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Examen bestanden, Zeugnis in der Tasche, aber wie geht es weiter? Universitäten und Hochschulen bilden Naturwissenschaftler und Ingenieure in ihren jeweiligen Bereichen optimal aus - in Bezug auf Wissen und Fachkompetenz. Doch werden Akademiker oft nicht oder nur unzureichend auf andere Themen wie Teamfähigkeit, betriebswirtschaftliche und soziale Belange, Unternehmensstrukturen und Führungsaufgaben vorbereitet, die für den beruflichen Erfolg ebenfalls relevant sind. Was sollte man am ersten Tag am neuen Arbeitsplatz auf jeden Fall tun und was besser lassen? Wie verhält man sich, wenn es im neuen Team nicht auf Anhieb klappt, und weshalb scheint es mit den Kunden ständig Missverständnisse zu geben? Welche betriebswirtschaftlichen Kenntnisse sind unerlässlich und welche kulturellen Fallstricke lauern in einer zunehmend globalisierten Arbeitswelt? Wo liegen überhaupt die persönlichen Stärken, welche Zweige in einem Unternehmen passen zu den ganz eigenen Vorlieben und Fähigkeiten? In kompakter, vergnüglicher Form, anhand von zahlreichen Beispielen, vermittelt dieser Ratgeber die notwendigen Schlüsselkompetenzen, mit denen Berufseinsteiger und Mitarbeiter, die aufsteigen wollen, ihren Weg ins und durchs Berufsleben finden.
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Seitenzahl: 513
Contents
Vorwort
Haben Sie aus Ihrem Vortrag schon einmal ein Buch gemacht?
Einführung
Erstkontakt Beruf – Der Realitätsschock erster Arbeitstag
Teil I: Das Rüstzeug oder: Die Kompetenzen, die ich habe – und was ich sonst noch so alles bräuchte
1 Ingenieure und Naturwissenschaftler mit einzigartiger Startposition
Was wir können …
… und was wir lernen
Die Startposition
Sortieren können – wie logisch wir doch sind
Grundannahmen
Gut, dass wir Sachen zweimal machen können, oder?
Die Grenzen des Wissens
Fragen hilft
Stressfest
Umgang mit Unbekanntem
Die Grenzen unserer Ausbildung
Und der Schatz, aus dem wir schöpfen können: ein Beispiel
Endlich ein Kunde
2 Soft Skills – alles nur Geschwätz?
Abgrenzungen
Die Sachebene
Die Beziehungsebene
Jetzt wird’s ganz hart – ein Gedicht
Der Mensch und das Team
Die Mondlandung als Teamerfolg
Teamtheorie und Teamzusammensetzung
Teamrollen nach Belbin
Rollenspiele
Die Praxis ist oft anders
Ein Beispiel
Weitere Kompetenzen
Die Aufgabe: Male ein Haus
Ein Lied ist ein Lied ist…
Das Gespräch
Die Feinheit der Sprache
Hören wir zu
Interpretation des Gesagten
Sprache lügt nicht
Wenn Sprache und Handlungen zum Krieg führen
Rückmeldung geben und nehmen
Lob
Tadel
Schmerz, Trauer, Mitgefühl
Abweichungen von der Norm
Fremd- und Selbstbild
Menschen führen
Das Vorstellungsgespräch
Kleine Zusammenfassung
Was uns antreibt
Treiber von Entscheidungen
Grundsätze
Annahmen
Regeln
Unerwünschte Nebenwirkungen
Motive
3 Das bisschen Wirtschaft – oder: Was man sonst noch zum Überleben braucht
Sie müssen die Sprache der Wirtschaft erlernen
Geld verdienen
Kennzahlen und ihre Bedeutung
Die Basis ist bereits vorhanden
Kosten strukturieren
Wirtschaft können Sie auf vielen Wegen lernen
Welches Wissen für Sie dann wichtig wird – GuV und Bilanz
Gewinn ist noch nicht alles – von der Rentabilität und den Opportunitätskosten
Teil II: Landkarte der Möglichkeiten – was man mit den Kompetenzen so alles anstellen kann (im studierten Fach und anderswo)
4 Fachliche Dimension – eigenes Fach oder nicht eigenes Fach?
Warum man sich über verschiedene Optionen Gedanken machen darf…
Beim Blick über den Tellerrand kann man in viele sehr unterschiedliche Richtungen blicken
Tätigkeitsfeld – oder: Wie fachnah möchte ich eingesetzt werden?
Fachnaher Einsatz ermöglicht eine maximale Kontinuität der inhaltlichen Arbeit
Eine Kombination aus Fachwissen und fachfremden Elementen sollten Sie einsetzen, wenn Sie schon immer gerne über den Tellerrand hinausgeschaut haben
Völlig fachfremde Positionen bieten Ihnen Entwicklungsmöglichkeiten jenseits der traditionellen Pfade
5 Dimension Größenordnung: Does size matter?
Unternehmensumfeld – oder: Wie sollte die Struktur beschaffen sein, in der ich arbeite?
Die Strukturen und Prozesse, die Sie in den Unternehmen vorfinden, werden sehr unterschiedlich sein
Auch Ihre Entwicklungsmöglichkeiten und Aufstiegschancen sind abhängig vom Unternehmenstyp
Die Dynamik, mit der das Unternehmen auf dem Markt agiert, unterscheidet sich ebenfalls
Großunternehmen sind oft geprägt von langsamen Veränderungsprozessen
Das wirtschaftliche Risiko ist für die vier Typen von Unternehmen unterschiedlich zu bewerten
Die Kultur in den vier Unternehmenstypen weist fundamentale Unterschiede auf
Was Sie jetzt mit all dem Wissen anfangen könnten …
6 Dimension Geografie: Do you speak intercultural?
Eine Begriffsklärung und ihre Auswirkungen
Lebensformen
Kleine Blicke in die Geschichte der Mathematik
Umgang mit uns selbst
Traditionen
Sprache und Überlieferung
Handlungen
Identität, Zeit und Raum
Umgang mit anderen
Ein Modell für kulturelle Unterschiede
Praktische Beispiele
Die Europäische Union – eine interkulturelle Großbaustelle
Andere Länder, andere Verhaltensmuster
Aufmerksamkeit ist nötig
Teil III: Und jetzt? – Was sich ab heute ändern sollte, um diese Frage zu beantworten
7 Nur wer das Ziel kennt, kann die Richtung bestimmen
Um das Ziel zu bestimmen, sollten Sie sich selbst kennen lernen
Was Sie über sich herausfinden sollten
Interessen
Kompetenzen
Wie Sie all das über sich herausfinden könnten
Ein Plädoyer für den tatsächlichen Einsatz dieser Methoden …
Was sollten Sie außerdem noch tun?
Was sollten Sie am Ende haben? Wo sollten Sie stehen?
8 Fragen, fragen, fragen – wie man über die Welt da draußen mehr erfährt
Screening
Fragen, Fragen, Fragen
Wer fragt, führt
Kontaktaufnahme
Vor dem Gespräch
Im Bewerbungsgespräch
Nach der Einstellung
Teil IV: Was ich will – nicht was man macht
9 Und wenn es ganz anders kommt?
Grenzen der Planbarkeit
Guten Tag, liebes Risiko – schön, dass du da bist
Grenzen der Planbarkeit – das Scheitern
Flexibilität hilft
Ich möchte nur einen Job …
… oder doch lieber eine Arbeit?
Der Realitätstest
Das Leben ist eine Reise
Stichwortverzeichnis
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Enders, J., Kottmann, A.
Neue Ausbildungsformen – andere Werdegänge?
Ausbildungs- und Berufsverläufe von Absolventinnen und Absolventen der Graduiertenkollegs der DFG
2009
ISBN: 978-3-527-32629-7
Rauner, M., Jorda, S.
Big Business und Big Bang
Berufs- und Studienführer Physik
2008
ISBN: 978-3-527-40814-6 Gehring, P.
Traumjobs sind nicht nur Träume
Berufliche Neupositionierung für Fach- und Führungskräfte
2004
978-3-527-50099-4
Debus-Spangenberg, I.
Karriereführer für Biowissenschaftler
Beschäftigungsfelder – Arbeitgeberwünsche – Crashkurs Bewerben
2004
ISBN: 978-3-527-50086-4
Bürkle, H.
Karriereführer für Chemiker
Beruflicher Erfolg durch Aktiv- Bewerbung und Management in eigener Sache
2003
ISBN: 978-3-527-50069-7
Autoren
Dr. Lukas von Hippel
Kruse GmbH &Co. KG
Hafenstr. 7
63450 Hanau
Dr.Thorsten Daubenßld
Hochschule Fresenius
Limburger Str. 2
65510 Idstein
1. Auflage 2011
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Print ISBN 9783527329083
Epdf ISBN 978-3-527-66112-1
Epub ISBN 978-3-527-66111-4
Mobi ISBN 978-3-527-66110-7
Vorwort
Dieses Buch verdankt seine Existenz einer Frage: Im Herbst des Jahres 2009 waren beide Autoren eingeladen, auf dem Alpenforum des Jungchemikerforums (JCF) der Gesellschaft Deutscher Chemiker (GDCh) vorzutragen. Die übliche Logik solcher Vorträge ist es, dass die Industrievertreter ihre Firmen vorstellen in der frohen Erwartung, diese so attraktiv zu machen, dass sich einfach jeder Teilnehmer des Alpenforums nichts anderes vorstellen kann, als sich dort zu bewerben.
Nun war das Jahr 2009 von der größten Wirtschaftskrise betroffen, die die heute handelnden Personen erlebt haben, bei der, als dieses Buch geschrieben wurde, noch keiner wirklich wusste, wie es weitergehen könnte, und noch viele Fragen offen sind. Lehman Brothers waren spektakulär in die Knie gegangen, die Börsen noch ziemlich am Boden. Viele Firmen gingen an fehlenden Aufträgen oder Krediten zu Grunde. Andere Firmen hatten die Aufgabe, zu überleben, aber an ein echtes Wachstum war in den meisten Fällen nicht wirklich zu denken, eher an Personalabbau, um die Kosten in den Griff zu bekommen.
So waren auch viele der beim Alpenforum gehaltenen Vorträge: Die Firmen noch immer spannend, die Aufgaben technisch reizvoll, aber, nein, meine Damen und Herren, wir haben gerade keine offenen Positionen. Leider. Ja, meine Damen und Herren, in der Unternehmensberatung stellen wir ein, aber nicht jeder Mensch ist tauglich, in einer Unternehmensberatung zu arbeiten. Keine schöne Botschaft. Frust pur.
Viele dieser Sorgen kannten wir auch aus unseren Aktivitäten an verschiedenen Hochschulen. Am prägnantesten wurde die Sorge von Absolventen einmal von einer Doktorandin der Pharmazie der Ludwig-Maximilians-Universität in München gestellt, als sie fragte: „Darf ich denn hoffen, eines Tages einmal eine Stelle zu finden, die mir Freude macht?“ Lassen Sie sich die Frage einmal in Ruhe durch den Kopf gehen: „Darf ich hoffen“ – wie unsicher muss denn ein Mensch sein, wenn er eine Frage so formuliert? Ja, sie darf nicht nur hoffen, sie wird sogar dafür ausgebildet, letztlich das Luxusproblem zu haben, was sie denn machen möchte. Sie weiß es nur vielleicht noch nicht.
Beim Alpenforum wandelte deshalb einer der beiden Autoren seinen Vortrag spontan um. Nicht mehr, wie schön die eigene Firma ist, sondern um dem Auditorium zu erläutern, wieso Studenten der so genannten MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) eine wirklich ideale Ausgangsposition haben, um sich später im Berufsleben zu behaupten. Dieser Vortrag war damit anders als die anderen und führte im Nachgang zu einer ausgedehnten Diskussion. Er war wohl notwendig. Er führte aber auch zur ersten Begegnung der Autoren und zur Frage des einen an den anderen: „Haben Sie aus Ihrem Vortrag denn schon mal ein Buch gemacht?“ Natürlich nicht, nettes Gespräch, lassen Sie uns doch mal Visitenkarten tauschen.
Die Frage saß – ein Buch. Quatsch. Muss es doch schon Hunderte geben. Eine Recherche ergab, dass es tatsächlich unter allen Büchern dieser Welt noch keines gibt, das sich mit den Fragen beschäftigt, die Absolventen der MINT-Fächer haben, wenn sie ihre erste Arbeitsstelle suchen oder antreten. So kam es zu der Frage, ob denn so ein Buch gewagt und geschrieben werden wollte. Mit dem Verlag Wiley wurde ein Verlag gefunden, der der Zielgruppe vom Studium bekannt ist, mit Frau Walter eine Lektorin bekommen, die sich nicht nur binnen Sekunden für das Thema begeisterte, sondern sich auch darüber hinaus immer für das Projekt einsetzte. In der sich dann anschließenden Phase der weiteren Bearbeitung war sie geduldig genug, um uns in Frieden zu lassen, aber auch hartnäckig genug, das Thema zu verfolgen. Wenn jeder Autor so betreut wird, muss es eine Freude sein, Bücher für Wiley zu schreiben.
Ein Wort zum geistigen Eigentum: Natürlich haben wir von anderen geklaut. Wir wissen, dass wir unser Können durch Lernen von anderen erworben haben, und können es oft nicht benennen, woher unser Wissen kommt. Wir haben Meter von Büchern gelesen in unserem Leben und können nicht mehr angeben, von wem alles wir gelernt haben, vielleicht vermischen wir sogar Quellen. Das ist wissenschaftlich nicht korrekt, aber menschlich nachvollziehbar. Und wir haben den Vorteil, dass dieses Buch kein im klassischen Sinne wissenschaftliches ist.
Wir haben Sokrates ebenso gelesen wie Bücher über Steve Jobs von Apple. Wir haben Goethe genauso genossen wie Bücher über die Strategieentwicklung von Unternehmen. Wir haben uns über Dürrenmatt hergemacht wie auch über Studien zum kollektiven Verhalten von Gesellschaften. Wir kennen sogar Novalis und Google. Das alles zu zitieren oder im Anhang anzugeben, wäre wenig hilfreich. Besser ist es, wenn sich unsere Leser selber auf die Reise machen, zu lesen, was ihnen in die Finger kommt, mit anderen zu sprechen, andere Meinungen und Wahrnehmungen zu hören und selber entdecken, was für sie wichtig ist und sie prägt.
Sollte sich also jemand über die Maßen zitiert fühlen, möge er es uns nachsehen. Nicht jedes Buch, das wir hatten, haben wir auch heute noch im Regal, nicht jeder geniale Gedanke, an dem wir uns formen durften, ist uns heute noch mit seiner geistigen Urheberschaft präsent. Dennoch denken wir, dass wir die Mischung zumindest neu vorgenommen haben. Wir wissen auch, dass dieses Buch nicht das Kompendium von mehreren Metern Büchern sein kann und will. Es soll Vielfältigkeit aufzeigen und Lust auf mehr machen. Wenn das gelingt, ist es für uns gelungen. Es wird auch nicht jeder Teil für jeden gleich bedeutend sein, auch können und werden sich Bedeutungen im Laufe eines Berufslebens verschieben. Das ist ganz normal.
Wir haben zur besseren Lesbarkeit auf die heute politisch korrekte durchgehende Verwendung beider Geschlechter im Text verzichtet. Für uns ist klar, dass Leser männlichen oder weiblichen Geschlechts sein können, wir haben sogar einige Gedanken darüber im Text verarbeitet. Wenn sich also ein Leser diskriminiert fühlen sollte, so appellieren wir an den guten Willen, uns nicht zu verklagen, denn wir wollen nicht diskriminieren, aber einen besser lesbaren Text und weniger Seiten verkaufen. Mit nichts kann man mehr Seiten schinden als mit der durchgängigen politisch korrekten Benennung von Geschlechtern.
Unsere Familien waren so nett, uns schreiben zu lassen, was naturgemäß nicht Teil unserer täglichen Arbeit ist. Damit ertrugen sie die Last unserer An- und Abwesenheit gleichermaßen bei einem Projekt, das wirtschaftlich den Autoren keinen echten Gewinn bringt, wissenschaftlich keinen Ruhm, dafür aber viel Arbeit und – wirklich ganz altruistisch – hoffentlich dem Leser Nutzen. Für diese Unterstützung möchten wir uns ganz herzlich bedanken, wir durften es nicht erwarten.
Nun liegt es an Ihnen zu entscheiden, ob wir am Bedarf vorbei geschrieben haben, oder ob die Themen, die wir angerissen haben, für Absolventen den Stellenwert haben, den wir meinen, erkannt zu haben. Wenn das Buch gut ist, sagen Sie es weiter, wenn es nicht gut war, sagen Sie es uns.
Vor Ihrem Urteil steht aber nun die Prüfung des Inhalts. Bei der Lektüre wünschen wir viel Freude und manches Aha-Erlebnis.
Alzenau, Februar 2011
Idstein, Februar 2011
Dr. Lukas von HippelDr. Thorsten Daubenfeld
Einführung
Mit dem ersten Arbeitstag im Beruf verändert sich das Leben eines Hochschulabsolventen nachhaltig. Endlich geht es darum, all das Wissen, dass in jahrelanger Mühsal erarbeitet und erlernt wurde, anzuwenden. Dafür haben wir studiert. Dafür haben wir uns ausgebildet und ausbilden lassen. Wir haben Nächte gebüffelt, an Wochenenden für Klausuren gelernt, Praktika gemacht. Halt geschuftet. Weil es uns Spaß gemacht hat und weil wir der Meinung waren, dieses Studium schaffen zu wollen. Nach der Lernphase kommen jetzt das Geldverdienen und die Nutzung der so hart erarbeiteten Kompetenzen. Auf diesen Tag haben wir, ganz wörtlich zu nehmen, jahrelang hingearbeitet.
Aus der Perspektive einer Laborwissenschaft kann unser Weg zum Arbeitsalltag etwa so aussehen: Nach dem mehr oder weniger ausgedehnten Verhandeln des ersten Arbeitsvertrages ist es nun so weit. Wir sind stolz auf unseren Arbeitsvertrag, unsere Familie und unsere Freunde haben sich gefreut, mancher Kommilitone beneidet uns, wir sind gespannt und elektrisiert. Den zukünftigen Chef haben wir schon ein- oder zweimal gesehen, vielleicht haben wir es so gut, dass wir den Chef schon von einer Konferenz oder aus einer Kooperation kennen, aber das wird eher die Ausnahme bleiben. Die zukünftigen Kollegen kennen wir mit hoher Wahrscheinlichkeit noch nicht alle, die vielleicht auch vorhandenen Mitarbeiter kennen wir in der Regel noch nicht, haben sie bestenfalls im Rahmen unserer Vorstellungsgespräche einmal zu sehen bekommen. Der Weg in die neue und vielleicht noch weitgehend unbekannte Stadt hat funktioniert, vielleicht war die letzte Nacht noch eine im Hotel, vielleicht werden noch weitere im Hotel folgen, oder wir haben schon ein möbliertes Zimmer gefunden, vielleicht sogar schon die erste Wohnung, die ziemlich sicher nicht unsere letzte sein wird. Die letzte Nacht war sicher nicht geprägt von ausgedehntem und erholendem Schlaf: Neugier, Fragen, Sorgen. Was, wenn ich scheitere und der Aufgabe nicht gewachsen bin? Was, wenn mitten in der Probezeit etwas schief geht? Was werde ich alles zu arbeiten haben? Schaffe ich das? Aber auch Freude: Ich kann endlich beweisen, was ich kann. Das wird bestimmt spannend und schön. Endlich die Welt verändern. Das Leben ist schön. Meistens.
Anmeldung beim Werkschutz als neuer Mitarbeiter, dann der Weg zum neuen Chef. Ein paar nette Worte, wie man sich doch auf die Zusammenarbeit freut. Gang zur Personalabteilung, um die Lohnsteuerkarte und den Sozialversicherungsausweis abzugeben. Nun kommt also der eigene Schreibtisch. Die Runde bei den Kollegen, den Mitarbeitern, die Übergabe der Insignien der Macht: Rechner, Mobiltelefon, Visitenkarten, Schlüssel, vielleicht die Arbeitsordnung, vielleicht Berufsbekleidung: Sicherheitsschuhe, Blaumann oder Weißkittel, der Werksausweis will gemacht sein, vielleicht der Werksarzt besucht werden, die Kantine möchte auch eine besondere Geldkarte zum Bezahlen. Sicherheitsbelehrung, vielleicht auch eine Delegation von Pflichten. Eine Kostenstelle will geführt werden, auf einmal habe ich Verantwortung für mehrere Hunderttausend Euro, vielleicht für mehr als eine Million. So viel Geld. Der erste Tag ist rum, vielleicht die ersten Tage. Haben wir unser Geld verdient? Eher noch nicht. Noch kosten wir, wird in uns investiert. Finden wir den Weg zurück zum Ausgang? Morgen den Weg zurück zum Büro? Wo war das Klo? Wo war die Kantine? Wie waren noch mal die Namen der Kollegen? So viele neue Gesichter, so viele neue Namen. Dummerweise passen die nicht immer zusammen. Aber zum Glück lichtet sich der Nebel mittlerweile teilweise.
Wenn wir Glück haben, ist unser Vorgänger noch da und hat auch Zeit für uns. Das ist eher unwahrscheinlich, denn unser Vorgänger möchte ja entweder woanders arbeiten und das Unternehmen verlassen – wieso denn eigentlich? – oder bekommt eine neue Aufgabe und muss sich selber auf die neue Aufgabe vorbereiten. Wenn wir Glück haben, ist er wenigstens einige Tage da und kann uns ein bisschen helfen. Vielleicht ist er aber auch schon weg und unsere Kollegen auch nicht gelangweilt. Gibt es einen Einarbeitungsplan? Wenn es gut geht, dann ja, aber der wird auch nicht alles beinhalten, was wir wirklich brauchen. Vielleicht laufen wir die erste Woche rum, die EDV geht nicht, denn ein neuer Rechner ist immer schwer zum Leben zu erwecken. Die Namen und Gesichter verschwimmen anfangs noch stark, später nicht mehr so richtig, die Müdigkeit geht auch langsam zurück, es setzt so eine Art Gewohnheit ein, der Adrenalinpegel pendelt sich ein. Wenn da nicht die Mitarbeiter wären. Die auch noch Anleitung wollen. Von mir. Aber die können wir ja noch gar nicht geben, wir verstehen ja noch viel zu wenig von dem Geschäft, für das wir eingestellt wurden. Dennoch: Aus der Nummer kommen wir nicht raus, denn dafür sind wir eingestellt.
Mehrere Mitarbeiter wollen geführt werden, wollen wissen, was sie machen sollen. Wie sage ich denen, dass ich doch noch keine Ahnung habe? Darf ich das, oder bin ich dann als Vorgesetzter unten durch? Was waren nochmal die Aufgaben, die zu erledigen waren? Aha. Wissenschaftlich vielleicht nicht hochinteressant, aber technisch. Ich kenne die Literatur nicht, ich habe mich damit noch nicht auseinander gesetzt, dabei habe ich doch gelernt, mich immer damit auseinanderzusetzen, was gerade Stand der Debatte in der wissenschaftlichen Gesellschaft ist. Wo bekomme ich Informationen her? Wie lerne ich die am schnellsten? Wie kann ich sicherstellen, dass meine Mitarbeiter nicht Däumchen drehen? Was kann ich machen, um ein sinnvolles Mitglied der industriellen Gemeinschaft zu werden? Wie kann ich dafür sorgen, dass die Firma, die pro Jahr mehr als ein Einfamilienhaus in mich und mein Labor investiert, auch einen angemessenen Rückfluss für die Investition bekommt? In anderen Worten: Was kann ich machen, um sinnvoll beschäftigt zu werden?
Vielleicht sind wir aber auch eher in ein Projektgeschäft geraten. Auch hier werden wir die firmentypischen Gebiete kennen lernen, auch hier geht der Gang zur Personalabteilung, zum Chef, zu den Kollegen. Auch hier will das Unternehmen kennen gelernt werden, aber statt eigener Mitarbeiter werden wir vielleicht schon in typische Projekte gesteckt, bekommen zunächst etwas zu lesen. Vielleicht sind wir auch schon nach zwei Tagen auf einer Baustelle, vielleicht unterwegs in eines der am schwersten zugänglichen Länder der Erde, um eine Pipeline zu verlegen, vielleicht aber auch damit beschäftigt, einen Kindergarten mit einem Schaltschrank zu versehen.
Auch hier werden wir mit völlig neuen Themen konfrontiert. Wir kennen die EDV-Programme nicht, die wir nun nutzen sollen, kennen nicht die Kunden, für die wir arbeiten, haben erstmalig mit Themen zu tun, die wir vorher nicht hatten. Wir werden vielleicht gleich viel, vielleicht erst mal weniger Verantwortung bekommen, aber wir werden in die Zukunft unserer Firma eingreifen. Vielleicht entwickeln wir einen neuen Stoßdämpfer, vielleicht einen neuen Motorblock, vielleicht beschäftigen wir uns mit der Fermentation von Medikamenten und der Frage der optimalen Temperatursteuerung in einem Fermentationsbehälter, oder aber mit der Steuerung einer alkoholischen Vergärung. Vielleicht simulieren wir eine Trunkenheitsfahrt am Rechner oder stellen Modelle für die Fluggastbewegungen am Flughafen in Manila auf.
Eine erste Phase kann dann so aussehen, wie es uns tatsächlich passiert ist: Eben noch nach der Promotion arbeitslos und in einer Fortbildung, dann einen Tag später beim ersten Arbeitgeber. Übergabe der Insignien der Macht, der Vorgänger theoretisch noch da, praktisch nicht, da schon mental in der neuen Aufgabe. Ein neues Unternehmen, zwanzigtausend Kollegen, am Standort mehrere Tausend. Drei Labors, ein Technikum, zwei Diplomanden, fünf unterschiedliche Themen und inhaltlich keine Ahnung. Abends ein möbliertes Zimmer, das eine Frechheit ist, mit Dusche und Toilette im Keller, erreichbar über zwei Treppen im gemeinsamen Treppenhaus. Ernährung von der Tankstelle, jedes Wochenende Tausend Kilometer pendeln zur Familie mit zwei kleinen Kindern. Fünfzehn Mitarbeiter, die etwas von einem wissen wollen, Spielregeln, die die anderen kennen, man selber nicht. Was ist ein Zeitschriftenumlauf? Keiner sagt „Du“ zu einem, an der Uni war das ganz anders. Gefühlte Tausend neue Namen, Gesichter. Manche nett, manche nicht. Wir kann ich die Inhalte der Themen schnell beherrschen, an denen die 15 Mitarbeiter arbeiten? Das ist sicher heftig.
Meistens wird die erste Stelle nicht ganz so hart ausfallen, es kann aber passieren. Dann dauert das Auftauchen vielleicht auch etwas länger als die Probezeit, dann dauert es etwas länger, bis die Kompetenzen reichen, die Themen so zu bearbeiten, dass innovative Ideen geboren werden. Vielleicht hat das Leben aber auch andere lustige Ideen, was wir als Aufgaben bekommen können, wenn wir den uns bekannten Lebensraum Hochschule verlassen.
Unser Leben ist auf einmal wie ein Überraschungsei, bunt eingewickelt, leicht außer Form zu bringen, außen süß, innen sperrig und nicht leicht verdaulich, wenn’s gut geht mit etwas zum Basteln dabei, und nicht wirklich vorhersagbar. Was aber vorhersagbar ist, ist genau, dass wir von unserer Ausbildungsstätte nicht wirklich auf unser Leben hin ausgebildet wurden, ja, auch nicht ausgebildet werden konnten, denn dazu ist das Leben zu vielfältig. Aber wir werden auch erkennen, dass wir zwar fast alles verwenden können, was wir mal gelernt haben, aber noch viel, viel mehr brauchen, um im Beruf erfolgreich zu sein. Wir haben vielleicht auch noch gehört, ein guter Ingenieur / Chemiker / Physiker / Biologe / Pharmazeut … kann alles. Bitte, bitte, glauben Sie das nicht. Wir können nicht alles, auch nicht alles besser. Leider hat uns an dieser Stelle unsere Hochschule im Stich gelassen und nicht wirklich ausgebildet. Wir haben nicht gelernt, wie wir Menschen führen, wir haben nicht gelernt, welche Fallen die Kommunikation für uns bietet. Wir haben nicht gelernt, was wir alles nicht können und was uns wirklich noch fehlt. Von dem, was wir noch brauchen könnten, worüber es lohnt, auch einmal nachzudenken, davon handelt dieses Buch.
Sie stehen vor einer Entscheidung. Vor der Entscheidung, was Sie zumindest für die nächsten Jahre Ihres Lebens machen wollen, vielleicht für den ganzen Rest. Sie haben sich ausbilden lassen, vielleicht in Deutschland, vielleicht in einem Auswärtssemester oder gar länger irgendwo anders auf der Welt, und Sie haben viel gelernt. Dennoch hat Ihnen niemand vor Beginn des Studiums eine spätere Anstellung fest versprochen, es sei denn, Sie kommen aus einem der familiengeführten Unternehmen und Ihre Familie hat Sie eine bestimmte Ausbildung machen lassen, die Sie später einmal beruflich nutzen sollen. Sie haben also Ihr Studium gemacht, ganz einfach, weil es Sie interessiert und weil es Ihnen entspricht, weil es Ihnen liegt. Das hat mit Ihren Kompetenzen zu tun.
Kompetenzen haben Sie viele, die meisten witzigerweise schon in Ihrem Elternhaus erlernt. Bis zu unserem dritten Lebensjahr entwickeln wir viele unserer kognitiven Fähigkeiten, wir lernen räumlich zu sehen, oder wir lernen es nie wieder in unserem Leben. Es werden emotionale Weichen gestellt, wir entwickeln viele unserer späteren Verhaltensmuster. Manche davon dürften genetisch bedingt sein, andere wiederum sind erlernt. Werden erlernt nach dem Prinzip von Ermunterung oder Bremsen, durch die Bereitschaft, etwas auszuprobieren und auch mit dem Scheitern umzugehen. Vielleicht haben Sie schon einmal kleine Kinder gesehen, die hingefallen waren und sich zu ihrer Betreuungsperson umgedreht haben: Wenn die locker bleiben und nichts sagen, stehen Kinder oft ohne Tränen auf und machen weiter, selbst wenn sie bluten; wenn hingegen eine erschrockene Reaktion kommt und zu Hilfe geeilt wird, dann setzt ein Gebrüll ein, auch wenn das Knie nicht blutet, ganz nach dem Motto: „Sage mir, wie ernst es ist …“ Wir lernen in diesem Alter, uns auf unsere Umwelt einzustellen, sie auf uns wirken zu lassen, aber auch auf sie einzuwirken. Dabei wird unser Aktionsradius immer größer, unsere das Verhalten bestimmenden Grundkompetenzen stehen aber schon nach wenigen Jahren und können dann kaum noch verändert werden.
Ob Sie vor dem Fernseher groß wurden oder Bücher lasen, ob Sie ein Instrument spielen oder aber im Sportverein waren, ob Sie sich in der Kirche engagiert haben, beim Roten Kreuz oder der Feuerwehr, ob Sie den Keller gesprengt haben oder Bilder malten, Sie haben dabei – ganz nebenbei – Kompetenzen erlangt, die Ihnen nicht nur durch die Schulzeit geholfen haben, diese Kompetenzen haben Sie bereits geprägt und die Prägung werden Sie nicht mehr loswerden, Sie werden sie teilweise sogar einmal weitergeben an Ihre eigenen Kinder.
Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!
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