Von der Kunst des Schießens - Christin Fank - E-Book

Von der Kunst des Schießens E-Book

Christin Fank

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Beschreibung

In Von der Kunst des Schießens verschmelzen Sportschießen und japanische Kampfkünste zu einer faszinierenden Einheit. Dieses Buch nimmt Sie mit auf eine Reise jenseits der technischen Fertigkeiten, hin zu einer Welt, in der Achtsamkeit, innere Ruhe und Philosophie den Kern des Schießsports bilden. Die meditative Dimension, die hier vermittelt wird, eröffnet ganz neue Perspektiven und Wege zu einem tieferen Verständnis und intensiveren Erfahrung des Schießsportes. Die dem Schießen innewohnenden Ideale und Werte werden in den Vordergrund gerückt, um eine inspirierende und motivierende Lektüre zu bieten. Von der Kunst des Schießens ist ein Muss für jeden Sportschützen und alle, die sich für die Verbindung von Körper und Geist interessieren. Es bietet wertvolle Einsichten, um im Sport und im Leben die Ziele mit Präzision und Gelassenheit zu treffen. Eine absolute Empfehlung für alle, die das Schießen nicht nur als Sport, sondern auch als wahre Kunst erleben möchten.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Philosophie im deutschen Schießsport

Japan und Feuerwaffen

Schießen ist Kunst

Hōdō (

砲道

) statt Hōjutsu (

砲術

)

Von der Kunst des Gewehrschießens

5.1 Der Schütze und seine Waffe

5.2 Technik als Grundlage

5.3 Der Tanz mit der Waffe

5.4 Die rechte Haltung des Geistes

5.5 Der Wert der Schießkunst

Der Beitrag der Schießkunst zur kulturellen Identität

Nachwort

Quellenverzeichnis

Vorwort

Nicht nur im Japanologiestudium, auch in der japanischen Populärkultur stolpert man immer wieder über das Konzept ‘Bushidō’1 und die verschiedenen Kampfkünste. Da fragt man sich als langjährige Schießsportlerin: Warum ist Schießen mit Feuerwaffen eigentlich keine Kampfkunst? Insbesondere da Bogenschießen eine ist. In diesem Buch sollte dieser Frage ursprünglich nachgegangen werden.

Jedoch ist die überraschende Antwort darauf: Es ist eine! Hōjutsu, die Kunst des Schießens, ist jedoch eine recht unbekannte Kampfkunst. Vor allem außerhalb Japans ist sie so gut wie nicht bekannt. Schaut man sich diese Kampfkunst jedoch näher an, insbesondere ihre modernen Formen, so scheint ihr wenig von der Mystik innezuwohnen, die gerade hier im Westen mit ostasiatischen Kampfkünsten assoziiert wird. Was schade ist, da sich durch eine solche Betrachtung eine ganz neue Ebene des Sportes eröffnen könnte. Gerade im Breitensportbereich würden sich ganz neue Möglichkeiten ergeben.

Als studierte Japanologin und ausgebildete Trainerin im Schießsport liegt es natürlicherweise in meiner Biografie, diese beiden Themen zusammenzuführen. Dieses Buch wird erläutern, warum das Schießen, insbesondere der moderne Schießsport, durchaus das Potential einer Kampfkunst hat und wie er durch diese Implementierung profitieren kann.

Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass der Ausgangspunkt der Betrachtungen das Luftgewehrschießen sein wird. Das schließt jedoch nicht aus, die Schlussfolgerungen auf das Gewehrschießen im Allgemeinen und auch das Pistolenschießen zu übertragen.

Außerdem verlangt es der Geist unserer Zeit, dass hier darauf hingewiesen wird, dass in diesem Buch auf das Gendern verzichtet wird. Werden explizit weibliche Schützen gemeint, wird das Wort ‘Schützinnen’ verwendet. Ansonsten wird der Begriff ‘Schütze’ und ähnliche männliche Bezeichnungen und Pronomen im Sinne des generischen Maskulinum verwendet. Frauen nehmen sowohl im Schießsport als auch in den Vereinen des Deutschen Schützenbundes schon lange keine untergeordnete Rolle mehr ein. Daher sind wir selbstbewusst genug und haben es nicht nötig unsere Stellung durch Begrifflichkeiten künstlich zu erhöhen, sodass wir uns im Sinne der Gleichberechtigung ganz selbstverständlich zu der Gemeinschaft der ‘Schützen’ zählen.

1武士道 - «der Weg des Kriegers»

1. Philosophie im deutschen Schießsport

2015 wurde das Deutsche Schützenwesen in das Deutsche Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes der UNESCO aufgenommen. Anhand dieser Wertschätzung ist eine tiefe Verwurzelung der Schützentradition in der Gesellschaft zu erkennen. Doch wird bei der Begründung einzig auf das Brauchtum, im Wesentlichen ausgedrückt durch die Schützenfeste, eingegangen. Der sportliche Aspekt des Schießens wird nur in Zusammenhang mit dem Königsvogelschießen, was ebenfalls ein Bestandteil der Tradition ist, erwähnt.2

Auch in der Praxis lässt sich diese Trennung zwischen Sport und Tradition zwischen den einzelnen Vereinen erkennen. Beispielsweise sollen hier einmal die Vereine des Landkreises Oberhavel in Brandenburg genannt sein. Während einige Schützenvereine des Kreises ihre Tradition auf die ursprüngliche Gründung im 19. oder 18. Jahrhunderts zurückführen, wurden andere Vereine erst nach der Wiedervereinigung in den 1990er Jahren als Sportschützenvereine gegründet. So finden bei den Traditionsvereinen Schützenfeste statt, wohingegen dieses Highlight bei den Sportvereinen fast gänzlich fehlt. Dafür sind die Mitglieder der Sportvereine regelmäßig bei Deutschen Meisterschaften vertreten und nehmen mit Mannschaften an Landes- und Bundesliga teil, während Schützen aus den Traditionsvereinen seltener bei Landesmeisterschaften anzutreffen sind. Diese Unterscheidung zwischen Traditions- und Sportvereinen mag in dieser Region Deutschlands durchaus der unterbrochenen Tradition zwischen 1945 und 1990 geschuldet sein und somit im Westen Deutschlands weniger stark ins Gewicht fallen. Es zeigt aber auch ein ungenutztes Potenzial, könnte das Vereinsleben doch vielfältiger gestaltet werden, würde man sich nicht nur auf einen Aspekt beschränken.

Ein ebenso ungenutztes Potenzial bilden philosophische Betrachtungen des Schießsports. Auf den ersten Blick mag dies nur für Philosophen und Theoretiker interessant sein. Doch findet eben diese Philosophie in den immer beliebter werdenden ostasiatischen Kampfkünsten praktische Anwendung. Diese Kraft des Schießsports ungenutzt zu lassen ist widersinnig.

Wer aber nach Publikationen zur Philosophie im deutschen Schießsport sucht, muss tief graben. Natürlich wird oft erwähnt, wie viel das Schützenwesen zum gesellschaftlichen Leben beiträgt und wie es die Jugend fördert. Doch der Schießsport, also das Schießen an sich bleibt dabei außen vor.

Und doch gibt es sie. Im Almanach des Fördervereins Deutsche Schützentradition aus dem Jahr 1996 erschien ein Artikel mit dem Titel ‘Schützen und Schießen – eine Philosophie’. Hans-Joachim Beck setzt sich in diesem kurzen Text genau mit den Kernpunkten auseinander, die auch in diesem Buch bearbeitet werden sollen. Er vergleicht das Schießen sogar mit Kampfsportarten, auch explizit asiatischen Kampfsportarten.3

Ein Kernpunkt seiner Erläuterungen ist das Verhältnis des Schützen zu seiner Waffe. «Die Verschmelzung des menschlichen Körpers mit einem technischen Gegenstand zum Zwecke höchster Harmonie dieser Einheit mit dem Geist ist ein berauschendes Gefühl. (…) Wenn man dann die Waffe ihrem Koffer entnimmt, sie berührt, dann ist das Erfühlen des Schaftes oder des Laufes nicht anders, als die feinfühlige Berührung der Haut eines lebenden Wesens.»4 Beck vergleicht diese Beziehung mit der eines Violinisten zu seinem Musikinstrument. Und auch dem Anlegen der Schießkleidung eines Gewehrschützen misst er besondere Bedeutung bei. Er nennt es eine kultische Handlung, mit der sich der Schütze von seiner Umgebung abschirmt.5 Die meisten Schützen werden eine besondere Beziehung zur eigenen Waffe bestätigen können. Wenn auch nicht so bewusst und intensiv, wie Beck sie hier beschreibt, so hat sich der Schütze doch mit ihr durch unzählige Trainingsstunden gequält, hat sich stundenlang damit beschäftigt, die Waffe richtig einzustellen und hat vielleicht so manch aufregenden Wettkampf gemeinsam bestritten. Hat ein Schütze keine oder eine schlechte Beziehung zu seiner Waffe, wird sich das immer in seinen Leistungen widerspiegeln.

Gründe für schlechte Leistungen sieht Beck oft auch in einer schlechten seelischen Verfassung des Schützen, beispielsweise in der Angst zu Versagen.6 Hier steht seine Auffassung im klaren Gegensatz zu den Autoren des Buches «Die Psyche des Schusses», die, obwohl sie sich mit den psychischen Komponenten des Schießens auseinandersetzen, die Ursache von Fehlern immer in der Bewegungsführung, also in technischen Aspekten, sehen.7 Daran wird sichtbar, dass sich Beck mit einer ganz anderen Ebene des Schießens befasst. «Nur das ist die Wahrheit in diesem Sport. Kein anderer Mensch, kein Konkurrent kann direkt auf die Leistung des Schützen Einfluss nehmen. Er selbst kann mit sich und seinen Gedanken, mit seiner Konzentration, seiner Selbstkontrolle und Selbststeuerung seine Sehnsucht erfüllen.»8 Diese Sehnsucht ist laut Beck der Treffer in die Zehn, wobei sich dieses Verlangen nach jedem Treffer erneuert, um die daraus resultierende Zufriedenheit noch einmal zu empfinden. Dabei spiele auch eine entscheidende Rolle, dass durch den eigenen Erfolg niemand zu Schaden kommt.9 «Jahrhunderte des Erlebens der möglichen Vernichtung von Leben durch den Schuss haben verdeckt, welche inneren Kräfte das Schießen im Menschen fördern kann.»10 Hier grenzt er das Schießen klar von Kampfsportarten, auch asiatischen Kampfsportarten, ab, deren wahrer Wert in der Verwirklichung des Aggressionstriebes liege.11 Letzteres weist darauf hin, dass Beck trotz dieses starken Gegensatzes, den er zwischen Kampfsport und Sportschießen sieht, doch erkennen muss, dass es gewisse Parallelen gibt. Es wird deutlich, dass er hier die Kampfsportarten nicht im Sinne der Kampfkünste meint, ja ein solches Verständnis dieser nicht im Blick hat.