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«Ein starkes Gemüt ist nicht ein solches, welches bloß starker Regungen fähig ist, sondern dasjenige, welches bei den stärksten Regungen im Gleichgewicht bleibt, so daß trotz den Stürmen in der Brust der Einsicht und Überzeugung wie der Nadel des Kompasses auf dem sturmbewegten Schiff das feinste Spiel gestattet ist.»
Clausewitz wurde durch sein Hauptwerk Vom Kriege bekannt, das sich mit der Theorie des Krieges beschäftigt. Seine Theorien über Strategie, Taktik und Philosophie hatten großen Einfluss auf die Entwicklung des Kriegswesens in allen westlichen Ländern und werden bis heute an Militärakademien gelehrt. Sie finden auch im Bereich der Unternehmensführung sowie im Marketing Anwendung.
« Die Strategie ist der Gebrauch des Gefechts zum Zweck des Krieges; sie muß also dem ganzen kriegerischen Akt ein Ziel setzen, welches dem Zweck desselben entspricht, d. h. sie entwirft den Kriegsplan, und an dieses Ziel knüpft sie die Reihe der Handlungen an, welche zu demselben führen sollen, d. h. sie macht die Entwürfe zu den einzelnen Feldzügen und ordnet in diesen die einzelnen Gefechte an. Da sich alle diese Dinge meistens nur nach Voraussetzungen bestimmen lassen, die nicht alle zutreffen, eine Menge anderer, mehr ins einzelne gehender Bestimmungen sich aber gar nicht vorher geben lassen, so folgt von selbst, daß die Strategie mit ins Feld ziehen muß, um das Einzelne an Ort und Stelle anzuordnen und für das Ganze die Modifikationen zu treffen, die unaufhörlich erforderlich werden. Sie kann also ihre Hand in keinem Augenblick von dem Werke abziehen. »
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CARL VON CLAUSEWITZ
1. Strategie
2. Elemente der Strategie
3. Moralische Größen
4. Die moralischen Hauptpotenzen
5. Kriegerische Tugend des Heeres
6. Die Kühnheit
7. Beharrlichkeit
8. Überlegenheit der Zahl
9. Die Überraschung
10. Die List
11. Sammlung der Kräfte im Raum
12. Vereinigung der Kräfte in der Zeit
13. Strategische Reserve
14. Ökonomie der Kräfte
15. Geometrisches Element
16. Über den Stillstand im kriegerischen Akt
17. Über den Charakter der heutigen Kriege
18. Spannung und Ruhe (Das dynamische Gesetz des Krieges)
Vom Kreige , Tome 1, 1886
Der Begriff ist festgestellt im zweiten Kapitel des zweiten Buches. Sie ist der Gebrauch des Gefechts zum Zweck des Krieges. Sie hat es eigentlich nur mit dem Gefecht zu tun, aber ihre Theorie muß den Träger dieser eigentlichen Tätigkeit, die Streitkraft, an sich und in ihren Hauptbeziehungen mit betrachten, denn das Gefecht wird durch sie gegeben und äußert seine Wirkungen wieder zunächst auf sie. Das Gefecht selbst muß sie in Beziehung auf seine möglichen Erfolge kennenlehren und die Kräfte des Geistes und Gemüts, welche bei dem Gebrauch desselben die wichtigsten sind.
Die Strategie ist der Gebrauch des Gefechts zum Zweck des Krieges; sie muß also dem ganzen kriegerischen Akt ein Ziel setzen, welches dem Zweck desselben entspricht, d. h. sie entwirft den Kriegsplan, und an dieses Ziel knüpft sie die Reihe der Handlungen an, welche zu demselben führen sollen, d. h. sie macht die Entwürfe zu den einzelnen Feldzügen und ordnet in diesen die einzelnen Gefechte an. Da sich alle diese Dinge meistens nur nach Voraussetzungen bestimmen lassen, die nicht alle zutreffen, eine Menge anderer, mehr ins einzelne gehender Bestimmungen sich aber gar nicht vorher geben lassen, so folgt von selbst, daß die Strategie mit ins Feld ziehen muß, um das Einzelne an Ort und Stelle anzuordnen und für das Ganze die Modifikationen zu treffen, die unaufhörlich erforderlich werden. Sie kann also ihre Hand in keinem Augenblick von dem Werke abziehen.
Daß man dies, wenigstens was das Ganze betrifft, nicht immer so angesehen hat, beweist die frühere Gewohnheit, die Strategie im Kabinett zu haben und nicht bei der Armee, welches nur dann zulässig ist, wenn das Kabinett dem Heer so nahe bleibt, daß es für das große Hauptquartier desselben genommen werden kann.
Die Theorie wird also der Strategie in diesem Entwurfe folgen, oder richtiger gesagt, sie wird die Dinge an sich und in ihren Verhältnissen zueinander beleuchten und das wenige herausheben, was sich als Grundsatz oder Regel ergibt.
Wenn wir uns aus dem ersten Kapitel erinnern, wieviel Gegenstände der größten Art der Krieg berührt, so werden wir begreifen, daß die Berücksichtigung aller einen seltenen Blick des Geistes voraussetzt.
Ein Fürst oder Feldherr, welcher seinen Krieg genau nach seinen Zwecken und Mitteln einzurichten weiß, nicht zu viel und zu wenig tut, gibt dadurch den größten Beweis seines Genies. Aber die Wirkungen dieser Genialität zeigen sich nicht sowohl in neuerfundenen Formen des Handelns, welche sogleich in die Augen fallen würden, als in dem glücklichen Endresultat des Ganzen. Es ist das richtige Zutreffen der stillen Voraussetzungen, es ist die geräuschlose Harmonie des ganzen Handelns, welche wir bewundern sollten, und die sich erst in dem Gesamterfolg verkündet.
Derjenige Forscher, welcher von diesem Gesamterfolg aus jener Harmonie nicht auf die Spur kommt, der sucht die Genialität leicht da, wo sie nicht ist und sein kann.
Es sind nämlich die Mittel und Formen, deren sich die Strategie bedient, so höchst einfach, durch ihre beständige Wiederkehr so bekannt, daß es dem gesunden Menschenverstand nur lächerlich vorkommen kann, wenn er so häufig die Kritik mit einer geschraubten Emphase davon sprechen hört. Eine tausendmal vorgekommene Umgehung wird hier wie der Zug der glänzendsten Genialität, dort der tiefsten Einsicht, ja selbst des umfassendsten Wissens gepriesen. Kann es abgeschmacktere Auswüchse in der Bücherwelt geben?
Immer lächerlicher wird es, wenn man sich noch hinzudenkt, daß eben diese Kritik nach der gemeinsten Meinung alle moralischen Größen von der Theorie ausschließt und es nur mit dem Materiellen zu tun haben will, so daß alles auf ein paar mathematische Verhältnisse von Gleichgewicht und Überlegenheit, von Zeit und Raum und ein paar Winkel und Linien beschränkt wird. Wäre es nichts als das, so würde sich ja aus solcher Misere kaum eine wissenschaftliche Aufgabe für einen Schulknaben bilden lassen.
Aber gestehen wir nur: es ist hier von wissenschaftlichen Formen und Aufgaben gar nicht die Rede; die Verhältnisse der materiellen Dinge sind alle sehr einfach; schwieriger ist das Auffassen der geistigen Kräfte, die im Spiel sind. Aber auch bei diesen sind die Geistesverwicklungen und die große Mannigfaltigkeit der Größen und Verhältnisse nur in den höchsten Regionen der Strategie zu suchen, da, wo sie an die Politik und Staatskunst grenzt oder vielmehr beides selbst wird, und da haben sie, wie wir schon gesagt haben, mehr Einfluß auf das Wieviel und Wiewenig als auf die Form der Ausführung. Wo diese vorherrscht, wie bei den einzelnen großen und kleinen Begebenheiten des Krieges, da sind die geistigen Größen schon auf eine geringe Anzahl zurückgebracht.
So ist denn in der Strategie alles sehr einfach, aber darum nicht auch alles sehr leicht. Ist aus den Verhältnissen des Staates einmal bestimmt, was der Krieg soll und was er kann, so ist der Weg dazu leicht gefunden; aber diesen Weg unverrückt zu verfolgen, den Plan durchzuführen, nicht durch tausend Veranlassungen tausendmal davon abgebracht zu werden, das erfordert außer einer großen Stärke des Charakters eine große Klarheit und Sicherheit des Geistes; und von tausend Menschen, die ausgezeichnet sein können, der eine durch Geist, der andere durch Scharfsinn, wieder andere durch Kühnheit oder durch Willensstärke, wird vielleicht nicht einer die Eigenschaften in sich vereinigen, die ihn in der Bahn des Feldherrn über die Linie des Mittelmäßigen erheben.
Es klingt sonderbar, ist aber gewiß für alle, die den Krieg in dieser Beziehung kennen, ausgemacht, daß zu einem wichtigen Entschluß in der Strategie viel mehr Stärke des Willens gehört als in der Taktik. In dieser reißt der Augenblick mit fort, der Handelnde fühlt sich in einem Strudel fortgezogen, gegen den er ohne die verderblichsten Folgen nicht ankämpfen darf, er unterdrückt die aufsteigenden Bedenklichkeiten und wagt mutig weiter. In der Strategie, wo alles viel langsamer abläuft, ist den eigenen und fremden Bedenklichkeiten, Einwendungen und Vorstellungen und also auch der unzeitigen Reue viel mehr Raum gegönnt, und da man die Dinge in der Strategie nicht wie in der Taktik wenigstens zur Hälfte mit eigenen leiblichen Augen sieht, sondern alles erraten und vermuten muß, so ist auch die Überzeugung weniger kräftig. Die Folge ist, daß die meisten Generale, wo sie handeln sollten, in falschen Bedenklichkeiten steckenbleiben.
Jetzt werfen wir einen Blick in die Geschichte; er fällt auf Friedrich des Großen Feldzug von 1760, berühmt durch die schönen Märsche und Manöver, ein rechtes Kunstwerk strategischer Meisterschaft, wie uns die Kritik rühmt. Sollen wir nun da außer uns geraten vor Bewunderung, daß der König nun Dauns rechte Flanke umgehen wollte, nun seine linke, dann wieder die rechte usw.? Sollen wir darin eine tiefe Weisheit sehen? Nein, das können wir nicht, wenn wir natürlich und ohne Ziererei urteilen wollen. Wir müssen vielmehr zuvörderst des Königs Weisheit bewundern, der bei seinen beschränkten Kräften ein großes Ziel verfolgend, nichts unternahm, was diesen Kräften nicht entsprochen hätte, und gerade genug, um seinen Zweck zu erreichen. Diese Weisheit des Feldherrn ist nicht bloß in diesem Feldzug sichtbar, sondern über alle drei Kriege des großen Königs verbreitet.
Schlesien in den sicheren Hafen eines wohl garantierten Friedens zu bringen, war sein Zweck.
An der Spitze eines kleinen Staates, den übrigen Staaten in den meisten Dingen ähnlich und nur durch einige Zweige der Verwaltung vor ihnen ausgezeichnet, konnte er kein Alexander werden, und als Karl XII. würde er sich wie jener das Haupt zerschellt haben. Wir finden daher in seiner ganzen Kriegführung jene verhaltene Kraft, die immer im Gleichgewicht schwebt, die es nie an Nachdruck fehlen läßt, sich im Augenblick großer Bedrängnis zum Erstaunenswürdigen erhebt und im nächsten Augenblick wieder ruhig fort oszilliert, um dem Spiel der leisesten politischen Regungen sich unterzuordnen. Weder Eitelkeit, noch Ehrgeiz, noch Rachsucht können ihn von dieser Bahn entfernen, und diese Bahn allein ist es, die ihn an den glücklichen Ausgang des Streites geführt hat.
Wie wenig vermögen diese paar Worte jene Seite des großen Feldherrn zu würdigen; nur wenn man den wunderbaren Ausgang dieses Kampfes sorgfältig ins Auge faßt und den Ursachen nachspürt, die ihn herbeigeführt, wird man von der Überzeugung durchdrungen, daß nur des Königs scharfer Blick ihn durch alle Klippen glücklich geführt hat. Dies ist die eine Seite, welche wir an diesem großen Feldherrn bewundern, in dem Feldzug von 1760 und in allen anderen, aber in diesem vorzugsweise, weil er in keinem einer so überlegenen feindlichen Macht mit so geringen Opfern das Gleichgewicht gehalten hat.
Die andere Seite trifft die Schwierigkeit der Ausführung. Die Märsche zu einer Umgehung rechts und links sind leicht entworfen; der Gedanke, sein Häuflein immer dicht beisammen zu halten, um dem zerstreuten Feinde überall gewachsen zu sein, sich mit schnellen Bewegungen zu vervielfältigen, ist ebenso leicht gefunden als ausgesprochen; die Erfindung also kann unsere Bewunderung nicht erwecken, und von so einfachen Dingen bleibt nichts übrig, als zu gestehen, daß sie einfach sind.
Aber ein Feldherr versuche es einmal, diese Dinge Friedrich dem Großen nachzutun. Lange hinterher haben Schriftsteller, die Augenzeugen waren, von der Gefahr, ja von der Unvorsichtigkeit gesprochen, welche mit des Königs Lagern verbunden gewesen, und wir dürfen nicht zweifeln, daß im Augenblick, wo er sie nahm, diese Gefahr dreimal so groß erschien als hinterher.