Until You: June - Aurora Rose Reynolds - E-Book

Until You: June E-Book

Aurora Rose Reynolds

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Beschreibung

June Mayson ist sicher, in Evan Barrister ihre große Liebe gefunden zu haben, als sie ihn Hals über Kopf nach ihrem Kennenlernen heimlich heiratet. Kurz darauf muss er ins Boot Camp der Marine Corps, und June verspricht, auf ihn zu warten. Womit sie nicht gerechnet hat, sind die Scheidungspapiere, die wenige Wochen später bei ihr eintreffen. Da sich Evan am anderen Ende der Welt befindet, muss sie ihn mit gebrochenem Herzen loslassen. Als June nach dem College-Abschluss nach Tennessee zurückkehrt, erfährt sie, dass Evan aufgrund eines Jobs ganz in der Nähe lebt. Wütend und verletzt wegen seines Handelns, tut sie alles, um ihm aus dem Weg zu gehen. Doch wie kann sie den Schmerz in seinen Augen ignorieren? Sie kämpft gegen das Bedürfnis an, nach einer scheinbar schweren Zeit für Evan da zu sein. Doch je näher sie ihm kommt, desto schwieriger wird es, sich nicht noch einmal in ihren Gefühlen für diesen Mann zu verlieren ...

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Seitenzahl: 392

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NEW YORK TIMES UND USA TODAY BESTSELLER AUTORIN

AURORA ROSE REYNOLDS

UNTIL YOU

JUNE

Contemporary Romance

Aus dem Amerikanischen von Friedericke Bruhn

UNTIL YOU: JUNE

Aurora Rose Reynolds

© Die Originalausgabe wurde 2016 unter demTitel UNTIL JUNE von Aurora Rose Reynolds veröffentlicht.

© 2018 Romance Edition Verlagsgesellschaft mbH8712 Niklasdorf, Austria

Covergestaltung: © SturmmöwenTitelabbildung: Copyright @ 2016 ARR-INC.Korrektorat: Melanie Reichert

ISBN-Taschenbuch: 978-3-903130-60-9ISBN-EPUB: 978-3-903130-61-6

www.romance-edition.com

Für meine Jungs, denen mein Herz gehört.

Inhalt

Prolog

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

Danksagung

Die Autorin

Leseprobe

Auschnitt 1. Kapitel

Auschnitt 3. Kapitel

Prolog

June

Als ich mein Spiegelbild betrachte, zucke ich zusammen. Mein Haar ist ein Desaster, unter meinen Augen liegen dunkle Ränder und das Nachthemd, das ich anhabe, zählt nicht zu meinen hübschesten. Meine Schwester December hat es mir als Scherz geschenkt. Es ist bequem, deshalb trage ich es gelegentlich dennoch, obwohl es für Frauen gemacht ist, die dreimal so alt sind wie ich. Die Ellenbogen auf den Tisch vor mir gestützt, lasse ich meine Finger durch meine Haare gleiten, streiche mir die Strähnen aus dem Gesicht und starre auf den Tisch, an dem ich sitze.

»Ich hasse Männer«, flüstere ich in den leeren Verhörraum hinein, wo ich, wie mir vor über einer Stunde gesagt wurde, warten solle, nachdem die Polizei meine Haustür eingetreten und mich aus dem Bett gezerrt hat.

Ich hebe den Blick, betrachte mich ein weiteres Mal im Einwegspiegel und schwöre, dass ich lesbisch werde, sobald ich aus diesem Schlamassel wieder raus bin, in den mich mein Exfreund gebracht hat.

»June Mayson.« Ich blicke über meine Schulter nach hinten zur offenen Tür und sehe einen Mann, der mich an meinen Dad erinnert.

Obwohl er bestimmt Mitte vierzig ist, wirkt er, als wäre die Zeit spurlos an ihm vorbeigegangen. Er hat dunkles, kurz geschnittenes Haar, das an der Seite gescheitelt ist. Seine blauen Augen und sein gebräunter Teint sind ein starker Kontrast zu seinen dunklen Wimpern. »Ich bin Officer Mitchell und das hier ist Officer Plymouth.« Mit einem Kopfnicken deutet er auf den Mann, der ihm in den Raum folgt. Dessen Blick und gerunzelter Stirn nach zu urteilen, spielt er hier wohl die Rolle des bösen Cops. Die Zeit ist ihm nicht so freundlich gewogen gewesen wie Officer Mitchell. Er sieht aus, als hätte er sich das ein oder andere Bier zu viel in seinem Leben gegönnt. Er ist rundlich und seine gelblich wirkende Haut sieht nicht sonderlich gesund aus.

Ich nicke und verschränke die Arme vor der Brust, ehe ich über meine Oberarme streiche. Die kühle Luft aus der Klimaanlage über mir lässt mich frösteln.

»Möchten Sie etwas trinken?«, fragt Officer Mitchell, als er sich gänzlich in den Raum geschoben hat.

Kopfschüttelnd murmle ich ein: »Nein danke.«

»Heiße Schokolade?«, bietet er an und ich merke, wie Tränen hinter meinen Lidern zu brennen beginnen.

Seit ich klein war, hat mir mein Dad immer eine heiße Schokolade gemacht, wenn ich einen schlechten Tag hatte. Seine heiße Schokolade hat magische Kräfte, die stets alles wieder gut erscheinen lässt, aber ich bezweifle, dass die der Polizeistation den gleichen Effekt hätte. »Nein danke, ich möchte nur wissen, warum ich hier bin«, sage ich, als er mir gegenüber auf dem metallenen Stuhl Platz nimmt und eine dicke Akte zwischen uns auf den Tisch legt.

»Wir werden hier wahrscheinlich eine Weile verbringen, deshalb möchte ich, dass Sie sich wohlfühlen«, erwidert er fürsorglich.

Ich sehe zu Officer Plymouth hinüber, der an der Wand lehnt, und dann wieder zu ihm. »Ich möchte nicht unhöflich sein, Mr Mitchell, aber ich würde gern direkt zur Sache kommen. In ein paar Stunden muss ich unterrichten und dort wirklich pünktlich erscheinen.«

»Ich fürchte, dass Sie Ihren Unterricht heute nicht wahrnehmen können werden, Miss Mayson.«

Ich schließe für einen Moment die Augen. »Könnte ich etwas zum Überziehen bekommen?«

Überraschenderweise schlüpft Officer Plymouth aus seiner Anzugjacke, kommt zu mir und legt sie mir um die Schultern.

»Danke«, sage ich leise, woraufhin seine Ausdruck etwas weicher wird. Ich sehe wieder Officer Mitchell an.

»Wie lang kennen Sie Lane Diago schon?«, fragt er und ich setze mich etwas aufrechter hin.

»Ich kenne niemanden, der so heißt«, antworte ich. Daraufhin öffnet er die Mappe und breitet ein paar Bilder von meinem Exfreund Aaron und mir direkt vor mir aus. Alle Fotos wurden aufgenommen, als wir noch ein Paar waren. Scheinbar wurde er damals bereits beschattet. Wie er auf dem Weg zu meinem Apartment ist … wie er mich neben meinem Auto küsst … beim Supermarkt … als wir Händchen haltend den Kirchgang hinunterlaufen … im Kino … beim Abendessen … Wir zwei, während wir ganz normale Pärchensachen tun.

»Sie meinen Aaron?«

»Hat er Ihnen gesagt, dass das sein Name sei?«, fragt der Officer und ich nicke, während ich zu ihm aufblicke.

»Ich kenne ihn seit etwa einem Jahr«, flüstere ich und betrachte wieder die Fotos, als mir klar wird, dass ich diesen Mann nicht wirklich gekannt haben kann, wenn sein Name nicht einmal Aaron ist.

»Wie lang waren Sie zusammen?«, hakt er nach und ich sehe die Bilder vor mir erneut an.

»Wir waren für ungefähr vier Monate ein Paar. Vor einem Monat habe ich die Sache zwischen uns beendet«, antworte ich ehrlich, als mich plötzlich eine Welle der Traurigkeit überrollt.

Ich habe Aaron alias Lane nicht geliebt. Nicht einmal annähernd. Aber er war mir wichtig und ich dachte, auch ich würde ihm etwas bedeuten. Zumindest so lang, bis er mir eine Nachricht schickte, in der er mich bat, ihn bei sich zu Hause zu treffen. Als ich dort eintraf, ließ mich einer seiner Mitbewohner rein. Ich ging nach oben, wo ich Lane schließlich mit seinem Schwanz in Susie Detreis Mund vorfand. Offenbar habe ich mich ziemlich in ihm getäuscht.

»Sie standen sich nah«, stellt Officer Mitchell fest und ich nicke, weil wir es taten; oder zumindest dachte ich das. »Können Sie mir sagen, wer das hier ist?« Er zieht ein Foto von Aarons – Lanes – Cousin hervor. Zumindest hat er mir erzählt, er wäre sein Cousin, als er ihn mir vorgestellt hat.

»Aaron … ich meine Lanes Cousin Cody. Er lebt in Mississippi.«

»Haben Sie je ein Gespräch zwischen den beiden belauscht?«

»Ein Gespräch von ihnen belauscht?«, wiederhole ich und sehe ein Bild an, auf dem Cody und Lane in einer Bar sitzen. Lane hält eine Flasche seines Lieblingsbiers in der Hand und Cody hat ein kurzes, bauchiges Glas mit einer dunklen Flüssigkeit und Eis vor sich stehen, das er umfasst hält, während er über etwas lacht.

»Nein.«

»Sind Sie sich da sicher?«

»Wenn Sie mir sagen würden, warum ich hier bin, könnte ich Ihnen vielleicht die Information geben, nach der Sie suchen.«

»Lane Diagos Onkel ist einer der größten Verteiler illegaler Betäubungsmittel in Alabama, Kentucky, Tennessee, Mississippi, Georgia und South Carolina.«

»Was?«, entfährt es mir, als ich meinen Blick auf eins der Fotos hefte, auf dem Lane und ich vor meinem Apartment stehen. Ich trug damals ein kurzes, farbenfrohes Sommerkleid und goldene Riemchensandalen, Lane hatte schwarze Cargoshorts und ein einfaches weißes T-Shirt an. Sein Kopf war zu mir runtergebeugt, meine Hand ruhte auf seiner Brust und seine auf meiner Hüfte. Es war unser drittes Date und erster Kuss gewesen. Ich hatte Ewigkeiten gebraucht, um mich auf ein Date mit ihm einzulassen, da ich nicht für eine Beziehung bereit gewesen war. Schließlich gab ich nach, weil er so hartnäckig war. Jedes Mal, wenn wir uns sahen, fragte er mich, ob wir zusammen ausgehen würden. Er war dabei so theatralisch, was ich zu diesem Zeitpunkt irgendwie süß fand.

»Haben Sie jemals gesehen …«

»Ich habe niemals irgendwas gesehen«, unterbreche ich ihn. »Lane hat nicht einmal Gras geraucht und dabei konsumiert das nahezu jeder, den ich kenne, hin und wieder.« Ich sehe von den Fotos auf und wieder Officer Mitchell an.

»Sie zwei waren viel zusammen. Sie haben ihn zu Käufern gebracht oder dort abgeholt.« Er durchsucht die Aufnahmen und zieht eine heraus, auf der ich vor einem Haus parke, wo ich auf Lane gewartet habe. »Meine Männer haben Sie bei mehr als einem solchen Anlass beobachtet.«

»Zu Freunden«, korrigiere ich ihn. Mir fällt das Atmen plötzlich schwer. »Wenn er mich bat, ihn zum Haus eines Freundes zu bringen, dort abzuholen oder ihn irgendwohin zu fahren, wenn wir ausgingen, habe ich das getan. Aber ich habe ihn nie irgendwas Illegales machen sehen.«

»Verstehen Sie, dass Sie ins Gefängnis wandern könnten, wenn wir herausfinden, dass Sie etwas von dem Geld aus seinen Drogengeschäften für sich ausgegeben haben?«, fragt Officer Plymouth und verschränkt die Arme vor der Brust.

Lachend bedecke ich mein Gesicht mit den Händen und lege meinen Kopf auf dem Tisch ab, während ich versuche, mich zusammenzureißen. Ich sollte gerade vermutlich nicht lachen, aber es steht im Moment nur Lachen oder Weinen zur Auswahl.

»Was daran finden Sie lustig?«, will Officer Plymouth wissen und ich hebe den Kopf, um ihn anzusehen.

»Ich habe mehr als einmal für Sachen bezahlt, die wir gemacht haben. Er hat mich sogar einmal nach Benzingeld gefragt. Ich habe nicht ein einziges Mal Geld von ihm angenommen, nicht einmal für einen Kaffee«, kläre ich ihn auf, woraufhin sein Blick zu Officer Mitchell wandert, der ein leises Fuck von sich gibt. »Er hat mich vor einem Monat betrogen und seitdem habe ich kein einziges Wort mehr mit ihm gewechselt«, erzähle ich weiter und er schüttelt den Kopf.

»Wir haben mehrere Zeitstempel für Telefonanrufe zwischen Ihnen beiden während des letzten Monats.«

»Haben Sie jemals geprüft, wie lang diese gingen?«, frage ich ihn, da er es andernfalls wüsste. »Er rief an, immer und immer wieder, bis ich schließlich rangehen und ihm sagen musste, dass er damit aufhören solle. Ich wollte vor einem Monat nichts mit ihm zu tun haben und will es jetzt verdammt noch einmal ganz sicher auch nicht.«

»Und wieder nur eine verfickte Sackgasse«, grollt Officer Plymouth.

»Es tut mir leid. Ich schwöre, dass ich es Ihnen erzählen würde, wenn ich etwas wüsste. Aber das tue ich nicht. Lane hat mir nie etwas erzählt und ich habe definitiv nie irgendwas gesehen. Wenn ich das hätte, hätte ich mit meinem Onkel darüber geredet.«

»Sind Sie sich ganz sicher, dass Sie nichts beobachtet oder gehört haben?«

»Das bin ich«, erwidere ich und wünschte, ich würde irgendwas wissen. Nicht, weil ich eine Verräterin bin, sondern, weil ich weiß, was Drogen mit Menschen anrichten können. Nicht jeder stirbt daran, aber das Leben dieser Personen geht immer den Bach runter. Meine Mitbewohnerin im ersten Jahr auf dem College war zu einer völlig anderen geworden, ehe sie an einer Überdosis starb. Die Person, zu der sie wurde, mochte ich nicht. Man konnte ihr nicht mehr vertrauen. Warum sollte ich jemanden beschützen, der solche Drogen ausliefert?

»Wären Sie gewillt, wieder mit Lane in Kontakt zu treten?«, fragt Officer Plymouth und zieht damit erneut meine Aufmerksamkeit auf sich.

Mein Herz macht bei diesem Gedanken einen Salto, aber ich bekomme nicht die Möglichkeit, zu antworten, da jemand an den Einwegspiegel vor mir hämmert, wodurch mein Spiegelbild auf komische Art und Weise verzerrt wird.

1. Kapitel

June

»Ihr verarscht mich.« Ich drehe mich um, knalle die Haustür hinter mir zu und gehe wieder nach drinnen.

Mit großen Schritten marschiere ich an dem Kistenstapel neben meiner Haustür vorbei, den Flur hinunter, durchs Wohnzimmer – wo sich die Möbel alle in der Mitte des Raums türmen, da ich noch nicht weiß, wie ich sie gern hinstellen würde – in die Küche. Ich nehme mein Handy von der Anrichte und wähle die Nummer meines Cousins. Es klingelt, während sich Übelkeit und Wut in meinem Bauch breitmachen.

»Warum parkt Evan vor meinem Haus?«, grolle ich, sobald Jax rangeht, gebe ihm aber keine Chance, zu antworten, sondern fauche: »Ich will, dass er verschwindet. Sofort.«

»June, du weißt, dass das nicht passieren wird. Dein Dad macht sich Sorgen um dich. Ich mache mir Sorgen um dich. Onkel Nico ebenfalls. Alle machen sich Sorgen um dich.«

»Er ist im Gefängnis. Mir wird nichts passieren«, antworte ich und versuche, gefasst zu klingen. Dabei bin ich so weit davon entfernt, gefasst und ruhig zu sein, wie man es nur sein kann.

»Solang er nicht verurteilt ist, wird jemand auf dich aufpassen, um sicherzustellen, dass dir nichts zustößt«, bekräftigt Jax.

Am liebsten würde ich ihn anschreien. Ich möchte ihm sagen, dass er jemand anderen – egal, wen – schicken soll, aber das kann ich nicht, weil er keine Ahnung hat, dass Evan mein Ex ist. Schlimmer noch, er ist mein Exmann. Niemand weiß davon und ich will auch nicht, dass jemand davon erfährt.

»Ich weiß es zu schätzen, dass du auf mich aufpassen willst. Wirklich. Aber es ist absolut unnötig, Jax, und das müsste dir klar sein.«

»Evan ist verlässlich, du wirst nicht einmal merken, dass er da ist – es sei denn, du möchtest nett sein und ihn nach drinnen einladen, damit er bei der Hitze nicht draußen sitzen muss.«

»Ich werde ihn niemals hereinbitten«, murmle ich leise vor mich hin, aber Jax hört es trotzdem und lacht in sich hinein. Er denkt wahrscheinlich, ich würde nur etwas überreagieren.

»Er ist kein schlechter Kerl, er würde dir wahrscheinlich sogar dabei helfen, deine Möbel aufzubauen, wenn du ihn darum bittest.« Er lacht erneut.

Ich kneife die Augen zusammen. »Ich muss los.« Dann lege ich auf, ohne mich zu verabschieden. Schon die Idee von Evan in meiner Nähe macht mich nervös. »Er kann von mir aus in der Hölle schmoren«, sage ich zu mir selbst, obwohl ich weiß, dass das eine Lüge ist. Liebe ist scheiße. Liebe ist scheiße, weil du manchmal jemanden, den du nicht lieben willst, trotzdem liebst. Egal, wie oft ich versucht habe, mich davon zu überzeugen, dass das, was ich mit Evan hatte, vorbei ist, es tut immer noch weh. Es tut weh, da ich ihn immer noch liebe, obwohl ich das überhaupt nicht möchte.

Nicht ein einziges kleines bisschen.

Ich presse meine Finger gegen meine Augen und stöhne frustriert auf. Ich muss zum Supermarkt und noch einige Sachen einkaufen. Das hatte ich vorgehabt, ehe ich mich auf den Weg machte und Evan neben seinem Truck stehen sah. Er wirkt sogar noch anziehender als während unserer Beziehung, was keinen Sinn macht. Als wir zusammen waren, wusste ich, dass er der bestaussehendste Mann ist, dem ich jemals begegnet bin. Es ist verdammt ärgerlich, zu wissen, dass sich das auch nach unserer Trennung nicht geändert hat. Dass ihm nicht ein drittes Auge gewachsen war oder er sich in ein schleimiges grünes Alien mit großen, hervortretenden Warzen auf dem Körper verwandelt hat.

Er ist noch immer der hübsche Evan Barrister, in den ich mich verliebte, sobald sich unsere Blicke trafen. Sein dunkles Haar und seine warmen braunen Augen, die glänzten, als er lächelte, waren es, die meine Aufmerksamkeit auf sich zogen. Als er mich zum ersten Mal umarmte, ich mich zwischen seine breiten Schultern sinken ließ, wusste ich, dass er der Richtige für mich war. Dass er alles für mich war. Es ging nicht um sein Aussehen, obwohl er zu der Art Mann zählt, über die Frauen fantasieren. Die Art Mann, bei deren Anblick du auf der Straße stehen bleibst, um dir jedes Detail einzuprägen, weil dir so jemand sehr wahrscheinlich nicht noch einmal über den Weg laufen wird. Und dennoch ging es mir nie darum. Ich hatte einfach das Gefühl, dort zu sein, wo ich hingehöre, wenn ich mit ihm zusammen war. Bis ins Mark wusste ich, dass er für mich und ich für ihn bestimmt war.

Ich nehme meine Finger von den Augen und öffne sie weit, da ich mich nicht an die Gefühle für ihn erinnern will. Und dennoch gibt es verdammt noch einmal nichts, was ich ich dagegen tun könnte. Er ist tief in mir verwurzelt, ein Teil von mir, von dem ich weiß, dass er für immer verloren ist. Und dennoch hoffe ich beim Aufwachen jedes Mal auf dessen Rückkehr.

»Du wirst dich jetzt nicht damit befassen, June Mayson«, schimpfe ich mit mir, als heiße Tränen in meinen Augen zu brennen beginnen. Ich blinzle schnell dagegen an, atme durch die Nase ein, werfe mein Handy auf die Anrichte und mache mich auf den Weg zur Haustür.

Unter keinen Umständen wird er wieder mein Leben übernehmen … unter keinen Umständen höre ich auf, zu sein.

Nicht noch einmal.

Das habe ich getan, als er ging. Als er mir über seine Mom die Scheidungspapiere zukommen ließ. Als mir klar wurde, dass es kein Uns mehr gibt, bin ich innerlich gestorben. Ich habe mich erst kürzlich davon erholt. Mit Sicherheit werde ich ihm nicht erlauben, mich davon abzuhalten, mit meinem Leben weiterzumachen und voranzukommen.

Keine Chance.

Schwungvoll öffne ich die Tür, eile die Stufen zum Gehweg hinunter und halte beim Laufen mein Kinn gesenkt. Nur weil ich über ihn hinweg bin, heißt das nicht, dass er mich nicht mehr berührt. Allerdings soll er das nicht wissen. Ich will nicht, dass ihm auch nur ein einziges Stück von mir gehört.

Nachdem ich den Knopf auf der Fernbedienung in meiner Hand gedrückt habe, höre ich, wie die Autotüren im selben Moment entsperrt werden, in dem ich nach dem Türgriff fasse. Ich öffne meinen platingrauen und verchromten Beetle R-Line 2.0T SE und steige ein.

Ich liebe mein Auto. Es ist nicht nur ein schickes, sondern das allererste, das ich mir von meinem eigenen Verdienst gekauft habe. Mein Dad schüttelte nur den Kopf, während meine Mom begeistert war. Wir cruisten mit offenen Fenstern durch die Stadt, die Musik auf die perfekten Dezibel aufgedreht – nämlich laut.

Leider waren die Cops weniger von der Lautstärke des Gangster-Raps begeistert und informierten uns auch darüber, nachdem sie uns an den Straßenrand gewinkt hatten. Sie erklärten uns sogar, was eine Trap Queen wirklich ist, während sie lächelnd ein Knöllchen wegen Lärmbelästigung ausstellten. Das Knöllchen störte mich nicht im Geringsten. Ich war mit meiner Mom zusammen und wir hatten viel Spaß dabei, albern zu sein. Sobald die Cops wieder in ihrem Auto und außer Hörweite waren, drehte meine Mom die Lautstärke erneut so laut auf wie vorher und lächelte. »Fahr, June-Käferchen!«, rief sie über den Lärm hinweg.

Das tat ich und wir fuhren noch eine halbe Stunde durch die Gegend, ehe mein Dad meiner Mom eine Nachricht sendete, dass wir unsere Hintern gefälligst nach Hause bewegen sollten. Auf dem Rückweg kicherten wir wie zwei Kinder. Es war wundervoll.

Als ich aus der Erinnerung wiederauftauche, lächle ich, lege den Rückwärtsgang ein, schaue über meine Schulter nach hinten und fahre aus der Einfahrt auf die Straße. Dabei vermeide ich es die ganze Zeit, in Evans Richtung zu blicken. Ich muss nicht einmal in den Rückspiegel sehen, um zu wissen, dass er mir folgt. Sein Truck ist so laut, dass dessen Geräusche als ständige Erinnerung durch mein Auto vibrieren.

Als wir zusammen waren, hatte er einen anderen Wagen. Einen kleinen zweitürigen Honda. Er war alt, aber verlässlich. Sein Dad, der sonst nie viel für ihn getan hatte, half ihm in dem Sommer, als er die Highschool beendete, den Motor wieder flottzumachen. Er schätzte dieses Auto sehr, da es eins der wenigen guten Erinnerungen war, die er mit seinem Vater teilte.

Jetzt ist sein Honda Geschichte und er fährt einen Truck. Nur dass dieser nicht wie einer vom Fließband aussieht. Er ist riesig und schwarz, bis zu den Felgen. Ich zweifle nicht daran, dass er nachts, wenn er die Scheinwerfer ausschaltet, unsichtbar werden könnte. Aber darüber werde ich nicht nachdenken, auch wenn es mich brennend interessiert, was genau er für Jax macht.

Ich biege auf den Supermarktparkplatz ein und finde eine einsame Parklücke, die jeweils zu beiden Seiten von circa zehn Autos umgeben ist. Wenn Evan irgendwo parken möchte, muss er das weit weg von meinem Wagen tun. Ich stelle den Motor ab und greife nach dem schmalen Umschlag mit den Coupons, den ich in meinem Handschuhfach aufbewahre. Dann öffne ich die Autotür und steige aus. Als ich sehe, wie Evan auf der anderen Seite in eine Parklücke biegt, beschleunige ich meine Schritte und hole mir einen Einkaufswagen. Da ich sowieso alles brauche, starte ich in der Obst- und Gemüseabteilung, um mich dann Gang für Gang durch den Supermarkt zu arbeiten. Als ich schließlich bei der Kasse ankomme, ist mein Einkaufswagen zum Bersten gefüllt. Ich habe natürlich nicht nur das eingepackt, was ich brauche, sondern auch jedes andere Lebensmittel, das mir ins Auge gesprungen ist. Auf leeren Magen einzukaufen, ist nie eine gute Idee, nun habe ich hauptsächlich Junkfood in meinem Wagen. Zum Glück habe ich jede Menge Coupons dabei, mein Junkfood-Gelage wird mich nicht in eine Schuldenkrise stürzen.

»June?«

Als ich meinen Namen höre, drehe ich mich um und versteife mich. Vor mir steht ein Typ, den ich einmal in der Highschool gedatet habe. Und schon damals – mit siebzehn – hat er mich zum Narren gehalten. Er war der Erste, Evan der Zweite und Lane der Dritte. Er würde allerdings auch der Letzte sein. Ab sofort werde ich für das andere Ufer schwärmen oder zumindest so tun.

»Matt, wie geht’s dir?«, frage ich, auch wenn es mich einen feuchten Dreck interessiert. Ich bin kein Miststück, aber dieser Typ hat meinem Teenager-Herz ziemlich zugesetzt. Und ich kann verdammt nachtragend sein.

»Gut. Ich bin gerade wieder daheim eingezogen. Ich arbeite für meinen Dad.« Er lächelt.

»Das klingt doch nett.« Ich lächle halbherzig zurück und drehe mich dann etwas von ihm weg, als die Kassiererin nach meinen Coupons fragt.

»Wohnst du noch zu Hause?«, möchte er wissen.

Ich will gerade antworten, als ich plötzlich etwas Warmes an meiner Seite spüre. Ich weiß, wer das ist. Aufgrund seines Geruchs und der Hitze, die sein Körper ausstrahlt. Als er auch noch seinen Arm um meine Schultern legt, so wie er mich früher immer gehalten hat, versteife ich mich und mein Blick fliegt zu ihm hoch. Alles, was ich sehe, ist jedoch nur der Ansatz seines Kiefers.

»Evan.« Er streckt Matt seine Hand entgegen.

Meine Atmung wird unregelmäßig, als Matt zwischen meinem Exmann und mir hin und her sieht. »Ähm … Matt.« Er schüttelt Evans Hand, ehe er seine Aufmerksamkeit wieder auf mich richtet. »M-Man sieht sich«, sagt er leise und verschwindet extra schnell aus meinem Blickfeld.

»Honey«, ruft die Kassiererin, woraufhin ich mich wieder ihr zuwende. Ich entferne Evans Arm von meinen Schultern und gehe noch einen Schritt zur Seite, um mehr Abstand zwischen uns zu bringen. »Geht’s Ihnen gut? Sie sehen aus, als hätten Sie gerade einen Geist gesehen«, sagt dir Frau sanft. Ich bemerke ihren besorgten Blick und atme einmal tief durch.

»Ja … Wie viel muss ich bezahlen?«, wispere ich unsicher.

Sie sieht mich sanft an und endlich spüre ich Evans Wärme nicht mehr an meiner Seite.

»Sind Sie sicher, dass alles in Ordnung ist?«, fragt sie vorsichtig.

»Aber klar.« Ich lächle und sie nickt, als würde sie mir nicht glauben, aber das ist schon okay, denn in diesem Moment glaube ich mir nicht einmal selber.

»Hundertsieben Dollar und zweiundsechzig Cent. Sie haben über fünfzig Dollar gespart.« Sie grinst.

Als ich ihr das Geld reiche, versuche ich, zurückzulächeln, aber mein Gesicht fühlt sich so an, als hätte es etwas dagegen.

»Danke«, sage ich leise und nehme das Wechselgeld entgegen. Dann danke ich auch dem jungen Mädchen, das gerade meine Einkäufe für mich eingetütet hat, umfasse den Griff des Einkaufswagens und schiebe ihn aus dem Laden. Dabei ignoriere ich die Tatsache, dass ich Evan schon wieder dicht hinter mir fühlen kann.

»June.«

»Nicht«, unterbreche ich ihn, ohne auch nur in seine Richtung zu sehen.

Ich kann mich jetzt nicht mit ihm auseinandersetzen. Stattdessen verstaue ich alle Einkaufstüten im Kofferraum, springe ins Auto, schnalle mich an, lege den Rückwärtsgang ein und mache mich auf den Weg nach Hause. Dabei blicke ich nicht ein einziges Mal in den Rückspiegel oder denke darüber nach, was gerade passiert ist. Ich ignoriere auch das Rumoren in meinen Eingeweiden, bis ich in meiner Einfahrt parke.

»Sind Sie gerade erst eingezogen?«, ruft eine weibliche Stimme, sobald ich dir Wagentür aufstoße.

Beim Aussteigen sehe ich mich um, ehe ich die Tür des Autos zuknalle.

»Hier drüben, Honey!« Die Stimme gehört zu einer kleinen Frau mit schwarzen Haaren, die auf der Veranda des Nachbarhauses steht; ihre Hände umklammern das Geländer und sie hängt mit ihrem Körper halb darüber.

»Hi«, rufe ich zurück und erhalte ein Lächeln.

»Also, ziehen Sie gerade erst ein?«, fragt sie, was mich vermuten lässt, dass sie den Umzugswagen am Morgen in der Einfahrt nicht gesehen hat.

»Genau, ich bin erst heute eingezogen«, antworte ich und gehe zum Kofferraum, um die Einkäufe herauszuholen.

»Warten Sie, ich komme rüber, um mich vorzustellen«, ruft sie noch und ich muss kichern.

Ich bin überrascht, dass sie mir nicht einfach ihren Namen nennt, damit ich meinen zurückschreien kann. Ich belasse die Einkäufe, wo sie sind, gehe ihr bis zur Mitte des Rasens zwischen unseren Häusern entgegen und wundere mich, wie zur Hölle sie mit ihren Absätzen übers Gras laufen kann. Ich hätte mich bereits der Länge nach auf die Nase gelegt, aber sie sieht so aus, als täte sie das jeden Tag.

»Ich bin JJ.« Sie lächelt, als sie mich erreicht hat.

Mir fällt sofort auf, dass ihr Haar nicht einfach schwarz ist. Es ist schwarz und wird von vielen violetten Strähnchen durchzogen, die ihre grauen Augen zur Geltung bringen. »Einfach zwei J, nicht Jay zweimal hintereinander geschrieben.« Sie grinst erneut und ich erwidere es, ehe ich ihr meine Hand hinhalte.

»June. Wie der Monat Juni.«

»Du bist also heute eingezogen?«, wiederholt sie und sieht zu dem Haus in meinem Rücken hinüber.

»Genau.«

»Ich war bei der Arbeit«, sagt sie und zeigt dann mit ihrem Daumen in Richtung ihres Hauses. »Mein alter Mann hat geschlafen, daher hat er deinen Einzug ebenfalls verpasst.«

»Schön, dass wir uns jetzt kennenlernen«, antworte ich freundlich.

Mit ihren Augen begutachtet sie mich einmal von Kopf bis Fuß, ehe sie sie zusammenkneift. »Du hast aber kein Problem mit Bikern, oder?«

»Ähm … nein …« Ich schüttle den Kopf.

»Gut. Nicht, dass es oft passiert, aber manchmal tauchen die Jungs meines Mannes hier auf und dann kann es laut werden. Wenn es dich stört, kannst du jederzeit rüberkommen und es mir sagen. Und wenn du kein Problem damit hast, kannst du auch einfach ein Bier mit uns trinken.« Sie grinst wieder.

Ich denke, dass ich JJ bereits jetzt mag.

»Ich werde bestimmt auf dein Angebot zurückkommen.«

»Gut, jetzt muss ich dich aber noch fragen, wer der gut aussehende Typ in dem Truck ist.«

Ich drehe mich nicht um, denn ich weiß auch so ganz genau, wen sie meint. »Ähm …« Wie zur Hölle soll ich ihr die Sache mit Evan erklären?

»Schon gut, wenn du nicht drüber reden willst. Ich komme morgen vorbei und bring Tequila mit. Dann kannst du es mir erzählen«, sagt sie und lädt sich selbst ein.

»Bei der Geschichte werden wahrscheinlich zwei Flaschen nötig sein«, murmle ich, was sie nur noch mehr erheitert.

»Ich weiß schon jetzt, dass ihr beide mein Menschenschlag seid.« Sie betrachtet mich noch einmal eingehend, bevor sie wieder über meine Schulter blickt. »Ihr zwei passt zusammen – und so, wie er hier rüberschaut, weiß er das auch. Okay, das wird tatsächlich eine tequilawürdige Story, deswegen lasse ich dich jetzt in Ruhe und wir reden morgen darüber.«

»Morgen«, stimme ich zu und drücke ihre Hand. »Es war schön, dich kennenzulernen, JJ.«

»Dich auch, Mädchen. Bis morgen.« Sie hebt ein weiteres Mal ihre Mundwinkel, dreht sich um und stöckelt durch die Hälfte meines und ihres Gartens, ehe sie die Veranda erklimmt.

Als sie oben ankommt, wird die Tür geöffnet und ein großer, bärtiger Mann – der definitiv nicht unattraktiv ist – tritt hinaus, nimmt ihre Hand und nickt mir zu. Ich winke etwas unbeholfen zurück und sehe, wie JJ ihn anlächelt. Dann sagt sie etwas zu ihm, das ihm ein Grinsen entlockt. Er schüttelt den Kopf und zieht sie durch die Tür nach drinnen.

Ich weiß genau, ich werde meine neue Nachbarschaft lieben – sobald Evan nicht länger vor meinem Haus Wache schiebt.

2. Kapitel

Evan

»Du bist mein Ev«, wispert sie und blickt auf den Ring an ihrem Finger, während sich ihre Beine eng an meine Hüften pressen.

»Für immer, meine Schönheit.«

Ihr Blick trifft meinen und sie zieht sich etwas zurück. Ihr dunkles Haar gleitet sanft über meine Brust, als sie sich aufsetzt. Ich sehe auf meine Hände hinab, die ich über die seidige Haut ihrer Beine hinaufwandern lasse, über ihre Taille bis hin zu ihren Brüsten, deren Gewicht ich spüre.

»Ev.« Sie schiebt mich in sich hinein und meine Hüften bewegen sich aufwärts, um tiefer in sie einzudringen. Ich suche ihren Blick, als sie sich langsam auf mir niederlässt, so verdammt langsam, dass sie mich damit umbringen wird. So zugrunde zu gehen, tief in ihr drin und umgeben von Schönheit, würde mich nicht einmal jucken.

»Fuck«, keuche ich und bringe sie zum Lächeln. Sie ist das Schönste, was ich je in meinem Leben gesehen habe. Es gibt nichts Besseres. Perfektion. »Küss mich.« Ich umfasse ihren Rücken und ziehe sie näher zu mir heran. Dann nehme ich ihren Mund in Besitz, um ihren Geschmack auf meiner Zunge zu spüren. Nichts schmeckt köstlicher als sie, absolut nichts.

»Oh Gott«, wimmert sie an meinem Mund, als sie sich um mich herum zusammenzieht.

Ich öffne blinzelnd meine Augen, mein Puls rast, als ich mit der Hand meinen Schwanz umfasse und zudrücke. »Fuck«, entfährt es mir Richtung Zimmerdecke, während ich versuche, wieder zu Atem zu kommen. Nach meiner Rückkehr aus Afghanistan bestanden meine Träume aus den Horrorszenarien, die ich dort erlebt habe, aus Bildern von gefallenen Männern, die ich als meine Brüder betrachtet habe. Inzwischen bestehen meine Träume aus dem Verlust von ihr – June.

Ich rolle mich aus dem Bett und gehe in das kleine angrenzende Bad, wo ich den Wasserhahn aufdrehe, mir kaltes Wasser ins Gesicht spritze und die kühle Flüssigkeit die letzten Reste meines Traums fortspülen lasse. Ich stütze die Arme am Waschbeckenrand ab, lasse den Kopf nach vorn fallen und schließe die Augen, während ich mich frage, wie lang mich die Erinnerungen an June nachts wohl noch heimsuchen werden. Ich betrachte mich im Spiegel, starre den Mann an, der mir entgegenblickt, und weiß, dass ich alles von dem bin, was mein Vater zu mir gesagt hat.

»Fuck!«, brülle ich, schlage mit der Faust gegen den Spiegel und sehe dabei zu, wie das Glas und mein Abbild zerspringen.

Schwer atmend lasse ich den Kopf wieder sinken und ziehe scharf die Luft ein.

Schließlich löse ich mich vom Spiegel und gehe den Flur hinunter. Harlen kommt gerade aus seinem Zimmer und ich nicke ihm zu.

»Bist du auf dem Weg zur Arbeit?«, fragt er und passt seine Schritte meinen an, als wir zur Küche-Schrägstrich-Cafeteria wandern.

»Ja«, erwidere ich und nicke Z zu, als ich ihn beim Hereinkommen an einem der Tische sitzen sehe.

Der große Raum, der früher der Fabrik als Speisesaal diente, ist nun mit ein paar runden Tischen vor dem Eingang zur Küche bestückt. Ein 80-Zoll-Fernseher hängt an der Wand, eine abgewetzte Ledercouch steht davor. Im hinteren Bereich thronen noch zwei Billardtische. Hier ist fast immer was los. Die meisten Männer, die hier arbeiten oder leben, befinden sich gerade im Übergang von ihrem Militärdasein zu einem Leben als Zivilist.

»Bist du immer noch auf der Suche nach einem Bike?«, fragt Harlen neben mir und reißt mich damit aus den Gedanken.

Ich schenke mir Kaffee ein. »Ja, ich hatte bisher nur keine Zeit. Außerdem bin ich mir nicht sicher, ob ich ein neues möchte.«

Er nickt und verschränkt die Arme vor der Brust. »Ich hab da vielleicht was für dich. Gestern ist ein Typ mit einem Bike vorbeigekommen und redete davon, es zu verkaufen. Ich horch mal nach, wenn du willst.«

»Mach das«, murmle ich und sehe zur Uhr. In zehn Minuten muss ich Sage im Büro abholen. »Bis später.« Ich nicke Z zu und gehe nach draußen zu meinem Truck. Nachdem ich in das Monstrum eingestiegen bin, verstaue ich meinen Kaffeebecher in der dafür vorgesehenen Halterung, parke aus und mache mich auf den Weg.

»Was zur Hölle ist das mit dir und June?«, fragt Sage, als er in das Auto steigt und seinen Kaffeebecher neben meinem platziert.

Diese Frage werde ich nicht beantworten. Zum einen, weil es ihn nichts angeht. Zum anderen haben er und Jax nicht den Hauch einer Ahnung, dass June und ich eine gemeinsame Vergangenheit haben. Und von mir werden sie diesen Mist ganz sicher nicht erfahren. June hat niemandem von uns erzählt, nicht einmal ihren Schwestern, denen sie normalerweise alles sagt. Ich habe ihre Gründe, warum sie das mit uns geheimhalten wollte, nicht verstanden. Es gefiel mir auch nicht, aber es war eben, wie es war.

Selbst unsere Hochzeit hat sie verschwiegen. Damit kam ich klar. Sie meinte, sie hätte einen Plan und würde ihren Eltern während meines Einsatzes von uns erzählen. Auf diese Weise hätten sie Zeit, sich an die Idee zu gewöhnen, dass ihre Tochter eine verheiratete Frau ist. Sobald ich wieder nach Hause käme, wollte sie mich ihnen vorstellen. Mein Kopf war zu dieser Zeit voll mit anderen Dingen und ich dachte mir damals nicht sonderlich viel dabei. Mir genügte es, zu wissen, dass ich eine gute Frau an meiner Seite hatte, eine, die mich liebte, eine, die ich liebte, von daher ließ ich sie diese Sache mit ihrer Familie selbst entscheiden.

Während ich weg war, lief einiges schief, und ich beendete unsere Beziehung. Es gab also scheinbar keinen Grund für sie, jemandem von der Hochzeit zu erzählen. Ich werde mit Sicherheit auch nicht derjenige sein, der unsere gemeinsame Vergangenheit ans Licht bringt.

»Sie hat Jax heute Morgen angerufen und ihm gesagt, er solle dich verdammt noch mal von ihr fernhalten«, berichtet Sage.

Jeder meiner Muskeln spannt sich an. Ich habe es gestern vermasselt. Ich hätte mich nicht einmischen sollen, aber ich konnte die Vorstellung nicht ertragen, dass dieser kleine Wixer June nach einem Date fragt und sie zustimmt, also bin ich eingeschritten.

»Hörst du mir verfickt noch mal überhaupt zu?«, will Sage wissen.

Ich ziehe eine Augenbraue in die Höhe.

»Ich weiß, dass ihr verheiratet wart«, flüstert er.

Meine ohnehin bereits angespannten Muskeln verhärten sich noch mehr.

»Ich weiß, dass eure Ehe nicht lang gehalten hat, aber sie war deine Frau. Keine Ahnung, was zwischen euch abgelaufen ist, und das ändert auch nichts daran, dass ich dich mag, Mann, aber wenn du noch einmal mit meiner Cousine oder ihren Gefühlen spielst, wirst du dich vor mir rechtfertigen müssen!«

»Willst du mir drohen?«

»Das ist keine Drohung, mein Freund, das ist ein Versprechen. Ich weiß, dass sie eine Weile ziemlich durch den Wind war. Jeder wusste das, aber sie wollte nicht darüber reden. Inzwischen weiß ich, warum es ihr so mies ging: Weil die Sache zwischen euch vorbei war.«

»Sie ist darüber hinweg«, erinnere ich mich an das, was mich jedes Mal umbringt, wenn ich daran denke.

Schnaubend schüttelt er den Kopf. »Wenn du diesen Scheiß wirklich glaubst, bist du verdammt dumm.«

»Wie du meinst«, sage ich leise, anstatt ungemütlich zu werden, lege den Rückwärtsgang ein und fahre Richtung Stadt zum Treffen eines potentiellen Kunden.

»Wie ich sehe, ist er zurück«, höre ich JJ sagen, als June ihre Haustür öffnet.

Bei ihrem Anblick ballen sich meine Hände zu Fäusten. Ihr dunkles Haar fällt offen über ihre nackten Schultern. Das schwarze trägerlose Baumwollkleid, das sie trägt, lässt ihre Haut noch goldener erscheinen. Ihr Gesicht ist völlig frei von Makeup. In ihrer Nähe könnte ich den leichten Anflug von Sommersprossen auf ihrer Nase und die goldenen Sprenkel in ihren Augen sehen.

»Ich arbeite hart daran, so zu tun, als wäre er es nicht«, antwortet June an JJ gewandt, die eine Flasche Tequila in der Hand hat, dieselbe, mit der sie ihr Haus verließ, und die sie ihr nun lachend entgegenhält.

»Das hier wird dir helfen, zu vergessen.«

Die Flasche eng an ihre Brust gedrückt, lässt sie JJ herein und sagt kaum hörbar: »Da bin ich mir nicht so sicher.« Dann wirft sie mir über den Garten hinweg einen Blick zu.

Mein Herz hört auf zu schlagen, genau wie beim ersten Mal, als wir uns trafen, aber heute öffnet sich ihr Mund nicht überrascht und auch ihre Augen leuchten nicht auf. Stattdessen verengt sie die Lider, presst die Lippen aufeinander und schließt die Tür, was seltsame Dinge in mir anstellt.

»Fuck«, grummle ich und lege den Kopf in den Nacken.

Ich begegnete June zum ersten Mal vor dem Shop für Autoersatzteile, in dem ich arbeitete. Sie wollte gerade eintreten, als ich Feierabend machte und ihr die Tür aufhielt. Sie sah mit einem gemurmelten Danke zu mir auf. Mir war sofort klar, dass ich mit ihr reden musste, und ich folgte ihr zurück ins Geschäft.

June war nicht sehr gesprächig. Sie erklärte mir, wonach sie suchte, und ich zeigte ihr, wo sie es finden konnte. Als sie zahlte, hatten sich ihre Wangen auf entzückende Weise rosa verfärbt und der Farbton intensivierte sich noch, als ich sie nach ihrer Nummer fragte und zu ihrem Auto begleitete.

Ich wusste vom ersten Moment an, dass etwas an ihr anders war. Ich konnte nicht den Finger drauflegen, was, aber ich wusste, dass sie mir wichtig werden würde.

Sie wurde mir nicht nur wichtig. Sie wurde für mich so wichtig wie mein eigenes Sein, das Beste, was mir je passiert war. Doch dann musste ich sie gehen lassen. Die abgefuckte Scheiße in meinem Leben hätte sie ruiniert.

Ich steige in den Truck und werfe einen Blick zu ihrem Haus hinüber. Solang ich hier bin und JJ ebenfalls, wird ihr niemand auch nur ein Haar krümmen. Niemand wäre so dumm, sich mit Brew anzulegen, indem er seiner alten Dame etwas antäte. Für June wäre auch ich bereit zu töten, ohne mit der Wimper zu zucken.

Sie war ziemlich durch den Wind.

Sages Worte gehen mir heute immer wieder durch den Kopf. Als ich mit June zusammen war, haben wir viel über unsere Zukunft geredet und eine Million Pläne geschmiedet. Sie wusste, dass ich den Marines noch mindestens vier Jahre schuldete. Ich hatte den Vertrag unterschrieben, kurz bevor wir uns trafen. Ich hatte nicht die Kohle, um zur Schule zu gehen. Die Marines ermöglichten mir nicht nur eine Ausbildung, ich konnte auch noch etwas Geld verdienen.

Der Plan war, nach dem Bootcamp nach Deutschland zu gehen. June wollte die Welt sehen und ich war glücklich, ihr das bieten zu können. Sie wusste, dass ich dort für zwei Jahre stationiert sein würde. Zwei Jahre wären nicht sonderlich lang gewesen, danach wollten wir zurück in die Staaten oder einen anderen Ort entdecken. Sie war voller Vorfreude, mit mir zusammen zu sein und ein gemeinsames Leben aufzubauen.

Ich hatte nicht damit gerechnet, einer der besten Schützen meines Jahrgangs zu werden. Ich hatte zuvor noch nie in meinem Leben eine Waffe in der Hand gehalten und auch absolut nichts darüber gewusst. Doch in dem Moment, in dem mir dieses Stück Metall in die Arme gelegt worden war, wurde es zu einem Teil von mir. Ich war gut. So verdammt gut, dass ich direkt im Anschluss an das Bootcamp sofort nach Afghanistan geschickt wurde. Was ich dort zu sehen bekam und erleben musste, war alles andere als einfach und nur schwer auszuhalten. Mir wurde sehr schnell klar, dass ich June nie wieder anfassen könnte. Sie verdiente mehr als das, sie verdiente alles, und ich würde ihrer nie wieder wert sein.

Als ich ein Bike hinter mir anhalten höre, sehe ich in den Rückspiegel und erblicke Harlen, der gerade von seiner Harley steigt.

»Hab gehört, du wärst hier«, meint er, als er sich ins Innere des Trucks schwingt und die Tür des Wagens hinter sich zuzieht.

»Nett von dir, mir Gesellschaft zu leisten.« Ich grinse und er kneift die Augen zusammen.

»Wir werden uns das Bike ansehen, von dem ich dir heute Morgen erzählt habe. Der Eigentümer gehört zu Brews Crew.« Er nickt zu seinem Haus hinüber. »Er wird sich hier mit uns treffen.«

»Danke, dass du die Ohren offen gehalten hast.«

»Du hast nicht das richtige Equipment. Außerdem bist du groß. Ich kann dich nicht mal aufsammeln, wenn dein Scheißbike auseinanderbricht.« Harlen grinst und auch ich fühle, wie sich meine Mundwinkel nach oben ziehen.

Das typische Röhren eins Motorrads erklingt und ich sehe in den Rückspiegel. Jemand auf einer Fat Boy Harley kommt die Straße runter, fährt an meinem Truck vorbei und hält schließlich in Brews Einfahrt.

Wir steigen aus und gehen durch den Vorgarten auf den Eigentümer der Harley zu, der gerade von seinem Bike steigt.

»Shock«, begrüßt Harlen den Typen mit einem Handschlag und nickt dann in meine Richtung. »Das ist Evan.«

»Was geht?«, fragt Shock, als wir uns die Hand schütteln. Dann entfernt er sich etwas von seinem Motorrad und verschränkt die Arme vor der Brust. »Das ist sie. Ich hasse es, mich von ihr zu trennen, aber ich upgrade«, sagt er, während er um das Bike herumgeht. Der schwarze Lack, der hier und da von glänzenden Teilen unterbrochen wird, ist makellos. »Sie ist eine 94er, hat aber einen 127ci Ultimo Motor und ein Sechsganggetriebe, das weniger als fünfhundert Meilen auf dem Buckel hat. Der Motor hat auch einen polierten Mikuni-Vergaser und eine Dyna-2000-Zündanlage. Aus diesem Ding sind feuchte Träume gemacht.«

»Das kann nur von dir kommen. Schließlich hat dir das Bike mehr davon beschert, als du damit anzufangen wüsstest«, sagt Brew, der in der Auffahrt auf uns zukommt.

Shock sagt nichts, aber sein Lächeln wird breiter und er boxt Brew gegen die Schulter, als dieser nah genug ist.

»Möchtest du eine Probefahrt machen?«

Ich sehe zu Junes Haus hinüber und will bereits ablehnen.

»Niemand wird ihr etwas tun, solang ich in meinem Vorgarten stehe«, verspricht Brew so leise, dass nur ich es hören kann.

Ich sehe ihn an, nicke und blicke dann zu Shock hinüber. »Schmeiß mir die Schlüssel rüber.« Ich fange sie auf, schwinge mein Bein über das Motorrad und manövriere es aus der Einfahrt. Ich fahre nicht weit, erreiche aber dennoch die Hauptstraße und gebe Gas, bis ich fünfundvierzig Meilen pro Stunde erreicht habe.

Das bringt mich zum Grinsen. Der verdammte Sound genügt, um Aufmerksamkeit zu erregen, aber das Bike selbst ist ein echtes Kunstwerk. Die Stärke und die Machart sind genau das, was ich haben wollte. Ich biege wieder in Junes Straße ein und schaue zu ihrem Haus, wo ich sie und JJ im Türrahmen entdecke. Ich nicke ihnen zu. JJ lächelt, June jedoch nicht. Stattdessen verdunkeln sich ihre Augen und das nicht auf eine schlechte Weise, sondern auf eine, die mich wünschen lässt, ich könnte diese Veränderung aus der Nähe betrachten.

Sobald ich Brews Einfahrt erreiche, stelle ich das Motorrad ab und schwinge mein Bein über den Sitz. »Wie viel willst du für sie haben?«, frage ich Shock.

»Neun. Ein schneller Verkauf, nur Bargeld.« Er grinst.

Ich atme scharf ein, sehe erst das Bike und dann wieder ihn an. »Wir haben einen Deal.«

Er klopft mir auf die Schulter. »Ich lasse mir von Harlen deine Kontaktdaten geben, dann können wir für morgen ein Treffen vereinbaren. Oder ich komme morgen Früh bei eurem Shop vorbei.«

»Klingt gut«, stimme ich zu und riskiere einen Blick zu Junes Haustür. Dieses Mal ist sie geschlossen.

Ich reibe mir mit der Hand über meine Brust, dort, wo mein Herz ist, und frage mich, wann dieser entsetzliche Schmerz endlich vorbeigehen wird.

3. Kapitel

June

Nachdem ich das Laken glatt gestrichen habe, hebe ich die Bettdecke vom Boden auf und werfe sie auf die Matratze. Ich schlafe unruhig; das war schon immer so. Ich weiß, dass es Menschen gibt, die in einer Position einschlafen und die ganze Nacht so liegen bleiben, aber dazu gehöre ich nicht. Ich bewege mich ständig, so viel, dass ich bereits unzählige Male mitten in der Nacht aus dem Bett gefallen bin.

Ich ergreife die Enden der Decke und versuche, sie so durch die Luft zu wirbeln, dass sie so glatt wie in einer der Waschmittelwerbungen landet, gebe aber schließlich auf. Als ich die Decke vor etwa einem Jahr gekauft habe, entschied ich mich nicht für eine günstige Variante. Sie ist wirklich dick und mit Daunen gefüllt. Darin eingekuschelt, schlafe ich jede Nacht himmlisch.

Ich schüttle auch die Kissen auf und positioniere schließlich den Überwurf, der keinem anderen Zweck dient, als süß auszusehen. Dann bewundere ich mein Werk.

Meine Mom hat die Schlafzimmermöbel ausgesucht und ich liebe sie. Der antike Look des Betts, der Kommode und der Nachttische verleiht dem Raum ein warmes Flair, während die zartviolette Tagesdecke, die wie Samt aussieht, und die grauen Kissen sowie Laken ihn elegant wirken lassen. Gedanklich mache ich mir eine Notiz, noch Vorhänge und Lampen zu besorgen. Dann gehe ich ins Badezimmer, um mich fertig zu machen. Mein Dad wird mich in Kürze zum Mittagessen abholen. Ich schalte das Licht im Bad ein und seufze bei meinem Anblick im Spiegel. Ich trage nie sonderlich viel Makeup, aber die dunklen Ringe unter meinen Augen lassen mir keine andere Wahl. Also krame ich in meiner Schublade herum, bis ich meinen Concealer finde, und mache mich an die Arbeit.

Evan wiederzusehen, nagt an mir. Ich kann nicht schlafen und mein Verstand ist in ständigem Aufruhr. Mitten in der Nacht wache ich von Träumen geplagt auf. Die Erinnerungen an ihn, an uns, sind zu viel für mich. Es gibt welche, die die Macht zu heilen haben, das Dunkle zu erleuchten, da die Schönheit dieser Erinnerungen so hell ist. Unsere hingegen fressen mich innerlich langsam auf. Sie lassen mich daran denken, dass ich für einen Moment alles hatte, es jetzt aber nicht mehr da ist. Die Erkenntnis, dass wir miteinander fertig sind, dass es kein Uns mehr gibt, quält mich. Die Erkenntnis, dass ich ihn sehen, aber nicht berühren kann, dass er da ist, aber nicht zu mir gehört, ist unerträglich.

Zur Hölle, als er gestern mit diesem Motorrad die Straße entlanggefahren ist, wäre ich bald auf ihn zugerannt, um mich in seine Arme zu werfen. Er sah aus … er sah aus … Tja, ich fürchte, es gibt keine Worte dafür. Als ich nach dem Tequila und seinem Anblick schließlich ins Bett ging, habe ich eine unerhört lange Zeit damit verbracht, es mir selbst zu machen.

Ich rücke etwas vom Spiegel ab und überprüfe mein Werk. Die Ringe unter meinen Augen sind deutlich weniger sichtbar und zusammen mit etwas Puder und Rouge hoffe ich, dass sie meinem Vater nicht auffallen werden. Ich betrete den Ankleideraum, der direkt ans Bad angrenzt, und schiebe die Boxen umher. Ich reiße das Klebeband von einer, auf der Kleider steht, und wühle so lang darin rum, bis ich finde, wonach ich gesucht habe. Ich ziehe mein Shirt aus und lasse es zu Boden fallen. Da ich nahezu keinen Busen habe, mache ich mir keine Gedanken über einen BH, sondern schlüpfe gleich in das ausgewählte Kleid. Die schmalen Träger und der dünne Baumwollstoff sind perfekt für die feuchte Hitze Tennessees. Dazu wähle ich ein Paar einfacher Ledersandalen und ziehe sie an. Als ich ein Auto in der Einfahrt halten höre, mache ich mich auf den Weg zur Tür.