Verhängnisvoller Traum - Sandra Adam - E-Book

Verhängnisvoller Traum E-Book

Sandra Adam

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Beschreibung

Anna ist verheiratet und hat zwei Kinder. Der Alltag ist inzwischen in die Ehe eingezogen, was sie eigentlich nicht stört. Doch eines Tages fängt Anna an von John zu träumen. Dem Mann, mit dem sie vor Greg, zusammen war. Die Träume sind allerdings anders, als alle, die sie vorher hatte. Diese sind real! Immer häufiger und sinnlicher werden die nächtlichen Treffen. Anna nimmt sich vor, dem Ganzen auf den Grund zu gehen. Ein Geburtstag ihrer besten Freundin Marta soll Licht ins Dunkel bringen. Eine Reise voller Turbolenzen beginnt. Wird die Ehe mit dem eifersüchtigen Greg dieses Abenteuer aushalten?

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Inhaltsverzeichnis

Prolog

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Epilog

*Jana und John*

*Greg*

Danksagung

Weitere Bücher

Was sind Träume?

Sind es nur Wünsche, Ideen oder können diese Wirklichkeit werden?

Lasst euch auf den nächsten Seiten überraschen und in eine Welt voller Träume, Liebe und Romantik mitnehmen.

Genießt den Charme des Nordens, der gar nicht so kühl ist, wie alle sagen.

PROLOG

„An der Nordseeküste ‚hicks, hicks‘ am plattdeutschen Strand sind die Fische im Wasser und selten an Land“, trällere ich schwankend. „Ich liebe dieses Lied, es ist so, so lustig.“

„Anna du hast etwas viel getrunken.“ Marta guckt mich vorwurfsvoll an und zieht eine Augenbraue hoch.

„Meinst du wirklich? Ach, hab dich nicht so. Nur ein ganz klitzekleines bisschen“, erwidere ich abwinkend. „Wo ist Jan? Wo ist mein schnuckeliger Jan? Den mag ich.“ Hektisch blicke ich mich um. Oh, bloß nicht zu schnell bewegen, sonst dreht sich alles. Himmel, halte einer das Karussell an.

„ANNA!“ Marta scheint sauer zu werden.

„Was denn? Lass mich doch. ‚Hicks‘. Ups, dieser lästige Schluckauf hört einfach nicht auf. Erschreck mich mal, dann bin ich den bestimmt los.“

„Ich meine ja nur. Anna, lass die Finger von dem. Du hast einen Freund, der bestimmt nicht davon erbaut ist, wenn du hier halb, na wohl eher volltrunken, nach anderen Männern Ausschau hältst. Und dann noch nach solch einem Schönling, der bestimmt in jeder Stadt eine andere hat.“ Sie schüttelt verzweifelnd den Kopf.

„Marta, du bist manchmal viel zu artig. Das stimmt nicht, bestimmt nicht! Ach, schau mal. Da ist er ja. Jaa-aaan!“

Marta verdreht die Augen, was ich in meinem Zustand nur belächeln kann. Plötzlich steht er auch schon vor mir.

„Hallo, meine Schöne. Darf ich dir was ausgeben? Entschuldigung, euch.“ Mit einem aufgesetzten Grinsen guckt er Marta an.

„Aber gerne doch, mein Hübscher. Ich nehme noch so einen. Wie heißt das Zeug noch gleich? Sex on die Meer. Ach, guck da. Mein Schluckauf ist weg.“

„Sex on the Beach, Anna. Das kannst du gerne haben.“

Ich kichere leise, das ist wohl eine Einladung. Mit meinem Cocktail in der Hand gehen wir Richtung Strand. Auweia, geradeaus laufen ist wirklich nicht mehr ganz einfach. Vielleicht hat Marta ja doch recht. Ich habe etwas zu viel getrunken. Aber diese Drinks haben es auch wirklich in sich. Den Alkohol schmeckt man kaum heraus. Oh, oh, mir dreht sich alles.

„Können wir uns setzen? Mir ist nicht so gut.“

Ich fühle mich wie im Looping einer Achterbahn. Zum Glück ist der Sand weich, so lassen wir uns einfach fallen und schauen aufs Meer hinaus. Die Wellen bewegen sich eindeutig zu schnell und das Achterbahngefühl will einfach nicht aufhören.

Jan ist ein Traumtyp: Groß, hellblonde längere Haare, braungebrannt. Ein richtiger Surfer Typ. Alle Mädchen drehen sich nach ihm um und er genießt es, angehimmelt zu werden. Ob Marta recht hat? Ich schüttle die Gedanken aus meinem Kopf. Gar keine gute Idee, den Kopf zu schütteln. Im Moment ist er nur mein. Er gehört an diesem Abend nur mir. Während wir so dasitzen und Jan redet, kommt er immer näher.

„Haben wir schon Brüderschaft getrunken?“ Er blickt mir dabei tief in die Augen.

„Hä? Ne.“ Mir schwirrt der Kopf. Brüderschaft?

„Dann sollten wir das aber schleunigst tun.“

Er grinst. Ich zucke nur mit den Schultern.

„Wenn du meinst“, nuschle ich und hake meinen rechten Arm mit meinem Cocktail in seinen rechten und wir trinken, ineinander verhakt, einen Schluck.

„Und nun der Kuss.“ Er schaut mich erwartungsvoll an.

Ein Kuss? Nun, gegen einen kleinen Kuss kann ja keiner was haben. Nicht einmal mein Freund, rede ich mir ein. Ist ja nur Brüderschaft trinken. Er kommt näher, drückt gierig seine Lippen auf meine und schiebt seine Zunge zwischen meine Lippen. Ich bin etwas überrumpelt, doch wegen des Alkoholpegels lasse ich ihn gewähren. Was ist schon dabei? Es ist nur ein kleiner Kuss. Mein Gewissen lallt vor sich hin, es ist nicht okay. Aber ich höre es kaum. Leidenschaftlich und voller Gier küsst er mich. Seine Hände wandern unter mein Shirt, schieben meinen BH hoch und umkreisen meine Brüste.

„Ich habe einen Freund“, nuschle ich zwischen seinen wilden Küssen, was er aber überhört oder überhören will.

Ihn scheint es, weder zu interessieren noch groß zu stören. Mein Alkoholspiegel ist eindeutig zu hoch, um noch irgendwie groß nachdenken zu können. Seine Hände sind einfach überall, genau wie seine Lippen. Rücklings liege ich im Sand und er schiebt meinen eh schon viel kurzen Rock nach oben, entfernt meine Unterhose, welche auch schon knapp bemessen ist, ohne auch nur kurz von mir abzulassen. Ich kann es nicht genießen. Ob es am Alkohol oder an meinem Gewissen liegt, weiß ich nicht. Wie viele Arme und Lippen hat dieser Mensch? Plötzlich höre ich ein Ratsch, das von der Verpackung des Kondoms stammt, welches er sich, ohne hinzusehen, gekonnt überstülpt. Das ist sicher nicht sein erstes Mal. Aber wieso hat er Kondome dabei? Sind die immer in seiner Tasche oder hat er geplant, mich zu verführen? Ich weiß nicht, welcher Gedanke mich mehr schockiert. Allerdings, verführen kann man das gerade nicht nennen.

Ehe ich auch nur im Entferntesten bereit bin, dringt er in mich ein und rubbelt auf mir herum wie ein Wilder.

Hallo?

Sind wir Kaninchen? Ich will etwas sagen, doch schon gelangt seine Zunge in meinen Mund und mir versagt die Stimme. Küssen kann er ja, das muss man ihm lassen. Wenn er nur genauso gut im Bett wäre. Erneut versuche ich, ihm klar zu machen, dass es mir nicht gefällt, doch er merkt es nicht. Was ein Idiot. Gut aussehen und verführerisch küssen ist nicht alles. Noch bevor ich mich versehe und realisiere, dass das nicht in Ordnung ist, ist er fertig und rollt sich runter. Mit einem tiefen Seufzer entfernt er das Kondom, macht einen Knoten rein und wirft es zur Seite. Mit den Worten Bin ich nicht gut? steht er auf, klopft sich den Sand von den Klamotten und guckt mich an. Nun schwirrt mir der Kopf noch mehr und mir ist speiübel. Ich muss dringend zu Marta. Ich habe gerade meinen Freund betrogen und es war schrecklich!

KAPITEL 1

***

Es ist ruhig und friedlich, angenehm friedlich. Die Sonne scheint warm, nur ein paar Wolken sind am Himmel. Sie formen sich zu Figuren, sehen aus, wie aus Watte gemacht. Eine ähnelt Fuchur, dem Drachen aus der unendlichen Geschichte. Eine andere wiederum sieht aus wie ein Schwert oder ein Vogel.

„Die Blumen riechen einfach himmlisch“, flüstere ich und atme den lieblichen Duft tief ein. Ein paar Bienen summen um uns rum.

„Wollen wir uns setzen?“, fragt John und schaut mir dabei tief in die Augen. Seine hübschen braunen Augen strahlen mich förmlich an. Sein Lächeln ist zum Dahinschmelzen. „Wir laufen schon eine gefühlte Ewigkeit.“

Auf eine Bank ganz in der Nähe lassen wir uns fallen. Vorsichtig streichelt er meinen Arm, es kribbelt und ich bekomme eine Gänsehaut. Das ist nicht gut, das darf nicht sein, aber es gefällt mir. Beschämt gucke ich zu Boden, während mein Kopf sich an seine Schulter schmiegt. Mein Gewissen meldet sich zu Wort. Es tut gut und es gefällt mir, aber nein, es darf nicht sein. Auch John genießt sichtlich meine Nähe. Wir beobachten die Bienen, wie sie auf den Blumen landen, eine Hummel, die rücklings an einem Gänseblümchen hängt, um den wertvollen Nektar zu ergattern. Ich muss schmunzeln.

„Dass der Stängel nicht abknickt bei dem dicken Ding.“

Als wenn die Hummel das gehört hat, schwirrt sie los. Still sitzen wir auf der Bank, unserer Bank, und beobachten das emsige Treiben der Bienen, Hummeln und Schmetterlinge. Sanft streichelt er dabei über mein Haar, zupft und dreht eine Locke, die sich mal wieder aus meinem Zopf gelöst hat. Egal, wie oft ich den Zopf auch festziehe, meine Haare sind und bleiben störrisch und führen quasi ein Eigenleben. So könnte ich ewig verweilen …

Was ist das für ein Geräusch? Wo kommt die Musik her? Haben wir ein Radio dabei? Verwirrt blicke ich mich um.

***

Ich schlage die Augen auf und blinzle verwirrt. Wo bin ich? Ah, in meinem Bett in unserem kleinen gemütlichen Haus auf dem Lande. Kopfschüttelnd gucke ich mich um. Greg liegt neben mir und hat den Wecker mal wieder nicht gehört. Es ist Zeit, aufzustehen.

„Hey, steh auf. Der Wecker klingelt, wir müssen hoch.“

Müde stapfe ich ins Bad, erst mal duschen. Was war das für ein komischer Traum, so real. Ich mache die Dusche an und ziehe mein Nachthemd aus. Hm, ich kann die Blumen fast noch riechen. Unter der warmen Dusche werde ich langsam wach, schwelge aber immer noch im Traum.

Es schien, so wirklich zu sein, einfach real. Seine Hand auf meinem Arm, auf meinem Haar. Ich streichle die Stellen nach, an denen vorher noch seine Finger lagen. Mein schlechtes Gewissen meldet sich erneut. Ich bin mit Greg verheiratet, sogar glücklich, habe ich gedacht. Ab und an mal ein Streit, nichts Schlimmes, über liegengelassene Socken, Sportsachen oder offene Zahnpastatuben. Das Übliche halt, worüber sich alle Ehepaare im Laufe der Zeit streiten.

Die perfekte Ehe ist es nicht, oh nein, davon sind wir meilenweit entfernt. Wir haben uns im Laufe der Zeit arrangiert. Es ist die normale Geschlechterverteilung: Die Frau bleibt zu Hause oder, wie in meinem Fall, arbeitet halbtags und der Mann erwirtschaftet das Geld mit einem Vollzeitjob. Mir ist von Anfang an klar gewesen, dass Greg eher der altmodische Typ ist, und ich habe es auch nicht anders gewollt. Unglücklich bin ich damit eigentlich nicht, habe ich zumindest gedacht, und trotzdem träume ich von John, dem Mann, mit dem ich vor Greg zusammen gewesen bin. Aber ich träume nicht nur von ihm, wie man sonst träumt und sich am nächsten Tag an nichts mehr erinnern kann. Nein, diese Träume sind anders. Sie sind viel mehr, sie sind real.

Schnell Haare waschen, die Kinder aus den Betten schmeißen. Wir haben zwei Kinder. Karla, unsere Große, ist schon 16 und mitten in der Pubertät. Himmel, es ist nicht einfach mit ihr, aber sie ist da hoffentlich bald durch. Kai, ihr kleiner Bruder, gerade 11, ist da noch umgänglicher. Ich hoffe, dass es auch noch lange so bleibt.

Ich trockne mich ab und wickle mir das Handtuch um den Kopf. Alles schläft noch tief und fest. Verdammt, kann sich keiner einen eigenen Wecker stellen? Was ist, wenn ich mal verschlafe? Dann kommt hier keiner aus dem Bett raus. Ich gehe zu den Zimmern, reiße die Türen auf und brülle hinein.

„Aufstehen, zack, zack!“

Beide begrüßen mich mit einem Murren. Oh, wie ich sie liebe, diese Morgenmuffel. Ob ich schlechte Laune habe, interessiert auch keinen. Zurück im Schlafzimmer sehe ich Greg auch noch in unserem Bett liegen.

„Los Greg, hoch jetzt. Du musst arbeiten. Der Wecker hat schon drei Mal geklingelt!“

Genervt zupfe ich an seiner Bettdecke. Auch er mault, wie immer. Seufzend ziehe ich mich an, kämme mir im Bad die Haare, decke den Frühstückstisch und schmiere den dreien das Brot für den Tag. Ich kann’s nicht lassen, eigentlich könnten sie das ja alles selber machen. Aber was schmeckt schon besser als ein mit Liebe geschmiertes Brot von Frau und Mutter? Leider macht es keiner von den dreien selbst und wenn ich es nicht mache, gibt es jeden Tag irgendwas Ungesundes, Schnelles aus der Kantine.

Kurz erinnere ich mich an die Worte meiner Freundin und Arbeitskollegin Laura, zwei Jahre älter als ich, keinen Mann und keine Kinder. Sie sieht jeden Tag aus wie aus dem Ei gepellt und meckert immer mit mir. Ich höre quasi ihre Stimme in meinem Kopf, wie sie sagt, Schon wieder schmierst du denen das Brot, können die das nicht selber! Sind doch alle alt genug. Ich seufze. Eigentlich hat sie ja recht. Schnell trinke ich noch ein paar Schlucke von Gregs Kaffee. Für einen eigenen ist keine Zeit. Im Bad stecke ich mir noch fix die Haare hoch und lege etwas Parfum auf, man muss ja wenigstens gut riechen. So langsam kommen auch die Kinder und mein Mann runtergeschlurft. Greg setzt sich zeitunglesend auf seinen angestammten Platz.

„Mein Kaffee ist nur halb voll!“, raunzt er mich an.

Seufzend drücke ich den Knopf der Kaffeemaschine. Himmel, die steht keine zwei Schritte von ihm entfernt. Kann er sich nicht selbst welchen nehmen? Den Kindern lege ich noch das Essen für den Tag und etwas Geld hin und drücke ihnen zum Abschied einen Kuss auf die Haare. Greg schaut nicht mal von seiner Zeitung auf, als ich das Haus im Laufschritt verlasse. Laura steht schon hupend vor der Tür. Ab und an fahren wir zusammen zur Arbeit. Zwei Mal die Woche arbeitet sie ebenfalls nur einen halben Tag im Büro und erledigt den Rest von zu Hause aus.

„Jaja, ich komme ja schon!“, rufe ich und renne mit meiner Handtasche aus dem Haus. Nach Luft japsend springe ich ihr ins Auto. „Schon da, schon da!“

„Wo bleibst du denn?", mault Laura.

Sie sieht aus wie immer: Wunderschöne blonde lange Haare, die sie schön in Szene gesetzt hat, einfach top gestylt, leicht geschminkt, nicht zu auffällig, was ihrem eh schon perfekten Aussehen noch die Krone aufsetzt.

Ich gucke in den Spiegel. Meine Augenränder werden auch immer größer, oh Mann, ich sehe aus, als ob ich die Nacht nicht geschlafen habe. Meine Haut wirkt blass, meine dunklen Locken kräuseln sich mal wieder, hängen aus meinem Zopf heraus und ein paar sehr widerspenstige flattern in meinem Gesicht rum. Ausgeruht und gestylt ist anders. Schnell wieder den Spiegel hochgelappt, ich kapituliere. Jetzt ist es eh nicht mehr zu ändern. Es muss so bleiben. Im Büro kennen sie mich auch nicht anders. Ich bin nicht die typische, mit hochhackigen Schuhen bewaffnete Sekretärin, Verzeihung, Sachbearbeiterin im Bürowesen. Ich werde immer unsanft verbessert, wenn ich uns im Büro als Sekretärinnen bezeichne. Früher habe ich immer sehr auf mein Äußeres geachtet, aber dafür fehlen mir morgens inzwischen die Zeit und auch der Elan.

Erschöpft komme ich von der Arbeit. Sechs lange Stunden, in denen ich Kaffee gekocht, meinen Chef und seine Gäste bedient, dabei immer brav gelächelt und mir dumme Kommentare über mein Aussehen oder auch meine Arbeit angehört habe, liegen hinter mir. Ich bin kaputt. Früher ist mein Chef immer zufrieden mit mir und meiner Arbeit gewesen, aber seitdem ich die Kinder habe, mault er immer öfter an mir herum. Komischer Kauz. Langsam schließe ich die Tür auf und höre schon das Geschreie. Oh je, Karla nörgelt schon wieder an Kai rum. Meine Tasche abgestellt, gehe in die Küche, wo noch das Frühstückschaos tobt.

John hat in seinem Elternhaus immer mithelfen müssen. Sogar bügeln und kochen hat er gelernt. Oft haben wir zusammen Abendbrot gekocht, am liebsten Spaghetti alla Carbonara. Nicht etwa aus der Tüte, oh nein, alles ist selbst gemacht gewesen. Sogar an die Nudeln haben wir uns einmal getraut. Diese sind uns allerdings nicht so ganz gelungen und wir haben doch noch auf die aus der Tüte zurückgreifen müssen. Bei dem Gedanken an diesen Abend schmunzle ich. John hat mich mit Schinkenstückchen gefüttert, als er diese geschnitten hat. Es ist sehr lecker und erotisch gewesen. Was haben wir für ein Chaos in der Küche seiner Eltern angerichtet, als wir uns an den Nudeln probiert haben. Als seine Mutter hereingekommen ist, hat sie fast der Schlag getroffen. So hat zumindest ihre Aussage gelautet. Okay, ihr Gesicht hat schon Bände gesprochen, geschockt ist sie gewesen. Aber wir haben alles wieder sauber gemacht und das Essen hat sie ebenso entschädigt.

Und hier stehe ich nun und räume leise fluchend den Tisch ab, um Mittag zu machen: Pfannkuchen, Kais Lieblingsessen. Das geht schnell und es wird nicht gemeckert. Zum Glück kann auch Karla sich mit dem Essen abfinden. Juhu, ein Lichtblick am heutigen Tag. Nebenbei hänge ich noch fix die Wäsche auf und telefoniere. Sehnsüchtig gucke ich zu meinem Sofa rüber. Jetzt eine Runde schlafen, das wäre zu schön. Würde auch der Minderung meiner Augenringe ganz guttun. Aber nein, Karla muss zum Tanzen und Kai zum Musikunterricht. Da wir leider in einem kleinen Dorf, ein paar Kilometer von der nächsten Stadt entfernt, wohnen, muss ich die beiden hinfahren. Karla könnte eigentlich auch ihr Fahrrad nehmen, aber da ich Kai mit seiner Geige eh fahren muss, nehme ich sie gleich mit.

Also schnell im Stehen einen halben Pfannkuchen runterschlingen, den Tisch wieder abdecken und die Kinder nach der Schule ausquetschen. Karla ist mal wieder sehr wortkarg. Mann, der muss ich aber auch alles aus der Nase ziehen.

„Alles gut“, lautet ihre kurze Antwort, als ich sie nach ihrem Tag frage.

Kai dagegen redet wieder wie ein Wasserfall. Heißt es nicht, Mädchen reden so viel? Bei uns ist es definitiv umgekehrt. Schnell sind Karla und Kai eingepackt. Karla bringe ich zum Tanzen und setze Kai bei der Musikschule ab. Danach fahre ich weiter zum Einkaufen, der Kühlschrank ist fast leer. Die Getränke sind auch alle, Mist, das wird wieder schwer. Meinem Rücken wird das nicht gefallen, aber wir brauchen Getränke, vor allem für die Kinder zum Mitnehmen in die Schule. Ich schlendere durch den Einkaufsfladen, packe Obst, Gemüse und Getränke ein. Endlich kann ich meinen Gedanken nachhängen, bevor der letzte Stress des Tages mich wieder einfängt. Ein ganz normaler Tag in meinem Leben, denke ich. Ob es irgendwann mal leichter wird?

Endlich, es ist 21 Uhr und ich sitze erledigt auf meinem Sofa. Der Haushalt ist fertig, die Wäsche gebügelt und wartet darauf, in den Schrank gepackt zu werden. Da kann die aber lange drauf warten, heute nicht mehr! Nun habe ich endlich ein Buch in der Hand und möchte darin gedankenverloren lesen, in eine andere Welt abtauchen, über Missgeschicke lachen, welche mal nicht meine sind. Greg guckt schon wieder seit Ewigkeiten fernsehen. Eigentlich müsste er ja schon eckige Augen haben, hat er aber nicht. Hm, kann also nichts dran sein an dem Sprichwort, das meine Eltern mir immer um die Ohren gehauen haben, wenn ich habe fernsehgucken wollen. Ich fürchte, bei meinen Kindern kann ich diese Geschichten nicht anbringen, die wissen, dass daran nichts Wahres ist, sie haben ja das beste Beispiel vor der Nase.

Greg macht den Fernseher immer an, außer morgens, da liest er Zeitung. Es nervt mich schon ziemlich, aber wenn ich was sage, motzt er rum. Also habe ich es aufgegeben. Ab und an nervt es dann doch zu sehr, dann ranze ich ihn an, hilft nur leider nicht. Also resigniere ich und rede beim Essen mit den Kindern, wenn diese nicht gerade auch irgendwo reinstarren und mich ignorieren. 22 Uhr, mir fallen die Augen beim Lesen zu. Ich schaue zu Greg rüber, der mit einem Glas Rotwein in seinem Lieblingssessel sitzt und gebannt in den Fernseher schaut.

„Ich gehe dann mal schlafen, es war ein langer Tag“, sage ich mehr zu mir selbst und schleiche Richtung Schlafzimmer.

„Jetzt schon?“, entfährt es Greg kopfschüttelnd.

Ich schlurfe trotzdem davon. Ich bin müde und hoffe auch ein wenig, dass ich wieder so schön und real träume wie letzte Nacht.

KAPITEL 2

Zwei Wochen ist es nun schon her, dass ich von John geträumt habe. Es kommt mir vor wie eine Ewigkeit. Zu Hause ist es immer das Gleiche: Arbeiten, Kinder wegfahren und wieder abholen, kochen, einkaufen und das Haus aufräumen. Zwischendurch gibt es langweilige Elternabende, Sportveranstaltungen und Musikvorführungen der Kinder. Zu allen gehe ich meistens alleine. Greg hat auf sowas keine Lust. Es ist doch immer derselbe Mist. Ist die Lehrerin eigentlich völlig doof? Die hört sich doch selber gerne reden! Diese Phrasen habe ich mir die ersten Male anhören dürfen, seitdem frage ich nicht mehr. Dann gehe ich lieber alleine hin, so ist es für mich ruhiger und ich muss keine Angst haben, dass er sich erneut mit der ach so blöden Lehrerin anlegt, die ja seines Erachtens sowieso keine Ahnung hat.

Habe ich mir mein Leben so ausgemalt, damals als wir geheiratet haben? Habe ich mein Leben so geplant oder mir vorgestellt, dass es mal so läuft? Ne, eigentlich nicht. Eigentlich habe ich gerade Karriere machen wollen, bin sogar drauf und dran gewesen, Chefsekretärin zu werden. Doch dann habe ich erfahren, dass ich schwanger bin. Und so ist der Traum zerplatzt. Eine schwangere Chefsekretärin haben sie nicht nehmen wollen. Diesen Posten hat stattdessen Laura bekommen. Sie hat nichts mit Kindern am Hut, hat keinen Mann, nur ein paar Affären. Kein Wunder bei dem Aussehen. Sie sagt immer, ich soll mehr für mich tun, zur Kosmetik gehen, was aus mir machen. Aber ist aus mir was zu machen? Meine dunklen lockigen Haare sind störrisch. Selbst wenn ich vom Friseur komme, wo ich nur selten hingehe, stehen meine Haare widerspenstig ab. Die Locken lassen sich nicht bändigen. Meine Haut hat leichte Falten auf der Stirn und Ringe zeichnen sich unter meinen Augen ab. Meine Figur ist nicht sonderlich gut, ich habe ein paar Kilo zu viel auf den Hüften. Nicht dass ich fett wäre, nein, aber es ist einfach zu viel an den falschen Stellen da. Außerdem habe ich Streifen von den Schwangerschaften zurückbehalten. Seufzend lege ich mich ins Bett und schlafe unverzüglich ein.

***

Diesen Ort kenne ich, hier war ich schon einmal. Dieser Duft, diese Blumen, auch den Schmetterling habe ich schon einmal gesehen, aber wo? Ein paar Bienen summen um mich rum, setzen sich auf die hübschen lila Blumen. Die muss ich unbedingt auch in unserem Garten pflanzen. Wie die wohl heißen? Tief atme ich ein und überlege, wo ich hier bin und was ich hier mache. Vor mir steht eine Bank, die mir ebenfalls bekannt vorkommt. Auf dieser lasse ich mich nieder und warte. Worauf weiß ich nicht, doch ich spüre, ich sollte warten.

Plötzlich hält mir jemand die Augen zu. Dieser Geruch, dieses Parfum, ich würde es unter Tausenden wiedererkennen. John! Mein Herz schlägt mir bis zum Hals. Sein Atem kitzelt mich. Überrascht drehe ich mich zu ihm um und schaue in seine glänzenden braunen Augen.

„Entschuldige, dass ich dich so lange habe warten lassen.“

Er küsst vorsichtig meine Hand. Ein Schauer wandert über meinen Rücken und ich spüre ein Kribbeln im Bauch, welches so schon lange nicht mehr da war. Mit einem Satz setzt er sich neben mich und wir unterhalten uns. Er sitzt einfach da, hört mir zu, wie ich über meine Firma meckere, über meinen Chef, der mich behandelt wie ein kleines Blondchen und Laura dabei in den Himmel lobt und ihr hinterhergafft, wenn sie den Raum verlässt. Vorsichtig streichelt er über mein Haar.

„Du bist kein dummes Blondchen, lass dir das nicht weismachen. Du bist so viel schlauer, als sie alle denken. Warum lässt du dir das gefallen?“

„Klar, ich bin ja nicht einmal blond“, nuschle ich sarkastisch und muss lachen.