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Dieses Buch bietet eine umfassende und praxisorientierte Einführung in das Verwaltungsrecht. Es deckt die wesentlichen Bereiche und Grundprinzipien ab, die für das Verständnis und die Anwendung des Verwaltungsrechts notwendig sind:
– Definition, Typen und Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten
– Verwaltungsverfahren und Vollstreckung
– Amtshaftung und Entschädigungsansprüche im Staatshaftungsrecht
– Besonderes Verwaltungsrecht: Baurecht, Gewerberecht, Polizei- und Ordnungsrecht
Zahlreiche Prüfschemata und grafische Übersichten veranschaulichen die komplexen rechtlichen Zusammenhänge und unterstützen bei der Klausurvorbereitung. Klar und verständlich geschrieben ist diese Einführung der ideale Begleiter für Studierende, Praktikerinnen und Praktiker.
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Veröffentlichungsjahr: 2024
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Verwaltungsrecht – leicht gemacht
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GELBE SERIE – leicht gemachtHerausgegeben von Helwig Hassenpflug
Die leicht gemacht-Lehrbücher führen Studierende erfolgreich in die Fächer Recht (GELBE SERIE) und Steuern / Rechnungswesen (BLAUE SERIE) ein, indem sie besonderes Augenmerk auf didaktische Erfordernisse legen und die wichtigsten Grundlagen vermitteln. Die Bände richten sich insbesondere an Anfängerinnen und Anfänger ohne Vorkenntnisse und sind daher ideal für den Einstieg und zur Prüfungsvorbereitung.
Weitere spannende Bände unter:www.leicht-gemacht.de
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Verwaltungsrecht leicht gemacht
Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht: Erfolg in Basiswissen und Klausur
6. Auflage
von Claus Murken
Edition Wissenschaft & Praxis
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Umschlagbild: © Nuwanda – iStock
Alle Rechte vorbehalten©2024 Edition Wissenschaft & Praxisbei Duncker & Humblot GmbH, BerlinSatz: Michael HaasDruck: Prime Rate Kft., Budapest, UngarnGedruckt auf FSC-zertifiziertem Papier
leicht gemacht® ist ein eingetragenes Warenzeichen
ISBN 978-3-87440-401-3 (Print)
ISBN 978-3-87440-801-1 (E-Book)
www.duncker-humblot.de
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I.Verwaltung und Verwaltungsrecht
Lektion 1: Verwaltungsrecht als Teil des öffentlichen Rechts
Lektion 2: Verwaltungsorganisation
Lektion 3: Gesetzmäßigkeit der Verwaltung
II.Der Verwaltungsakt
Lektion 4: Handlungsformen der Verwaltung
Lektion 5: Begriff und Arten des Verwaltungsakts
Lektion 6: Wirksamkeit eines Verwaltungsakts
Lektion 7: Rechtmäßigkeit von Verwaltungsakten
Lektion 8: Aufhebung von Verwaltungsakten
III.Verwaltungsverfahren und -vollstreckung
Lektion 9: Verwaltungsverfahren
Lektion 10: Verwaltungsvollstreckung
IV.Die Haftung des Staates
Lektion 11: Amtshaftung
Lektion 12: Entschädigungsansprüche
Lektion 13: Folgenbeseitigungsanspruch
V.Besonderes Verwaltungsrecht
Lektion 14: Baurecht
Lektion 15: Gewerbe- und Gaststättenrecht
Lektion 16: Polizei- und Ordnungsrecht
Sachregister
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Übersicht 1Aufbau des Öffentlichen Rechts in Deutschland
Übersicht 2Allgemeines und Besonderes Verwaltungsrecht
Übersicht 3Handlungsformen der Verwaltung
Prüfschema 1Verwaltungsakt
Übersicht 4Arten von Rechtsfolgen
Übersicht 5Regelungsinhalt eines Verwaltungsakts
Übersicht 6Abgrenzung des Verwaltungsakts
Prüfschema 2Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts
Übersicht 7Ermessensfehler
Prüfschema 3Verhältnismäßigkeit
Übersicht 8Arten von Verwaltungsverfahren
Übersicht 9Voraussetzungen einer Vollstreckungsanordnung
Übersicht 10Zwangsmittel
Prüfschema 4Amtshaftung
Übersicht 11Arten von Entschädigungsansprüchen
Prüfschema 5Enteignung
Prüfschema 6Enteignungsgleicher Eingriff
Prüfschema 7Enteignender Eingriff
Prüfschema 8Aufopferungsanspruch
Prüfschema 9Folgenbeseitigungsanspruch
Übersicht 12Ansprüche im Staatshaftungsrecht
Übersicht 13Regelungsbereiche des Besonderen Verwaltungsrechts
Übersicht 14Bauplanungs- und Bauordnungsrecht
Prüfschema 10Qualifizierter Bebauungsplan
Übersicht 15Bauordnungsverfügungen
Prüfschema 11Gewerbebegriff
Übersicht 16Regelungsbereiche der Gewerbeordnung
Übersicht 17Behördliche Instrumentarien
Übersicht 18Begriff des Gaststättengewerbes
Übersicht 19Aufbau und Organisation der Polizei
Übersicht 20Öffentliche Sicherheit
Übersicht 21Der Begriff der Gefahr
Übersicht 22Polizeipflicht
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Was ist eigentlich Verwaltung? Wo und wie wird sie tätig? Eine Vorstellung davon hat wohl jeder und typische Beispiele zu nennen, fällt nicht schwer: Klassische Fälle sind etwa die Bauaufsicht, die Gewerbekontrolle, das Erheben von Abgaben, Steuern und Gebühren, die Schulverwaltung oder die Bewilligung von Sozialleistungen. Aber auch der Polizist, der den Verkehr regelt, wird verwaltend tätig. Und selbst der Kinderspielplatz ist ein Ergebnis von Verwaltungsaktivität: Seine Bereitstellung gehört – ebenso wie die Gewährleistung von Stromversorgung oder Nahverkehr – zu einer besonders vornehmen Aufgabe der Verwaltung, der Daseinsvorsorge für die Bürger.
Verwaltung reicht mittlerweile in viele, ja nahezu alle Lebensbereiche hinein. Gerade auch deshalb ist es wichtig, dass sie nicht willkürlich geschieht. So darf der Beamte in der Versammlungsbehörde nicht etwa nach Tageslaune darüber befinden, ob er eine geplante Demonstration verbietet oder nicht. Die Verwaltung muss sich vielmehr an Vorgaben halten. Wo aber sind solche Spielregeln zu finden, d.h. welches Recht gilt für die Verwaltung?
Die deutsche Rechtsordnung kennt zwei große Rechtsgebiete: Privatrecht und öffentliches Recht. Für die Verwaltung gelten in aller Regel – Sie werden es bereits geahnt haben – die Vorschriften des öffentlichen Rechts.
Hinweis für die Klausur:Ohne die in diesem Band angegebenen Paragrafennachzulesen, macht die Vorbereitung wenig Freude (und ergibt nochweniger Sinn). Auch wenn der tiefe Griff in die Tasche Überwindungkostet, besorgen Sie sich die zentrale Gesetzessammlung „Sartorius“.Dessen Nummerierung ist nach den im Text neu auftauchenden Gesetzenjeweils angegeben. Des Weiteren sollten Sie feststellen, welche verwaltungsrechtlicheGesetzessammlung in der Klausur benutzt werden darf.Sollte dies nicht der Sartorius sein, so müssen Sie ihre Vorbereitungentsprechend umstellen.
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Für die Verwaltung gelten wie gesagt grundsätzlich die Regelungen des öffentlichen Rechts. Wann jedoch liegt öffentliches Recht in Abgrenzung zum Privatrecht vor? Dazu der erste Beispielsfall:
Die Gewerbeaufsichtsbehörde untersagt dem Bierproduzenten B gemäß § 35 I GewO (Sartorius Nr. 800) die Fortführung seines Betriebs, da er wiederholt zu tief ins Glas geschaut habe. Er sei daher als unzuverlässig anzusehen. B ist darüber so erzürnt, dass er sich sofort in den nächsten Supermarkt begibt. Dort kauft er gemäß § 433 BGB einen Kasten des eigenen Gebräus, mit dem er sein Mütchen zu kühlen sucht. Welche der beiden genannten Vorschriften ist öffentlich-rechtlich, welche privatrechtlich?
Die Differenzierung zwischen öffentlichem Recht und Privatrecht ist nicht ganz unproblematisch. Gleich zu Beginn dieses Buchs Theoretisches auszubreiten, ist daher leider unvermeidbar (soll in diesem Ausmaß aber nicht wieder vorkommen, versprochen!).
Denn worin der Unterschied eigentlich besteht, darüber streiten sich die Gelehrten, und das bereits seit langem. Schon der römische Jurist Ulpian hat sich im 2. Jahrhundert nach Christus Gedanken gemacht: Dem öffentlichen Recht zugehörig sind seiner Meinung – und der heute noch vertretenen „Interessentheorie“ nach – alle Vorschriften, die öffentlichen Interessen dienen. Zum Privatrecht hingegen gehören die Regelungen, die Privatinteressen dienen.
Noch anschaulicher kommt die sog. „Subordinationstheorie“ daher: Danach liegt öffentliches Recht immer dann vor, wenn die Beteiligten in einem Über-/Unterordnungsverhältnis stehen (der Staat also über dem Bürger). Privatrecht sei demgegenüber durch ein Verhältnis der Gleichordnung (Bürger – Bürger) gekennzeichnet.
Die „Zuordnungstheorie“ schließlich stellt das Zuordnungssubjekt der jeweiligen Vorschrift in den Mittelpunkt: Werde ausschließlich der Staat durch die Vorschrift berechtigt oder verpflichtet, so liege öffentliches Recht vor. Die für jedermann geltenden Regelungen seien dagegen dem Privatrecht zuzurechnen.
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Durchsetzen konnte sich bislang keine der verschiedenen Lehrmeinungen. Für den Einzelfall sind sie je nach Eignung auch nebeneinander anwendbar. Meist ist die Unterscheidung ohnehin leicht zu treffen, und auch die Theorien gelangen größtenteils zum selben Ergebnis.
So auch in Fall 1: § 35 GewO ist – unschwer zu erkennen – eine Vorschrift des öffentlichen Rechts. Sie dient nämlich öffentlichen Interessen (dem Schutz vor Gefahren durch die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden). Die Behörde, die die Untersagung ausspricht, ist dem G zudem rechtlich übergeordnet. Schließlich berechtigt § 35 GewO ausschließlich staatliche Stellen dazu, eine Gewerbeuntersagung zu verfügen. Allen drei Theorien zufolge ist § 35 GewO damit dem öffentlichen Recht zuzuordnen.
Auch im Hinblick auf § 433 BGB herrscht Übereinstimmung: Die Regelung dient privaten Interessen (nämlich denen der am Kauf Beteiligten). Käufer und Verkäufer sind einander gleichgeordnet. Darüber hinaus kann jedermann Kaufverträge abschließen, nicht etwa nur Hoheitsträger. Einstimmiges Ergebnis zu § 433 BGB also: Privatrecht!
Leitsatz 1
Öffentliches Recht
Das öffentliche Recht ist vom Privatrecht abzugrenzen.
Dem öffentlichen Recht gehören diejenigen Vorschriften an, die
–öffentlichen Interessen dienen (Interessentheorie)
–den Staat dem Bürger überordnen (Subordinationstheorie) bzw.
–einseitig den Staat berechtigen oder verpflichten (Zuordnungstheorie).
Die Leitsätze fassen die wesentlichen Punkte einer Lektion nochmals zusammen. Sie sind dazu gedacht, das Ganze merkfähig zu machen. Mit ihrer Hilfe können Sie sich das Gelernte noch einmal leicht ins Gedächtnis zurückrufen; prägen Sie sich die Leitsätze gut ein.
So, der Begriff des öffentlichen Rechts wäre soweit möglich geklärt. Öffentliches Recht aber ist ein weites Feld; welche Vorschriften gelten [10] denn nun speziell für die Verwaltung? Das öffentliche Recht umfasst das Verfassungsrecht, Völker- und Europarecht, Strafrecht und – da haben wir’s – Verwaltungsrecht. Dazu die Übersicht 1:
Das Verwaltungsrecht wird von den Vorschriften innerhalb des öffentlichen Rechts gebildet, die eigens für die Verwaltung, insbesondere ihre Tätigkeit und Organisation, gelten. Das Verwaltungsrecht regelt darüber hinaus die Beziehungen zwischen Bürger und Verwaltung, vor allem die Rechte und Pflichten, die dem Bürger gegenüber der Verwaltung zukommen.
A errichtet in seinem Vorgarten ohne Genehmigung einen Whirlpool. Die Bauaufsichtsbehörde möchte einen Stopp der Bauarbeiten anordnen. Zur gleichen Zeit stellt die örtliche Umweltbehörde fest, dass die Fabrik des Unternehmers B zu viele Schadstoffe ausstößt. Sie will ihm daher aufgeben, einen Schadstofffilter in den Schornstein einzubauen. Beide Behörden fragen sich, ob sie die genannten Verfügungen ohne Weiteres erlassen können. Oder müssen sie A und B zuvor Gelegenheit zur Stellungnahme geben?
Innerhalb des Verwaltungsrechts ist zu unterscheiden zwischen Besonderem und Allgemeinem Verwaltungsrecht. Besonderes Verwaltungsrecht ist das Recht der einzelnen Tätigkeitsbereiche der Verwaltung, also z.B. Baurecht, Gewerberecht, Straßenrecht, Polizei- und Ordnungsrecht, [11] Sozial-, Schul-, Abgaben- oder Dienstrecht. Das besondere Verwaltungsrecht ist in speziellen Gesetzen geregelt. Das Baurecht etwa hat seinen Platz im Bundesbaugesetzbuch und den Landesbauordnungen gefunden, das Gewerberecht in der Gewerbeordnung und im Gaststättengesetz, das Umweltrecht im Bundes-Immissionsschutzgesetz usw.
Das Allgemeine Verwaltungsrecht dagegen umfasst diejenigen Regelungen, Prinzipien und Begriffe, die grundsätzlich für alle Bereiche des Verwaltungsrechts gelten. Es beschäftigt sich etwa mit der Organisation der Verwaltung und enthält grundlegende Regeln über deren Handlungsmöglichkeiten, das Verfahren, die Vollstreckung sowie die Staatshaftung. Geregelt ist das allgemeine Verwaltungsrecht im Wesentlichen im Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG – Sartorius Nr. 100). Ein VwVfG gibt es dabei im Bund und in den einzelnen Ländern: Handelt eine Bundesbehörde, so gilt das VwVfG des Bundes. Wird eine Landesbehörde tätig, gelangt das VwVfG des Landes zur Anwendung. Im Buch angegeben werden jeweils die Paragrafen des Bundes-VwVfG. Die meisten Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder verweisen auf dieses oder stimmen mit ihm überein. Allein in Schleswig-Holstein ist die Nummerierung der Vorschriften eine andere, inhaltlich ergeben sich jedoch (zumindest bezüglich der für uns relevanten Normen) keine Unterschiede.
Übrigens: Hinsichtlich der Differenzierung zwischen Allgemeinem und Besonderem Verwaltungsrecht besteht eine deutliche Parallele zum Privatrecht. Vielleicht sind Sie schon einmal mit dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in Berührung gekommen. Dort ist als erstes der sogenannte Allgemeine Teil geregelt. Dieser enthält Grundsätze, die für alle Bücher des BGB gelten, z.B. wichtige Definitionen oder allgemeine Regelungen, wann ein Vertrag zustande kommt. Die Methode, Grundregeln „vor die Klammer zu ziehen“, erleichtert dem Gesetzgeber die Arbeit ungemein, ist er doch so nicht zu ständigen Wiederholungen gezwungen. Ähnlich ist er also im Verwaltungsrecht verfahren.
In Fall 2 geht es um verschiedene Bereiche des Besonderen Verwaltungsrechts, nämlich um Baurecht und Umweltrecht. Die Anordnung gegenüber A, die Bauarbeiten am Pool zu stoppen, richtet sich nach der Landesbauordnung. Für die Anweisung an B, einen Schadstofffilter in seinen Schornstein einzubauen, sind die Vorschriften des Bundesimmissionsschutzgesetzes maßgeblich. Die Frage aber, ob A und B angehört werden müssen, richtet sich in beiden Fällen nach Allgemeinem Verwaltungsrecht: [12] § 28 I VwVfG regelt, dass vor Erlass einer belastenden Verfügung den Betroffenen Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben ist. Die Vorschrift gilt für alle belastenden Verfügungen, egal aus welchem Gebiet des Besonderen Verwaltungsrechts sie stammen. A und B dürfen sich vor Erlass der Anordnungen also zur Sachlage äußern.
Übersicht 2 fasst das Verhältnis von Besonderem und Allgemeinem Verwaltungsrecht noch einmal zusammen:
Das Allgemeine Verwaltungsrecht behandelt also die Fragen, die für alle speziellen Verwaltungszweige gelten. Ihm wollen wir uns im Folgenden widmen. In den Lektionen 14 – 16 werden dann die ausbildungs- und praxisrelevantesten Bereiche des Besonderen Verwaltungsrechts konkret dargestellt: Baurecht, Gewerbe- und Gaststättenrecht, Polizei- und Ordnungsrecht.
[13]
K möchte sich mit einer Ein-Euro-Ladenkette selbstständig machen. Aus dem Internet erfährt er, dass der Bund Fördermöglichkeiten für Existenzgründer bereitstellt. Wenden müsse man sich dazu an das Bundeswirtschaftsministerium. K stellt einen Förderantrag, der wenige Tage später auf dem Tisch des Sachbearbeiters S im Wirtschaftsministerium liegt. Der Bund, das Bundesministerium für Wirtschaft und der sachbearbeitende Beamte S sind verschiedene Glieder innerhalb der Verwaltungsorganisation. Wie heißen sie?
Für die Verwaltungstätigkeit werden sowohl Personen, die sie ausführen, wie auch sachliche Hilfsmittel (Gebäude, Büromaterial etc.) benötigt. Bereitgestellt werden diese Voraussetzungen für die Verwaltungstätigkeit jeweils von einer Organisation, dem sog. „Verwaltungsträger“. Verwaltungsträger sind Organisationen zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben. Dies sind die juristischen Personen des öffentlichen Rechts, also insbesondere der Bund, die Länder und Gemeinden, Landkreise sowie sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts (was sich hinter letzteren drei Begriffen im Einzelnen verbirgt, werden wir gleich noch sehen).
Als juristische Personen sind die Verwaltungsträger zwar rechtsfähig, aber nicht handlungsfähig. Zum Handeln bedienen sie sich vielmehr ihrer „Organe“. Organe sind also Einrichtungen eines Verwaltungsträgers, die für diesen nach außen tätig werden. Organe können aus Einzelpersonen oder Gremien bestehen. So hat beispielsweise die Gemeinde die Organe Bürgermeister und Gemeindevertretung. Organe des Bundes sind etwa Bundeskanzler, Bundesregierung und Bundesministerien.
Da es sich auch bei den Organen lediglich um rechtliche Gebilde handelt, benötigen sie Menschen, die für sie tätig werden: Diese natürlichen Personen, die die den Organen zugewiesenen Aufgaben konkret ausführen, heißen „Organwalter“; Beispiele: das einzelne Mitglied der Gemeindevertretung oder der dem Bürgermeister unterstehende Sachbearbeiter.
Zu Fall 3: Der Bund ist als rechtsfähige juristische Person des öffentlichen Rechts „Verwaltungsträger“. Das Bundesministerium für Wirtschaft ist [14] für den Bund handelndes „Organ“, der Sachbearbeiter S aus dem Wirtschaftsministerium „Organwalter“.
Im Hinblick auf den Verwaltungsaufbau in der Bundesrepublik Deutschland ist zwischen unmittelbarer und mittelbarer Staatsverwaltung zu unterscheiden.
Leitsatz 2
Arten von Staatsverwaltung
Sowohl dem Bund wie auch den Ländern kommt Staatsqualität zu. Als Inhaber ursprünglicher, nicht abgeleiteter Herrschaftsgewalt sind sie originäre Verwaltungsträger. Werden sie durch eigene Behörden verwaltend tätig, so bezeichnet man dies als „unmittelbare“ Staatsverwaltung. Bund und Länder können ihre Verwaltungsaufgaben aber auch durch rechtlich verselbstständigte Verwaltungsträger wahrnehmen, die im Auftrag und unter der Aufsicht von Bund bzw. Ländern tätig werden – sog. „mittelbare“ Staatsverwaltung.
Wie die mittelbare Staatsverwaltung ausgestaltet ist, sehen wir uns nachher im Einzelnen an. Jetzt erst einmal zur unmittelbaren Staatsverwaltung: Sie kann sowohl auf Bundes- wie auch auf Landesebene stattfinden.
Fall 4
Bundesligakeeper K liebt die Geschwindigkeit und seinen Porsche. Abseits des Fussballplatzes macht er sich einen Sport daraus, Polo-Fahrer zu jagen. Einen besonders greisen Polo am Horizont im Visier, übersieht er bei Tempo 250 großzügig das Geschwindigkeitsbegrenzungsschild „120“ sowie auch das dahinter aufgebaute Blitzgerät. K findet sich in einem warmen Punkteregen aus Flensburg wieder. Welche Art von Behörde ist das Flensburger Kraftfahrt-Bundesamt?
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Unmittelbare Staatsverwaltung durch den Bund als Verwaltungsträger – die sog. „unmittelbare Bundesverwaltung“ – liegt, wie gerade erwähnt, vor, wenn der Bund die Gesetze durch eigene Behörden vollzieht.
Zu unterscheiden sind dabei insbesondere zwei Arten von Behörden: die obersten Bundesbehörden und die Bundesoberbehörden. Gemeinsam ist ihnen, dass sie räumlich jeweils für das gesamte Bundesgebiet zuständig sind. Den obersten Bundesbehörden kommt Verfassungsrang zu, sie sind im Grundgesetz genannt, z.B. Bundesregierung, Bundeskanzler und Bundesminister (Art. 62, 65 GG). Bundesoberbehörden sind den verschiedenen Bundesministerien nachgeordnete Behörden, die sachlich für spezielle Verwaltungsaufgaben zuständig sind. Dem Innenministerium nachgeordnet ist etwa das Bundeskriminalamt, dem Wirtschaftsministerium das Bundeskartellamt.
Das Kraftfahrt-Bundesamt in Flensburg aus Fall 4, mit dem K sich angelegt hat, ist eine dem Verkehrsministerium nachgeordnete Behörde und damit Bundesoberbehörde.
Fall 5
Im Bundesland L ist oberste Abfallwirtschaftsbehörde der Umweltminister, obere Abfallwirtschaftsbehörde der Regierungspräsident, untere Abfallwirtschaftsbehörde der Kreis. Sachbearbeiter S des Landkreises K ist erbost, dass das Regierungspräsidium ständig Weisungen zur Genehmigung von Mülldeponien in K erlässt. Muss S diese befolgen und die Deponien genehmigen?
Die Verwaltungstätigkeit obliegt gemäß Art. 30, 83 GG grundsätzlich den Ländern: Diese vollziehen nämlich neben den eigenen Gesetzen in der Regel auch die Bundesgesetze (Art. 83 GG). Anders als auf Bundesebene findet sich aufgrund des größeren Aufgabenumfangs in den Ländern daher regelmäßig auch ein mehrstufiger Verwaltungsaufbau: Oberstufe, Mittelstufe und Unterstufe.
Behörden der Oberstufe sind für das gesamte Landesgebiet zuständig. Oberste Landesbehörden sind solche, denen aufgrund der jeweiligen Landesverfassung Verfassungsrang zukommt, bspw. die Landesregierung, [16] der Ministerpräsident und die Landesministerien. Die sogenannten Landesoberbehörden sind, wie auf Bundesebene die Bundesoberbehörden, den einzelnen Ministerien nachgeordnet; sie nehmen sachlich spezielle Verwaltungsaufgaben wahr. So ist etwa das Landeskriminalamt dem Innenministerium des Landes nachgeordnet.
Die Mittelstufe in der Verwaltungsorganisation der Länder bilden die – je nach Land unterschiedlich bezeichneten – „Regierungspräsidien“, „Regierungen“ oder „Bezirksregierungen“. Sachlich nehmen sie sämtliche Formen von Verwaltungsaufgaben wahr. Sie sind jedoch örtlich jeweils nur für einen bestimmten Bezirk des Landes zuständig.
Auf der Unterstufe nehmen die Landkreise die allgemeinen Verwaltungsaufgaben wahr, soweit nicht für einzelne Aufgabenbereiche Sonderverwaltungsbehörden (z.B. Forstämter, Eichämter, Finanzämter) gebildet wurden.
Nachgeordnete Behörden unterliegen dabei der Fachaufsicht der übergeordneten Behörden, d.h. ihr Handeln kann auf Recht- und Zweckmäßigkeit hin kontrolliert werden. Außerdem können den nachgeordneten Behörden Vorgaben gemacht werden.
So könnte etwa das Umweltministerium aus Fall 5 allgemein bestimmen, wie mit Genehmigungsanträgen für Mülldeponien im Einzelnen zu verfahren ist. Auch die Weisungen des Regierungspräsidiums, die Mülldeponien im Landkreis K zu genehmigen, müssen von der unteren Abfallwirtschaftsbehörde befolgt werden. Sachbearbeiter S muss die Genehmigungen demnach schweren Herzens erteilen.
Fall 6
Rechtsanwalt R hat sich auf Rentenrecht spezialisiert. Da seine Wohnzimmerkanzlei sich jedoch im fünften Stock eines fahrstuhllosen Gebäudes befindet, hält sich der Mandantenzuspruch bislang in Grenzen. Den Jahresbeitrag seiner Rechtsanwaltskammer, den R ohnehin für unangemessen hält, möchte er gerne einsparen, indem er diese verlässt. Um was für eine Einrichtung handelt es sich bei der Rechtsanwaltskammer? Kann R aus ihr austreten?
[17]
Bund und Länder können Verwaltungsaufgaben nicht nur durch eigene Behörden (unmittelbare Staatsverwaltung), sondern auch durch rechtlichverselbstständigte Verwaltungsträger wahrnehmen, die im Auftrag und unter der Aufsicht des Bundes bzw. Landes tätig werden: sogenannte mittelbare Staatsverwaltung. Diese rechtlich verselbstständigten Verwaltungsträger sind Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts.
Körperschaften des öffentlichen Rechts sind durch staatlichen Hoheitsakt (z.B. Gesetz) geschaffene Organisationen, die öffentliche Aufgaben wahrnehmen. Sie bestehen aus Mitgliedern, wobei der Bestand der Körperschaft vom Wechsel der Mitglieder unabhängig ist. Nach ihren Mitgliedern lassen sich verschiedene Arten von Körperschaften differenzieren: So ergibt sich die Mitgliedschaft bei einer Gebietskörperschaft aus dem Wohnsitz in einem bestimmten Gebiet. Jeder Einwohner einer bestimmten Gemeinde ist daher Mitglied der Gebietskörperschaft Gemeinde. Bei Personalkörperschaften folgt die Mitgliedschaft dagegen aus einer speziellen Eigenschaft einer Person, z.B. dem Beruf. Personalkörperschaften haben diese Personen in der Regel als Zwangsmitglieder. Die Rechtsanwaltskammer aus Fall 6 ist eine derartige Personalkörperschaft. Alle Rechtsanwälte in ihrem Bezirk sind Zwangsmitglieder, R kann den Kammerbeitrag daher nicht ohne Weiteres durch Austritt einsparen.