Wartime Symphony - N. Pawo Elias - E-Book

Wartime Symphony E-Book

N. Pawo Elias

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Beschreibung

Im Ersten Weltkrieg zum Sanitätsdienst gezwungen begegnet der von Gandhis Ideen inspirierte wie Tschaikowskis Musik begeisterte George seiner ersten Liebe. Angesichts seines von Schmerz, Sterben und Tod geprägten Alltags entwickelt er dadurch eine tief empfundene Liebe für das Leben an sich. Sein Zusammentreffen mit einem weit älteren, am Selbstmord seines homosexuellen Sohns mitschuldigen Berufsoffizier bewirkt bei diesem mit der Zeit einen grundlegenden Persönlichkeitswandel. Dafür zunächst Impulsgeber wird Tschaikowskis Pathétique für beide letztlich zur Schicksalssinfonie. Ein Buch über den Mut, ungeachtet jeglicher Anfeindung zu Liebe wie Gewaltlosigkeit zu stehen, auch wenn dies unausweichlich eigenes Leiden bedeutet.

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An dieser Stelle sei angemerkt, dass bei vorliegender Erzählung nicht historische Authentizität im Vordergrund steht, sondern die Darstellung der inneren Wirklichkeit der Handlungsträger. Sollten mir bei dem nach bestem Wissen und Gewissen erstellten Informationsteil Ungenauigkeiten oder gar Fehler unterlaufen sein, bitte ich, diese zu entschuldigen.

N. Pawo Elias

INHALT

Vorspiel

1. Satz

McAllister

Eine Vaterfigur

2. Satz

Bei Tschaikowskis Familie

Jagdtrophäen

Schmerzerfüllt

3. Satz

Von Liebe überwältigt

4. Satz

Ertappt

Hexenjagd

Koda

Informationsteil

Leidenist das Gesetz menschlicher Wesen;

Kriegist das Gesetz des Dschungels.

Das Leiden aber ist unendlich viel mächtiger

als das Gesetz des Dschungels,

da es den Gegner verwandelt

und dessen anderenfalls verschlossene Ohren

öffnet für die Stimme der Vernunft.

M. K. Gandhi, 1931

Vorspiel

Im Leben des 1898 in Wales geborenen George Randall ereigneten sich viele Dinge zu früh und zu schnell. Georges walisischer Vater war konservativ und sehr streng, wobei er gleichzeitig eine Schwäche für das Aussehen wie die Unterwürfigkeit indischer Frauen erkennen ließ. Diese erklärte, warum er nach der Geburt seiner Söhne eine kürzlich aus Bengalen eingewanderte Kinderfrau anstellte, vor allem aber, weshalb er Georges Mutter geheiratet hatte.

Die entstammte nämlich einer wohlhabenden gujaratischen Kaufmannsfamilie, die sich zwei Generationen zuvor in England niedergelassen hatte. Trotz dieser Herkunft legte die Frau Mama keinen Wert darauf, ihren Kindern – George, seinem Zwillingsbruder Thomas und deren fünf Jahre älterer Schwester Eileen – irgendein Verständnis indischer Traditionen oder Sprachen zu vermitteln. Stattdessen gab sie sich stets die allergrößte Mühe, in ihrem Betragen britischer zu sein als die Alteingesessenen.

Doch auch sonst zeigten beide Elternteile kein sonderliches Interesse an der Erziehung ihrer Kinder, wobei Eileen nach den ersten mit ihren Brüdern gemeinsam verbrachten Jahren ohnehin die meiste Zeit über internatsbedingt abwesend war. Daher bemerkte niemand, dass das Kindermädchen seinen Zöglingen nicht nur jede Menge über indische Kultur und Traditionen erzählte, sondern ihnen überdies Bengalisch beibrachte.

Da George und Thomas wie Eileen in einem recht frühen Alter ins Internat gesteckt wurden, genossen die beiden leider nur eine kurze, dafür aber umso prägendere Kindheit mit ihrem liebevollen Kindermädchen, das ihnen stets näher gestanden hatte als die eigene Mutter. In der Schule sprachen sie im Privaten folglich Bengalisch miteinander, was neben ihrer ohnedies engen Gemeinschaft auch die emotionale Verbindung zu ihrem Zuhause und der von ihnen verlorenen Kinderfrau stärkte.

Als die unzertrennlichen Zwillinge 14 Jahre alt waren, nahm Georges Leben eine dramatische Wende: Auf einem gemeinsamen Ausritt fiel Thomas so unglücklich vom Pferd, dass er sich das Genick brach. Der Vater, der schon in der Vergangenheit eine leicht tyrannische Ader gegenüber seiner Gattin hatte erkennen lassen, gab ihr die Schuld am Tod des Sohns. Als sei dies noch nicht schlimm genug, brannte Eileen kurz nach Thomas' Versterben durch und heiratete ohne Einverständnis ihres Vaters einen in London ansässigen Kaufmann bengalischer Herkunft. Aufgebracht gab Georges Vater seiner Frau auch hieran die Schuld. Allerdings blieb es diesmal nicht bei verletzenden Worten. Zum ersten Mal in ihrer Beziehung schlug er sie.

Es sollte auch das letzte Mal sein: Sich schuldig am Verlust zweier ihrer Kinder fühlend hatte Georges Mutter nicht weiter die Kraft, nach außen das Gesicht der überlegenen, feinen britischen Dame zu wahren, während sie von ihrem Gatten insgeheim als Untergebene behandelt wurde, und tötete sich auf dem Grab ihres Sohns, indem sie sich selbst verbrannte.

Nach Thomas plötzlich obendrein die Mutter verloren zu haben – insbesondere auf so grausame Weise –, ließ George verzweifeln. Schließlich hatte er sich seit dem Tod seines Bruders ohnehin so gefühlt, als sei ein Teil von ihm selbst gestorben. In dieser Situation unterband sein Vater auch noch den Kontakt zu der zuvor von ihm verstoßenen Eileen. So kam es, dass der Jugendliche, als sich unverhofft die Gelegenheit dazu bot, Trost in den Armen der Schulleitergattin suchte. Obwohl diese deutlich jünger war als ihr ältlicher Gemahl, betrug der Altersunterschied zwischen ihr und George trotzdem noch mehr als zwanzig Jahre. Nun war der zwar außergewöhnlich reif für sein Alter und sah auch so aus, doch wusste sie selbstverständlich um die Jugend des Schülers.

Dabei hatte die intime Beziehung der zwei für keinen von ihnen etwas mit Liebe zu tun. Beide verzehrten sich lediglich nach der aufmerksamen Nähe und Zärtlichkeit eines anderen menschlichen Wesens – und seien die Momente auch noch so kurz. Sich körperlicher Freude hinzugeben, stellte für sie ein Mittel dar, hochgradiger Einsamkeit wie Traurigkeit zu entfliehen, wie sie durch die Zwänge ihrer jeweiligen Lebenssituation verursacht wurden.

Selbstverständlich hätte die Entdeckung ihrer Affäre einen Riesenskandal ausgelöst. Doch sorgten der Schulleiter und Georges Vater gemeinsam dafür, dass die Angelegenheit unter den Teppich gekehrt wurde. Um dies zu ermöglichen, wurde George gezwungen, auf ein anderes Internat zu wechseln, das sich auf einer kleinen Insel vor der schottischen Küste befand. Hier gab es keine Frauen, die ihn vom Lernen hätten abhalten können, da ihnen der Zutritt zum Schulgelände verboten war. Genau deshalb hatte Georges Vater diesen Verbannungsort ausgewählt.

Allerdings hatte er dabei nicht in Betracht gezogen, dass sein Sohn hier umso einsamer sein würde. Der hoch intelligente und heimlich in zwei Kulturen aufgewachsene George hatte es nicht nötig, sich stärker als bisher auf seine Ausbildung zu konzentrieren: Er war ein Musterschüler, der sich in seiner Freizeit für Sanskrit als Sprache wie auch die darin verfasste Literatur begeisterte, für die Werke von Rabindranath Tagore, für Gandhi-jis Interpretation von Ahimsa wie dessen Konzept von Satyagraha, für Yoga und Vegetarianismus, aber auch für Klavierspielen und das Studium von Partituren – insbesondere der Werke Tschaikowskis. Während Georges auf den Tod von Bruder wie Mutter gefolgter depressiver Phase war der Russe zu seinem Lieblingskomponisten geworden – aus Bewunderung für dessen Fähigkeit, mit der von ihm geschaffenen Musik Leiden in Schönheit zu verwandeln.

Es dauerte nicht lange, bevor die Empfindung, unfrei und einsam zu sein, zusammen mit seinen Abenteuern als sexuell Unerfahrener im Bett einer reifen Frau dazu führte, dass George ausprobierte, wie es ist, Geschlechtsverkehr mit einem Mann zu haben – oder zweien. Diesmal ließ er sich auf Partner ein, die einiges an Erfahrung darin mitbrachten, ihre Aktivitäten zu verheimlichen, sodass er nicht fürchten musste, sein Vater oder sonst jemand würde davon erfahren.

Trotzdem gelang es ihm, einen »weiteren Skandal« zu verursachen: Als 1916 in Großbritannien die Wehrpflicht eingeführt wurde, was für George bedeutete, dass er sein Medizinstudium nicht wie geplant aufnehmen konnte, weigerte der entschiedene Pazifist sich, aktiv im Weltkrieg zu kämpfen. Sein Vater, der ihm diese »über die Familie gebrachte Schande« niemals vergeben sollte, sorgte daraufhin dafür, dass der Sohn zum Dienst in einer in Nordfrankreich tätigen Einheit des Sanitätskorps eingeteilt wurde – mit der Aufgabe, Verwundete von den Schlachtfeldern zu bergen.

Auf gewisse Weise war dies, als hätte der für eine Einberufung bereits zu alte Vater, der selbst darauf verzichtet hatte, sich freiwillig zu melden, ein Todesurteil über den eigenen Sohn gefällt. Schließlich war Georges neue Pflicht höchstriskant, da sie bedeutete, sich zum schutzlosen Ziel des sich im nächsten Schützengraben verbergenden Feinds zu machen – eine Tätigkeit, die der überwiegende Teil seiner Kameraden nicht überlebte. Im Gegensatz dazu hatte George nicht nur großes Glück, nicht zu sterben, er wurde sogar niemals schwer verwundet. Dies hatte allerdings nicht nur etwas mit Glück zu tun, sondern auch damit, dass er ein ausgeprägtes Talent dafür besaß, kurz bevorstehende Ereignisse vorauszuahnen. Durch die Gefahrensituationen, in die er mit jedem Einsatz geriet, wurde dieses sogar immer effizienter, je länger sein Kriegsdienst andauerte.

Nicht vorhergesehen hatte George allerdings, dass er sein Herz an eine junge Krankenschwester verlieren würde, die in dem Feldlazarett arbeitete, in dem die von ihm geretteten Verwundeten versorgt wurden. Obwohl Geschlechtsverkehr auch diesmal zum Teil eine Trostfunktion innehatte, erlebte der zum allerersten Mal verliebte George, wie erfüllend es ist, lässt liebende Hingabe die eigene Bedürfhiserfüllung in den Hintergrund treten. Im Ergebnis dieser Begegnung mit Liebe, während er von immensem Leiden umgeben war und ihm der Tod nahezu überall und jederzeit über die Schulter schaute, begann George enorm wertzuschätzen, selbst am Leben zu sein. Dies wiederum führte dazu, dass er ungeheure Dankbarkeit für das Leben an sich entwickelte.

Aufgrund dieser neugefundenen Einstellung empfand er bald nicht nur Mitgefühl für die für sein Land kämpfenden Männer, sondern allmählich auch für diejenigen in den feindlichen Schützengräben. Dies gesagt wusste er, dass er zum gegenwärtigen Zeitpunkt für keinen von ihnen etwas tun konnte. Doch begann er, über die Zeit nachzudenken, wenn der Krieg beendet sein würde. Nach all dem von ihm tagein, tagaus Erlebten zu urteilen, würde die Welt große Anstrengungen zur Versöhnung benötigen, wollte sie echten Frieden finden.

1. Satz

McAllister

Durch Vermittlung seiner Liebsten erhielt George nach einiger Zeit die Gelegenheit, von der Bergung Verwundeter zum Fahren eines Krankenwagens zu wechseln. Zwar war auch dies nicht ungefährlich, doch konnte er auf diese Weise Verletzten helfen, ohne wie zuvor jede Sekunde sein Leben riskieren zu müssen.

Dank seiner Vorahnungsgabe gelang es George eines Tages, sämtlichen der vielen bei einer wichtigen Besprechung versammelten Offiziere das Leben zu retten. Im Ergebnis wurde er zum Offiziersburschen