Unverhofft tot - Ortrud Battenberg - E-Book

Unverhofft tot E-Book

Ortrud Battenberg

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Beschreibung

Hauptkommissarin Barbara Allenstein steckt noch mitten im Umzug, als ihre neue Dortmunder Dienststelle sie zu einem Leichenfund ruft. Lucas von der Forst, Inhaber einer Gebäudereinigung, hat im Teich einer Gemeinschaftswohnlage eine getötete Altenpflegerin entdeckt. Da er ein paarTage zuvor einen heftigen Streit mit der Frau hatte, gerät er schnell ins Visier der Polizei. War die demente Hilde Körner Zeugin der Tat? Die Ermittlungen erweisen sich als zäh, doch die Lage ändert sich, als man ganz in der Nähe eine weitere Frauenleiche findet. Zwischen den Opfern besteht eine kriminelle Verbindung. Erleichtert streicht Barbara Allenstein den sympathischen Gebäudereiniger von der Liste der Verdächtigen.

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Seitenzahl: 356

Veröffentlichungsjahr: 2020

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Ähnliche


Ortrud Battenberg, Karin Hübener, Heike Wulf

Unverhofft tot

Kriminalroman

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Kapitel 29

Kapitel 30

Kapitel 31

Kapitel 32

Kapitel 33

Kapitel 34

Nachwort

Impressum neobooks

Prolog

Hilde, 26. September

Ekelhaft, dieser süßlich-saure Geruch der Graupensuppe. Hilde spürte ein flaues Gefühl im Magen. Verstohlen schaute sie zum Teller ihrer Tischnachbarin. Grauer Schleim mit weißen Klümpchen. Die arme Ruth. Warum nur hatte sie sich ausgerechnet Graupensuppe bestellt? Das war bestimmt nicht ihre Absicht gewesen. Immer wieder spielte ihr die blöde Sprachstörung solche Streiche. Geistig noch halbwegs fit, aber es fehlten die Worte.

Hilde wählte mittwochs meist Kartoffelsuppe. Doch heute mischten sich unter den Duft von Majoran und Brühwurst die Geruchsschwaden von Ruths Graupenschleim. Sie überlagerten die Aromen des Kartoffeleintopfs derart, dass Hilde schon gar keinen Appetit mehr hatte.

Meist kochten die Bewohner der Senioren WG ihr Mittagessen selbst. Das organisierte immer Annika, die nette Auszubildende. Aber mittwochs und sonntags hatte Annika frei. Dann bestellte die LeiterinFrau Sommerfeld das Essen bei der AWO.

Ruth hielt den Kopf gesenkt und blickte traurig auf den grauen Brei in ihrem Teller. Wahrscheinlich kriegte sie heute keinen einzigen Löffel herunter.

Als Kind hatte Hilde bei Graupensuppeimmer würgen müssen. Dafür gab es von der Mutter regelmäßig eine Kopfnuss. Die Hexe stand immer schon in Bereitschaft neben Hildes Stuhl und lauerte auf den Brechreiz der Tochter.

„Die gute Suppe! So eine Verschwendung!”, sagte sie dann nach der Züchtigung. „Nimm dir ein Beispiel an deiner Schwester. Die isst alles, was auf den Tisch kommt. Und in Afrika würden sie Schlange stehen dafür!”

Bei dem Gedanken an diese Worte zwickte Hildes Magen. Nach Mutters Tirade hatte Hilde oft noch stundenlang vor dieser Mischung aus Graupen und Erbrochenem sitzen müssen. Der einzige Trost war gewesen, dass die kleine Reni den Zorn nicht abbekam. Sie musste stattdessen zum Mittagsschlaf.Manchmal löste der Gestank dieses speziellen Eintopfs bei Hilde erneute Brechanfälle aus. Saure Bröckchen landeten zwischen den Zähnen und in der Nase, brannten auf der Schleimhaut. Im Mund ein ekliges Gefühl von halb verdauten Nahrungsmitteln. Aber keine Erlaubnis ins Bad zu gehen. Den Mund auszuspülen. Zum Schluss immer dieser erniedrigende Gang zum Schweinekoben. Die Nachbarskinder kamen herbei,guckten über den Zaun und verfolgten Hildes Büßergang mit Interesse. Denn Mutter wetterte von der Terrasse laut genug hinter der armen Unglückshilde her, um alle Neugierigen herbeizulocken.

„Schweine gehören in den Stall!”

Mitleid und Häme der Kameraden taten gleich weh. Die stinkende Masse im Suppenteller schwappte beim Gehen über Hildes Daumen, kleckerte manchmal gegen die Brust. Hinterließ eklige Flecken auf dem Kleid.

„Geh grade und stolpere nicht!”

Suse, die große Sau im Stall, kam angerannt, grunzte und quiekte wie wild und schlabberte Hildes Vergehen ratzfatz aus der Futterrinne. Wenigstens eine, die sich freute.

Ein Klaps gegen Hildes Schulter beendete ihre Erinnerung an die Kindertage. „Na, auch die falsche Suppe erwischt?”, schrie Doris Wurzbach ihr ins Ohr. Sie war die dritte Pflegekraft in der WG. Hilde rieb sich das Ohr. Empört sah sie Frau Wurzbach an.

„Bin doch nicht schwerhörig!“

Doris Wurzbach lachte. „Na, wenn Sie das sagen, Frau Körner!”Die Ironie in Frau Wurzbachs Stimme ärgerte Hilde. „Blöde Kuh!“

„Aber Hilde!” Almut, die links neben Hilde saß, stieß ihr mit dem Ellenbogen in die Seite. „Was ist denn los mit dir?”Frau Wurzbach kicherte. „Ach, lassen Sie nur, Frau Borchers. Wir kennen ja unsere Pappenheimer. Heute so, morgen so.” Abwägend drehte sie die rechte Hand in der Luft. Während sie den Tisch weiter umrundete, wackelte sie mit dem Hintern. Hilde fand das provokant. Die Olle hielt sich wahrscheinlich für attraktiv in ihren pinkfarbenen Leggings. Dabei betonten diese Strickdinger jedes Fettpolster einzeln. Sah direkt nuttig aus.

„Na, Herr Diedrich, Ihnen schmecken die Graupen wenigstens. Man sieht's deutlich am Malheur.” Mit Schwung platzierte Frau Wurzbach eine Serviette über Herberts bekleckerte Brust und verknotete die Zipfel in seinem Nacken. Herbert Diedrich hatte Parkinson. Seine Hand zitterte beim Essen. Da schlabberte er natürlich. Die Wurzbach hätte ihm die Serviette wirklich früher umbinden sollen. Aber mit vorheriger Bitte um Erlaubnis. Entwürdigend, ihn wie ein Kleinkind zu behandeln. Ihn coram publico zu blamieren. Nun sah er gekränkt aus. Herbert war zwar ein intriganter Giftzwerg, aber öffentliche Demütigungen machten Hilde immer wütend. Egal, wen sie trafen.

Dabei war die Wurzbach selbst ein Schwein. Aber ein richtiges. Nämlich ein Umweltschwein. Hilde hatte oft beobachtet, wie die Pflegerin ihre Zigarettenpause am Gartenteich hielt. Zum Schluss warf sie die Kippen einfach zu Boden. Noch während sie die letzten Qualmwolken aus ihren Nasenlöchern stieß wie ein Drache im Fantasyfilm, trat sie die Stummel in die Ufererde. Widerlich. Die arme Trauerweide daneben kriegte täglich eine Teer- und Nikotindüngung ab. Und für die Teichenten war das ja auch nicht gerade gut. Oder noch schlimmer, wenn eines der Kinder aus dem Generationenhaus so ein Ding verschluckte. Hilde hatte die Kippen bisher nach dem Mittagsschläfchen immer sorgfältig aufgeklaubt. Heute aber nahm sie sich vor, Doris Wurzbach gleich nach dem Essen zu folgen. Sie quasi am Teich in flagranti zu ertappen und dann zur Rede zu stellen.

Jetzt blickte die Umweltschlampe mit gerunzelter Stirn auf Ruths gefüllten Suppenteller. „Aber Ruth, Sie haben ja noch überhaupt nichts gegessen!”

Falsche Schlange, dachte Hilde. Mit ihrer fortschreitenden Aphasie konnte die arme Ruth sich kaum noch verbal äußern. Sich also auch nicht wehren. Im Kopf war sie trotzdem noch helle. Jetzt spielte die Pflegeschlampe die Besorgte. In Wirklichkeit wollte sie Ruth einschüchtern. Das gelang ihr auch. Ruth zog die Schultern ein. Dann schüttelte sie beschämt den Kopf. Scheu wie ein Kleinkind.

„Aber Sie müssen essen! Schau'n Sie doch mal Ihre mageren Ärmchen an. Denken Sie an früher! Ein Löffelchen für den Papa, ein Löffelchen für die Mama.”

Alle neun Bewohner der Senioren WG hoben den Kopf. „Mehr Respekt, Frau Wurzbach. So redet man nicht mit einer erwachsenen Frau.” Bei Almut hörte man immer noch die Lehrerin heraus. Meistens störte das Hilde. Aber in diesem Fall gefiel es ihr. Deshalb unterstützte sie die Freundin: „Ja, merken Sie sich das gefälligst, Sie Biest von Pflegerin!”

Frau Wurzbach lachte erneut. „War doch nur Spaß, meine Damen.” „Trotzdem sollten Sie Frau Scheuer mit ihrem Nachnamen anreden.”Doris Wurzbach zuckte die Schultern. „Hab's nicht bös gemeint.” Sie wollte Ruth über den Kopf streichen. Aber die duckte sich weg. Gut so, fand Hilde.

Frau Wurzbach schaute in die Runde. „Super, meine Herrschaften, fast überall leere Teller. Aber Sie wissen ja, Nachtisch gibt es erst, wenn alle aufgegessen haben.”Almut verzog das Gesicht. „Finden Sie das lustig, Frau Wurzbach?“ „Sie nicht?“ Wieder erscholl ihr Lachen. Da bemerkte Hilde, dass Ruth zitterte. Tröstend legte sie ihr einen Arm um die Schultern.

„Du musst nicht aufessen, Liebes. Alles nur Quatsch und Schikane.” Almut beugte sich vor. „Wenn du willst, Ruth, geh'n wir gleich in die Küche und machen dir ein schönes Rührei.”Prima Idee! Patente Frau, diese Almut.

Ruth begann zu weinen. Vor Erleichterung, das merkte man. Trotzdem machte es Hilde wütend. „Seh'n Sie, was Sie da angerichtet haben, Sie blöde Kuh!”, schrie sie in Frau Wurzbachs Richtung. Die Tischrunde schaute erschrocken auf. Almut versetzte Hilde unter dem Tisch einen Tritt gegen das Bein. Aber Hilde schimpfte weiter. „Ist doch wahr! Eine Kuh ist sie. Dazu noch sadistisch. Wird man doch wohl sagen dürfen.”

Das Gemenge aus Gehässigkeit, Aufregung und Graupengeruch machte Hilde zu schaffen. Der Magen schickte erste Wellenbewegungen durch den Körper. Die Unterarme kribbelten wie tausend Ameisenbeine. Ihr Herz schlug bis unter die Hirnschale. Die Lunge nahm keine Atemluft mehr an. Speichelbildung unter der Zunge. Schleier über den Augen. Kalte Füße. Hitze im Hals.

Almut fasste Hilde an der Hand. „Komm, Hilde, wir gehen jetzt besser. Ruth, dich nehmen wir auch mit.”

Hilde wollte aufstehen, aber ihr gelang nur eine leichte Beugung über den Tisch. Die Beine machten nicht mit. Verweigerten ihren Auftrag. Um nicht zu fallen, stützte Hilde ihre Arme auf. Da war ihr, als geriete das Tischtuch in Bewegung. Als rutschte es zur Seite mit allem Geschirr darauf. Auch die Wände schwankten. Glitten von rechts nach links, drehten eine Runde und erschienen wieder im Blickfeld. Hilde fiel in ihren Stuhl zurück. Die Wurstreste auf ihrem Teller verschwammen zu braunen Wolkengebilden. Der Geruch von Ruths Graupenschleim überlagerte alle anderen Düfte im Raum, drang in Hildes Nase und löste in ihrem Mund übermäßigen Speichelfluss aus. Hildes Magen krampfte. Und die Speiseröhre auch. Nur jetzt nicht auf den Teller kotzen, dachte sie. Aber da war es schon passiert.

Kapitel 1

Lucas, 26. September

Mit Schwung bog Lucas von der Forst in Höhe des Parkplatzes vom Café Christgen in die lange Auffahrt zur Gemeinschaftswohnanlage. Er war spät dran, der Verkehr auf der B 236 war mal wieder das Letzte gewesen. Heute war die turnusmäßige Fensterreinigung der Senioren-WG, der Pflegeabteilung, des Gemeinschaftssaals und des Treppenhauses im Haus Unverhofft dran. Das würde ganz schön knapp werden, wenn er noch ohne zu hetzen ins Stadion kommen wollte. Vielleicht konnte er ja das Treppenhaus auch nächste Woche mitmachen, wenn er die Fenster in den Einzelwohnungen im Haus Freie Vogel zu putzen hatte. Frau Sommerfeld, die Leiterin der Pflegeabteilung und „Hüterin“ der Bewohner der Senioren-WG war da nicht so. Lucas grinste. Die war selber BVB-Fan und würde schon verstehen, dass er heute Abend zum Champions League Spiel gegen Real musste.

Während er die Einfahrt hochfuhr, drosselte er die Geschwindigkeit auf Schritttempo.Wie immer warf er sicherheitshalber einen Blick in die Parkanlage, die sich zwischen Café und Wohnanlage erstreckte. Auch wenn um diese Uhrzeit meistens nichts los war, konnte man sich doch nie sicher sein, dass nicht plötzlich ein alter Mensch oder ein Kind auf den Weg lief.

Da lag doch jemand im Teich! Lucas bremste so abrupt, dass er den Motor abwürgte. War das etwa die Wurzbach? Er sprang aus seinem Lieferwagen und war in wenigen Sätzen an dem kleinen Weiher. Tatsächlich, die Wurzbach! Ohne groß nachzudenken, umfasste er ihre Fußgelenke und zog sie soweit auf den frisch gepflasterten Weg, dass ihr Kopf nicht mehr unter Wasser lag. Dann packte er sie an Hüfte und Achsel und wuchtete den schlaffen schweren Körper auf den Rücken. Ein Arm schwang dabei herum und streifte seine Brust. Die Frau war unverkennbar tot. Aus und vorbei. Nichts mehr zu machen.

Lucas rief den Polizeinotruf, nannte seinen Namen, beschrieb die Sachlage und den Ort. Als er mit zittrigen Fingern sein Handy in der Brusttasche seiner Latzhose verstaute, entdeckte er durch die Büsche hindurch die alte Frau Körner. Sie stand mitten auf der Wiese zwischen Teich und Wohnanlage. Für das kalte Wetter war sie viel zu dünn angezogen.

„Frau Körner, was machen Sie denn hier? Haben Sie was gesehen? Wissen Sie, was da passiert ist?“ Lucas wies mit der Hand in Richtung der Leiche, aber er bekam keine Antwort. Als er zu ihr hinüberging, schien die alte Dame durch ihn hindurchzusehen. Sie war wohl in Gedanken woanders, wie öfter in letzter Zeit. Lucas gab es auf, sie weiter zu befragen. Kurz entschlossen legte er einen Arm um sie und lenkte sie am Teich vorbei zum Café Christgen, das direkt an den Park grenzte. Der Anblick der Toten rührte sie nicht. Wie in Trance schaute sie über die Leiche hinweg.

In der Notrufzentrale hatten sie ihm gesagt, dass er im Park auf das Eintreffen der Polizei warten sollte, aber Frau Körner musste schnellstens ins Warme. Vom Christgen aus würde er den Streifenwagen genauso gutkommen sehen. Das Café war mollig geheizt.Lucasbrachte die noch immer schweigende Frau an einen Fenstertisch. Er erklärteder Inhaberin, was geschehen war, und bat sie, der Frau Körner einen heißen Kakao zu bringen. Für sich bestellte er einen Espresso. Erst jetzt fiel ihm auf, dass seine Hosenbeine und die Arbeitsjacke feucht geworden waren, vielleicht trockneten die Sachen schnell in der Wärme.

Durch die breite Fensterfront hatte Lucas den Park mit seinem alten Baumbestand und den Teich mit der Toten gut im Blick. Die alten Leute hielten Mittagsruhe, die Grundschul- und Kindergartenkinder ebenfalls, die älteren Schulkinder waren noch nicht auf dem Heimweg und die Angestellten aus dem nahen Gewerbegebiet, die regelmäßig im Café zu Mittag aßen, waren längst wieder an ihren Arbeitsplätzen. Die ruhigste Zeit war wirklich zwischen halb zwei und halb drei.

Lucas spürte Frau Körners kalte Hand auf seiner Rechten. Sie sah ihn liebevoll an. „Was für ein Glück, dass wir uns wiederhaben.“ Ihre ersten Worte nach dem Zusammentreffen am Teich freuten ihn. Endlich ging es der alten Dame besser. Dochdann verschwand das Lächeln aus ihrem Gesicht und sie wirkte ängstlich.

„Kurt, du musst mir was versprechen. Das musst du unbedingt. Wenn wir mal Kinder haben, sperren wir sie nie in den Keller. Hörst du? Niemals! Versprichst Du das?“ Nach einer kleinen Pause fügte sie hinzu: „Sonst kann ich dich nämlich nicht heiraten.“

Er begriff sofort, dass sie von alten Zeiten sprach. Nicht zum ersten Mal hielt sie ihn für ihren verstorbenen Mann. Manchmal verwechselte sie ihn auch mit ihrem Sohn Michael, der in Düsseldorf lebte. Beruhigend tätschelteer ihre Hand.

,,Hoch und heilig verspreche ich das. Nie und nimmer sperren wir irgendjemanden in den Keller!‘‘

Sie entspannte sich etwas, trank ein Schlückchen von ihrem heißen Kakao und verfiel wieder in Schweigen. Lucas löste vorsichtig seine Hand aus ihrer Linken, wobei sich der Ärmel ihrer Strickjacke verschob. Ihm schien, als hätte sieeinen blauen Fleck am Handgelenk. Doch bevor er genauer hinsehen konnte, hatte sie schon beide Ärmel bis zum Daumenansatz heruntergezogen und hielt sie mit den zur Faust gekrümmten Fingern fest. Sie kreuzte beide Fäuste vor der Brust und zog die Schultern hoch. Einen Augenblick später ließ sie die Arme sinken, strahlte ihn an und erklärte, als ob sie lange und gründlich darüber nachgedacht hätte: „Das ist gut, Kurt. Dann heiraten wir auch bald.“

Ein paar Minuten später fuhr ein Streifenwagen die Zufahrt hoch. Lucas bat Ellen, ein Auge auf die alte Frau zu haben, und lief dem Auto hinterher.

„Haben Sie uns angerufen?“, fragte der Fahrer, der als Erster ausstieg. Er hatte direkt hinter Lucas’ Firmenwagen geparkt. Seine junge Kollegin schwang sich ebenfalls aus dem Wagen und beäugte ihn misstrauisch. „Sie haben also eine tote Frau gefunden? Wo denn?“

Lucas zeigte hinüber zum Teich, der keine zwanzig Meter vom Weg entfernt lag. Die Polizistin trottete gemächlich dorthin. „Und woher wussten Sie, dass die Frau tot ist?“, rief sie herüber.

„Weil ich sie rausgezogen und umgedreht habe.“

„Was, Sie haben die Leiche bewegt? Sind Sie denn von allen guten Geistern verlassen? Inzwischen weiß doch jedes Kind, dass man sowas bleiben lässt!“ Ihr Ton wurde scharf.

„Sie hätte ja noch leben können“, rief er aufgebracht zurück. „Ich dachte, vielleicht kann ich noch helfen. Ich dachte, vielleicht ist sie unglücklich gestürzt ...“

„Schon gut, hätte ja auch sein können“, sagte der ältere Beamte, offensichtlich bemüht, ihn zu beschwichtigen. „Kommen Sie mal mit rüber an den Teich. Was haben Sie denn nun gemacht, als Sie die Frau entdeckt haben? Kennen Sie sie übrigens?“

„Ja, die kenne ich. Das ist Frau Wurzbach, eine Altenpflegerin aus dem Unverhofft. Da hinten, die Alten-WG mit Pflegestation. Ich hab’ sie schon vom Wagen aus an ihrer Kleidung erkannt. Sie hat immer diese knalligen Hosen an und trägt ständig solche Glitzersneaker. Außerdem macht sie oft ’ne Pause am Teich und pafft sich eine.“

Der erste Tote, den Lucas in seinem Leben gesehen hatte, war sein Freund und Mentor Hubert Kowalski gewesen.Vor sechs Jahren wardas.Das war wenigstens ein natürlicher Tod in einem Krankenhausbett gewesen. Traurig und kein Erlebnis, an das er gerne dachte. Aber solch ein Tod, hier im Teich? Obwohl er am liebsten gar nicht hinsehen wollte, konnte er den Blick nicht von der Leiche wenden. Sie war schrecklich anzusehen. An der linken Schläfe hatte sie eine gezackte blutige Wunde, Gesicht und Haare waren voller Schlamm, Augen und Mund standen weit offen. Auch auf den Zähnen und der Zunge schimmerte der eklige grünlich-schwarze Modder. Diese scheißverdammten Enten, dachte Lucas. Jeden Tag fütterten die alten Leute die Viecher. Das Entenpaar hatte es mit seinen Küken geschafft, den kleinen Teich völlig zuzukacken. In so einem Dreck zu sterben! Frau Wurzbach und ihn konnte man beim besten Willen nicht als Freunde bezeichnen, aber so etwas gönnte man nicht seinem ärgsten Feind. Jetzt setzte auch noch Starkregen ein und schlug ihr mitten ins ungeschützte Gesicht. Die junge Polizistin rannte zum Einsatzwagen und holte eine Plane, um die Leiche abzudecken.

„Hallo, der Herr, haben Sie nicht gehört?“, fragte der Polizist.

„Mmh?“

„Ich habe Sie nach Ihrem Namen gefragt.“

„Lucas von der Forst. Mit C und F“, erklärte er automatisch. Dauernd schrieben die Leute seinen Namen falsch. Adresse und Telefonnummerkönnen Sie vom Wagen abschreiben.“ Er zeigte auf den roten Lieferwagen mit der verschnörkelten Aufschrift Gebäudereinigung Kowalski – damit’s blitzt und blinkt. Gleichzeitig drehten beide Beamten ihre Köpfe in Richtung Auto. Er konnte sehen, wie die Polizistin die Aufschrift lautlos vor sich hinsprach und – anscheinend angesichts des 50er-Jahre-Werbespruchs – mühsam ein Grinsen unterdrückte. Lucas fand den Spruch schön. Er hatte etwas altmodisch Ehrliches, genau wie Hubert Kowalski selber, der die Firma schon von seinen Eltern übernommen hatte. Und jetzt gehörte die Gebäudereinigung Kowalski Lucas.

Der Polizist machte sich Notizen. „Sie haben sie also rausgeholt?“

„Ja, sie lag auf dem Bauch im Wasser, so etwa bis zur Taille. Sie hat sich nicht mehr gerührt, aber hätte doch sein können, dass sie noch lebt. Dass man noch was machen könnte.“

„Sonst haben sie nichts verändert?“

„Nein, ich hab’ sofort gemerkt, dass sie tot ist. Da habe ich direkt die 110 angerufen.“

„Die haben Ihnen doch bestimmt gesagt, dass Sie an Ort und Stelle warten sollen, oder?“

„Ja, haben sie. Aber dann habe ich die alte Frau Körner hinter den Büschen stehen sehen, die war völlig daneben. Deswegen habe ich sie schnell ins Café gebracht. In der Zwischenzeit ist aber niemand in den Park gekommen. Darauf habe ich geachtet.“

„Also gibt es vielleicht noch eine Zeugin. Nun gut. Wir sichern erstmal das Gelände. Gehen Sie einstweilen wieder ins Café und warten Sie dort. Später kommt eineKommissarin von der Mordkommission und befragt Sie.“

Lucas war erleichtert. Nach einem letzten Blick auf Frau Wurzbach lief er zurück ins Christgen. Inzwischen goss es nicht nur in Strömen, sondern es hatte sich auch ein heftiger Wind aufgetan. Viel zu kalt für Ende September, fand er. Er war froh, als er wieder mit Hilde Körner im Warmen saß. Dass sie ihn für ihren Mann hielt, war nicht weiter schlimm. Besser falsch orientiert als überhaupt keine Orientierung, fand Lucas. Er mochte die alte Dame.

Der Reinigungsauftrag im Haus Unverhofft stammte noch von Hubert Kowalski. Lucas hatte nach seinem Tod das Geschäft mitsamt den Aufträgen übernommen. Die Arbeit in der Alten-WG machte ihm Spaß, auch wenn so ein Stinkstiefel wie der Herr Diedrich dabei war, der es nicht lassen konnte, überall seine Nase reinzustecken und die Leute zu belehren. Aber Frau Körner, die mochte er besonders gern. Schade, dass ihre Demenz langsam, aber stetig fortschritt. Noch vor zwei Jahren hatte er sich richtig gut mit ihr unterhalten können. Sie geselltesich immer gerne zu ihm, besonders wenn er im Garten zu arbeiten hatte. Mit Pflanzen kannte Frau Körner sich gut aus. Einmal hatte sie ihn sogar vor einem Riesenfehler bewahrt, als er Blauen Eisenhut in die Rabatte direkt neben dem Kinderspielplatz pflanzen wollte.

,,Aber Herr von der Forst, das können Sie doch nicht machen! Wissen Sie denn gar nicht, dass die Pflanze ein tödliches Gift enthält?!‘‘

Lucas hatte noch vor Augen, wie sie damals eine große Papierserviette vom Café Christgen und eine rote Stofftragetasche mit Equal-Payday-Aufdruck aus ihrer Umhängetasche hervorkramte. „Geben Sie mal her, die Pflanze“, hatte sie verlangt, „und waschen Sie sich gleich die Hände!“ Mit der Serviette entfernte sie die lose Erde und zeigte ihm die dicklichen Wurzeln. „Stellen Sie sich mal vor, Sie Gartentalent, mit den paar Wurzeln könnten Sie die ganze Altenstation vergiften, ganz zu schweigen von den spielenden Dötzchen hier. Ich nehme die Pflanze jetzt mit und entsorge sie so, dass niemand in Gefahr gerät.“

Sie hatteihm echt den Arsch gerettet! Nicht auszudenken, wenn einem Kind was passiert wäre! Und jetzt? Jetzt saß sie hier und dachte, er wäre ihr Kurt. Traurig.

Im Park trafen immer mehr Polizeileute ein. Einige liefen in weißen Schutzanzügen herum, andere in zivil. Die beiden Streifenpolizisten von vorhin sprachen mit einer Frau in einem groß gemusterten Mantel und zeigten auf das Café. Das war wohl die angekündigte Kommissarin. Sie warf einen Blick in die Runde, schüttelte ihren Kopf und schaute auf ihre Armbanduhr. Dann ging sie hinüber zum Teich. Wahrscheinlich wollte sie sich erst einmal die Leiche ansehen.Das war die beste Gelegenheit, Frau Körner schnell in die Wohnanlage zu bringen. Die hielt nicht mehr lange durch.

„Ellen, hast du irgendeine Jacke, die Du Frau Körner leihen könntest?“

„Ich hab’ heute Morgen meinen Steppanorak angezogen, den geb’ ich euch, der ist wind- und wasserdicht. Er dürfte nur ein bisschen groß sein.“

Lucas half Hilde Körner auf die Füße, Ellen streifte ihr die Jacke über und schloss den Reißverschluss. „Kommen Sie, ziehen Sie auch mal die Mütze über. Das ist ja scheußlich draußen, nicht Frau Körner? Mit der Mütze haben Sie’s aber schön warm. Der Lucas bringt Sie jetzt nach Hause. Da ruhen Sie sich erst mal ein bisschen aus.“

„Was soll denn das? Ich kann mich immer noch alleine anziehen!“ Hilde Körner riss Ellen die Mütze aus der Hand und stülpte sie sich über. Sie straffte die Schultern, rückte den Anorak zurecht und wendete sich Lucas zu: „Sagen Sie mal, Herr von der Forst, was machen wir denn im Café? Bin ich etwa hier eingeschlafen?“ Sie sah Lucas streng an. „Müssten Sie nicht heute Fenster putzen?‘‘Bevor er etwas erklären konnte, fügte sie hinzu: „Ich glaube, ich muss mich ein bisschen ausruhen. Komisch, warum bin ich bloß so müde?“ Lucas reichte ihr seinen Arm. Dann marschierten die beiden zügigen Schrittes an den geparkten Polizeiwagen vorbei Richtung Unverhofft.

„Was ist denn hier los, Herr von der Forst? Was macht die Polizei im Park?“

„Ach, da wurde jemand gefunden. Lassen Sie uns mal lieber schnell reingehen bei dem scheußlichen Wetter.“ Frau Körner hatte die Tote tatsächlich vergessen.

Die Heimleiterin schaute den beiden erstauntentgegen. „Wo kommen Sie denn jetzt mit Frau Körner her?“

„Frau Sommerfeld, stellen Sie sich vor, Frau Wurzbach ist tot! Ich hab’ sie im Teich gefunden. Und Frau Körner stand auf der Wiese in der Kälte.“

Hilde Körner sah ihn verständnislos an, während die Heimleiterin die Hand vor den Mund schlug.

„Was? Doris ist tot?“ Langsam sank ihre Hand vom Mund an die Kehle. „Ich hab’ mich gefragt, was die Polizei da am Teich macht. Man sieht ja nichts von hier aus. Wieso ist denn die Doris tot? Die war doch heute Mittag noch putzmunter. In diesem Teich kann doch kein erwachsener Mensch ertrinken! Das Wasser ist doch höchstens einen Meter tief!“

„Ja, ich weiß auch nicht. Sie hat eine Wunde am Kopf. Es sah aus, als ob jemand sie geschlagen hätte. Vielleicht ist sie dann in den Teich gestürzt und ertrunken. Oder sie war gleich von dem Schlag tot und ist dann in den Teich gefallen. Ich weiß wirklich nicht ...“

„Die Wurzbach tot und ich soll im Park gewesen sein?Was erzählen Sie denn da?“ Die Seniorin funkelte ihn empört an und zerrte am Reißverschluss des Anoraks.

,,Nie und nimmer war ich im Park. Wir haben uns doch im Christgen getroffen.‘‘

Kopfschüttelnd half ihr die Heimleiterin, sich von Anorak und Mütze zu befreien. Während die alte Dame sich grummelnd in ihr Zimmer verzog, nahm Lucas die ausgeliehenen Kleidungsstücke entgegen.

„Frau Sommerfeld, ich muss schnell zurück. Die Polizei willmit mir reden. Die kommen bestimmt auch noch zu Ihnen. WegenFrau Körner. Die könnte was gesehen haben. Aber ob sie sich erinnert? Im Park war sie völlig neben der Spur. Passen Sie ein bisschen auf, dass die Polizei sie nicht so hart rannimmt?“

„Ja, klar. Natürlich.“

Die Heimleiterin schüttelte immer noch den Kopf. „Die Doris tot, ich kann’s gar nicht glauben ...“

„Ich muss jetzt wirklich. Ich sollte eigentlich auf die Polizeiwarten. Und ach, die Fenster, das wird wohl heute nichts mehr.“

„Machen Sie sich da mal keinen Kopf, die sind auch nächste Woche noch dreckig. Jetzt laufen Sie mal schnell!“

Mit großen Schritten stürmte er zum dritten Mal an diesem Tag zum Café. Vor dem Eingang stand die junge Frau in dem groß gemusterten Mantel. Sie kämpfte mit ihrem langen grünen Schal, den ihr der Wind ins Gesicht geweht hatte. Als sie sich befreit hatte, schob sie kraftvoll die Tür auf. Er betrat kurz hinter ihr das Lokal.

Kapitel 2

Barbara, 26. September

Barbara stolperte auf dem Weg in die Küche über eine Umzugskiste. „Verflucht nochmal!“ Sie rieb sich ihr Schienbein. 46 m². Sechsundvierzig. Vorher hatte sie ein Haus gehabt. Ein ganzes Haus. Ein großes Haus, 260 m², mit einem noch größeren Garten. Vorne und hinten. Aus ihrer Küche hatte sie in den Garten sehen und gehen können. Jetzt hatte sie vorne einen Grünstreifen, auf dem die Hunde der Nachbarschaft kackten, und einen Baum, der ihr das Licht nahm, und hinten raus sah sie auf andere Häuser und in andere Leben. Aber es war partout keine andere Wohnung zu bekommen gewesen in Dortmund. Der Flüchtlingsstrom und vor allem die Zwangsräumung eines Hochhauskomplexes wegen Brandschutzmängeln hatten laut Aussage einer Dame von der Wohnungsbaugesellschaft zu einer enormen Wohnungsknappheit geführt. „Da nützt Ihnen auch kein gutes Gehalt, Frau Kommissarin. Es sei denn, Sie kennen den Faber. Sie wissen schon, der vom Dortmunder Tatort. Wenn Sie mir mit dem ein Date vermitteln könnten ...“ Dabei hatte sie verschmitzt gelächelt. Barbara war kurz davor gewesen, ihre Knarre rauszuholen, besann sich aber auf ihre guten Vorsätze, immer freundlich zu sein. Sieben Wochen später kam dieses Wohnungsangebot. Gut eine Woche, bevor sie ihren Dienst in Dortmund anfangen sollte. Das war wirklich knapp gewesen. Sie hatte mit gepackten Kartons auf Abruf gestanden, ihr kleiner Bruder Daniel war mit seinem LKW vorbei gekommen und seit gestern wohnte sie hier. Glücklicherweise konnte sie die Küche übernehmen. Außerdem war die Wohnung noch frisch renoviert worden. In fünf Tagen sollte sie ihren Dienst antreten. Ob sie es irgendwann bereuen würde, in die Großstadt geflüchtet zu sein? Aber in Altena konnte sie nicht mehr atmen. Trotz des vielen Grüns um sie herum. Nach der Trennung war sie erstmal übergangsweise wieder auf den Hof der Eltern gezogen und ihre Mutter hatte ihr ständig in den Ohren gelegen, dass sie selbst daran schuld sei, dass ihr Mann fremdgegangen sei. „Eine gute Frau, mein Kind, kommt ihrem Mann entgegen.“

Dabei war es ja nicht so, dass sie keinen Sex mehr gehabt hatten. Aber Sören brauchte immer schon Bestätigung und das nicht nur von einer Frau. Ihre Mutter fand das offenbar normal: „Die Männer sind so. Schau dir doch unseren Gockel an. So sind sie alle. Und verlassen deswegen die Hühner ihren Hahn?“ Barbara konnte manchmal nicht fassen, dass diese Person wirklich ihre Mutter war. Sie waren Universen voneinander entfernt. Was Werte anging, Gefühle, Menschlichkeit. Sie musste als Kind vertauscht worden sein.

Barbara merkte, wie ihr die Tränen kamen. Nein, bitte nicht heulen. Nicht heulen. Die Welt ist schön, alles ist gut. Du hast einen neuen tollen Job, eine wunderschöne Wohnung. Du bist 33 Jahre und gesund. Sie fing an zu heulen und warf sich auf die Matratze. Ihr Bett war noch nicht aufgebaut. „Niemand mag mich, ich bin hässlich, schon in der Schule war ich eine Außenseiterin ... ich werde als überarbeitete, hässliche, alte, mürrische Frau …“, weiter kam sie nicht, denn das Telefon klingelte. „Allenstein?“, dabei schniefte sie noch ein wenig. „Frau Allenstein, alles okay mit Ihnen? Hier ist Markus Beilage. Ihr neuer Kollege.“

„Ja, alles okay, ein bisschen Schnupfen. Ich packe hier gerade noch alles aus, wissen Sie. Der Staub und so …“ „Aha. Ja ja, kenn ich, ich hab auch eine Hausstauballergie. Also, weswegen ich Sie eigentlich anrufe ...“ „Ich fange doch erst Sonntag an oder hab ich mich vertan?“ „Nein, nein, Sonntag. Aber, Frau Allenstein, wir haben schon heute eine Leiche. Und Ihr Vorgänger, den haben wir letzte Woche bereits in den Ruhestand verabschiedet und der Kollege …“

„Also gut, soll ich kommen?“ „Ja, bitte.“ „Kann mich jemand abholen? Mein Privatwagen steht zwei Blocks weiter. Ich hab gestern einfach keinen Parkplatz in der Nähe gefunden.“ „Aber natürlich. Ab der nächsten Woche können Sie, wenn Sie im Präsidium sind, auch versuchen, einen Wagen aus dem Fuhrpark zu ordern. Aber jetzt komme ich zu Ihnen. Wo wohnen Sie?" Barbara nannte ihm ihre Adresse. „Alles klar, ich bin in 15 Minuten bei Ihnen.“

15 Minuten. Oje. Sie lief ins Badezimmer. Sie sah furchtbar aus. Die Wimperntusche war verschmiert. Sie sah an sich hinunter, ihre Kleidung war dreckig und verstaubt. Schnell wusch sie sich das Gesicht, legte wenigstens noch eine getönte Creme auf, zog einen grünen Pulli und eine Jeans aus der Kiste. Dann schnappte sie sich ihren großgemusterten bunten Mantel und ihren grünen Lieblingsschal. Eigentlich nichts für die Polizeiarbeit, aber egal. In dem Moment, als sie auf der Straße stand, trudelte auch schon der Streifenwagen ein. Es regnete in Strömen.

„Hi, kommse schnell ins Auto, Frau Kollegin.“Sie fuhren auf die B1 und gerieten umgehend in einen Stau. „Gewöhnen Sie sich dran. Hier ist Dauerstau, Frau Allenstein. Am besten meiden Sie diese Straße.“ „Wo müssen wir überhaupt hin?“ „In den Stadtteil Schüren zur Freie-Vogel-Straße.“ „Was ist denn das für ein ulkiger Name?“ Kollege Beilage lachte. „Tja, hier gibt’s auch komische Vögel, nicht nur im Sauerland.“ Sollte das jetzt ein Witz sein oder eine Beleidigung?

Von der B 1 ging es auf die nächste Schnellstraße. Barbara registrierte ein Schild, B 236 Richtung Schwerte. Kaum drauf, fuhren sie gleich wieder die nächste Ausfahrt rechts runter. „Wo ist denn die Leiche gefunden worden?“ „In einem Seniorenheim oder sowas Ähnlichem. Da hamse vor ein paar Jahren so ne Wohnanlage gebaut, auf dem Gelände der ehemaligen Zeche Freie Vogel & Unverhofft, um nochmal auf Ihre Frage von vorhin zurückzukommen.“ Der Kollege grinste. „Wegen der Zeche heißt auch die Straße so. Das war wohl eine der ältesten Zechen in Dortmund, gibt’s aber schon lange nicht mehr. Das Ganze wurde völlig neu angelegt.“ Blöder Kerl! Das mit dem Zechennamen hätte er ihr vorhin ja gleich vernünftig erklären können. „Und? Wissen wir schon Näheres über die Leiche?“, fragte sie unwirsch. „Eine Altenpflegerin aus dem Haus Unverhofft ist im angrenzenden Teich gefunden worden.“

Sie bogen in ein parkähnliches Gelände ein. Rechts lag ein Café, geradeaus mehrere zusammenhängende Wohnhäuser und hinter dem Café, auf der rechten Seite, erblickte sie einen Teich. Dort warteten schon zwei Streifenbeamte.

Barbara Allenstein ging auf die Kollegen zu. Den Schal hielt sie sich zum Schutz über den Kopf. „Guten Tag, Barbara Allenstein, ich bin die Neue.“ Dabei kicherte sie albern und sie wusste selbst nicht warum. Manchmal musste sie unkontrolliert kichern und hasste sich dafür. Die Kollegen sahen sie verwundert an.

„Möchten Sie zuerst mit dem Zeugen sprechen, der die Leiche gefunden hat?“ Barbara schaute auf die Uhr und schüttelte den Kopf. Sie wurde professionell: „Also, hier ist die Leiche? Wann kommen die Spusi und der Gerichtsmediziner?“ „Sie sind unterwegs. Stecken auf der B1 im Stau.“ „Die soll man doch meiden, wie der Teufel das Weihwasser, hab ich gehört!“, dabei kicherte sie schon wieder. Verdammt. Wie sollte sie so nur jemand ernst nehmen. Wenn sie nervös war, war sie nicht sie selbst. „Unsicherheit“, hatte ihr großer Bruder Torsten immer gemeint.

„Okay, dann schau ich mir mal die Leiche an.“ Auf diesem Gebiet war sie nicht unsicher, mit Leichen kannte sie sich aus. Barbara registrierte eine Wunde an der linken Schläfe. Die nassen Haare hingen der Leiche ins Gesicht. Barbara fielen die bunte Hose und die Schuhe mit Strass auf. Irgendwie irritierte sie das, denn sie hatte eine andere Vorstellung von einer Altenpflegerin. Ist halt Ruhrgebiet, dachte sie dann. Da laufen die Leute einfach anders herum.

„Ist die Leiche so gefunden worden?“ Barbara sah die beiden Streifenpolizisten mit einem prüfenden Blick an. „Ne, so ein Vollhonk hat sie rausgezogen und einfach auf den Rücken gedreht“, antwortete die junge Polizistin. Barbara wunderte sich über den Ausdruck: Vollhonk? „Ich hab ihn schon angezählt deswegen.“ Angezählt, na, die örtliche Amtssprache war noch ziemlich gewöhnungsbedürftig. Der ältere Polizist mischte sich ein: „Er wollte doch nur nachschauen, ob die Person möglicherweise noch lebt.“ „Verstehe“, sagte Barbara. „Wo ist er jetzt? Name?“ „Von der Forst. Er wollte im Café da hinten auf Sie warten. Er hatte eine ältere Dame dabei. Die lief hier rum und hat gegebenenfalls auch etwas gesehen. Machte aber einen verwirrten Eindruck. Ob Sie aus der was rauskriegen?“ „Danke Ihnen, Sie bleiben dann bitte hier, Herr Beilage, bis die Spusi da ist. Geben Sie mir bitte Bescheid. Ich schau derweil schon mal nach den zwei bekannten Zeugen.“Ihr Kollege sah sie missmutig an. Hatte sie was falsch gemacht oder gesagt?

Von außen sah das Café wie ein Maschinengebäude aus der Gründerzeit aus. Davon gab es in Altena auch genug, allerdings leer stehende. Als sie die Tür öffnete, flutete ihr wohlige Wärme, leise angenehme Musik und eine heimelige freundliche Atmosphäre entgegen. Zum Wohlfühlen, dachte sie. „Guten Tag,“ sagte sie laut. „Gibt es hier einen Herrn von der Forst?“

Eine Bedienung kam auf sie zu. „Herr von der Forst muss jeden Moment wieder hier sein, er hat Frau Körner, eine ältere Dame aus dem Seniorenheim, eben wieder zurückgebracht. Sie war nicht sonderlich bei sich, könnte man sagen.“In dem Moment schlug die Tür auf und ein Mann kam schnellen Schrittes herein. Er war ungefähr in ihrem Alter. Hatte ein freundliches Lächeln und steuerte direkt auf sie zu. „Ach, da sind Sie ja schon. Ich hab eben …“

„Ich hörte schon davon“, unterbrach ihn Barbara. „Guten Tag, Barbara Allenstein, ermittelnde Kommissarin. Wo können wir uns setzen?“ Sie fanden einen kleinen Tisch in der Ecke. „Dann erzählen Sie mal. Wer sind Sie und wie haben Sie die Tote entdeckt? Meine Kollegin war übrigens nicht begeistert, dass Sie die Leiche bewegt haben.“

„Ich hab da gar nicht nachgedacht. Dachte nur, vielleicht lebt sie noch.“ Dann erzählte er, dass er im Seniorenheim die Fenster putzte und wie er die Leiche gefunden hatte. „Mehr kann ich Ihnen nicht dazu sagen. Frau Körner lief auch noch draußen im Park rum. Sie war ganz verwirrt und viel zu dünn angezogen. Wird wohl leider dement. Deswegen hab ich sie besser vorhin ins Heim zurückgebracht.“„Okay, meinen Sie, sie hat vielleicht was beobachtet?“„Ich glaube eher nicht. Sie können ja mal versuchen, sie zu fragen. Ganz oft ist sie auch völlig klar und normal. Nur manchmal … Aber ich hab das Gefühl gehabt, dass sie die Leiche nicht einmal richtig registriert hat.“

„Na, gut. Vielen Dank. Haben Sie sonst noch irgendwas gesehen? Irgendetwas oder irgendjemanden beobachtet?” „Nein, nichts, Frau Kommissarin. Da war niemand außer Frau Körner. Niemand, der weggelaufen oder mir entgegengekommen wäre oder so, falls Sie an so etwas denken?“ „Okay, dann geben Sie mir jetzt bitte Ihre Telefonnummer für den Fall, dass ich noch weitere Fragen habe.“Er reichte ihr seine Visitenkarte. Barbara steckte sie in die Manteltasche. „Und hier ist meine Karte. Melden Sie sich, sobald Ihnen noch was einfällt. Könnten Sie so freundlich sein und mir zeigen, wie ich zur Heimleitung komme? Sie kennen sich doch sicherlich hier aus.“

„Aber gerne doch, ich bring Sie hin, bevor Sie sich in den Gängen verlaufen. Die Leiterin heißt Sommerfeld. Sie weiß schon Bescheid, weil ich ihr vorhin Frau Körner überreicht habe.“ Lucas von der Forst öffnete Barbara die Tür. Ein wirklich nettes Lächeln, dachte sie.

Er begleitete sie am Park vorbei durch den Eingangsbereich, mehrere Gänge entlang und dann klopfte er an eine Tür: „Frau Sommerfeld, hier ist eine Kommissarin für Sie.“ „Soll sofort reinkommen. Ich bin noch so geschockt.“ „Ich würde dann jetzt gehen, oder brauchen Sie mich noch?“ „Sie können gerne nach Hause gehen, Herr von der Forst, es sei denn, Sie wollen heute noch die Fenster putzen.“ „Nee, nee, das machen wir nächste Woche. Das hab ich vorhin schon abgeklärt mit Frau Sommerfeld.“

Barbara betrat das Büro der Heimleitung. Frau Sommerfeld kam mit hängenden Schultern auf sie zu. Sie war etwas rundlich und wirkte, als ob sie ein Stückchen Kuchen zu schätzen wusste. Eine gepflegte Erscheinung, dachte Barbara. Man sah der Heimleiterin an, dass sie sehr auf ihr Äußeres achtete.

„Setzten Sie sich Frau …“, sie bot Barbara einen Stuhl gegenüber ihrem mit Papieren überhäuften Schreibtisch an. „Allenstein, ermittelnde Kommissarin, Kripo Dortmund.“ „Frau Allenstein, ich kann das gar nicht fassen. Wer ermordet denn eine Altenpflegerin?“ Frau Sommerfeld ließ sich hinter ihrem Schreibtisch in den Sessel fallen und hielt ihre Hände vors Gesicht. „Die Doris war jetzt nicht das, was man einen Sonnenschein nennen konnte, aber einen Grund sie zu ermorden … Nein. Den gab es nicht. Ich begreife das nicht. Sie hatte doch auch nix bei sich … Keine Handtasche oder so … Ich verstehe das nicht … oh mein Gott!“ „Frau Sommerfeld, jetzt beruhigen Sie sich, wir fangen ja gerade erst an mit den Ermittlungen. Sie sagen, Frau Wurzbach war kein Sonnenschein. Was meinen Sie damit?“ „Naja, man soll ja nicht schlecht über Tote reden.“ „Aber?“ „Nun, es gibt freundlichere Mitmenschen unter uns. Manchmal war sie ganz schön zickig. Ach, wie soll ich sagen, den älteren Menschen gegenüber, und auch ihren Kolleginnen und mir gegenüber fehlte es öfter mal an Respekt. Aber Sie kennen ja den Arbeitskräftemangel im Pflegebereich. Da ist man über jede Kraft, die man kriegen kann, heilfroh. Und ihre Arbeitszeugnisse waren einwandfrei, wirklich.“ „Hatte sie denn Feinde? Oder Streit mit jemandem.“ „Streit, mhmmm, ja jetzt, wo Sie es sagen ... Erst kürzlich hat es einen furchtbaren Streit mit unserem Fensterputzer gegeben. Der Herr, der sie hierhin begleitet hat. Eigentlich ein ganz Netter, der Herr von der Forst, und total zuverlässig. Aber die Doris hat gemeint, es kommt immer was weg, wenn er da ist. Wissen Sie, hier sind in letzter Zeit Wertgegenstände der älteren Bewohner verschwunden. Es gehen aber so viele Leute hier ein und aus, das könnten auch andere gewesen sein. Doris hat trotzdem rumerzählt, es passiert immer, wenn er Fenster putzt. Herr von der Forst war ganz außer sich, als er von den Beschuldigungen gehört hat. Verständlich. Wenn er in Verruf gerät, ist das für seine Firma schädigend.“ „Ah, interessant und sonst? War sie verheiratet, hatte sie Kinder?“ „Soviel ich weiß, war sie geschieden und hat zwei Mädchen. Schon erwachsen. Zu denen hatte sie ein gutes Verhältnis, sagte sie immer. Ich weiß nicht viel von dem Privatleben meiner Mitarbeiterinnen. Ehrlich gesagt geht mich das auch nichts an.“

„Frau Sommerfeld, da gab es noch eine Zeugin. Eine ältere Dame. Frau … mir fällt der Name gerade nicht ein.“ „Frau Körner meinen Sie? Die ist vorhin sofort eingeschlafen. Vielleicht versuchen Sie es lieber morgen? Aber ob sie Ihnen helfen kann? Manchmal ist sie schon sehr vergesslich.“ „Gut, Frau Sommerfeld. Dann danke ich Ihnen. Wo hatte die Verstorbene denn ihre persönlichen Gegenstände?“ „Alle Mitarbeiterinnen haben abschließbare Spinde.“ „Kann ich den von Frau Wurzbach einsehen? Es wird nötig sein, dass wir Zugang zu ihrer Wohnung bekommen. Dazu brauche ich ihre Schlüssel.“ „Aber natürlich, sofort, kommen Sie.“Barbara wartete, bis Frau Sommerfeld den Spind geöffnet hatte. Sie entnahm ihm eine Handtasche, ein billiges Plastikmodell, das geschmacklich zur Kleidung der Gefundenen passte, und kramte darin herum. Sie fand ein Handy, eine Geldbörse und einen Schlüsselbund. „Das reicht für heute. Den Schrankinhalt schauen wir uns später genauer an. Bitte überlassen Sie mir die Spindschlüssel, damit die Spurensicherung hier nochmal nachschauen kann. Vielen Dank, Frau Sommerfeld.“ Barbara verließ das Gebäude und sah, dass bereits weitere Kollegen eingetroffen waren. Der Wagen der Spurensicherung stand am Wegesrand. Auch einige Neugierige hatten sich eingefunden. Sie stellte sich kurz der Spusi vor und bat ihren Kollegen, sie ins Präsidium zu bringen. „Herr Beilage …“ „Sagen Sie ruhig Markus. Wir sind hier nicht so förmlich.“ „Okay Markus, sind Sie, äh bist du so nett und bestellst den Fensterputzer morgen um 9 Uhr ins Präsidium. Hier ist seine Visitenkarte. Und ich heiße übrigens Barbara.“ „Wird erledigt, Chefin.“ Hatte sie da einen Unterton gehört oder sah sie Gespenster?

Im Präsidium angelangt inspizierte sie kurz ihren neuen Schreibtisch und legte den Schlüsselbund der Ermordeten in die oberste Schublade. Markus überreichte sie den Schlüssel für den Spind. „Gibst du ihn der Spusi. Sie sollen mal schauen, was sie da noch so finden und gibt es vielleicht einen Wagen, den ich nutzen kann, Markus?“ „Leider nein, aber unten ist ne Streife, die fährt dich.“ Dann verließ er wortlos das Zimmer. Das Gefühl, dass hier etwas nicht stimmte, verfestigte sich. Besonders freundlich war das nicht. Es klang schon so ein bisschen wie: Sieh zu, dass du klarkommst.

Als Barbara in ihrer Wohnung ankam, schlüpfte sie gleich unter die Dusche und legte sich auf ihre Matratze. Die Klamotten weiter auspacken, konnte sie auch morgen machen, dachte sie.

Kapitel 3

Hilde, 26. September

Schon halb sechs! Hilde schlug ihre Decke zurück und setzte sich auf die Bettkante. So lange schlief sie sonst nie nach dem Essen. Hatte es heute etwas Besonderes gegeben, dass sie sich so zerschlagen fühlte? Eine WG Besprechung, eine Aktion im Küchengarten oder einen Arztbesuch? Sie konnte sich nicht erinnern.

Nach dem Gang zur Toilette setzte sie Teewasser auf. Zwar konnte sie jederzeit heiße Getränke in der WG Küche bekommen, aber der Wasserkocher im eigenen Zimmer gab ihr ein Gefühl von Unabhängigkeit. Sie kramte im Vorratsschrank nach der Blechdose mit den Lavendelblüten und befüllte den Siebeinsatz ihrer Kräutertasse. Hilde genoss es jedes Mal, wenn das dampfende Wasser über die getrockneten Blüten gluckerte und ihr feines Aroma frei gab. Sie atmete tief durch die Nase ein. Wunderbar, dieser Blumenduft! Vorsichtig trug sie die heiße Tasse zum Tisch hinüber und setzte sich in den Ohrensessel. Sohn Michael hatte ihn vor Hildes Umzug neu beziehen lassen. Robuster Wollstoff mit exotischem Pflanzenmuster.

Der Blick durch das Balkonfenster war heute nicht so schön. Gleichmäßiges Grau, durchzogen mit feinem Nieselregen. Von den Blättern der Geranien tropfte es hier und da. In dieser trüben Spätsommerstimmung fiel ihr die Sammlung mit den gepressten Blumen ein. Gerade als sie das Album aus dem Bücherregal ziehen wollte, klopfte es und Almut kam herein. Sie sah irgendwie besorgt aus.

„Geht es dir wieder besser?”

Hilde wunderte sich über die Frage.

„Ging es mir denn schlecht? Komm, setz dich und trink einen Tee mit mir.”

Almut lachte erleichtert.

„Gern, aber nichts aus deiner Kräutersammlung.”