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Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon. Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur. Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK. »Finanzleute, grobe Genußmenschen, die jährlich hunderttausend Franken verdienen, mögen das aufgeschlagene Buch nur schleunigst wieder zuklappen, besonders wenn es sich um Bankiers, Fabrikanten und andere ehrbare Geschäftsleute, das heißt bloße nüchterne Verstandesmenschen handelt.« Geschrieben hat Stendhal diese radikal subjektive Theorie, diese Betrachtungen über Schönheit, Stolz und Schamhaftigkeit »für vorbehaltlos leidenschaftlich Liebende«. Von einem unglücklich Liebenden verfasst, ist dies eines der furiosesten und raffiniertesten Bücher über die Liebe.
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Seitenzahl: 516
Stendhal
Über die Liebe
Aus dem Französischen von Franz Hessel
Fischer e-books
Mit dem Werkbeitrag aus Kindlers Literatur Lexikon.
Mit dem Autorenporträt aus dem Metzler Lexikon Weltliteratur.
Mit Daten zu Leben und Werk, exklusiv verfasst von der Redaktion der Zeitschrift für Literatur TEXT + KRITIK.
Mai 1826
Dies Werk hat keinerlei Erfolg gehabt; man hat es, nicht ohne Grund, unverständlich gefunden. Darum hat der Verfasser in dieser neuen Ausgabe versucht, seine Gedanken klarer wiederzugeben. Er hat erzählt, wie sie ihm gekommen sind; er hat eine Vorrede verfaßt, eine Einleitung, all das, um klar zu sein; und trotz so vieler Mühe werden von hundert Lesern, die Corinne gelesen haben, nicht vier dieses Buch verstehen.
Obwohl es von der Liebe handelt, ist dies kleine Buch kein Roman und vor allem nicht kurzweilig wie ein Roman. Es ist nichts als eine genaue wissenschaftliche Beschreibung einer Art Narrheit, die in Frankreich sehr selten vorkommt. Die Herrschaft des Konventionellen, die täglich wächst, mehr infolge der Furcht vor der Lächerlichkeit als durch die Reinheit unsrer Sitten, hat aus dem Titelworte dieses Werkes etwas gemacht, das man lieber nicht ohne Zusatz ausspricht und das sogar anstößig erscheinen kann. Ich sah mich gezwungen, das Wort zu gebrauchen; aber die wissenschaftliche Strenge meiner Sprache wird mich, denke ich, in dieser Hinsicht vor jedem Vorwurf bewahren.
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Ich kenne ein oder zwei Gesandtschaftssekretäre, die mir bei ihrer Rückkehr den Dienst erweisen können. Bis dahin muß ich die Leute, welche die von mir erzählten Tatsachen bestreiten, bitten, mir nicht zuzuhören.
Man kann der Ausdrucksform, die ich angenommen habe, Egotismus vorwerfen. Einem Reisenden erlaubt man zu sagen: »Ich war in Neuyork, von da schiffte ich mich nach Südamerika ein; ich fuhr bis Santa-Fé-de Bogota. Mücken und Moskitos brachten mich unterwegs zur Verzweiflung, und drei Tage lang konnte ich auf dem rechten Auge nicht sehen.« Diesem Reisenden wirft man nicht vor, daß er gern von sich spricht; man vergibt ihm all diese ich und mich, weil er so am klarsten und interessantesten erzählen kann, was er gesehen hat.
Nur um so klar und anschaulich zu sein, als es ihm möglich, sagt der Verfasser gegenwärtiger Reise durch die wenig bekannten Gegenden des Menschenherzens: »Ich ging mit Frau Gherardi in die Salzbergwerke von Hallein … Die Prinzessin Crescenzi sagte mir in Rom … In Berlin sah ich eines Tages den schönen Rittmeister L…« Alle diese kleinen Ereignisse sind dem Verfasser tatsächlich begegnet, der fünfzehn Jahre in Deutschland und Italien zugebracht hat. Aber, mehr wißbegierig als empfindend, erlebte er nie das geringste Abenteuer, erfuhr nie irgendein persönliches Gefühl, das erzählenswert wäre; und sollte man ihm den nötigen Stolz zutrauen, das Gegenteil von sich zu glauben, hätte ihn immer ein noch größerer Stolz gehindert, sein Herz drucken zu lassen und dem Publikum für sechs Franken zu verkaufen, wie die Leute, die zu Lebzeiten ihre Memoiren herausgeben.
Der Verfasser hatte seine Gegenstände immer am Tage, an dem er sie beobachtete, beschrieben. Als er nun im Jahre 1822 die Korrekturen dieser Art moralischer Reise durch Italien und Deutschland las, behandelte er die Handschrift, welche die umständliche Beschreibung aller Phasen der Seelenkrankheit Liebe enthielt, mit der blinden Ehrfurcht eines Gelehrten des vierzehnten Jahrhunderts vor einer frisch ausgegrabenen Handschrift des Lactantius oder Quintus Curtius. Stieß der Verfasser auf eine dunkle Stelle – und das geschah ihm, die Wahrheit zu sagen, häufig –, so glaubte er immer, daß sein Ich von heute schuld daran war. Er bekennt, in seiner Ehrfurcht vor der alten Handschrift so weit gegangen zu sein, daß er mehrere Stellen imprimierte, die er selbst nicht mehr verstand: der Gipfel der Tollheit für jeden, der an das Urteil des Publikums gedacht hätte; aber der Verfasser hielt es, als er nach langen Reisen Paris wiedersah, für unmöglich, einen Erfolg zu erringen, ohne sich vor den Zeitungen zu erniedrigen. Aber wenn man schon so weit geht, sich zu erniedrigen, dann besser vor dem Ministerpräsidenten. Da also ein sogenannter Erfolg nicht in Frage kam, machte sich der Verfasser das Vergnügen, seine Gedanken genau so zu veröffentlichen, wie sie ihm gekommen waren. So taten es ehemals die Philosophen Griechenlands, deren Lebensweisheit ihn zur Bewunderung hinreißt.
Man braucht Jahre, um in der italienischen Gesellschaft intim zu werden. Vielleicht werde ich der letzte Gast in diesem Lande gewesen sein. Seit dem Karbonarismus und der Invasion der Österreicher wird nie mehr ein Fremder als Freund in den Salons empfangen werden, wo eine so übermütige Fröhlichkeit herrschte. Man wird die Denkmäler, die Straßen, die öffentlichen Plätze einer Stadt sehen, niemals die Gesellschaft; der Fremde wird künftig immer Furcht einflößen; die Einwohner werden in ihm einen Spion vermuten oder fürchten, daß er sich lustig macht über die Schlacht bei Antrodoco oder über die Erniedrigungen, die man in diesem Lande auf sich nehmen muß, um nicht von den acht oder zehn Ministern oder Günstlingen aus der Umgebung des Fürsten verfolgt zu werden. Ich liebte aufrichtig die Italiener und habe noch ihr wahres Wesen erlebt. Manchmal habe ich zehn Monate hindurch kein Wort französisch gesprochen, und ohne die Unruhen und den Karbonarismus wäre ich nie nach Frankreich zurückgekehrt. Die Bonhomie schätze ich über alles.
Trotz vieler Mühe, klar und durchsichtig zu sein, kann ich keine Wunder tun; ich kann den Tauben keine Ohren, den Blinden keine Augen geben. Geldmenschen und derbe Genießer, die gerade in dem Jahre, bevor sie dies Buch öffnen, hunderttausend Franken erworben haben, sollen es eiligst wieder schließen, besonders, wenn sie Bankiers, Fabrikanten oder ehrenwerte Industrielle sind, das heißt, Leute mit außerordentlich positiven Ideen. Weniger unverständlich wird dies Buch für den sein, der viel Geld an der Börse oder in der Lotterie gewonnen hat. Solch ein Gewinn kann zusammentreffen mit der Gewohnheit, ganze Stunden zu verträumen und die Erregung zu genießen, in die ein Bild von Prud’hon, ein Tonsatz von Mozart versetzt oder ein bestimmter eigentümlicher Blick einer Frau, an die man oft denkt. Auf solche Art verlieren die Leute ihre Zeit nicht, die am Ende jeder Woche zweitausend Arbeiter auszahlen; ihr Geist ist immer auf das Nützliche und Positive gerichtet. Einen Menschen wie den Träumer, von dem ich spreche, würden sie hassen, wenn sie Zeit dazu hätten; ihn würden sie zur Zielscheibe ihrer guten Späße machen. Der Millionär aus der Industrie hat das unbestimmte Gefühl, daß in der Achtung eines solchen Menschen ein Gedanke mehr gilt als ein Beutel mit tausend Franken.
Ich lehne auch den fleißigen jungen Mann ab, der in demselben Jahre, in welchem der Industrielle hunderttausend Franken erwarb, sich die Kenntnis des modernen Griechischen aneignete, worauf er so stolz ist, daß er es bereits auf das Arabische abgesehen hat. Ich bitte jeden, das Buch nicht zu öffnen, der nie unglücklich gewesen ist, aus eingebildeten, der Eitelkeit fremden Ursachen, deren Verbreitung in den Salons ihm äußerst peinlich wäre.
Ich bin sicher, jenen Frauen zu mißfallen, welche dieselben Salons durch eine fortwährende Künstlichkeit im Sturm erobern. Manche von ihnen habe ich bei einer augenblicklichen Aufrichtigkeit überrascht: dann waren sie so erstaunt, daß sie, sich selbst befragend, nicht mehr feststellen konnten, ob solch ein Gefühl, wie ihr eben ausgesprochenes, natürlich oder künstlich gewesen war. Wie sollten solche Frauen über die Schilderung wahrer Gefühle urteilen können? So ist denn auch dies Werk ihr rotes Tuch gewesen; sie haben gesagt, der Verfasser müsse ein schändlicher Mensch sein.
Plötzlich erröten, wenn einem gewisse Handlungen der eignen Jugend einfallen; Torheiten begangen haben aus Inbrunst und es bedauern, nicht weil man in den Augen des Salons lächerlich wurde, sondern nur in den Augen einer gewissen Person in diesem Salon; mit sechsundzwanzig Jahren vertrauensvoll verliebt sein in eine Frau, die einen andern liebt, oder gar etwa (aber das ist so selten, daß ich es kaum aufzuschreiben wage, aus Furcht ins Unverständliche zu verfallen, wie zur Zeit der ersten Ausgabe) oder gar in den Salon eintreten, wo die Frau ist, die man zu lieben glaubt, nur danach trachten, in ihren Augen zu lesen, was sie von uns in diesem Augenblicke denkt, und nicht darauf kommen, die eignen Blicke mit Liebe zu laden: das sind die Antezedenzien, die ich von meinem Leser verlangen muß. Die Beschreibung vieler solcher feinen und seltenen Gefühle ist den positiv denkenden Menschen dunkel vorgekommen. Was tun, um in ihren Augen klar zu sein? Ihnen eine Hausse von fünfzig Centimes oder eine Änderung im Zolltarif von Columbia anzeigen.[1]
Dies Buch erklärt einfach, vernünftig, sozusagen mathematisch die verschiedenen aufeinander folgenden Gefühle, deren Gesamtheit die Leidenschaft der Liebe heißt.
Stelle dir eine ziemlich komplizierte geometrische Figur vor, mit weißer Kreide auf eine große Schiefertafel gezeichnet: ich werde diese geometrische Figur erklären; aber ich muß unbedingt voraussetzen, daß sie bereits auf der Tafel vorhanden ist; ich selbst kann sie nicht zeichnen. Diese Unmöglichkeit macht es so schwer, über die Liebe ein Buch zu schreiben, es sei denn ein Roman. Um mit Interesse einer philosophischen Untersuchung dieses Gefühls zu folgen, braucht der Leser etwas anderes als Geist; es ist unerläßlich, daß er die Liebe gesehen habe. Wo aber kann man eine Leidenschaft sehen?
Das ist ein Grund für Dunkelheit, den ich niemals beseitigen kann.
Die Liebe ist wie die sogenannte Milchstraße am Himmel, eine strahlende Masse, geformt aus tausend kleinen Sternen, von denen der einzelne oft ein Nebelfleck ist. Die Bücher haben vier- oder fünfhundert kleine einander folgende, schwer zu erkennende Gefühle verzeichnet, aus denen sich diese Leidenschaft zusammensetzt, nur die gröbsten, und haben sich dabei noch oft geirrt und das Zubehör für das Wesentliche genommen. Die besten dieser Bücher, wie Rousseaus Neue Heloise, die Romane der Frau Cottin, die Briefe des Fräuleins von Lespinasse, Manon Lescaut sind in Frankreich geschrieben worden, einem Lande, wo die Pflanze namens Liebe immer Furcht hat vor dem Spotte, erstickt wird durch die Forderungen der Nationalleidenschaft, der Eitelkeit, und fast niemals ihre natürliche Höhe erreicht.
Was heißt das, die Liebe aus Romanen kennen? Wenn man sie in hunderten von namhaften Bänden beschrieben gefunden, aber nie selbst gefühlt hat, was wäre es, in diesem Buche zu suchen nach einer Erklärung dieser Narrheit? Ich antworte wie ein Echo: »Narrheit.«
Arme enttäuschte junge Frau, wollen Sie noch einmal genießen, was Sie vor einigen Jahren so sehr beschäftigte, wovon Sie zu niemandem zu sprechen wagten und was Sie beinahe die Ehre gekostet hätte? Für Sie habe ich dieses Buch neu bearbeitet und versucht, es klarer zu machen. Haben Sie es gelesen, so sprechen Sie nie anders davon als mit einer kleinen Phrase der Verachtung, werfen Sie es hinter die andern Bücher Ihrer Bibliothek; ich würde sogar ein paar Seiten unaufgeschnitten lassen.
Damit, ein paar Seiten unaufgeschnitten zu lassen, wird sich das unvollkommene Wesen nicht begnügen, welches sich für einen Philosophen hält, weil ihm die tollen Erregungen, die unser Glück für eine Woche von einem Blicke abhängig machen, immer fremd blieben. Andre setzen im reifen Alter ihren ganzen Ehrgeiz darein, zu vergessen, daß sie sich einmal so weit herablassen konnten, einer Frau den Hof zu machen und sich der Schmach einer Zurückweisung auszusetzen; die werden dies Buch hassen. Unter so vielen Leuten von Geist, die dieses Werk aus verschiedenen Gründen, aber immer mit Zorn verdammten, ist mir nur eine Art lächerlich erschienen. Das sind die doppelt eitlen Menschen mit dem Anspruch, über die Schwächen des Herzens immer erhaben gewesen zu sein und doch zugleich soviel Scharfsinn zu besitzen, um a priori über den Grad von Genauigkeit einer philosophischen Abhandlung urteilen zu können, die ja nur eine zusammenhängende Beschreibung aller dieser Schwächen ist.
Würdige Persönlichkeiten, die in der Gesellschaft den Ruf einsichtsvoller und ganz unromantischer Menschen genießen, können weit eher einen recht leidenschaftlichen Roman verstehen als ein philosophisches Buch, das die verschiedenen Phasen der Seelenkrankheit Liebe kalt beschreibt. Der Roman bewegt sie ein wenig; aber der philosophischen Abhandlung gegenüber sind diese Weisen wie Blinde, die sich eine Beschreibung der Bilder des Museums vorlesen ließen und zu dem Verfasser sagten: »Sie müssen zugeben, Verehrter, daß Ihre Arbeit schrecklich dunkel ist.« Und was geschieht, wenn solche Blinde zufällig Leute von Geist sind, die diese Würde des Geistes schon lange inne haben und überlegen den Anspruch auf Hellsichtigkeit erheben? Da kann es dem armen Verfasser hübsch ergehen. So geschah es ihm auch zur Zeit der ersten Ausgabe. Mehrere Exemplare wurden von der wütenden Eitelkeit sehr geistvoller Leute tatsächlich verbrannt. Von den Beleidigungen will ich gar nicht sprechen, deren Wut nicht weniger schmeichelhaft war; der Verfasser wurde für roh, unsittlich, für einen Pöbelschriftsteller, gefährlichen Menschen usw. erklärt. In den von der Monarchie verdorbenen Ländern sind diese Titel der sicherste Lohn dafür, daß man es sich herausnimmt, über Moral zu schreiben und sein Buch nicht der Frau Dubarry des Tages widmet. Glücklich die Literatur, die nicht Modesache wäre und mit der sich nur die befassen wollten, für die sie gemacht ist! Zur Zeit des Cid war Corneille nur ein Biedermann für den Herrn Marquis von Danjeau. Heut glaubt sich alle Welt dafür gemacht, Herrn von Lamartine zu lesen; um so besser für seinen Verleger, aber um so schlimmer, hundertmal schlimmer für den großen Dichter. Heutzutage nimmt der Genius Rücksicht auf Wesen, an die er nie denken dürfte, ohne sich etwas zu vergeben.
Das arbeitsame, tätige, sehr ehrenwerte, ganz positive Leben eines Staatsrates, eines Baumwollspinnereibesitzers, eines gewandt spekulierenden Bankiers, wird belohnt mit Millionen, nicht mit zarten Empfindungen. Nach und nach verknöchert das Herz dieser Herren; das Positive und Nützliche sind ihnen alles, und ihre Seele verschließt sich dem Gefühl, das mehr als alle andern der Muße bedarf und am meisten zu jeder vernünftigen, regelmäßigen Beschäftigung unfähig macht.
Diese ganze Vorrede ist nur geschrieben, um zu schreien: dies Buch hier kann zu seinem Unglück nur von Leuten verstanden werden, die Muße zu Tollheiten gefunden haben. Das wird viele Personen verletzen, und ich hoffe, sie werden nicht weiter lesen.
Mai 1834
Ich schreibe nur für hundert Leser, und von diesen unglücklichen, liebenswürdigen, entzückenden Wesen ohne Heuchelei, ohne Moral, denen ich gefallen möchte, kenne ich kaum ein oder zwei. Alles, was lügt, um als Schriftsteller Hochachtung zu genießen, kommt für mich nicht in Betracht. Die schönen Damen da sollen das Ausgabenbuch ihrer Köchin und den Kanzelredner der Mode lesen, heiß er nun Massillon oder Frau Necker, und nachher mit würdigen Damen, welche Ansehn austeilen, darüber sprechen. Wohlbemerkt: diesen schönen Grad erreicht man immer in Frankreich, wenn man sich zum Hohenpriester irgendeiner Albernheit macht.
Bist du in deinem Leben einmal sechs Monate lang unglücklich aus Liebe gewesen? möchte ich einen fragen, der dies Buch lesen will.
Oder aber hat deine Seele kein andres Unglück erlebt, als, an einen Prozeß denken zu müssen, oder, bei den letzten Wahlen nicht Abgeordneter geworden zu sein, oder, in der letzten Badesaison von Aix für weniger geistreich als gewöhnlich zu gelten, – ich setze meine indiskreten Fragen fort: liesest du im Jahre eins dieser unverschämten Werke, die den Leser zum Denken zwingen? Zum Beispiel Rousseaus Emile, oder die sechs Bände Montaigne? Hat dich aber nie jene Schwäche der starken Seelen unglücklich gemacht, hast du nicht die unnatürliche Gewohnheit, beim Lesen zu denken, so wird dich dies Buch gegen den Verfasser verstimmen; denn es wird dich auf den Verdacht bringen, daß es ein bestimmtes Glück gibt, welches du nicht kennst; und Fräulein von Lespinasse kannte es.
Ich muß den Leser um Nachsicht bitten für die seltsame Form dieser Physiologie der Liebe. Vor achtundzwanzig Jahren, wir schreiben 1842, beraubten mich die Umwälzungen, die dem Sturze Napoleons folgten, meines Postens. Zwei Jahre vorher warf mich der Zufall, unmittelbar nach den Schrecken des Rückzugs aus Rußland, in eine liebenswürdige Stadt, und ich rechnete darauf und war entzückt von dem Gedanken, dort den Rest meiner Tage zu verbringen. In der glücklichen Lombardei, in Mailand, in Venedig ist die große, oder besser gesagt, einzige Angelegenheit des Lebens der Genuß. Da wird nicht aufgepaßt auf das Tun und Gebaren des Nachbarn; dort macht man sich kaum Sorge um das, was einem selbst geschehen mag. Nimmt man des Nachbarn Dasein wahr, so kommt man nicht darauf, ihn zu hassen. Nimm aus den Beschäftigungen einer französischen Provinzstadt die Mißgunst weg, was bleibt übrig? Das zieht ja die Kleinstädter so sehr nach Paris und gibt ihnen Aussicht auf ein ungestörtes Glück, daß hier die grausame Mißgunst nicht vorhanden und nicht möglich ist.
Im Laufe der Maskenbälle des Karnevals von 1820, die glänzender als gewöhnlich waren, sah die Mailänder Gesellschaft fünf oder sechs ganz tolle Abenteuer sich abspielen; und obwohl man dortzulande an Dinge gewöhnt ist, die in Frankreich für unglaublich gelten würden, war man einen ganzen Monat damit beschäftigt. Hierzulande hätte ein so sonderbares Benehmen den Spott zu fürchten; und ich brauche viel Mut, nur um davon zu sprechen.
Eines Abends, als man Wirkungen und Ursachen dieser Extravaganzen nachdenklich besprach – es war bei der liebenswürdigen Frau Pietragrua, die merkwürdigerweise selbst in keines dieser Abenteuer vermengt war – kam mir der Gedanke, vor Ablauf eines Jahres möchte mir vielleicht nur noch eine unbestimmte Erinnerung bleiben an diese seltsamen Fälle und an die Meinungen über ihre Ursachen. Ich griff nach einem Konzertprogramm und schrieb darauf mit Bleistift ein paar Worte. Man schlug eine Partie Pharao vor; wir saßen zu dreißig um einen grünen Tisch; aber die Unterhaltung war so angeregt, daß man zu spielen vergaß. Spät am Abend erschien der Oberst Scotti, einer der liebenswürdigsten Offiziere des italienischen Heeres; man bat um seinen Beitrag zu den Umständen der bizarren Fälle, die uns beschäftigten; da erzählte er Dinge, mit denen ihn der Zufall vertraut gemacht hatte und die allem ein ganz neues Aussehen gaben. Ich faßte wieder nach meinem Konzertprogramm und fügte diese neuen Umstände hinzu.
Diese Sammlung besondrer Einzelheiten über die Liebe wurde in gleicher Weise fortgesetzt mit Bleistift auf Papierfetzen, die ich in den Salons ergriff, wo ich Anekdoten erzählen hörte. Bald suchte ich nach einem gemeinsamen Gesetz, um in die verschiedenen Abstufungen Ordnung zu bringen. Aber zwei Monate später trieb mich die Furcht, für einen Carbonaro gehalten zu werden, nach Paris zurück, wie ich meinte, nur für wenige Monate; aber niemals habe ich Mailand wiedergesehen, wo ich sieben Jahre gelebt hatte.
In Paris starb ich vor Langweile; ich kam auf den Gedanken, mich weiter mit dem liebenswürdigen Lande zu beschäftigen, aus dem die Furcht mich vertrieben hatte; ich vereinigte meine Stücke Papier zu einem Pack und schenkte das Heft einem Verleger; aber bald gab es eine Schwierigkeit; der Drucker erklärte, es wäre ihm unmöglich, nach Bleistiftnotizen zu arbeiten. Ich sah wohl, daß er diese Art Manuskript unter seiner Würde fand. Der junge Druckerlehrling, der mir meine Notizen wiederbrachte, schien ganz beschämt über die schlechte Empfehlung, die man ihm aufgetragen hatte; er konnte schreiben: ich diktierte ihm meine Bleistiftnotizen.
Ich sah auch ein, daß die Diskretion mich verpflichtete, die Eigennamen zu ändern und besonders die Anekdoten zu kürzen. Man liest zwar in Mailand nicht; aber brächte jemand dies Buch hin, könnte es als häßliche Bosheit empfunden werden.
Ich gab also ein unglückliches Buch heraus. Ich habe die Kühnheit zu bekennen, daß ich zu jener Zeit verwegen genug war, den eleganten Stil zu verachten. Mein junger Druckerlehrling war eifrig bemüht, die klanglosen Satzschlüsse und die barock klingenden Wortfolgen zu vermeiden. Dagegen dachte er gar nicht daran, an allen Ecken und Enden die schwierig auszudrückenden Umstände abzuändern: Voltaire selbst fürchtete, Heikles zu sagen.
Der Wert der Abhandlung über die Liebe konnte nur in einer gewissen Menge kleiner Gefühlsnuancen bestehen, die ich den Leser an seinen Gefühlserinnerungen nachzuprüfen bat, falls er glücklicher Besitzer solcher Erinnerungen wäre. Schlimmer war, daß ich damals, wie immer, sehr wenig Erfahrung in literarischen Dingen besaß; der Verleger, dem ich das Buch geschickt hatte, druckte es auf schlechtes Papier und in einem lächerlichen Format. So sagte er mir denn auch nach einem Monate, als ich ihn fragte, wie das Buch ginge: »Man kann sagen, es ist heilig; niemand rührt es an.«
Es war mir nicht einmal in den Sinn gekommen, mich um Artikel in den Zeitungen zu bemühen; so etwas wäre mir schimpflich erschienen. Dabei hatte kein Werk ein dringenderes Bedürfnis, der Geduld des Lesers empfohlen zu werden. Um nicht von den ersten Seiten an unverständlich zu erscheinen, mußte man das Publikum dazu bringen, das neue Wort Kristallisation hinzunehmen, das ich vorschlug, um damit die Gesamtheit seltsamer Tollheiten anschaulich zu bezeichnen, die dem Liebenden wahr und unzweifelhaft erscheinen in bezug auf das geliebte Wesen.
Damals war ich ganz durchdrungen, ganz entzückt von allen kleinsten Umständen, die ich in diesem geliebten Italien beobachtet hatte, und sorglich vermied ich alle stilistischen Konzessionen und Glätten, welche das Wunderliche dieser Abhandlung über die Liebe den Literaten zugänglicher gemacht hätten.
Übrigens schmeichelte ich dem Publikum nicht; es war die Zeit, in der Frankreich noch blutete von so großen, neuen Schicksalsschlägen, und die Literatur nichts andres zu tun hatte, als unsre unglückliche Eitelkeit zu trösten; sie reimte Krieg auf Sieg, Ruhm auf Heldentum usw. Die langweilige Literatur dieser Epoche scheint nie den wahren Zusammenhängen der Gegenstände, die sie behandeln will, nachzugehen; sie sucht nur Gelegenheit zu Komplimenten an das der Mode versklavte Volk, welches ein großer Mann die große Nation genannt hatte – vergessend, daß sie nur groß war, solange er sie regierte.
Meine Unkenntnis der Bedingungen des bescheidensten Erfolges hatte das Resultat, daß ich von 1822 bis 1833 nur siebzehn Leser fand; nach zwanzigjährigem Dasein ist die Abhandlung über die Liebe von knapp hundert Wißbegierigen verstanden worden. Einige haben die Geduld gehabt, die verschiedenen Phasen dieser Krankheit bei Personen ihrer Umgebung zu beobachten; denn, um diese Leidenschaft zu verstehen, welche seit dreißig Jahren bei uns die Angst vor dem Lächerlichwerden so sorgfältig verbirgt, muß man von ihr als einer Krankheit sprechen; auf diesem Wege kann man manchmal dazu kommen, sie zu heilen.
Erst nach einem halben Jahrhundert von Umwälzungen, die nacheinander unsre ganze Aufmerksamkeit in Anspruch nahmen; erst nach fünfmaligem vollständigen Wechsel in Form und Zielen unsrer Regierungen fängt nun die Revolution an, in unsre Sitten einzudringen. Die Liebe oder das, was sie gewöhnlich ersetzt, indem es ihren Namen stiehlt, die Liebe war in Frankreich unter Ludwig XV. allmächtig: die Frauen des Hofes machten ihre Freunde zu Obersten; dieser Posten war weitaus der beste im ganzen Lande. Jetzt nach fünfzig Jahren gibt es keinen Hof mehr, und die angesehensten Frauen des herrschenden Bürgertums oder des grollenden Adels haben nicht einmal mehr einen Tabakverschleiß im kleinsten Flecken zu vergeben.
Man muß es gestehen, die Frauen sind nicht mehr Mode; in unsern glänzenden Salons tun die jungen Leute von zwanzig Jahren so, als sprächen sie nicht mit ihnen; sie scharen sich lieber um den plumpen Schwätzer, der mit seinem Provinzakzent die Frage der Kapazitäten behandelt, und versuchen, ihr Wort einfließen zu lassen. Die reichen jungen Leute, die ihren Stolz darein setzen, frivol zu erscheinen, um als Fortsetzer der guten Gesellschaft von ehedem dazustehen, sprechen lieber von Pferden und spielen hoch in Klubs, in die keine Frauen zugelassen werden. Eine tödliche Kälte scheint die Beziehungen der Jugend zu den fünfundzwanzigjährigen Frauen zu beherrschen, welche die Langweile ihrer Ehe in die Gesellschaft treibt. Deshalb werden vielleicht einige Nachdenkliche sich für diese peinlich genaue Beschreibung der verschiedenen Phasen der Krankheit, die man Liebe nennt, interessieren.
Die schreckliche Veränderung, die uns in die gegenwärtige Langweile hineingetrieben hat und die Gesellschaft von 1778 uns unverständlich macht, die Gesellschaft, wie wir sie in Diderots Briefen an seine Geliebte, Fräulein Voland, oder in den Memoiren der Frau von Epinay finden – diese Veränderung regt nachzuforschen an, welche von unsern sukzessiven Regierungen bei uns die Fähigkeit zu genießen ertötet und uns dem traurigsten Volke der Erde angenähert hat. Das einzig Erträgliche, was dies traurigste Volk erfunden hat, sein Parlament und die Ehrenhaftigkeit des Parteiwesens, verstehen wir nicht zu kopieren. Dafür hat die törichteste seiner traurigen Schöpfungen, der Geist der Würde, bei uns die französische Heiterkeit verdrängt, die man höchstens noch in den fünfhundert Bällen der Bannmeile von Paris oder im Süden Frankreichs hinter Bordeaux findet.
Aber welche Regierungsform hat uns das abscheuliche Mißgeschick der Anglisierung verschafft? Muß man die energische Regierung von 1795 anklagen, welche die Ausländer verhinderte, sich auf dem Montmartre niederzulassen? Eine Regierung, die uns in wenigen Jahren heroisch erscheinen wird und würdiges Vorspiel jener andern, die unter Napoleon unsern Namen in alle Hauptstädte Europas tragen sollte.
Wir wollen die wohlgesinnte Dummheit des Direktoriums vergessen, berühmt durch die Talente Carnots und den unsterblichen Feldzug von 1796 bis 1797 in Italien.
Die Verderbnis am Hofe Barras’ erinnerte noch an die Heiterkeit der Königszeit; Frau Bonapartes Anmut zeigte, daß wir damals noch keine Vorliebe für die üble Laune und den Dünkel der Engländer besaßen.
Die hohe Wertschätzung, die wir, trotz der Mißgunst im Faubourg Saint-Germain, der Regierung des ersten Konsuls nicht versagen konnten, und das Verdienst der Männer, die wie Cretet, wie Daru usw. die Pariser Gesellschaft berühmt machten, lassen nicht zu, daß auf dem Kaisertume die Verantwortung für die merkwürdige Veränderung laste, die sich während dieser ersten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts im französischen Charakter vollzogen hat.
Unnötig meine Untersuchung weiterzuführen: der Leser wird nachdenken und auf den richtigen Schluß kommen.
Ich versuche mir Rechenschaft zu geben über die Leidenschaft, bei der alle lauteren Entwicklungszustände einen Charakter von Schönheit besitzen.
Es gibt vier verschiedene Arten der Liebe.
1. Die Liebe aus Leidenschaft: die der portugiesischen Nonne, die Heloises für Abälard, die des Hauptmanns von Wesel, des Gendarmen von Cento.[3]
2. Die Liebe aus Geschmack: sie herrschte in Paris gegen 1760; man findet sie in den Memoiren und Romanen dieser Epoche, in Crébillon, Lauzun, Duclos, Marmontel, Chamfort, Frau von Epinay usw. usw.
Sie ist ein Bild, in dem bis in die Schatten alles rosenfarben sein muß. Nichts Unangenehmes darf hinein, unter keinem Vorwande; das wäre gegen die Lebensart, den guten Ton, das Feingefühl usw. Ein wohlgearteter Mensch weiß im voraus, wie er sich zu benehmen hat und wie man sich gegen ihn benehmen wird in den verschiedenen Phasen dieser Liebe; bei ihr gibt es nichts Leidenschaftliches und Unvermutetes, und so hat sie oft mehr Zartgefühl als die wahre Liebe; denn sie zeigt immer viel Geist; es ist verglichen mit einem Gemälde der Carracci eine kalte und hübsche Miniatur; und während die Liebe aus Leidenschaft uns mitten aus all unsern Interessen herausreißt, weiß die Liebe aus Geschmack sich ihnen immer anzupassen. Allerdings, wenn man dieser armen Liebe die Eitelkeit wegnimmt, bleibt recht wenig übrig; einmal der Eitelkeit beraubt, ist sie wie ein schwacher Rekonvaleszent, der sich kaum schleppen kann.
3. Die physische Liebe.
Auf der Jagd eine schöne frische Bäuerin treffen, die in den Wald flieht. Jedermann kennt die Liebe, die auf dieser Art Lust beruht; mag der Charakter noch so trocken und unglücklich sein, auf diese Weise fängt man mit sechzehn Jahren an.
4. Die Liebe aus Eitelkeit.
Die überwiegende Mehrzahl der Männer, besonders in Frankreich, begehrt und hat eine Frau nach der Mode, wie man ein hübsches Pferd hat als notwendigen Luxusgegenstand eines jungen Mannes. Mehr oder weniger geschmeichelt, mehr oder weniger gereizt, ruft die Eitelkeit Aufwallungen hervor. Dabei gibt es manchmal physische Liebe, aber auch die nicht immer; oft fehlt sogar der physische Genuß. Eine Herzogin ist für einen Bürgerlichen nie älter als dreißig Jahre, sagte die Herzogin von Chaulnes; und die Gäste am Hofe jenes Gerechten, des Königs Ludwig von Holland, erinnern sich noch mit Heiterkeit einer hübschen Frau aus dem Haag, die sich nicht entschließen konnte, einen Mann, der Herzog oder Fürst war, nicht reizend zu finden. Dabei blieb sie noch dem monarchischen Prinzip treu: sobald ein regierender Fürst erschien, wurde der Herzog abgewiesen: sie war wie ein Orden des diplomatischen Korps.
Der glücklichste Fall dieser flachen Beziehung tritt ein, wenn der physische Genuß durch die Gewohnheit verstärkt wird. Dann machen sie die Erinnerungen der Liebe ein wenig ähnlich; und, wenn man verlassen wird, fühlt man den Stich der Eigenliebe und trauert. Romanideen benehmen den Sinn, und man glaubt, verliebt und melancholisch zu sein; denn die Eitelkeit ist bestrebt, sich große Leidenschaften einzureden. Eins ist sicher: welcher Art Liebe man auch seine Lust verdanke: sobald die Seele aufgewühlt wird, ist die Lust stark und hinterläßt eine bezaubernde Erinnerung; und im Gegensatze zu den meisten andern Leidenschaften übertrifft in dieser die Erinnerung an das Verlorene alles, was man von der Zukunft erwartet.
Manchmal bringt bei der Liebe aus Eitelkeit die Gewohnheit oder die Verzweiflung, je etwas besseres zu finden, eine Art Freundschaft zustande, die unsympathischste von allen Arten; sie prahlt mit ihrer Sicherheit usw.[4]
Die physische Lust liegt in der Natur; jedermann kennt sie; aber in den Augen der fühlenden und leidenschaftlichen Seelen hat sie nur einen untergeordneten Rang. Wenn diese im Salon etwas Lächerliches haben, wenn die große Welt sie oft durch ihre Intrigen unglücklich macht, so kennen sie zum Ersatz Genüsse, die den Herzen, die nur für Ehre und Geld schlagen, auf immer unzugänglich sind.
Manche tugendhaften und liebevollen Frauen haben fast gar keine Vorstellung von physischem Genusse; sie haben sich ihm, wenn man so sagen kann, selten ausgesetzt, und selbst dann haben die Entzückungen der Liebe aus Leidenschaft die Genüsse des Körpers fast vergessen lassen.
Es gibt Menschen, die Opfer und Werkzeug eines teuflischen Stolzes sind, eines Stolzes von Alfieris Art. Vielleicht sind sie grausam, weil sie wie Nero immer zittern müssen, da sie die andern Menschen nach dem eignen Wesen beurteilen. Diese Menschen können den physischen Genuß nur in dem Maße erlangen, als er begleitet ist von dem höchst möglichen Genusse des Stolzes, das heißt, in dem Maße, in dem sie an dem Gefährten ihrer Genüsse Grausamkeiten verüben. Daher die Greuel in de Sades Justine. Diese Menschen kennen nicht im mindesten das Gefühl der Sicherheit.
Übrigens kann man, statt vier verschiedene Lieben zu unterscheiden, sehr wohl acht oder zehn Abarten annehmen. Die Menschen haben vielleicht ebensoviel Arten, zu fühlen als zu sehen. Aber diese Unterschiede in der Nomenklatur ändern nichts an den folgenden Betrachtungen. Alle Arten Liebe, die man hienieden wahrnehmen kann, entstehen, leben und sterben oder gehn in die Unsterblichkeit ein nach denselben Gesetzen.[5]
Folgendes geschieht in der Seele:
1. Die Bewunderung;
2. Man sagt sich: Welche Lust, sie zu küssen, von ihr geküßt zu werden! Usw.
3. Die Hoffnung.
Man studiert ihre Vollkommenheiten. In diesem Augenblick müßte eine Frau sich hingeben, um des größtmöglichen physischen Genusses willen. Selbst bei den zurückhaltendsten Frauen glänzen die Augen im Augenblicke der Hoffnung; die Leidenschaft ist so stark, die Lust so lebhaft, daß auffallende Zeichen sie verraten.
4. Die Liebe ist entstanden.
Lieben ist: den Genuß haben, ein liebenswertes und liebendes Wesen mit allen Sinnen, so nahe wie möglich, zu sehen, zu berühren, zu fühlen.
5. Die erste Kristallisation beginnt.
Man gefällt sich darin, eine Frau, von der man sich geliebt weiß, mit tausend Vorzügen zu schmücken; mit endlosem Wohlgefallen vergegenwärtigt man sich sein Glück bis in alle Einzelheiten. Dies führt zur Überschätzung eines köstlichen Besitzes, der uns vom Himmel gefallen ist, und den man, ohne ihn zu kennen, mit Sicherheit zu besitzen meint.
Laß den Kopf eines Liebenden vierundzwanzig Stunden arbeiten und du wirst folgendes finden:
In den Salzbergwerken von Salzburg wirft man in die verlassenen Tiefen des Stollens einen winterlich kahlen Baumzweig; zwei oder drei Monate später zieht man ihn wieder heraus, bedeckt mit glitzernden Kristallen: die kleinsten Ästchen, nicht dicker als eine Meisenkralle, sind besetzt mit einer Unzahl beweglicher, blendender Diamanten; man kann den ursprünglichen Zweig nicht wiedererkennen.
Was ich Kristallisation nenne, ist die geistige Tätigkeit, die an allem, was sich darbietet, die Entdeckung macht, daß das geliebte Wesen neue Vorzüge hat.
Ein Reisender spricht von der Kühle der Orangenhaine am Strande bei Genua während der glühenden Sommertage: welche Lust, diese Kühle mit der Geliebten zu genießen!
Einer deiner Freunde bricht sich auf der Jagd den Arm: wie süß, von einer geliebten Frau gepflegt zu werden! Immer mit ihr zu sein, sie unablässig liebevoll um dich zu sehen, das ließe dich fast den Schmerz segnen; und du gehst vom gebrochenen Arme deines Freundes aus, um nicht mehr an der Engelsgüte deiner Geliebten zu zweifeln. Mit einem Wort, es genügt, an einen Vorzug zu denken, um ihn in dem geliebten Wesen zu erblicken.
Diese Erscheinung, die ich die Kristallisation zu nennen mir erlaube, kommt von der Natur, die uns gebietet zu genießen und uns das Blut ins Hirn treibt; sie beruht auf dem Gefühle, daß unsre Genüsse mit den Vollkommenheiten des geliebten Wesens wachsen, und auf dem Gedanken: sie ist mein. Der Wilde hat keine Zeit, über den ersten Schritt hinauszugehen. Er hat Genuß, aber die Tatkraft seines Gehirns ist in Anspruch genommen von der Jagd auf das Damwild im Walde, mit dessen Fleisch er möglichst schnell seine Kräfte wiederherstellen muß; sonst droht ihm der Tod unter der Axt seines Feindes.
Das andre Extrem der Zivilisation ist die zartfühlende Frau, die ohne Zweifel nur in den Armen des Mannes, den sie liebt, physische Genüsse finden kann.[6] Sie ist das Gegenteil des Wilden. Bei den zivilisierten Völkern hat das Weib Muße; der Wilde aber ist so von seinen Sorgen bedrängt, daß er sein Weibchen wie ein Lasttier behandeln muß. Wenn bei vielen Tieren die Weibchen glücklicher sind, liegt es daran, daß der Unterhalt der Männchen gesicherter ist.
Aber verlassen wir die Wälder und kehren wir nach Paris zurück. Ein leidenschaftlicher Mensch sieht also alle Vorzüge in dem geliebten Wesen; indessen kann seine Aufmerksamkeit noch abgelenkt werden, denn die Seele bekommt alles Einförmige satt, selbst das vollkommene Glück.[7]
Nun kommt etwas Neues hinzu, das die Aufmerksamkeit fesselt:
6. Der Zweifel entsteht.
Haben zehn oder zwölf Blicke oder sonst eine Reihe momentaner oder tagelang dauernder Handlungen Hoffnungen erst gegeben und dann noch bestärkt, so verlangt der Liebende, der sich vom ersten Erstaunen erholt, sich an sein Glück gewöhnt hat oder einem Grundsatz folgt, der aber nur auf die häufigsten Fälle und somit nur auf die leichtfertigen Frauen anwendbar ist, so verlangt, sage ich, der Liebende greifbarere Sicherheiten und wagt sein Glück.
Man setzt ihm Gleichgültigkeit,[8] Kälte oder sogar Zorn entgegen, wenn er sich zu sicher zeigt, in Frankreich eine besondre Art Ironie, die zu sagen scheint: »Du glaubst weiter zu sein, als du bist.« So benimmt sich eine Frau, entweder weil sie aus einem Augenblick des Rausches erwacht und dem Schamgefühl, das sie verletzt zu haben zittert, gehorcht, oder einfach aus Vorsicht oder Koketterie.
Nun kommen dem Liebenden Zweifel an dem Glück, das er sich versprach; streng untersucht er seine vermeintlichen Beweggründe zur Hoffnung.
Er will sich schadlos halten an andern Lebensfreuden, er findet sie nichtig. Furcht ergreift ihn vor einem schrecklichen Unglück und zugleich die größte Aufmerksamkeit.
7. Zweite Kristallisation.
Alsdann beginnt die zweite Kristallisation: ihre Diamanten sind die Bekräftigungen des Gedankens: Sie liebt mich.
Jede Viertelstunde der Nacht, die dem Entstehen der Zweifel folgt, sagt sich der Liebende nach einem Augenblick schrecklichen Wehes: »Ja, sie liebt mich doch«; und die Kristallisation macht sich an die Entdeckung neuer Reize; dann wieder packt ihn der Zweifel mit seinem hohlen Blick und hemmt seinen Schwung. Die Brust vergißt zu atmen; er denkt: »Liebt sie mich denn wirklich?« Mitten in diesem zerreißenden und köstlichen Hin und Her fühlt der arme Liebende lebhaft: Sie würde mir Freuden geben, die nur sie auf der Welt mir geben kann.
Die Evidenz dieser Wahrheit, dies Gehen am Rande eines schrecklichen Abgrundes und mit der einen Hand schon das vollkommene Glück berühren, das gibt der zweiten Kristallisation solche Überlegenheit über die erste.
Der Liebende irrt unablässig zwischen diesen drei Gedanken hin und her:
1. Sie hat alle Vollkommenheiten.
2. Sie liebt mich.
3. Was tun, um von ihr den größtmöglichen Beweis der Liebe zu erlangen?
Der herzzerreißendste Augenblick der jungen Liebe tritt ein, wenn sie fühlt, daß ihre Schlußfolgerung falsch war, und daß sie ein ganzes Stück Kristallisation zerstören muß.
Das läßt an der Kristallisation selbst zweifeln.
Es genügt ein sehr geringer Grad von Hoffnung für die Entstehung der Liebe.
Die Hoffnung kann sodann nach zwei oder drei Tagen aussetzen; die Liebe ist nichtsdestoweniger entstanden.
Bei einem entschlossenen, verwegenen, ungestümen Charakter und einer durch die Mißgeschicke des Lebens entwickelten Einbildungskraft
Kann der Grad der Hoffnung geringer sein.
Kann sie früher aufhören, ohne die Liebe zu töten.
Wenn der Liebende Mißgeschick gehabt hat, wenn er einen leidenschaftlichen und nachdenklichen Charakter eignet, wenn er die andern Frauen aufgibt, wenn er für die, um die es sich handelt, lebhafte Bewunderung fühlt, so wird kein gemeines Vergnügen ihn der zweiten Kristallisation entziehen können. Er wird lieber von der ungewissen Aussicht träumen, ihr eines Tages zu gefallen, als daß er von einem Frauenzimmer alles, was sie gewähren kann, annähme.
Um ihn abzuschrecken, müßte in diesem Zeitpunkt und nicht später, wohlbemerkt, die geliebte Frau seine Hoffnung auf grausame Art töten und ihn öffentlich mit einer Verachtung behandeln, die ihm nicht mehr erlaubt, sich unter den Leuten zu zeigen.
Die Entstehung der Liebe läßt längeren Aufschub zwischen diesen einzelnen Epochen zu.
Sie verlangt viel mehr Hoffnung und viel dauernder gestärkte Hoffnung bei kalten, phlegmatischen, vorsichtigen Leuten. Dasselbe gilt von bejahrten Leuten.
Gesichert wird die Dauer der Liebe durch die zweite Kristallisation, während welcher man jeden Augenblick sieht, daß es sich darum handelt, geliebt zu werden oder zu sterben. Wie könnte man bei dieser stündlichen und minütlichen Überzeugung, die durch mehrere Monate Liebe zur Gewohnheit geworden ist, den Gedanken auch nur ertragen, man könnte aufhören zu lieben? Je stärker ein Charakter ist, um so weniger ist er der Unbeständigkeit ausgesetzt.
Diese zweite Kristallisation fehlt fast gänzlich bei der Liebe zu Frauen, die sich zu schnell ergeben.
Sobald die Kristallisationen, besonders die zweite, die bei weitem die stärkere ist, gewirkt haben, erkennen die Augen Gleichgültiger den Baumzweig nicht mehr:
Denn 1. ist er geschmückt mit Vorzügen oder Diamanten, die sie nicht sehen.
2. ist er geschmückt mit Vorzügen, die für sie keine Vorzüge sind.
Die Worte eines alten Freundes seiner Schönen über die Vollkommenheit gewisser Reize und eine bestimmte Nuance von Lebhaftigkeit in den Augen dieses Freundes sind ein Diamant in der Kristallisation[9] von Del Rosso.
Diese Wahrnehmungen eines Abends machen ihn eine ganze Nacht träumen.
Eine unerwartete Antwort, die mich eine leidenschaftliche, großmütige, glühende oder, wie das Volk sagt, romantische[10] Seele deutlicher erkennen läßt, eine Seele, die über das Glück der Könige die einfache Freude setzt, mit ihrem Liebenden allein um Mitternacht durch einen abgelegenen Wald zu lustwandeln, gibt auch mir eine ganze Nacht zu träumen.[11]
Es wird mir einer sagen, meine Geliebte sei prüde; ich werde ihm sagen, daß seine eine Dirne ist.
In einer vollkommen gleichmütigen Seele – einem jungen Mädchen, das in entlegener Landschaft ein einsames Schloß bewohnt – kann die kleinste Überraschung ein wenig Bewunderung herbeiführen, und die leiseste Hoffnung, die etwa hinzukommt, macht Liebe und Kristallisation entstehen.
In diesem Fall gefällt die Liebe zunächst als unterhaltend.
Überraschung und Hoffnung werden mächtig gefördert durch das Liebesbedürfnis und die Melancholie, die man mit sechzehn Jahren eignet. Es ist ziemlich bekannt, daß die Unruhe dieses Alters ein Durst nach Liebe ist: und es ist dem Durste eigentümlich, daß er nicht besonders wählerisch den Trank prüft, den der Zufall ihm bietet.
Wiederholen wir die sieben Stadien der Liebe; es sind:
1. die Bewunderung;
2. welche Freude usw.;
3. die Hoffnung;
4. die Liebe ist entstanden;
5. erste Kristallisation;
6. der Zweifel taucht auf;
7. zweite Kristallisation.
Es kann ein Jahr verfließen zwischen Nr. 1 und Nr. 2.
Ein Monat zwischen Nr. 2 und Nr. 3; wenn die Hoffnung sich nicht beeilt, verzichtet man, ohne es zu merken, auf Nr. 2 als auf einen Geber des Unglücks.
Ein Wimperzucken zwischen Nr. 3 und Nr. 4.
Es gibt keinen Zwischenraum zwischen Nr. 4 und Nr. 5. Es könnte sie nur das Intimwerden trennen.
Es können einige Tage vergehen zwischen Nr. 5 und Nr. 6, je nach dem Grade von Ungestüm und der natürlichen Kühnheit des Charakters; und es besteht kein Zwischenraum zwischen 6 und 7.
Dem Menschen steht es nicht frei, das nicht zu tun, was ihm mehr Vergnügen macht als alle andern möglichen Handlungen.[12]
Die Liebe ist wie das Fieber, sie entsteht und erlischt, ohne daß der Wille daran den geringsten Anteil hat. Dies ist einer der Hauptunterschiede zwischen der Liebe aus Geschmack und der Liebe aus Leidenschaft, und man kann sich über die guten Eigenschaften des geliebten Wesens nur freuen als über einen glücklichen Zufall.
Schließlich ist die Liebe jedem Lebensalter eigen: man denke an die Leidenschaft der Frau du Deffand für den wenig anmutigen Horace Walpole. Man erinnert sich vielleicht noch in Paris eines neueren und vor allem liebenswürdigeren Beispiels.
Ich lasse als Beweise der großen Leidenschaften nur diejenigen ihrer Folgen gelten, die lächerlich sind: zum Beispiel, die Schüchternheit als Beweis der Liebe; ich spreche nicht von der armseligen Verschämtheit eines Primaners.
Die Kristallisation hört in der Liebe fast niemals auf. Hier ihre Geschichte: Solange man dem geliebten Wesen noch nicht nahe steht, gibt es Kristallisation mit eingebildeter Lösung; nur durch die Einbildungskraft bist du sicher, daß die Frau, die du liebst, bestimmte Vorzüge besitzt. Nach eingetretener Intimität werden die immer wieder auftauchenden Besorgnisse durch wirklichere Lösungen beschwichtigt. So ist das Glück nur bei seinem Ursprung einförmig. Nachher trägt jeder Tag eine neue Blüte.
Wenn die geliebte Frau der Leidenschaft, die sie fühlt, nachgibt und den gewaltigen Fehler begeht, die Besorgnis zu töten durch die Lebhaftigkeit ihrer Hingabe,[13] dann setzt die Kristallisation einen Augenblick aus; aber, hat dann die Liebe etwas von ihrer Heftigkeit, das heißt, von ihren Besorgnissen verloren, so gewinnt sie den Zauber einer vollkommenen Hingabe, eines Vertrauens ohne Grenzen; eine süße Gewohnheit stumpft alle Qualen des Lebens ab und gibt den Genüssen ein neues Interesse.
Wirst du verlassen, so fängt die Kristallisation wieder an; und jede Regung der Bewunderung, die Vision jedes Glückes, das die Geliebte dir geben könnte und an das du nicht mehr dachtest, endet mit dem herzzerreißenden Gedanken: »Dieses köstliche Glück werde ich nie wieder erleben! und durch meine eigene Schuld verliere ich es!« Und suchst du dann das Glück in Erregungen andrer Art, so weigert sich dein Herz, sie zu empfinden. Deine Einbildungskraft malt dir wohl den physischen Vorgang aus, wohl setzt sie dich auf das geschwinde Pferd zur Jagd durch die Wälder von Devonshire,[14] aber du siehst, du fühlst deutlich, daß du kein Vergnügen daran hättest. Dies ist die optische Täuschung, die dazu bringt, sich zu erschießen.
Auch das Spiel hat seine Kristallisation; sie entsteht durch deine Gedanken über die Verwendung der Summe, die du gewinnen wirst.
Die Spiele, die am Hofe unter dem Namen der Legitimität betrieben wurden und die nun der Adel so sehr vermißt, waren nur durch die Kristallisation, die sie bewirkten, so anziehend. Da gab es keinen Höfling, der nicht das rasche Glück eines Luynes oder eines Lauzun erträumte, keine liebenswürdige Frau, die nicht die Aussicht auf das Herzogtum der Frau von Polignac vor sich hatte. Keine vernünftige Regierung kann diese Kristallisation wieder ermöglichen. Nichts ist so phantasiefeindlich wie die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika. Wir haben gesehn, daß auch deren Nachbarn, die Wilden, die Kristallisation fast gar nicht kennen. Die Römer hatten keine Vorstellung von ihr und fanden sie nur in der physischen Liebe.
Der Haß hat seine Kristallisation; sobald man hoffen kann sich zu rächen, fängt man wieder an zu hassen.
Wenn jede Glaubenslehre, in der es Absurdes und Unbewiesenes gibt, das Bestreben hat, an die Spitze ihrer Anhänger die absurdesten Leute zu setzen, so ist auch dies eine Wirkung der Kristallisation. Es gibt Kristallisation sogar in der Mathematik (siehe die Anhänger Newtons im Jahre 1740) in den Köpfen, die sich nicht alle Teile der Beweisführung dessen, was sie glauben, jederzeit vergegenwärtigen können.
Siehe zum Beweis das Schicksal der großen deutschen Philosophen, deren so häufig verkündete Unsterblichkeit niemals über dreißig oder vierzig Jahre dauert.
Weil man sich über das Warum seiner Gefühle nicht Rechenschaft geben kann, ist der verständigste Mensch in der Musik Fanatiker.
Es läßt sich nicht nach Gutdünken beweisen, daß man gegen solch einen Widersacher Recht hat.
Die Frauen attachieren sich durch Gunstbezeigungen. Da neunzehn Zwanzigstel ihrer gewohnten Träume sich auf die Liebe beziehen, so gruppieren sich diese Träumereien, nach eingetretener Intimität, um einen einzigen Gegenstand: sie suchen einen so außerordentlichen, so entscheidenden, so allen Gewohnheiten der Schamhaftigkeit widersprechenden Schritt zu rechtfertigen. Diese Mühe ist den Männern fremd. Sodann befaßt sich die Einbildungskraft der Frauen in Muße mit allen Einzelheiten jener köstlichen Augenblicke.
Da die Liebe an den bewiesensten Dingen zweifeln macht, so wird eine Frau, die vor der Intimität sicher war, daß ihr Liebhaber über allem Gewöhnlichen erhaben sei, sowie sie glaubt, sie habe ihm nichts mehr zu versagen, davor zittern, daß er vielleicht nur eine Frau mehr auf seine Liste setzen wollte.
Jetzt erst erscheint die zweite Kristallisation, die bei weitem die stärkere ist, weil die Besorgnis sie begleitet.[15]
Ein Weib glaubt sich aus einer Königin zur Sklavin gemacht zu haben. Dieser Zustand Seele und Geistes wird unterstützt durch den Nervenrausch, der von Freuden herrührt, welche ihre Seltenheit um so fühlbarer macht. Schließlich träumt eine Frau an ihrem Stickrahmen bei einer dummen Arbeit, die nur die Hände beschäftigt, von ihrem Liebhaber, während er mit seiner Schwadron durch die Ebene galoppiert und Arrest bekommt, wenn er ein falsches Manöver machen läßt.
Ich möchte also glauben, daß die zweite Kristallisation bei den Frauen viel stärker ist, weil ihre Besorgnis lebhafter ist: Eitelkeit und Ehre stehen auf dem Spiel; zum mindesten haben die Frauen weniger Ablenkungen.
Eine Frau kann nicht geleitet werden von der Gewohnheit, vernünftig zu sein, die ich als Mann gezwungen bin anzunehmen in meinem Bureau, wo ich täglich sechs Stunden kalte und vernünftige Dinge zu bearbeiten habe. Selbst außerhalb der Liebe neigen die Frauen dazu, sich ihrer Einbildungskraft und gewohnheitsmäßiger Überspanntheit hinzugeben; daher verschwinden auch vor ihren Augen die Fehler des geliebten Wesens viel rascher.
Die Frauen ziehen die Emotionen der Vernunft vor. Das ist sehr erklärlich: da ihnen dank unsern platten Sitten in der Familie keine Angelegenheit anvertraut wird, ist ihnen die Vernunft niemals nützlich; sie können nie deren Wert an etwas erproben.
Sie ist ihnen, im Gegenteil, immer schädlich, denn sie tritt nur auf, um sie für ein Vergnügen von gestern zu schelten oder ihnen eines von morgen zu verbieten.
Laß deine Frau deine Geschäfte mit den Pächtern von zweien deiner Landgüter regeln, ich wette, sie wird die Bücher besser führen als du; und dann hast du, trauriger Despot, wenigstens das Recht dich zu beklagen, da du nicht das Talent hast, dich lieben zu machen. Sobald die Frauen allgemeine Erwägungen anstellen, treiben sie Liebe, ohne es zu bemerken. Aber in Kleinigkeiten legen sie Wert darauf, strenger und genauer als die Männer zu sein. Die Hälfte des Kleinhandels ist den Frauen anvertraut und sie werden besser damit fertig als ihre Gatten. Es ist eine bekannte Regel, daß man gar nicht ernsthaft genug sein kann, wenn man mit Frauen über Geschäfte spricht.
Sie sind eben immer und überall begierig nach Emotionen: siehe die Lustbarkeiten bei Begräbnissen in Schottland.
Dies war ihr liebstes Märchenreich, und hier baute sie ihre luftigen Paläste.
W. SCOTT, Braut von Lammermoor 1, 70.
Ein junges Mädchen von achtzehn Jahren besitzt noch nicht die Fähigkeit zu genügender Kristallisation; ihre Sehnsüchte sind zu beschränkt durch ihren Mangel an Erfahrung in den Lebensdingen, um mit soviel Leidenschaft lieben zu können, wie eine Frau von achtundzwanzig Jahren.
Heut abend setzte ich diese Theorie einer geistvollen Frau auseinander, die das Gegenteil behauptet: »Die Einbildungskraft eines jungen Mädchens ist noch durch keine unangenehme Erfahrung abgekühlt, das Feuer der ersten Jugend ist noch in voller Kraft: so kann sie sich in bezug auf irgendeinen Mann ein bezauberndes Bild schaffen. Jedesmal, wenn sie den Geliebten trifft, wird sie nicht was er in Wirklichkeit ist, sondern das entzückende Bild genießen, das sie sich geschaffen hat.
Später, wenn sie der erste Liebhaber und alle Männer enttäuscht haben, hat die Erfahrung der traurigen Wirklichkeit ihre Fähigkeit zur Kristallisation vermindert und das Mißtrauen hat der Phantasie die Flügel gestutzt. In bezug auf keinen Mann, wie er auch sei, und wäre er ein Wunderwesen, kann sie mehr ein so hinreißendes Bild formen; sie kann also nicht mehr mit demselben Feuer lieben wie in der ersten Jugend. Und da man in der Liebe immer nur die eigene Illusion genießt, wird niemals das Bild, das die Achtundzwanzigjährige sich schafft, so strahlend und herrlich sein als das, auf dem die erste Liebe der Sechzehnjährigen beruhte; und die zweite Liebe wird etwas von heruntergekommener Art scheinen.« – »Nein, gnädige Frau, das Mißtrauen, das bei der Sechzehnjährigen noch nicht vorhanden war, gibt offenbar dieser zweiten Liebe eine neue Farbe. In der ersten Jugend ist die Liebe wie ein gewaltiger Strom, der alles in seinem Laufe mitreißt; man fühlt, man kann ihm nicht widerstehn. Aber mit achtundzwanzig Jahren kennt sich eine fühlende Seele; sie weiß, wenn es für sie noch Glück im Leben gibt, so muß sie es von der Liebe fordern; in dem armen bewegten Herzen erhebt sich ein furchtbarer Kampf zwischen Liebe und Mißtrauen. Die Kristallisation schreitet langsam vorwärts; wenn sie aber aus dieser schrecklichen Prüfung, in der die Seele ihre Bewegungen beständig angesichts schauerlicher Gefahren ausführt, siegreich hervorgeht, so ist sie tausendmal glänzender und dauernder als die Kristallisation der Sechzehnjährigen, bei der durch das Vorrecht der Jugend alles Heiterkeit und Glück war. Die Liebe wird zwar weniger heiter, aber leidenschaftlicher sein.«
Dieses Gespräch (Bologna, 9. März 1820), bei dem einem Gedanken widersprochen wurde, der mir doch so klar schien, läßt mich mehr und mehr erkennen, daß ein Mann fast nichts Gescheites über das zu sagen hat, was im Herzensgrunde einer fühlenden Frau vorgeht; anders ist es bei einer Kokette: wir Männer haben ja auch Sinne und Eitelkeit.
Die Unähnlichkeit der beiden Geschlechter in der Entstehung der Liebe muß von der verschiedenen Natur ihrer Hoffnungen herrühren. Das eine greift an, das andre verteidigt, das eine verlangt, das andere verweigert, das eine ist kühn, das andre sehr schüchtern.
Der Mann sagt sich: »Werde ich ihr gefallen können? Wird sie mich lieben wollen?«
Die Frau: »Sagt er mir nicht nur zum Scherz, daß er mich liebt? Hat er einen beständigen Charakter? Kann er vor sich selbst für die Dauer seiner Gefühle einstehen?« So betrachten und behandeln viele Frauen einen jungen Mann von dreiundzwanzig Jahren wie ein Kind; wenn er aber sechs Feldzüge mitgemacht hat, wird alles anders, dann ist er ein junger Held.
Beim Mann hängt die Hoffnung einfach von dem Benehmen des geliebten Wesens ab; nichts ist leichter zu deuten. Bei der Frau muß die Hoffnung auf moralischen Erwägungen fußen, die sehr schwer einzuschätzen sind. Die meisten Männer bemühen sich um einen Liebesbeweis, der ihnen alle Zweifel zerstreut; die Frauen sind nicht so glücklich, solch einen Beweis zu finden; und das ist nun einmal das Unglück im Leben: was dem einen der Liebenden Sicherheit und Glück gibt, bedeutet für den andern Gefahr und fast Demütigung.
In der Liebe riskieren die Männer heimliche Qual der Seele, die Frauen setzen sich öffentlichem Spott aus; sie sind ängstlicher, und außerdem ist die öffentliche Meinung viel wichtiger für sie, denn: Sei geachtet, das ist notwendig.[16]
Die Frauen haben kein sicheres Mittel, die öffentliche Meinung zu bändigen, wenn ihr Leben sie einmal bloßstellt.
Die Frauen müssen also viel mißtrauischer sein. Kraft ihrer natürlichen Gewohnheiten sind alle geistigen Regungen, welche die Epochen der Entstehung der Liebe schaffen, bei ihnen sanfter, ängstlicher, langsamer und unentschiedener; sie haben also mehr Veranlagung zur Beständigkeit; sie werden sich schwerer von einer begonnenen Kristallisation wieder losmachen.
Wenn eine Frau ihren Geliebten sieht, überlegt sie hastig oder sie überläßt sich dem Glück, zu lieben, einem Glück, aus dem sie in unangenehmer Weise gerissen wird, wenn der Mann den kleinsten Angriff macht; denn dann muß sie alle Freuden lassen und zu den Waffen greifen.
Die Rolle des Liebhabers ist einfacher; er blickt in die Augen des geliebten Wesens; ein einziges Lächeln kann ihn auf den Gipfel des Glückes heben, und unablässig sucht er dies zu erwirken.[17] Einen Mann demütigt die Länge der Belagerung, für die Frau ist sie ruhmvoll.
Eine Frau ist fähig zu lieben und in einem ganzen Jahr mit dem Manne, den sie erwählt hat, keine zehn oder zwölf Worte zu reden. Sie führt im Grund des Herzens Buch darüber, wie oft sie ihn gesehen hat; sie ist zweimal mit ihm ins Theater gegangen, zweimal traf sie ihn beim Diner, er hat sie dreimal auf der Promenade gegrüßt.
Eines Abends, bei einem Gesellschaftsspiel, hat er ihr die Hand geküßt; es fällt auf, daß sie seitdem nicht mehr erlaubt, unter keinem Vorwande, und sogar auf die Gefahr hin, absonderlich zu erscheinen, daß man ihr die Hand küßt.
Bei einem Manne würde man dies Benehmen weibische Liebe nennen, sagte uns Leonore.
Ich gebe mir alle mögliche Mühe, trocken zu sein. Mein Herz glaubt, viel zu sagen zu haben, aber ich habe ihm Schweigen auferlegt. Ich zittere immer, nichts als einen Seufzer hingeschrieben zu haben, wenn ich glaubte, eine Wahrheit aufzuzeichnen.
Als Beweis für die Kristallisation werde ich mich begnügen, folgende Anekdote anzuführen.[18]
Ein junges Mädchen hört, daß Eduard, ein Verwandter von ihr, der demnächst aus dem Felde heimkommt, ein ganz ausgezeichneter junger Mann sei; man versichert ihr, daß er sie auf ihren Ruf hin liebe; aber er wird sie wohl erst einmal sehen wollen, ehe er sich erklärt und bei ihren Eltern um sie anhält. Sie sieht in der Kirche einen jungen Fremden, sie hört, wie man ihn Eduard nennt, sie denkt nur noch an ihn, sie liebt ihn. Acht Tage später kommt der richtige Eduard an; es ist nicht der aus der Kirche, sie erblaßt und wird auf immer unglücklich sein, wenn man sie zwingt, ihn zu heiraten.
Das nennen die Geistlosen eine Unvernunft der Liebe.
Ein hochherziger Mann überhäuft ein unglückliches junges Mädchen mit den taktvollsten Wohltaten; er besitzt alle möglichen Tugenden; schon ist die Liebe im Begriff zu entstehen; aber er trägt einen schlecht gebügelten Hut, und sie sieht ihn linkisch aufs Pferd steigen: das junge Mädchen gesteht sich seufzend ein, daß es die Liebe, die er ihr eifrig entgegenbringt, nicht erwidern kann.
Ein Mann macht einer sehr ehrbaren Dame der Gesellschaft den Hof; sie erfährt, daß dieser Herr ein lächerliches physisches Mißgeschick gehabt hat: er wird ihr unerträglich. Dabei hatte sie keinerlei Absicht, sich ihm jemals hinzugeben, und dieses heimliche Gebrechen beeinträchtigt in keiner Weise seinen Geist und seine Liebenswürdigkeit. Es ist eben ganz einfach die Kristallisation unmöglich geworden. Damit ein Mensch sich damit befassen könne, ein liebenswürdiges Wesen mit Wollust zu vergöttern, ob er es nun im Ardennerwald oder auf dem Ball von Coulon gefunden hat, dazu muß es ihm zunächst vollkommen erscheinen, nicht in allen möglichen Beziehungen, sondern in allen Beziehungen, die er augenblicklich sieht; vollkommen in jeder Hinsicht wird es ihm erst nach mehreren Tagen der zweiten Kristallisation erscheinen, was sehr klar: es genügt dann schon die Vorstellung irgendeiner Vollkommenheit zu haben, um sie in dem geliebten Wesen zu sehen.
Man sieht daraus, inwiefern die Schönheit notwendig ist zur Entstehung der Liebe. Die Häßlichkeit darf kein Hindernis bilden. Der Liebende kommt bald dahin, seine Geliebte so, wie sie ist, schön zu finden, ohne an die wahre Schönheit zu denken.
Die Züge, welche die wahre Schönheit bilden, würden ihm beim Ausschauen, wenn ich mich so ausdrücken darf, eine Glücksmenge versprechen, die ich mit der Zahl Eins bezeichnen will, und die Züge seiner Geliebten, so wie sie sind, versprechen ihm tausend Glückseinheiten.
Vor der Entstehung der Liebe ist die Schönheit notwendig als Ladenschild; sie macht für diese Leidenschaft empfänglich durch das Lob, das man über das Wesen hört, welches man lieben wird. Eine sehr lebhafte Bewunderung entscheidet die kleinste Hoffnung.
In der Liebe aus Geschmack und vielleicht in den ersten fünf Minuten der Liebe aus Leidenschaft trägt eine Frau bei der Wahl eines Geliebten mehr der Art, wie die andern Frauen diesen Mann sehen, Rechnung als ihrer eignen Art, ihn zu sehen.
Daher die Erfolge der Fürsten und der Offiziere.[19]
Die hübschen Frauen am Hof des alten Ludwig XIV. waren verliebt in diesen Fürsten.
Man muß sich sehr hüten, der Hoffnung leichtfertig entgegenzukommen, ehe man sicher ist, bewundert zu werden. Sonst könnte man ein fades Gefühl erwecken, das für immer die Liebe unmöglich macht oder das höchstens durch Reizung der Eigenliebe behoben werden kann.
Man hat keine Sympathie mit der Albernheit noch mit dem Lächeln für all’ und jeden; daher ist in der Gesellschaft ein Anstrich von Blasiertheit notwendig. Der gibt den Manieren Vornehmheit.
Von einem zu niedrigen Gewächs pflückt man nichts ab. In der Liebe verschmäht unsere Eitelkeit zu leichten Sieg; und auf keinem Gebiete neigt der Mensch dazu, den Wert dessen hochzuschätzen, was ihm angeboten wird.
Hat einmal die Kristallisation begonnen, so genießt man mit Wollust jede neue Schönheit, die man an dem geliebten Wesen entdeckt.
Aber was ist die Schönheit? Eine neue Möglichkeit, dir Lust zu schaffen.
Die Lust der Individuen ist verschieden und oft gegensätzlich: daraus erklärt sich, wie das, was für den einen Schönheit ist, für den andern Häßlichkeit sein kann (treffendes Beispiel: Del Rosso und Lisio am 1. Januar 1820).
Um die Natur der Schönheit zu entdecken, muß man nachforschen, welcher Art die Lust jedes Individuums ist; zum Beispiel: Del Rosso braucht eine Frau, die einige gewagte Bewegungen duldet und durch ihr Lächeln zu sehr munteren Dingen Vollmacht erteilt, eine Frau, die in jedem Augenblick seiner Phantasie physische Freuden hinhält und Del Rossos Art von Liebenswürdigkeit erregt und ihm zugleich erlaubt, sie zu entfalten.
Del Rosso versteht unter Liebe offenbar physische Liebe und Lisio Liebe aus Leidenschaft. Nichts einleuchtender, als daß sie über den Sinn des Wortes Schönheit nicht einig sein können.[20]
Da also die Schönheit, die du entdeckst, eine neue Möglichkeit ist, dir Lust zu schaffen, und da die Lust mannigfaltig ist wie die Individuen,
So muß die Kristallisation, die sich im Kopf jedes Menschen bildet, die Farbe der Lust dieses Menschen tragen.
Die Kristallisation der Geliebten eines Mannes oder ihre Schönheit ist nichts anders als die Gesamtheit aller Befriedigungen aller Wünsche, die sich nach und nach in bezug auf sie in ihm formten.
Warum genießt man mit Wonne jede neue Schönheit, die man an dem geliebten Wesen entdeckt?
Weil jede neue Schönheit dir volle und ganze Befriedigung eines Begehrens gibt. Du willst die Geliebte zärtlich, sie ist zärtlich; hernach willst du sie stolz wie die Emilie des Corneille, und obgleich diese Eigenschaften wahrscheinlich unvereinbar sind, erscheint sie augenblicklich mit einer römischen Seele. Das ist die moralische Ursache, warum die Liebe die stärkste der Leidenschaften ist. Bei den andern Leidenschaften müssen sich die Wünsche den kalten Wirklichkeiten anpassen; hier sind es die Wirklichkeiten, die sich eiligst nach den Wünschen formen; somit ist sie die Leidenschaft, bei der die heftigsten Begierden die größten Genüsse erringen.
Es gibt allgemeine Glücksbedingungen, die ihre Herrschaft auf alle Befriedigungen besonderer Begierden erstrecken.
1. Die Geliebte scheint dein Besitz, denn nur du kannst sie glücklich machen.
2. Sie ist Richter deines Verdienstes. Diese Bedingung war sehr wichtig an den galanten und ritterlichen Höfen Franz des Ersten und Heinrichs des Zweiten und an dem eleganten Hofe Ludwigs des Fünfzehnten. Unter einer konstitutionellen und vernunftmäßigen Regierung verlieren die Frauen diesen ganzen Zweig ihres Einflusses.
3. Für die Romantischen werden die Freuden in den Armen der Geliebten um so himmlischer und freier von allem Schmutz gemeiner Gedanken sein, je erhabener ihre Seele ist.
Die Mehrzahl der jungen Franzosen von achtzehn Jahren sind Schüler von J. J. Rousseau; diese Glücksbedingung ist wichtig für sie.
Mitten in diesen Rousseau’schen Einwirkungen, welche die Sehnsucht nach Glück so sehr irreführen, verliert man den Kopf.
Vom Augenblick an, wo er liebt, sieht der besonnendste Mensch keinen Gegenstand so wie er ist. Er unterschätzt seine eigenen Vorzüge und überschätzt die geringste Huld des geliebten Wesens. Furcht und Hoffnung bekommen mit einem Male etwas Romantisches