine ziemlich trocknende Angelegenheit dar. Um sich von der Lust auf Kaffee etwas abzulenken, erwarten wir den angekündigten Spielfilm. Damit sollte es zu schaffen sein, dass die Flugzeit wie im Fluge vergeht. Doch auch diese Hoffnung erfüllt sich nicht. Kein Film. Ersatzlos gestrichen. „Na toll“, denken wir und starren aus dem Fenster. Was bleibt uns anders übrig?

Mangels Entertainments sinke ich in meinen Sitz, schließe die Augen und grübele vor mich hin. Ich denke an den Ärger mit dem Reiseveranstalter, als ich ihn darauf hinwies, dass der geplante Ausflug in den Cotopaxi Nationalpark wohl nicht stattfinden könnte. Ich hatte zuvor in der Presse gelesen, dass im August der Vulkan Cotopaxi wieder ausgebrochen sei. Über die Bilder der Webcams, die im Internet zu sehen sind, war gut zu erkennen, wie der Vulkan permanent große Mengen von Rauch und Asche aus seinem großen Schlot ausspie. Umso mehr erstaunte mich die Antwort des Reiseveranstalters auf meinen Hinweis.

„Sie brauchen sich keine Sorgen machen, der Ausflug in den Cotopaxi Nationalpark findet problemlos statt.“

Ich wusste aus dem Internet, dass der Nationalpark definitiv für Besucher geschlossen wurde. Erneut schickte ich mit meinen Informationen im Anhang eine Mail an meine Ansprechpartnerin, mit dem dringenden Hinweis, diese Informationen ernst zu nehmen. Diesmal hatte sich der Reiseveranstalter offensichtlich mit meinem Hinweis auseinandergesetzt. Die zweite Antwort binnen weniger Tage lautete jetzt völlig anders.

„Aufgrund des Ausbruchs des Cotopaxis ist der Nationalpark gesperrt, sodass der Ausflug dorthin nicht stattfinden kann. Als Alternative werden sie in Baños einen sehenswerten Wasserfall besichtigen.“ Na gut, dann wäre das ja auch geklärt.

Nach einer langweiligen und trockenen Flugreise landet der Airbus auf dem „Adolfo Suárez Barajas Flugplatz“ in Madrid. Immerhin ist der Flug pünktlich. Bis zu unserem Weiterflug haben wir noch zwei Stunden Aufenthalt. Unsere erste Aktion auf diesem riesigen und sehr unübersichtlichen Flughafen besteht darin, das Abflug-Gate nach Quito zu suchen. Da die Abflug-Gate-Nummer auf den Bordkarten nach Quito, die wir bereits in Berlin erhalten hatten, aufgedruckt ist, können wir uns an der Beschilderung bis zum S-Bahnhof orientieren. Der Flughafen besteht aus zwei großen Terminals, die aufgrund der großen Entfernung untereinander mit einer S-Bahn verbunden sind. Etwas verunsichert, ob die Fahrt mit der S-Bahn tatsächlich richtig ist, steigen wir nach kurzem Zögen ein. Nach einer Fahrzeit von 10 Minuten zeigt sich, dass die Entscheidung einzusteigen, richtig war.

Beim Verlassen des Fliegers dachte ich noch, dass sich die zweistündige Wartezeit ewig hinziehen könnte. Jetzt, nachdem wir erkennen, wie weit die Wege im Flughafen sein können, schrumpft der Zeitraum von zwei Stunden rapide zusammen. Noch vom letzten Flug völlig ausgetrocknet, reicht die Zeit gerade noch, einen großen Becher Orangensaft zu trinken. Frisch gestärkt geht es im Eiltempo zum Abflug-Gate nach Quito, der Hauptstadt von Ecuador.

Der Flug nach Quito erfolgt ebenfalls mit der Iberia. Diesmal mit einem deutlich größeren Airbus A340-600. Als Brigitte und ich das Flugzeug betreten und unsere Plätze wieder an der Notausstiegstür besetzen, überkommt uns aufgrund der schlechten Erfahrungen beim letzten Flug, ein ungutes Gefühl. Hoffentlich ist dieser Flieger besser ausgestattet. Eine Flugzeit von 11 ½ Stunden würde ohne Unterhaltung und ohne gute Versorgung mit Essen und Trinken zum Höllenritt werden. Als das Flugzeug abhebt, kommt es, wie es kommen muss. Es existiert kein vernünftiges Entertainment. Wieder hängen in großer Distanz alte klobige Röhrenmonitore unter der Decke. Von unserem Platz aus kaum zu erkennen. Die Kopfhöreranschlüsse funktionieren nicht richtig, was in diesem Fall zu verschmerzen ist, da die beiden Filme nur in Spanisch gezeigt werden. Was für ein Horror. Die einzige Abwechslung auf dem Flug stellen die Mahlzeiten und die Belehrung über die Benutzung der Sitzplätze an dem Notausstieg dar. Die Unterweisung führt eine sympathische Stewardess durch, allerdings nur in Englisch.

Auf dem langen Flug habe ich ausreichend Zeit, mir die Zeit der Vorbereitungen noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen.

Wir hatten bei der Reiseplanung nach der besten Reisezeit recherchiert. Zwar gibt es auf der Äquator-Linie keine Jahreszeiten wie Frühling, Sommer, Herbst oder Winter, das entscheidende am Klima ist die Trocken- und Regenzeit. Die Temperaturen und das Wetter sind in den verschiedenen Regionen am Ecuador sehr unterschiedlich. Im Regen- und Nebelwald herrscht das ganze Jahr über feuchtes und tropisches Klima, bei fast konstanten 25 °C und hohen Niederschlägen. In den Anden dagegen ist es deutlich kühler, aber auch hier fallen fast jeden Tag Niederschläge. In der Küstenregion herrscht ein feucht heißes Tropenklima mit zum Teil ganz erheblichen Niederschlägen in der Regenzeit. Auf den Galapagos-Inseln wiederum ist es deutlich trockener, bei Temperaturen von 25 °C bis 27 °C.

Um bei unserer Rundreise möglichst wenige Niederschläge zu erleben, versuchte ich über alle Regionen hinweg, die wir bereisen würden, einen klimatechnisch gemeinsamen Nenner zu ermitteln. Mein Ziel war, möglichst immer in der Trockenzeit unterwegs zu sein. Die Schnittmenge war der September, sodass wir die Reise in diesem Monat buchten. Vier Wochen vor Beginn der Reise kam für uns überraschend die Nachricht vom Reiseveranstalter, dass unsere Reise nicht stattfinden wird. Wir waren die Einzigen, die die Reise in diesem Zeitraum gebucht hatten. Die Mindestanzahl, um die Reise stattfinden zu lassen, lag bei vier Buchungen. Was für ein Schreck. Der Reiseveranstalter bot uns zwei Optionen an. Entweder wir suchen uns ein anderes Reiseziel aus oder wir verschieben die Reise auf den Oktober. Für den 10. Oktober lagen bereist vier Buchungen vor, sodass dieser Reisetermin sicher stattfinden würde. Jetzt war guter Rat teuer. Verschieben oder neues Reiseziel auswählen. Brigitte wollte aber unbedingt nach Galapagos. Also verschoben wir die Reise um einen Monat, auch auf die Gefahr hin, dass wir näher an der Regenzeit liegen und öfter nass werden könnten.

Unsere Rundreise über die Anden bis nach Galapagos

Ankunft in Quito

Endlich erreichen wir das Reiseziel nach unendlichen langen 11 Stunden und 25 Minuten. Um 16:35 Uhr Ortszeit landen wir auf dem „Mariscal Sucre Flughafen“ in Quito. Etwas steif, aber ansonsten guter Laune, marschieren wir nach Passkontrolle und Gepäckabholung nach draußen, um zu sehen, wer uns abholen würde. Es dauert nicht lange und wir erblicken einen jungen Mann mit einem großen Schild in der Hand, auf dem der Name des Reiseveranstalters geschrieben steht. Voller Neugierde, welche Charaktere die anderen sechs Mitreisenden besitzen würden, laufen wir auf ihn zu. Nachdem wir uns zu erkennen geben, freut sich der Repräsentant des Reiseveranstalters, dass zunächst alle vollzählig angekommen sind. Etwas erstaunt sehe ich mich um und stelle fest, dass lediglich zwei weitere Pärchen an dem Treffpunkt zu unserer Rundreise stehen. Wo sind die restlichen zwei Personen abgeblieben? Die Erklärung lässt nicht lange auf sich warten. Die beiden Personen, die noch fehlen, verpassten ihren Flug. Eine der beiden Schwestern aus Brandenburg hatte in ihrer Eile den bereits abgelaufenen Reisepass gegriffen und diesen Fehler erst am Flughafen bemerkt. Um den gültigen Pass von zu Hause zu holen, reichte die Zeit nicht mehr. Sie mussten sich notgedrungener Weise für den nächsten Tag einen neuen Flug nach Quito buchen. Diesmal nicht von Berlin über Madrid, sondern von Berlin über Amsterdam. Natürlich auf eigene Kosten.

Ein älteres Ehepaar aus der Schweiz, Greta und Uwe, flog offensichtlich mit dem gleichen Flieger wie wir, allerdings in der Business-Class. Das zweite Paar, Michaela und Olaf, auch aus Brandenburg, erreichte Quito bereits vor zwei Stunden und musste auf uns warten, da sie keine eigene Fahrgelegenheit zum Hotel gebucht hatten. Auf den ersten Blick scheinen beide Paare sympathisch zu sein. Im Laufe der Reise würde sich dann noch zeigen, ob der erste Eindruck sich bewahrheiten würde.

Nach einer turbulenten und rasanten Fahrt durch Quito, erreicht der Kleinbus nach 45 Minuten das Hotel. Auf der Strecke zum „Swissôtel“ bekommen wir schon einmal einen Vorgeschmack davon, wie hier in Ecuador gefahren wird. Unser Fahrer kümmert sich weder um die Geschwindigkeitsbeschränkungen, noch auf das Rechtsfahrgebot. Eilig fährt er mal auf der rechten und mal auf der linken Straßenseite der vierspurigen Straße, je nachdem wo gerade mehr Platz ist oder wo er schneller vorwärtskommt. Für Europäer ein sehr gewöhnungsbedürftiger Fahrstil.

Das Swissôtel

Wie bereits im Reiseprospekt angekündigt, stellt sich das Swissôtel als Fünf-Sterne-Luxushotel dar, das sich in exponierter Lage in dem Stadtteil Floresta (Neustadt von Quito) und lediglich zwei Kilometer von der Altstadt entfernt befindet. Das riesige Gebäude, im Hochhausstil realisiert, wirkt mit seinen 232 Zimmern wie ein typisches Business-Hotel. Mir schießen sogleich Erinnerungen an die diversen Dienstreisen durch den Kopf. Eigentlich wollte ich ja abschalten und nicht an meinen Job erinnert werden. Anders ergeht es den beiden Schweizern. Sofort fühlen sich beide heimisch.

Der Prospekt weist auch auf das exzellente Essen in dem französischen, japanischen und ecuadorianischen Restaurant und den tollen SPA-Bereich hin, doch leider reicht die Zeit nicht, um diese Service-Leistungen in Anspruch zu nehmen. Außerdem spüren alle Beteiligten die lange Reise in ihren Knochen, sodass der Tag nach dem Hotel-Check-in mehr oder weniger zu Ende sein würde. Stefano, unser Fahrer und gleichzeitig der morgige Guide, teilt uns als letzte Amtshandlung mit, wann er unsere Gruppe morgen abholen würde und verschwindet in schon bekannter Eile mit seinem kleinen Reisebus.

Brigitte und ich beziehen unser Zimmer und nutzen die Zeit bis zum Schlafengehen, um das Hotel näher zu erkunden. Die Rezeption und das gesamte Entree des Hotels beeindrucken durch seine noble Ausstattung. Neben bequemen Sitzelementen im barocken Stil stehen ringsherum große Vasen mit imposanten Rosenbouquets. Im Innenhof entdecken wir hinter Palmen einen Swimmingpool, eingefasst von einem kleinen Wasserfall. Von hier aus führt ein Weg in den SPA-Bereich. So langsam spüren wir die Müdigkeit und gehen zurück auf unser Zimmer im sechsten Stock. Der Innenraum präsentiert sich äußerst großzügig. Die beiden riesigen Doppelbetten dominieren den Raum und versprechen reichlich Platz für die Nacht. Die Ausstattung des Badezimmers und die gesamte Einrichtung lassen keine Wünsche offen. Leider können wir das komplette Angebot des Hotels während dieser kurzen Zeit nur minimal nutzen.

Der Ausblick aus dem sechsten Stock beeindruckt mich trotz der Abenddämmerung. Quito präsentiert sich, mit seinem Lichtermeer der Häuser, vor dem Hintergrund der untergehenden Sonne, von seiner besten Seite. Vom Berg fließen die Nebelschwaden ins Tal hinunter und überziehen die ganze Stadt mit einem märchenhaften Watteteppich.

Nach einer Nacht im Tiefschlaf blicken Brigitte und ich, voller Vorfreude auf das heutige Programm, durch das halb verdunkelte Fenster in einen sonnigen Morgen. Die Sonne strahlt auf die umliegenden Berge, die im Gegensatz zu gestern, in ihrer vollen Schönheit in einem rötlichen Glanz regelrecht glühen. Der erste Punkt auf dem heutigen Programm führt uns zu einer Seilbahnfahrt auf den Hausberg von Quito, dem Pichincha. Eine vielversprechende Möglichkeit, zu testen, wie wir die Höhe von über 4.000 Meter verkraften. Aber zuerst freuen wir uns auf eine morgendliche Stärkung.

Der Frühstücksraum strahlt in dem üblichen Glanz eines Business-Hotels. Funktional, aber recht steril, wirkt die Einrichtung. In der Mitte des Raumes dominiert ein riesiger Block mit dem Frühstücksbuffet. Neben den üblichen Angeboten wie Brot und Brötchen, Wurst, Käse, Milch- und Eierprodukten unterschiedlichster Couleur, gibt es auch eine Fülle von Früchten, die exotischer nicht sein können. Neben Kaffee kann man sich aus einer großen Palette von unterschiedlichsten Teesorten etwas auswählen. Die anderen Tour-Mitglieder sitzen bereits beim Frühstück, obwohl es noch relativ früh ist. Brigitte und ich gesellen uns sogleich hinzu und fragen neugierig, wie sie die Nacht verbracht hätten. Schnell stellen wir fest, dass die positive Haltung an diesem Morgen klar dominiert und sich alle bereits auf das erste Abenteuer, dem Erklimmen des Vulkans Pichincha, der immerhin stolze 4.794 Meter Höhe misst, freuen.

Bei Urlaubern, die solche Höhen nicht gewöhnt sind, kann es bereits ab 2.500 Meter Höhe zu ersten Symptomen der Höhenkrankheit kommen. Diese äußern sich durch Kopfschmerzen und Nasenbluten. Quito selbst liegt bereits auf einer Höhe von 2.850 Metern und beschert einigen Neuankömmlingen einiges an gesundheitlichen Problemen.

Da es heißt, dass Koka-Tee gegen die Höhenkrankheit helfen soll und Kopfschmerzen vertreiben würde, gönne ich mir zum Frühstück eine große Tasse von diesem Heißgetränk. Brigitte belächelt den Glauben an seine Wirkung und belehrt mich, dass die Wirkung nur minimal ausfallen wird, da die Menge an Koka-Blättern äußerst gering dosiert sei.

Als ich während des Frühstücks durch den Raum schaue, entdeckte ich die Flugzeug-Crew unseres Iberia-Flugs. Die charmante Stewardess, die uns auf dem Flug auf die besonderen Vorschriften am Notausstieg hinwies, erkennt uns ebenfalls und lächelt freundlich zu uns rüber.

Neugierig auf den ersten Tag in Ecuador, finden wir uns zum vereinbarten Zeitpunkt an der Rezeption ein. Die beiden Schwestern aus Brandenburg fehlen natürlich noch, da sie erst am Nachmittag eintreffen werden. Fast pünktlich erscheint auch Stefano, um uns abzuholen.

Nach kurzer Fahrt erreichten wir die Talstation der TelefériQo Luftseilbahn, die am Stadtrand bereits auf einer Höhe von 3.050 Metern liegt. Von hier aus soll es mit der 2005 in Betrieb genommenen Seilbahn zum „Cruz Loma“, einem Nebenberg auf der Ostseite des Vulkans Ruco Pichincha, in eine Höhe von 3.996 Metern gehen.

Es ist noch sehr früh am Morgen, sodass wenig Andrang am Kartenschalter und am Gondeleinstieg herrscht. Stefano verschwindet geschwind in das Ticket-Office und erscheint nach kurzer Zeit mit den Karten in der Hand. Der Ticketpreis von 8,50 USD pro Person ist aus meiner Sicht alles andere als preiswert.

Vor dem Einstieg in die Gondel folgt eine kurze Einweisung von Stefano. Da die Höhe von über 4.000 Metern zur Höhenkrankheit führen und im schlimmsten Fall mit einer Ohnmacht enden kann, beschwört uns Stefano, ihn sofort zu benachrichtigen, wenn jemandem übel oder schwindelig wird. Bei Komplikationen würde er sofort mit dem Betroffenen zurück ins Tal fahren. Die Zeit reicht in der Regel aus, um Schlimmeres zu verhindern.

Wir stellen uns am Gondeleinstieg an und entdecken auf dem Boden sechs große gelbe Punkte, die aufgemalt sind. Ohne zu wissen, wozu sie gut sein sollen, stellen wir uns trotzdem brav, jeder für sich, auf einen der gelben Punkte. Relativ schnell wird klar, dass diese Markierungen helfen sollen, einen möglichst unkomplizierten Einstieg in die Gondel zu bewerkstelligen. In jede Gondel passen lediglich sechs Fahrgäste. Die gelben Punkte sollen verhindern, dass zu viele Besucher einsteigen und das Gesamtgewicht überschritten wird. Gleiches gilt, um eine zu geringe Auslastung der Gondel zu verhindern. Das Hilfspersonal achtet penibel darauf, dass jede Gondel nicht halb leer auf den Berg fährt.

Beim Einstieg wundert sich Uwe über die zahlreichen Biker, die mit ihren Rädern auf die Gondeln zukommen. Nachdem er an der Hinterseite der Gondel die Träger für Mountainbikes entdeckt, fällt der Groschen. Viele Biker nutzen die Chance, mit der Gondel zur Bergstation zu fahren, um sich von hier oben, aus einer Höhe von 4.000 Meter, hinunter nach Quito, über die unendlich vielen Windungen der schmalen Pfade, hinab in die Tiefe zu stürzen. Die Vorstellung, in atemberaubender Geschwindigkeit ins Tal zu rasen, über Buckelpisten, sandige Hohlwege oder Schotterstrecken, könnte einem schon Lust auf solch ein Abenteuer machen.

Unsere Fahrt zur Bergstation dauert lediglich 18 Minuten und überwindet eine Strecke von 800 Metern. Während sich die Seilbahn lautlos in Richtung Gipfel bewegt, spüren wir, wie dünn die Luft mit zunehmender Höhe wird. Die mahnenden Worte von Stefano bewirken bei den einzelnen Gruppenmitgliedern mehr oder weniger ein mulmiges Gefühl.

„Hoffentlich geht alles gut“, stammelt Olaf mit etwas zittriger Stimme.

Oben angekommen, erleben wir einen grandiosen Blick auf Quito. Die Stadt liegt in einem großen Kessel und leuchtet hell im Morgendunst. Wir lassen unsere Blicke über Quito hinweg gen Horizont schweifen. Dort sehen wir die schneebedeckten Vulkane Cotopaxi (5.897 m), Cayambe (5.790 m) und Antisana (5.704 m), sowie zahlreiche andere Berge, deren Namen ich auf die Schnelle nicht ermitteln kann.

Von der Bergstation aus marschieren wir in Richtung Gipfel. Bevor wir aufbrechen, fällt Olaf eine Gruppe Asiaten auf, die offensichtlich ein Problem mit der Höhe haben. Ein Großteil der Gruppe kämpft mit starkem Nasenbluten. Die rot getränkten Papiertaschentücher lassen die Papierkörbe überquellen.

„Hoffentlich bleibt uns dieses Drama erspart“, jammert Olaf.

Vorbei an einer kleinen Kirche geht es weiter über einen steilen und ausgewaschenen Weg in Richtung Aussichtspunkt. Der Aufstieg bringt den einen oder anderen der Gruppe bereits fast an seine Grenzen. Die kurze Zeit nach der Ankunft reicht scheinbar bei Weitem nicht aus, um sich an diese Höhe zu gewöhnen. Vor zwei Tagen verbrachten wir unsere Zeit noch auf einem Höhenniveau von unter 100 Metern. Allesamt tigern wir keuchend und nach Luft schnappend den Berg hinauf in der Hoffnung, dass sich diese Anstrengung auch lohnen würde. Auf halber Höhe lassen sich am Wegesrand ein paar Lamas blicken. Glücklich für diesen kurzen Fotostopp, müssen wir leider feststellen, dass es sich hierbei nicht um wild lebende Lamas handelt. Die Lamas nehmen im hohen Gras ganz unbekümmert ihr Frühstück ein, allesamt mit faserigen Seilen angeleint. Die vielen Besucher, die in Richtung Gipfel an ihnen vorbei pilgern, wecken bei den Tieren keinerlei Neugierde. Sie haben sich längst an diese tägliche Völkerwanderung gewöhnt.

Mit letzter Kraft erreichen wir endlich unser Ziel, die Aussichtsplattform in einer Höhe von 4.200 Metern. Hat sich die Anstrengung gelohnt? Ist die Sicht ins Tal und auf die umliegenden Berge wirklich so gut? Ja, einfach grandios.

Der Ruco Pichincha

Der Pichincha besitzt als Hausberg von Quito als noch aktiver Vulkan zwei Gipfel, den Ruco Pichincha und den Guagua Pichincha.

In der Sprache der indigenen Ureinwohner (Quichua oder Kichwa), die im 15. Jahrhundert in Ecuador eingeführt wurde und ursprünglich von den Inkas stammt, heißt Ruco „der Alte“ und Guagua „der Junge oder der Säugling“.

Der Ruco Pichincha präsentiert sich, mit seiner nach Quito zugewandten Lage, mit einer beeindruckenden Höhe von 4.690 Metern. Der größere Bruder, der Guagua Pichincha, überragt dies mit einer Höhe von 4.794 Metern und versetzt die Einwohner von Quito gelegentlich in Angst und Schrecken, da er immer noch als aktiver Vulkan regelmäßig mit Dampfwolken und Ascheregen auf sich aufmerksam macht.

Auf seinen Reisen durch Südamerika hatte bereits Alexander von Humboldt 1802 den Pichincha im April und im Mai dreimal bestiegen, dort verschiedene Messungen durchgeführt und Pflanzen-, Gesteins- und Luftproben genommen. Damals gab es natürlich noch keine Seilbahn, die auf den Berg führte, sodass Humboldt mühsam von Quito aus zu Fuß zu den Gipfeln aufsteigen musste. In seinen Tagebüchern beschreibt Humboldt, wie ihm die Kälte und die Höhe zusetzten. Ihn quälten entsetzliche Kopfschmerzen und starke Schwindelgefühle. Sogar von Ohnmacht war die Rede. Er schrieb:“ Mir wurde gelb vor Augen. Mein Mut verließ mich. Ich fiel in Ohnmacht. Man brachte mir Wein. Das gab mir das Bewusstsein wieder.“

Solche Vorfälle schreckten ihn von weiteren Expeditionen nicht ab. Bei einer zweiten Tour auf den Guagua Pichincha kletterte Humboldt sogar in den Krater hinunter und stürzte fast von einer Schneebrücke ab. Dabei spürte er heftige Erdstöße, die ihn in große Angst versetzten und ihm noch Jahre in unangenehmer Erinnerung blieben.

Der Hausberg von Quito kann über weitere geschichtliche Ereignisse berichten. Am 24. Mai 1822 fand die Schlacht am Pichincha statt, in der Ecuador bzw. die Real Audiencia de Quito seine Unabhängigkeit von Spanien erlangte. In der Nacht zum 24. Mai erklomm der Marschall Antonio José de Sucre mit einer 3.000 Mann starken Armee die Flanken des Pichinchas und besiegte bei schweren Regenschauern die Truppen der spanischen Royalisten. Nach dem Sieg von Sucre wurde Quito, wie schon vorher Guayaquil, Groß-Kolumbien zugeschrieben.

Von der wunderschönen Aussicht noch gänzlich geflasht, treten wir den Rückweg zur Bergstation an. Das Wetter verschlechtert sich zusehends und immer mehr Wolken ziehen auf. Sobald dunkle Wolken die Sonne verbergen, fällt die Temperatur spürbar um etliche Grade. Deshalb ist keiner aus der Gruppe böse, dass der Ausflug endet. Der Rückweg verläuft über eine andere Route. Wir kommen auf halber Wegstrecke an einem Gatter vorbei, wo Fotos mit Lamas angeboten werden. Man kann sich hier für einen Dollar, mit einem Lama an seiner Seite, aufs Bild bannen lassen. Auf diese typische Touristenaktion verspüren wir keine Lust und lehnen das Angebot der beiden Einheimischen dankend ab. Schnell sind wir wieder an der Seilbahnstation. Rückblickend hat die gesamte Gruppe diesen Ausflug in über 4.000 Meter Höhe gut überstanden. Michaela hatte zwischenzeitlich zwar mit starken Kopfschmerzen zu kämpfen, die im Laufe des Ausfluges glücklicherweise wieder verschwanden. Angelangt an unseren wohlbekannten gelben Punkten, starten wir die Seilbahnfahrt zurück nach Quito und freuen uns schon auf den Rundgang durch die Altstadt. An der Talstation angekommen, steigen zuerst Olaf und Michaela aus. Dann folgen Paul und Greta. Als Greta ihren Platz verlassen will und aufsteht, ruckelt die Gondel und sie verliert das Gleichgewicht. Sie strauchelt und fällt rückwärts in Richtung Gondelrückwand. Obwohl ich meine Kamera noch in der Hand halte, fange ich sie reflexartig auf und greife ihr unter die Arme. Gott sei Dank ist nichts passiert. Ohne meine Geistesgegenwertigkeit wäre Greta mit ihrem Kopf gegen die Haltestangen oder auf den Boden geknallt. Sie hätte sich böse verletzten können. Der Urlaub wäre für beide am ersten Tag bereits zu Ende gewesen. Uwe kommentiert den Vorfall in seiner typisch humorvollen Art:“ So sehen die Annäherungsversuche von Greta immer aus. Das macht sie ständig so.“ In dieser Situation, bei der allen Beteiligten der Schreck noch in den Knochen steckt, sorgt der kleine Scherz für einen kurzen Lacher und dann ist wieder alles gut.

Die Hauptstadt Quito

Wir fahren von der Seilbahnstation hinab in die 200 Meter tiefer gelegene Altstadt von Quito. Der Weg dorthin verläuft über steile, schmale Straßen, auf denen nur mühsam zwei entgegenkommende Fahrzeuge passieren können. Die Strecke ist gesäumt von kleinen alten Häusern mit gelben, violetten und bordeauxroten Fassaden. Die Straße ist überall überspannt mit Elektroleitungen und Telefonkabeln. Auf den kleinen Balkonen sieht man bunte Pflanzen und wie so oft Satellitenschüsseln. Wir haben Glück, dass wir überhaupt in die Altstadt fahren können. Heute ist nämlich Sonntag. 2001 führte der Bürgermeister Paco Moncayo für Sonntag von 9.00 bis 16:00 Uhr die autofreie Altstadt ein, sodass wir nur mit einer Sondergenehmigung, wie Stefano berichtet, in den Altstadtbereich hineinfahren dürfen. Das nervöse Fahrverhalten des Fahrers suggeriert mir allerdings, dass wir widerrechtlich in diesen Bereich hineinfahren. Er hält in einer schmalen Seitengasse kurz an, lässt uns aussteigen und ist sofort wieder verschwunden.

Quito liegt auf einer Höhe von 2.850 Metern und ist damit die weltweit höchste Hauptstadt. Die Stadt befindet sich in einem Tal, eingezwängt zwischen dem Pichincha im Osten und verschiedenen kleineren Vulkan und Bergen im Westen. Die Nord-Süd-Ausdehnung beläuft sich auf knapp 50 Kilometern, in West-Ost-Richtung circa vier Kilometer. Mit seinen 2,5 Millionen Einwohnern zählt Quito neben Guayaquil zu den größten Städten Ecuadors.

Die koloniale Altstadt (Centro Histórico) begründet sich durch die über 300 Jahre lange Besatzung durch die Spanier. Am 6. Dezember 1534 wurde Quito vom spanischen Offizier Sebastián Benalcázar auf den Ruinen einer alten Inkastadt neu gegründet. Noch heute existieren aus dieser kolonialen Epoche etwa 80 Gebäude (u. a. 40 Kirchen und Kapellen sowie 16 Klöster).

Stefano führt uns zu unserem ersten Stopp auf den „Plaza de la Independencia“ (Unabhängigkeitsplatz, auch Plaza Grande genannt). Das Sonntagsfahrverbot bietet den Vorteil, dass wir uns in der Altstadt ohne störenden Autoverkehr frei bewegen können. Die massenhaften Besucher, die bei dem momentan wunderschönen Wetter durch die engen Gassen strömen, verteilen sich perfekt und beeinträchtigen nicht die Stadtbesichtigung. Mir fällt allerdings auf, dass überwiegend Einheimische in der Altstadt unterwegs sind und relativ wenige ausländische Touristen sich die Sehenswürdigkeiten anschauen. Die geringe Präsenz von ausländischen Besuchern sollte uns über die gesamte Rundreise auf dem Festland begleiten. Das finde ich an sich einwandfrei, hat mich trotzdem etwas erstaunt, dass dieser Teil von Ecuador so wenig touristisch erschlossen ist.

Kaum auf dem Unabhängigkeitsplatz angekommen, nähert sich ein indigener Souvenirverkäufer und bietet uns kleine auf Tierhaut gemalte Bilder an. Sie zeigen ländliche Szenen, in denen Bauern mit ihren Tieren vor dem rauchenden Vulkan Cotopaxi beschäftigt sind. Auch wenn die Bilder mit ihrem naiven Malstil sehr farbenfroh und schön anzusehen sind, weiß keiner von uns so recht, wo wir sie zu Hause hinhängen sollen. Eigentlich ist es schade, diese kleinen, sehr lebensfrohen und bunten Kunstwerke zu verschmähen, aber die Gefahr ist zu groß, dass sie daheim in irgendeine Schublade auf nimmer Wiedersehen verschwinden. Zudem ist es sehr unpraktisch, sich bereits zu Beginn der Rundreise mit sperrigen Souvenirs einzudecken. Stefano und der Verkäufer scheinen sich gut zu kennen und es sieht so aus, als wenn sich beide hier verabredet hätten. Ein Tour-Guide bessert sich häufig über diverse Kooperationen mit Händlern oder Gastronomen das karge Gehalt auf. Nicht ungewöhnlich in Südamerika.

Ohne etwas gekauft zu haben, schlendern wir zur Mitte des Platzes. Dort entdecken wir das Denkmal mit der Figur der Unabhängigkeitsjungfrau (Virgen Apocalítica). Der ecuadorianische Präsident Eloy Alfaro ordnete den Bau des Denkmals anlässlich des 100. Jahrestages des „ersten Schreis der Unabhängigkeit“ an. Im Jahr 1906 enthüllten der Präsident und der Bürgermeister das Unabhängigkeitsdenkmal in einer öffentlichen Zeremonie. Am Sockel des Denkmals erinnert eine große Steintafel an die Helden der Unabhängigkeit vom 10. August 1809 mit der Aufschrift „A LOS HEROES DEL DIEZ DE AGOSTO DE 1809“.

Zu diesem Anlass änderte sich auch der alte koloniale Name (Plaza Grande) in den aktuellen Namen Plaza de la Independencia. Seitdem blieb der Platz in fast unveränderter Form so erhalten. Dieser Ort, der einen parkähnlichen Charakter besitzt, wird umringt von weiteren historischen Gebäuden, wie dem Regierungspalast (Palacio de Garondelet), dem erzbischöflichen Palast (Palacio Arzboispal), der Kathedrale und dem Rathaus (Municipio de Quito).

Nachdem wir das Heldendenkmal ausreichend gewürdigt haben, bummeln wir weiter über den Platz, vorbei an Bänken, auf denen sich die Einheimischen in der Sonne ausruhen, ihre Mittagspause abhalten oder die vorbeiziehenden Touristen beobachten. Der Platz strahlt eine ganz besondere Atmosphäre aus. Es ist eine Mischung aus buntem hektischem Treiben, kombiniert mit einer unheimlichen Ruhe und Gelassenheit, die die Einheimischen erfüllt. Die Entspanntheit der Menschen auf diesem Platz kann man regelrecht spüren.

Mit der Kathedrale im Rücken überblicke ich von einem erhöhten Standpunkt aus, den gesamten Platz. Unter mir hat sich eine Frau postiert, die mit einem Mikrofon lautstark politische Parolen ausgibt. Ihr Wortschwall ist unermüdlich. Man könnte meinen, sie bräuchte zwischendurch keine Pause zum Atmen. Ihre Kampagne verläuft komplett friedlich ab, keine Polizei, keine Gegendemonstrationen. Viele Menschen sitzen ihr gegenüber und scheinen ihr zuzuhören. Andere wiederum überqueren vor ihr den Platz und nehmen keinerlei Notiz von der Aktion.

Der Palacio de Garondelet (Präsidentenpalast)

Wir umrunden den Platz, betrachten ehrfurchtsvoll die historischen Gebäude und gehen mit einer gewissen Spannung zum Präsidenten- bzw. Regierungspalast. Stefano berichtet, dass man normalerweise nicht so ohne Weiteres den Palast betreten darf, respektive lange anstehen muss, um die Wachablösung erleben zu dürfen. Aufgrund seiner vermeintlich guten Kontakte brüstet er sich damit, dass wir mit ihm ohne Wartezeit den Präsidentenpalast betreten und uns die Wachablösung anschauen können. Ob das nun stimmt oder nicht, kann ich im Moment nicht beurteilen. Das spielt auch keine Rolle, solange wir uns das Spektakel direkt anschauen können. Wir kennen Wachablösungen aus anderen Ländern und sind gespannt darauf, wie es in Quito zelebriert wird.

Der Weg zu dem Ort der Wachablösung führt uns von der Seite des Plaza Grande in die lang gezogene Säulenkolonnade des Präsidentenpalastes. Der Säulengang ist abgesperrt durch einen geschmiedeten Metallzaun, der von zwei Militärpolizisten bewacht wird. Dank Stefano gelangen wir ohne Probleme an den Haupteingang der Galerie, der von zwei altertümlich bewaffneten Wachsoldaten in Originaluniformen des 19. Jahrhunderts eingerahmt ist. Sie stehen rechts und links des großen Tores unbeweglich auf ihrem Sockel, gekleidet in königsblauen Jacken (frac), die am Ende zu Schwalbenschwänzen auslaufen, mit hochglanzpolierten Stiefeln, die von schweren Silbersporen umschlossen sind und weißen Samthandschuhen. Sie sehen so adrett aus wie frisch aus dem Ei gepellt. Auf dem Kopf tragen sie einen Helm (Morrión) aus blauem Flaggentuch mit einer dreifarbigen Feder und auf der Frontseite das silberne Schild von Ecuador. In ihrer rechten Hand halten sie eine ca. drei Meter lange Lanze, an der unterhalb ihrer Metallspitze die Landesflagge von Ecuador als Wimpel hängt. Kurz bevor die Wachablösung beginnt, werden wir darauf hingewiesen, einen gewissen Sicherheitsabstand zu den Wachsoldaten einzuhalten. Warum, wird Uwe bald am eigenen Leibe verspüren.

Wir haben noch ein bisschen Zeit, bevor die Zeremonie startet, sodass wir einen Blick in den Innenhof der Eingangshalle werfen können. Wir kommen an einem großen Schild mit der Aufschrift „Presidencia República del Ecuador“ vorbei, bevor wir durch die hohen schmiedeeisernen Tore den Innenbereich anschauen. Vor uns befindet sich ein quadratischer Innenhof, in deren Mitte ein Springbrunnen sprudelt. Der Innenhof wird über mehrere Etagen von Säulengängen umschlossen.

Für weitere Exkursionen bleibt keine Zeit mehr. Der Wachwechsel kündigt sich an. Wir postieren uns gegenüber dem großen Eingangstor, um den Wachwechsel hautnah zu verfolgen. Die beiden Ablösewachsoldaten kommen aus dem Inneren des Palastes durch das große Tor in den Bereich des Säulengangs, um rechts und links abzubiegen und entlang des Säulengangs weiterzumarschieren. Mit nach vorn gerichteten Lanzen geht es im Stechschritt direkt auf Uwe zu. Unmittelbar vor Uwe dreht der „Granaderos de Tarqui“, wie die Wachsoldaten offiziell heißen, um 90° zur Seite und hätte fast Uwes Gesicht mit der Speerspitze berührt. Instinktiv tritt Uwe ein Schritt zurück. Ich hätte nicht gedacht, dass sich die Soldaten so unbeeindruckt von den Touristen bewegen und keine Rücksicht auf die Zuschauer nehmen. Vielleicht ist auch alles nur Show. Wer weiß.

Jetzt steigen die beiden Wachsoldaten, die abgelöst werden sollen, von ihrem Sockel und marschieren ebenfalls in beide Richtungen den Säulengang entlang. Die Ablösesoldaten kommen zwischenzeitlich wieder zurück und besteigen jetzt die beiden Sockel. Die abgelösten Wachsoldaten streifen auf ihrem Rückweg ebenfalls eng an den Besuchern vorbei und verschwinden durch das große Tor im Inneren des Palastes. Damit ist die Wachablösung vollzogen und beendet.

Insgesamt war diese Wachablösung ein relativ kleines Spektakel. Das liegt sicherlich daran, dass der große Wachwechsel immer montags stattfindet. An dieser Zeremonie nimmt auf dem Unabhängigkeitsplatz eine Vielzahl von Grenadieren zu Fuß und zu Ross teil. Aus diesem Anlass ist fast das komplette Kabinett, einschließlich des Präsidenten auf dem oberen Balkon des Palastes anwesend. Das blieb uns an diesem Sonntag leider verwehrt.

Später stellt sich heraus, dass Stefano bzgl. seiner Kontakte und seines Einflusses etwas übertrieben hat. Der Präsidentenpalast ist öffentlich zugänglich und bietet fast täglich kostenlose englisch geführte Führungen an. Allerdings werden nur drei Räume gezeigt, man muss sich vorher anmelden, ausweisen und vor der Flagge von Ecuador auf die Knie gehen oder sie zumindest küssen.

Die Geschichte des „Palacio de Garondelet“ reicht bis in die Kolonialzeit um das Jahr 1570 zurück und war seit 1611 der Sitz der spanischen Verwaltung. Seit der republikanischen Ära nutzten fast sämtliche Präsidenten das Gebäude als Regierungssitz. Auf der dritten Ebene des Palastes befindet sich neben den Verwaltungsbüros die Präsidentenresidenz. Hier lebt der Präsident mit seiner Familie in einer luxuriösen Wohnung im Kolonialstil. Überdies residieren in diesem Gebäudekomplex der Vizepräsident der Republik und das Innenministerium.

Nach diesem kleinen Ausflug in die Vergangenheit verlassen wir den Säulengang und wollen in Richtung der Plaza de San Francisco schlendern. Zuvor lasse ich meine Blicke noch einmal rückwärts über den Unabhängigkeitsplatz schweifen. Dabei entdecke ich, dass wir zu Beginn des Ausflugs, als wir den Platz betraten und uns der Händler seine kleinen Bilder zeigte, direkt vor dem Bischofssitz, dem „Palacio Arzobispal“, standen.

Der Palacio Arzobispal (Bischofspalast)

Da uns Stefano dieses denkwürdige Gebäude unterschlagen hatte, wäre es um ein Haar in der Altstadtbesichtigung untergegangen. Ihm war anscheinend die Anpreisung der kleinen Gemälde wichtiger, als uns etwas über die Geschichte des Bischofspalastes zu erzählen.

Der erzbischöfliche Palast ist der Sitz der Erzdiözese und die offizielle Residenz des Erzbischofs von Quito und des Primas von Ecuador. Dieses anmutige Gebäude verfügt über lange Säulen und endlose Korridore mit einer Reihe stilvoller Innenhöfe. Die Wände sind wunderbar weiß getüncht und eine Zeile von Balkonen verziert die Außenfront des Palastes. Im Jahr 1545 befahl Papst Paul III., die Diözese von San Francisco de Quito zu gründen, die von einem Bischof zu leiten sei. Kurz danach wurde mit dem Bau des Palastes begonnen, der im Laufe der nächsten Jahrhunderte immer wieder modifiziert wurde. Auch wenn dieses Gebäude eine interessante religiöse Geschichte besitzt, wird es heute sehr unterschiedlich genutzt. In seinen Räumlichkeiten befinden sich neben den Büros der Kurie auch viele Restaurants und Geschäfte und ist einer der beliebtesten Food-Courts in Quito. Dort wird alles vom Fast-Food-Burger mit Pommes bis zu ausgefallenen Gerichten serviert. Neben den vielen kleinen Restaurants findet man hier eine Reihe von Geschäften, die eine große Auswahl an hochwertigen Waren anbieten. An den Wochenenden treten Tänzer und Sänger in den Innenhöfen des Palastes auf, bieten kostenlose Unterhaltung an und beleben damit diesen Ort noch einmal zusätzlich. Wie ich später erfahre, wäre ein Besuch der Altstadt von Quito nicht vollständig, würde man nicht mindestens ein wenig Zeit an diesem großartigen Ort verbringen.

Mit dieser Erkenntnis im Hinterkopf geht es weiter in Richtung „Plaza de San Francisco“. Nach wenigen Metern kommen wir an der Seitenfront der Kathedrale von Quito (La Catedral Metropolitana de Quito) vorbei. Die im Volksmund nur „La Catedral“ genannte Kirche wurde 1565 erbaut und fiel im Laufe der Jahrhunderte mehrfach Vulkanausbrüchen und Erdbeben zum Opfer. Sie wurde immer wieder mit viel Mühe und Aufwand aufgebaut. In den Katakomben fanden etliche wichtige Persönlichkeiten ihre letzte Ruhestätte, so etwa der Unabhängigkeitsführer Antonio de Sucre, der in einer eigenen Mausoleums-Kapelle 1830 beigesetzt wurde.

Entspannt flanieren wir weiter über die belebte und sehr beliebte Straße „Calla Garcia Moreno“, die nach einem ecuadorianischen Präsidenten benannt wurde, der allerdings 1875 einem Attentat zum Opfer fiel. In der Kathedrale von Quito befindet sich auf dem kleinen Altar eine Gedenktafel, die auf diesen Gewaltakt hinweist und auf der zu sehen ist, wo der Attentäter den Präsidenten erschoss.

Kurz bevor wir die Plaza de San Francisco erreichen, sehen wir auf der rechten Seite eine weitere sehr imposante Kirche, und zwar die „Iglesia de la Compañía de Jesús”, auch als “La Compañía” bekannt. Leider ist es mit dem schönen Wetter mittlerweile vorbei und es fängt zu unserem Ärger auch noch an zu nieseln. Da wir auf Regen nicht eingerichtet sind, beschleunigen wir unser Tempo und hoffen, dass wir mit Stefano in die nächst mögliche Sehenswürdigkeit einkehren. Die La Compañía ist es offensichtlich nicht. Wie ich später erfahre, hätte sich ein Besuch in dieser Kirche durchaus gelohnt.

Das Auffällige an dieser Kirche ist die lange Bauzeit. Begonnen wurde damit 1605 und erst 160 Jahre später fertiggestellt. Diese Jesuitenkirche gehört aufgrund der reichlich mit Blattgold verzierten Gips- und Holzschnitzereien zu den schönsten Kirchen in Quito. Angeblich wurden zwei Tonnen Gold verarbeitet. Sie soll sogar die reich verzierte und schönste Kirche des ganzen Landes sein. Zahlreiche bedeutende Kunstwerke können, in der von zwei Kuppeln gekrönten Kirche, bewundert werden. Wir sehen nur beim Vorbeihuschen die Frontfassade, mit ihrem von drei girlandenartigen Säulen eingefassten Portal. In einer Nische entdecke ich die Statue von der „unbefleckten Jungfrau“. In den zahlreichen angrenzenden Nischen wechseln sich Statuen von Aposteln und Heiligen jeweils ab.

Leicht abgehetzt erreichen wir die “Plaza de San Francisco”. Gott sei Dank lässt der Nieselregen wieder nach und wir können die besondere Atmosphäre des Platzes inhalieren. Die Plaza de San Francisco bildet den Vorhof zur „Kirche San Francisco“ und ist ein hübscher, mit Kopfstein gepflasterter Platz, umsäumt von vielen kleinen Straßencafés und Restaurants. Trotz des durchwachsenen Wetters geht es auf dem Platz und in den Cafés und Restaurants sehr lebhaft zu. Auch hier sind wieder sehr wenige ausländische Touristen unterwegs, sodass überwiegend einheimische Besucher, häufig mit ihren Familien, den Platz, die Kirche oder die Cafés genießen. An den Wochenenden treten normalerweise an diesem Ort etliche einheimische Straßenkünstler auf, die traditionelle Musik spielen und Tänze vorführen. Im Moment ist allerdings kein einziger Straßenkünstler in Sicht. Vielleicht liegt es an der noch zu frühen Tageszeit oder am schlechten Wetter.

Von unserem momentanen Standort aus haben wir einen hervorragenden Blick auf den Hügel “EL Panecillo” mit seiner 45 Meter hohen Madonnenstatue aus Aluminium. Da der Hügel EL

Panecillo, übersetzt das Brötchen, weitere 200 Meter emporragt, erstrahlt die “Virgen de Quito”, wie die Madonnenstatue genannt wird, weit sichtbar über die gesamte Hauptstadt. Die Jungfrau steht auf der Oberseite einer Kugel, tritt auf eine Schlange und soll die “Frau der Apokalypse” darstellen. Dieses Monument wurde aus 7000 einzelnen Stücken Aluminium 1976 von dem spanischen Künstler Agustín de la Herrán Matorras erschaffen und am 28. März des gleichen Jahres von dem Erzbischof eingeweiht.