Vorgeburtliche Erinnerungen in den Träumen - Willy Peter Müller - E-Book

Vorgeburtliche Erinnerungen in den Träumen E-Book

Willy Peter Müller

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Beschreibung

Immer wieder tauchen Erlebnisse aus der Uteruszeit in den späteren Träumen von Erwachsenen, Senioren, Kindern auf. Diese vorgeburtlichen Ereignisse können biografisch zurückverfolgt werden, sie beruhen auf Fakten. Die Pränatalpsychologie beschäftigt sich mit den charakterlichen Folgen solcher frühen Prägungen. Viele Beispiele dazu, als konkrete Retroträume, in diesem Buch.

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Als Vorbemerkung startet dieses Buch, indem es großen Vordenkern der Pränatalpsychologie die Ehre erweist. Dank zu sagen ist besonders den Ärzten, Autoren Michel Odent in „Die Wurzeln der Liebe. Wie unsere wichtigste Emotion entsteht“, (Anmerkung 1) und Ludwig Janus, in „Der Seelenraum des Ungeborenen. Pränatale Psychologie und Therapie“ (Anmerkung 2), aber auch vielen anderen, z.B. dem LSD-Papst Stanislav Grof – selbst wenn der Aspekt der vorgeburtlichen Erfahrungen für Leben und Charakter eines Menschen noch immer in der akademischen Wissenschaft eher ausgeschlossen wird. So schrieb der oben zitierte Dr. Ludwig Janus an den aktuellen Autor dieses Buches, an Willy Peter Müller:

„Mit den fundierten Ausführungen zu den Stichworten Abtreibung und Geburt stehen Sie quasi einzig da, da diese Aspekte zur Zeit noch ausgeblendet und die Zusammenhänge abgewehrt werden. Darum kann man in dieser Beziehung im Moment auf wenig Resonanz hoffen, das gilt zurzeit noch für die ganze pränatale Psychologie. …. Trotzdem kann ich Sie zu ihrem geplanten Buch nur ermuntern – Zeit wird kommen, nur weiß niemand wann.“

Nun, die Zeit wird kommen. Niemand weiß, wann. Braucht man Zeit zum Nachdenken? Oder für weitere wissenschaftliche Forschungen? Oder braucht man Zeit, um auf die Träume zu achten? Dazu die Indianer:

„Ihr weißen Männer kennt nur die Arbeit. Ich will nicht, dass meine jungen Männer euch gleich werden. Menschen, die immer nur arbeiten, haben keine Zeit zum Träumen, und nur wer Zeit zum Träumen hat, findet Weisheit. Smohalla, in „Worte wie Spuren. Weisheit der Indianer“ (Anmerkung 3).

Oder: „Zuletzt machte Manitu den Menschen. Obwohl er der letzte und von allen Wesen das hilfloseste war, empfing der Mensch die größte Gabe – die Fähigkeit zu träumen“, in Johnston, Manitu (Anmerkung 4 ).

Michel Odent, international als Begründer der „sanften Geburt“ bekannt, weist vielfach auf die Querverbindungen zwischen Schwangerschaftserfahrung, Geburt, Stillen und späterer Sexualität hin. Endlich wird ein solcher Zusammenhang erkannt, möchte ich anfügen. Er schreibt bevorzugt über die wichtige Rolle des Hormons Oxytozin. Es steht für die „Wurzeln der Liebe“.

Das Ehepaar Grof: „Im Prozess von Tod und Wiedergeburt sind Sterben, Geborenwerden und Gebären eng verflochten“… Es wird „die Ruhe der intrauterinen Existenz zuerst durch chemische Signale und dann durch die Kontraktionen des Uterus gestört“. Als ginge es bei der Geburt um einen „kosmischen Sturz“, um „ein Gefühl der Angst und Lebensbedrohung“… „Die Erfahrung der Ausweglosigkeit wird oft mit dem ersten klinischen Stadium der Geburt verbunden, wenn die Kontraktionen des Uterus den Fötus bedrängen, der Gebärmutterhals aber noch geschlossen ist“. In: Stanislav und Christina Grof, „Jenseits des Todes. An den Toren des Bewusstseins“ (Anmerkung 5).

Ulfried Geuter: Im Mutterleib lernen wir die Melodie des Lebens: Lange Zeit haben Psychologen und Mediziner die Bedeutung der ersten neun Monate des Lebens unterschätzt. Nun bestätigen neuere Forschungen, was schwangere Frauen längst wissen: Schon der ungeborene Mensch nimmt am Leben seiner Umwelt teil. Was wir sind und was aus uns wird, dafür werden vor der Geburt wichtige Grundlagen geschaffen. In Zs: „Psychologie heute. Das Leben vor der Geburt. Wie es uns geprägt hat“ (Anmerkung 6).

Michel Odent: „Wenn wir die Lebensgeschichte von Menschen betrachten, deren Liebesfähigkeit – sei es die Liebe zu sich selbst oder die Liebe zu andern – in der einen oder anderen Weise gestört ist, gewinnen wir den Eindruck, dass die Liebesfähigkeit in hohem Maße durch die frühen Erfahrungen im Mutterleib… bestimmt ist.“ In M.Odent, a.a.O., S. 41 (Anmerkung 7).

Ludwig Janus, in: Der Seelenraum des Ungeborenen: Er zitiert Sigmund Freud: „Der Geburtsakt ist übrigens das erste Angsterlebnis und somit die Quelle und das Vorbild des Angstaffektes“ (Anm. 8; Janus, a.a.O., S. 13) Janus bedauert die übliche „Ausblendung von Geburt und Schwangerschaft als Teil der eigenen Lebensgeschichte“ (a.a.O., S. 15). Janus weist darauf hin,“ dass sich überlebte Abtreibungsversuche auf das spätere Lebensgefühl und die spätere Lebensgestaltung auswirken können“ (a.a.O. S. 16). Oder er sagt: „gefühlsmäßig vergessen wir unsere frühesten Erfahrungen nie (a.a.O., S. 24)!

Mit dieser Referenz gegenüber wesentlichen Fachautoren soll es genug sein. Die Traumbeispiele im folgenden Buch sind nicht (oder kaum) der Literatur entnommen, sondern dem großen privaten Kreis (Schüler, Teilnehmer, Bekannte, Kollegen) des Autors, der über 30.000 Träume gesammelt hat. Zu diesen Träumen bzw. Träumenden sind dem Autor die entsprechenden, kongruenten, biografisch passenden Einzelheiten bekannt. Traum und Leben können also hier einander zugeordnet werden! Würde der Autor Träume aus der Literatur entnehmen und sie auch noch vielleicht wie bei einer Examensarbeit mit einer Überfülle von Zitaten garnieren, wäre nichts gewonnen. Es wäre nur Abschreibarbeit. Doch die „bekannten“ Personen aus dem privaten und beruflichen Kreis des Autors liefern automatisch die ganz speziellen biografischen Einzelheiten, die es zur Interpretation eines Traumes braucht. Aus diesem Grunde ist im Buch selbst, im Unterschied zum Vorwort, nicht explizit auf Fachbücher eingegangen; es hätte wenig Effekt. Außerdem beschreitet das Buch sowieso einen neuen, eigenständigen Weg.

Kapitel I

Von der Zeugung zur Geburt = Vergessen, nicht gelöscht

(Inhalt: Schlaf und Traum grundsätzlich. Retroträume.

Traumsorten. Geburtstraum und Geburtstrauma.

Der Foetus weiß alles. Praenatalpsychologie.

Transzendente Träume. Erleuchtung. Platon. Upanishad.)

Das Baby im Mutterbauch „schläft und träumt“, so sprechen die Pränatalpsychologen aktuell gern. Die beiden Zustände dürften im Grunde identisch sein, denn Schlafen ohne Träumen ist nach meiner 40-jährigen Erfahrung, in der ich ca. 30- bis 40.000 Träume erinnert und aufgeschrieben und dokumentiert habe, von mir und von anderen Personen stammend, schlecht möglich. Ich weiß, dass etwa im Indischen und Tibetischen neben Wachsein und Träumen noch ein weiterer Zustand postuliert wird: der traumlose Tiefschlaf. Ich bin skeptisch, ob Schlaf mit Träumen und Schlaf ohne Träumen sauber zu trennen sind. Nach meiner Erfahrung träumt man immer, wenn man schläft; gleich beim Einschlafen geht es heftig los mit dem Träumen. Das kann man selbst feststellen, wenn man kurz nach dem Einschlafen wieder aus dem Schlaf gerissen wird. Der Tiefschlaf ist primär ein körperliches Phänomen. Nicht die Träume, sondern die Traum-Erinnerungen sind bzgl. Tiefschlaf eingeschränkt.

Wer oder was träumt eigentlich? Werden wir geträumt? Sind wir die Haupt-Traumgestalter? Dieses Buch handelt von den Retroträumen Erwachsener, in denen die Anfänge, um die Zeugung und Geburt herum, der Inhalt sind. Erinnerungen an die eigene Genese können also Inhalt sehr später Träume sein! Verblüffend, wie viel das Unbewusste von den Anfängen auf der Erde weiß, gespeichert hat. In der Regel ist das unbekannt oder wird abgestritten. Aber man kann sich trauen zu sagen: „Der Foetus weiß alles“. Immer noch nur wenige Autoren, nämlich die Praenatalpsychologen, akzeptieren die menschliche Erinnerung an die Uteruszeit, so z. B. in unseren Zeiten der Arzt Dr. Ludwig Janus (vgl. Anmerkung 2) und früher der Anthroposoph Rudolf Steiner. Nach Steiner gibt es als Ich-Bestandteile einen Astralleib und einen Ätherleib. Der Astralleib trennt sich im Schlaf vom menschlichen Körper, der Ätherleib ist die Haupt-Traum-Instanz. Es lägen jedes Mal, so Steiner, im Traum auch die Anfänge unseres Erdenlebens vor und sogar das „vorirdische Leben“. Steiner: „Wir sind im Moment des Einschlafens in demselben Zeitpunkt, in dem wir waren, als wir, wenn ich mich so ausdrücken darf, von den Himmeln auf die Erde heruntergestiegen sind“ (Anmerkung 9). Es erlebe sich die Seele im Schlaf als „geistiges Wesen“, bzw. „außerhalb des Körpers“, und sie könne auf Geburt und Todesprozess hinabschauen. Man gehe seine Existenz „von der Nachtseite her durch“, d.h. u.a. dass die Erinnerungen, sogar auch über mehrere Leben, vollständig sind…“ In der Tat, wir tragen alle einen Träumer in uns…, der eigentlich weiser ist, als wir Erdenmenschen sind… Einen subtilen Menschen tragen wir alle in uns… In unsere Träume komm hinein…, was gescheiter ist als dasjenige, was wir aus unserem Alltagsleben in uns haben“. [Näheres zu R. Steiner und den Träumen unter www anthrowiki at].

Man erinnert sich natürlich vielfach nicht an die Träume. Die Träume sind in der Regel keine Wünsche, obwohl alle Welt diese Freudsche Theorie nachbetet, die so schön zur Laientheorie des Dienstmädchens oder irgendwelcher Gazetten vom üblichen „Wunschtraum“ passt. Die Träume sind unabhängig vom oberflächlichen Wünschen und Wollen des Träumers! Sie liefern in der Regel überraschende, korrigierende, nicht selten desillusionierende Erklärungen, Hintergrund-Infos zu aktuellen Gefühlen, Fakten und Gedanken, etwa wie ein neutraler, hinzugekommener Konferenzteilnehmer. Sie kümmern sich gerade nicht um die Absichten, Wunschvorstellungen des Träumers, sondern agieren autonom. Die Theorie bezüglich der REM-Phasen ist im übrigen überholt, die können wir hier vernachlässigen. Die Schlüsse aus den „körperlichen“ REM-Phasen sind ehemals falsch gezogen, sie sind auch schon länger wissenschaftlich widerlegt. Keinesfalls verrät der Zustand „ohne schnelle Augenbewegungen“, also die Non-REM-Phase. dass der Mensch im Moment nicht träumt. Allerdings sind die Träume dann weniger erinnerlich, wenn der Schlaf nach herkömmlichen Begriffen körperlich sehr tief war, sie fehlen da aber nicht.

Es gibt verschiedene Traumsorten, z.B. die Theorie-Vorgriffs-Spiele im Sinne von „Wenn –>> Dann…. geschieht das und das“. Es gibt kompensatorische Träume, Zukunftsträume, Kollektivträume, Erinnerungen, die tief in die Sippschaft hineingehen (vgl. die Familienpsychologie und die „Macht des Clans“), es gibt Sexualträume (direkt oder indirekt, nicht selten), allgemein religiöse Träume, Erleuchtungsträume u.a.m., natürlich auch einige Wunschträume. Entsprechend gibt es auch verschiedene Schlaftiefen. Zu den tiefsten oder entrücktesten Schlafzuständen dürften Botschaften zur kosmischen Weisheit, zu Gott und zur Ewigkeit gehören, also „Einweihungsträume“. Zweifellos gibt es übergeordnete Erleuchtungszustände, seltener im Wachzustand, eher in Trance, oft aber auch im Schlafzustand, da spricht man dann von transzendenten Träumen. Wahrscheinlich kann man die Phänomene Tiefschlaf und Erleuchtung, also eine spezielle Traumqualität, ein wenig in eins setzen. Im Tibetischen Totenbuch würde man hier vom (transzendenten) Zwischenreich sprechen, vom Bardo Thödol, von welchem aus man nach dem Tod in gleichnishaften 49 Tagen zu einer Wiedergeburt strebt. In den alten indischen, vedischen Schriften haben wir im besonders tiefen sogenannten „Yoga-Schlaf“ ein Traumerlebnis vom Besuch im „Gottesreich“ oder die „Einheit von Gott und Mensch“. Auch das ist meist vergessen, aber nicht ausgelöscht. Der Yogaschlaf entspricht dem Tiefschlaf, und dieser ist keinesfalls ohne Erlebnis.

Zwei Traumsorten erwecken unser besonderes Interesse in diesem Buch:

Es gibt Träume, gar nicht einmal wenige, in denen die Umstände der Zeugung, Schwangerschaft und Geburt nach-geträumt werden, retour und später vom Erwachsenen – und zwar das ganze Leben über (a). Es reicht dazu ein Ähnlichkeitsanstoß über das Tages-Erlebnis („rezentes Material“ nennt S. Freud ein solches). Nach dem Motto „Der Foetus weiß alles“ verfügt das Unbewusste sowohl des Foetus bzw. Babys als auch des Erwachsenen über alle wichtigen Informationen der frühesten Zeit (0 bis 3 Jahre)! Wirklich gelöscht ist im Unbewussten nichts. Jedes Mädchen z.B., das ein Junge werden sollte, dem man das aber nicht mitgeteilt hatte, hat wiederholt Träume über genau dieses Problem (von der Alltagsproblematik ganz abgesehen). Auch jede abgelehnte Schwangerschaft, gar Abtreibungsversuche, tauchen immer wieder in Träumen, in Albträumen des Erwachsenen auf.

Vergessen, aber nicht gelöscht sind unser absolutes oder transzendentes Wissen und sind alle Einzelheiten der Genese, Vorgeschichte. Das „Vergessen“ ist Bedingung oder geschieht zwangsweise, automatisch beim Wechsel von der geistigen Welt in die Materie, also bei der Geburt, sowie umgekehrt beim Verlassen der Materie; das lernt man ggf. schon in der Schule, dass man beim Tod über den altgriechischen „Fluss des Vergessens“ fährt, über die „Lethe“, und da muss man dem Fährmann den berühmten „Obolus“ geben.

Beide Traumsorten, von denen es durchaus viele gibt, suggerieren , lassen annehmen die Existenz eines „transzendenten Organs“ im Foetus wie im Erwachsenen, ja in allen Lebewesen (auch Tiere können so agieren und ahnen manchmal Zukunft, wittern so Gefahren), welches der „Gedankenübertragung“ dient, auch der psychologischen „Übertragung von Komplexen“. Diese Instanz oder dies Organ kann geistige, unbewusste und unsichtbare und unmessbare Botschaften, Sendungen empfangen und ausstrahlen – und träumen. Vgl. die Nahtoderlebnisse, in den Büchern: Pim van Lommel: „Endloses Bewusstsein“ und Eben Alexander: „Blick in die Ewigkeit“. Im Buch des Neurologen Alexander werden spirituelle Erlebnisse geschildert trotz des Ausfalls der Gehirnfunktion! Die nachträglichen Geburtsträume wie auch die Erleuchtungsträume offenbaren ein Wissen, eine Erkenntnis, wofür es keine plausiblen, gängigen, somatischen Erklärungen gibt, ein Wissen, das man nur noch als ein überraschendes Geheimwissen bezeichnen kann. Jedoch: die Traumwelt ist voll davon. Da ist man nur noch erstaunt über Einzelheiten, wenn es wie vergleichsweise im Tibetischen Totenbuch heißt, dass man im 49-Tage-Zwischenreich, vor einer erneuten Inkarnation, den Geschlechtsverkehr sehen und erleben kann, aus dem man (demnächst bzw. zeitgleich) entsteht. Und ebenso erstaunt ist man, wenn Erwachsene dito ihre Zeugungsumstände später in einem Retro-Traum genau beschreiben können. Um das Phänomen des unerklärlichen Wissens irgendwie erklären zu können, gibt es in der Pränatalpsychologie mittlerweile den Hilfs-Begriff, dass das Wissen aus der Uteruszeit „traumartig“ wäre (so z.B. Ludwig Janus). Das ist natürlich etwas vage und lässt die Frage offen, welche Qualität die unsichtbaren Info-Sendungen eigentlich haben. Aber immerhin wird richtig der Bogen gespannt von den überraschenden uteralen Trauminformationen zu den ebenfalls überraschenden Erleuchtungsinformationen. Beiden Wissensformen ist gemeinsam, dass sie „traumartig“ sind. Sie laufen als Träume wie über ein unbekanntes transzendentes Organ…Gemeinsam ist den beiden Wissensformen auch, dass sie eine „advaita“, eine Nicht-Zweiheit darstellen, eine „Einheit“, die es später im Leben nicht mehr gibt. In Erleuchtungsträumen ist die Einheit kosmisch gegeben, meist auch als konkretes Symbol, Gleichnis erlebbar, in der Schwangerschaft stellen Mutter und Foetus nicht nur körperlich, sondern auch hochgradig mental eine „Einheit“ dar, eine vollkommene und automatische. Der Foetus träumt, was die Mutter fühlt…

Es gibt eine geistige, unsichtbare Welt, in der die Vorstufen, Vorbilder für die reale Welt vorhanden, versammelt sind. Man mag sie transzendente Inhalte, Gedanken, unbewusste Informationen nennen. Diese Urbilder für die Realität befinden sich in der von Platon so genannten „Ideenwelt“ (und nennen sich griechisch idea, eidolon). Jede materielle Erscheinung hat demnach ihr Pendant, ihr erzeugendes, wirkmächtiges Modell in der geistigen Welt. Wie es ähnlich in der Bibel heißt: Im Anfang war der „Logos“ (als „Wort“ von Luther ungenau übersetzt), erst dann kommt die Schöpfung, d.h. sekundär. Die Urbilder, Vorbilder können positiv wie negativ sein. Engelsund Teufelsgedanken tummeln sich also dort. Der Prozess, dass Mentales Materie wird, geschieht ständig, ohne Unterlass. Als Motto könnte man bildkräftig sagen: Jeder Tag ist eine Art Pfingsten, d.h. „der Geist kommt herab“ und wird dann Gestalt, Materie.

Gerade im Traum haben wir eine beeindruckende Darstellung, Vorführung dieses Prozesses: Mentale Inhalte (ob Erinnerungen, Wünsche, Pläne, Traumata etc.pp.) werden in Figuren, Tieren, Pflanzen, Stimmen, Gewässern, Szenerien, Personen, Phantasie-Lebewesen dargestellt, inkorporiert, manifestiert, sie werden als Umsetzung von Ideen „geschaffen“, mit den Sprachmitteln des „kollektiven Unbewussten“ (C.G. Jung). Das sind dann die Traum-Akteure, Traum-Ichs, Traum-Formen, bildlich erlebbar, gern personal. Die Inhalte verschiedener, unbewusster, mentaler Schichten sind „Gestalt geworden“; immer geht das so im Traum.

Ein transzendenter, besonders zentraler Inhalt in diesem Pool von Szenen, Mustern ist das Geburtstrauma. Der Geburtsprozess ist unser stärkstes Vorratsmodell, ist die indirekte Urstruktur aller späteren Aktionen, ist die berühmte „Erstprägung“, ist die Haupterfahrung, ist „unser erster Umgang mit Welt“, ist für das ganze Leben als Muster gespeichert! Das energiereiche Urbild drängt immer, will Wiederholung und „Gestalt“ werden, in der Biografie – das ist vielleicht seine gedachte Erlösung. Der Traum ist die Vor-Übung dieser ständig aktiven, sich abwechselnden Muster. Das Prinzip, dass Mentales auf Dauer Gestalt wird, können wir überall erkennen, in Ideologien, in der politischen Geschichte, in der Geistesgeschichte, in allen Biografien, auch in den Kriegen und Krankheiten, in jeder Familie. Besonders für den Geburtsprozess gilt das. Das Geburtstrauma manifestiert sich per Ausgestaltung, als indirektes Muster, vorzugsweise im real gewordenen „Charakter“ des Menschen. Es liegt da im Unbewussten eines jeden und arbeitet täglich. Es ist der biografische Bodensatz. Es ist vergessen, aber nie gelöscht.

In der Brihadarmyaka-Upanishad heißt es: „Es gibt für den Menschen zwei Zustände, den einen hier in dieser Welt, den anderen in der anderen Welt, und einen dritten, mittleren, den Zustand des Schlafs. Im mittleren Zustand sieht der Mensch beide Zustände zugleich, den einen in dieser Welt hier und den anderen in der anderen Welt.“ Wir ergänzen: In der anderen Welt findet man u.a. seine ganze Erinnerung vor, lückenlos ab der Zeugung. Im Schlaf und Traum mischen sich also zwei Welten, die beide sehr real sind, die keine Fiktion sind. Im Traum haben wir also sozusagen, wie gemischt, die diesseitige Perspektive und den Blick von drüben. Beide Aspekte machen ja auch eigentlich das essentielle Wesen des Menschen aus …

Kapitel II

Foetus-Erfahrungen

(Inhalt: Traum-Symbole für die Embryo- und die

Foetus-Erfahrungen. Bär, Navahos. Kaiserschnitt. Orgasmus.

Oralität. Zähne. Abgelehnte Frucht.

Diverse Geburtstraumata.„Embryonale Beziehung“.)