Von Heinrich lernen heißt siegen lernen? - Arno Barth - E-Book

Von Heinrich lernen heißt siegen lernen? E-Book

Arno Barth

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  • Herausgeber: GRIN Verlag
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2010
Beschreibung

Studienarbeit aus dem Jahr 2010 im Fachbereich Geschichte Europas - Mittelalter, Frühe Neuzeit, Note: 1,0, Universität Duisburg-Essen (Historisches Institut), Veranstaltung: Hauptseminar "Das Reich unter Heinrich I.", Sprache: Deutsch, Abstract: [...] Diese Arbeit im Rahmen des Hauptseminars „Das Reich unter König Heinrich I.“ des Sommersemesters 2009 an der Universität Duisburg-Essen versucht den Spagat zwischen zwei offenkundig so verschiedenen, weil fast ein Jahrtausend auseinanderreichenden Perioden. Sie will in zünächst das Werk des ersten König der Luidolfinger, eben jenes Heinrich, nach dem derzeitigen Forschungsstand – der naturgemäß ein gegenüber der Mitte des vorletzten Jahrhunderts fortgeschrittener ist – darstellen. Anschließend sollen die grob umrissenen Entwicklungen der Reichsgeschichte von Heinrichs Tod bis zu dem des Reiches uns zur neuzeitlichen deutschen Frage führen. Die beiden großen Lager der deutschen Frage des 19. Jahrhunderts, die borussisch-kleindeutschen Vertreter und die kaiserlich-großdeutsche Partei mitsamt ihren ideellen und materiellen Bezugspunkten Preußen und Österreich sollen erfasst und die entscheidende Jahre vor der einstweiligen Beantwortung der deutschen Frage zwischen der Revolution von 1848 und der „Revolution von oben“ von 1866 bzw. 1870/71 in ihrer wegweisenden Bedeutung für den weiteren Verlauf der europäischen Geschichte dargestellt werden. Die anschließend zu leistende Untersuchung setzt in jenem als „Entscheidungsjahre“ definierten Zeitfenster an. Gegenstand ist eine Auswahl als repräsentativ für die verschiedenen Lager erachteter geschichtswissenschaftlicher und –politischer Schriften. Unsere Fragestellung lautet: Inwiefern hat der Rückblick auf Heinrich I. den Diskurs in der deutschen Frage beeinflusst? Welche Rolle spielte die Zugehörigkeit zu einem der Lager für die Bewertung seiner Regentschaft? Auf einer abstrakteren Ebene soll uns dies Rückschlüsse auf die Funktion von Historie in politischen Prozessen geben. Die Rolle König Heinrichs als nationale Integrationsfigur soll dabei zu seinen Anfängen verfolgt und mit dem derzeitigen Forschungsstand über Heinrichs Regentschaft verglichen werden.

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Inhaltsverzeichnis
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I. Einleitung

„Herr Heinrich saß am Vogelherd recht froh und wohlgemut

aus tausend Perlen blinkt und blitzt der Morgenröte Glut[…]

Da schwenken sie die Fähnlein bunt und jauchzen: Unsern Herrn! Hoch lebe Kaiser Heinrich, hoch des Sachsenlandes Stern Sich neigend knien sie vor ihm hin und huldigen ihm still und rufen, als er staunend fragt: ´s ist deutschen Reiches Will´ Da blickt Herr Heinrich tief bewegt hinauf zum Himmelszelt: Du gabst mir einen guten Fang Herr Gott, wie dir´s gefällt!“1

Bis weit in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts gehörte nicht nur dieses Volkslied zum Allgemeingut, sondern auch die in selbigem anschaulich beschriebene Rezeption des Sachsen: Der „Finkler“, der sich eigentlich seiner Leidenschaft, dem Vogelfang, widmen wollte, dann aber von „den deutschen Stämmen“ gerufen wurde um die nationale Einheit herzustellen erfreut(e) sich enormer Beliebtheit unter den modernen Deutschen. Sein Ruf als „Gründer des deutschen Reiches“ bot die ideale Plattform für nostalgische Sehnsüchte der in Herzogtümer, Besatzungszonen oder weltanschauliche Blöcke aufgeteilten Kulturnation in der Mitte Europas.

Vor allem im klassischen Nationalismus des 19. Jahrhunderts und hier besonders im Vorfeld der Gründung des Deutschen Reiches im Januar 1871 war das mittelalterlicheregnum teutonicorumbevorzugter ideeller Bezugspunkt. Die zeitgenössische deutsche Frage wurde, insbesondere in der Phase zwischen 1848 und 1866/71, maßgeblich auf dem Gebiet der Geschichtswissenschaft diskutiert. Der Deutung des Vergangenen kam in dieser Zeit ein funktionaler Auftrag für die Gestaltung von Gegenwart und Zukunft zu. Die modernen Historiker waren im geschichtsbewussten Klima der zeitgenössischen Deutschen2gleichsam Initiator und Resultat dieses Zeitgeistes. Breite bürgerliche, liberale, demokratische, teilweise auch konservative Kreise hatten sich dem Ziel einer neuerlichen Vereinigung „der deutschen

1Zit. n. dem elektronischen „Volkliederarchiv“ von Herrn Michael Zachcial, Langemarckstrasse 319, 28199 Bremen, http://www.volksliederarchiv.de/text2685.html, letzter Aufruf 28.04.2010. Zachcial zitiert hier aus: Bohl, Josef (1910): Schulgesangbuch für höhere Lehranstalten, Trier.

2Vgl. ausführlich: Nordalm, Jens (Hrsg., 2006): Historismus im 19. Jahrhundert. Geschichtsschreibung von Niebuhr bis Meinecke, Stuttgart.

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Stämme“ nach dem vermeintlichen mittelalterlichen Vorbild verschrieben. Dabei hofften die Akteure nicht nur ein Vorbild des Gelingens einer Reichseinigung aufzuzeigen bzw. aufgezeigt zu bekommen, sondern auch die Fehler, die von der damaligen Einheit zur zeitgenössischen Zersplitterung geführt hatten, zu erkennen und dementsprechend vor deren Wiederholung gefeit zu sein. Im Zentrum der kritischen Rezeption und Kontroverse standen die hochmittelalterlichen Könige der Luidolfinger (Ottonen), Salier und Hohenstaufen.

Diese Arbeit im Rahmen des Hauptseminars „Das Reich unter König Heinrich I.“ des Sommersemesters 2009 an der Universität Duisburg-Essen versucht den Spagat zwischen zwei offenkundig so verschiedenen, weil fast ein Jahrtausend auseinanderreichenden Perioden. Sie will in zünächst das Werk des ersten König der Luidolfinger, eben jenes Heinrich, nach dem derzeitigen Forschungsstand - der naturgemäß ein gegenüber der Mitte des vorletzten Jahrhunderts fortgeschrittener ist - darstellen. Anschließend sollen die grob umrissenen Entwicklungen der Reichsgeschichte von Heinrichs Tod bis zu dem des Reiches uns zur neuzeitlichen deutschen Frage führen. Die beiden großen Lager der deutschen Frage des 19. Jahrhunderts, die borussisch-kleindeutschen Vertreter und die kaiserlich-großdeutsche Partei mitsamt ihren ideellen und materiellen Bezugspunkten Preußen und Österreich sollen erfasst und die entscheidende Jahre vor der einstweiligen Beantwortung der deutschen Frage zwischen der Revolution von 1848 und der „Revolution von oben“ von 1866 bzw. 1870/71 in ihrer wegweisenden Bedeutung für den weiteren Verlauf der europäischen Geschichte dargestellt werden.

Die anschließend zu leistende Untersuchung setzt in jenem als „Entscheidungsjahre“ definierten Zeitfenster an. Gegenstand ist eine Auswahl als repräsentativ für die verschiedenen Lager erachteter geschichtswissenschaftlicher und -politischer Schriften. Unsere Fragestellung lautet:Inwiefern hat der Rückblick auf Heinrich I. den Diskurs in der deutschen Frage beeinflusst?Welche Rolle spielte die Zugehörigkeit zu einem der Lager für die Bewertung seiner Regentschaft? Auf einer abstrakteren Ebene soll uns dies Rückschlüsse auf die Funktion von Historie in politischen Prozessen geben. Die Rolle König Heinrichs als nationale Integrationsfigur soll dabei zu seinen Anfängen verfolgt und mit dem derzeitigen Forschungsstand über Heinrichs Regentschaft verglichen werden.

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II. Das Reich unter Heinrich I.

a.) Voraussetzungen

In den Jahrzehnten nach der Herrschaft Karls des Großen (768/71 - 814) kam es im Frankenreich zu fundamentalen strukturellen Umbrüchen. Diese führten sukzessive nicht nur zum Ende der karolingischen Herrschaft, sondern auch zum Ende der fränkischen Einheit. Zwischen 843 und 911 verstetigte sich die Teilung in ein Westfränkisches und ein Ostfränkisches Reich.3Ab Ende des 9. Jahrhunderts veränderte sich zudem der Charakter des zunehmend Eigenidentität annehmenden Ostreiches derart grundlegend, dass durchaus von einer „Neugründung“ gesprochen werden kann. Neben dem Wiedererstarken der einst durch Karl den Großen auf Vasallenfunktionen reduzierten Herzöge4intendierte der durch die Herrschaft des minderjährigen Königs Ludwig des Kindes (900-911) nötig gewordene Regentschaftsrat unter Führung des Mainzer Erzbischofs Hatto Mitspracherechte weiterer geistlicher und weltlicher Gewalten. Diese Mittelgewalten führten das karolingische Erbrecht5ad absurdum, da die Installation von dynastieinternen Teilherrschern angesichts der Aufteilung des Reiches unter den Stammesherzögen immer schwerer zu realisieren war. Nicht nur deswegen6wurde der natürliche Herrschaftsanspruch der karolingischen Sippe zunehmend in Zweifel gezogen. Der unter anderem im Regentschaftsrat Ludwigs des Kindes vertretenen fränkischen Dynastie der Konradiner gelang es 911, ihren Protagonisten Konrad als König durchzusetzen und damit die karolingische Führung auch faktisch zu beenden. Doch Konrad wurde weder der inneren Auflösungserscheinungen noch der äußeren Gefahren