Und wo bleibt das Positive? - Erwin Heigl - E-Book

Und wo bleibt das Positive? E-Book

Erwin Heigl

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Beschreibung

Wie, wenn überhaupt, kann das Leben zwischen Überfluss und Entfremdung gelingen? Dieser und anderen Zeitfragen spürt der Skeptiker mit subtiler Ironie und untergründigem Humor in diesem Gedichtband nach. Dazwischen lässt er immer wieder erfrischenden Nonsens aufflackern. Dass er dabei meist klassische Formen der Lyrik wählt, kontrastiert eigenwillig mit der Aktualität seiner Themen.

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Seitenzahl: 88

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„Herr Kästner, wo bleibt das Positive?“

Ja, weiß der Teufel, wo das bleibt.

Erich Kästner, 1930

INHALT

G

ESCHICHTEN VOM

H

ERRN

K

NECHT

Der Neumensch

In der Beschränkung zeigt sich der Meister

Leben nach dem Tode

Emissionshandel

Der Garten

Die Trophäe

Volkes Stimme

Der Urlaub

Bescheidenheit

Entwicklung

Wissgier

Schöner scheitern

Verbitterung

Updating

Updates

Raffke

Bewusstseinserweiterung

Das Händi

Downsizing

Werde, der du bist

Zocker unter sich

Der Entdecker

Konjunktivitis

Lebensweisheit

Die Lösung

Lebenslauf

Status

Spätes Jagdglück

Prophylaxe

Ertüchtigung

Vive la liberté

Lottoglück

Introspektion

Versuch und Irrtum

Heitere Gelassenheit

Das Ziel

Das Inserat

Der Kritiker

Freitagabend-Katharsis

Vergeblich

Shades of Grey

Ich rauche, also bin ich

Leben und leben lassen

Freitag, 13

Galgenfrist

Planwirtschaft

Bekehrung eines Realisten

Memento mori

Ethik

Ebenbild

Der Albtraum I

Lösungen I

Ohne Titel

Aufklärung

Freitagabend

Ideal-Ich

Kritik der reinen Vernunft

Das Gott

Gender-Forschung

BILD-ung

Parvenü

Abstammungslehre

Im Hier und Jetzt

Der Albtraum II

Lösungen II

Humanität

Klimawandel

Kritik der reinen Unvernunft

PISA

Werthaltig

Zauderer

Weihnachtsbotschaft 2013

Think Positiv

Der Tierfreund

Bewunderung

Vernissage

Unwillkommener Rat

Ego Shooter

Der Unteilbare

Der Trendsetter

Verhinderter Aufstieg

Self tracking

Sieben Stufen zum Erfolg

Steppenwolf

Mitte rechts, Reihe 2

Rehabilitierung

N

OTIZEN EINES

V

ERWUNDERTEN

augmented reality

Ballade vom guten Leben

Wenn du Hunger hast

Ballade vom schlechten Leben

Political Correctness

Der Querdichter

Medienmacht

Sklaventugend

Lehrstück

Späte Erfüllung

Sehr geehrter Herr Heigl

Beim Scheidungsanwalt

Endlösungen

Im Griff

Herbstnacht

Sein und verwehen

Geburtstagsparty

Globalisierung

Nur die Rose ist ohn warum

Der Nerd

Der Neider

Justitia

Krone der Schöpfung

Jägerlatein

Informationsgesellschaft

Hamlet 2014

Unwillkommener Trost

Public viewing – So sehn Sieger aus

Man gönnt sich ja sonst nichts

Melancholie

Ich laike, also bin ich

Offener Brief an unsere Führer

Offener Brief an unsere Journalisten

Offener Brief an unsere wackeren Architekten

Offener Brief an die Marketing-Abteilung

Offener Brief an unsere Rüstungsbosse

Und wo bleibt das Positive?

GESCHICHTEN VOM HERRN KNECHT

Es strebt der Mensch sein Leben lang

nach freiem, aufrecht-stolzem Gang.

Doch ach, im Grunde gehts ihm schlecht:

Er dünkt sich Herr. Und lebt als Knecht.

DER NEUMENSCH

Ein Philosoph mit Namen Knecht

erkennt: Die Welt ist ungerecht,

beschließt, dieselbe neu zu denken

und sie der Menschheit dann zu schenken.

Zuvörderst macht er Arm und Reich

in der Reformwelt beide gleich.

Die Klugheit wird zur Bürgerpflicht

und Torheit gibt es künftig nicht.

Nicht Banken, Zinsen oder Schulden

wird er in seiner Neuwelt dulden,

nicht Habgier, Raffsucht, Hehlereien,

nicht Neid noch andre Schweinereien.

Auch Krankheit lässt er unterbinden,

man wird nur noch Gesunde finden.

Dass jene sterben, diese leben,

selbst das wirds künftig nicht mehr geben.

Sodann denkt er sich ein Verbot

an Ampeln für die Farbe Rot.

Wer wahre Freiheit will gestalten,

zwingt keinen Menschen anzuhalten.

Hausbesitzer, die vermieten,

wird er ab sofort verbieten.

Blutsauger, Kapitalisten,

Überflieger, Karrieristen,

Ausbeutung und Sklaverei,

Arbeit, Fron und Plackerei,

alles, alles schafft er ab,

was es noch an Unrecht gab.

Voilà, der Mensch! – Ein Geistprodukt,

das sich in keine Knechtschaft duckt! –

Zwar blieb die Welt wie vordem schlecht,

doch Knecht nennt sich fortan Herr Knecht.

IN DER BESCHRÄNKUNG ZEIGT SICH DER MEISTER

Herr Knecht nutzt die Gelegenheit

zu rühmen die Bescheidenheit

bei einem Selters an der Bar.

Nach Schampus, Trüffel, Kaviar.

LEBEN NACH DEM TODE

Herr Knecht empfindet es als schändlich,

dass dieses Leben kurz und endlich.

Er glaubt ein zweites sich dazu

und bringt sich um die ewige Ruh!

EMISSIONSHANDEL

Herr Knecht fährt einen Spritverprasser,

was sein Gewissen nicht tangiert:

Damit er Schadgas reduziert

trinkt er nur Kohlensäurewasser.

DER GARTEN

Herr Knecht, der gern der Muße pflegt,

hat sich nen Garten angelegt

mit Buchsbaumkugeln und Rabatten,

ein Flieder spendet Duft und Schatten.

Ein frisches Bächlein munter plappert,

woran ein Mühlrad fröhlich klappert.

kurz, lieber Leser, stell dir dies

im Geiste vor als Paradies.

Nach wochenlangem pflanzen, pflegen,

beschließt nun Knecht, sich hinzulegen

inmitten seiner Blumenwiese,

dass er der Mühe Frucht genieße.

Nein lieber stell ich an den Pool

den nagelneuen Liegestuhl.

Noch besser: Unter meinem Flieder

leg ich mich jetzt zur Ruhe nieder.

Man hat ja schließlich, sagt sich Knecht,

nach so viel Arbeit auch das Recht ...

Da schreckt ihn hoch der schrille Ton

von dem mobilen Telefon.

Man hats ja explizit zum Zwecke,

dass es an jedem Ort uns wecke.

Zwar könnt mans einfach klingeln lassen,

doch sicher würd man was verpassen.

Nein, diesmal heißts nur „falsche Nummer“. -

Knecht gönnt sich wieder seinen Schlummer.

Das Bächlein gluckst, das Mühlrad rappelt,

im Spinnennetz ne Fliege zappelt,

die Meisen pinken in den Zweigen ...

Da plötzlich, unverhofftes Schweigen:

Der Bach bleibt stumm, das Rad steht still,

dieweil die Pumpe nicht mehr will.

Sogleich fühlt Knecht sich motiviert,

dass er den Schaden repariert.

Ach wie ist der Mensch geplagt,

wenn was Elektrisches versagt.

Doch andrerseits schwellt solcher Frust

auch jedes echten Mannes Brust,

wenn diese Großtat ihm gelang:

Die Mühl geht wieder ihren Gang.

Knecht kehrt zurück und legt sich wieder

zur wohlverdienten Ruhe nieder.

Da reißt ihn jäh aus erstem Schlummer

vom Nachbarhaus ein dumpf Gewummer.

Was dort Musik ist hier bloß Lärm,

der fährt Herrn Knecht tief ins Gedärm.

Doch wehrt sich dieser klug und stracks

mit einer Packung Ohropax.

Da hört er schmerzhaft jetzo Schläge

ner Axt, es jault die Kettensäge.

Sein Nachbar meuchelt einen Baum

und sägt sich tief in Knechtens Traum.

Ein Rasenmäher fängt sodann

ganz jämmerlich zu heulen an

und aus dem linken Nachbarhaus

dringt ekelhafter Zank heraus.

Da schlendert Knecht zu seinen Beeten

und bückt sich tief – zum Unkrautjäten.

Ein Gärtner, das ist wohlbekannt

sich nie beim Nichtstun ganz entspannt,

stets muss er gießen, schneiden binden,

nur so kann Seelenruh er finden.

Sein Lohn ist, ruft ein Gast dann dies:

Du hast ein echtes Paradies!

DIE TROPHÄE

Knecht, dem sein Garten viel Freude macht,

wurde mit einem Preis bedacht:

In Anerkennung für sein Werk

erhielt er den Goldenen Gartenzwerg.

Gleich fügt er ihn auf dem Vertiko

ein in den bunten Nippes-Zoo,

schafft ihm sogar einen Ehrenplatz

und hütet voll Stolz seinen neuen Schatz.

Statt dass Knecht weiter im Garten schafft

spart er nun seine Arbeitskraft,

lehnt sich im Sessel faul zurück,

saugt aus dem Zwerg sein Gärtnerglück.

Der Garten freilich hats übelgenommen:

Der ist in Kürze völlig verkommen.

VOLKES STIMME

Herr Knecht, ein braver Demokrat,

bringt heut sein Opfer seinem Staat.

Der kauft ihm seine Stimme ab

und senkt sie in ein Urnen-Grab.

DER URLAUB

Herr Knecht, nach wochenlanger Fron

am Schreibtisch und am Telefon

vom Sitzen im Büro schon steif,

ist jetzt ganz dringlich urlaubsreif.

Im Reisebüro Knecht erfragt

die Ziele, die grad angesagt.

Am besten fahrn S auf die Beskiden

wird ihm dort freundlich gleich beschieden.

Beziehungsweis wär optional

Südafrika auch ideal.

Auch ne Safari wäre heuer

im Angebot und gar nicht teuer.

Ne Kreuzfahrt durch Polarregionen

würd sich speziell für Sie doch lohnen.

Das Ganze noch zum Schnäppchenpreis

und garantiert auch nicht zu heiß.

Auch China, Nepal, die Seychellen

sind für erlebnisreichen schnellen

Tapetenwechsel zu empfehlen.

Da wird Sie niemand je bestehlen

wie in Brasilien oder Chile:

Dort hat man leider schon sehr viele

Touristen, die mir nicht geglaubt,

bedroht und bis aufs Hemd beraubt ...

Verwirrt verlässt Herr Knecht die Stätte -

wenn er doch ganz in Ruhe hätte

im Netz sein Urlaubsziel gesucht

und online preiswert gleich gebucht.

Sieh da! In Nullkomma Sekunden

hat Knecht per Google gleich gefunden

weit mehr als Hundertzehnmillionen

Lastminute-Reisen, die sich lohnen.

Er kann zu nie geglaubten Preisen

auf einsam stille Inseln reisen,

an Palmenstränden sonnenbaden

und wird vom Häuptling eingeladen.

Nein, lieber sieht im Vatikan

er die berühmten Stanzen an,

Vielleicht wird gar der Heilige Vater? ...

Oder doch lieber mal zum Prater

nach Wien. Und auch den Roten Platz,

sowie den Eberswalder Schatz

sieht Knecht jetzo zum ersten Mal,

ganz fein gepixelt, wie real.

Vom Nordkap bis Südafrika,

von Japan bis Amerika,

vom Iglu zum Apachenzelt

klickt Knecht sich durch die ganze Welt.

So schwinden seine Urlaubstage

und ungelöst bleibt seine Frage:

Wo ist für ihn der einzig richtige

Erholungsort, der ach so wichtige?

Am End spricht Knecht: Wie alle Jahre

mach ichs am besten so: Ich fahre

nicht nach Marokko, nicht nach Polen. –

Ich werd mich im Büro erholen.

BESCHEIDENHEIT

Herr Knecht ist Eitelkeit abhold.

doch wenn ihm einer Beifall zollt,

spricht er bescheiden zu sich: Knecht,

was bist du für ein toller Hecht.

ENTWICKLUNG

Als Herr Knecht ein Jüngling war,

betrank er sich oft an der Bar.

Was heute ihn noch trunken macht

ist nur noch dieses: Macht, Macht, Macht.

WISSGIER

Herr Knecht surft qua PC-Tablet

voll Wissbegier im Internet

um dergestalt sich zu besorgen,

was ihm die Wirklichkeit verborgen.

Exempelsweis, ob Kragenbären

durch Eierlegen sich vermehren.

und ob sie ihre weißen Kragen

denn auch an Wochentagen tragen.

Er tut im Netz nur einen Klick

auf Google und im Augenblick

liegt ihm die ganze Welt zu Füßen

(Herr Orwell lässt ihn herzlich grüßen).

Millionen Seiten in Sekunden!

Doch danach folgen tausend Stunden,

die er sich durch das Spinnnetz kämpft,

was seine Wissgier heftig dämpft.

Am End beschließt er resigniert,

dass er den Brockhaus konsultiert.

Die Antwort ist dann: Nein und ja.

Da seufzt Herr Knecht: Ich ahnt es ja!

SCHÖNER SCHEITERN

Herr Knecht liest: Es ist Mode jetzt,

dass man sich klare Ziele setzt.

Frühmorgens, als er noch im Bette,

schließt er mit sich die erste Wette.

Er zählt genau von eins bis zehn,

um dann ganz pünktlich aufzustehn.

Nein, lieber zählt er doch bis hundert

und stellt dann fest, total verwundert,

dass er das Aufstehn heut nicht schafft.

Ihm fehlt es dazu schlicht an Kraft. –

Gen Mittag endlich wird das Ruhn

Knecht doch zu viel. Er wird was tun:

Zum Beispiel seinen Rasen mähn,

zuvor jedoch zum Bäcker gehn,

nein, erst wird er die Zeitung lesen,

damit, was gestern ist gewesen,