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Wer knappe, klare und anschauliche Informationen über die Geschichte der deutschen Marinen von der Bundesflotte von 1848 bis zur heutigen Deutschen Marine sucht, wird hier mit Sicherheit fündig. Das von Dr. Jann M. Witt, dem Historiker des Deutschen Marinebundes, verfasste Buch gibt einen prägnanten Überblick über die Geschichte der deutschen Marinen und des Marine-Ehrenmals in Laboe. Es basiert auf den Texten und Bildern der Ausstellung in der Historischen Halle des Marine-Ehrenmals. Das nunmehr bereits in dritter Auflage vorliegende Buch ist gleichsam als "Ausstellung zum Mitnehmen" gedacht – zum Nachlesen, zum Wiederlesen und Vertiefen. Es soll Interesse wecken für die deutsche Marinegeschichte – und damit auch für die deutsche Geschichte.
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Seitenzahl: 183
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Jann M. Witt
Von Schwarz-Rot-Goldzu Schwarz-Rot-Gold
Eine kurze Geschichte der deutschen Marinen von 1848 bis heute
Herausgegeben vomDeutschen Marinebund e.V.
Von Schwarz-Rot-Gold zu Schwarz-Rot-Gold
Eine kurze Geschichte der deutschen Marinen von 1848 bis heute
Herausgegeben vom Deutschen Marinebund e.V.
4., durchgesehene, aktualisierte und erweiterte Auflage
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Alle Rechte vorbehalten.
Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen schriftlichen Zustimmung des Deutschen Marinebundes. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen,
Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.
E-Book im Elsengold Verlag, 2021
© der Originalausgabe:
Deutscher Marinebund e. V., Laboe, 2020
Palmedia Publishing Services GmbH, Berlin, 2020
Lizenzausgabe für den Elsengold Verlag, Berlin
Alle Abbildungen: Deutscher Marinebund e.V.
Umschlaggestaltung: Felgner & Zierke, Berlin
Titelbilder: Die Fregatte GEFION (oben) / Einsatzgruppenversorger (EGV) der BERLIN-Klasse (unten) / Die GORCH FOCK, das Segelschulschiff der Deutschen Marine (S. 2)
ISBN 978-3-96201-102-4 (epub)
ISBN 978-3-944594-88-0 (print)
Besuchen Sie uns im Internet: www.elsengold.de
Die Anfänge der Deutschen Marine 1848–1852
Die Vorgeschichte
Der Wiener Kongress
Der Deutsche Bund
Frühe Flottenpläne
Die Revolution von 1848
Die Schleswig-Holsteinische Erhebung
Die Gründung der Reichs- oder Bundesflotte
Prinz Adalberts Gedenkschrift
Der Aufbau der Bundesflotte
Das Gefecht von Helgoland 1849
Die Schleswig-Holsteinische Flottille
Das Ende der ersten gesamtdeutschen Marine
Die Bundesflotte und die Deutsche Marine
Von der Preußischen zur Kaiserlichen Marine 1848–1871
Die Gründung der Preußischen Marine
Der Deutsch-Dänische Krieg
Das Gefecht vor Helgoland
Der Deutsche Krieg
Die Seeschlacht von Lissa
Die Marine des Norddeutschen Bundes
Der Krieg gegen Frankreich 1870/71
Die Gründung des Deutschen Reichs
Bismarcks Außenpolitik
Die Kaiserliche Marine
Die Anfänge der Kaiserlichen Marine 1871–1897
Die Ära Stosch
Die Rolle der Kaiserlichen Marine
Der technische Wandel im Marineschiffbau
Die Entwicklungen in der Waffentechnik
Der personelle Ausbau der Marine
Das Ende der Ära Stosch
Die Ära Caprivi
Die »Jeune École«
Das deutsche Kolonialreich
Die Seebataillone der Kaiserlichen Marine
Kaiser Wilhelm II. und die Marine
Die Entlassung Bismarcks
Kaiser Wilhelm II. als Oberbefehlshaber der Marine
Die Dienstschrift IX
Alfred Thayer Mahan und der Navalismus
Der Nord-Ostsee-Kanal
Die Flottenrüstung unter Tirpitz 1897–1914
Tirpitz wird Staatssekretär im Reichsmarineamt
Die Risikotheorie und der Flottenbau
Das 1. Flottengesetz
Das 2. Flottengesetz
Das deutsch-britische Marinewettrüsten
Das Deutsche Reich gerät in die außenpolitische Isolation
Der Dreadnought-Sprung
Das Wettrüsten verschärft sich
Der Weg in den Krieg
Der Erste Weltkrieg 1914–1918
Die Lage bei Kriegsausbruch
Der Krieg zu Land
Das Marinekorps Flandern
Der Krieg zur See
Der Seekrieg in der Nordsee
Das Gefecht vor Helgoland
Der Angriff auf Hartlepool, Scarborough und Whitby
Das Doggerbank-Gefecht
Die Mittelmeer-Division
Das Ostasiengeschwader
Die Deutschen Auslandskreuzer
Der Einsatz der Hilfskreuzer
Marineluftschiffe und Seeflieger
Der Minenkrieg
Der Seekrieg in der Ostsee
Der Einsatz der U-Boote
Der uneingeschränkte U-Boot-Krieg
Die Skagerrakschlacht
Die Wiederaufnahme des uneingeschränkten U-Boot-Kriegs
Die Flottenunruhen des Jahres 1917
Das Unternehmen Albion
Meuterei, Revolution und Niederlage
Scapa Flow und Versailles
Zwischenkriegszeit 1919–1939
Die Weimarer Republik
Von der Vorläufigen Reichsmarine zur Reichsmarine
Die Reichsmarine
Das Bild der Reichsmarine in der Öffentlichkeit
Das Washingtoner Flottenabkommen
Geheime Rüstungsprojekte und die Lohmann-Affäre
Die Entwicklung der Panzerschiffe
Die Panzerkreuzer-Debatten
Die Planungen zur Wiederaufrüstung der Marine
Der Untergang der NIOBE
Die Nationalsozialisten kommen an die Macht
Von der Reichsmarine zur Kriegsmarine
Das deutsch-britische Flottenabkommen
Die deutsche Flottenrüstung
Der Einsatz im spanischen Bürgerkrieg
Das Heye-Memorandum und der Z-Plan
Der Zweite Weltkrieg 1939–1945
Der Beginn des Zweiten Weltkriegs
Die Rolle der Kriegsmarine
Der Einsatz und die Selbstversenkung der ADMIRAL GRAF SPEE
Die Besetzung Norwegens und Dänemarks
Der U-Boot-Krieg
Der Seekrieg in der Ostsee
Die Hilfskreuzer
Die Schnellboote
Die Sicherungsverbände
Das Unternehmen RHEINÜBUNG
Der Kriegseintritt der USA
Das Unternehmen CERBERUS
Das Schicksal der schweren Schiffe
Die Wende des Kriegs
Die Wende im U-Boot-Krieg
Operation OVERLORD – die alliierte Landung in der Normandie
Der Widerstand gegen den Nationalsozialismus
Die Kriegsmarine und das NS-Regime
Die Ostsee wird Kriegsgebiet
Die sowjetische Januar-Offensive
Die Flucht über die Ostsee
Die Versenkung der WILHELM GUSTLOFF
Das Unternehmen Rettung
Das Ende des Zweiten Weltkriegs
Der Neubeginn 1945–1955
Das Kriegsende
Der Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozess
Der Minenräumdienst
Der Beginn des Kalten Krieges
Die Gründung der beiden deutschen Staaten
Die Wiederaufrüstung in Ost- und Westdeutschland
Das Naval Historical Team
Der NATO-Beitritt der Bundesrepublik
Die Gründung des Warschauer Paktes
Bundesmarine und Seestreitkräfte der DDR 1956–1989
Bundesmarine
Die Gründung der Bundesmarine
Der Aufbau der Bundesmarine
Das schwere Erbe der Kriegsmarine
Die Aufgaben der Bundesmarine
Die GORCH FOCK – Botschafterin in Weiß
Der Untergang des U-Bootes HAI
Die Bundesmarine in den 1960er-Jahren
Die STARFIGHTER-Krise
Die Bundesmarine in den 1970er-Jahren
Die Modernisierung der Flotte
Die Bundesmarine als NATO-Partner
Die »Grüne Marine«
Kampfschwimmer und Minentaucher
Seestreitkräfte der DDR
Die Gründung der DDR-Seestreitkräfte
Das Verhältnis der DDR-Seestreitkräfte zur Kriegsmarine
Die Umbenennung der Seestreitkräfte der NVA in Volksmarine
Die Volksmarine in den 1960er-Jahren
Die Volksmarine in den 1970er- und 1980er-Jahren
Der Weg zur deutschen Wiedervereinigung
Der Zusammenbruch des Ostblocks
Die deutsche Wiedervereinigung
Welt im Wandel – Marine im Wandel: Die Deutsche Marine seit 1990
Die Marine nach der deutschen Wiedervereinigung
Die Golfkrise und der Einsatz im Persischen Golf
Das Ende des Kalten Kriegs
Der Adriaeinsatz SHARP GUARD
Die Marinefliegergeschwader
Die »Partnerschaft für den Frieden«
Der Einsatz in Somalia
Die Auslandseinsätze der Bundeswehr
Das Minenräumen in der Ostsee
Der Hilfseinsatz an der Oder und der Flugzeugabsturz vor Namibia
Die Einsatzgruppenversorger
Die Typstützpunkte
Die erste NATO-Osterweiterung
Frauen in der Bundeswehr
Die Operation ENDURING FREEDOM
Der zweite Irak-Krieg
Die Spezialisierten Einsatzkräfte der Marine
Die Transformation der Bundeswehr
Die zweite NATO-Osterweiterung
Der Hilfseinsatz in Indonesien
Von der Typ- zur Einsatzflottille
Die Operation UNIFIL
Die Korvette der Klasse 130
Die Operation ATALANTA
Die Neuausrichtung der Bundeswehr
Die Vernichtung syrischer Chemiewaffen
Die Operation SOPHIA
Die Deutsche Marine heute
Deutschland und die See heute
Die maritime Abhängigkeit der Bundesrepublik
Handelsschifffahrt und Häfen
Die maritime Wirtschaft
Seesicherheit und maritimes Bewusstsein
Der 11. September 2001
Die Rolle der Marine
Die Aufgaben der Deutschen Marine
Deutsche Küsten in Gefahr
Die Überwachung des Seeraums
Das Marine-Ehrenmal in Laboe
Deutschland nach dem Ersten Weltkrieg
Die Idee zur Errichtung eines Marine-Ehrenmals
Die Grundsteinlegung des Marine-Ehrenmals
Der Bau des Marine-Ehrenmals
Das Marine-Ehrenmal und das NS-Regime
Das Marine-Ehrenmal nach 1945
Die Rückgabe des Marine-Ehrenmals 1954
Das Technische Museum U 995
Das Marine-Ehrenmal erhält eine neue Widmung
Das Marine-Ehrenmal heute
Der Deutsche Marinebund
Die Gründung des Deutschen Marine-Bundes
Zweiter Weltkrieg und Nachkriegszeit
Der Deutsche Marinebund heute
Die Ziele des Deutsche Marinebundes
Der Deutsche Marinebund und das Marine-Ehrenmal in Laboe
Weiterführende Literatur
Dieses Buch gibt einen kurzen Überblick über die Geschichte der deutschen Marinen und des Marine-Ehrenmals in Laboe. Es basiert auf den Texten der Dauerausstellung in der Historischen Halle des Marine-Ehrenmals in Laboe und wurde von Dr. Jann M. Witt, dem Historiker des Deutschen Marinebundes, auf der Grundlage des aktuellen Stands der Marinegeschichtsforschung verfasst. Dieses Buch ist dabei gleichsam als »Ausstellung zum Mitnehmen« gedacht – zum Nachlesen, zum Wiederlesen und zum Vertiefen. Es soll Interesse wecken für die deutsche Marinegeschichte – und damit auch für die deutsche Geschichte.
Das Marine-Ehrenmal ist das ideelle und emotionale Zentrum des Deutschen Marinebundes (DMB). Seit der Erbauung ist der DMB der alleinige Eigentümer dieser weltweit einmaligen Gedenkstätte. Der DMB unterhält das Marine-Ehrenmal ohne regelmäßige staatliche Unterstützung weitgehend aus eigenen Mitteln.
Das zwischen 1927 und 1936 gebaute Marine-Ehrenmal war ursprünglich als Gedenkstätte für die Gefallenen der Kaiserlichen Marine im Ersten Weltkrieg errichtet worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es zu einer Gedenkstätte für die auf See Gebliebenen aller Nationen. Heute ist das Marine-Ehrenmal eine nationale Gedenkstätte mit internationalem Charakter und zugleich die offizielle Gedenkstätte der Deutschen Marine.
Die Dauerausstellung in der Historischen Halle macht deutlich, dass es im Marine-Ehrenmal nicht um Heldenverehrung, sondern um die Erinnerung an die Opfer zweier Weltkriege geht, wobei sowohl der deutschen, als auch der alliierten Kriegstoten gedacht wird. Zugleich ist das Marine-Ehrenmal die offizielle Gedenkstätte der Deutschen Marine. Die Besucher sollen über die Geschichte des Marine-Ehrenmals und dessen besondere Rolle unter den deutschen Gedenkstätten sowie über die Grundzüge der deutschen Marinegeschichte informiert werden.
Die Geschichte der deutschen Marinen ist auf das engste mit der deutschen Geschichte des 19. und 20. Jahrhunderts verknüpft. Anders als die meisten europäischen Staaten hat Deutschland während der letzten 160 Jahre nicht nur eine Marine besessen, sondern gleich acht Marinen: Angefangen mit der Reichsflotte von 1848 (die oft – nicht ganz korrekt – auch als Bundesflotte bezeichnet wird) über die preußische Marine, die Marine des Norddeutschen Bundes, die Kaiserliche Marine, die Reichsmarine, die Kriegsmarine bis hin zur Volksmarine und der Marine der Bundesrepublik Deutschland, die seit der Wiedervereinigung kurz Deutsche Marine heißt. Die Ausstellung und dieses Buch zeigen dabei im Sinne einer kritischen Auseinandersetzung die Höhen und Tiefen, die Kontinuitäten und Diskontinuitäten der deutschen Marinegeschichte.
Das Marine-Ehrenmal ist heute eine Gedenkstätte von nationaler und internationaler Bedeutung, die sich als Erinnerungs- und Lernort mit der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts bewusst auseinandersetzt. Auch in Zukunft wird das Marine-Ehrenmal ein lebendiges Denkmal bleiben. Dies ist das Ziel des Deutschen Marinebundes. Ich bitte Sie, uns dabei zu unterstützen, dieses weltweit einzigartige Mahnmal für die kommenden Generationen zu bewahren – sei es durch eine Spende oder durch Ihre Mitgliedschaft im Deutschen Marinebund, der größten maritimen Vereinigung Deutschlands.
Heinz Maurus
Präsident des Deutschen Marinebundes e.V.
Im Revolutionsjahr 1848 wird mit der Bundesflotte die erste gesamtdeutsche Marine gegründet. Sie wird von der Frankfurter Nationalversammlung, dem ersten frei gewählten deutschen Parlament, kontrolliert und führt die schwarz-rot-goldene Flagge.
Das Scheitern des ersten Versuches der Gründung eines deutschen Nationalstaates bedeutet auch das Ende der Bundesflotte.
Bis in das 19. Jahrhundert hinein gibt es keine (gesamt-)deutsche Marine. Weder die mittelalterliche Hanse noch die brandenburgische Marine im 17. Jahrhundert können als direkte Vorgänger der späteren deutschen Marinen angesehen werden.
Die Hanse entsteht in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts aus Zusammenschlüssen deutscher Kaufleute, die im Fernhandel tätig sind. Um die Mitte des 14. Jahrhunderts übernehmen die von Großkaufleuten dominierten Städte die führende Rolle innerhalb der Hanse, die sich am ehesten als ein lockerer Zusammenschluss deutscher Kaufmannsstädte mit ähnlichen, wenn auch nicht identischen Handelsinteressen beschreiben lässt. Die Eckpunkte des hansischen Handels bilden die vier Hansekontore in London, Brügge, Bergen und Nowgorod, zwischen denen die Warenströme hin und her fließen. Zwar sind die Hansestädte im Fall militärischer Auseinandersetzungen in der Lage, beachtliche Flottenverbände aufzustellen, doch gilt das Interesse der Hansestädte allein der Verteidigung ihres Seehandels und ihrer wirtschaftlichen Privilegien und nicht der Durchsetzung von Seeherrschaft. Im 15. Jahrhundert beginnt der allmähliche politische und wirtschaftliche Niedergang der Hanse. Im 17. und 18. Jahrhundert unterhalten die Hansestädte Hamburg, Lübeck und Bremen einige Kriegsschiffe, doch dienen auch diese sogenannten »Convoyschiffe« ausschließlich dem Schutz des Seehandels vor Piraten und feindlichen Angriffen.
Von den frühneuzeitlichen deutschen Territorialstaaten beginnt nur Brandenburg während der Herrschaft von Kurfürst Friedrich Wilhelm (1648–1688) mit dem Aufbau einer kleinen Marine. Doch der Versuch, Brandenburg zu einer See- und Kolonialmacht nach englischem oder niederländischem Vorbild zu erheben, scheitert an den mangelnden Ressourcen des kleinen Landes. Nach 1715 verfällt die brandenburgisch-preußische Flotte, da alle Mittel für den Aufbau des Heeres eingesetzt werden.
Die deutsche Marinegeschichte beginnt dementsprechend erst im Jahre 1848 mit der Gründung der sogenannten »Bundesflotte«, der ersten gesamtdeutschen Marine.
Nach der Niederlage Napoleons schafft der Wiener Kongress 1815 eine neue Ordnung in Europa, die bis zum Ersten Weltkrieg die europäische Politik bestimmt.
Ziel ist die Restauration, die Wiederherstellung des politischen Zustandes vor Beginn der Französischen Revolution 1789. Dies gilt auch für die deutschen Länder. Doch weder die freiheitlich-liberale Bewegung noch die Hoffnung auf die Gründung eines deutschen Nationalstaates können dauerhaft unterdrückt werden.
Das 1806 aufgelöste Heilige Römische Reich Deutscher Nation wird nicht wieder errichtet. An seine Stelle tritt der 1815 gegründete Deutsche Bund als Konföderation souveräner Staaten. Die Könige von Großbritannien, Dänemark und der Niederlande werden ebenfalls Mitglieder des Deutschen Bundes, da zu ihren Herrschaftsgebieten auch deutsche Territorien zählen. Von Anfang an wird der Deutsche Bund von der Rivalität Preußens und Österreichs um die Vormachtstellung in Deutschland belastet.
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlebt der Seehandel der deutschen Länder als Folge der beginnenden Industrialisierung einen ersten großen Aufschwung. Von den Mitgliedsstaaten des Deutschen Bundes verfügen aber nur Großbritannien, Dänemark und die Niederlande über größere Flotten zum Schutz des Seehandels. Von den deutschen Staaten besitzen lediglich Österreich und Preußen Seestreitkräfte. Die österreichische Flotte ist in der Adria stationiert, während die 1815 gegründete preußische Marine lediglich über eine geringe Zahl von Ruderkanonenbooten in der Ostsee verfügt.
Nach dem Ende der napoleonischen Kriege baut Preußen eine kleine Küstenflotte auf, die aus einigen ehemaligen schwedischen Kanonenbooten und einem bewaffneten Schoner besteht. Auch die schwedischen Marineoffiziere Diedrich Johann Longé und Henry Murck treten in preußische Dienste über; sie bleiben bis 1843 die einzigen preußischen Seeoffiziere. 1844 wird die Segelkorvette AMAZONE in Dienst gestellt. Sie dient als Schulschiff für die Navigationsschule in Danzig, ist aber Kriegsschiff ausgerüstet und fährt unter der preußischen Kriegsflagge. Diese ist als Doppelstander ausgeführt und zeigt in der Mitte den preußischen Adler sowie das Eiserne Kreuz in der Gösch (linkes Obereck). 1847 wird die AMAZONE in die preußische Kriegsflotte übernommen. Als erstes größeres preußisches Kriegsschiff erhält sie später den liebevollen Beinamen »Großmutter der deutschen Flotte«. Im gleichen Jahr wird auch ein preußisches Marinecorps gegründet.
Nach 1815 werden immer wieder Stimmen laut, die den Aufbau deutscher Seestreitkräfte fordern. So regt beispielsweise der badische Gesandte in der Bundesversammlung nach Übergriffen tunesischer Piraten auf deutsche Handelsschiffe die Errichtung einer deutschen Flotte an – allerdings ohne Erfolg. In den 1840er-Jahren beginnt erneut eine Diskussion über die Notwendigkeit einer deutschen Flotte. Es erscheinen zahlreiche Schriften, die deutsche Seestreitkräfte zum Schutz des Seehandels fordern.
Anfang 1848 löst die Februarrevolution in Frankreich einen politischen Flächenbrand aus, der fast den gesamten europäischen Kontinent erfasst. Der revolutionäre Funke springt auch auf die Staaten des Deutschen Bundes über, wo die national-liberale Bewegung trotz aller Unterdrückungsversuche lebendig geblieben ist. Es kommt zur Erhebung der bürgerlich-demokratischen und nationalen Kräfte gegen die monarchisch-konservativen Regierungen im Deutschen Bund.
Am 18. Mai 1848 tritt in der Frankfurter Paulskirche mit der Nationalversammlung das erste frei gewählte gesamtdeutsche Parlament zusammen. Es soll über eine freiheitliche Verfassung für einen zu schaffenden deutschen Nationalstaat beraten. Nach dem Willen der Parlamentarier soll der Deutsche Bund als Fürstengemeinschaft durch ein neu zu gründendes Deutsches Reich ersetzt werden.
Im Juni löst sich die Bundesversammlung des Deutschen Bundes auf. Zugleich schafft die Frankfurter Nationalversammlung die sogenannte »Zentralgewalt« als provisorische Reichsregierung. Doch das Vorhaben einer nationalen Einigung scheitert letztlich an der politischen Spaltung der Abgeordneten und am Widerstand der deutschen Fürsten.
Die von Frankreich ausgehende Revolutionsbewegung bringt auch den seit Langem schwelenden Konflikt zwischen den nationalen Bewegungen Dänemarks und Schleswig-Holsteins zum offenen Ausbruch. Der wesentliche Streitpunkt ist die Frage, ob Schleswig Teil des dänischen Nationalstaates werden oder zusammen mit dem zum Deutschen Bund gehörigen Holstein einem noch zu bildenden deutschen Nationalstaat angehören soll.
Doch die Entscheidung über die zukünftige Zugehörigkeit Schleswig-Holsteins fällt nicht in den Parlamenten, sondern auf dem Schlachtfeld und durch die internationale Diplomatie. Als Reaktion auf die Berufung einer national-liberalen Regierung in Kopenhagen wird in der Nacht vom 23. zum 24. März 1848 in Kiel eine »Provisorische Regierung« gebildet, die sogleich verkündet, sich der deutschen Einheitsbewegung anschließen zu wollen. Die Dänen betrachten die »Erhebung« der Schleswig-Holsteiner als Aufruhr und reagieren mit einer militärischen Intervention.
Im März 1848 beginnt der erste deutsch-dänische Krieg. Die Schleswig-Holsteiner erhalten militärische Unterstützung durch Truppenkontingente des Deutschen Bundes. Zunächst greifen hannoversche und kurz darauf auch preußische Truppen in den Kampf ein. Zusammen mit der schleswig-holsteinischen Armee stoßen sie bis nach Jütland vor.
Ungeachtet des spektakulären Sieges schleswig-holsteinischer Küstenbatterien über ein dänisches Geschwader bei Eckernförde am 5. April 1849, bei dem die Fregatte GEFION erobert und das Linienschiff CHRISTIAN VIII. vernichtet wird, endet der Krieg 1851 mit der Niederlage der Schleswig-Holsteiner, nachdem Preußen bereits 1849 auf Druck der europäischen Großmächte aus dem Krieg gegen Dänemark ausgeschieden ist und den Schleswig-Holsteinern die militärische Unterstützung entzogen hat.
Bei Beginn des ersten deutsch-dänischen Krieges im Frühjahr 1848 nimmt die dänische Flotte die Blockade der deutschen Küsten auf. Da die norddeutschen Küstenstaaten nur über geringe Seestreitkräfte verfügen und sich die in der Adria stationierte österreichische Marine infolge der revolutionären Ereignisse in Italien in Aufruhr befindet, besitzt Dänemark die unangefochtene Seeherrschaft in der Nord- und Ostsee. Dadurch kommt der schutzlose deutsche Seehandel fast völlig zum Erliegen. Allein in den ersten Tagen nach Kriegsausbruch bringen die Dänen mehr als 50 deutsche Handelsschiffe auf.
Dies lässt den Ruf nach einer deutschen Marine laut werden, der sich bald zu einer wahren Flottenbegeisterung steigert. Am 14. Juni 1848 setzt die Frankfurter Nationalversammlung einen Beschluss der Bundesversammlung um und bewilligt die Gelder für den Aufbau der Reichsflotte genannten ersten (gesamt-)deutschen Marine, die oft auch unzutreffend als Bundesflotte bezeichnet wird. Sie führt die schwarz-rot-goldene Flagge mit dem doppelköpfigen Reichsadler in der Gösch (linkes Obereck der Flagge). Parallel dazu beginnt auch Preußen 1848 mit dem Aufbau einer modernen Seestreitmacht.
Die neu gebildete Reichsregierung überträgt dem Handelsminister, dem Bremer Senator Arnold Duckwitz, einem energischen Marinebefürworter, die Leitung der Flotte. Eine seiner ersten Maßnahmen ist die Einberufung einer Technischen Marinekommission unter der Leitung Prinz Adalberts von Preußen, eines ausgewiesenen Marinefachmanns. In seiner Denkschrift über die Bildung einer deutschen Flotte skizziert Prinz Adalbert 1848 drei verschiedene Flottenmodelle:
eine defensive Küstenverteidigungsmarine (ausschließlich Ruderkanonenboote),
eine für eine offensive Verteidigung und Handelsschutz ausgelegte Marine (Ruderkanonenboote und Fregatten),
eine selbstständige Seemacht nach britischem oder französischem Vorbild (Ruderkanonenboote, Fregatten und Linienschiffe).
Prinz Adalbert selber tritt für die zweite Lösung ein, da eine vorwiegend aus Fregatten bestehende Flotte die großen Seemächte im Gegensatz zu einer aus Linienschiffen bestehenden Schlachtflotte nicht herausfordern, die zukünftige deutsche Marine aber zu einem geeigneten Bündnispartner für diese machen würde.
Trotz vieler Widrigkeiten nimmt der Aufbau der ersten gesamtdeutschen Marine allmählich konkrete Formen an. Zum Oberbefehlshaber wird Karl Rudolf Bromme, genannt »Brommy«, ernannt, der mehr als 20 Jahre lang als Offizier in der griechischen Marine gedient hat.
Unter seiner Führung erreicht die sogenannte Bundesflotte schließlich eine Gesamtstärke von 27 Ruderkanonenbooten für den Küstenschutz und zwölf größeren Kriegsschiffen, von denen die meisten Dampfschiffe sind.
Die preußischen Seestreitkräfte verbleiben hingegen aufgrund der politischen Spannungen zwischen Preußen und der Frankfurter Zentralgewalt unter preußischem Befehl.
Am 4. Juni 1849 trifft ein deutsches Geschwader unter dem Befehl von Kommodore Brommy nahe dem damals britischen Helgoland auf die dänische Segelkorvette VALKYRIEN. Um diplomatische Auseinandersetzungen mit Großbritannien zu vermeiden, bricht Brommy das für die deutschen Schiffe günstig verlaufende Gefecht vorzeitig ab und zieht sich zurück. Dies bleibt der einzige Vorstoß der Bundesflotte.
Schiffe der Bundesflotte unter der schwarz-rot-goldenen Flagge
Kurz darauf weist die britische Regierung in einer Note darauf hin, dass ihr die schwarz-rot-goldene Flagge unbekannt sei. Tatsächlich hat es die deutsche Regierung versäumt, Großbritannien die neue Flagge anzuzeigen, die daher nur von einigen kleineren Staaten, aber nicht von der größten Seemacht der Welt anerkannt wird. Um außenpolitische Verwicklungen zu vermeiden, bleibt die Bundesflotte in der Folgezeit untätig vor Anker liegen.
Auch die Schleswig-Holsteiner beginnen nach dem Ausbruch des Krieges gegen Dänemark mit dem Aufbau eigener Seestreitkräfte. Die kleine, hauptsächlich aus Ruderkanonenbooten bestehende Flottille kann gegen die weit überlegene dänische Flotte einige Erfolge erringen.
Vor allem zeichnet sich die Schleswig-Holsteinische Flottille aber durch technische Innovationen aus. Mit dem Einsatz des dampfgetriebenen Schraubenkanonenbootes VON DER TANN, das wegen seiner Antriebsanlage zu den modernsten Kriegsschiffen seiner Zeit zählt, und dem Bau des BRANDTAUCHER genannten ersten prinzipiell funktionsfähigen U-Bootes weist sie weit in die Zukunft des Seekriegswesens. Nach der Niederlage gegen Dänemark 1851 wird die Schleswig-Holsteinische Flottille aufgelöst.
Obgleich die Schleswig-Holsteiner am Ende der dänischen Übermacht unterlegen sind, hat auch die dänische nationale Bewegung keinen wirklichen Sieg errungen. Statt der Eingliederung des Herzogtums Schleswig in das Königreich Dänemark erfolgt auf Druck der europäischen Großmächte die Wiederherstellung des dänischen Gesamtstaats. In den Londoner Protokollen von 1851/52 muss Dänemark völkerrechtlich verbindlich zusagen, auf einen Anschluss Schleswigs an das Königreich zu verzichten.
Die Fregatte GEFION. Das im Gefecht von Eckernförde am 5. April 1849 eroberte dänische Schiff wird zunächst als ECKERNFÖRDE von der Bundesflotte übernommen und nach deren Auflösung 1852 an die preußische Marine abgegeben, die es wieder unter seinem ursprünglichen Namen GEFION in Dienst stellt.
Mit der Ablehnung der deutschen Kaiserkrone durch König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen scheitert 1849 der erste Versuch, einen deutschen Nationalstaat zu schaffen. Stattdessen wird der Deutsche Bund wiederhergestellt. Doch die deutschen Staaten haben kein Interesse am Unterhalt einer teuren gemeinsamen Flotte.
Am 2. April 1852 beschließt der Deutsche Bundestag die Auflösung der Bundesflotte. Die Mannschaften und Offiziere, darunter auch der Oberbefehlshaber, Konteradmiral Karl Rudolf Bromme, werden entlassen, zwei der Schiffe an Preußen abgegeben und die übrigen Schiffe sowie die Ausrüstung 1852/53 nach und nach versteigert. Ein Teil des Personals wird von der österreichischen Marine übernommen.
Am 31. März 1853 wird der offizielle Auflösungsbefehl erlassen. Dies ist das Ende der Bundesflotte. Die preußische Marine besteht dagegen weiter.
Als gesamtdeutsche, vom Parlament kontrollierte, die schwarz-rot-goldene Flagge führende und von vornherein als bündnisfähig angelegte Seestreitmacht weist die Bundesflotte von 1848 zahlreiche Parallelen zur heutigen Deutschen Marine auf. Aus diesem Grund sieht sich die Deutsche Marine in der Tradition der Bundesflotte von 1848. Seit 1998 wird daher in Erinnerung an den Beschluss des Frankfurter Paulskirchenparlaments zur Aufstellung der Bundesflotte alljährlich der 14. Juni als Marinegeburtstag begangen.
Um die Traditionsanknüpfung an die erste gesamtdeutsche Marine zu unterstreichen, hat sich in der Deutschen Marine für diese ersten gesamtdeutschen Seestreitkräfte die Bezeichnung »Bundesflotte« etabliert, auch wenn diese eigentlich korrekterweise als »Reichsflotte« bezeichnet werden sollte.
Nicht die gesamtdeutsche Bundesflotte von 1848, sondern die gleichzeitig gegründete preußische Marine wird zum Vorläufer der späteren Kaiserlichen Marine. Ihre Aufgabe ist der Schutz der preußischen See- und Handelsinteressen. In den drei sogenannten Einigungskriegen, die 1871 zur Gründung des deutschen Kaiserreichs führen, spielt die noch im Aufbau befindliche Flotte keine Rolle.