Wann Sie eine Bank überfallen sollten - Stephen J. Dubner - E-Book

Wann Sie eine Bank überfallen sollten E-Book

Stephen J. Dubner

0,0
8,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
  • Herausgeber: Penguin
  • Kategorie: Lebensstil
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2017
Beschreibung

Die Top-Ökonomen Steven D. Levitt und Stephen J. Dubner sind Spezialisten darin, überraschende Lösungen für vertrackte Probleme zu finden. Und sie wissen genau, wie Erkenntnisse der Wirtschaftswissenschaften unser Leben leichter machen können. Im vorliegenden Buch stellen sich die Bestsellerautoren Fragen, die ihnen und ihren Lesern auf den Nägeln brennen. Mit ihrer ganz speziellen Mischung aus großartigem Humor und bestechender Logik erklären sie, warum Menschen lügen, Stewardessen kein Trinkgeld bekommen und es höchste Zeit ist, eine Sexsteuer einzuführen. Ein Buch der verblüffenden Erkenntnisse, randvoll mit Überlebenswissen für den Alltag.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 417

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



STEPHEN J. DUBNER ist ein preisgekrönter Autor und arbeitet als Journalist u.a. für die »New York Times«, den Rundfunk und das Fernsehen. Mit Steven D. Levitt hat er die Weltbestseller Freakonomics (2007) und SuperFreakonomics (2010) verfasst.

STEVEN D. LEVITT ist Professor für Ökonomie an der University of Chicago und Preisträger der John-Bates-Clark-Medaille, die den einflussreichsten Wirtschaftswissenschaftlern unter vierzig verliehen wird.

Außerdem von Stephen J. Dubner und Steven D. Levitt lieferbar:

SuperFreakonomics – Nichts ist so wie es scheint

Über Erd-Abkühlung, patriotische Prostituierte und Selbstmord-Attentäter mit Lebensversicherung

Think like a Freak

Andersdenker erreichen mehr im Leben

Besuchen Sie uns auf www.penguin-verlag.de und Facebook.

Stephen J. Dubner und Steven D. Levitt

Wann Sie eine Bank überfallen sollten

131 verblüffende Erkenntnisse aus der Welt der Wirtschaft

Aus dem Amerikanischen von Andreas Simon dos Santos

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Die englische Originalausgabe erschien 2015 unter dem Titel When to Rob a Bank. … And 131 More Warped Suggestions and Well-Intended Rantsbei William Morrow, einem Imprint von HarperCollins, New York.PENGUIN und das Penguin-Logo sind Markenzeichenvon Penguin Books Limited und werden hier unter Lizenz benutzt.Copyright © 2015 by Steven D. Levitt and Dubner Productions, LLC.Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2017 by Penguin Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 MünchenUmschlaggestaltung: any.way, Heidi SorgUmschlagmotiv: © shutterstock/Alexander_PRedaktion: Nico Schröder, HamburgSatz: Fotosatz Amann, MemmingenISBN 978-3-641-19539-7V001www.penguin-verlag.de

Wir widmen dieses Buch unseren Lesern.

Wir sind immer wieder baff über Ihren Elan und dankbar für Ihre Aufmerksamkeit.

Inhalt

Was haben Blogs und Wasserflaschen gemeinsam?

Kapitel 1 – Wir wollten doch nur helfen

Kapitel 2 – Limberhand, der Masturbator, und die Gefahren von Wayne

Kapitel 3 – Ein Hurra auf die hohen Benzinpreise!

Kapitel 4 – Heiß umkämpft

Kapitel 5 – Wie man sich vor den falschen Dingen fürchtet

Kapitel 6 – Wer nicht mogelt, strengt sich nicht genug an

Kapitel 7 – Aber ist es auch gut für den Planeten?

Kapitel 8 – Peinlich überreizt

Kapitel 9 – Wann Sie eine Bank überfallen sollten

Kapitel 10 – Mehr Sex bitte, wir sind Ökonomen!

Kapitel 11 – Kaleidoskopia

Kapitel 12 – Wenn Sie ein Freakonom sind …

Das höchste Lob, das man je aussprechen kann

Dank

Anmerkungen

Register

Was haben Blogs und Wasserflaschen gemeinsam?

Vor zehn Jahren, als wir kurz davor standen, ein Buch namens Freakonomics zu veröffentlichen, beschlossen wir, eine begleitende Webseite zu schaffen. Sie trug den fantasielosen Namen Freakonomics.com und hatte zufällig auch die Funktion, ein Blog zu sein.

Levitt, der immer ein paar Jahre hinterherhinkt, hatte keinen Schimmer, was ein »Blog« überhaupt ist, geschweige denn je einen gelesen oder gar selbst geschrieben. Dubner erklärte ihm die Grundidee. Levitt war nicht überzeugt.

»Probieren wir’s doch einfach aus«, meinte Dubner. Ihre Partnerschaft war noch frisch, daher hatte Levitt noch nicht begriffen, dass dieser harmlos klingende Satz Dubners Art war, ihn zu allen möglichen Dingen zu bewegen, die er nie beabsichtigt hatte.

Also versuchten wir es mit dem Blog. Hier der erste Post, den wir damals schrieben …

Wir lassen unser Baby von der Leine

Alle Eltern halten ihr Baby für das schönste der Welt. Anscheinend hat die Evolution unser Hirn so eingerichtet, dass wir beginnen, unser eigenes Baby schön zu finden, wenn wir ihm nur lange genug ins Gesicht starren. Wenn die Gesichter fremder Babys mit Brei verschmiert sind, sieht das eklig aus – bei unserem eigenen Kind finden wir es hingegen irgendwie süß.

Nun ja, wir haben so lange auf das Freakonomics-Manuskript gestarrt, dass wir es jetzt schön finden – trotz Warzen, Brei und dem ganzen Rest. Dadurch kamen wir auf die Idee, dass es vielleicht ein paar Leute lesen und danach möglicherweise sogar ihre Meinung darüber kundtun möchten. So entstand diese Webseite. Wir hoffen, es wird auf einige Zeit ein glückliches – oder zumindest ein erfreulich kontroverses – Heim.

Und es ist wirklich ein glückliches Heim geworden! Unsere Blogtexte sind lockerer, persönlicher, meinungsfreudiger als unsere Buchmanuskripte. Wir werfen im Blog ebenso gern eine Frage in den Raum, wie wir eine konkrete Antwort geben. Wir haben dort Unausgegorenes gepostet und es später bereut. Wir haben dort auch Durchdachtes gepostet und es später ebenfalls bereut. Vor allem aber hat uns der Blog einen guten Grund dafür gegeben, weiterhin mit neugierigen, offenen Augen auf die Welt zu blicken.

Anders als der erste Post wurden die meisten Blogeinträge nur von einem von uns geschrieben, nicht von beiden zusammen wie beim Schreiben des Buches. Wir baten ab und zu Freunde (und sogar Feinde), uns einen Beitrag für den Blog zu schreiben; wir führten zuweilen Abstimmungen durch (indem wir ein paar Leuten eine schwierige Frage vorlegten) und spielten mit anderen Frage und Antwort (mit Leuten wie dem berühmten Psychologen Daniel Kahneman und einer Escort-Dame namens Allie). Mehrere Jahre lang lief der Blog über die New York Times, was ihm einen nicht so ganz verdienten Anstrich von Seriosität verlieh. Aber die Zeitung kam schließlich wieder zu Verstand und gab uns den Laufpass, um das zu tun, was wir eben so tun. Da waren wir wieder einsam und verlassen.

Über all diese Jahre fragten wir uns, warum wir weiterbloggten – aber es gab darauf keine offensichtliche Antwort. Und es machte sich auch nicht bezahlt, denn es gab kein Anzeichen dafür, dass wir durch den Blog mehr Bücher verkauften. Vielmehr könnte es die Verkäufe ruiniert haben, da wir Tag für Tag unsere Texte umsonst veröffentlichten. Aber mit der Zeit wurde uns klar, warum wir dabeiblieben: Unsere Leser lasen den Blog gern, und wir mochten unsere Leser. Ihre Neugier, ihr Einfallsreichtum und besonders ihre Verspieltheit hielten uns bei der Stange – Qualitäten, für die wir auf den folgenden Seiten viele Belege zeigen werden.

Einer der Leser wollte uns davon überzeugen, aus unserem Blog doch ein Buch zu machen. Das kam uns wie eine ziemlich blöde Idee vor – bis wir es vor gar nicht langer Zeit etwas positiver sahen. Was hatte sich geändert? Dubner brachte eines seiner Kinder zum Sommercamp im Bundesstaat Maine. Mitten in der Walachei kamen sie an einem riesigen Abfüllwerk für Mineralwasser der Marke Poland Spring vorbei. Dubner, selbst in der Walachei aufgewachsen, hatte es immer komisch gefunden, dass Leute gutes Geld für eine Flasche Wasser ausgaben. Und trotzdem tun sie es, und das in der Größenordnung von etwa hundert Millionen Dollar pro Jahr.

Plötzlich hatten wir den Eindruck, dass ein Buch aus Blogeinträgen gar nicht mal so blöd ist. So beschlossen wir also in der Tradition von Poland Spring, Evian und anderen, etwas abzufüllen, das zuvor frei verfügbar war, und den Interessenten dann Geld dafür abzuknöpfen.

Allerdings ist der Fairness halber anzumerken, dass wir uns vorher noch die Mühe machten, unseren ganzen Blog zu lesen und das beste Material herauszupicken. (Wir fanden es erfreulich, unter den achttausend zumeist mittelmäßigen Einträgen tatsächlich auch ein paar gute zu finden.) Wir redigierten und aktualisierten die Posts soweit notwendig und gruppierten sie zu sinnvollen Kapiteln. Kapitel 1 zum Beispiel – »Wir wollten doch nur helfen« – beschäftigt sich mit der Abschaffung der akademischen Festanstellung, mit Alternativen zur Demokratie und damit, wie man als ein Terrorist denkt. »Limberhand, der Masturbator, und die Gefahren von Wayne« handelt von Namen, die seltsam oder passend oder seltsam passend sind. »Wenn Sie ein Freakonom sind …« zeigt, dass man schlecht wieder davon abkommt, wie ein Ökonom zu denken, wenn man einmal damit angefangen hat – egal ob es um Babynahrung, Animationsfilme oder ein vergammeltes Huhn geht. Nach und nach werden Sie mehr über unsere persönlichen Steckenpferde wie Golf, Glücksspiel und den gefürchteten Penny erfahren, als Ihnen lieb ist.

Es hat uns all die Jahre jedenfalls mordsmäßigen Spaß bereitet, unsere schrägen Gedanken aufzuschreiben. Wir hoffen, Sie genießen es, in unsere Köpfe zu spähen – um nachzuschauen, wie es sich anfühlt, wenn man die Welt durch eine freakonomisch getönte Brille sieht …

Kapitel 1

Wir wollten doch nur helfen

Einige der besten Ideen der Geschichte – tatsächlich fast alle – klangen zunächst verrückt. Und eine Menge Ideen, die verrückt klingen, sind auch tatsächlich verrückt. Aber wie findet man das heraus? Ideal an einem Blog ist, dass man seine durchgeknalltesten Ideen als Versuchsballons steigen lassen kann, um zu sehen, wie schnell sie abgeschossen werden. Von allen Posts, die wir je geschrieben haben, sorgte der erste dieses Kapitels für die schnellsten, lautesten und wütendsten Reaktionen.

Wenn Sie ein Terrorist wären, wie würden Sie angreifen?

(SDL)

Die US-Behörde für Transportsicherheit gab kürzlich bekannt, dass im Flugverkehr die meisten Beschränkungen für die Mitnahme von Gegenständen im Handgepäck bestehen bleiben, allerdings hob sie das Verbot von Feuerzeugen auf. Es klingt zwar verrückt, die Leute daran zu hindern, Zahnpasta, Deo oder Wasser durch die Sicherheitskontrollen zu schleusen, hingegen schien das Verbot von Feuerzeugen schon eher Sinn zu machen. Ich frage mich, ob die Hersteller von Feuerzeugen sich für oder gegen diese Regel starkmachten. Einerseits müsste es ja gut fürs Geschäft sein, wenn jeden Tag 22000 Feuerzeuge beschlagnahmt werden; andererseits werden vielleicht weniger Leute Feuerzeuge kaufen, wenn sie nicht mit ihnen verreisen dürfen.

Als ich von diesen Bestimmungen hörte, stellte ich mir vor, was ich als Terrorist mit beschränkten Mitteln tun würde, um den Terror zu maximieren. Zunächst würde ich darüber nachdenken, was den Leuten wirklich Angst einjagt. Der Gedanke, Opfer eines Anschlags zu werden, macht den Menschen Angst. Also würde ich etwas tun, von dem alle glauben, dass es sie treffen könnte, selbst wenn es eher unwahrscheinlich ist, selbst zu Schaden zu kommen.

Menschen neigen dazu, geringe Wahrscheinlichkeiten zu überschätzen, daher steht die Angst vor einem Terrorakt im deutlichen Missverhältnis zum tatsächlichen Risiko.

Ich würde außerdem für das Gefühl sorgen wollen, dass es geradezu eine Armee von Terroristen gibt – und zwar dadurch, dass ich eine ganze Serie von Anschlägen auf einmal verüben würde, gefolgt von einer weiteren.

Falls Terroristen nicht darauf bestehen, bei ihren Missionen unbedingt selbst ums Leben zu kommen (was ich mir nicht vorstellen kann), wäre es, drittens, optimal, einen Plan auszuhecken, um möglichst nicht getötet oder festgenommen zu werden.

Viertens halte ich es für sinnvoll, tunlichst den Handel zum Erliegen zu bringen, denn wenn die Menschen nicht einkaufen können, haben sie mehr freie Zeit, sich mit ihrer Angst zu beschäftigen.

Will man, fünftens, dem Land wirklich Leid zufügen, muss der Terroranschlag dafür sorgen, dass die Regierung ein Bündel sehr kostspieliger Gesetze durchs Parlament paukt, die noch lange nach Erfüllung ihres Zwecks (sofern sie überhaupt einen solchen hatten) gültig bleiben.

Meiner allgemeinen Weltsicht nach ist einfacher auch besser. Ich schätze, dieses Prinzip gilt auch für den Terrorismus. In diesem Sinne ist der beste Terrorplan, den ich gehört habe, der meines Vaters, als 2002 ein Heckenschütze im Raum der Hauptstadt Washington D.C. sein Unwesen trieb. Die Grundidee ist, zwanzig Terroristen mit Gewehren und Autos auszurüsten, damit sie zu vorab festgelegten Zeiten im ganzen Land als Heckenschützen Attentate verüben können. In Großstädten, Kleinstädten, Vororten und so weiter. Sie sollen viel herumfahren, dann wird niemand wissen, wann und wo sie als Nächstes zuschlagen werden. Das Chaos wäre unglaublich, besonders wenn man bedenkt, welch geringe Mittel die Terroristen dafür benötigen würden. Es wäre außerdem extrem schwierig, diese Kerle dingfest zu machen. Der Schaden wäre natürlich nicht so groß wie bei der Zündung einer Atombombe in New York, aber es wäre viel einfacher, ein paar Gewehre zu besorgen als eine Nuklearwaffe.

Ich bin sicher, viele Leser haben noch wesentlich bessere Ideen. Ich würde sie liebend gern hören. Stellen Sie es sich als einen Dienst an der Öffentlichkeit vor. Ich nehme an, diesen Blog lesen viel mehr Leute, die gegen Terror sind und ihn bekämpfen, als tatsächliche Terroristen. Solche Ideen also offen zu erörtern gibt den Kämpfern gegen den Terror eine Chance dafür, solche Szenarien durchzuspielen und sich darauf vorzubereiten, bevor sie sich ereignen.

Dieser Post erschien am 8. August 2007, an dem Tag, an dem der Freakonomics-Blog von der New York Times zum ersten Mal freigeschaltet wurde. Am selben Tag wurde Dubner in einem Interview mit dem New York Observer um eine Erklärung gebeten, warum Freakonomics der erste externe Blog war, den die Zeitung veröffentlichte. Seine Antwort spiegelt die Tatsache wider, dass er früher für die Zeitung gearbeitet hatte und mit ihren Standards und Gepflogenheiten gut vertraut war: »Sie weiß, dass ich in dem Blog nicht irgendeine Art von Fatwa aussprechen werde.« Wie sich herausstellte, wurde Levitts Post mit der Bitte um Ideen für Terroranschläge aber genau als etwas in dieser Art betrachtet. Er zog so viele wütende Kommentare auf sich, dass die Zeitung nach Hunderten von Wortmeldungen die Kommentarspalte schloss. Hier ein typischer Kommentar: »Das soll wohl ein Witz sein. Ideen für Terroristen? Wollen Sie irgendwie oberschlau sein? Clever? Sie sind ein Idiot.« Das brachte Levitt dazu, es am nächsten Tag noch einmal zu versuchen.

Terrorismus, Teil II

(SDL)

Am allerersten Tag, an dem unser Blog von der New York Times freigeschaltet wurde, schrieb ich einen Post. Und der brachte mir die meisten Hass-E-Mails ein, seit ich mich vor fast einem Jahrzehnt mit der These vorwagte, legale Abtreibungen würden die Kriminalitätsrate senken.1 Die Leute, die mir E-Mails dazu schreiben, können sich nicht entscheiden, ob ich nun ein Schwachkopf oder ein Verräter bin – oder beides.

Viele der wütenden Reaktionen lassen mich rätseln, was aus Sicht normaler Amerikaner wohl der tägliche Zeitvertreib von Terroristen ist. Ich selbst schätze, dass sie nach Ideen für Anschläge suchen. Man muss Terroristen schon für ausgemachte Volltrottel halten, wenn man glaubt, ihnen sei nie der Gedanke gekommen, die Attentate des Heckenschützen von Washington D.C. für eine erwägenswerte Methode zu halten.

Die Sache ist die: Es gibt praktisch unbegrenzt viele überaus einfache Strategien, die Terroristen zur Verfügung stehen. Dass seit den letzten großen Terroranschlägen in den Vereinigten Staaten bereits sechs Jahre vergangen sind, kann Verschiedenes bedeuten. Die Terroristen könnten etwa inkompetent sein, oder ihr Ziel besteht vielleicht gar nicht darin, den Terror zu verbreiten. (Ein eigener Faktor ist die Präventionsarbeit der Strafverfolgungsbehörden und der Regierung; darauf komme ich weiter unten noch zurück.)

Viele der zornigen E-Mails, die ich erhielt, verlangten von mir einen Post mit der Erklärung, wie wir Terroristen stoppen können. Die offensichtliche Antwort auf diese Frage ist allerdings enttäuschend: Wenn es Terroristen in den Sinn kommt, ohne großen technischen Aufwand Terror zu verbreiten, sind wir dagegen machtlos.

Das ist die momentane Lage im Irak und, in geringerem Maße, in Israel. Es war auch vor einiger Zeit die Situation im Nordirlandkonflikt.

Was also können wir tun? Wie Briten und Israelis könnten die Amerikaner in einer solchen Lage schlicht lernen, damit zu leben. Der tatsächliche Blutzoll eines niederschwelligen Terrorismus wäre relativ gering, würde man ihn mit anderen Todesursachen vergleichen, etwa mit Motorradunfällen, Herzattacken, Tötungsdelikten und Selbstmorden. Es ist die Angst, die den wahren Tribut fordert.

Doch so wie Menschen in Ländern mit Hyperinflation rasch lernen, damit zurechtzukommen, geschieht das Gleiche bei terroristischen Bedrohungen. Das tatsächliche Risiko, in einem Bus in Israel einem Anschlag zum Opfer zu fallen, ist gering. Wie Gary S. Becker und Yona Rubinstein gezeigt haben, reagieren daher Leute, die in Israel viel mit dem Bus fahren, nicht sonderlich verängstigt darauf, von Bombenattentaten bedroht zu sein.2 So erhalten Busfahrer in Israel auch nur geringe Lohnzuschläge.

Darüber hinaus glaube ich, dass wir in Zukunft einige weitere Maßnahmen ergreifen können. Wenn die Bedrohung aus dem Ausland kommt, lohnt es sich, die einreisenden Leute auf Herz und Nieren zu überprüfen. Auch das versteht sich von selbst. Vielleicht weniger offenkundig ist, dass es auch eine gute Idee wäre, potenzielle Gefährder nach ihrer Einreise zu überwachen. Wenn jemand etwa mit einem Studentenvisum einreist und in keiner Uni eingeschrieben ist, lohnt es sich, ihn oder sie zu überwachen.

Eine weitere Option haben die Briten gezeigt: Sie haben überall Videokameras installiert. Das ist sehr unamerikanisch und dürfte hier wohl kaum Schule machen. Ich bin mir auch gar nicht so sicher, ob es eine gute Investition wäre. Immerhin legen die jüngsten Terroranschläge im Vereinigten Königreich nahe, dass diese Kameras zumindest nützlich dabei sind, die Täter hinterher zu identifizieren.

Der Arbeit meines Kollegen Robert Pape von der University of Chicago zufolge besteht in der Besetzung eines anderen Landes die größte Vorhersagekraft darüber, ob es künftig Terrorangriffe geben wird.3 Aus dieser Sicht hilft es wohl weniger dabei, den Terrorismus zu vermindern, dass im Irak amerikanische Soldaten stationiert sind – auch wenn es anderen Zwecken dienen mag.

Letztlich glaube ich jedoch, dass man die aktuelle Bedrohungslage durch Terrorismus in den USA auf zweierlei Weise deuten kann.

Eine Auffassung ist: Wir werden gegenwärtig deshalb nicht von Terroristen dezimiert, weil die Anstrengungen der Regierung zur Terrorbekämpfung erfolgreich gewesen sind.

Alternativ könnte man auch sagen, dass das Terrorrisiko schlicht nicht so hoch wie gedacht ist und wir viel zu viel für seine Eindämmung ausgeben – zumindest für seine scheinbare Eindämmung. Der Druck, der auf der Regierung und den Verwaltungsbeamten lastet, ist viel größer, und es soll so aussehen, als würden sie den Terrorismus stoppen, was eher nicht der Realität entspricht. Man kann es dem Leiter der Transportsicherheitsbehörde nicht vorwerfen, wenn ein Flugzeug mit einer tragbaren Boden-Luft-Rakete abgeschossen wird, aber er gerät in ernste Schwierigkeiten, wenn eine Tube mit explosiver Zahnpasta die Maschine vom Himmel holt. Folglich leisten wir bezüglich der Zahnpasta viel größere Anstrengungen, obwohl sie wahrscheinlich eine weit geringere Bedrohung darstellt.

Ebenso bekommt jemand von der CIA keinen Ärger, wenn ein Terroranschlag geschieht. Wohl aber dann, wenn es keinen schriftlichen Bericht gibt, der vor solchen Angriffen warnte, bevor er in der Zuständigkeit eines anderen Geheimdienstmitarbeiters unter unzähligen ähnlichen Berichten verloren ging.

Ich vermute, dass die zweite Annahme – dass nämlich die Terrorbedrohung einfach nicht so groß ist – eher ins Schwarze trifft. Und das stellt, wenn man es sich einmal genauer überlegt, eine optimistische Sicht auf die Welt dar. Aber das macht aus mir wahrscheinlich noch immer einen Schwachkopf oder Verräter – oder beides.

Wie wär’s denn mal mit einem »Krieg gegen die Steuern«?

(SJD)

Der Journalist David Cay Johnston, der als Fachmann für Steuerpolitik und andere Wirtschaftsthemen bei der New York Times eine beeindruckende Arbeit leistet, berichtet, dass die US-Steuerbehörde private Inkassounternehmen beauftragt, die ausstehenden Steuern einzutreiben. »Die Eintreibung privater Schulden soll in zehn Jahren 1,4 Milliarden Dollar einbringen«, schreibt er, »wobei die Inkassounternehmen etwa 330 Millionen Dollar oder 22 bis 24 Cent pro Dollar davon für sich behalten.«4

Das mag als eine Provision erscheinen, die allzu happig ist, um sie preiszugeben. Bei den Bürgern mag zudem die Sorge aufkommen, dass hier Privatunternehmen der Zugang zu ihren persönlichen Steuerdaten gewährt wird. Eines springt mir dabei jedoch am stärksten ins Auge: dass die Steuerbehörde genau weiß, wer ihr Geld schuldet und wo sie es finden kann. Doch weil sie personell zu schwach besetzt ist, kann sie es nicht selbst eintreiben und muss daher jemanden dafür anheuern – zu einem gepfefferten Preis.

Dabei räumt die Steuerbehörde ein, dass es viel teurer ist, die Schulden von externen Inkassofirmen eintreiben zu lassen, als wenn der Staat es selbst erledigen würde. Der ehemalige Leiter der US-Steuerbehörde, Charles Rossotti, rechnete dem Kongress einmal vor, dass man durch mehr Steuerbeamte »jedes Jahr über 9 Milliarden Dollar eintreiben könnte und dafür nur 296 Millionen Dollar ausgeben müsste – das sind etwa drei Cent pro Dollar«.

Selbst wenn Rossotti die notwendigen Mehrausgaben um den Faktor fünf unterschätzt haben sollte, wäre es für den Staat immer noch ein viel besseres Geschäft, das eigene Personal aufzustocken, statt die Aufgabe an externe Firmen auszulagern, die eine saftige Provision von zweiundzwanzig Prozent kassieren. Doch der Kongress, der das Budget der Steuerbehörde beaufsichtigt, ist berühmt für seine Widerborstigkeit, der Finanzverwaltung höhere Mittel für ihr Personal zu bewilligen. Das hatten wir in unserer Kolumne in der New York Times auch schon einmal angesprochen:

Eine Hauptaufgabe für die Leiter der US-Steuerbehörde […] ist es, dem Kongress und dem Weißen Haus höhere Mittel abzutrotzen. So verlockend es auch sein mag, die Steuerbehörde in die Lage zu versetzen, jeden Dollar einzutreiben, der dem Staat zusteht, so unattraktiv ist es für die meisten Politiker offensichtlich auch, sich für eine tüchtigere Steuerbehörde einzusetzen. Michael Dukakis hatte das bei seinem Präsidentschaftswahlkampf 1988 versucht und – nun ja, es hat nicht geklappt.

Mit der Aufgabe alleingelassen, eine allseits ungeliebte Steuergesetzgebung in einer Öffentlichkeit durchzusetzen, die weiß, dass sie praktisch nach Belieben schummeln kann, tut die US-Steuerbehörde ihr Bestes und versucht, mit einem Flickwerk über die Runden zu kommen.5

Warum tut der Kongress das? Vielleicht sind unsere Kongressabgeordneten so überaus geschichtsbewusst und sehr vom Geist unserer Republik durchdrungen, dass sie sich nur allzu gut an die Bostoner Tea Party erinnern und vor einer Revolte der Bevölkerung zittern, falls die Durchsetzung der Steuergesetzgebung verschärft würde. Wir sollten jedoch nicht vergessen, dass wir hier über die Anwendung der Steuergesetze sprechen, eine Aufgabe der Steuerbehörde, und nicht über die Steuergesetzgebung selbst, für die der Kongress zuständig ist. Mit anderen Worten: Der Kongress ist glücklich darüber, die Steuersätze festzulegen, die er für richtig befindet, aber er möchte lieber nicht den Eindruck erwecken, es den »bösen Bullen« allzu leicht zu machen, die ausschwärmen müssen, um die Steuergelder abzukassieren.

Daher sollten die Bemühungen zur Eintreibung aller ausstehenden Steuergelder vielleicht ein neues Etikett erhalten. Da der Kongress ja so viel Geld für den Krieg gegen den Terror und den Krieg gegen die Drogen bewilligt, ist es womöglich an der Zeit, einen Krieg gegen die Steuern auf den Weg zu bringen – besser gesagt: einen Krieg gegen den Steuerbetrug. Wie wäre es, den Steuerbetrug derart zu dämonisieren, indem man darauf pocht, dass die »Steuerlücke« (die Differenz zwischen geschuldeten und eingetriebenen Steuern) so hoch ist wie das Bundesdefizit? Wäre es dadurch politisch leichter zu verdauen, der Steuerbehörde die Mittel zu geben, um das Geld einzutreiben, das ihr geschuldet wird? Vielleicht könnte man die Fotos von Steuerbetrügern auf Milchtüten drucken, auf Flugblätter in Postämtern oder sogar auf die Fahndungsliste der meistgesuchten Verbrecher der USA. Wäre das hilfreich? Würde ein ordentlich geführter Krieg gegen Steuersünder das Problem lösen?

Vorerst müssen wir uns wohl damit begnügen, dass die US-Steuerbehörde das Eintreiben der Steuern externen Inkassofirmen überträgt, die zwar etwas Geld einsammeln werden, aber nicht annähernd so viel, wie dem Staat geschuldet wird. Und das bedeutet, dass viel Geld – das heißt viele Steuergelder, die von all den Bürgern eingezahlt werden, die nicht betrügen – weiter durch den Schornstein geht.

Wenn es keine öffentlichen Bibliotheken gäbe, könnte man heute noch eine aufmachen?

(SJD)

Heben Sie Ihre Hand, wenn Sie Bibliotheken hassen.

Hab ich’s mir doch gedacht: niemand. Wer hätte schließlich etwas gegen Bibliotheken?

Hier ein Vorschlag: Buchverlage. Wahrscheinlich irre ich mich, aber wenn Ihnen Bücher am Herzen liegen, dann hören Sie sich das ganze Argument zu Ende an.

Ich aß neulich mit ein paar Leuten aus dem Verlagsgeschäft zu Mittag. Eine von ihnen war gerade von einem landesweiten Kongress der Bibliothekare zurückgekehrt, wo es ihre Aufgabe war, ihr Buchprogramm möglichst vielen Bibliothekaren zu verkaufen. 20000 Bibliothekare hätten an dieser landesweiten Veranstaltung teilgenommen, sagte sie. Und wenn es ihr gelingen würde, auch nur einen großen Bibliotheksverbund wie zum Beispiel den aus Chicago oder New York dazu zu bewegen, ein Buch zu kaufen, könnte sie gleich einige Hundert Exemplare auf einen Schlag loswerden, da viele Zweigstellen mehrere Exemplare von jedem Buch bestellen.

Klingt doch gut, oder?

Tja … vielleicht auch nicht. Unter Autoren gibt es nämlich eine verbreitete Klage. Bei einer Signierstunde tritt jemand vor und sagt: »Ach, mir hat Ihr Buch so gut gefallen. Ich hatte es mir aus der Bibliothek besorgt und dann allen meinen Freunden geraten, es sich ebenfalls auszuleihen!« Und der Autor denkt: »Na toll, vielen Dank, aber warum haben Sie’s denn nicht gekauft?«

Die Bibliothek hat ihr Exemplar natürlich käuflich erworben. Sagen wir nun aber, dass fünfzig Leute dieses Exemplar im Lauf der Zeit lesen. Hätte es diesen Titel in der Bibliothek nicht gegeben, so hätten gewiss nicht alle Leute das Buch gekauft. Doch stellen wir uns vor, fünf hätten es getan. Das sind vier zusätzlich verkaufte Bücher, die Autor und Verlag einbüßen.

Man kann es natürlich auch noch ganz anders betrachten. Über die erworbenen Exemplare hinaus erhöhen Bibliotheken, so könnte man argumentieren, langfristig die gesamten Buchverkäufe auf verschiedenen Wegen:

1. Bibliotheken helfen mit, junge Menschen zu Lesern zu machen – und wenn diese Leser älter werden, kaufen sie Bücher.

2. Bibliotheken können Leser auf die Werke anderer Autoren aufmerksam machen, die sie andernfalls nicht gelesen hätten. Die Nutzer kaufen später vielleicht andere Bücher desselben Autors oder sogar das geliehene Buch selbst, um es ihrer Privatbibliothek einzuverleiben.

3. Bibliotheken fördern eine allgemeine Lesekultur. Ohne sie würden Bücher weniger diskutiert und besprochen, über sie würde weniger berichtet, was zu weniger Buchverkäufen führen würde.

Aber worauf ich eigentlich hinauswill, ist dies: Wenn es heute keine Institutionen wie öffentliche Bibliotheken geben und jemand wie Bill Gates vorschlagen würde, sie in Städten und Dörfern im ganzen Land einzurichten (wie es einst Andrew Carnegie tat), was würde wohl geschehen?6

Ich schätze, die Buchverlage würden dagegen Sturm laufen. Können Sie sich angesichts der gegenwärtigen Debatte um geistiges Eigentum vorstellen, dass heutige Verlage bereit wären, ein Exemplar eines Buches zu verkaufen und dann dem neuen Eigentümer zu erlauben, es unbegrenzt vielen Fremden auszuleihen?

Ich glaube nicht. Vielleicht würden sie stattdessen ein Lizenzsystem vorschlagen: Der Erwerb des Buches kostet zwanzig Dollar, für jedes weitere Jahr nach dem Erscheinungsjahr werden zwei Dollar fällig. Ich bin sicher, es gäbe eine Fülle anderer Möglichkeiten. Ebenso sicher bin ich, dass das Bibliothekssystem – wie viele andere Systeme, die sich über die Zeit entwickelt haben – ganz anders wäre, wenn es heute von Grund auf neu aufgebaut würde.

Weg mit der akademischen Festanstellung (einschließlich meiner eigenen)7

(SDL)

Wenn es jemals so war, dass es Sinn machte, Wirtschaftsprofessoren eine Festanstellung zu geben, dann ist es wohl lange her. Dasselbe gilt wohl auch für andere Studienfächer, und wahrscheinlich noch mehr für die Lehrer an den Schulen.

Was bewirkt eine Festanstellung? Sie lenkt die Anstrengungen der Menschen um, weil sie starke Anreize zu Beginn ihrer Karriere setzt (weshalb sie anfangs vermutlich sehr hart arbeiten), danach hingegen lässt sie nur schwache Anreize übrig (da die Leute dann vermutlich weit weniger hart arbeiten).

Man könnte sich einige Modelle vorstellen, bei denen eine solche Anreizstruktur sinnvoll wäre – zum Beispiel dort, wo man erst sehr viel lernen muss, um Kompetenz zu erwerben, dieses Wissen später aber nicht verblasst und großes Engagement dann auch nicht sehr wichtig ist. Dieses Modell trifft vielleicht gut zu, wenn es sich darum dreht, das Fahrradfahren zu lernen, aber weniger, wenn es um Akademiker geht.

Vom gesellschaftlichen Standpunkt aus betrachtet, ist es offenbar eine schlechte Idee, nur so schwache Anreize nach der Festanstellung zu haben. Schulen bleiben an Lehrern hängen, die nichts tun (zumindest nicht das, wofür sie bezahlt werden). Es ist wahrscheinlich auch eine schlechte Idee, so starke Anreize für eine Festanstellung zu setzen – selbst ohne das lockende Ziel, einen festen Job zu bekommen, haben junge Akademiker viele Gründe dafür, hart zu arbeiten und sich eine gute Karriere aufzubauen.

Die Idee, dass Festanstellungen die Wissenschaftler schützen, die politisch unpopuläre Forschungen betreiben, erscheint mir lächerlich. Ich kann mir zwar Situationen vorstellen, wo das zum Problem werden könnte, ich komme aber kaum auf irgendwelche Fälle, in denen das je von Bedeutung gewesen wäre. Festanstellungen leisten eine fantastische Arbeit, wenn es darum geht, solche Wissenschaftler zu schützen, die gar nicht oder aber grottenschlecht arbeiten. Aber gibt es in der Wirtschaftswissenschaft irgendetwas so Umstrittenes von hohem Niveau, dass dafür ein Forscher gefeuert werden könnte? In jedem Fall sind dafür ja Märkte da. Wenn eine Institution einen Wissenschaftler vor allem deshalb entlässt, weil ihr die politische Einstellung oder der Ansatz dieser Person nicht gefällt, werden andere sie mit Handkuss einstellen. Das gilt sogar dann, wie in den letzten Jahren mehrfach geschehen, wenn Forscher Daten frisiert, Gelder unterschlagen oder sich ähnliche Fehler geleistet haben: Hinterher haben sie trotzdem gute Jobs gefunden.

Es gibt aber auch einen versteckten Vorteil von Festanstellungen an der Uni. Der besteht darin, dass die Fachbereiche gezwungen werden, die mittelmäßigen Leute rechtzeitig auszusieben, schließlich sind die Kosten dafür, sie bis zum Ende der Probezeit nicht gefeuert zu haben, deutlich höher. Wenn es schmerzlich ist, Menschen zu entlassen, so kann ohne Festanstellung der Weg des geringsten Widerstands darin bestehen, stets zu erklären, die Person im nächsten Jahr entlassen zu wollen. Auch ohne es je zu tun.

Stellen Sie sich ein Umfeld vor, in dem es um Leistung geht – etwa bei einem professionellen Football-Team oder im Devisenhandel. Da würde man natürlich nicht an eine Festanstellung denken. Warum dann an der Universität?

Das beste Szenario wäre, wenn alle Bildungsinstitutionen sich untereinander absprechen würden, um die Festanstellung gleichzeitig abzuschaffen. Vielleicht würden die Fachbereiche den Angestellten ein oder zwei Jahre einräumen, um zu beweisen, dass sie ihre Positionen zu Recht innehalten. Einige Nieten würden gehen oder entlassen werden, während die restlichen Wirtschaftswissenschaftler damit anfangen würden, härter zu arbeiten. Ich vermute, dass sich nicht viel verändern würde, weder die Gehälter noch die Arbeitsplatzmobilität.

Wenn sich aber nicht alle Bildungsinstitutionen untereinander abstimmen, um die Festanstellung abzuschaffen, was würde passieren, wenn eine von ihnen vorprescht? Ich glaube, dass könnte ganz gut klappen. Die Fakultät müsste dem Lehrpersonal etwas mehr bezahlen, um es problemlos fest angestellt zu halten. Vor allem aber steht der Wert einer Festanstellung im umgekehrten Verhältnis dazu, wie gut man ist. Wer ein Überflieger ist, geht nahezu kein Risiko ein, wenn die Festanstellung beseitigt wird. Die wirklich guten Leute würden also nur geringe Lohnsteigerungen verlangen, um das Fehlen einer Festanstellung auszugleichen. Hingegen würde man für die wirklich schlechten, unproduktiven Forscher eine viel höhere Bezuschussung benötigen, um sie in einer Fakultät ohne Festanstellung zu halten. An Universitäten funktioniert das fantastisch, weil all die schlechten Leute früher oder später gehen werden, die guten dagegen bleiben. Außerdem würden dazu noch gute Leute aus anderen Instituten kommen wollen, um in den Genuss des höheren Einkommens an Institutionen ohne Festanstellung zu gelangen. Wenn mir etwa die University of California mitteilen sollte, meine Festanstellung zu streichen, aber meine Bezüge um 15000 Dollar zu erhöhen, würde ich dem Handel glücklich zustimmen. Ich bin mir ziemlich sicher: Viele andere würden es genauso machen. Die Entlassung einer weniger produktiven Lehrkraft könnte eine Universität dadurch ausgleichen, indem sie Dozenten ohne Festanstellung engagiert – nicht nur einen, sondern gleich zehn.

Warum gibt man Flugbegleitern kein Trinkgeld?

(SJD)

Denken Sie an all die Dienstleister, die üblicherweise Trinkgeld erhalten: Hoteldiener, Taxifahrer, Kellner und Kellnerinnen, die Leute, die sich um das Gepäck ankommender Fluggäste kümmern, manchmal sogar Verkäufer bei Starbucks. Flugbegleiter dagegen nicht. Aber warum?

Vielleicht geht man ja davon aus, dass sie ziemlich gut verdienen und deshalb kein Trinkgeld brauchen. Vielleicht hält man sie schlicht für Angestellte einer Sorte, die, warum auch immer, kein Trinkgeld annehmen sollten. Womöglich wird ihnen das aus irgendeinem Grund ja auch verboten. Vielleicht stammt die Sitte auch aus einer fernen Zeit, als die Flugbegleiter vor allem Frauen und die meisten Fluggäste Männer waren – und vielleicht hätte der Tausch von Geld am Ende des Flugs angesichts des etwas rätselhaften Rufs amouröser Geschäftsmänner und attraktiver Stewardessen Fragen darüber aufwerfen können, was die Flugbegleiterin genau dafür getan hatte, sich dieses Trinkgeld zu verdienen.

Trotzdem, es kommt mir sehr seltsam vor, dass so viele Servicekräfte ganz ähnliche Dienstleistungen erbringen und Trinkgeld erhalten, Flugbegleiter hingegen nicht. Besonders wo sie doch häufig so hart für die Gäste arbeiten und unentwegt mit Getränken, Kissen, Kopfhörern und vielem mehr durch die Kabine flitzen. Mir ist natürlich klar, dass viele Leute bei Flugreisen nicht gerade die schönsten Erlebnisse gemacht haben und ziemlich unzufrieden sind, und ich weiß, dass Flugbegleiter gelegentlich auch recht mürrisch sein können, doch nach meiner Erfahrung machen die meisten ihre Arbeit, häufig unter schwierigen Umständen, bestens.

Ich will jetzt nicht unbedingt dafür eintreten, dass noch eine weitere Gruppe von Angestellten Trinkgeld erhält. Aber da ich in letzter Zeit viel geflogen bin und sehe, wie hart Flugbegleiter arbeiten, fand ich es doch merkwürdig, dass ihnen dafür nie ein Trinkgeld winkt. Zumindest habe ich nie gesehen, wie ein Fluggast jemandem etwas zusteckte. Auf meinen letzten fünf Flügen habe ich eigens danach gefragt, alle gaben an, nie ein Trinkgeld erhalten zu haben. Die Flugbegleiter schienen die Frage dabei entweder komisch oder vielversprechend zu finden.

Ich denke, ich werde es ihnen bei meinem heutigen Heimflug einfach zustecken, statt die Frage zu stellen. Mal sehen, was passiert.

Update: Ich hab’s versucht und bin gescheitert. »Eine Stewardess ist keine Kellnerin«, schallte es mir entgegen – so energisch, dass ich mich schon deshalb schlecht fühlte, der Frau das Geld hingehalten zu haben.

Sie wollen den Flugstau über New York beseitigen? Dann schließen Sie den LaGuardia Airport

(SJD)

Das US-Verkehrsministerium hat gerade den Plan auf Eis gelegt, die Lande- und Startgenehmigungen auf den drei Flughäfen von New York City zu versteigern. Die Idee bestand darin, Marktkräfte zu nutzen, um den Stau bei An- und Abflügen zu beheben. Aber angesichts der Proteste der Branche (und Prozessandrohungen) blies der Verkehrsminister Ray LaHood die Auktion wieder ab.

»Wir nehmen es immer noch ernst, gegen die Staus im New Yorker Luftraum vorzugehen«, erklärte LaHood. »Ich werde im Sommer mit allen Beteiligten, Fluglinien, Flughafenbetreibern und Verbraucherschützern sowie mit gewählten Amtsträgern über die besten Wege sprechen, um voranzukommen.«8

Die drei wichtigen Flughäfen von New York – J.F.K., Newark Liberty und LaGuardia – sind berühmt für ihre Luftstaus und Verspätungen. Da außerdem so viele Flüge mit anderen Zielen über New York ablaufen, beeinträchtigen die Verspätungen der New Yorker Flughäfen auch den Luftverkehr andernorts.

Neulich kam ich bei einer Verspätung auf dem Flughafen LaGuardia mit einem Piloten außer Dienst ins Gespräch, der sich mit jeder Fluglinie hervorragend auskannte. Ich löcherte ihn mit Fragen und erkundigte mich bei ihm nach seiner Meinung über die vielen Staus im New Yorker Luftraum. Seine Lösung war denkbar einfach: »Schließen Sie LaGuardia.«

Das Problem bestand darin, erklärte er, dass sich der Luftraum für jeden der drei Flughäfen zylindrisch in den Himmel über seiner Bodenposition erhebe. Aufgrund ihrer relativen Nähe kommen sich die drei Luftraumzylinder beträchtlich ins Gehege. Dafür ist nicht nur das hohe Flugaufkommen ein Grund, sondern auch die Tatsache, dass die Piloten so minutiös navigieren müssen, um ihre Anflugrouten einzuhalten.

Würde der Zylinder von LaGuardia beseitigt werden, davon war mein Gesprächspartner überzeugt, könnten Newark und J.F.K. viel freier operieren – und da LaGuardia viel weniger Luftverkehr abwickelt als die anderen beiden Flughäfen, sei er die erste Wahl für eine Schließung.

Doch da gibt es ein Problem: LaGuardia ist der bevorzugte Flughafen der politisch mächtigsten Leute New Yorks, weil er nicht weit von Manhattan entfernt liegt. Daher ist es unwahrscheinlich, dass es dazu kommen wird, zumindest in naher Zukunft. Würde ein solcher Plan jedoch umgesetzt, so gab sich mein neuer Pilotenfreund überzeugt, würden die Flüge von und nach New York vom Albtraum zum Traum werden.

Ich muss zugeben, dass LaGuardia auch mein Lieblingsflughafen ist, denn ich lebe in Manhattan und bin normalerweise in fünfzehn Minuten dort. In jeder anderen Hinsicht ist er jedoch weniger angenehm und komfortabel als Newark oder J.F.K.

Trotzdem würde ich dabei mithelfen, LaGuardia stillzulegen, wenn seine Beseitigung einen straffenden Effekt auf den New Yorker Flugverkehr hätte. Nehmen wir an, ich und jeder andere New Yorker Flugreisende würden dafür im Schnitt dreißig vergeudete Minuten für jede ankommende oder abfliegende Maschine in allen drei Flughäfen aufwenden. (Das ist wahrscheinlich noch großzügig gerechnet.) Das ist eine Stunde Verzögerung auf jedem Hin- und Rückflug. Wenn ich für jeden Flug nach Newark oder zum J.F.K. fahren müsste, würde ich bei jedem Hin- und Rückflug etwas weniger als eine zusätzliche Stunde benötigen, um zum Flughafen und wieder nach Hause zu gelangen – ohne weitere Verzögerungen würde ich zumindest gleichziehen. Jeder, der näher an einem der beiden Flughäfen wohnt, käme offenkundig noch besser weg. Und dann würde ich anfangen, die ganze Zeit wie auch die Produktivität aufzuaddieren, die sich im gesamten Land gewinnen ließen, indem man die unvermeidlichen New Yorker Flugverspätungen aus der Welt schafft.

Warum es eine schreckliche Idee ist, die Wehrpflicht wieder einzuführen

(SDL)

Ein langer Bericht im Time-Magazin trägt die Schlagzeile: »Wiedereinführung der Wehrpflicht: kein Allheilmittel«.9

Milton Friedman muss sich bei der bloßen Idee einer Wehrpflicht im Grab herumdrehen. Wenn das Problem darin besteht, dass sich nicht genügend Freiwillige für den Kampf im Irak melden, gibt es zwei vernünftige Lösungen: Erstens: Wir ziehen die Truppe aus dem Irak ab. Oder zweitens: Wir bezahlen die Soldaten gut genug, damit sie sich verpflichten.

Die Vorstellung, dass eine Wehrpflicht eine vernünftige Lösung sein könnte, ist durch und durch rückständig. Erstens bringt sie die »falschen« Leute zur Armee – Leute, die entweder am militärischen Leben gar kein Interesse haben, dafür nicht gut gerüstet sind oder großen Wert darauf legen, etwas anderes zu tun. Aus ökonomischer Perspektive sind das alles gute Gründe, um nicht zum Militär zu wollen. (Mir ist bewusst, dass es noch andere Perspektiven gibt – etwa das Gefühl der Schuld oder Pflicht gegenüber seinem Land –, aber wenn jemand so empfindet, wird das in sein oder ihr Interesse am militärischen Leben eingeflossen sein.)

Eines können die Märkte besonders gut: Menschen und Aufgaben verteilen, was sie über Löhne und Gehälter erreichen. Soldaten sollten einen fairen Sold erhalten, um sie für die eingegangenen Risiken auszugleichen! Eine Wehrpflicht ist im Wesentlichen eine hohe, sehr konzentrierte Steuer auf diejenigen, die eingezogen werden. Die Wirtschaftstheorie sagt uns, dass dies ein extrem ineffizienter Weg ist, um unseren Zweck zu erreichen.

Kritiker könnten sagen, dass es zutiefst unfair ist, wirtschaftlich benachteiligte junge Menschen in den Irak zu schicken. Ich würde zwar angesichts der ungleichen Einkommen in diesem Land nicht widersprechen, dass es unfair ist, wenn einige Menschen reich und andere arm geboren werden, man muss aber wenig von der Entscheidungsfähigkeit Freiwilliger halten, um zu sagen, dass eine Wehrpflicht mehr Sinn ergibt als eine Freiwilligenarmee. Männer und Frauen wählen den Militärdienst unter den ihnen zur Verfügung stehenden Optionen aus. Eine Wehrpflicht mag sinnvoll bei dem Versuch sein, die Ungleichheit zu verringern; aber in einer Welt voller Ungleichheit ist es besser, die Menschen ihren Weg selbst wählen zu lassen, als ihnen einen bestimmten Weg vorzuschreiben. Ein gutes Beispiel dafür ist, dass die US-Armee gerade all jenen, die bereit sind, innerhalb von dreißig Tagen nach ihrer freiwilligen Meldung ihre Grundausbildung zu beginnen, eine Prämie von 20000 Dollar anbietet. (Dieser Bonus hat wahrscheinlich etwas mit der Tatsache zu tun, dass die Armee gerade zum ersten Mal seit längerer Zeit ihr monatliches Rekrutierungsziel erreicht hat.)

Es wäre besser, wenn die Regierung gezwungen wäre, den Soldaten in Kriegszeiten einen fairen Sold zu zahlen – die Höhe der Vergütung von Kampfeinsätzen würde der Markt bestimmen, und wie bei den meisten Jobs auch, dürften sich die Soldaten dann jederzeit zur Kündigung entschließen. Wenn das der Fall wäre, würden die Kosten für den Staat explodieren und genauer die wahren Kosten des Kriegs reflektieren. Dadurch könnte dann ehrlicher eingeschätzt werden, ob die Vorteile eines militärischen Eingriffs die Kosten überwiegen.

Kritiker argumentieren auch, dass die USA nicht im Irak wären, wenn es mehr wohlhabende Weiße in ihrer Armee gäbe. Das stimmt wahrscheinlich, aber es bedeutet nicht automatisch, dass die Wehrpflicht eine gute Idee ist. Eine Wehrpflicht würde die Kriegführung weniger effizient machen, was zu weniger Kriegen führen würde. Aber es könnte sein, dass sich ein Waffengang lohnt, wenn man effizient einen Krieg führen kann – selbst wenn es das nicht der Mühe wert wäre, wenn man ineffizient kämpft. Um das klarzumachen: Ich sage nicht, dass dieser bestimmte Krieg notwendigerweise lohnenswert ist, sondern nur, dass dies theoretisch der Fall sein könnte.

Nebenbei bemerkt scheint das gegenwärtige System, auf Reservisten zurückzugreifen, auch nicht empfehlenswert zu sein. Vor allem bedeutet es, dass der Staat Reservisten zu viel zahlt, wenn sie nicht gebraucht werden, aber zu wenig, wenn er sie benötigt. Dadurch verlagert sich das ganze Risiko vom Staat auf die Reservisten. Aus ökonomischer Sicht ergibt das keinen Sinn, weil der Einzelne Risiken scheut oder aber scheuen sollte. Im Idealfall würde man sich ein System wünschen, in dem Reservisten in Friedenszeiten überaus wenig, im Krieg dagegen ausreichend viel gezahlt würde, damit sie einer möglichen Einberufung gleichgültig ins Auge sehen.

Ein Vorschlag der Freakonomics, um dem britischen Gesundheitswesen zu helfen

(SDL)

Im ersten Kapitel unseres Buches Think Like a Freak. Andersdenker erreichen mehr im Leben erzählen wir von der glücklosen Begegnung, die Dubner und ich mit David Cameron kurz vor seiner Wahl zum britischen Premierminister hatten. (Kurz zusammengefasst schlugen wir Cameron spaßeshalber vor, dieselben Prinzipien, für die er im Gesundheitswesen eintrat, auf Autos anzuwenden. Es stellte sich heraus, dass man mit angehenden Premierministern keine Späße treibt!)

Diese Geschichte hat einige Leute geärgert, darunter einen Wirtschaftsblogger namens Noah Smith, der über uns lästert und das britische Gesundheitssystem verteidigt.10

Ich sollte vorher noch anmerken, dass ich nichts gegen den britischen National Health Service habe und auch der Letzte wäre, der je das US-System verteidigen würde. Jeder, der mich je über »Obamacare« reden gehört hat, weiß, dass ich kein Anhänger davon bin und auch nie war.

Aber es gehört nicht viel Grips oder eine Menge blinden Glaubens an die Märkte dazu, um zu erkennen, dass Menschen, die für etwas nichts bezahlen müssen (einschließlich Gesundheitsfürsorge), zu viel davon nutzen werden. Ich kann Ihnen garantieren, dass ein viel kleinerer Anteil des Bruttoinlandsprodukts der Amerikaner auf die Gesundheitsversorgung entfallen würde, wenn sie die Irrsinnspreise aus der eigenen Tasche bezahlen müssten, die die Krankenhäuser für ihre Dienste verlangen. Und natürlich würde dasselbe für das Vereinigte Königreich gelten.

Smith lässt seine Kritik mit diesen Worten ausklingen: »Aber ich glaube nicht, dass Levitt ein Modell hat. Was er hat, sind eine schlichte Botschaft (›alle Märkte sind gleich‹) und einen ausgeprägten A-priori-Glauben an diese Botschaft.«

Smith konnte auf der Grundlage von Think Like a Freak nicht wissen, dass wir wirklich ein Modell für das britische Gesundheitswesen haben. Tatsächlich stellte ich es Camerons Team vor, nachdem er das Treffen verlassen hatte.

Das Modell ist schlicht und ergreifend bewundernswert einfach.

Immer zum 1. Januar würde der britische Staat jedem Einwohner einen Scheck in Höhe von tausend Pfund schicken. Alle können damit tun und lassen, was sie wollen, aber wenn sie klug sind, legen sie ihn beiseite, um damit Zuzahlungen für ihre medizinische Versorgung zu leisten. Denn in meinem System müssen die Versicherten hundert Prozent ihrer Gesundheitskosten bis zu zweitausend Pfund und fünfzig Prozent für Kosten zwischen zweitausend und achttausend Pfund selbst aufbringen. Der Staat übernimmt alle Kosten, die über achttausend Pfund im Jahr liegen.

Aus Sicht der Bürger besteht das beste Szenario darin, keine Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen, denn dann stehen sie tausend Pfund im Plus. Weit über die Hälfte der Einwohner des Vereinigten Königreichs wird in einem gegebenen Jahr weniger als tausend Pfund für die Gesundheit ausgegeben haben. Schlimmstenfalls wird ein Bürger mehr als achttausend Pfund für seine Gesundheitsfürsorge verbraucht haben, sodass er viertausend Pfund im Minus steht (er gibt fünftausend Pfund für die Gesundheitsversorgung aus, davon gehen jedoch die tausend Pfund ab, die er am Jahresanfang erhalten hat).

Wenn sich zeigt, dass Verbraucher sensibel auf Preise reagieren (also wenn sich das grundlegendste Prinzip der Ökonomie bewahrheitet und die Nachfragekurve sinkt), werden die Gesamtausgaben für Gesundheit abnehmen. Unsere Simulationen beim Datendienstleister Greatest Good ergeben, dass die Gesamtgesundheitskosten um etwa fünfzehn Prozent sinken könnten. Dadurch verringern sich die Ausgaben um beinahe zwanzig Milliarden Pfund. Dazu kommt es, weil a) Wettbewerb die Effizienz steigern dürfte und b) die Verbraucher die geringwertigen Gesundheitsleistungen streichen werden, die sie gerade nutzen, nur weil sie kostenlos sind.

Bei schweren Erkrankungen bleiben alle geschützt.

Wie bei jedem staatlichen Programm gibt es Gewinner und Verlierer. Der Mehrheit der Briten wird es in dem beschriebenen Szenario besser gehen, aber jene, die in einem bestimmten Jahr viel für ihre Gesundheit ausgeben müssen, werden schlechter dastehen. Dies deshalb, weil das von mir vorgeschlagene System nur eine Teilversicherung bietet – was Anreize für die Verbraucher übrig lässt, kluge Entscheidungen zu treffen. Die Gesundheitsvorsorge würde so das übrige Leben nachahmen. Wenn mein Fernseher den Geist aufgibt, muss ich einen neuen kaufen. Es geht mir schlechter als all denen, deren Fernseher nicht kaputtgegangen ist. Wenn mein Dach ersetzt werden muss, kommt mich das teuer zu stehen und ich bin schlechter dran als mit einem heilen Dach. Daran ist nichts Unmoralisches, es ist einfach die Art, wie die Welt eingerichtet ist.

Es gibt zweifellos viele Verbesserungen, die man bei diesem einfachen Vorschlag anbringen könnte. Die Barzahlung an die älteren Bürger zu Beginn des Jahres etwa sollte größer sein als bei den jüngeren. Vielleicht erhalten Menschen mit chronischen Erkrankungen ebenfalls einen höheren Zuschuss und so weiter.

Ich habe zwar keine Ahnung, ob ein solches Vorhaben politisch umsetzbar wäre, habe aber trotzdem einige inoffizielle Umfragen im britischen Wahlvolk durchgeführt. Jedes Mal, wenn ich in London ein Taxi nehme, frage ich meinen Fahrer, ob er meinem Vorschlag zustimmen würde. Wahrscheinlich sind Taxifahrer einfach höflich, aber fünfundsiebzig Prozent von ihnen sagen, sie würden meinen Plan dem gegenwärtigen System vorziehen.

Vielleicht wäre es also an der Zeit, mal wieder für eine Audienz beim Premierminister vorbeizuschauen …

Eine Alternative zur Demokratie?

(SDL)

Angesichts der nahenden US-Präsidentschaftswahlen scheinen alle nur noch Politik im Kopf zu haben. Im Gegensatz zu den meisten Menschen neigen Ökonomen zu Gleichgültigkeit, wenn es um Wahlen geht.11 So wie sie es sehen, sind die Chancen, dass die Stimme eines Einzelnen den Wahlausgang beeinflusst, verschwindend gering. Wenn das Wählen also keinen Spaß macht, gibt es kaum Motivationen, daran teilzunehmen. Obendrein gibt es eine Reihe von Überlegungen, darunter das berühmte Arrow-Theorem, die die Schwierigkeiten verdeutlichen, ein politisches System oder aber einen Wahlmechanismus so zu gestalten, dass die Präferenzen des Wahlvolks verlässlich abgebildet werden.

Solche theoretischen Überlegungen über die Tugenden und Mängel der Demokratie bringen mich meist zum Gähnen.

Letztes Frühjahr jedoch hatte mein Kollege Glen Weyl eine so einfache wie elegante Idee, und ich war verblüfft darüber, dass niemand zuvor auf sie gekommen war. Bei Glens Wahlmechanismus kann jeder so oft wählen, wie es ihm gefällt.12 Es gibt jedoch einen Haken dabei: Man muss für jede Wahlentscheidung bezahlen, und der fällige Betrag ist eine Funktion des Quadrats der Zahl der abgegebenen Stimmen. Als Folge kostet jedes zusätzlich abgegebene Votum mehr als das vorangegangene. Nehmen wir beispielsweise an, die erste Stimmabgabe kostet einen Dollar. Dann würde es vier Dollar kosten, noch ein zweites Votum abzugeben. Bei der dritten Stimmabgabe müsste man neun Dollar berappen, bei der vierten sechzehn und so weiter. Hundert Stimmabgaben würden Sie zehntausend Dollar kosten. Ganz gleich also, wie sehr Sie einen Kandidaten mögen, werden Sie sich für eine begrenzte Zahl entscheiden.

Was ist so besonders an dieser Methode? Am Ende wählen die Menschen je nach ihrem Interesse am Wahlergebnis. Das System bildet nicht nur ab, welchen Kandidaten Sie bevorzugen, sondern zeigt auch, wie stark Ihre Präferenzen sind. Nach Glens Annahmen entsteht daraus ein sogenanntes Pareto-Optimum, das heißt: Keinem Mitglied der Gesellschaft kann es besser gehen, ohne dass ein anderes schlechter dran wäre.

Sie werden als ersten Einwand gegen eine solche Methode wahrscheinlich anmerken, dass sie die Reichen bevorzugt. Auf einer Ebene ist das, verglichen mit unserem gegenwärtigen System, richtig. Es mag kein populäres Argument sein, dennoch könnten Ökonomen darauf erwidern, dass die Reichen eben mehr von allem verbrauchen – warum sollten sie also nicht auch mehr politischen Einfluss haben? Es besteht kaum ein Zweifel daran, dass die Reichen in unserem heutigen System bereits viel einflussreicher sind als die Armen. In Verbindung mit diesem Wahlverfahren die Spenden zu beschränken könnte daher demokratischer sein als das gegenwärtige System.

Eine weitere mögliche Kritik von Glens Idee ist, dass sie zu sehr starken Anreizen für Betrügereien durch Stimmenkauf führt. Es ist viel billiger, die Erststimmen einer Menge uninteressierter Bürger zu kaufen, als den Preis für mein einhundertstes Votum zu bezahlen. Sobald wir den Stimmabgaben einen Dollarwert zumessen, ist es wahrscheinlicher, dass Bürger es als eine finanzielle Transaktion verstehen und bereit sein werden, sie zu kaufen und zu verkaufen.

Da wir dem Prinzip »Ein Bürger, eine Stimme« schon so lange folgen, halte ich es für äußerst unwahrscheinlich, dass wir Glens Idee jemals bei großen Wahlen erleben werden. Zwei andere Ökonomen, Jacob Goeree und Jingjing Zhang, haben eine ähnliche Idee wie Glens untersucht und in einer Laborumgebung auf den Prüfstand gestellt.13 Nicht nur funktionierte sie gut, die Probanden entschieden sich auch, wenn sie die Wahl zwischen einer üblichen Wahlmethode und dem Bietersystem hatten, gewöhnlich für Letzteres.

Diese Wahlmethode kann immer dann funktionieren, wenn viele Menschen zwischen zwei Alternativen stehen – zum Beispiel eine Gruppe von Leuten, die entscheiden wollen, in welchen Film oder welches Restaurant sie gehen möchten, WG-Mitglieder, die darüber abstimmen wollen, welchen Fernseher sie sich zulegen, und so weiter. In Situationen wie diesen würde das Geld, das von den Abstimmenden eingesammelt wird, gleichmäßig aufgeteilt und dann wieder an die Teilnehmer verteilt werden.

Ich hoffe, einige von Ihnen fühlen sich angeregt, diese Art des Abstimmens auszuprobieren. Wenn Sie es tun, würde ich liebend gern erfahren, wie es gelaufen ist!

Würde eine höhere Bezahlung bessere Politiker anlocken?

(SJD)

Wann immer man ein politisches System betrachtet und Fehler in ihm entdeckt, drängt sich ein verlockender Gedanke auf: Vielleicht haben wir unterdurchschnittliche Politiker, weil der Job einfach nicht die richtigen Leute anzieht. Würden wir aber die Gehälter der Politiker erheblich anheben, würden wir eine bessere Klasse von ihnen bekommen.

Das ist aus verschiedenen Gründen ein weniger populäres Argument. Die Politiker müssten es schon selbst übernehmen, für höhere Entlohnungen einzutreten – und das ist politisch nicht machbar (vor allem nicht in einer schlecht laufenden Wirtschaft). Denken Sie nur an die Schlagzeilen!

Aber die Idee bleibt trotzdem verlockend, oder? Indem man die Gehälter der Gewählten und anderer Amtsträger erhöht, würde man viel erreichen:

a) Die wahre Bedeutung ihrer Aufgabe wäre besser dargestellt.

b) Es würde kompetente Leute anziehen, die andernfalls in besser entlohnte Tätigkeitsfelder streben würden.

c) Den Politikern würde es ermöglicht, sich mehr auf ihre Aufgaben zu konzentrieren, statt sich über ihr Einkommen Sorgen zu machen.

d) Die Politiker wären besser vor dem Einfluss kapitalkräftiger Interessengruppen geschützt.

Einige Länder zahlen ihren Regierungsmitgliedern bereits viel Geld – Singapur zum Beispiel. Aus Wikipedia:

Die Minister in Singapur gehören zu den höchstbezahlten Politikern der Welt und erhielten 2007 eine Gehaltserhöhung von 60 Prozent. Als Folge stieg das Gehalt von Premierminister Lee Hsien Loong auf umgerechnet 3,1 Millionen Dollar, das Fünffache der 400000 Dollar, die Präsident Barack Obama verdient. Obwohl es einen kurzen öffentlichen Aufschrei angesichts der hohen Gehälter im Vergleich zur Größe des regierten Landes gab, hielt die Regierung unbeirrt daran fest. Diese Erhöhung sei für sie erforderlich, um die weitere Effizienz und den korruptionsfreien Status von Singapurs Regierung zu gewährleisten.

Obwohl Singapur kürzlich die Gehälter der Politiker wieder beträchtlich gekürzt hat, bleiben sie relativ hoch.