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Milans Welt ist für ihn ganz gewöhnlich. Aber irgendwie merkt er doch, dass sie anders ist, als die der Anderen. Und manchmal ist das alles ziemlich verwirrend. Ein aufgeschlossener Junge reflektiert über das Leben mit seinen Herausforderungen, denen sich noch lange nicht alle kleinen Menschen stellen müssen. Die Erklärungen, die er für sein Verhalten und das der anderen findet, verblüffen dabei auch Erwachsene.
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Seitenzahl: 39
Vorwort
Regentropfenrennen
Kopf-Bauchschmerzen
Gesichterlesenlernen
stark, robust und süß?
Menschen wie Vulkane
Vom Vergessen wichtiger Dinge
Zeitempfinden
Sollen und Wollen
Fragen über Fragen
Das spinnenhafte Lesezeichen
E wie Energie durch Essen
Zwischenfall
Muscheltauchen
Zu laut, zu bunt, zu viel
Nachwort - Was ist Autismus?
Dieses Buch kommt aus der Tiefe meines Herzens. Nicht zuletzt entstand der Drang durch den vermissten Arian. Ich bete und hoffe, dass das Wunder geschieht und es Arian nach dem größten Abenteuer seines Lebens gut geht und seine Eltern wieder aufatmen und leben können. Aber dieser Fall hat mich so sehr mitgenommen, dass ich weinen musste... warum? Mein Sohn war 4 Jahre alt, als er sich anzog und einfach ging. Mein Mann hatte noch geschlafen und ich war auf Toilette. In nicht mal 10 Minuten war er schon über 2 Kilometer den Feldweg, der von unserem Haus wegführt, gelaufen. Die Panik war sofort wieder da.
Und dann waren es noch die Einschätzungen diverser 'Autismusexperten', die mich neben der Trauer auch wütend gemacht haben. Autismus ist ein Spektrum und doch wird es sehr oft sehr einseitig beleuchtet.
Kennt man einen Autisten, dann kennt man einen. Es sind ja auch Menschen, die sich voneinander unterscheiden und einzigartig sind. Ja, manche Dinge sind anders, als es die meisten von sich kennen, aber nicht jeder tickt automatisch gleich.
In diesem Buch geht es um die Welt aus Sicht eines autistischen Kindes. Natürlich ist Milan zum Großteil von meinem autistischen Sohn inspiriert, aber Milan ist nicht mein Sohn. Milan ist auch von den Jugendlichen, den Erwachsenen inspiriert, die ich aus dem Spektrum kennenlernen konnte. Und Milan soll zeigen, dass auch ein autistisches Kind in erster Linie Kind und Mensch ist. Es sind Beispiele, die zeigen sollen, dass die Welt für jeden seine eigene Logik hat, seine eigenen Herausforderungen bietet, seine schönen Momente hat und seine traurigen, schwierigen.
Es ist ein Buch, das die Normalität der Autismusspektrumstörung abbilden soll. Ein Buch, in dem sich vielleicht - hoffentlich - Betroffene wiederfinden.
Es ist ein Buch, dass es den anderen, neurotypischen Angehörigen ermöglichen soll die oft als anstrengend empfundenen Besonderheiten der Menschen aus dem Spektrum nachzuvollziehen. Vielleicht hilft es Erziehern, Lehrkräften, Therapeuten, Mitschülern oder Eltern nach Diagnosestellung.
Vielleicht hilft es, wenn Ratlosigkeit sich breit macht. Vielleicht macht es Mut. Ich hoffe, dass es zeigt, dass wir uns alle doch sehr ähnlich sind - ob nun neurotypisch oder neurodivergent - weil wir versuchen aus unserem Mikrokosmos heraus andere Kosmen zu verstehen. Etwas, dass uns manchmal gelingt und manchmal eben auch nicht.
Milan sah den Regentropfen zu und verfolgte das Rennen um den zweiten Platz, nachdem der erste schon vor einiger Zeit im Ziel angekommen war. Mit seinen Eltern war er gern unterwegs. Solange es Regentropfen gab, die sich Rennen lieferten, oder er blaue, rote und silberne Autos zählen konnte. Solang er mit der Hand aus dem Fenster auf der Landstraße auf dem Wind surfen konnte, solange war die Autofahrt interessant. Nur abends mochte er nicht Autofahren und die Autobahn war ziemlich nervig, weil die Autos dann zu schnell vorbeizogen und es laut im Auto war.
Vor allem war es das Ziel, dass Milan in Vorfreude versetzte. Es ging in den Urlaub. Das Schönste daran, war gar nicht, dass sie weit wegfuhren. Das schönste war, dass seine Eltern Zeit hatten und entspannt waren. Das war das Beste am Urlaub. Aber natürlich freute er sich auch auf den großen, flachen See, Pommes und Nuggets so oft er wollte und die Kellnerin vom letzten Jahr, von der er hoffte, sie wiederzusehen. Er freute sich auf Regentage, denn dann würden Mama und Papa mit ihm im Pool der Hausanlage spielen und planschen und er würde ganz viel tauchen. Vielleicht würde Mama sogar wieder so schöne Bilder von ihm unter Wasser machen. Es gab so viele Dinge, auf die er sich freute. Auch auf die Brettspielabende, bei dem er, wie eigentlich immer, gewinnen würde und dann ganz schadenfroh ist. Er freute sich darauf, dass Mama endlich Zeit hatte an seiner Geschichte mit ihm weiterzuschreiben. Auf das Lesen üben freute er sich allerdings nicht. Das war einfach nur anstrengend und vor allem nervig. Alle anderen Kinder übten weniger und konnten besser lesen als er. Und schneller rechnen. Und schreiben. Er war langsam. Bei dem Gedanken daran wurde er wütend.