Verhängnisvolle Begierde - Heather Graham - E-Book

Verhängnisvolle Begierde E-Book

Heather Graham

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Beschreibung

"Nur knapp entgeht der Soapstar Serena McCormack einem Mordanschlag. Als zu ihrem Schutz der Privatdetektiv Liam Murphy engagiert wird, kommt es zu einem überraschenden Wiedersehen, denn Liam ist Serenas ehemaliger Liebhaber. ""Romantische Spannung ist die Stärke der vielseitigen Heather Graham."" Romantic Times ""Klassische Elemente der Spannung. Ein eindrucksvoller Blick hinter die Kulissen Hollywoods."" Publishers Weekly"

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Über das Buch:

Nur knapp entgeht der Soapstar Serena McCormack einem Mordanschlag. Als zu ihrem Schutz der Privatdetektiv Liam Murphy engagiert wird, kommt es zu einem überraschenden Wiedersehen, denn Liam ist Serenas ehemaliger Liebhaber. 

"Romantische Spannung ist die Stärke der vielseitigen Heather Graham." Romantic Times 

"Klassische Elemente der Spannung. Ein eindrucksvoller Blick hinter die Kulissen Hollywoods." Publishers Weekly

Die Originalausgabe erschien unter dem Titel "Dying to Have Her"
Edel eBooks Ein Verlag der Edel Germany GmbH
© 2015 Edel Germany GmbH Neumühlen 17, 22763 Hamburg
www.edel.com
Copyright © 2001 by Heather Graham
Copyright first German edition © 2005 by Wilhelm Heyne Verlag
Dieses Werk wurde vermittel durch die Michael Meller Literary Agency GmbH, München.
Covergestaltung: Eden & Höflich, Berlin
Konvertierung: Jouve
Table of Contents
KurzbeschreibungTiteleiCopyright PageKapitel 1Kapitel 2Kapitel 3Kapitel 4Kapitel 5Kapitel 6Kapitel 7Kapitel 8Kapitel 9Kapitel 10Kapitel 11Kapitel 12Kapitel 13Kapitel 14Kapitel 15Kapitel 16Kapitel 17Kapitel 18Kapitel 19Kapitel 20Kapitel 21Kapitel 22Kapitel 23Kapitel 24Kapitel 25Epilog
Kapitel 1
Jane Dunne betrat den Umkleideraum und hielt überrascht inne. Ihr theatralischer Gesichtsausdruck schien angesichts der Tatsache, dass niemand im Zimmer war, ein wenig übertrieben, doch eine gewisse Dramatik lag ihr einfach im Blut. Jane warf sich bei jeder Gelegenheit in Pose, gleichgültig, ob sie Publikum hatte oder nicht.
Auf dem Frisiertisch stand ein extravagant arrangierter Blumenstrauß, rote Rosen und exotische gelbe Blumen, die Jane noch nie zuvor gesehen hatte.
Zurzeit benutzte Jane die Garderobe einer anderen Schauspielerin, aber sie hoffte, dass sich das bald änderte. Immerhin hatte sie es in der Welt der Stars und Sternchen bereits weit gebracht – sie war zu den richtigen Partys gegangen, hatte sich mit den richtigen Leuten unterhalten und sich mit den richtigen Männern eingelassen. Ganz zu schweigen von der Tatsache, dass sie eine gehörige Portion Talent besaß!
Es hatte Jane viel Mühe und Zeit gekostet, es bis hierher zu schaffen. Sie war mittlerweile kein junger Hüpfer mehr – ein echtes Handicap in einer Stadt, in der es kein höheres Gut gab als einen jugendlichen Teint –, doch dank einiger sinnvoller Operationen und einem untrüglichen Gespür für das Business war sie auf dem besten Weg, endlich groß rauszukommen. Es war ihr gelungen, eine Minirolle in einem großen Hollywoodfilm zu ergattern, außerdem spielte sie seit neuestem in der Daily Soap schlechthin – zwar erst einmal nur als Schwangerschaftsvertretung für Jennifer Connolly, aber Jane hegte keinen Zweifel daran, dass sie über kurz oder lang zur Topriege Hollywoods gehören würde.
Hoch erhobenen Hauptes schritt sie nun durch die Umkleide, ließ sich mit fließenden Bewegungen auf dem Stuhl vor dem Frisiertisch nieder und schlug graziös die Beine übereinander. Neben den Blumen lag ein zusammengefalteter Zettel, den Jane geflissentlich ignorierte. Die Blumen waren entweder von den Produzenten, die sich vermutlich bei ihr einschleimen wollten, oder von irgendeinem Loser aus der Crew, der heimlich für sie schwärmte.
Jane betrachtete sich kritisch im Spiegel, wandte den Kopf nach rechts und links und nickte zufrieden. Geschickt strich sie ihre platinblonde Mähne zurecht und lächelte. Bobby aus dem Tahi Salon hatte bei der Haarverlängerung ganze Arbeit geleistet. Jane zwinkerte sich selbst zu und bewunderte zum wohl tausendsten Mal ihre ausdrucksstarken blauen Augen. Sie war eine bildhübsche Frau, und die Welt lag ihr zu Füßen.
Jane beugte sich vor, fixierte ihr Spiegelbild und flüsterte: »Du hast das Beste noch vor dir, Baby. Eines Tages wird dein Name unsterblich sein ...«
Sie lehnte sich zurück, und ihr Blick fiel erneut auf den Zettel neben den Blumen. Es war wohl klüger, ihn zu lesen. Womöglich hatte irgendein Mann in wichtiger Position den Strauß geschickt ... Seufzend faltete Jane das Blatt Papier auseinander und überflog die wenigen Zeilen darauf:
Rosen sind rot,bald bist du tot.Gelb sind Gladiolen,ich komm, um dich zu holen!
Empört warf Jane den Zettel auf den Boden und starrte ihn ungläubig an. Was für eine bodenlose Frechheit! Irgendein Niemand erdreistete sich, ihr zu drohen? Jetzt brauchte sie erst einmal eine Zigarette ... Ungehalten kramte sie aus ihrer Tasche ein Zigarettenetui hervor. Sie hatte bereits mehr als einmal versucht, sich das Rauchen abzugewöhnen, da es in ganz Kalifornien kaum noch einen Ort gab, an dem man diesem Laster ungestraft frönen konnte. Ständig hörte man, Zigaretten seien schlecht für die Gesundheit, für die Umwelt, für Passivraucher. Die wollten einem weismachen, Nichtrauchen führe unweigerlich zum Weltfrieden! Jane interessierte das nicht im Geringsten. Sie hatte nur einen einzigen Grund, die Finger von den Glimmstängeln zu lassen: die verfluchten Falten, die man dadurch bekam. Andererseits nahm man unweigerlich zu, sobald man mit dem Rauchen aufhörte ...
Jane zündete sich die Zigarette an, inhalierte tief und ließ den Blick gereizt durch den Raum schweifen. Natürlich war weit und breit kein Aschenbecher zu sehen, denn auch in Jennifer Connollys Umkleideraum war Rauchen nicht gestattet. Jane verdrehte die Augen, stand auf und holte sich eine Untertasse aus dem Schrank. Dabei trat sie auf den Zettel.
»Idiot!«, zischte sie und meinte damit den Verfasser des fiesen kleinen Reims. »Ich bin eines Tages unsterblich, und dann wird dir dieser Scheiß mächtig Leid tun, Arschloch!«
Zornig hob sie den Zettel auf, zündete ihn mit ihrer Zigarette an und beobachtete, wie er auf der Untertasse verbrannte – zumindest der größte Teil davon. Das Porzellan war ein wenig feucht, und das Papier klebte an manchen Stellen daran fest. Irgendein Hohlkopf – wahrscheinlich die bescheuerte kleine Jinx – hatte das Geschirr im Schrank offenbar gerade erst abgewaschen.
»Brenn, verdammt noch mal!«, knurrte Jane. Sie wollte den Zettel gerade von der Untertasse entfernen, da klopfte jemand an die Tür. Genervt drehte sich Jane um und schnappte: »Was denn?«
Eine schmalgesichtige Blondine steckte den Kopf zur Tür herein. Unter dem Arm trug sie einen riesigen Make-up-Koffer. »Miss Dunne ...«
»Wer zum Geier bist du denn?«
»Martha, Miss Dunne. Ich bin für Ihre Maske zuständig ...«
»Was? Einen Scheiß bist du!«, schnaubte Jane. »Als ich vor drei Wochen den Vertrag unterschrieben hab, hat man mir versprochen, ich würde von Gilby Sayres persönlich betreut!«
Martha zog erschrocken den Kopf ein. »Es tut mir Leid, Miss Dunne, aber ich habe erst heute Morgen mit Mr Novac gesprochen, und der hat gesagt, ich soll mich um Ihr Make-up kümmern ...«
»Jim Novac ist hier nur der Regisseur! Mir haben aber die Produzenten zugesichert –« Jane brach mitten im Satz ab und fragte sich, warum sie überhaupt mit diesem linkischen Mädchen – diesem Nichts – diskutierte. Andererseits ging es hier ums Prinzip. So etwas durfte man gar nicht erst einreißen lassen, schließlich war sie ein Star!
»Miss Dunne«, begann Martha von neuem. »Es tut mir schrecklich Leid ...«
»Es wird gleich noch jemand anderem schrecklich Leid tun!« Jane stürmte aus dem Umkleideraum. Sie war groß, dünn und sehr elegant, und allein die Art, wie sie daher schritt, garantierte ihr stets die ungeteilte Aufmerksamkeit aller Anwesenden. So stolzierte sie nun in die Kulisse der Dreharbeiten, die für diesen Vormittag angesetzt waren. Wenn sie im Laufe der Jahre eins gelernt hatte, dann jemandem eine Szene zu machen.
Der Regieassistent probte gerade mit zwei Lichtdoubles eine Passage, die Jane später mit Serena McCormack drehen sollte. Lichttechniker brachten währenddessen die Deckenbeleuchtung in Position und richteten sie auf die Doubles aus. Die sorgfältig aufgebaute Szenerie stellte ein italienisches Restaurant dar, in dem sich Jane und Serena laut Drehbuch ein heftiges Wortgefecht liefern würden.
Ärgerlich stelzte Jane nun auf den Regieassistenten und die beiden Lichtdoubles zu und bedachte diese kleinen Wichte mit einem vernichtenden Blick. »Wo steckt Novac?«, keifte sie. Die drei schauten sie erschrocken an und schwiegen. »Hört ihr schlecht? Wo ist Jim Novac?«
Der Regieassistent – ein Teenager, der wahrscheinlich kaum die Highschool beendet hatte – sagte leise zu den Doubles: »Danke, das wäre alles fürs Erste.«
»Hey! Ich rede mit dir!«, bellte Jane.
Die Lichtdoubles flohen vom Set, und der rothaarige Teenie wandte sich mühsam beherrscht Jane zu. »Ich gehe ihn suchen, Miss Dunne«, erklärte er höflich und eilte davon. Jane sah ihm mit einer hochgezogenen Augenbraue nach. Ungeduldig ließ sie den Blick über die Kulisse wandern und spürte die Wärme der Deckenbeleuchtung auf der Haut. Einer der Lichttechniker, der auf einer hohen Leiter stand, starrte sie ungeniert an.
»Hey, du! Was glotzt du so blöd?!«, fauchte Jane.
Der Mann antwortete jedoch nicht, sondern stieg von der Leiter und machte sich schleunigst aus dem Staub.
»Jane, da bist du ja!«
Jane fuhr herum. Serena McCormack kam lächelnd auf sie zu. Serena mit den wunderschönen türkisfarbenen Augen, der herrlichen, rostbraunen Mähne, dem unwiderstehlichen Lächeln, dem einnehmenden Wesen und der perfekten, melodiösen Sprechtechnik. Jane hasste diese Frau, aber natürlich ahnte Serena nichts davon. Es war auch gar nicht persönlich gemeint. Sie stand Jane schlichtweg im Weg. Serena verstand sich prächtig mit allen, und sowohl die Presse als auch die Zuschauer liebten sie. Es war einfach zum Kotzen.
»Ach, hallo Serena.«
»Was ist los? Stimmt was nicht?«
»Manche Leute halten sich einfach nicht an Absprachen«, klagte Jane.
Jim Novac, der Regisseur der Soap, betrat gemeinsam mit dem rothaarigen Teenie die Kulisse. Novac war ein Mann mittleren Alters und dafür erstaunlich attraktiv. Er schien Jane gar nicht zu bemerken – obwohl ihn sein Assistent fraglos davon in Kenntnis gesetzt hatte, dass Jane ihn sprechen wollte und hier auf ihn wartete. Novac war völlig vertieft in das Storyboard auf seinem Klemmbrett und hob den Blick nur, um Einzelheiten der Dekoration zu überprüfen. An einem Tisch, keine drei Meter von Jane entfernt, blieb er stehen.
»Ich kann mich nicht erinnern, verwelkte Blumen bestellt zu haben!«, polterte er unvermittelt. »Weiß denn keiner, was frisch heißt, verdammt noch mal?«
»Novac!« Jane war entrüstet, seinen Namen rufen zu müssen, um überhaupt von ihm beachtet zu werden.
»Jane?« Novac sah auf und schenkte ihr ein Haifischgrinsen. »Wie schön, dass du auch schon da bist! Dann können wir ja gleich loslegen –«
»Nein, können wir nicht! Wir werden jetzt erst mal ein paar Dinge klären. Vorher passiert hier überhaupt nichts!«
»Aha.« Novac verschränkte die Arme vor der Brust. »Und was für Dinge wären das?«
Aller Augen ruhten auf ihnen – Techniker, Bühnenausstatter, Kameraleute und Requisiteure hielten in ihrem Tun inne und beobachteten den Schlagabtausch. Jane straffte die Schultern und wanderte langsam um den Tisch herum zu Novac hinüber. Sie bemerkte eine Bodenmarkierung, die Serenas erste Position anzeigte, und blieb genau auf dieser stehen. Hier war sie optimal ausgeleuchtet. Mit einer zugleich anmutigen und energischen Bewegung stemmte sie die Hände in die Hüften. Das Knacken über ihr, irgendwo zwischen den Scheinwerfern, nahm sie kaum wahr. Sie hatte einen wichtigen Auftritt vor sich.
»Vor drei Wochen wurde mir hoch und heilig versprochen, Gilby Sayres persönlich würde sich um mein Make-up kümmern. Verstehst du? Versprochen! Weißt du überhaupt, was das Wort bedeutet, Novac?«
Das Gesicht des Regisseurs wurde puterrot. »Gilby Sayres würde das Budget sprengen.«
Jane fischte eine der verwelkten Rosen aus der Vase auf dem Tisch und wedelte damit vor Novacs Nase herum. »Frische Blumen sind offenbar auch nicht im Budget inbegriffen, hm? Trotzdem haben mir die Produzenten erst heute Morgen die herrlichsten Rosen geschickt!« Dies war zwar eine Lüge, aber wen kümmerte das? »Und zwar genau die Produzenten, die mir vor drei Wochen eine Zusage gemacht haben. Es gibt übrigens noch ein anderes wichtiges Wort, das du kennen solltest, Novac. Es lautet: Vertrag. Ein Vertrag sorgt dafür, dass sich die Leute an ihre Zusagen halten!«
Novacs Adamsapfel hüpfte vor Wut hektisch auf und ab.
Plötzlich wurde das Knacken über ihnen lauter. Jane schaute verwundert nach oben. Ein Scheinwerfer direkt über ihr schien sich zu bewegen. War das Ding etwa locker? Jane hörte ein merkwürdiges Geräusch. Es klang wie ein Schwirren, gefolgt von einem Keuchen. Letzteres kam offenbar von den Leuten ringsum. Bildete sie sich das nur ein, oder raste der Scheinwerfer auf sie zu?
Jane wollte schreien, doch dazu kam sie nicht mehr.
Sie wurde von einem riesigen Scheinwerfer getroffen, der sie zu Boden schleuderte und unter sich begrub. Der Schmerz war entsetzlich. Jane öffnete mühsam die Augen und stellte fest, dass sie alles doppelt sah. Warmes Blut rann über ihr Gesicht, und ihre Glieder wurden taub. Dann erkannte sie alles nur noch verschwommen. Es war so hell ... Das Licht blendete sie. Doch schnell wurde es dunkler. Immer dunkler.
Kapitel 2
Serena McCormack war mittlerweile daran gewöhnt, dass in der Filmwelt die merkwürdigsten Dinge passierten. In dieser Branche arbeiteten schließlich ausnahmslos Exzentriker, Individualisten und Verrückte. Doch an diesem Morgen war etwas Grauenvolles geschehen. Die gesamte Crew von Valentine Valley war völlig schockiert und vor Entsetzen wie gelähmt. Ein Mitlied ihres Teams war bei einem tragischen Unfall ums Leben gekommen.
Serena hatte alles mit angesehen. Wie erstarrt hatte sie beobachtet, dass ein zentnerschwerer Scheinwerfer auf Jane niedergesaust war. So wie einige andere war sie augenblicklich auf ihre Kollegin zugestürzt, um sie von dem Koloss zu befreien, aber das hatte Jane nicht retten können. Innerhalb kürzester Zeit war der Notarzt eingetroffen und hatte die Schwerverletzte mit Blaulicht ins Krankenhaus gebracht, doch noch auf der Fahrt dorthin war sie gestorben.
Inzwischen war die Polizei auf dem Set angekommen. Ein paar Uniformierte bemühten sich eilends darum, die Unfallstelle zu sichern, die bereits von zahllosen Mitgliedern der Filmcrew bei dem Versuch, Jane zu helfen, verändert worden war. Ein Polizist in Zivil namens George Olsen hatte die Leitung der Ermittlungen übernommen. Im Schlepptau hatte er einige Fotografen und ein Forensikteam, das jedes Teil der Restaurantszenerie mit Aufklebern versah und bezifferte.
Mit ernstem Gesichtsausdruck lauschte George Olsen den Erklärungen der Lichttechniker, die beteuerten, ihre Arbeit gründlich erledigt zu haben. Die Scheinwerfer waren zweifach überprüft und sogar durch spezielle Halterungen befestigt worden. Olsen beruhigte die Männer und versicherte ihnen, man würde der Sache schon auf die Spur kommen. Die Kulisse wurde mit gelbem Klebeband abgegrenzt, und obwohl Jane im Krankenwagen und nicht hier gestorben war, wurden ihre Körperumrisse mit Kreide auf den Boden gezeichnet. Die Fotografen machten aus jeder denkbaren Perspektive Fotos vom Ort des Geschehens, und die Forensiker sammelten sämtliche Scherben und Splitter des Scheinwerfers ein und steckten sie in nummerierte Plastiktüten.
»Reine Routine«, erklärte man der Filmcrew, die über diese Vorgehensweise mehr als verwundert war. Ging man etwa davon aus, dass das Ganze kein Unfall gewesen war? Noch erstaunlicher erschien es dem Team, dass George Olsen jeden Einzelnen von ihnen zu sich zitierte und nacheinander befragte.
»Jane Dunne – gestorben an ihrem ersten Arbeitstag«, sinnierte Kelly Trent. Sie saß zusammen mit Serena vor dem Büro des Produzenten Joe Penny, das einstweilen von der Polizei zu einem Verhörraum umfunktioniert worden war. Kelly spielte in der Serie eine der beiden jüngeren Schwestern Serenas. Sie war einsfünfundsiebzig groß, schlank, hatte hellbraunes Haar, und ihr Markenzeichen waren ihre wunderbaren kindlichen Kulleraugen. Jennifer Connolly – die dritte der Valentine-Schwestern – hatte rotblondes Haar. Alle drei waren beinahe gleich groß, sehr anziehend und galten als die ideale Besetzung für die drei Mädchen. Obwohl in der Soap zeitweise erbitterte Feindinnen waren die Frauen privat eng befreundet. Serena war auch im wahren Leben die Älteste und übernahm gern und oft die Rolle des Kummerkastens für die beiden jüngeren. Momentan fühlte sie sich jedoch ebenso verunsichert und hilflos wie alle anderen Mitglieder der Crew. Die Tatsache, dass sie ständig gefragt wurde, ob es ihr gut gehe – schließlich hatte sie direkt neben Jane gestanden, als der Scheinwerfer herabstürzte –, trug nicht unbedingt zu ihrer Beruhigung bei.
»Es ist schrecklich«, sagte Serena nun zu Kelly. Was für eine abgedroschene Phrase!, schoss es ihr gleich darauf durch den Kopf, aber wie sollte man eine solche Tragödie sonst in Worte fassen?
»Blödsinn! Das ist ausgleichende Gerechtigkeit!«, kommentierte jemand neben ihr. Überrascht hob Serena den Kopf. Neben ihr stand Allona Sainge, eine der Storylinerinnen der Serie. Wie üblich nahm die Afroamerikanerin mit der kupferfarbenen Haut und den faszinierenden, grün-gelben Katzenaugen kein Blatt vor den Mund. Serena wusste, dass Allona von ihrem Autorenjob oft frustriert war, denn im Alltag einer Daily Soap war das Drehbuch ständig spontanen Änderungen unterworfen. Allona war jedes Mal geknickt, wenn die Produzenten oder der Regisseur Handlungsstränge durchsetzten, die allem zuwiderliefen, was sie bislang zu Papier gebracht oder geplant hatte.
Allona bemerkte nun Serenas verstörten Blick und seufzte. »Sorry, das klingt wahrscheinlich herzlos – aber Jane war nun mal ein richtiges Miststück!«
»Allona!«, zischte Kelly entsetzt. »Jane ist tot!«
»Ausgleichende Gerechtigkeit eben«, wiederholte Allona. »Der Scheinwerfer hätte später beim Dreh auch Serena treffen können – er ist genau auf ihrer Bodenmarkierung gelandet! Mannomann, Serena, wenn es dich statt Jane erwischt hätte ... das war ein harter Schlag für uns alle gewesen. Doch Jane Dunne wird zweifellos von niemandem ernsthaft vermisst werden. Okay, okay ... ich gebe zu, es ist echt grausig, wie sie gestorben ist. Aber sie war einfach ein karrieregeiles Luder! Wusstet ihr eigentlich, dass ich für sie beinahe jede Szene umschreiben musste, um sie noch mehr in den Mittelpunkt zu rücken? Ich sag euch: Die hatte vor, hier schon bald so fest im Sattel zu sitzen, dass Jennifer abgemeldet gewesen wäre! Jane –«
»Du solltest nicht so abfällig über sie reden, Allona!«, unterbrach Serena sie kopfschüttelnd. Jane hätte Jennifer niemals ersetzen können. Sie spielte ja noch nicht einmal Jennifers Rolle, sondern eine lange verschollen geglaubte Cousine der Schwestern, die ähnlich viel Sendezeit bekam wie zuvor Jennifers Charakter.
»Warum denn nicht?«, fragte Allona nun pikiert. »Gott hat eingegriffen – er ließ Jane an deiner Stelle sterben.«
»Es war ein schrecklicher Unfall!«, sagte Kelly bestimmt. »Mehr nicht.«
»Es war Gottes Wille!«, beharrte Allona.
»Die Polizei benimmt sich jedenfalls nicht so, als ob das Ganze Gottes Wille gewesen wäre«, überlegte Kelly laut. »Guckt mal, da ist die arme Jinx! Die Kleine scheint ja völlig durch den Wind zu sein ...«
Jinx, Serenas persönliche Assistentin, trat gerade aus Joe Pennys Büro, in dem sie von George Olsen ausführlich zu den Ereignissen befragt worden war. Jinx arbeitete erst seit sechs Monaten auf dem Set, doch inzwischen wusste Serena schon nicht mehr, wie sie jemals ohne ihre Hilfe zurechtgekommen war. Jinx kümmerte sich vor allem um die Flut von Fanpost, die jeden Tag für Serena einging. Ihre Hauptaufgabe bestand darin, Antwortschreiben aufzusetzen und Autogrammkarten zu verschicken. Jinx war eine zierliche Person mit großen blauen Augen, die stets erschrocken dreinblickten, und dunklem Haar. Sie war jung, hübsch – und furchtbar schüchtern.
»Jinx!« Serena sprang auf. Neben ihrer kaum einssechzig großen Assistentin fühlte sie sich stets wie eine Riesin. »Alles in Ordnung?«
»Es geht schon«, murmelte Jinx verstört. »Der Mann ... dieser Polizist hat mich völlig durcheinander gebracht. Als er mit mir fertig war, konnte ich nicht einmal mehr mit Sicherheit sagen, wie ich überhaupt heiße!«
»Du Arme«, sagte Serena mitfühlend. »Zum Glück hast du es ja jetzt hinter dir. Fahr einfach nach Hause, entspann dich ein bisschen und versuch, die Sache zu vergessen.«
»Aber es gibt noch so viel unbeantwortete Fanpost ... Am besten ich nehme einfach ein paar Briefe mit nach Hause.«
»Untersteh dich! Du solltest einkaufen gehen oder Eis essen. Unternimm irgendwas, das dich auf andere Gedanken bringt! Der Set wird für heute sowieso dichtgemacht. Versprich mir, dass du nicht mehr arbeitest!«
Über Jinx’ Gesicht huschte ein Lächeln. »Okay. Danke. Aber falls du mich brauchen solltest ...«
»Bestimmt nicht. Mach dir keine Gedanken –« Serena brach ab, da sie Jay Braden durch den Flur eilen sah. Jay, groß, äußerst gepflegt und dunkeläugig, spielte in der Serie die Rolle des Randy Rock – den muskelbepackten, begehrenswerten Ehemann der jüngsten Schwester.  Wenn Serena Jay in letzter Zeit begegnete, musste sie immer zwei Mal hinschauen. Im vergangenen Jahr hatte er hellblondes Haar gehabt, doch da Randy Rock während der zeitweiligen Abwesenheit seiner Ehefrau eine ›düstere Phase‹ durchlebte, musste Jay zu seiner ursprünglichen, dunkelbraunen Haarfarbe zurückkehren, was ihm ausgezeichnet stand, wie Serena fand. Sie hatte mitbekommen, dass Jay bereits von Olsen verhört worden war und wunderte sich, dass er noch mal auftauchte.
»Jay, haben sie dich zurückgepfiffen?«, rief sie ihm entgegen.
»Ich war eigentlich schon auf dem Weg nach draußen.« Er näherte sich ihnen und warf Serena einen prüfenden Blick zu. »Dann dachte ich, ich schau besser mal nach dir.«
»Mir geht’s gut«, erwiderte Serena. Aber stimmte das überhaupt? Sie würde niemals den ungläubigen Ausdruck in Janes Gesicht vergessen und wie ihre Augen plötzlich trüb geworden waren ...
»Und wie geht’s dir, Jinxy?«, wandte sich Jay an die Assistentin.
Jinx zuckte die Achseln. »Super.« Sie war kreideweiß im Gesicht, und ihre Stimme zitterte ein wenig.
Serena schaute ihren Kollegen besorgt an. »Könntest du Jinx nach Hause fahren, Jay?«
»Ich will keine Umstände machen!«, protestierte Jinx.
Jay ignorierte die Einwände und nickte Serena zu. »Kein Problem.« Er nahm Jinx beim Arm. »Sehen wir zu, dass wir hier rauskommen.«
»Okay«, gab Jinx nach. Sie lächelte Serena, Kelly und Allona schwach zu und verließ mit Jay das Gebäude.
Während sie den beiden nachsah, entfuhr Allona ein tiefer Seufzer. »Serena, du brauchst dringend Kinder«, bemerkte sie. »Du scheinst einen ausgeprägten Mutterinstinkt zu haben.«
Serena senkte den Kopf und machte eine abwehrende Handbewegung.
»Die Storyliner bekommen bestimmt keine Pause zur emotionalen Regenerierung verordnet, wetten?«, setzte Allona in resignierendem Ton hinzu. »Ich seh’s schon kommen: Wir arbeiten uns in den nächsten Tagen garantiert den Buckel krumm. Schließlich müssen sämtliche Szenen mit Jane umgemodelt werden!«
»Glaubst du nicht, dass sie für Jane einen Ersatz anheuern werden?«, fragte Kelly verwundert. »Immerhin hatte sie noch keine einzige Szene abgedreht!«
Mit Grabesmiene schüttelte Allona den Kopf. »Die Produzenten haben sich gleich nach dem Unfall in ihrem Büro verschanzt und darüber diskutiert, ob Jane ersetzt wird. Die Antwort ist Nein.«
»Warum denn nicht?«
»Sie wollen Jane Respekt zollen«, antwortete Allona mit zynischem Unterton.
»Miss McCormack?«
Serena fuhr herum. George Olsen stand in der Tür von Joe Pennys Büro. »Würden Sie bitte hereinkommen?«
Serena erhob sich und musterte Olsen unauffällig. Er wirkte recht sympathisch. Er hatte kurzes weißes Haar, ein Doppelkinn und einen Kaffeefleck auf der blauen Krawatte. Seine sanfte Stimme und sein gütiger Gesichtsausdruck vermittelten ihr beinahe den Eindruck, ihr Großvater spreche mit ihr.
»Sei vorsichtig!«, warnte Allona sie leise. »Er sieht zwar aus wie der Weihnachtsmann, aber ich wette, er weiß sehr genau, wie man Leute in die Mangel nimmt. Du hast doch gesehen, wie fertig Jinx war, als sie aus dem Büro kam!«
»Jinx ist ein Küken«, murmelte Serena. »Mich kann er nicht so leicht verunsichern!«
»Stimmt!«, sagte Allona. »Vergiss nicht: Du bist die Queen der Daily Soap! Zeig den Bullen, wo der Hammer hängt!«
Serena grinste und betrat das Büro.
»Ich kann mir vorstellen, wie sehr die Ereignisse Sie getroffen haben müssen, Miss McCormack«, setzte Olsen an. »Aber Sie verstehen gewiss, dass unsere Untersuchungen keinen Aufschub dulden.«
»Selbstverständlich.«
Olsen lächelte und taxierte Serena unverblümt. »Tragen sie eigentlich Kontaktlinsen, Miss McCormack?«
»Was? Nein. Wieso?«
»Ach ... wissen Sie ... Ich muss gestehen, dass ich nicht unbedingt ein Fan Ihrer Serie bin, aber meine Frau ist völlig verrückt nach Valentine Valley. Daher habe ich selbst schon einige Folgen gesehen und mich über Ihre außergewöhnliche Augenfarbe gewundert. Selbst jetzt, wo Sie mir in natura gegenüberstehen, sind ihre Augen einfach Aufsehen erregend! Was für eine Farbe ist das? Ozeanblau? Grün? Nein. Wohl eher ein tiefes Türkis. Erstaunlich ...«
Serena blickte ihn irritiert an. »Danke ...«
»Ist die Farbe echt?«
»Natürlich.« Serena besann sich. »Selbst in Hollywood kann man sich noch nicht die Augen färben lassen.«
Olsen lachte, und Serena fragte sich, ob sein Lachen echt war. Begann er ein solches Gespräch womöglich immer mit einem Kompliment, damit sich sein Gegenüber entspannte? Serena war jedoch nicht wirklich nervös – dazu bestand kein Anlass. Eine Kollegin war auf tragische Weise ums Leben gekommen. Natürlich musste man nun alles tun, um herauszufinden, wie es passiert war. Die Polizei hatte sich zuerst die Techniker und Requisiteure vorgenommen und danach von der Aushilfe in der Kantine bis zum Serienstar alle anderen ausgehorcht.
»Bitte, setzen Sie sich doch, Miss McCormack.« Olsen wies auf den Stuhl vor Joe Pennys Schreibtisch und nahm selbst hinter diesem Platz.
»Miss Dunne hatte gerade erst hier angefangen ...«, bemerkte Olsen und schüttelte den Kopf. Sein Doppelkinn wackelte dabei hin und her.
»Wir können es alle noch gar nicht fassen.«
»Das ist verständlich.« Er beugte sich vor. »Als der Scheinwerfer runter fiel, standen Sie sehr nah bei Miss Dunne, nicht wahr?«
Serena fröstelte. »Ja.«
»Wie kam es, dass Sie sich dort aufhielten?«
»Ich hatte einen Part in der Szene, die heute Vormittag gedreht werden sollte.«
»Aber Sie hatten noch nicht mit dem Dreh begonnen, richtig? Haben Sie vor dem Unfall noch ein Wort mit Miss Dunne gewechselt?«
»Das hatte ich vor, aber sie war vollauf damit beschäftigt, sich mit Jim Novac – dem Regisseur – zu streiten.«
»Davon haben wir bereits gehört ...« Olsen spielte nachdenklich mit seinem Kugelschreiber. »Wenn Sie mit Miss Dunne sprechen wollten, warum haben Sie sie nicht in ihrer Garderobe aufgesucht?«
»Das habe ich ja, aber Jane war nicht da.«
»Was wollten Sie denn von ihr?«
»Weil sie neu hier ist ... war ... Also ich wollte ein bisschen mit ihr plaudern und sie auf dem Set herumführen, bevor die Arbeit losging.«
»Aber Miss Dunne hatte den Umkleideraum bereits verlassen?«
»Ja. Sie ... Wie ich schon sagte: Sie hatte offenbar mit Jim ein Hühnchen zu rupfen und hat ihn wohl gesucht.«
Olsen lehnte sich zurück. Dabei ließ er Serena nicht aus den Augen. »Sie sind schon sehr lange bei Valentine Valley, nicht wahr, Miss McCormack?«
»Seit dem Beginn vor fünf Jahren.«
»Also bedeutet Ihnen die Serie viel?«
Serena fühlte ein leichtes Schuldgefühl in sich aufsteigen. Ja, die Serie bedeutete ihr viel, und trotzdem hatte sie erst vor Kurzem einige Probeaufnahmen für einen Katastrophenfilm gemacht, der im nächsten Sommer wahrscheinlich der Blockbuster schlechthin werden würde. Sie hatte damit einem Freund einen Gefallen getan und dann nicht weiter darüber nachgedacht. Falls sie die Rolle tatsächlich bekam, musste sie überlegen, ob sie Valentine Valley wirklich verlassen wollte. Oder sie erkundigte sich, ob man sie für einige Zeit aus der Serie herausschreiben konnte. Außer Jennifer hatte sie noch niemandem von den Probeaufnahmen erzählt.
»Bedeutet Ihnen die Serie viel?«, wiederholte Olsen nun seine Frage und zog die buschigen Augenbrauen zusammen.
»Sehr viel.«
»Und stimmt es, dass Jennifer Connolly Ihre beste Freundin ist?«
»Ja.«
»Hm.«
Serena runzelte die Stirn. »Entschuldigen Sie bitte, aber warum wollen Sie das wissen?«
»Oh, mir ging lediglich etwas durch den Kopf ...«
»Ja?«
»Miss Dunne war schließlich eine Bedrohung für Ihre Freundin Jennifer –«
Serena starrte ihn verärgert an. »So ein Quatsch! Niemand könnte Jen in der Serie ersetzen! Die Produzenten schätzen sie, ebenso wie der Regisseur, die Kollegen, und – was das Wichtigste ist – die Zuschauer lieben Jennifer! Jane Dunne war in keiner Weise eine Bedrohung für sie!«
»Miss McCormack, bitte beruhigen Sie sich!« Olsen hob abwehrend beide Hände und wirkte zerknirscht. »Eine Frau ist auf tragische Weise zu Tode gekommen – ich muss diese Fragen stellen.«
»Schön, und ich versuche eben, darauf zu antworten.« Serena atmete tief durch. »Niemand hier musste wegen Jane um seinen Job fürchten. Wir alle haben sie mit offenen Armen empfangen. Wie gesagt, ich bin heute Morgen zu ihr gegangen, um –«
»Haben Sie in ihrem Umkleideraum irgendetwas Ungewöhnliches bemerkt?«
»Nein, eigentlich nicht ...«
»Eigentlich?«
»Also es ist nichts Wichtiges, denke ich. Aber, wissen Sie, ich habe Zigarettenqualm in dem Raum gerochen – obwohl Rauchen dort verboten ist. Jane war wahrscheinlich wegen ihrer ersten Szene nervös ... Sie scheint eine Untertasse als Aschenbecher benutzt zu haben. Auf dieser Untertasse hat sie wohl ein Stück Papier verbrannt – ein Teil davon lag noch zwischen der Asche. Ich weiß nicht, ob das irgendeine Bedeutung hat...«
»Ich nehme an, du hast das überprüft?«, wandte sich Olsen an jemanden, der sich offenbar hinter Serena befand. Serena fuhr herum und stellte fest, dass am anderen Ende des großen Büros ein zweiter Polizist auf Joe Pennys Couch saß. Zuerst erkannte sie ihn nicht, doch als er aufstand, blieb ihr das Herz stehen.
Liam.
Liam Murphy. Der Mann, mit dem sie eine leidenschaftliche Affäre gehabt hatte – bevor er sie einfach sitzen ließ.
Serena blinzelte und sah genauer hin. Nein, dieser Mann war nicht Liam, sondern Bill Hutchens. Serena kannte auch Bill sehr gut, denn früher hatte er mit Liam zusammengearbeitet. Er sah Liam zudem ein wenig ähnlich, deshalb hatte sie die beiden offenbar im ersten Moment verwechselt. Bill war ebenfalls groß, breitschultrig und muskulös, hatte dichtes, dunkles Haar und wäre die Idealbesetzung für einen Barbaren in einem Gladiator-Film gewesen. Nachdem Serena von Liam abserviert worden war, hatte Bill begonnen, ihr Avancen zu machen, und obwohl sie anfangs zögerte, traf sie sich ein paar Mal mit ihm – hauptsächlich um Neuigkeiten über Liam zu erfahren. Ihr wurde schnell bewusst, wie unfair sie sich verhielt, und bei einem Abendessen brachte sie Bill schließlich schonend bei, dass sie für eine neue Beziehung noch nicht bereit sei.
Bill Hutchens war ein netter, attraktiver und ernsthafter Mann, der durchaus einen gewissen Charme besaß. Serena hatte sich von Herzen gewünscht, sie könnte etwas für ihn empfinden, doch die Chemie zwischen ihnen stimmte einfach nicht. Bill hatte sich zum Glück sehr verständnisvoll gezeigt, und er und Serena waren Freunde geworden. Obgleich er durch und durch Polizist war, gab es viele Gemeinsamkeiten zwischen ihnen, denn Bill hatte großes Interesse für Film und Fernsehen.  Zudem war ihre Freundschaft für sie beide schon häufig von Vorteil gewesen. Serena hatte Bill eine Komparsenrolle in einem Wikingerfilm verschafft, und Bill kümmerte sich regelmäßig darum, dass Serenas Strafzettel für falsches Parken keine Konsequenzen nach sich zogen.
»Bill!«
»Hi, Serena.«
»Wie ich sehe, ist dir Miss McCormack bereits bekannt«, stellte Olsen fest.
»Wir sind alte Freunde«, erklärte Bill.
»Prima. Bill wird mir bei den Ermittlungen in diesem Fall behilflich sein, Miss McCormack. Sie können sich jederzeit an ihn wenden, wenn Sie Fragen haben.«
»Wunderbar«, erwiderte Serena erfreut. Bill würde sicherlich verstehen, dass sich niemand in ihrem Team von Jane Dunne bedroht gefühlt hatte.
»Ist dir in Miss Dunnes Umkleideraum eine Untertasse mit einem halb verbrannten Stück Papier aufgefallen?«, fragte Olsen seinen Kollegen.
Bill verneinte und warf Serena einen entschuldigenden Blick zu.
»Womöglich haben Sie sich geirrt, Miss McCormack«, gab Olsen zu bedenken.
»Ich bin mir hundertprozentig sicher!«
»Vielleicht hat jemand die Untertasse weggeräumt, um Jane Ärger zu ersparen – schließlich war Rauchen in dem Zimmer nicht erlaubt«, warf Bill ein.
»Du sagst, ihr habt den gesamten Umkleideraum gründlich durchsucht?«, hakte Olsen nach. »Könntet ihr etwas übersehen haben?«
Der Blick, den Bill seinem Vorgesetzten zuwarf, war eindeutig. Natürlich hatte er nichts übersehen. Er machte diesen Job seit über zehn Jahren, und er war verdammt gut darin.
»Schon gut ...«, murmelte Olsen.
»Kann ich gehen, oder brauchen Sie mich noch, Mr Olsen?«, fragte Serena müde. Sie hatte hautnah mitbekommen, wie ihre Kollegin gestorben war, und sie wollte nun endlich nach Hause und allein sein.
»Nur noch eins, Miss McCormack.«
»Ja?«
»Mir geht der Gedanke nicht aus dem Kopf, dass es genauso gut Sie hätte treffen können. Stand Miss Dunne nicht auf Ihrer Bodenmarkierung?«
»Das ... das ist richtig.«
Olsen nickte nachdenklich – als ob er mehr wüsste als Serena.
»Sir –«
»Haben Sie irgendwelche Feinde, Miss McCormack?«
»Was?« Serena sah ihn entsetzt an.
»Können Sie sich vorstellen, dass irgendjemand Sie umbringen will?«
»Nein!«
»Ich habe gehört, dass sie manchmal recht eigensinnig sind.«
»Wenn das ein Verbrechen ist, müssten Sie halb Hollywood verhaften!«
»Miss McCormack –«, begann Olsen, doch Serena unterbrach ihn.
»Ich werde die Stadt nicht verlassen – darum hätten Sie mich doch als Nächstes gebeten, nicht wahr?«
»Ja«, gab Olsen lächelnd zu. »Aber es geht mir vor allem um Ihre Sicherheit, Miss McCormack. Bitte seien Sie vorsichtig.«
»Das bin ich immer.« Serenas Haus war durch eine Alarmanlage geschützt, und sie fuhr die Einfahrt zu ihrer Garage grundsätzlich rückwärts hinauf, um in einem Notfall schneller fliehen zu können.
Olsen blätterte in seinen Unterlagen. »Miss McCormack, wie ich sehe, arbeitet Ihr Schwager ebenfalls hier ...«
»Jeff? Nur hin und wieder. Meine Schwester Melinda und er sind Altertumsforscher. Jeff ist auf Ägyptologie spezialisiert und wird manchmal an den Set gerufen, um bestimmte Details zu überprüfen.«
»Kam das in letzter Zeit öfter vor?«
Serena nickte. »Die Figur, die ich in der Serie spiele, ist Archäologin und liebt Ägypten. Jedes Mal wenn sie ihr Gedächtnis verloren hat, ein verschollenes Familienmitglied sucht oder wenn eine ihrer Feindinnen droht, sie zu vernichten, geht es wieder nach Ägypten.« Serena zuckte grinsend die Achseln und erinnerte Olsen damit daran, dass sie über eine Daily Soap sprachen, deren Handlung sich nicht unbedingt durch Lebensnähe auszeichnete. »Zuletzt war meine Figur zwecks einiger Ausgrabungen in Kairo und hat ein paar Artefakte mit nach Hause gebracht.«
»Wissen Sie, ob ihr Schwager heute Morgen auf dem Set war?«
Serena seufzte. »Ja, das war er. In einer der nächsten Folgen wird es während einer weiteren Ausgrabung einen Unfall geben, und Joe Penny, der Produzent, hatte Jeff her gebeten, um mit ihm über ein paar Requisiten zu sprechen. Als der Scheinwerfer runter fiel, war Jeff allerdings schon längst wieder weg, soweit ich weiß. Wissen Sie, Jeff ist kein reguläres Crewmitglied. Melinda und er sind Akademiker und passen eigentlich gar nicht in diesen ganzen Fernsehzirkus. Sie sind seit fünfundzwanzig Jahren verheiratet, und ihr Leben dreht sich fast ausschließlich um Ihre Arbeit und Ihre Zwillinge.« Als sie sich bewusst wurde, dass sie die beiden verteidigte, hielt Serena inne. »Mr Olsen, ich verstehe nicht, was Jeff mit der ganzen Sache zu tun haben soll.«
»Ich bin nun mal ein gründlicher Mensch, das ist alles. Was denken Sie denn, Miss McCormack?«
Serena zog fragend die Brauen in die Höhe. »Ehrlich gesagt bin ich noch nicht dazu gekommen nachzudenken. Ich fühle mich einfach schrecklich wegen Jane. Ich habe sie sterben sehen – und gleichzeitig bin ich unglaublich froh, dass ich selbst noch am Leben bin.«
»Joe Penny hat vorgeschlagen, Ihnen jemanden zur Seite zu stellen, der auf Sie aufpasst.«
»Ist das nicht ein wenig übertrieben? Es ist doch nur ein Scheinwerfer runter gefallen ...«
Olsen stützte die Arme auf den Schreibtisch und beugte sich vor. »Wie oft haben Sie es schon erlebt, dass ein Scheinwerfer einfach so von der Decke fiel?«
»Also ...« Serena hatte etwas Derartiges noch nie zuvor erlebt, doch das musste doch nicht automatisch bedeuten, dass eine mörderische Absicht dahinter steckte. »Es war ein Unfall, und –«
»Ein gut geplanter Mord wird anfangs oft für einen Unfall gehalten«, belehrte Olsen sie. »Innerhalb ihres Teams gibt es eine ganze Reihe von technischen Experten, die sehr genau wissen, wie man unauffällig eine Schraube lockern kann – wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich hoffe trotzdem, dass Sie Recht haben und es lediglich ein tragisches Unglück war.« Olsen erhob sich. »Passen Sie gut auf sich auf, Miss McCormack. Versprechen Sie mir das?«
»Versprochen, Mr Olsen.«
Er lächelte. »Es war mir eine Freude, Sie kennen zu lernen, Miss McCormack. Oh, und kommen Sie bitte bald aufs Revier, um Ihre Aussage zu Protokoll zu geben.«
»Natürlich.«
»Tolle Augen!«, rief er ihr hinterher, nachdem sie sich schon abgewandt hatte.
George Olsen nickte Bill zu, und dieser ergriff Serena am Arm und verließ mit ihr das Büro. »Du hast noch weitaus mehr zu bieten als nur tolle Augen, Serena«, bemerkte er und grinste sie aufmunternd an. Das war typisch Bill – er machte ihr Komplimente und versuchte, sie aufzuheitern. Bill war einfach ein äußerst umsichtiger Mensch. Warum kann ich mich nur nicht in ihn verlieben anstatt in einen Macho, der sich keinen Deut um mich schert?, fragte sich Serena zum wohl hundertsten Mal.
»Danke«, sagte sie leise.
»Hey, wozu sind Freunde denn da? Ich mache mir Sorgen um dich.«
»Mir geht’s gut«, versicherte Serena. »Und ich werde auf mich Acht geben.«
Bill nickte und rief dann das nächste Crewmitglied zum Verhör. »Miss Allona Sainge?«
Allona erhob sich. »Zur Stelle, Sir.« Während sie auf das Büro zusteuerte, flüsterte sie Serena zu: »Und? Muss ich mich auf den Weihnachtsmann oder einen knallharten Bullen einstellen?«
»Hm ... Weihnachtsmann, würde ich sagen – aber mit Hörnern!«
Allona grinste. »Bis später, Süße«, rief sie, reckte das Kinn in die Höhe und stolzierte in Joe Pennys Refugium.
»Sieht aus, als sei ich die Letzte«, sagte Kelly unglücklich, die noch immer auf dem Stuhl vor dem Büro saß.
Serena kniete sich neben sie und drückte ihre Hand. »Möchtest du, dass ich auf dich warte?«
»Nicht nötig, geh ruhig nach Hause. Das werde ich später auch machen, und dann nehme ich ein heißes Schaumbad und genehmige mir einen ordentlichen Drink.«
Serena hielt das für eine sehr gute Idee. Genau das würde sie ebenfalls tun.
Später an diesem Tag ließ George Olsen am Schreibtisch in Joe Pennys Büro den Kopf in die Hände sinken und betrachtete nachdenklich seine Unterlagen. Ihm gegenüber saß Bill Hutchens. Die erste Runde der Befragungen war vorüber, doch sie hatten noch keinerlei herausragende Erkenntnisse gewinnen können.
»Unfall oder ...«, begann Bill.
»Bevor uns das Forensikteam keine Rückmeldung gibt, können wir nichts mit Sicherheit sagen«, erinnerte ihn Olsen. »Es könnte tatsächlich nur ein Unfall gewesen sein – eine Verkettung unglücklicher Umstände. Andererseits ...« Er kratzte sich am Kopf. »Findest du es nicht auch merkwürdig, dass Serena McCormack in Jane Dunnes Umkleide eine Untertasse mit einem halb verbrannten Zettel gesehen haben will, der später nicht mehr da war?«
Bill legte die Stirn in Falten. »Womöglich hat sie sich getäuscht. Sie war ziemlich aufgewühlt ...«
Olsen schüttelte den Kopf. »Du bist ein verdammt guter Polizist, Bill, aber ich arbeite schon sehr viel länger in diesem Laden als du. Als Serena McCormack Jane Dunnes Garderobe betrat, war sie in keiner Weise aufgewühlt. Sie hat sich bestimmt nicht getäuscht.«
»Ich habe den Raum gründlich durchsucht. Da war nirgendwo ein angeflammter Zettel ...«
»Zwischen dem Unfall und unserer Ankunft ist einige Zeit vergangen. Zeit genug, um eine Untertasse verschwinden zu lassen ...« Olsen trommelte zerstreut mit den Fingerspitzen auf die Tischplatte. »Wir sollten noch mal über den Vorschlag von dem Produzenten, diesem Joe Penny, nachdenken. Es kann nicht schaden, Serena McCormack unter Personenschutz zu stellen. Womöglich galt dieser Anschlag ihr, und Jane Dunne stand nur zufällig zur falschen Zeit auf der falschen Bodenmarkierung ...«
»Der Anschlag?«, wiederholte Bill skeptisch. »Pearson von der Forensik hat doch gesagt, es gäbe keine Hinweise darauf, dass jemand den Scheinwerfer manipuliert hat.«
Olsen kräuselte die Lippen. »Da hast du leider Recht. Wir haben noch nicht genügend Anhaltspunkte, um Miss McCormack bewachen zu lassen. Wir können Penny also nur raten, selbst jemanden anzuheuern, der sich um ihre Sicherheit kümmert.«
»Serena und ich sind Freunde«, sagte Bill nachdrücklich. »Wenn jemand auf sie aufpasst, dann ich!«
Olsen schnaufte. »Bill, ich brauche dich für die Untersuchungen! Selbst wenn wir wüssten, dass jemand es auf Miss McCormack abgesehen hat, könntest du nicht den Bodyguard für sie spielen. Lass das jemand anderen machen. Sieh mal, das hier ist doch eine der erfolgreichsten Serien des Landes, oder etwa nicht? Wir werden diesem Penny einfach sagen, er soll einen Privatdetektiv engagieren – auf die paar Dollar kommt es bestimmt nicht an. Wir empfehlen ihm Liam Murphy. Dann können wir wenigstens sicher sein, dass Miss McCormack in guten Händen ist.«
Bills Blick verfinsterte sich. »Liam?«
»Warum nicht?«
»Na ja ... er und Serena waren vor einiger Zeit ein Paar. Wenn du Liam einen Job zuschustern willst, ist das ja in Ordnung, aber –«
»Ich schustere ihm gar nichts zu!«, entgegnete Olsen. »Soweit ich weiß, hat Liam mehr als genug zu tun, seit er sich aus dem Polizeidienst verabschiedet hat und als Privatdetektiv arbeitet. Auf unsere Unterstützung kann er also garantiert verzichten. Er ist einfach der beste Mann für den Job! Seit den Hitchcock-Morden im vergangenen Jahr kennt er diesen Set und die Leute hier wie seine Westentasche.« Olsen machte eine Pause und fixierte Bill mit zusammengekniffenen Augen. »Hattest du eigentlich mal was mit Serena?«
Bill wich seinem Blick aus. »So kann man das nicht sagen. Wir sind ein paar Mal miteinander ausgegangen, aber letzten Endes ist nichts aus uns geworden.«
Kapitel 3
Liam ließ den Blick über den voll gepackten Kofferraum seines Wagens gleiten. Hatte er an alles gedacht? Angelruten, Zeltausrüstung, Werkzeugkasten, Lebensmittel, Bier ... und eine Kühltasche mit einigen Flaschen Karottensaft, auf denen Sharon beharrt hatte. Liam schüttelte skeptisch den Kopf – offenbar stellte sich Sharon einen Trip in die Wildnis ein wenig anders vor als er.
Liam war ein Naturbursche, wie er im Buche stand. Er liebte reißende Flüsse, einsame Wälder und windige Berggipfel. Nicht weniger verrückt war er nach Frauen. Er hatte es allerdings noch nie versucht, diese beiden Dinge unter einen Hut zu bringen.
Liam besaß eine Hütte in den Bergen und hatte seine Ausflüge dorthin bislang meist allein unternommen. Nur Charlie Eagle, ein Angehöriger des Nez-Perce-Indianerstammes, leistete ihm jedes Jahr ein paar Tage lang auf der Hütte Gesellschaft. Sie angelten und jagten zusammen, betranken sich, schossen auf leere Coladosen und philosophierten abends am Lagerfeuer über die Verkommenheit der Welt.
Eine solche Tour in weiblicher Begleitung anzugehen stellte eine absolute Premiere für Liam dar. Sharon war jedoch die naturverbundenste und zäheste Frau, der er je begegnet war. Sie war achtundzwanzig, langbeinig, honigblond und von Beruf Grabungstechnikerin. Durch ihren Job verbrachte Sharon mehr Zeit an Ausgrabungsstätten als zu Hause und war es daher gewohnt, dass ihre Finger schmutzig wurden. Liam hatte sie vor einigen Wochen durch einen spektakulären archäologischen Fund kennen gelernt, den jedoch nicht Sharon, sondern er selbst gemacht hatte. Bei der Suche nach einem Vermissten war er in der Wüste auf Überreste eines männlichen Körpers gestoßen. Es handelte sich tatsächlich um die Leiche eines Mordopfers, doch wie ein Gerichtsmediziner aus L. A. und sein Expertenstab ermittelten, war der arme Kerl schon vor hunderten von Jahren getötet worden. Diese sensationelle Entdeckung brachte Sharon auf den Plan, und zwischen ihr und Liam funkte es sofort. Liam war froh, von Sharon auf andere Gedanken gebracht zu werden – für seinen Geschmack lag er noch immer viel zu oft nachts wach und dachte an Serena McCormack.
Inzwischen war Liam klar, dass er sich niemals auf Serena hätte einlassen dürfen. Ihre Welt des Glamours und des schönen Scheins war eine einzige große Seifenblase, und sein eigenes Leben bildete dazu einen allzu herben Kontrast. Dennoch war Serena die erstaunlichste Frau, die er kannte, und die Anziehungskraft zwischen ihnen war wahrhaft explosiv gewesen ...
Liam knallte den Kofferraumdeckel nun weitaus fester zu, als nötig gewesen wäre. Sharon passt viel besser zu mir!, sagte er sich selbst und stapfte mit grimmigem Gesicht zum Haus zurück. Der kleine, spartanisch eingerichtete Bungalow, den er vor ein paar Jahren gekauft hatte, lag in einem verlassenen, weitläufigen Canyon, und das Haus des nächsten Nachbarn befand sich über eine Stunde entfernt.
Liam wollte gerade Sharon anrufen, um ihr mitzuteilen, dass er jetzt losfahren würde, da fiel sein Blick auf die gerahmten Fotos auf dem Kaminsims, und er hielt inne. Eins der Bilder war am Tag seines Abschlusses auf der Polizeiakademie aufgenommen worden, ein anderes zeigte ihn an seinem ersten Arbeitstag im Revier. Liam lächelte wehmütig. Wie lange das alles her war ... Auf einem anderen Foto strahlte er neben Conar Markham, mit dem er die Ausbildung auf der Akademie gemacht hatte, in die Kamera. Conar war ein verdammt guter Polizist gewesen. Es war eine Schande, dass er sich später entschlossen hatte, Schauspieler zu werden. So etwas wäre ihm, Liam, niemals in den Sinn gekommen. Er hatte seine Arbeit immer sehr gern getan, und niemand, nicht einmal er selbst, hätte damit gerechnet, dass er den Polizeidienst irgendwann quittieren würde. Doch im vergangenen Jahr, nach den Hitchcock-Morden auf dem Set von Valentine Valley, hatte er seinen Job an den Nagel gehängt. Die Geschichte mit Serena hatte ihn tiefer getroffen, als er zugeben wollte, und nach der Trennung von ihr brauchte er einfach eine radikale Veränderung. Durch seine Ausbildung und Erfahrung als Polizist bot es sich an, als Privatdetektiv zu arbeiten, und dieser Job machte ihm auch durchaus Spaß – meistens zumindest. Hin und wieder hatte er es mit Kidnapping zu tun, und in manchen Fällen hatte er nichts mehr ausrichten können: Die Opfer waren kurz nach ihrer Entführung ermordet worden. Andererseits hatte er bereits einige Menschen vor dem sicheren Tod bewahrt und unzählige Vermisste aufgespürt.
Liam griff nach dem Telefon, um sich bei Sharon zu melden. Zu seiner Verwunderung klingelte der Apparat genau in diesem Moment. Liams Hand zuckte zurück, und er betrachtete unentschlossen den Hörer. Er war sowieso schon spät dran, und wozu hatte er schließlich einen  Anrufbeantworter ... Liam hörte sich selbst auf dem Tonband und dann die Stimme eines alten Kollegen von der Polizei, Bill Hutchens.
»Liam, geh dran, wenn du da bist! Es ist echt wichtig!«
Liam zögerte. Er ahnte, dass ihm dieser Anruf einen Strich durch seine Wochenendpläne machen würde, aber die Dringlichkeit in Bills Stimme ließ ihn schließlich doch abnehmen.
»Ja, Bill, was ist los?«
»Oh, gut, dass du da bist ... Auf dem Set von Valentine Valley hat es einen Unfall gegeben.«
Liams Herz setzte einen Schlag lang aus. »Serena?«, fragte er schwach.
»Serena geht es gut, aber diese Jane Dunne, die gerade erst da angefangen hatte, ist von einem Scheinwerfer erschlagen worden.«
»Jane Dunne? Kenn ich nicht.«
»Olsen meinte, ich solle dich anrufen. Einer der Produzenten, dieser Joe Penny, macht sich Sorgen um Serenas Sicherheit. Als der Scheinwerfer auf Jane Dunne runter gekracht ist, stand sie nämlich auf einer Bodenmarkierung von Serena, und das gibt allen hier zu denken. Penny will, dass du ein Auge auf Serena hast.«
»Ich?«, entgegnete Liam ungläubig. »Wieso ausgerechnet ich?«
»Na, weil du dich auf dem Set auskennst.«
»Und was sagt Serena dazu?«
»Wir haben bis jetzt noch nicht mit ihr darüber gesprochen. Du musst dich also fürs Erste im Hintergrund halten.«
»Ich soll den Bodyguard für eine Frau spielen, die noch nicht einmal weiß, dass sie einen Bodyguard hat? Wie soll das denn funktionieren?«
»Hey, frag mich nicht, das Ganze ist nicht auf meinem Mist gewachsen! Olsen hat Penny vorgeschlagen, dich ins Boot zu holen. Am besten kommst du noch heute vorbei und –«
»Ihr habt Nerven! Ihr könnt euch ja wohl vorstellen, dass ich schon was Besseres vorhab!«
»Was denn?«
»Also ... so etwas wie ein romantisches Wochenende auf der Hütte.«
»Ein romantisches Wochenende? Mit Charlie Eagle?«
»Blödmann! Du verbringst eindeutig zu viel Zeit in Hollywood! Ich wollte mit einer sehr guten Freundin hinfahren.«
Bill stieß einen leisen Pfiff aus. »Die knackige Blondine, mit der ich dich erst letztens in dem italienischen Restaurant gesehen hab?«
»Genau die. Ich muss euch also leider eine Abfuhr erteilen. Sag Olsen, dass es mir Leid tut.«
»Olsen hat mich angewiesen, dir in diesem Fall den Arm zu brechen.«
»Das kannst du ja gern mal versuchen!«
»Wie viel willst du?«
Liam lachte. »Das ist ein weiterer Grund, warum ich ablehnen muss. Eure Abteilung kann es sich nicht leisten, mich zu engagieren.«
»Die Abteilung wird deine Rechnung nicht bezahlen, sondern Joe Penny, und bei dem kommt es auf ein paar Dollar nicht an. Hier in Hollywood verschleudert man schließlich jeden Tag irrsinnig viel Kohle für Schwachmaten, die zwar nicht schauspielern können, dafür aber Teenagerherzen höher schlagen lassen. Penny zahlt dir jede Summe, Liam, Serena ist immerhin sein Goldesel.«
Liams Kiefermuskeln spannten sich an. Er durfte sich auf keinen Fall von Bill beschwatzen lassen. Andererseits ... Nein, verdammt! Wenn er sich darauf einließ, würde alles wieder von vorn beginnen ...
Er war derjenige gewesen, der die Beziehung zu Serena beendet hatte, aber im Grunde hatte Serenas Weigerung, ihren Lebensstil zu ändern, sie auseinander gebracht. Zumindest war das Liams Meinung. Serena konnte verteufelt stur sein. Ihm war gar nichts anderes übrig geblieben, als mit ihr Schluss zu machen, obwohl ihm noch niemals etwas so schwer gefallen war. Und obgleich seitdem viele Monate vergangen waren, musste er sich selbst eingestehen, dass er noch immer nicht über Serena hinweg war. Wenn er die Augen schloss, konnte er sie noch immer vor sich sehen: ihr wunderbares, rostbraunes Haar, das im Sonnenschein wie Feuer leuchtete, ihre atemberaubende Figur und ihre tiefgründigen, türkisfarbenen Augen.
»Nein!«
»Liam, denk noch mal darüber nach.«
»Ich sagte Nein! Ich bin viel zu teuer! Weißt du eigentlich, was mein üblicher Lohn ist?« Liam überlegte für einen kurzen Moment und nannte dann eine geradezu lächerlich hohe Summe.
»Ich richte es Penny aus«, erwiderte Bill tonlos. »Scheiße, ich hätte mich auch selbstständig machen sollen!«
»So viel bekomm ich doch nie im Leben ...«
»Wie gesagt, die Produzenten zahlen. Seit sich Jennifer Connolly beziehungsweise Jennifer Markham in die Babypause verabschiedet hat, ist Serena das Zugpferd der Serie.«
»Es bleibt bei Nein.«
»Also geht’s gar nicht ums Geld, sondern um Serena, hab ich Recht? Du solltest dir mal eins durch den Kopf gehen lassen, Liam: Wie fühlst du dich wohl, wenn du diesen Job ablehnst und Serena etwas zustößt? Würdest du dich nicht immer fragen, ob du es hättest verhindern können?«
Liam setzte sich auf die Couch, und sein eiserner Griff um den Telefonhörer verstärkte sich. Warum wühlte der Gedanke an Serena ihn nur noch immer dermaßen auf? Er hatte doch ihr den Laufpass gegeben ...
Tief im Innern wusste Liam, wo das Problem lag. Er hatte Serena zwar verlassen, aber sein Herz war bei ihr geblieben. Während der vergangenen Monate hatte er sich verzweifelt darum bemüht, diese Tatsache zu verdrängen. Es gab schließlich nichts, was er tun konnte. Serena hatte ihre Beziehung niemals so ernst genommen wie er, ihre Karriere stand bei ihr immer an erster Stelle. Es war vernünftig gewesen, das Ganze zu beenden, bevor er eine weitere Nummer auf Serena McCormacks Liste gebrochener Herzen wurde.
Und doch ...
Liam wusste: Wenn Serena etwas passierte, würde er sich das niemals verzeihen.
Er holte tief Luft. »Wo will sich Olsen denn mit mir treffen?«
»Na also!«, rief Hutchens erfreut. »Auf dem Revier.«
»Warum nicht auf dem Set?«
»Der Set wurde fürs Erste dichtgemacht. Erst nach der Beerdigung, am Montag, gehen die Dreharbeiten weiter.«
»Gut, dann eben auf dem Revier. Aber ich muss die Unfallstelle so schnell wie möglich persönlich in Augenschein nehmen.«
»Ist sicher kein Problem, das kannst du ja später alles mit Olsen besprechen. Olsen hat übrigens Captain Rigger darüber informiert, dass er dich in diesem Fall hinzuziehen wird.«
Captain Rigger war der Leiter des Morddezernats und derjenige, der Liam überhaupt erst hauptberuflich zur Polizei gebracht hatte. In jungen Jahren hatte Liam neben dem College als Taucher für die Polizei gearbeitet, und Rigger war von seiner Leistung derart beeindruckt gewesen, dass er Liam überredete, auf die Polizeiakademie zu gehen. Als Liam schon längst im Polizeidienst war, sorgte Rigger dafür, dass Liam regelmäßig die Abendschule besuchte und seinen Abschluss in Kriminologie machte. Später war es wieder Rigger, der Liam vom Streifendienst zum Morddezernat holte.
Er schuldete Rigger etwas. Und Olsen ebenso.
»Bist du noch dran, Liam?«
»Ja, Bill. Okay, du kannst Olsen sagen, dass ich bei ihm aufkreuzen werde.«
»Super. Danke, Mann.«
»Schon gut.« Liam legte auf. Dann trat er mit dem Fuß ein paar Mal heftig gegen das Tischbein und fluchte. Einige Minuten lang saß er auf der Couch und starrte vor sich hin. Schließlich erinnerte er sich daran, was seine ursprünglichen Pläne für das Wochenende gewesen waren. Er nahm den Hörer und rief Sharon an.
Sie meldete sich in freundlichem, gut gelauntem Tonfall. »Machst du dich jetzt auf den Weg?«, fragte sie. »Hey, wenn du’s bereits bereust, eine Frau auf deine Hütte eingeladen zu haben –«
»Nein, das nicht, aber unser Ausflug fällt trotzdem ins Wasser.«
»Oh.«
»Eben hat mich ein alter Kollege angerufen und mich gebeten, ihn bei einem neuen Fall zu unterstützen. Es tut mir wirklich Leid, aber –«
»Ist schon in Ordnung, ich verstehe das.«
»Auf dem Set einer Fernsehserie ist jemand umgekommen.«
»Valentine Valley?«
»Woher weißt du das?«
»Immerhin warst du mal mit Serena McCormack zusammen, und letztes Jahr hast du diese Hitchcock-Morde aufgeklärt.«
»Serena hatte mit dem Fall nichts zu tun.«
»Aber ihr wart ein Paar, oder?«
»Ja, das stimmt. Aber diese Geschichte ist längst vorbei, Sharon.«
»Was ist denn diesmal auf dem Set passiert?«
»Ein Scheinwerfer ist von der Decke gestürzt und hat eine Schauspielerin erschlagen.«
»Serena McCormack!?«
Klang da Hoffnung in Sharons Stimme? Liam blinzelte und schob den Gedanken beiseite. »Nein, eine Frau namens Jane Dunne.«
»Jane Dunne ... ach ja, ich glaub, ich hab was über sie in den Nachrichten gesehen – dass sie derzeit der heißeste Geheimtipp in Hollywood sei. Und sie ist auf dem Set gestorben?«
»Es war vermutlich ein Unfall. Bis jetzt hat man mir noch keine Details mitgeteilt.«
»Diese Serie scheint verhext zu sein.« Sharon fröstelte. »Warum wirst du in dem Fall hinzugezogen? Du bist doch kein Polizist mehr ...«
»Ich schulde ein paar Freunden einen Gefallen. – Ich werde das wieder gutmachen, Sharon.«
»Kein Problem, Liam, wirklich. Ruf mich an, sobald du wieder Zeit hast. Ich werde jetzt erst mal meinen Rucksack wieder auspacken. Andererseits ... ich könnte auch zu einer Ausgrabung im Süden fahren, die ein paar Leute von der UCLA vornehmen.«
»Das wäre doch großartig.«
»Ich halte dich auf dem Laufenden – falls du mich in den nächsten Tagen sehen willst.«
»Natürlich will ich dich so schnell wie möglich sehen! Danke für dein Verständnis. Bis bald!« Er hängte ein. Sharon bedeutete ihm eine ganze Menge. Allerdings war sie nicht Serena ...
Liam trat erneut mit voller Wucht gegen den Tisch. Er musste endlich damit aufhören, Serena nachzuweinen! Die Unterhaltungsindustrie hatte bei Serena stets Priorität gehabt, und eine Zeit lang war er, Liam, gern bereit gewesen, Serena zu unterhalten, doch auf die Dauer war er daran kaputt gegangen. Es hatte einfach nicht funktioniert. Es war vorbei. Ein für alle Mal.
»Bin ich froh, dass du zu Hause bist! Geht’s dir gut?«
Der Abend würde offenbar nicht ganz so ruhig verlaufen, wie Serena gehofft hatte. Sie war gerade erst heimgekommen und hatte ihre schmerzenden Füße von den Pumps befreit, da klingelte es schon an der Tür. Serena warf einen Blick durch den Spion und erkannte ihre Schwester Melinda.
Sobald sie geöffnet hatte, fiel Melinda ihr um den Hals und drückte sie so fest an sich, dass Serena befürchtete, ihre Schwester würde ihr sämtliche Rippen brechen. Sie hielt die Luft an und seufzte. Es war ja reizend, dass sich Melinda derart um sie sorgte, aber es nervte sie, von allen als eigentliches Ziel eines Mordanschlags betrachtet zu werden.
»Es geht mir fabelhaft, Melinda.« Serena befreite sich aus der Umklammerung und bemerkte die Anspannung im Gesicht ihrer Schwester. Melinda durchquerte eilig die Eingangshalle und das geräumige Wohnzimmer und blieb vor den großen Glasschiebetüren stehen, die auf die Terrasse und zum Pool hinausführten. Sie starrte hinaus und schüttelte den Kopf. »Sie ist tot«, flüsterte sie mit zittriger Stimme.
»Ja, ein schrecklicher Unfall ...«
»Sind sich diese Polizisten sicher, dass nicht mehr dahinter steckt?«, fragte Melinda, ohne ihre Schwester anzusehen.
Der besorgte Unterton in ihrer Stimme verwunderte Serena. Melinda war fünf Jahre älter als sie, und für gewöhnlich konnte nichts und niemand eine gestandene Frau wie sie aus der Ruhe bringen. Obwohl sich die beiden Frauen wie aus dem Gesicht geschnitten waren, hatten sie doch kaum etwas gemeinsam. Melinda war eine hervorragende Schülerin und Studentin gewesen. Serena hingegen hatte sich meist sehr viel mehr für ihre Theatergruppe, die Gitarrenstunden und den Tanzkurs interessiert als für den Schulunterricht. Schon als kleines Mädchen hatte sie Schauspielerin werden wollen. Während ihrer gesamten Schul- und Collegezeit hatte sie Schauspielunterricht genommen und war schon früh für Werbespots im Fernsehen und später auch für kleine Gastauftritte in Sitcoms engagiert worden. Dann erhielt sie die Chance, bei Valentine Valley eine Hauptrolle zu übernehmen, und griff natürlich sofort zu. Melinda hatte währenddessen ihre Doktorarbeit über Töpferwaren der Etrusker geschrieben und eine erfolgreiche Karriere als Altertumsforscherin begonnnen.
Während des Studiums fand Melinda in einem anderen Gelehrten ihren Seelengefährten: Jeffrey Guelph. Jeff war ein blitzgescheiter Kopf mit dunklem Haar und durchdringenden Augen. Schon nach kurzer Zeit heirateten die beiden, und gemeinsam bereisten sie die halbe Welt. Melinda und Jeff hatten eine verrückte Vorliebe für Entwicklungsländer und waren die einzigen Menschen, die Serena kannte, die fließend Suaheli sprachen. Es hatte Serena überrascht, dass Joe Penny ihren Schwager bei einem Grillfest in ihrem Haus angesprochen und als archäologischen Berater für Valentine Valley eingestellt hatte. Bis zu diesem Zeitpunkt war Serena davon ausgegangen, dass Jeff und Melinda nicht einmal ahnten, dass es so etwas wie Fernsehen überhaupt gab.
»Die ganze Sache wird routinemäßig untersucht«, erklärte Serena ihrer Schwester nun. Warum erschütterte Janes Tod Melinda so sehr? Jeff hatte sich zwar schon des Öfteren mit Jane getroffen, um vorab einige Details der ägyptischen Kulisse mit ihr zu besprechen, aber Melinda war Jane doch nur ab und zu über den Weg gelaufen ...
»Ja, ja, reine Routine.« Melinda wandte ihrer Schwester noch immer den Rücken zu. »O Gott, das alles ist einfach grauenhaft!«
»Ja, das stimmt ... Mir war nicht klar, dass du Jane so gut gekannt hast.«
»Ich kannte sie gut genug, um zu wissen, dass sie ein schrecklicher Mensch war. Ein richtiges Biest!«
Serena berührte Melinda an der Schulter, drehte sie zu sich um und zwang sie, sie anzusehen. Die blaugrünen Augen ihrer Schwester, die ihren eigenen so ähnlich waren, wurden feucht.
»Melinda, hat Jane dir irgendwas angetan?«, fragte Serena misstrauisch. Da stimmte doch irgendetwas nicht! Melinda hatte gerade zugegeben, dass sie Jane nicht ausstehen konnte, und trotzdem vergoss sie ihretwegen Tränen?
»Nein, aber ... Serena, ich habe sie gehasst! Ich bin ihr zwar nur ein paar Mal begegnet, auf Joes Kennlernpartys, aber sie war immer total unverschämt und herablassend. Zumindest zu mir. Und plötzlich ist sie tot ...«
»Melinda«, sagte Serena vorsichtig. »Natürlich ist es tragisch, aber du solltest dir das Ganze nicht so zu Herzen nehmen. Ich verstehe nicht ganz, wieso dir Janes Tod so sehr zu schaffen macht. Viele Leute –« Sie zögerte, doch dann sprach sie weiter, denn es war schließlich die Wahrheit. »Viele Leute haben sie gehasst. Aber deswegen ist sie nicht gestorben.«
»Da wäre ich mir nicht so sicher.«
»Was? Wie meinst du das?«
»Ach nichts. Herrje, Serena!« Melinda zog ihre Schwester abermals in die Arme und presste sie an sich. »Ich bin so froh, dass dir nichts passiert ist.«