Verliebt in die verrückte Welt - Hermann Hesse - E-Book

Verliebt in die verrückte Welt E-Book

Hermann Hesse

4,9
9,99 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

„Und allem Weh zum Trotze bleib ich verliebt in die verrückte Welt“, heißt es in einem von Hesses Gedichten. Ins Dasein verliebt ist dieser Schriftsteller zeitlebens geblieben, allen Krisen zum Trotz. Krisen begriff er als Chance, um an ihnen zu wachsen und es ist ihm gelungen diese positive Lebenseinstellung auch seinen Leser zu vermitteln. Dieses Lesebuch versammelt eine charakteristische Auswahl solcher Texte und zeigt ihren Verfasser als einen Schrittmacher der individuellen Lebensgestaltung, der jeden einzelnen ernst nimmt, für unverwechselbar, wichtig und merkwürdig hält, als „Punkt, in dem die Erscheinungen der Welt sich kreuzen, nur einmal so und nie wieder“.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 234

Bewertungen
4,9 (16 Bewertungen)
15
1
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



»Und allem Weh zum Trotze bleib ich verliebt in die verrückte Welt«, heißt es in einem von Hesses Gedichten. Ins Dasein verliebt ist dieser Schriftsteller zeitlebens geblieben, allen Krisen zum Trotz.

Krisen begriff er als Chance, um an ihnen zu wachsen, und es ist ihm gelungen, diese positive Lebenseinstellung auch seinen Lesern zu vermitteln.

Dieses Lesebuch versammelt eine charakteristische Auswahl solcher Texte und zeigt ihren Verfasser als einen Schrittmacher der individuellen Lebensgestaltung, der jeden einzelnen ernst nimmt, für unverwechselbar, wichtig und merkwürdig hält, als »Punkt, in dem die Erscheinungen der Welt sich kreuzen, nur einmal so und nie wieder«.

Hermann Hesse, Erzähler, Lyriker, Maler und zeitkritischer Essayist, am 2. Juli 1877 in Calw/Württemberg als Sohn eines baltischen Missionars und der Tochter eines schwäbischen Indologen geboren, 1946 ausgezeichnet mit dem Nobelpreis für Literatur, starb am 9. August 1962 in Montagnola bei Lugano. Seine Bücher sind mittlerweile in einer Auflage von mehr als 120 Millionen Exemplaren in aller Welt verbreitet und haben ihn zum meistgelesenen deutschsprachigen Autor u. a. in den USA, Japan und Korea gemacht.

Hermann Hesse

Verliebt in dieverrückte Welt

Betrachtungen, Gedichte, Erzählungen,Briefe

Zusammengestelltvon Ursula Michels-WenzMit einem Vorwort vonVolker Michels

Insel Verlag

eBook Suhrkamp Verlag Berlin 2013

Insel Verlag Berlin 2010

© Insel Verlag Frankfurt am Main und Leipzig 2003

Alle Rechte vorbehalten, insbesondere das des öffentlichen Vortrags sowie der Übertragung durch Rundfunk und Fernsehen, auch einzelner Teile.Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form (durch Fotografie, Mikrofilm oder andere Verfahren) ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

Hinweise zu dieser Ausgabe am Schluß des Bandes.

Umschlag nach Entwürfen von Willy Fleckhaus.

eISBN 978-3-458-73065-1

www.suhrkamp.de

Vorwort

»Und allem Weh zum Trotze bleib ich verliebt in die verrückte Welt« endet Hermann Hesses berühmtes Gedicht von der gestutzten Eiche. Am Beispiel eines verschnittenen und dennoch immer neue Blätter treibenden Baumes nimmt es etwas vorweg von den Schattenseiten unseres Umgangs mit der Natur und ermutigt uns, gleich ihr den Mut nicht zu verlieren.

Ins Dasein verliebt ist dieser Schriftsteller zeitlebens geblieben, trotz aller Beschneidungen, die er aufgrund seines Eigensinns als ihm zugehörig und notwendig erkannte. Doch wo andere verbittern, resignieren oder zu Zynikern werden, versucht er, die Krisen als Chance zu begreifen, um daran zu wachsen, neue Widerstandskräfte zu mobilisieren und damit zugleich seine Leser zu bestärken, auch schwierigste Lebenslagen durchzuhalten, sie als ein Mittel zur Fortentwicklung zu nutzen.

Auf vielerlei Weise findet sich dieser regenerierende Antrieb in Hesses Dichtungen gestaltet. Aber auch seine politischen und kulturkritischen Schriften sowie unzählige Antworten auf Leserbriefe durchzieht dieser Impuls wie ein Leitmotiv. Im vorliegenden Lesebuch wird einmal mehr der Versuch unternommen, mit einer charakteristischen Auswahl aus seinen Betrachtungen und Briefen dieses Weltbild zu vermitteln. Sie zeigen ihren Verfasser als einen Schrittmacher der individuellen Lebensgestaltung, Grenzen und Generationen übergreifend aktuell, weil er jeden Einzelnen ernst nimmt, für wichtig und merkwürdig hält, als immer wieder neuen, unverwechselbaren »Punkt, in dem die Erscheinungen der Welt sich kreuzen, nur einmal so und nie wieder«. (Demian)

Die mittlerweile weltweite Renaissance dieses Autors hat vielerlei Gründe. Der Gedanke von der Einmaligkeit des Individuums, das, wenn es sich nur entfalten kann, den Reichtum des Lebens und die Vielfalt der unterschiedlichen Kulturen ausmacht, ist einer davon.

Was wenige Jahre nach Hesses Tod mit einem Überraschungscoup in den USA eingesetzt hat: die Entdeckung dieses Schriftstellers durch die junge Generation der Gegner des Vietnamkriegs, ist seit den siebziger Jahren zu einem weltweiten Phänomen geworden, für das es kein Beispiel gibt in der deutschen Literaturgeschichte: Seine Bücher sind inzwischen in sechzig Sprachen übersetzt und in mehr als hundert Millionen Exemplaren in aller Welt verbreitet. Dabei war zu Hesses Lebzeiten kaum die Hälfte seines Werks zugänglich. Sein umfangreicher Nachlaß konnte erst seit 1965 schrittweise erschlossen werden, ganz zu schweigen von seinem bildnerischen Werk, das aus etwa dreitausend expressiv-farbenfrohen Aquarellen besteht. Eine erste Gesamtausgabe, die in zwanzig Bänden etwa 14 Tsd. Seiten umfaßt und endlich auch Hesses gewichtiges kulturkritisches Werk, seine politischen und autobiographischen Schriften, Feuilletons und Tagebücher enthält, wird demnächst abgeschlossen sein und unsere Literatur um ganz neue Facetten bereichern.

Bereits zu seinen Lebzeiten (1877-1962) war Hermann Hesse ein Autor der jungen, gegen die erstarrten Lebensformen der Väter rebellierenden Generation. So wie er selber den Zwängen seines Elternhauses trotzen mußte, wehren sich die Helden seiner Bücher gegen jede Form der Fremdbestimmung, die ihren Anlagen widerspricht. Seine lebensbejahende Devise »Auf den Einzelnen kommt es an!« als Voraussetzung für einen motivierten, sinnvollen und verantwortungsbereiten Dienst an der Gemeinschaft ist in der Literatur selten so eindringlich und überzeugend dargestellt worden. Denn Hesse ist ein Freund der Differenzierung, nicht der Verödung und stereotypen Angleichung der Völker und Zivilisationen. Er hält jedes Individuum für ein Experiment der Natur auf dem Weg zum Menschen hin, singulär und unnachahmlich, was wir gemäß unserer genetischen Ausstattung, unserer Physiognomie, Handschrift, Stimme und Mentalität ja auch sind. Daß die Gesellschaft nur einen Bruchteil dieser Möglichkeiten zuläßt, wir also mit zunehmendem Alter und der fortschreitenden Angleichung der Kulturen immer mehr davon preisgeben und immer weniger von unseren Begabungen praktizieren können, daß die Perfektion der Technik überdies unzählige Arbeitsplätze wegrationalisiert, hält er für die Ursache der meisten Übel. Das Potential unserer Anlagen zu erkennen, ein Betätigungsfeld dafür zu finden, dem Druck der Gesellschaft zu vorschneller Anpassung zu widerstehen, dazu ermutigt jedes seiner Bücher. Denn nur so bleiben wir im Einklang mit uns selber, verrichten unsere Arbeit gut, motiviert und gerne und sind für die Gemeinschaft nützlicher als durch halbherzige Duckmäuserei.

»Weil heute die politische Vernunft« kaum mehr dort anzutreffen ist, »wo die politische Macht liegt« muß, nach Hesses Auffassung, »ein Zustrom von Intelligenz aus nichtoffiziellen Kreisen stattfinden, wenn Katastrophen verhindert oder gemildert werden sollen«.

Impulse wie dieser bestimmen sein ganzes Werk vom zivilisationskritischen Peter Camenzind, der Schülertragödie Unterm Rad, dem Demian, dessen elektrisierende Wirkung nach dem Ersten Weltkrieg Thomas Mann mit derjenigen von Goethes Leiden des jungen Werther verglich, bis zur Bourgeoisie-Demontage des Steppenwolf und der interdisziplinären Utopie vom Glasperlenspiel, dessen Held die alternative Pädagogische Provinz in dem Augenblick verläßt, als auch sie in Bürokratie und unsozialem Selbstzweck zu erstarren beginnt.

Seit nunmehr fünf Generationen sind es immer wieder junge Menschen im Alter zwischen 14 und 35 Jahren, die Hesse lesen, in einem Stadium also, wo man noch voller Ideale ist und einen möglichst sinnvollen Platz in der Gesellschaft sucht. In diesem Alter fühlt man sich von seinen Schriften bestärkt, weil sie, gegen den Nivellierungsdruck von außen, das Individuelle und Unverwechselbare, den Eigenwillen stützen. Sobald wir dann ins Erwerbsleben treten, wo man sich ohne Zugeständnisse und Abstriche nicht behaupten kann, empfinden viele ihn als störend, weil er uns den Verrat an unseren Idealen bewußt macht. Im Rentenalter freilich, sobald die Mimikry des Berufslebens überstanden ist, finden nicht wenige wieder zu diesem Autor und den guten Vorsätzen ihrer Jugend zurück. Daraus mag es sich erklären, daß in der Statistik seiner Leser junge und ältere Menschen an der Spitze liegen, während die Jahrgänge des sogenannten Establishments fast fehlen.

Das thematische Spektrum von Hesses Schriften ist außerordentlich bunt. Die zahlreichen Themenbände, die sich daraus einrichten ließen, seien es nun Hesses Äußerungen zur Politik, zur Literatur, Musik und Malerei, zur Religion, Psychoanalyse oder Erziehung, zu Glück, Humor, Liebe, Jugend, Alter und Tod, seine eindringlichen Natur-, Landschafts- und Reisebeschreibungen sind so prägnant und unverschlüsselt lebensnah, daß sie sich sofort erschließen und nicht auf Interpretation angewiesen sind. Das mag auch damit zusammenhängen, daß kaum etwas erfunden ist in seinen Büchern. Denn dieser Autor schrieb in erster Linie nicht für das Publikum, sondern zunächst einmal für sich selbst, um auf diese Weise die Probleme bewältigen zu können, vor die das Leben und die Zeitgeschichte jeden Menschen stellt und die ihn in Teufels Küche bringen, wenn er begabt und gewissenhaft ist. Weil alles erlebt und oft unter großem Leidensdruck formuliert ist, glückt es ihm, komplizierte Sachverhalte auf die einfachste Weise und mit einer poetischen Präzision auszudrücken, die so prototypisch ist, daß sich auch Menschen, die in ganz anderen Kulturen aufgewachsen sind, darin wiedererkennen. Zwar wirkt der Duktus seiner Sprache mitunter traditionell – denn 1877 geboren, verdankt er die entscheidenden Prägungen noch dem 19. Jahrhundert – doch durch die Patina, die im Verlauf eines Jahrhunderts jede Sprache ansetzen muß, blitzt die Aktualität der Inhalte so überzeugend auf, daß das Formale für den Leser unbedeutend wird.

Als Anwalt des Einzelnen immer auf der Seite der Benachteiligten, ist Hesse zudem ein eminent politischer Autor. Als erster freiwilliger Emigrant hat er das militante Deutschland bereits 1912 verlassen, in der Schweiz eine Fürsorgezentrale für Kriegsgefangene aufgebaut und die deutsche Politik der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts zunächst journalistisch, dann auf praktische Weise und natürlich auch in seinen Büchern in Frage gestellt. Das haben ihm die jeweils systemkonformen Intellektuellen in Deutschland nicht vergessen. Nach wie vor sind sie es, die das Plebiszit seiner weltweiten Wertschätzung nicht wahrhaben wollen. Schon im Ersten Weltkrieg und erst recht danach wurden Hesses Aufrufe zur Menschlichkeit als unzeitgemäße Humanitätsduselei abgetan und sein Ansporn zur Selbstkritik als eskapistische Innerlichkeit denunziert. »Der Krieg bringt die Welt nicht vorwärts«, schrieb er 1917, »er schiebt nur auf, wirft nur den Leidenschaften vorübergehend neue Ziele hin, und nachher, früh oder spät, wird die soziale Not wieder dastehen, groß und furchtbar wie zuvor.«

Hinzu kommt noch – angesichts des Versagens der christlichen Kirchen – die Überwindung des Eurozentrismus in seinen Dichtungen, also das Einbeziehen anderer Kulturen und Glaubensformen, insbesondere derjenigen Asiens, weil diese Kulturen jahrtausendelang ohne Kriege ausgekommen sind. Im Hinduismus, Buddhismus und Taoismus fand er in analogen Symbolen ausgedrückt, was die christlichen Kirchen in ihrer Intoleranz und Obrigkeitshörigkeit allzulang ausgegrenzt haben. Auch das machte ihn in konservativen Kreisen suspekt, vor allem wegen der überkonfessionellen Spiritualität in Büchern wie Siddhartha und Das Glasperlenspiel, die besonders in den asiatischen Ländern großen Anklang finden.

Mehr als dies aber besticht seine menschliche Integrität. – Ethik und Ästhetik sind für Hesse keine Widersprüche, sondern stehen auf eine Weise in Einklang miteinander wie bei wenigen Autoren seiner Generation. Er hat gelebt, was er als Dichter vertrat. Er balancierte nicht über den Dingen, sondern ist verletzbar geblieben bis an sein Lebensende. »Scherbenberg und Trümmerstätte / Ward die Welt und ward mein Leben«, heißt es in einem seiner späten Gedichte, »Weinend möcht ich mich ergeben, / Wenn ich diesen Trotz nicht hätte, / Diesen Trotz im Grund der Seele, / Mich zu stemmen, mich zu wehren, / Diesen Glauben: was mich quäle, / Müsse sich ins Helle kehren, / Diesen unvernünftig zähen/ Kinderglauben mancher Dichter / An unlöschbar ewige Lichter, / Die hoch über allen Höllen stehen.«

Neben Thomas Mann und Stefan Zweig ist Hermann Hesse wohl der gütigste, hilfsbereiteste und unbestechlichste Schriftsteller seiner Generation gewesen. Leben und Werk sind wie eine Gleichung, bei der am Ende alles aufgeht. Das belegen nicht nur seine unzähligen Antworten auf Leserfragen – sondern auch Tausende von Buchbesprechungen, in welchen er sich neidlos für jene Kollegen aus der Vergangenheit und Gegenwart eingesetzt hat, deren Werke auf eine Humanisierung des Menschen und Förderung alles dessen zielen, was das Leben bunt, sinnvoll und lebenswert macht.

Januar 2003

Volker Michels

Gestutzte Eiche

Wie haben sie dich, Baum, verschnitten,

Wie stehst du fremd und sonderbar!

Wie hast du hundertmal gelitten,

Bis nichts in dir als Trotz und Wille war!

Ich bin wie du, mit dem verschnittnen,

Gequälten Leben brach ich nicht

Und tauche täglich aus durchlittnen

Roheiten neu die Stirn ins Licht.

Was in mir weich und zart gewesen,

Hat mir die Welt zu Tod gehöhnt,

Doch unzerstörbar ist mein Wesen,

Ich bin zufrieden, bin versöhnt,

Geduldig neue Blätter treib ich

Aus Ästen hundertmal zerspellt,

Und allem Weh zum Trotze bleib ich

Verliebt in die verrückte Welt.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!