Wahre Freundschaft mit Pferden - Catherin Seib - E-Book
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Wahre Freundschaft mit Pferden E-Book

Catherin Seib

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Beschreibung

Man kann mit Pferden wahrhaftig sprechen. Tierkommunikatorin Catherin Seib kommuniziert auf telepathischem Wege mit Pferden und gibt diese Fähigkeit in ihren Pferdeflüsterer-Kursen weiter. In ihrem Buch erzählt sie berührende, verblüffende und aufklärende Erlebnisse sowie spannende Fallbeispiele aus ihrer täglichen Praxis – von prominenten Sportpferden, Freizeitpferden und ihren eigenen Pferden. Ihre Erfahrungen machen jedem Pferdebesitzer Mut, auch unkonventionelle Wege zu gehen, die eigene Empathie und Intuition zu stärken und auf sein Pferd zu hören. Denn die Pferde sagen uns, was sie brauchen – wir müssen uns nur für ihre Botschaften öffnen.

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Seitenzahl: 325

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Dieses E-Book ist die digitale Umsetzung der Printausgabe, die unter demselben Titel bei KOSMOS erschienen ist. Da es bei E-Books aufgrund der variablen Leseeinstellungen keine Seitenzahlen gibt, können Seitenverweise der Printausgabe hier nicht verwendet werden. Stattdessen können Sie über die integrierte Volltextsuche alle Querverweise und inhaltlichen Bezüge schnell komfortabel herstellen.

Vorwort

Wie man wirklich zuhört

Was wäre, wenn du mit deinem Pferd sprechen könntest? Wenn du wirkliche, richtige Gespräche mit ihm führen könntest? Mit Fragen, auf die du Antworten erhältst. Was wäre, wenn dein Pferd wirklich eine Meinung hätte? Wenn dein Pferd Dinge wüsste, die du nicht weißt. Was, wenn dein Pferd vieles mit dir teilen wollte, was du dir gar nicht erdenken oder vorstellen könntest? Dinge, die so präzise und tiefgründig sind, dass kein Pferdeverhaltenstrainer sie jemals ablesen könnte? Was, wenn du eine Freundschaft zu deinem Pferd aufbauen könntest, die so innig wäre, wie du sie fast nur aus Büchern, Geschichten und Filmen kennst? Würdest du das wollen?

Für mich war und ist die Antwort auf diese Frage ein deutliches Ja. Für mich ist dieser Traum wahr geworden. Zwar nicht ganz so kitschig, wie er klingt, denn das Leben beinhaltet nicht nur Freude und Glück. Aber die Möglichkeit, auf innigste Art und Weise wirkliche Gespräche mit meinen Pferden, meinen Hunden sowie Tieren über Distanz auf der ganzen Welt zu führen, hat mein Leben grundsätzlich verändert. Ich kann sagen, dass ich ein besserer Mensch dadurch wurde und dass ich das Leben insgesamt viel besser genießen kann. Ich durfte dieses große Geschenk erhalten, diese Fähigkeit nicht nur wieder zu erlernen, sondern sie auch noch zu meinem Beruf zu machen. Seit 2009 bin ich hauptberufliche Tierkommunikatorin, arbeite vor allem als Lehrerin der Tierkommunikation und durfte Tausenden von Menschen und ihren Tieren helfen, sich besser zu verstehen. Seit ein paar Jahren bin ich ausschließlich auf Pferde spezialisiert. Weil ich ein Pferdemensch bin, so bin ich schon auf die Welt gekommen. Andere Kinder spielten Familie, ich spielte Pferdehof. Meine Barbie-Puppe besaß 14 verschiedene Plastikpferde, sonst nichts.

Es war mein ausformulierter Wunsch, so mit Menschen und Tieren zu arbeiten, dass sie sich gegenseitig besser verstehen und ihnen geholfen wird. Diesen Wunsch habe ich während meiner Ausbildung zur Zootierpflegerin aufgeschrieben und ganz weit unter meiner Schreibtischunterlage verstaut, lange bevor ich wusste, dass es so etwas wie Tierkommunikation überhaupt gibt. Ich hätte mir nie erträumt, dass man telepathisch mit Tieren wahrhaftig sprechen kann. Jahre später fand ich diesen Zettel bei einem Umzug wieder und war selbst davon überrascht, wie gut ich diesen Wunsch manifestiert hatte.

Wenn es dein Wunsch ist, mit Pferden oder Tieren generell zu sprechen, dann hast du mit dem Lesen dieses Buches gerade einen von vielen Schritten dahin getan, dem Universum bei der Erfüllung deines Lebensinhalts zu helfen. Dazu gratuliere ich dir. Danke im Namen der Pferde, dass du dich dem widmest.

Kapitel 1

Deine Liebe

Kommen wir gleich zur Sache: Wir sind hier, um zu lieben. Und was wäre einfacher, als dieses wunderbare, freiheitsliebende, kraftvolle, sanfte und wunderschöne Pferd von ganzem Herzen zu lieben? Das Pferd kann der Schlüssel zu deiner eigenen Erfüllung sein, dein Lebenslehrer, dein Meister. Alles, was du dafür tun musst, ist, in Kontakt zu gehen.

Alles ist miteinander verbunden, alles ist eins. Das hast du schon mal gehört und vielleicht kommt es dir wie eine Plattitüde vor. Aber es ist wirklich so. Du bist kein Denkapparat mit abgegrenztem Körper. Du bist das Produkt aller Gedanken und Energien und Geschichten derer, die um dich herum waren, sind und sein werden. Du denkst die Glaubenssätze deiner Eltern, du empfängst die Atmosphäre deines Arbeitsplatzes, du absorbierst die Emotionen deines Gegenübers. Du hörst Gedanken anderer und passt deine Gedanken dem an, was andere denken. Unbewusst vielleicht, aber du tust es. Je bewusster du die Verbindungen zu allem lebst, was in dein Leben kommt, umso glücklicher machst du dich und alle, mit denen du verbunden bist. Du bist kein Opfer deiner Umwelt, sondern du bist Schöpfer dessen, was sich in deinem Licht zeigt. Alles, was du tun musst, ist, ein bewusster Sender deiner Gedanken zu werden und dir bewusst zu werden, was du denkst.

Der Sinn des Lebens ist es, deine Nächsten zu lieben. Deine Lebensfreude wächst aus deiner Wahrnehmung und Wertschätzung dessen, was um dich herum besteht. Die Liebe, die du gibst, entspringt aus deiner Seele und macht damit nicht nur dein Gegenüber glücklich, sondern klingt auch immer in dir. Dein innerer Frieden und deine Glückseligkeit entstehen, wenn du das Glück des Momentes genießen und die Dankbarkeit hierfür spüren kannst.

Dein Pferd ist ein Meister darin, den Moment zu erleben, wenn es nicht gerade durch Menschenhand dazu verdammt wurde, in einer ständigen Traumaerinnerung zu verharren. Du tust ihm den allergrößten Gefallen, wenn du mit ihm gemeinsam die besten Momente eures Lebens erlebst. Ganz bewusst, verbunden und in Liebe. Wenn du das auch nur ansatzweise schaffst, schenkst du deinem Pferd und dir einen Lebenssinn. Alles, was dir gemeinsam mit deinem Pferd widerfährt – alle Höhen und Tiefen –, passiert aus genau diesem Grund, damit du lernst, anzunehmen und zu genießen, was ist. Du bist ein Teil deines Pferdes und dein Pferd ist ein Teil von dir. Was für ein Geschenk! Was das bedeutet und wie das geht, darum geht es in diesem Buch.

Ich wollte es dir eigentlich leicht machen und ein lockeres Buch schreiben über die Einfachheit des Sprechens mit Tieren. Eine unterhaltsame Aufklärung über die Telepathie mit Pferden. Bodenständig, pferdemenschorientiert und für jeden verständlich. Darüber, was Pferde so denken, sagen und wünschen. Aber so einfach ist es nicht, es geht tiefer. Es geht hier immer nur um eins, nämlich um die Liebe zwischen deinem Pferd und dir und wie ihr sie lebt. Pferde sind Tiere, die unsere Sehnsucht nach Freiheit, Gemeinschaft, Schönheit und Lebendigkeit erwecken. Pferde stehen für Bewegung, Kraft und Leidenschaft. Pferde sind die gelebte Liebe, wenn wir sie Pferde sein lassen.

Liebe ist Grundlage deines Lebens. Ohne Liebe bist du kein Mensch, ohne Liebe bewegt sich nichts. Ohne Liebe sterben wir. Du brauchst Liebe für Leidenschaft, Lebensfreude, Selbstliebe, Familie, Weiterentwicklung und für erfülltes Arbeiten. Du brauchst Liebe für dein Pferd. Du musst deshalb nicht den ganzen Tag auf der Weide sitzen und deinem Pferd Liebeslieder vorsingen, obwohl das definitiv helfen würde. Aber verschließe bitte nicht die Augen vor diesem großen Wort. Du bist Liebe. Lass dein Pferd dein Helfer sein, sie zu leben.

Ich möchte dir eine Geschichte erzählen. Die Geschichte meines Lebens als Pferdeflüsterin. Du wirst in diesem Buch lesen, was ich aus 12 Jahren Pferdegesprächen gelernt habe. Ich berichte in diesem Buch von Fallgeschichten mit Kundenpferden, über Fachthemen aus der Sicht der Pferde und aus dem Leben meiner Pferde und meinem eigenen und von unserer Verbindung.

Kapitel 2

Das Springpferd

Eine Zeitlang habe ich für eine berühmte Springreiterin gearbeitet, die mit ihren millionenteuren Pferden in den Top fünf der Weltrangliste gelandet war. Sie jettete um die Welt und hatte den Anspruch, mit ihren Pferden liebevoll und im Einverständnis umzugehen, weil sie diejenigen waren, die sie zu den hochpreisigen Siegen führen sollten. Sie hatte die Idee, dass glücklichere Pferde auch leistungsstärker wären, und sie hatte Recht. Sie tat alles für diese Pferde und sie bekamen auch alles, was sie brauchten und wollten. Ich begleitete diese Reiterin auf mehrere Turniere und half ihr, indem ich mehrmals täglich Rücksprache mit den Pferden hielt, um sicherzustellen, dass sie alles hatten, was sie brauchten, und um sie immer gut zu informieren.

Ich habe sehr viel daraus gelernt. Bevor ich diese Pferde kannte, hätte ich niemals gedacht, dass es Pferde gibt, die sich tatsächlich wohl, richtig und zuhause fühlen in diesem Hochleistungspferdesport. Rein gefühlt und aufgrund meiner Beobachtungen auf diesen Turnieren muss ich sagen, dass zirka 90 Prozent der Pferde dort nicht aus eigener, überzeugter Motivation diese hohen Leistungen bringen, sondern natürlich angstgesteuert und durch Druck springen und dabei so schnell wie möglich durch den Parcours hetzen. Viele dieser Pferde sind extrem verunsichert und heilfroh, wenn sie so ein Turnier überlebt haben. Sie geben einfach alles, was sie haben. Weil sie Angst haben draufzugehen, wenn sie es nicht tun. Vermutlich haben sie teilweise damit auch Recht.

Die Pferde der Reiterin, für die ich arbeiten durfte, waren anders. Fast alle von ihnen lebten dafür, gut im Springen zu sein. Sie kannten es nicht anders, waren stolz auf sich und zogen ihr Selbstbewusstsein aus dem, was sie für ihren Menschen leisten konnten. Sie fühlten sich wichtig, geliebt und erfolgreich. Sie empfanden sich als ziemlich tolle Pferde und lebten ihren Bewegungsdrang gut aus. Sie waren wie richtige Hochleistungssportler, die ihren Lebenssinn daraus ziehen, sich immer neu zu beweisen. Sie hatten Spaß am Wettbewerb. Natürlich hatten sie alle unterschiedliche Charaktere und zogen ihren Willen aus anderen Teilbereichen, aber alle, bis auf eines, waren wirklich mit vollem Herzen dabei. Sie waren gewillt, alles für ihre sie liebende Besitzerin mit ihr zusammen zu erreichen. Das eine Pferd, welches einfach keinen Spaß mehr daran finden konnte und sich nach einem Ausstieg aus dem Sport sehnte, durfte dann tatsächlich ein Leben als geschätztes Freizeitpferd beginnen.

Einmal war ich auf dem Hamburger Derby dabei, um diese Reiterin mit einem ihrer Pferde zu begleiten. Es war eine recht junge, auf großen Turnieren unerfahrene Stute. Sie war wunderschön, grazil, gefärbt wie ein Reh im schönsten Haselnussbraun mit einem sehr edlen Kopf. Es war eine liebliche und gleichzeitig feurige, energiegeladene Stute, die es gern richtig machte und die sehr intelligent war. Sie hatte einen schnellen, beweglichen Körper, konnte wie ein Flummi springen und pfeilschnell durch den Parcours flitzen. Als ich sie dort sprach, war sie nervös und ängstlich, weil dies ihr erstes, großes Turnier mit so vielen anderen Pferden, Reitplätzen, Menschen auf dem Gelände und Menschen im Publikum war. Es war auch das erste Turnier, welches so relevant war, da viel auf dem Spiel stand.

Bevor sie geritten wurde, bekam ich den Parcoursplan. Also eine Zeichnung aus der Vogelperspektive, auf der ich sehen konnte, wie die Hindernisse auf dem Reitplatz stehen und in welcher Reihenfolge sie übersprungen werden sollten. Mir wurde erklärt, welche Stellen dabei heikel wären und wo es schwierig werden würde. Auch wurde ich befragt, wie viele Galoppsprünge die Stute zwischen zwei Hindernissen machen wollte. Ich besprach alles mit ihr und erklärte ihr immer wieder, wie sie am besten und auch am schnellsten durch den Parcours kam und wo sie besonders darauf achten musste, keine Stange zu reißen. Ich zeigte ihr auch, wie es aus ihrer Perspektive aussehen würde, wenn sie durch den Parcours galoppieren würde. Wie die Sprünge aussahen, was sie am Rand wahrnehmen würde. Später in meiner Arbeit nahm mich die Reiterin sogar mit auf den Platz. Die Springreiter dürfen vor dem Turnierstart den Reitplatz begehen und dort selbst einmal abschreiten, wie sie später über die Hindernisse springen werden. Ich ging immer direkt hinter ihr her und übertrug dann „live“ an das Pferd, wie das später aussehen würde. Das stellte sich als sehr hilfreich heraus.

Als die Stute sich dann, sichtlich nervös, auf dem Abreitplatz mit viel zu vielen anderen Pferden aufwärmen durfte, machte ich ihr Mut. Ich sprach ihr gut zu, ging alles noch einmal mit ihr durch und erklärte ihr, dass sie einige Vorteile gegenüber den anderen Teilnehmern hätte dadurch, dass sie so gut informiert und vorbereitet sei. Dann ging es los. Ich war auf der Tribüne live dabei, und als die Stute startete, versorgte ich sie in Echtzeit mit den abgesprochenen Informationen und erinnerte sie an alles, feuerte sie liebevoll an. Ich sprang in Gedanken mit. Es war unglaublich aufregend und fast unwirklich zu sehen, wie dieses Pferd genau den Anweisungen folgte, sich elegant und gekonnt um die Wendungen brachte, um alles an Zeit und Platz reinzuholen, was ging, ohne dabei durch Fahrigkeit die Hürden zu reißen. Sie kam als Schnellste mit null Fehlerpunkten durchs Ziel. Sie hatte gewonnen. Die beste Erinnerung an diese Zeit ist die, als diese Stute bei der Siegerehrung vor Stolz fast platzend dastand und eindeutig lächelte. Sie nahm den Applaus und den Moment des Ehrens so intensiv in sich auf, sie war so glücklich und euphorisch, stand dabei perfekt still wie eine Statue. Es war so ein großes Erfolgserlebnis für sie, dass es mich zu Tränen rührte. Sie war gewachsen. Sie ging die Ehrenrunde voran mit diesem Lächeln und war das glücklichste Pferd an diesem Tag.

Ich hatte noch einige, ähnliche Erlebnisse mit dieser Reiterin und ihren Pferden. Einmal nahm sie mich sogar mit nach Kanada, wo wir an einem mehrtägigen, riesigen, international sehr wichtigen Turnier teilnahmen. Mit ihren beiden Pferden erarbeitete die Reiterin sich auf diese Art und Weise unserer Zusammenarbeit am Ende den zweiten Platz von zirka 50 Teilnehmern. Fast wäre sie Erste geworden, aber sie hatte einen kleinen „Fluch“ auf sich lasten, durch den sie am letzten Hindernis des letzten, entscheidenden Rittes immer eine Stange riss. Aber das war ihr Fehler, nicht der ihrer Pferde.

Es gibt auch in anderen Bereichen, nicht nur im Pferdesport, Pferde, die sich stolz über das definieren, was sie mit ihrem Menschen gemeinsam erreichen oder erarbeiten. Meistens sind das Pferde, die es nicht anders gelernt haben, als dass ihre Leistung sie definiert. Viele knicken darunter ein, aber andere finden auch Gefallen daran, wenn man sie liebt.

Kapitel 3

Tierkommunikation

Als Tierkommunikatorin spreche ich seit 2009 mit Tieren. Tierkommunikation ist Telepathie, also Gedankenübertragung, mit Tieren. Tierkommunikation ist nicht: Pferdefachwissen, Exterieurbeurteilung, Verhaltenskunde oder Manipulation durch Training. Tierkommunikation ist ein tatsächlicher Gedankenaustausch und bedeutet, dass ein richtiges Gespräch im Geiste stattfindet. Seit vielen Jahren bin ich als Tierkommunikatorin auf Pferde spezialisiert, mittlerweile biete ich nur noch Pferdegespräche an. Diese finden meistens telefonisch statt, denn für Telepathie ist die Distanz völlig irrelevant. Es ist hierbei ganz egal, ob ein Pferd neben mir steht oder in Australien lebt. Die Verbindung, die ich im Geiste herstellen kann, ist immer von gleichbleibender Qualität.

Für ein Pferdegespräch benötige ich ein Foto des Pferdes, auf dem sein Gesicht erkennbar ist. Theoretisch geht es auch mit einem Foto, auf dem nur der Hintern zu sehen ist. Oder sogar ganz ohne Foto. Aber leichter für mich und für den Besitzer irgendwie nachvollziehbarer ist es doch mit einem guten Pferdeportrait. Das Aufnahmedatum des Bildes spielt hierbei keine Rolle, es kann auch ein älteres Foto sein. Das Foto dient nur der Kontaktaufnahme. In etwa so wie eine Telefonnummer. Ich weiß, wenn ich dieses Foto ansehe, dass ich genau mit diesem Pferd sprechen werde. Und das reicht dann schon. Mit geschlossenen Augen stelle ich mir das Pferd vor und dann beginnt so etwas wie ein kleiner Tagtraum, nur mit dem Unterschied, dass ich nicht träume und dass es nicht meine eigenen Gedanken sind, die mir dann durch den Kopf gehen. Alle für mich vorstellbaren Sinne können teilhaben an diesem Pferdegespräch. Ich kann vor meinem inneren Auge Bilder oder bewegte Szenen sehen, ich kann Emotionen fühlen oder Körperliches nachspüren. Ich bekomme manchmal Geschmäcker oder Gerüche in den Sinn oder aber ich weiß einfach eine bestimmte Information, ohne dass ich sicher sagen kann, wie ich sie vermittelt bekommen habe. Meistens höre ich sogar eine Stimme und nehme ganze Sätze von dem wahr, was das Pferd sagen möchte. Ein Pferd spricht natürlich kein Deutsch oder Englisch, aber dennoch denkt es komplex und diese komplexen Gedanken werden dann in meinem Gehirn automatisch für mich in sinnvolle Sätze übersetzt.

Wenn ein Pferd also vielleicht Hunger hat und auf sein Futter wartet, kombinieren sich diese Gedanken zu einem Satz wie zum Beispiel „Ich habe großen Hunger, man lässt mich warten, wann ist es denn so weit?“ Diese sprachlichen Ausdrücke sind manchmal sogar charakterlich eingefärbt, sodass die Wortwahl bei einem besonders intelligenten Pferd etwas gewählter ausfallen kann oder bei einem humorvollen Pferd witziger klingt.

Die Pferdebesitzer stellen mir Fragen, die ich dann genau so an das Pferd weitergebe. Alles, was das Pferd darauf antwortet, vermittele ich dann dem Menschen. Weil dies am einfachsten geht, wenn ich dabei Ruhe habe, arbeite ich meistens von Zuhause aus und führe die Pferdegespräche direkt während des Telefonats aus. So kann der Mensch jederzeit Rückfragen stellen. Außerdem ist es für den Kunden dann nachvollziehbarer, dass ich tatsächlich mit seinem Pferd spreche. Irgendetwas aus den von mir übermittelten Informationen wird ihm wahrscheinlich beweisen, dass ich mir die ganze Sache nicht nur ausdenke. Denn den Stall und die Lebensumstände oder den körperlichen und charakterlichen Eindruck des Pferdes aus einem echten Treffen kenne ich somit nicht.

Manchmal komme ich zu den Menschen und Pferden in den Stall, weil sie Hilfe vor Ort brauchen. Dann übersetze ich beispielsweise direkt während eines Rittes oder eines Spaziergangs, damit der gegenseitige Umgang leichter und einvernehmlicher wird.

Tierkommunikation ist absolut kein Hexenwerk. Es ist nichts Mystisches, sondern eine ganz natürliche, bodenständige Sache. Nur, weil unsere Gesellschaft uns vermittelt, dass es so etwas nicht geben würde, heißt es nicht, dass unser Körper es nicht dennoch sofort könnte, wenn man ihn ließe. Deshalb gebe ich so gern Kurse, deshalb lebe ich dafür, Menschen zum Pferdeflüsterer auszubilden: Es ist so einfach, die Telepathie mit Tieren für sich wieder in Gang zu setzen. Meine Schüler kommen zu mir mit Neugierde, dem Wunsch, wirklich mit Pferden sprechen zu können, und manchmal auch mit vielen Selbstzweifeln. Ich bringe es jedem bei, denn man braucht dazu tatsächlich nichts mehr, als den Willen, es zu versuchen. Die Fähigkeit zur Tierkommunikation ist keine Gabe, die einigen vorbehalten wird. Sie ist ein natürlicher Sinn, den wir alle mehr oder weniger bewusst nutzen.

Es sind also tatsächlich im Geiste geführte Gespräche, die ich mit den Pferden führe. Es gibt dabei keine Grenzen bezüglich der Fragestellungen oder bezüglich dessen, was Pferde wissen könnten oder was sie sagen wollen. Noch heute verblüfft mich fast jedes Gespräch, weil ich immer wieder neu dazulerne, eine neue Sichtweise und einen Einblick in ein weiteres Pferdeleben bekomme. Jedes Pferd ist so außerordentlich individuell. Das weiß jeder, der ein Pferd in sein Herz geschlossen hat. Mit den Pferden wirklich sprechen zu können, ist das größte Geschenk meines Lebens.

Tierkommunikation ist etwas, wie der Name schon sagt, das mit jedem Tier funktioniert. Die kommunikative Verbindung zwischen verschiedenen Spezies dieses Planeten ist immer möglich. Urvölker haben dieses Wissen nie vergessen, sie kommunizieren untereinader telepathisch auf der Jagd und setzen sich auch mit Wesen ihres Umfeldes telepathisch in Verbindung. Ob ich nun also mit einem Pferd spreche oder aber mit einem Hund, einer Katze oder einer Ameise, es bleibt immer derselbe Kommunikationsweg. Genau deshalb ist es auch unwichtig, ob man ein „Pferdeexperte“ oder ein Biologe oder ein Hundetrainer ist, wenn man mit Tieren spricht. Es geht darum, einen wirklich reinen Kanal zu einem anderen Wesen aufzubauen und es sprechen zu lassen, ganz ohne seine eigenen Interpretationen dort hineinzubringen.

Der Grund, warum ich mich auf Pferde spezialisiert habe, ist derjenige, dass ich bei den Menschen, die mit Pferden zu tun haben, oftmals ein besonders großes Defizit in der Wahrnehmung ihres Tieres festgestellt habe. Dort ist der Bedarf also besonders groß. Natürlich bin ich außerdem geborener Pferdemensch und kann gar nicht anders, als sie zu meinem Lebensinhalt zu machen.

Kapitel 4

Milans Geschichte

Als ich meine Stute Mouna schon ein paar Jahre hatte, zog ich auf meinen eigenen Resthof. Es war immer mein Traum gewesen, einen eigenen Hof zu haben. Mouna war außerdem in ihrem damaligen Stall nicht sehr glücklich und wünschte sich, noch mehr mit mir zusammen zu sein und weit blicken zu können. So ging es mir auch. Als wir den richtigen Hof gefunden hatten, traf ich die Entscheidung, ein zweites Pferd zu kaufen. Die Alternative wäre gewesen, Einsteller dazuzunehmen. Aber aus Erfahrung weiß ich, dass Einsteller nicht für immer bleiben, und ich wollte Mouna die Chance geben, neben mir wenigstens ein beständiges Herdenmitglied zu haben, welches nicht wieder gehen würde. Jemand, der das Pferdeleben 24 Stunden mit ihr teilt. Den sie nicht verlieren würde, egal, was kommt.

Also machte ich mich auf die Suche. Eigentlich wollte ich eine weitere Stute kaufen. Ich fand auch einige, die mir gefielen. Ich durchforstete das Internet nach allen möglichen Pferden, die irgendwie in Frage kämen. Ich besuchte sogar einige. Ich wollte einen Kompromiss machen für Mouna und mich. Es sollte ein Pferd sein, welches wir beide mögen. Schnell stellte sich heraus, dass eine Stute keine wirkliche Option für Mouna war. Ich hörte immer nur „Nein, nein, nein“, wenn ich ihr die in Frage kommenden Stuten geistig präsentierte und sie um ihre Meinung bat.

So gingen wir Hunderte von Pferden durch und langsam verlor ich den Mut, jemals ein passendes Pferd für uns zu finden. Ich erweiterte die Suche um Wallache. Irgendwann gab es einen Friesen, der uns gefiel. Nur lebte dieser in Österreich und krank war er auch noch. Ich war dennoch im Kontakt mit seinem Menschen.

Und dann entdeckte ich Milan. Er sah nicht sonderlich ansprechend auf den Verkaufsfotos aus, aber Mouna ließ das erste Mal ein klares „Ja!“ hören, als ich ihn ihr gedanklich präsentierte. Ich hingegen war mir nicht so sicher, ob er wirklich DAS Pferd sein sollte. Auf den Fotos sah er sehr introvertiert, unmotiviert und frustriert aus. Auf allen Fotos schaute er gleich. Sonderlich schön fand ich ihn nicht. Er war mir auch schon ein bisschen zu alt. Das einzig Gute war, dass er tatsächlich ganz in der Nähe stand, nur sechs Kilometer von uns entfernt. Es würde ja nicht weh tun, ihn mal anschauen zu gehen.

Als ich ihn das erste Mal sah, sah ich vor allem seinen Hintern. Die Besitzerin ging mit uns um ihr Haus zu der Weide zwischen den Häusern. Dort stand er höchst gelangweilt, und als er seinen Menschen rufen hörte, wollte man meinen, er überlegte, sich in Luft aufzulösen. Ich habe selten ein so genervtes, frustriertes Pferd gesehen. Die Frau lamentierte laut, dass er ausgerechnet heute ja nicht zu ihr kommen wollte, und rief seinen damals sehr unangenehmen Namen bestimmt sechs Mal. Er kam nicht. Ich durfte ihn abholen. Noch auf der Weide, als ich einen Moment mit ihm allein hatte, sagte ich zu ihm, dass ich ein neues Zuhause für ihn hätte. Mit einer Stute, die ihm auf Lebzeiten versprochen war, wenn er das wollte. Er brauche nichts dafür zu tun. Ich sagte, dass ich mich freuen würde, wenn er auch Spaß am Reiten hatte, aber dass es keine Erwartungen meinerseits gab. Er solle mir einfach zeigen, wie er sich entschied. Ob er mitwolle.

Die Frau hatte schon länger versucht, ihn zu verkaufen. Seine Geschichte schilderte sie so, dass er von einer ambitionierten Züchterin als tolles Pferd an eine noch ambitioniertere Westernreiterin verkauft wurde, die Turniere mit ihm ritt. Er konnte viel und war sehr gut in seinem Job, doch gab es ein großes Problem: Milan entschied irgendwann, keine Lust mehr auf den Zirkus zu haben, und tat das kund, indem er sich einfach ganz stumpf mitten in der Prüfung in die Mitte des Reitplatzes begab und dort stehen blieb. Nichts konnte ihn dann bewegen, weiterzugehen. Er hatte schon immer ein dickes Fell und einen noch dickeren Kopf.

Milan war immer ein Pferd, welches wusste, was es nicht will. Und welches sich eher hätte Schmerzen zufügen lassen, als zu tun, was man verlangte. Um so deutlich und ruhig zu zeigen, wie es nicht geht, braucht man auch als Pferd eine enorme innere Größe, einen eisernen Willen und vor allem eine große Portion Selbstwert. Nicht zu vergessen eine ordentliche Prise Dickfelligkeit, Mut und Stolz, denn die Konsequenzen für solche Pferde sind oft unschön. Pferde müssen funktionieren. Kaum ein menschliches Ego, welches mit einer gewissen Erwartungshaltung an ein Pferd geht, duldet eine solche Verweigerung. Es ist klar, warum ich mich sofort in dieses Pferd verliebte.

Die Westernreiterin verkaufte ihn. Seine neue Besitzerin ritt zwar keine Turniere, aber auch bei ihr bekam er nicht die Anerkennung für das, was er war, sondern sollte funktionieren. Laut eigener Aussage biss sie sich die Zähne an ihm aus. Sie besuchte diverse Horsemanship-Kurse und andere Trainingslehrgänge, aber ihre Beziehung blieb eisig. Milan schenkte ihr nichts. Er ertrug sie, aber sie hatte Angst vor ihm. Sie hatte einfach keinen Spaß an ihm. Er ließ sich in der Bahn nur mit massivem Sporeneinsatz reiten und kehrte auch dort regelmäßig in die Mitte zurück, um stehen zu bleiben. Im Gelände war er hitzig, verweigerte oft die Wege, ging rückwärts oder rannte wie verrückt. Die Frau riet mir, niemals allein und ohne scharfes Gebiss mit ihm auszureiten. Sie hatte noch drei andere Pferde, mit denen sie eine kleine Reitschule betrieb. Diese Pferde waren erstaunlich nichtssagend und identitätslos. Es wollte mir damals nicht in den Kopf gehen, wieso sie diese drei Schatten ihrer selbst behielt und ihr einzig gutes Pferd verkaufen wollte. Es dauerte etwas, bis mir die schreckliche Wahrheit klar wurde: Genau deswegen verkaufte sie ihn. Milan war nicht zu brechen.

Milan war nie ein Pferd, vor dem man Angst haben musste. Er war zwar extrem wütend und frustriert, als ich ihn bekam. Jedoch hat er seine Contenance nie verloren. Milan ist wie ein Herr der alten Schule. Verliert nie die Fassung, tut niemandem weh. Passt sogar auf, dass niemand zu Schaden kommt. Liebt Kinder, Fohlen und Hunde, tut dies aber nur sehr leise und vorsichtig kund. Milan wollte aber generell mit Menschen nur noch wenig zu tun haben. Er äußerte seine Missgunst durch strikte Verweigerung. Als ich ihn bekam, hatte er sich längst geschworen, sich nie wieder auf die Kontrollspielchen der Menschen einzulassen, die von ihm nur wollen, dass er macht, was man sagt. Er hatte kein Interesse mehr an einer wirklich tiefen Freundschaft oder Bindung mit dem Menschen. Er brauchte so etwas nicht. Er wollte vor allem eine Stute haben, um die er sich kümmern durfte, und in Ruhe gelassen werden. Er hatte sich eine gewisse Grenze gesetzt, bis zu der man mit Kompromissen und Achtung vor seiner Seele mit ihm zusammen sein durfte.

Als ich ihn das nächste Mal besuchte, schaute er mir freudig entgegen, spitzte die Ohren und kam herüber, als ich ihn rief. Das war mein Zeichen: Er hatte sich entschieden. Beim dritten Besuch bekam er erst nicht mit, dass ich da war und stand wieder in seiner Ecke auf der Weide, mit dem Po zum Geschehen. Das andere Pferd, welches bei ihm stand, kam neugierig zu mir herüber, und noch bevor es drei Schritte tun konnte, bebte kurz die Erde. Milan kam in einem Affentempo auf uns zu galoppiert, als er mitbekam, dass ich da war. Er verscheuchte auf der Stelle das andere Pferd und bestand darauf, dass ich ihn mitnahm. Da war es sonnenklar: Er wollte zu uns gehören. Ich kaufte ihn. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich ihm Mouna gedanklich bereits mehrmals bekannt gemacht und beide gefragt, ob das nun der Deal sein sollte. Beide ließen mich ganz klar wissen, dass sie sich füreinander entschieden hatten.

Es sollte noch ein paar Monate dauern, bis unser Hof einzugsbereit war, und so lange ließ ich ihn bei seiner alten Besitzerin stehen und besuchte ihn mehrmals wöchentlich. Ich arbeitete frei mit ihm und ritt ihn aus. Seinen Sattel kaufte ich nicht mit, er bekam ein Reitpad. Ein paar Mal versuchte ich, ihn dort auch auf dem Reitplatz zu reiten, doch er zeigte mir sehr deutlich, was er davon hielt. Er kehrte immer wieder in die Mitte zurück und blieb dort stehen. Damals dachte ich noch, dass man reiten üben müsste. Ich war jahrelang nicht mehr wirklich geritten und fand, ich müsste erst wieder besser darin werden. Ich dachte, dass es etwas nützte, viel im Kreis zu reiten, um für das Pferd etwas zu tun und selbst sicherer zu werden. Milan sollte mich eines Besseren belehren und das war hoch an der Zeit. Er hat mich mit seiner Entscheidung, diesen Irrglauben der Menschen nicht mehr zu unterstützen, eine der wichtigsten Lektionen in Bezug auf das Verständnis für Pferde gelehrt.

In unserer Freiarbeit galoppierte er zwar gern umher und war froh, dass er sich mal zeigen durfte und seine Kraft demonstrieren konnte, aber auch hier kam er oft in die Mitte und stand da, mit gesenktem Kopf, traurig. Ich verbrachte viel Zeit damit, einfach bei ihm zu stehen. Trotzdem war ich damals noch sehr in dem Modus, doch irgendetwas mit einem Pferd machen zu müssen. Es musste ein Programm geben. So hatte ich es gelernt: holen, putzen, fertig machen, reiten, arbeiten, ausreiten, spazieren gehen, putzen, wegstellen. Wie ich anders mit einem Pferd zusammen sein konnte, war mir noch nicht ganz klar.

Es wurde zunehmend unangenehmer, in seinem alten Zuhause mit Milan zusammen zu sein, und wir waren beide äußerst froh, als ich ihn mitnehmen konnte. Als ich ihn holte, parkte ich den Hänger vor dem Haus, hinter dem er stand. Ich holte ihn am Halfter von der Weide, sein Kumpel wieherte ihm traurig hinterher, doch Milan drehte sich nicht einmal um. Er ging zügig mit mir ums Haus, zögerte keine Sekunde, als er den Hänger sah. Ohne anzuhalten, ging er hinein, sogar, ohne dass ich mitgehen musste. Ich legte ihm den Strick im Gehen auf den Hals und er steig einfach ein.

Zu Hause angekommen, war die Zusammenkunft von Milan und Mouna erstaunlich unspektakulär. Mouna wartete bereits auf ihn, wir hatten sie direkt davor zu unserem Hof gebracht. Die beiden sahen sich und taten so, als wüssten sie bereits genau, wer der andere war. Außerdem war von Sekunde eins sozusagen klar, dass sie zusammengehören. Und damit meine ich nicht die Notwendigkeit von zwei Pferden, sich zusammenzutun, wenn es keine anderen Pferde um sie herum gibt. Sondern ich meine echte Liebe auf den ersten Blick. Mouna hatte sich ihren perfekten Ehemann ausgesucht und Milan hatte genau das, was er immer wollte: Eine kleinere, tolle Stute, welche zwar weiß, wer sie ist, ihn aber als Pferdemann willkommen heißt und mit ihm einen Bund eingeht. Der Bund bestand schon, bevor sie sich trafen, und so war es einfach nur erleichternd, die beiden endlich zusammen zu sehen.

Es sollte bis heute, viele Jahre später, genauso bleiben. Mittlerweile haben die beiden in drei verschiedenen, gemischten Herden mit wechselnden Mitgliedern von bis zu 13 Pferden gestanden und haben verschiedene Reisen an Orte mit anderen Pferden mit mir unternommen. Nicht einmal haben sie sich dabei voneinander entfremdet. Es gab Zeiten, in denen sie jeweils lockere Freundschaften zu anderen Pferden eingegangen sind, aber sie agierten immer als „Paar“ und waren sich ihrer sicher. In neuen Gruppen war Mouna immer für den Erstkontakt zuständig, während Milan sie beschützend flankierte. Er hat sich nur selten richtige Kumpelkontakte mit anderen Wallachen gegönnt und diese auch schnell unterlassen, weil es ihn traurig machte, dass die Pferde in Pensionsställen kommen und gehen. Er begann sogar, mich darauf aufmerksam zu machen, wenn es anderen Pferden nicht gut ging. Doch er unterließ es wieder, als er merkte, dass wir nichts für diese Pferde tun konnten, wenn ihre Menschen es nicht selbst tun wollten.

Mit Milan und Mouna verbrachte ich ein wunderschönes Jahr auf meinem Hof, ehe wir ihn verlassen mussten. In den ersten Wochen und Monaten tat Milan vor allem eins: nichts. Er hatte sich eine Ecke im Paddock ausgesucht, in die er sich stellte, um möglichst lange in die Weite zu blicken und dabei zu grübeln. Er beamte sich gedanklich weg und brauchte diese Zeit der Verarbeitung. Ich dachte, ich müsste ihn wenigstens ab und zu da herausholen, und hatte den Anspruch, ihm durch freie Arbeit helfen zu wollen, seine Traumata zu bewältigen. Er zeigte mir, was er davon hielt, indem er meistens einfach nicht den Reitplatz betrat. Und tat er es doch, dann rannte er zwar etwas herum und genoss auch mal die Zeit mit mir, aber er ließ sich nur so weit darauf ein, wie er meinte, mir damit einen Gefallen tun zu wollen. Er ließ mich nicht wirklich an sich heran. Unsere Gespräche waren respektvoll, oberflächlich und klärten vor allem ab, was für ihn okay war und was nicht. Ich respektierte das und ließ ihm seinen Raum.

Was er sehr gern tat, war ausreiten. Die ersten Ritte mit Milan zu Hause waren große Abenteuer! Nach meiner jahrelangen Reitpause war ich nicht mehr diese mutige Jugendliche, die jedes noch so wilde Pferd im Galopp und ohne Sattel durch die Landschaft ritt. Ich konnte kaum atmen vor Angst, wenn wir losritten, weil ich wusste, was mich erwartete: Volle Kraft voraus! Der Deal mit Milan in Bezug auf Reiten ging so: Er wollte es gern, wenn ich die Bedingungen akzeptierte, dass ich ihn dabei laufen ließ. Nicht laufen, sondern rennen. Er wollte sich so richtig freirennen. Natürlich nur auf geeigneten Galoppstrecken. Dabei durfte ich ihn aber nicht im Kreis reiten wie auf dem Reitplatz. Irgendein Feld aufzusuchen, um ein paar Runden darauf zu drehen, das war nicht drin. Ebenso wenig sollte ich hin- und zurückreiten, um eine Strecke zweimal zu nutzen. Er wollte wirkliche Ausritte, die ihm ein schöner Ausflug durch die Umgebung waren. Auf denen er sich umsehen und die Zeit genießen konnte, ohne dass er das Gefühl hatte, dass ich um des Reitens Willen ritt. Ich sollte diese Ausflüge mit ihm genießen und mich von ihm tragen lassen. Ich sollte mich entspannen, wenn er rannte. Er versprach mir, nie durchzugehen und am Ende immer anzuhalten. Er würde dabei auf mich aufpassen, dass ich nicht herunterfiel. Er brauchte dafür von mir, dass ich mich mitnehmen ließ, ihn nicht bremste, wenn er loslegte, und ihm vertraute. Ich durfte die Strecken wählen, aber eben im Sinne des Ausflugs.

Und so ging mir regelmäßig die Flatter, wenn wir uns flotten Schrittes der Galoppstrecke näherten. Ich sang ganze Lieder, um irgendwie eine einigermaßen ruhige Atmung hinzubekommen. Denn wenn Milan loslegte, war klar: Ich war hier nur Passagier. Milan ist ein Pferd, welches um seine Kraft weiß. Er kennt seinen Körper genau und hat eine beneidenswerte Balance und Reaktionsschnelligkeit. Er kann mit Reiter aus dem gestreckten Galopp in den Stand springen und aus dem Stand in den kraftvollen Galopp gehen. Er hat wahnsinnige Schubkraft und er ist eins der Pferde, welches auf Entscheidung seinen Kopf stumpf schalten kann, wenn es um Zügeleinwirkung geht. Er lacht sich innerlich in den Hemdkragen, wenn man versucht, ihn durch Herumziehen zu etwas zu bewegen. Milan kann auch mit herumgezogenem Kopf kontrolliert dahin galoppieren, wo er hin möchte. Das durfte seine Reitbeteiligung Jahre später noch mehrmals feststellen. Auch mich ließ er relativ schnell wissen, dass man nicht gegen ihn arbeiten kann, sondern nur mit ihm. Und dass, wenn ich ihn reiten wollte, es nur den Weg gab, mit seiner Kraft zu gehen oder direkt wieder abzusteigen. Milan gab mir damit das Geschenk, welches ich schon als junges Mädchen als das größte meines Lebens empfand: Von einem Pferd in voller Lebensfreude wie frei fliegend und ohne Sattel über das Land getragen zu werden, während ich unter mir seinen Körper in unbändiger Kraft galoppieren spüre und ihm vertraue, dass er mich trägt.

Es brauchte einige Ritte, bis ich mich daran wieder gewöhnt hatte. Milan buckelte in all den Jahren nur ein einziges Mal, und das war, als ich das erste Mal mit Pad auf ihm im Gelände galoppierte. Weil ich mich so auf ihm dabei festklammerte vor Angst, dass er mir zeigen musste, dass es so nicht geht. Es ging nur, wenn ich mich entspannte und mich mitnehmen ließ. Das kapierte ich sofort, und dann ging es. Wir trafen bei unseren ersten Ritten auf mit den Armen wedelnde Menschen, die dachten, mein Pferd ginge dort auf dem Feld durch und ich befände mich in Lebensgefahr. Wir durchstreiften Wälder, überquerten Felder, erklommen Hügel und stapften durch Büsche. Wir wurden begleitet von Greifvögeln, Enten, Rehen und Schwänen. Manche rannten oder flogen streckenweise mit uns, manche flohen vor diesem Donner, der da über das Land zog. Milan bremste immer, aber immer erst genau dann, wenn er unbedingt musste. Er konnte bis einen Meter vor der Straße galoppieren, um dann genau dort stehen zu bleiben. Die Adrenalinausschüttung meines Körpers fand damals regelmäßige Höhepunkte, und bald musste ich nicht mehr singen, bevor es losging, sondern grinste nur. Bei den ersten Galopps stellte ich fest, dass Milan seinen Kopf immer wieder etwas nach links oder rechts neigte, um mich zu beäugen, während er rannte. Er schaute buchstäblich nach, ob bei mir noch alles in Ordnung war. Wann auch immer ein unvorhergesehenes Ereignis unseren Weg kreuzte, wich er geschickt aus oder reagierte so, dass niemandem etwas passierte. Er passte auch immer auf, mich dabei zu balancieren und mein Gewicht mit den Fliehkräften mit auszutarieren, wenn er seine Manöver einleitete. Ich fiel nie von ihm herunter. Uns ist nie etwas passiert.

Es war nicht so, dass Milan unkontrolliert durch die Gegend preschte, während ich atemlos auf ihm saß. Teil des Kompromisses war schon, dass ich entschied, wann er wo laufen durfte, solange es im Sinne seiner oben genannten Bedingungen war. Falls ich doch mal versuchte, ein paar Feldrunden zu drehen, erinnerte er mich vehement daran, dass das nicht Teil des Deals war, indem er keinen Meter mehr vorwärtsging, sondern rückwärts. Und das tut er bis heute.

Milan ist eben ein Pferd mit Prinzipien. Ich mag solche Pferde, die sich nicht einfach etwas sagen lassen. An denen jeder Versuch scheitert, sie mit geschickten Trainingsmethoden dazu auszutricksen, alles zu tun, was man möchte. Generell liegen mir solche Tiere am Herzen, auch mein mittlerweile verstorbener Hund Merlin passte in diese Kategorie. Es braucht wahre Größe, eine Meinung dazu zu haben, wie andere mit einem umgehen, und dafür Schwierigkeiten in Kauf zu nehmen. Das gilt auch für Menschen, jedoch haben die meisten von uns immer noch eine Wahlmöglichkeit, mit wem sie es zu tun haben möchten und was sie zu tun haben. Als Pferd hingegen braucht es tatsächlich großen Mut, demjenigen zu widersprechen, der einfach alles im Leben bestimmt. Mit wem ich lebe, wo ich lebe, wie viel Platz ich habe, wie viel und was für Futter ich bekomme, wie ich bei körperlichen Problemen behandelt werde, wie ich meine Freizeit verbringe und dann auch noch, wie ich mich verhalten soll. Für die meisten Haustiere hört es dort auf. Bei Pferden fängt der unangenehmste, fremdbestimmte Teil aber erst damit an, dass ihre Körper benutzt werden, um uns zu tragen oder anderweitig zu beschäftigen. Es wird ihnen allerlei Lederzeugs angelegt, womit sie unter Zug und Druck in Form gebracht werden. Für uns ist das normal, wir haben uns an das Bild gewöhnt. Um zu verstehen, was das tatsächlich bedeutet, lohnt es sich, immer wieder neu darauf zu schauen und zu überlegen, was das mit einem Pferd macht. Und wie viel Mut es bereits aufgebracht haben muss, wenn es sich traut, sich dennoch dazu zu äußern. Denn natürlich weiß ein Pferd dann längst, dass das sehr unangenehme Konsequenzen nach sich ziehen kann oder wird.