2,49 €
Eiskalt gibt Max DeLuca sich als Geschäftsmann. Doch Lilli sieht auch das glühende Verlangen, als sie zum ersten Mal in seine dunklen Augen schaut. Vor aufdringlichen Gläubigern ist sie zu ihm, dem Bruder ihres verstorbenen Freundes, geflüchtet. Bei Max hofft sie auf Schutz für sich und ihr ungeborenes Kind - und fühlt sich jetzt ihren eigenen Gefühlen schutzlos preisgegeben. Denn für den erfolgreichen Millionär zählt nur das Geld. Obwohl auch er die Leidenschaft nicht ignorieren kann, die zwischen ihnen lodert, bietet er Lilli ein Geschäft an ...
Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:
Seitenzahl: 204
Leanne Banks
Unter dem Schutz des Millionärs
IMPRESSUM
BACCARA erscheint im CORA Verlag GmbH & Co. KG, 20350 Hamburg, Axel-Springer-Platz 1
© 2008 by Leanne Banks Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V., Amsterdam
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1563 2009 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Kai Lautner
Fotos: Harlequin Books S.A.
Veröffentlicht im ePub Format im 01/2011 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
eBook-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 978-3-86295-529-9
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Führung in Lesezirkeln nur mit ausdrücklicher Genehmigung des Verlages. Für unaufgefordert eingesandte Manuskripte übernimmt der Verlag keine Haftung. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
„Sie sind also schwanger, und mein Bruder ist der Vater des Kindes?“
Lilli McCall legte instinktiv eine Hand auf ihren schon recht gewölbten Bauch und musterte Maximillian DeLuca. Sie hatte ihn und seinen Begleiter nur zögernd in ihre kleine Wohnung in Las Vegas gelassen, denn sie war nicht ohne Grund misstrauisch. Hatte sie doch seit dem Tod Tony DeLucas vor zwei Wochen schon einige höchst unwillkommene Besucher gehabt.
Die Familienähnlichkeit zwischen Tony und Max war ihr schon aufgefallen, als es geklingelt und sie durch den Spion geschaut hatte. Beide Männer besaßen einen gebräunten Teint, und ihre Gesichtszüge waren ähnlich, nur dass der Mann, der jetzt vor ihr stand, nicht ganz so gut aussah wie Tony. Durch sein Lächeln, seinen Charme und, wie sie zu spät herausgefunden hatte, durch seine Lügen hatte Tony allen Menschen bewiesen, dass er das Leben auf die leichte Schulter nahm. Anders Max. Sein Gesicht wirkte hart, seine Miene war undurchdringlich.
Von Tony hatte sie einiges über seinen Bruder Max erfahren. Vor allem hatte er sich oft darüber beklagt, wie verschlossen Max war, selbst seiner Familie gegenüber. Tony nannte ihn einen Mann aus Stahl, der nichts von sich preisgab.
Lilli hatte sich aus gutem Grund von Tony getrennt. Sie wollte weder mit ihm und seinen Freunden noch mit seiner Familie irgendetwas zu tun haben.
„Miss McCall?“, setzte Max noch einmal an.
Sie holte tief Luft, dann nickte sie rasch und versuchte, sich von dem großen Mann nicht einschüchtern zu lassen. „Ja. Wir haben uns kennengelernt, kurz nachdem meine Mutter gestorben war, aber es lief nicht besonders gut zwischen uns“, erläuterte sie mit einer Stimme, die ihr selbst fremd vorkam.
„Es ist nicht nötig, dass Sie mir das alles haarklein auseinandersetzen. Ihnen ist bekannt, dass mein Bruder bei einem Autounfall ums Leben gekommen ist. Ein Testament oder sonstige Vorsorge für eventuelle Kinder sind nicht vorhanden, also …“
„Ich habe auch nichts von ihm erwartet“, unterbrach sie ihn schnell.
Einen Moment sah er sie irritiert an, dann fragte er zweifelnd: „Tatsächlich?“
Sein Ton ärgerte sie. „Tatsächlich“, gab sie zurück. „Nach dem Tod meiner Mutter hat sich Tony sehr um mich gekümmert, aber mir ist bald klar geworden, dass ich in seiner Welt nichts zu suchen habe.“
„Und weshalb?“
„Ich …“ Sie zögerte, als sie sich an jene schicksalhafte Nacht erinnerte, nach der sie sich von ihm getrennt hatte. „Unsere Werte waren nicht dieselben, wir hatten einfach nicht die gleiche Lebenseinstellung. Mein Kind sollte in anderen Verhältnissen aufwachsen.“
Er schaute auf ihren Bauch. „Ein bisschen spät für diese Entscheidung, oder?“, bemerkte er.
„Sicher“, gab sie zu. „Aber ich habe die Wahl, mich auf das Baby zu konzentrieren oder auf meine Versäumnisse. Letzteres hilft mir nicht weiter. Da ich von Tony nichts erwartet habe, ist es nicht nötig, dass Sie …“
„Ich bin anderer Meinung“, sagte er und nickte dem Mann zu, der hinter ihm stand. „Gib mir bitte die Unterlagen, Jim. Darf ich Ihnen Jim Gregory vorstellen, Lilli? Sie werden sich erinnern, dass er schon ein paar Mal versucht hat, mit Ihnen zu sprechen.“
Lilli warf dem älteren Mann einen kurzen Blick zu und erkannte ihn. „Tut mir leid“, erwiderte sie. „Ich lebe allein und mache die Tür normalerweise nicht auf, wenn ich die Person, die draußen steht, nicht kenne.“
„Das verstehe ich“, bemerkte Jim, und Lilli entdeckte in seinen Augen etwas wie Mitgefühl. „Hier sind die Unterlagen, Max“, fuhr er fort und zog einige Papiere aus einem großen braunen Umschlag. Die reichte er Max DeLuca zusammen mit einem Füllfederhalter.
Max gab beides an Lilli weiter. „Es handelt sich um ein recht einfaches Dokument. Sie erhalten jetzt sofort eine Million Dollar und eine weitere Million, sobald das Kind fünfundzwanzig Jahre alt wird, wenn Sie auf das Erbe meines Bruders verzichten. Im Falle Ihres Todes oder der Vernachlässigung des Kindes durch Sie stimmen Sie zu, die Vormundschaft einer Person meiner Wahl zu übertragen.“
Lilli starrte ihn fassungslos an.
„Es steht alles da drin.“ Max wies auf die Dokumente. „Wenn Sie Fragen haben, wenden Sie sich gern jederzeit an mich.“
Ihre Hände begannen zu zittern. Mit einer heftigen Geste gab sie ihm die Papiere zurück. „Sind Sie verrückt geworden?“
„Hab ich’s nicht gesagt?“, wandte sich Max an Jim. „Sie will noch mehr Geld.“
Verblüfft schaute Lilli ihm ins Gesicht. „Sie sind tatsächlich nicht bei Verstand. Haben Sie nicht gehört, was ich vorhin gesagt habe? Ich habe von Tony nichts erwartet, und ich erwarte auch nichts von Ihnen. Wenn Sie auch nur eine Sekunde glauben, dass ich jemand völlig Fremdem mein Kind überlasse, dann haben Sie nicht alle Tassen im Schrank.“
„Diese Klausel soll das Kind nur im Fall Ihres Todes schützen oder falls Sie auf die schiefe Bahn geraten.“ Max legte die Dokumente auf den Marmortisch, den sie von ihrer Mutter geerbt hatte. „Lesen Sie es gut durch, und schlafen Sie eine Nacht darüber. Über die Summe lässt sich sicher noch reden.“
Sie schnappte sich die Mappe und hielt sie ihm hin.
Kopfschüttelnd wies er sie zurück. „Ihre geheuchelte Empörung können Sie sich sparen. Ein Kind kostet eine Menge Geld, außerdem sind Sie alleinerziehend, was die Sache für Sie noch schwieriger macht. Denken Sie an die Bedürfnisse des Kindes. Denken Sie daran, um wie viel besser Sie sein Leben mit all dem Geld gestalten können.“ Er machte eine Pause und sah sie durchdringend an. „Ich melde mich“, fügte er noch hinzu, ehe er sich zum Gehen wandte.
Sobald die beiden Männer ihr Apartment verlassen hatten, schob Lilli den Riegel vor. Sie war wütend und beleidigt. Empört ging sie im Zimmer auf und ab. Was fiel diesem Typ ein? Was glaubte er, wer er war? Kam hierher und redete mit ihr, als sei sie ein Flittchen.
Natürlich gab es ein paar Dinge, die ein schlechtes Licht auf sie warfen, abgesehen von der Tatsache, dass es besser gewesen wäre, sich erst gar nicht mit Tony einzulassen. Sie würde bald eine ledige Mutter sein. Na und? Alle Menschen machten Fehler. Wichtig war, dafür geradezustehen und sich nicht unterkriegen zu lassen.
Obwohl die Schwangerschaft alles andere als geplant war, hatte Lilli sich vorgenommen, die beste Mutter der Welt zu werden. Und obwohl sie wusste, dass es schwierig sein würde, ein Kind ganz allein großzuziehen, fühlte sie sich, seit sie wusste, dass sie ein neues Leben in sich trug, nicht mehr ganz so allein.
Sie ging ins Kinderzimmer, das schon fast fertig war, und atmete tief durch. Die Wände waren in einem fröhlichen frischen Gelb gestrichen, und es gab ein großes Stoffbild mit Noahs Arche. Die daran befestigten Plüschtiere konnte man abnehmen. Über der Wiege schwebte ein Mobile mit Schmetterlingen und Vögeln. Sobald sie ihr nächstes Gehalt bekam, wollte Lilli Bettwäsche für die Wiege kaufen und eine kleine blaue Decke für ihren Kleinen.
Unwillkürlich legte sie erneut eine Hand auf ihren Bauch, als ihre Gedanken zu Max DeLuca schweiften. Noch nie hatte sie einen Mann wie ihn getroffen. Er war arrogant, gemein und uncharmant. Jedenfalls ihr gegenüber. Allerdings konnte sie nicht leugnen, dass er sie unter anderen Umständen wohl fasziniert hätte. Doch sie fand auch Löwen faszinierend und wäre nie auf die Idee gekommen, sich in ihre Reichweite zu begeben.
„Na, das lief ja prima“, bemerkte Jim trocken, als er mit Max zurück zu dem schwarzen Ferrari ging.
Während er mit einer Hand die Fernbedienung drückte, um die Türverriegelung zu öffnen, lockerte Max mit der anderen seine Krawatte ein wenig und glitt dann hinters Steuer. Er fuhr gern selbst, weil es ihm die Illusion verschaffte, alles unter Kontrolle zu haben. „Ich könnte Tony den Hals umdrehen“, murmelte er, obwohl sein Schmerz über den Verlust des Bruders noch ganz frisch war. „Er wäre bald Vater geworden. Warum hat er sich nicht darum gekümmert, dass sein Kind anständig versorgt ist?“
„Du räumst ja nicht das erste Mal die Scherben weg, die dein Bruder hinterlässt“, erwiderte Jim. „Aber sag mal: Musstest du dich ihr gegenüber so herablassend benehmen?“
Max kannte Jim seit seiner Kindheit, und das war der einzige Grund, weshalb er dem Älteren gestattete, so direkt zu sein. „Sie hat mich überrascht“, gab er zu und schaltete, nachdem er die Autobahnauffahrt genommen hatte, in den vierten Gang. „Ich bin davon ausgegangen, dass sie eine dieser billigen Tänzerinnen ist, die er ständig aufgerissen hat.“
„Obwohl ich dir gesagt habe, dass sie Prophylaxeassistentin ist und Kindern Zahnhygiene beibringt?“
„Ich dachte, das wäre einfach nur ein Job, der ihr nichts bedeutet. Vielleicht habe ich sie nicht ganz richtig eingeschätzt.“ Er schüttelte den Kopf. „Sie wirkt auf mich seltsamerweise so bodenständig. Und abgesehen von ihrer Schwangerschaft muss sie eine verdammt gute Figur haben. Hast du ihre Hausschuhe gesehen? Mit Häschen drauf.“
Jim lachte. „War nicht zu übersehen.“
„Sie trug noch nicht einmal Make-up, und ihre Haarfarbe scheint nicht aus der Tube zu stammen. Irgendwie kam sie mir sanft vor, irgendwie so natürlich“, fügte er hinzu. „Sie ist überhaupt nicht Tonys Typ.“
„Sie muss es aber eine Weile gewesen sein“, gab Jim zu bedenken.
Max spürte eine ungewohnte Zärtlichkeit. Was für ein Glück Tony gehabt hatte, ihr zu begegnen! Eine solche Frau ließ man nicht einfach sitzen. Jedenfalls nicht, wenn Max sich in ihr nicht vollkommen täuschte. „Stimmt“, erwiderte Max. „Er konnte sich glücklich schätzen.“
Lilli war jene unwiderstehliche Kombination aus sanft und sexy, nach der sich jeder Mann sehnte. Ohne es zu wollen, stellte er sich vor, wie sich ihre Lippen auf seiner Haut anfühlen würden. Es erregte ihn, und er verdrängte den Gedanken schnell wieder. Die Frauen, mit denen sich sein Bruder abgab, hatten ihn noch nie interessiert. Er schaltete die Klimaanlage eine Stufe höher und ließ kühle Luft in sein Gesicht blasen.
„Mein Angebot hat sie ziemlich wütend gemacht“, sagte er leicht amüsiert. Lilli hatte ausgesehen, als wäre sie ihm gern an die Gurgel gegangen. Er fand ihre Reaktion ungewöhnlich und irgendwie sehr anziehend.
Das änderte jedoch nichts an der Tatsache, dass jeder Mensch seinen Preis hatte. Selbst eine blonde Frau mit rosigen Wangen, verführerischen Lippen und blitzblauen Augen, die funkelten, wenn sie wütend war. „Sie wird das Geld annehmen“, bemerkte er zu Jim und beschleunigte den Ferrari noch einmal. „Das tun sie alle.“
Max hatte vor, die Scherben, die sein Bruder hinterlassen hatte, gründlich zusammenzukehren. Darin hatte er genug Erfahrung, denn bereits sein Vater hatte ihm das Familienunternehmen als Scherbenhaufen hinterlassen. Max hatte zehn Jahre gebraucht, um den guten Ruf der Familie und der Firma wiederherzustellen. Allerdings hatte sich sein Einsatz dreifach ausgezahlt. Seit Megalos Resorts mit DeLuca Inc. fusioniert hatte, waren die Aktien in die Höhe geschnellt. Um die kreativen, hochintelligenten und engagierten Top-Manager in der Firma zu halten, zahlte er ihnen achtstellige Gehälter.
DeLuca senior war zwar aus dem Vorstand des Unternehmens hinausgeworfen worden, doch Max war entschlossen, es selbst an die Spitze des Unternehmens zu schaffen. Nichts konnte ihn aufhalten, auch nicht eine kesse Blondine, die zufälligerweise von einem DeLuca schwanger war.
Als Lilli am nächsten Abend die Zahnarztpraxis verließ, wo sie arbeitete, verzog sie das Gesicht, als sie ihre schmerzenden Finger bewegte. Timmy Johnson, der kleine Dreikäsehoch, konnte es nie lassen, bei der Behandlung auf ihrem Zeigefinger zu kauen. Die Gummihandschuhe, die sie bei der Arbeit trug, schützten nicht vor kleinen Nagern wie Timmy.
Es gab zwei Gründe, weshalb sie an drei Abenden die Woche Überstunden machte. Erstens erhöhte sich ihr Stundenlohn nach fünf Uhr, und zweitens hatte sie Abends sowieso nichts vor. Sie gehörte nicht zu den Frauen, die oft auf Partys gingen. Diese Phase in ihrem Leben hatte sie hinter sich.
Sie kramte in ihrer Handtasche nach dem Autoschlüssel, während sie hinüber zu ihrem verlässlichen, vier Jahre alten Toyota Corolla ging. Doch als sie ihren Wagen fast erreicht hatte, traten wie aus dem Nichts zwei Männer auf sie zu. Sie waren beide etwa Mitte zwanzig und sahen einander so ähnlich, als wären sie Zwillinge.
„Sind Sie Lilli McCall?“, fragte der eine.
Der Mann kam ihr irgendwie bekannt vor, obwohl sie sich nicht an seinen Namen erinnern konnte. War es einer von Tonys Kumpels? Nervös fragte sie: „Warum wollen Sie das wissen?“ Unwillkürlich wich sie zurück.
Beide Männer folgten ihr. „Wir hatten gehofft, Sie könnten uns helfen.“
Sie biss sich auf die Unterlippe und machte noch einen Schritt rückwärts. „Ich?“ Die Stimme drohte ihr zu versagen, und sie räusperte sich. „Wie könnte ich Ihnen helfen?“
„Wir sind wegen Tony hier“, erklärte einer der Männer. „Er hat bei uns Schulden hinterlassen. Da wir wissen, dass Sie mit ihm zusammen waren, dachten wir, Sie könnten uns vielleicht weiterhelfen.“
Sie schüttelte den Kopf. „Tony und ich haben schon vor langer Zeit Schluss gemacht.“
„So lange kann das noch nicht her sein“, bemerkte der andere mit Blick auf ihren gewölbten Bauch. „Das Baby dürfte der Familie DeLuca einiges wert sein. Sicher hat Tony Ihnen genug hinterlassen.“
„Hat er nicht“, gab sie scharf zurück, obwohl sie innerlich vor Angst zitterte. „Schauen Sie sich mein Auto an. Sieht das etwa neu aus? Ich arbeite als Prophylaxeassistentin. Sehe ich aus wie jemand, der Geld hat?“
Die beiden Männer runzelten die Stirn.
„Vielleicht verbergen Sie Ihren Reichtum bloß.“
Genervt und gleichzeitig ängstlich schüttelte sie den Kopf. „Das tue ich nicht. Lassen Sie mich in Ruhe.“
„Das fiele uns leichter, wenn wir unser Geld hätten.“ Einer der Männer zog eine Visitenkarte hervor und kam auf sie zu.
Lilli wäre am liebsten weggerannt, doch ihre Beine gehorchten ihr nicht. Der Mann drückte ihr die Karte in die Hand. „Rufen Sie mich an, wenn Ihnen wieder eingefallen ist, wo Sie das Geld aufbewahren. Falls nicht, werden wir uns um Sie kümmern.“
Ängstlich sah sie den beiden Männern nach, die sich entfernten. Ihr war plötzlich übel. Wie lange würden diese Typen noch hinter ihr her sein? Und wie viele sogenannte Freunde besaß Tony noch?
Sie atmete tief durch, während sie zu ihrem Wagen eilte und hastig einstieg. Dabei überlegte sie, ob es besser war, die Stadt zu verlassen. Doch ein Umzug kostete Geld, und sie wollte die paar Freunde, die sie besaß, nicht verlieren. Die Vorstellung, sich mit einem Neugeborenen in einer völlig fremden Umgebung wiederzufinden, ängstigte sie.
Auf der Fahrt nach Hause ging sie sämtliche Möglichkeiten, die ihr blieben, durch. Als sie endlich zu Hause war, zog sie ein weites, ärmelloses Top an, das ihren Bauch verbarg, dazu ein Paar Frotteeshorts. Um endlich auf andere Gedanken zu kommen, ließ sie sich auf dem Sofa nieder und schaltete den Fernseher ein, wo eine Arztserie lief, die sie mochte.
Fünf Minuten später klingelte es an der Haustür. Sie seufzte und hoffte, dass es ihre beste Freundin Dee war, die früher mit der Arbeit fertig war als sonst. Ehe sie die Tür erreichte, klingelte es erneut. Sie schaute durch den Spion, doch das Licht im Hausflur brannte nicht, sodass sie nur den Schatten eines Mannes erkennen konnte.
Entnervt hämmerte sie gegen die Tür. „Hauen Sie endlich ab! Ich habe von Tony kein Geld bekommen! Ich …“
„Miss McCall“, unterbrach sie der Mann von draußen.
Lilli erkannte die Stimme sofort. Es war der Mann aus Stahl. Unsicher nagte sie an ihrer Unterlippe.
„Lilli“, sagte Max DeLuca, „darf ich reinkommen?“
Sie schaute an sich hinunter. Zwar war sie nicht gerade im Bikini, aber durchaus nicht passend angezogen. „Ich bin nicht auf Besucher eingestellt“, rief sie.
„Es dauert nicht lange“, beharrte er.
Lilli unterdrückte einen Seufzer und öffnete die Tür. „Ich glaube nicht, dass wir noch etwas zu be…“
Max ging einfach an ihr vorbei in ihre Wohnung. Er trug einen schwarzen Anzug, der vermutlich mehr gekostet hatte als ihr Auto. Jetzt, da sie ihm zum zweiten Mal begegnete, begriff sie auch, weshalb Tony seinen älteren Bruder nicht gemocht hatte. Max war größer, seine Schultern breiter, und er wirkte voller Selbstvertrauen. Lilli nahm an, dass Max DeLuca mit jeder Situation fertig wurde, egal, wie er gerade gekleidet war. Sein Gesicht war hart, doch es gab da einen leichten sinnlichen Zug um seinen Mund, und seine dichten schwarzen Wimpern verliehen seinen Augen eine seltsame Anziehungskraft.
Bestimmt konnte er eine Frau mit einem Blick herumkriegen, wenn er es darauf anlegte. Er war atemberaubend männlich, und vermutlich brauchte er eine Frau, die ebenso willensstark und voller Selbstvertrauen war wie er. Dazu musste sie natürlich eine Schönheit sein. Lilli war klar, dass diese Beschreibung auf sie selbst absolut nicht zutraf.
Max sah sie aufmerksam an. „Weshalb reden sie ständig von meinem Bruder und seinem Geld?“
Sie schaute ihm in die Augen. „Nach Tonys Tod kamen einige seiner Geschäftskollegen bei mir vorbei, um seine Schulden einzutreiben.“
Er runzelte die Stirn. „Bei Ihnen? Warum?“ Sein Tonfall wurde zynisch. „Waren Sie in seine Unternehmungen verwickelt?“
„Keineswegs. Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich mit Tony bereits vor über sechs Monaten Schluss gemacht habe.“ Sie dachte an jene schreckliche letzte Nacht und schloss die Augen, um das Bild loszuwerden. „Wir waren nur vier Monate lang zusammen.“
„Lang genug für Sie, um schwanger zu werden.“
Sein Ton hatte etwas Beleidigendes, und Lilli hob kampfbereit das Kinn. „Nur für den Fall, dass Sie im Biologieunterricht nicht aufgepasst haben – um schwanger zu werden, braucht es keine vier Monate. Es genügt ein einziges Mal. Einmal nicht aufgepasst, und schon …“ Sie schüttelte den Kopf. „Hören Sie zu. Ich habe Sie nicht gebeten, hierher zu kommen, mich zu beleidigen, mir einen dicken Scheck unter die Nase zu halten und mir zu drohen, mir mein Kind wegzunehmen, falls Ihnen meine Art, den Jungen zu erziehen, nicht gefällt.“
„Also wird es ein Junge?“
„Ja“, antwortete sie und spürte, wie sich das Kind bewegte. Sie strich über ihren Bauch und beobachtete, wie Max sie von Kopf bis Fuß musterte. Er ließ seinen Blick ziemlich ausgiebig auf ihren Beinen und ihren Brüsten verweilen, ehe er ihn zu ihren Lippen wandern ließ. Unter der Intensität dieses Blicks wurde ihr heiß.
Endlich sah er ihr in die Augen. „Wie viele Männer waren es denn, die gekommen sind, um Geld zu verlangen?“
„Fünf oder sechs“, erwiderte sie. „Normalerweise erscheinen sie immer zu zweit. Ich mache nicht mehr auf, wenn ich nicht weiß, wer draußen steht.“
„Das heißt, es ist drei oder vier Mal passiert?“
„Eher sieben oder acht Mal“, gab sie zu. „Dazu kommen noch die zwei Kerle, die mir heute Abend auf dem Parkplatz vor meiner Arbeitsstelle aufgelauert haben.“
Er schwieg einen Moment und nickte dann. „Sie sollten nicht allein in dieser Wohnung bleiben. Weshalb kommen Sie nicht mit mir und wohnen bei mir? Mein Haus verfügt über zehn Schlafzimmer und ausreichend Personal, dazu die üblichen Sicherheitsvorkehrungen.“
Verblüfft starrte sie ihn an. „Übertreiben Sie nicht ein bisschen? Ich denke, die Typen werden aufhören, hier zu klingeln, wenn sie merken, dass hier nichts zu holen ist.“
„Aber bei Ihnen ist etwas zu holen“, entgegnete Max. „Sie sind von einem DeLuca schwanger. Haben Sie irgendwelche Informationen über diese Männer?“
„Einer der Typen von heute Abend hat mir seine Visitenkarte gegeben.“
„Bitte, holen Sie sie“, forderte er sie so ruhig und höflich auf, dass sie unsicher wurde.
„Na gut“, sagte sie und ging in ihr Schlafzimmer, um die Karte aus ihrer Handtasche zu holen. Sie kam zurück und gab sie Max.
„Jim soll herausfinden, wer dahintersteckt“, sagte er und sah sie eindringlich an. „Sie haben sich mit einem DeLuca eingelassen, Lilli. Wir sind eine mächtige Familie, und es gibt eine Menge Leute, die uns hassen und uns schaden wollen. Wenn Sie für die Sicherheit Ihres Babys sorgen wollen, dann sollten Sie mit mir kommen.“
Lilli schüttelte den Kopf. „Ich kenne Sie doch kaum. Weshalb sollte ich meine Wohnung aufgeben, um bei Ihnen zu leben?“
„Weil ich für Ihre Sicherheit garantieren kann“, wiederholte er ungeduldig. „Diese Tür dort drüben – finden Sie die stabil genug, um einen Eindringling abzuwehren, der alles daransetzt, hier hereinzukommen?“
Bei seinen Worten stieg unwillkürlich Furcht in ihr auf, aber sie wehrte sich dagegen. „Sie versuchen, mir Angst einzujagen.“
„Nein, das tue ich nicht“, erwiderte er. „Ich versuche, Sie und meinen Neffen zu beschützen.“
Das berührte sie auf eine seltsame Weise. Während Tony alles getan hatte, jegliche Verantwortung von sich zu weisen, übernahm Max DeLuca sie, als ob es das Selbstverständlichste der Welt sei. Konnten zwei Brüder so verschieden sein? „Woher soll ich wissen, dass Sie nicht wie er sind?“, fragte sie.
Er zog eine Augenbraue hoch. „Wie wer? Wie Tony?“ Er lachte hart. „Ich bin definitiv nicht wie mein Bruder. Und auch nicht wie mein Vater.“
Sie fragte sich, was er damit meinte, denn aus seiner Miene konnte sie entnehmen, dass hinter seiner Bemerkung wohl eine lange Geschichte steckte. Eine Geschichte, von der sie sich nicht sicher war, ob sie etwas darüber wissen wollte. Es war offensichtlich, dass Max eine Entscheidung erwartete, doch sie wollte nicht nachgeben. „Das Einzige, was ich von Ihnen weiß, ist das, was Tony mir erzählt hat.“
Max nickte langsam. „Und das wäre?“
Lilli zögerte. „Ich glaube nicht, dass ich Ihnen das sagen sollte.“
„Gut, dann rate ich mal. Tony hat gesagt, ich wäre herzlos, rücksichtslos, langweilig, machtgierig und habsüchtig.“
„Ich bin nicht sicher, ob er diese Worte verwendet hat, aber ich weiß, dass er Sie einen Mann ohne Herz und mit einem eisernen Willen nannte. Und, ja, er sagte, Sie seien rücksichtslos.“
Max nickte. „Dachte ich mir. Ich kann rücksichtslos sein, und ich gebe weder meine Gedanken noch meine Gefühle preis. Aber sagen Sie mir eins: Wenn ich wirklich völlig rücksichtslos wäre, würde ich mich dann um Ihre Sicherheit und die des Kindes sorgen?“
Gutes Argument, dachte sie. Doch dieser Mann machte sie trotzdem nervös.
„Was sagt Ihnen denn Ihr Instinkt über mich?“, fragte er nun.
Sie nagte an ihrer Unterlippe. „Mein Instinkt hat mich seit dem Tod meiner Mutter ab und zu im Stich gelassen“, gab sie zu. „Ich weiß nicht, ob ich ihm noch trauen kann.“
Seine Miene war undurchdringlich, als er erwiderte: „Dann müssen Sie wählen. Vertrauen Sie dieser Tür dort drüben, wenn die Kerle wiederauftauchen, die Sie bedroht haben, oder vertrauen Sie mir?“
„Diese Situation ist verrückt, Dee“, sagte Lilli.
Max, der gerade durch die halb geöffnete Glastür auf die Terrasse treten wollte, hielt inne und beobachtete Lilli, die auf und ab ging, während sie mit ihrem Handy telefonierte. Nachdem sie die Nacht schließlich doch in seinem Haus verbracht hatte, wirkte sie aufgewühlt und nervös. Er konnte sich nicht erinnern, dass er jemals so viel Überredungskunst gebraucht hatte, um eine Frau dazu zu bringen, bei ihm zu übernachten. Und diese hier hatte noch nicht einmal in seinem Bett geschlafen.
„Oh, es ist nur vorübergehend“, redete Lilli weiter. „Definitiv.“
Max wandte sich um und wollte gehen.
„Ich gehöre nicht hierher, und ich bin sicher, dass Max DeLuca froh wäre, wenn ich vom Erdboden verschwinden würde.“