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Im Buch Von Hunden und Menschen geht es um die Rolle des Hundes in unserer Gesellschaft und die Anforderungen, die wir an ihn stellen. Es geht darum, wie wir im Spannungsfeld zwischen Hundeliebhabern und dem Rest der Gesellschaft zu einem friedlichen Zusammenleben kommen. Hunde und Menschen können zu einem wundervollen Team werden, wenn wir uns darauf einlassen.
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Seitenzahl: 97
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Vorwort
Der Wolf
Menschen und Hunde
Die Wahl unseres Hundes
Anforderungen an den Familienhund
Die Erziehung des Hundes
Seid nett zueinander
Neue Arbeitsfelder
Dieses Buch ist kein hundertelfter Erziehungsratgeber. Davon gibt es schon viele. Diesbezüglich bin ich auch kein Profi, auch wenn Hunde mich schon mein ganzes Leben lang begleiten. Auch 55 Jahre Hundeerfahrung machen aus einem Menschen keinen Kynologen. Dafür gibt es Hundeverhaltensforscher, Biologen, Hundetrainer.
Einer meiner Aufgaben ist die Ausbildung von Lehrkräften mit ihren Schulhunden, die pädagogisch tätig sind und somit als Multiplikatoren gelten für die Vermittlung von Wissen rund um den Hund für die Allgemeinheit. Dort begegnet mir eine große Bandbreite an Fachkunde, aber auch an falschen Erwartungen an unsere vierbeinigen Helfer.
Ich habe keine neue Erziehungsmethode erfunden, wie viele Hundetrainer das von sich glauben machen wollen. Ich habe auch nicht des Rätsels Lösung zu der Frage: Wie mache ich aus einem völlig unerzogenen Hund in wenigen Stunden einen Engel?
Des Rätsels Lösung gibt es auch nicht, sind doch unsere Hunde wie wir Besitzer Individuen. Verhaltensänderungen brauchen Zeit.
Wofür ich werbe, ist die Erwartungshaltung zu hinterfragen, mit der wir Hunde halten. Es werden immer mehr. Wir leben in einer Gesellschaft mit so vielen Hunden wie noch nie, und gleichzeitig sind es immer weniger Menschen, die tatsächlich mit Hunden in den Bereichen arbeiten, für die sie ursprünglich gezüchtet sind.
Die Bevölkerungsdichte nimmt zu und mit ihr die Hundedichte. 2021 lebten 34,7 Millionen Hunde in deutschen Haushalten. Dies geschah, wie man sich denken kann, nicht immer konfliktfrei. Vor allem in Städten, in denen man sich gar nicht ausweichen kann, wird die Situation dramatisch und äußert sich im Zorn aufeinander, auch in den Medien.
Für ein friedliches Zusammenleben wären Grundkenntnisse über unsere Vierbeiner, aber auch Empathie mit unseren Mitmenschen und Verständnis für deren Bedürfnislagen sinnvoll.
Einige Leser und Leserinnen werden die Nase rümpfen und entgegnen, es wären Selbstverständlichkeiten, die in diesem Buch niedergeschrieben sind. Dann gratuliere ich Ihnen. Doch ich muss leider entgegnen: Meine tägliche Erfahrung ist leider eine andere.
Wir müssen uns viel mehr mit den Bedürfnissen unserer Hunde, aber auch mit denen unserer Mitmenschen auseinandersetzen, wenn wir friedlich zusammenleben wollen.
Der Wolf ist weder des Menschen Freund noch Feind. Er ist ein Gefährte, mit dem wir die Wunder der Erde teilen.
L. David Mech
Dass der Hund vom Wolf abstammt, ist gemeinhin bekannt. Wir haben es alle in der Grundschule gelernt. Und doch scheint das, was wir wissen, so abstrakt, dass viele diese Erkenntnisse nicht auf ihre Hunde übertragen können. Was bedeutet das konkret?
Vorstellungen über Wölfe aus dem Grimm’schen Märchenschatz scheinen sich weit nachhaltiger in unsere Köpfe gefressen haben als die Erkenntnisse aus den Biologiebüchern.
Der Wolf ist ein Räuber, der metzelt und mordet in unseren Tierherden und schlachtet dort wahllos Tiere ab, so sind die Schlagzeilen. Blutrünstig zieht er durch unsere Medien. Wird die Bestie gesichtet, was selten genug vorkommt, erscheint der Wolf als Ungeheuer in den Medien. Im Grunde wartet er nur darauf, dass er eines unserer Schulkinder an der Bushaltestelle erwischt. Auf dieser Ebene laufen die Diskussionen. Der Wolf polarisiert.
Laut dem Nabui besteht die Nahrung des Wolfes tatsächlich aus 52 % Rehwild, 25 % Hirsch, 16 % Wildschwein, und man staune: aus 0,8 % Nutztieren. Der Rest entfällt auf Hasen, Damhirsch, Mufflon und sonstige. Die Zahlen aus anderen Ländern unterscheiden sich nur unwesentlich. Freilich sagt der Wolf, der bekanntermaßen keinen Spargel sticht, nicht nein zum gedeckten Buffet einer schlecht gesicherten Schafherde.
Der Mensch ist definitiv nicht auf seiner Speisekartezum Ärger der Jägerschaft aber das, was der Mensch an Wildtieren selbst essen möchte. Sicher ist, dass sich der Wolf die schwächeren Exemplare als Nahrung sucht, deren Jagd am wenigsten unfallträchtig ist: kranke und alte Tiere.
Aufgrund der Verbreitung der Wölfe muss sich der Mensch tatsächlich Gedanken machen um den Schutz seiner Weidetiere. Doch reicht das, um ein erneutes Bejagen zu rechtfertigen? Warum muss der Wolf seine Existenzberechtigung begründen?
Forschungen im Yellowstone Nationalpark zeigen, dass der Wolf sehr nützlich für ein gesundes biologisches Gleichgewicht ist. Er wirkt dort als stabilisierende Kraft. Man ist sich sicher: Durch den Wolf sind die Herden der Wapiti dort kleiner, stärker und gesünder.
Wölfe sind außergewöhnlich scheue Tiere. Sie lassen sich vertreiben, sie zeigen sich nur selten. Generell gehen Wölfe dem Menschen eher aus dem Weg.
In der Mythologie der nordamerikanischen Indianer ist der Wolf ebenfalls erwähnt. Viele amerikanische Ureinwohner verehrten den Wolf als Gründungsvater ihres Volkes. Die Ojibwe und andere Völker im Norden der USA und Kanada sehen im Wolf einen Bruder. Auch Inuit haben immer mit Wölfen zusammengelebt und tun es heute noch.
Während der Wolf, ein Dämonisiertes Tier, das als Nahrungskonkurrent des Menschen weitgehend ausgerottet war und sich erst in den letzten dreißig Jahren mühsam den Weg in unsere Wälder zurückerkämpft, um seine Existenzberechtigung ringen muss, gilt der Hund als der Retter in allen Lebenslagen. Der beste Freund des Menschen ist der Hund.
Wie kommt es zu diesem Spannungsfeld? Und wie vieles haben sie gemeinsam? Nun gibt es wenige Spezies, die man in solcher Variabilität im Laufe der Jahrhunderte verändert hat. Hunde haben sich in ihrem Exterieur oft weit von ihrem Urvater entfernt. Der Teacuppudel scheint kaum mehr Ähnlichkeiten mit dem Urahn zu haben. Oder doch?
Im Grunde seines Wesens ist auch der Hund ein Raubtier. Der Hund ist wie der Wolf ein Rudeltier. Beiden ist gemein: Sie sind sehr sozial und kooperativ. Wölfe gelten sogar als prosozialer als ihre Nachfahren, die Hunde, wenngleich sie nicht bereit sind, sich herumkommandieren zu lassen. Ein Hund lässt sich abrichten, ein Wolf nicht. Die Duldsamkeit, sich abrichten zu lassen, ist jedoch kein Zeichen von sozialer Intelligenz oder gar Kooperationsbereitschaft.
Hunde sind omnivore Carnivore, also Allesfresser. Sie fressen alles, was für sie auf irgendeine Weise verwertbar ist. Während sie sich dem Menschen anschlossen, lebten sie weitgehend von deren Nahrungsresten, was nicht heißt, dass Sie zur Jagd nicht fähig wären. Was diesen Punkt angeht, unterschätzen viele Menschen ihre vierbeinigen Mitbewohner maßlos.
Hierzu ein Beispiel:
Eines Abends sah ich unseren uralten wuscheligen Hauskater mit einem jungen Kaninchen im Maul durch den Vorgarten schleichen. Das Kaninchen schrie entsetzlich. Die Augen des Katers blitzten vor Mordlust. Noch lebte das arme Tier. Ich versuchte, ihm das hilflose Kaninchen abspenstig zu machen und holte Hilfe, weil mir das nicht gelingen wollte. Der sonst so zahme Kater ließ sich die Beute nicht abnehmen. Auch zu fünft konnten wir nicht verhindern, was der Kater vorhatte: Er spielte das in Todespanik schreiende Tier langsam zu Tode, vor unseren Augen. Er zeigte Schnelligkeit und Behändigkeit, Geschick und Grausamkeit des wilden Jägers, und zerrte seine Beute schließlich nach endlosen Minuten in ein Gebüsch, um sie auszuweiden.
Wenige Tage später huschte unser Altdeutscher Schwarzer Hütehund im Treppenhaus an mir vorbei. Er trug den inzwischen stinkenden Kadaverrest des Kaninchens im Maul. Im Trab wirkte er wie ein Wolf, der seine Beute vor mir sichert. Den Nacken eingezogen, das Rückenhaar aufgestellt, drängte er mit von mir abgewandten Kopf in den Wohnbereich. Er brachte den Kaninchenbalg unserer spielenden Tochter und legte ihn vor sie auf den weißen Schafwollteppich.
Er wollte ihn mit ihr teilen. Im Grundsatz war das Ansinnen ehrenhaft und zeigte sein fürsorgliches Wesen dem Kleinkind gegenüber. Der Kopf des Kaninchens war noch vollständig, man konnte es noch klar identifizieren an der Zeichnung der Ohren mit den hellen Spitzen. Der Leib war von der Katze bereits ausgeweidet worden, die Innereien herausgefressen. Es wimmelte von Maden und stank.
Ich schicke unseren Hund wieder in den Garten, woraufhin er den Kadaver aufnahm, um ihn im Freien vollständig zu fressen. Er fraß ihn mit Schädel und Fell und er ließ kein Haar übrig.
Man sieht an dieser Geschichte, dass weder die Katze, dieses sonst so sanfte und zartfühlende Tier, sich scheut zu töten, obwohl sie es wahrlich nicht nötig hatte.
Liebe Leser, ihnen wäre nicht anders als mir zu Mute gewesen, wenn ein Tier, das mit Ihnen in der Wohnung lebt, abends neben ihrem Sofa sitzt und ihr Kind ableckt, ein derartiges „Nahrungsmittel“ dem Trockenfutter im blinkenden, sauberen Futternapf vorzieht.
Auch die Katze hätte eine Dose geöffnet bekommen, wäre sie hereingekommen, um miauend um den Napf zu schleichen. Es war jedoch weit interessanter, sich auf die Jagd zu begeben. Der Kater ließ sich im Sommer manchmal tagelang nicht blicken. Er hielt sich auf den angrenzenden Wiesen und Feldern auf, um Mäuse zu jagen. Das ist seine Natur. Die Natur unserer Haustiere muss für uns weder appetitlich noch gnädig sein.
Nun vergessen viele, dass Hundefutter auch Fleisch enthält. Meist sind es Reste, die der Mensch nicht verwerten mag. Viele unserer Hunde scheuen sich auch nicht davor, andere Tiere zu töten. Sie tun es, ohne mit der Wimper zu zucken. Meine Hündin Lene tötete und fraß einen Hahn, ihre Vorgängerin holte sich Lämmer aus der Herde. Auch das ist Natur. Die Hunde aus der Schäferei fraßen nebenbei, was die Füchse übrigließen: Die Köpfe der Lämmer, die nachts getötet worden waren.
Die Hundefutterindustrie lässt sich hingegen immer wieder neues einfallen. Das teuerste Futter, das häufig schon den Fleischpreis menschlicher Nahrung übersteigt, ist ein industriell hergestelltes Produkt mit minderwertigen Resten und fragwürdigen Zusatzstoffen.
Manch ein Hundebesitzer kauft Fleisch von exotischen Tieren, das um die halbe Welt gekarrt wurde, aus Ländern, in denen die dortige Bevölkerung hungert, während bei uns die Landwirte keinen Absatz finden. Warum braucht ein Hund in Deutschland Fleisch vom afrikanischen Strauß, vom Gnu, Rentier oder vom Zebra? Hin und wieder stellt sich mir die Frage nach der ethischen Vertretbarkeit, auch angesichts der Klimakrise. Es grenzt an Perversion.
Gleichzeitig nimmt in Deutschland die Kinderarmut mehr und mehr zu. Während wir in den Kirchen Spenden sammeln, um den Kindern der angrenzenden Förderschule ein Frühstück zu ermöglichen, treffe ich Hundehalter in der Futtermittelabteilung eines Kaufhauses.
Man scheut sich nicht, für den Vierbeiner getrocknete Schweineohren zu erwerben, die einzeln so viel kosten wie ein Laib Brot. Es handelt sich hierbei um ein Abfallprodukt unserer Lebensmittelindustrie, das zudem noch unter furchtbaren Bedingungen produziert wurde. Wo bleibt da die Ethik?
Wir stellen in unserer Ethik eine Rangfolge der Tiere auf: Der Hund und unsere Haustiere stehen an oberster Stelle. Dann kommt das Nutztier. Es hat kaum Rechte an Wohlergehen, aber seine Lebensberechtigung ist durch den wirtschaftlichen Nutzen definiert. Schließlich kommen Wildtiere, die dem Menschen nützlich sind, und an unterster Stelle kommt der Wolf.
Diese Rangfolge treibt absurde Blüten. Einem Schwein mit 200 Kilogramm Körpergewicht steht gerade mal 1 qm zu. Einem großen Hund werden immerhin 10 qm zugestanden. Das zeigt seine Stellung. Eine sachliche Begründung gibt es hierfür nicht, allenfalls eine pekuniäre- denn unsere Politiker sind stets von Interessen der Wirtschaft, in diesem Fall der Landwirtschaft gesteuert.
Gleichzeitig gibt es in unserer Gesellschaft Kosmetiksalons für Hunde. Dort wird shampooniert und das Fell gefärbt, toupiert und gezupft. Es gibt Serien von Hundeparfüms und Nagellacke für den Hund. In den USA wird das noch überboten. Kastrierten Rüden werden Hoden aus Silikon eingesetzt, um dem Männlichkeitswahn des Besitzers gerecht zu werden. Einen Artgenossen täuscht der Kastrat hierbei nicht.
Der alte Schäfer würde sich an die Stirn tippen. Ihm war klar, dass Kosmetik für Hunde eine Qual ist, obwohl er nie gelernt hat, dass eine Hundenase 125 Millionen Riechzellen hat, der Mensch hingegen nur 5 Millionen. Da der Hund überein zusätzliches Geruchsorgan verfügt, das Jakobson`sche Organ, das sich im Gaumen befindet, kann kein Mensch sich im Ansatz vorstellen, was wir einem Hund damit antun, wenn wir ihn in eine künstliche Duftwolke stellen.
Was Hasso sich wünschen würde, wäre kein Rosenduft, sondern Aasgeruch, Schafsdung oder Kuhfladen. Aber das möchten Sie, lieber Leser, nicht in der Wohnung haben.
Viele romantisieren die Natur und das Leben in Freiheit. Unsere Hunde könnten uns wieder den Weg zur Natur weisen, doch lassen wir das zu?