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Es gibt einige wenige Grundregeln, die man im Leben einhalten kann, um sich sein Rückgrat und seine Lebenslust zu erhalten. Mit vielen sensibel porträtierten Fallbeispielen zeigt Dr. Krag diese auf, und zeigt uns einen Weg in ein selbstbestimmtes Leben voller Freude und Glück.
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Seitenzahl: 403
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Für Chiho
„Ich befand mich bei der Lektüre Ihres Buches gerade in einer sehr schwierigen Lebensphase. Meine Beziehung ging in die Brüche und ich verlor meinen Arbeitsplatz. Eigentlich hatte ich gar keine Lust mehr zu irgendetwas. Nach der Lektüre Ihres Buches sah ich plötzlich den Silberstreif am Horizont und spürte neuen Lebensmut. Ich habe es seitdem noch mehrmals gelesen. Dadurch ist es mir gelungen, meinem Leben eine Wende zu geben, wie ich es vorher nie geglaubt hätte. Plötzlich öffneten sich Türen, Kontakte kamen zustande und neue Chancen traten in mein Leben. Nicht zuletzt habe ich auch wieder einen neuen Partner gefunden.“
Dies ist der Brief einer Leserin, den ich – mit Genehmigung – auszugsweise wiedergebe. Briefe wie diese erfüllen mich mit tiefer Freude und zeigen mir, dass viele Menschen für ihr ganz persönliches Glück von diesem Buch profitieren. Es empfiehlt nicht den einfachen Weg. Es ist kein Rezeptbuch nach dem Motto: „Wie werde ich möglichst schnell und einfach glücklich?“ Die hier aufgezeigten Wege bringen aber langfristig mehr Befriedigung und mehr Lebensfreude als viele der beliebten psychischen Ablenkungen. Aber gerade der höhere Anspruch scheint viele Leser anzuziehen, die ihrem Leben eine neue kraftvolle Wendung, einen neuen Sinn geben wollen.
Diese zweite Auflage ist schon nach relativ kurzer Zeit notwendig geworden. Der Text wurde komplett durchgesehen und überarbeitet. Ich hoffe, dass Sie dadurch das Buch mit noch mehr Freude lesen, auf dem Weg zu einem erfüllteren und glücklicheren Leben.
Werner Krag
Herr Leisetreter sitzt in seinem bescheidenen Büro, links und rechts türmen sich die Akten, der halb verwelkte Gummibaum in der Ecke passt in die seltsam freudlose Atmosphäre. Das Telefon klingelt: „Schon wieder will jemand etwas von mir. Vermutlich ist es vollkommen unwichtig“, denkt er. Trotzdem hebt er grummelnd den Telefonhörer ab. Der Chef wartet auf eine Vorlage, das Ganze möglichst gestern. Dabei hat Herr Leisetreter ganz andere Ziele im Kopf: Er wartet nun schon seit fünf Jahren auf seine Beförderung. Denn das kleine muffige Büro und die sich auftürmenden Aktenstapel sind auf die Dauer doch irgendwie bedrückend. Die Kollegen suchen zwar seinen Rat in fachlichen Fragen, er weiß auch, dass er auf seinem Fachgebiet kompetent ist, er versteht sich gut mit Mitarbeitern und Vorgesetzten – doch mit der Karriere tut sich nichts. Immer wieder werden Mitarbeiter vorgezogen, die weniger qualifiziert sind und auch im Umgang mit Kollegen und Kunden nicht gerade Begeisterungsstürme auslösen. Aber Herr Leisetreter sitzt immer noch hinter seinem alten, in langen Dienstjahren inzwischen abgewetzten Schreibtisch und wundert sich: „Warum übersehen die mich immer wieder? Eigentlich bin ich doch längst dran“, grübelt er weiter. Gesagt oder getan hat er aber nichts. „Da kann man nichts machen“, denkt er in sich versunken.
Früher hatte er noch einen Traum: Er wollte einmal im Leben mit einem Segelboot die Karibik befahren. Dafür wollte er sich ein Jahr Zeit nehmen. Die ausgelaugte Seele baumeln lassen und vom Deck seines Segelbootes die nächtlichen Sterne am Firmament funkeln sehen, dem sanften Plätschern der Wellen lauschen und das rhythmische Schaukeln des Bootes spüren. Mit freundlichen Menschen am Strand sitzen und den Saft der Kokosnuss aus der frischen Frucht trinken. Ein Jahr lang die erschöpften Batterien wieder aufladen. Seine Frau wollte das auch. Früher mal. Aber sie reden nicht mehr darüber. Denn diesen Traum hat er seit Jahren in die hintersten Ecken seiner Psyche vergraben und nur in Momenten wie diesen lugt der Traum als klitzekleine Spur, ganz tief im Innersten verborgen, kurz hervor. Vor Jahren wollte er sich auch noch beruflich verändern, denn seine eigentlichen Talente und Fähigkeiten kann er hier an diesem Arbeitsplatz nicht ausleben, sie liegen brach und verkümmern. Er fühlt sich wie eine verdorrende Blume, die immer zu wenig Sonne und Wasser bekommt. Die anfängliche Begeisterung für die Arbeit ist schließlich im Laufe der Jahre vom lodernden Feuer zu einem toten Häuflein Asche geworden. Das Gefühl dominiert, nur ein winziges Rädchen in einer großen Maschine zu sein, hier eigentlich gar nichts Sinnvolles zu tun. Neuerdings denkt er öfter an die Rente. Vielleicht wird dann alles anders. Soll das denn schon alles gewesen sein? Bei diesem Gedanken hebt sich der Kopf von Herrn Leisetreter, sein Blick wird seltsam starr und traurig und er schaut über den Gummibaum in seinem Zimmer in die Ferne und in den blauen Himmel. Dann hört er Schritte auf dem Gang und es klopft an die Tür. Geschäftigkeit vortäuschend, nimmt er eine neue Akte vom Stapel.
Ortswechsel. Irene ist seit zehn Jahren verheiratet. „Glücklich“, wie sie sagt. Ihr Ehemann Peter hat eine gute Stellung bei der örtlichen Sparkasse. Sie haben zwei Kinder. In den letzten Jahren ist der Sex, den sie anfänglich sehr erfüllend fand, immer langweiliger geworden und wird von ihr nur noch als reine Pflichterfüllung empfunden. Peter hat jetzt Karriere gemacht und ist Kandidat für den Leiterposten der Sparkasse geworden. Da muss er Überstunden machen und kann sich daher auch nicht groß um die Kinder kümmern. Früher waren noch Wochenendausflüge und lange, anregende Gespräche an der Tagesordnung. Dafür scheint jetzt gar keine Zeit mehr zu sein. Peter kommt nach Hause und ist müde und geschafft. Alle Begeisterung und Leidenschaft ist allmählich einem frustrierenden Gefühl der Routine und der Gleichgültigkeit gewichen. Jeder Tag scheint so abzulaufen wie der gestrige. Morgen wird das auch nicht anders ein. „Aber so ist das wohl nach zehn Jahren Ehe“, denkt Irene resignierend. Gesagt oder getan hat sie aber bisher nichts. Sie denkt vielmehr, dass eine treue Ehefrau dies wohl in Kauf nehmen muss. Die Waschmaschine piepst, die Wäsche muss auf die Leine.
Es gibt viele Männer wie Herr Leisetreter oder Frauen wie Irene unter uns. Viele Menschen, deren Leben so oder ähnlich abläuft. Die eigentlichen psychologischen Katastrophen in unserer Gesellschaft sind nämlich nicht die große Konfrontation, das berühmte „Mobbing“ oder sonstige dramatische Formen des Streitens oder Kämpfens, nicht die großen Konflikte und Auseinandersetzungen. Was viel schlimmer ist, sind die ständigen kleinen, unmerklichen Frustrationen, Kränkungen und Negativerlebnisse über viele Jahre und Jahrzehnte mit dem Partner, den Freunden, mit den Kindern, den Vorgesetzten, den Mitarbeitern. Für sich genommen und isoliert betrachtet, sind das alles nur Kleinigkeiten. Aber steter Tropfen höhlt den Stein. Unsere Persönlichkeit wird von diesen Erlebnissen negativ beeinflusst, geradezu deformiert, wenn wir keine Gegenstrategien parat haben. Jeder kennt diese Beispiele und jeder hat sie in irgendeiner Form schon einmal erfahren: Der Müller hat mir meine Unterlagen nicht wiedergebracht, obwohl ich es ihm schon drei Mal gesagt habe. Der Chef hat meinen genialen Vorschlag unter den großen Stapel gelegt, wo er jetzt schon seit Monaten sanft schlummert, und schon wieder ist ein Kollege befördert worden, obwohl ich doch eigentlich viel besser geeignet wäre. Wieder einmal ist der geplante Konzertabend wegen „dringender Geschäfte“ ausgefallen. Wieder einmal fällt die Traumreise aus, weil gerade „im Moment“ die Zeit dafür ungeeignet ist. In ein paar Monaten ist sicher alles viel besser. Wieder einmal … Wollte ich nicht diesen langweiligen und öden Job verlassen und mir etwas Besseres suchen? Wollte ich nicht endlich die Traumreise in die Südsee machen? Ist die Zeit für eine Trennung von einem als destruktiv erlebten Partner, mit dem man nur noch die Fassade einer Beziehung lebt, nicht längst gekommen? Aber leider, im Moment ist die Zeit gerade nicht günstig, denn jetzt geht es auf keinen Fall. Und morgen sieht es auch nicht viel besser aus, nächste Woche auch nicht, denn da sind wichtige Termine.
So schreitet das Leben fort, Tag für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr. Heimlich, still und leise sind die ehemals großen Pläne und spannenden Vorhaben, die für ein besseres und zufriedeneres Leben vorhanden waren, zerbröselt und bis zur Unkenntlichkeit vernachlässigt worden. Die Lebensfreude schrumpft immer mehr und ist zum Fremdwort geworden. Das Wort „Begeisterung“ kennt man nur noch vom Hörensagen oder ist längst vergangene persönliche Geschichte ohne Relevanz in der Gegenwart. Frust und Ödnis werden hingegen immer größer und kriechen in jede Ecke unserer Existenz. Wenn so die Jahre vergehen, kommt irgendwann der wehmütige Blick zurück: „Hätte ich doch damals … wäre es nicht besser gewesen … aber jetzt ist es ja zu spät.“ Kurz und schlecht: Wir bekommen vom Leben nicht das, was wir wirklich wollen, das, was wir uns wirklich erträumen und erhoffen. Vielmehr haben wir tief in unserem Inneren ein unbestimmtes und nagendes Gefühl der Unzufriedenheit. Soll das schon alles gewesen sein?
Henry David Thureau fasst es in seinem Roman „Walden“ wie folgt zusammen:
„Die meisten Menschen führen ein Leben in stiller Verzweiflung.“
Genau betrachtet ist keines der hier angesprochenen negativen Einzelerlebnisse von entscheidender Bedeutung für die eigene Persönlichkeitsentwicklung oder der kritische Faktor für ein erfülltes Leben. Allerdings sind die geschilderten Erlebnisse in aller Regel heute nicht zum ersten Mal passiert, vielmehr geht es in diesem Stil schon seit Jahren so. Die exemplarisch aufgeführte Entwicklung ist nicht über Nacht gekommen, sondern nagt seit Jahren an Lebensfreude und Begeisterungsfähigkeit. Statt Lebenslust gibt's Lebensfrust. Wenn Sie jetzt nicht aufpassen und für diesen Prozess eine bewusste Aufmerksamkeit entwickeln, die Dinge nur passiv erdulden und nichts unternehmen, fällige Entscheidungen immer wieder auf morgen und übermorgen verschieben, wenn Sie die Schuld für diese Entwicklung bei den anderen suchen, werden diese Negativerlebnisse zusammengenommen und über viele Jahre hinweg eine Spur in Ihrer Persönlichkeit hinterlassen. Sie werden Ihre Lebenslust, die Motivation, Neues anzupacken, dem Leben eine neue, elektrisierende und begeisternde Wendung zu geben, scheibchenweise, dafür aber sehr effektiv auf null bringen. Und langsam, aber sicher machen die genannten Verhaltensweisen aus uns einen lustlosen, schlappen, negativen und demotivierten Menschen und vergiften gleichzeitig unsere Beziehungen. Denn:
Leben Sie mit Begeisterung und Freude, so strahlen Sie auch Begeisterung und Freude aus. Leben Sie aber mit Frust und Langeweile, so ist Ihre Ausstrahlung auch entsprechend. Glauben Sie nicht, dass die anderen das nicht merken. Es geht aber nicht in erster Linie um die anderen, sondern um Sie und vor allem darum, wie Sie das Geschilderte vermeiden und ein erfülltes Leben führen können. Denn so wie es in vielen unserer Büros aussieht, soll es Ihnen nicht ergehen: ein Heer von demotivierten, passiven „Verwaltern“, zu viele Jasager und Frustrierte, die ihre Selbstverwirklichung im Kegelklub oder in der Skatrunde suchen. Gelegentliche Ausflüge zum Ballermann auf Mallorca oder ein schnelles Auto, die teure Armbanduhr oder eine neue Wohnung sollen die innere Leere kompensieren und betäuben. Dies funktioniert jedoch nur kurzfristig und danach ist es wieder da: dieses nagende Gefühl der Unzufriedenheit und inneren Leere. Die Negativität wird auch in die Familien und Partnerbeziehungen hineingetragen und wirkt sich dort wie eine seltsam bleierne Müdigkeit aus, die das Leben langsam mehr und mehr wie mit einer großen Faust zu umklammern scheint.
Ergänzt wird dieses Bild in vielen Fällen von einem erschreckenden Fehlen von wirklich gelebten Träumen, vom Nichtvorhandensein persönlicher Visionen, von klaren persönlichen Ideen von einer besseren Welt, von einer persönlichen Aufgabe, die unsere Seele zum Schwingen bringt, uns wirklich „beseelt“, die uns die Begeisterung ausleben lässt, für die wir hier auf der Erde sind und wofür ein quasi unendliches Potenzial in uns schlummert. Stattdessen breitet sich ein müdes Gähnen, eine demotivierende Lustlosigkeit und nörgelnde Lethargie aus. Langeweile und Unzufriedenheit als Lebensstil. Gepflegt wird dann als letzter Ausweg nur die Illusion: „Mit der Rente wird ja alles besser.“
Dabei könnte alles ganz anders ein. Aber warum unternehmen so wenige etwas? Warum ergreifen so wenige die Initiative, um dem Leben eine neue Richtung, neuen Schwung, einen neuen Sinn zu verleihen? Ein Leben, für das wir gern morgens aus dem Bett springen und für das es sich nach unserer ureigensten Überzeugung zu leben lohnt? Ein Leben, das unsere Lebendigkeit, unsere Kreativität und unser lustvolles Tätigsein herausfordert und uns täglich spüren lässt, dass wir tatsächlich lebendig sind, und zwar nicht nur im medizinischen Sinne, sondern im Sinne von Lebensfreude und Tatendrang. „Reden Sie nur!“, höre ich da die skeptische Stimme im Hintergrund. „Das ist alles graue Theorie. Ich brauche die Kohle und kann mir das Aufmucken nicht leisten.“ Und überhaupt: „Das geht alles nicht. Da kann man nichts machen. So ist das halt. Man muss der Realität ins Gesicht sehen.“
Da haben wir's. Das große Generalargument für alle unbefriedigenden Lebenslagen: „Das geht nicht. Da kann man nichts machen. So ist das halt.“ Die so genannte „Realität“ muss herhalten. Punkt, aus, Schluss! Das Leben mit der bedrückenden Perspektive einer engen und grauen, ins Nichts führenden Sackgasse. Soll das wirklich alles gewesen sein? Auch hier gilt der berühmte Satz „Wehret den Anfängen!“ Später kommen uns dann resignierende Einsichten: Hätte ich nicht damals eine wirklich herausfordernde berufliche Perspektive ergreifen sollen? Hätte ich nicht beim ersten Mal höflich, aber bestimmt auf Missstände hinweisen bzw. mich weigern sollen, diese zu akzeptieren? Vielleicht beim ersten Mal einen Vorschlag zur Verbesserung der Situation machen sollen? Vielleicht dem Partner sagen sollen, worüber ich mich besonders freue? Die schlechte Gewohnheit schon vor zwanzig Jahren aufgeben sollen? Die ewig erträumte Weltreise mit dem Camper? Wann kommt sie endlich? Der sprachliche Gebrauch von „ich hätte sollen“ ist jetzt inflationär und gleichzeitig lähmend. Die Analyse des eigenen Lebens ist nicht mehr nach vorn, sondern nach rückwärts gerichtet. Denn Sie haben vielleicht alle diese Dinge nicht getan. Vielleicht haben Sie gewartet und sich angepasst, sich mit den Verhältnissen arrangiert, geschwiegen, verharmlost, abgewiegelt und verschoben auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Vielleicht wird ja beim nächsten Mal alles besser. Oder spätestens beim übernächsten Mal. Ganz sicher aber nächstes Jahr. Und so ziehen die Jahre dahin. Die Haare werden grauer und die Falten tiefer. Es ändert sich aber nichts, ganz im Gegenteil: Körper und Geist werden durch Nichtstun nicht besser, sondern schlechter.
Betrachten wir etwas genauer, wie das Unglück seinen Lauf nimmt. In der Partnerschaft, im Unternehmen und überall sonst, wo Menschen zusammenleben, haben Sie häufig am Anfang die besten Möglichkeiten, die Dinge in Ihrem Sinne zu beeinflussen. Je länger Sie damit warten, desto schwieriger wird es. Die Anfangssituation ist durch ein relatives Machtvakuum gekennzeichnet, das sich erst nach und nach füllt. Häufig überwiegen am Anfang noch ein erhebliches Maß an Kooperationsbedürfnis, gegenseitiger Rücksichtnahme und eine gewisse Narrenfreiheit. Dem Reiz des Neuen unterliegen die meisten Beteiligten. Dadurch haben Sie die Chance, Ihre Ideen und Vorstellungen durchzusetzen oder wenigstens wichtige Weichen zu stellen. Betriebsblindheit und Bequemlichkeit bzw. die reine Routine ohne große innerliche Beteiligung haben noch nicht Besitz von Ihrem beruflichen oder privaten Leben ergriffen. Denn bald danach spielen sich häufig subtile Machtkämpfe ab, die ganz klein beginnen und das psychische Terrain für mögliche Auseinandersetzungen oder Diskussionen abstecken. Hier haben Sie nur eine Chance, wenn Sie von Anfang an ihre Position klar und deutlich artikulieren und wenn jeder weiß, was Sie an Stil und inhaltlichen Positionen erwarten. Dazu müssen Sie sich aber selbst im Klaren sein, was Sie wollen und wo die Reise hingehen soll. Erst dann zollt man Ihnen Respekt, den Sie natürlich genauso anderen entgegenbringen sollten, den Sie aber auch für sich selbst einfordern können. Die Amerikaner sagen: „Kill the monster while it is small.“ Eine klare Positionierung – besonders am Anfang – bewirkt, dass Sie und die anderen wieder Zeit und Kraft für die eigentliche Aufgabe bekommen, für Produktivität, Spaß und Faszination an der Aufgabe, Arbeit als Selbstverwirklichung, Freude an der Partnerschaft, Freude am gemeinsamen Leben. Diese Verhaltensweisen muss man allerdings üben und sie erfordern Mut. Sie fallen nicht automatisch vom Himmel und sind leider nicht angeboren. Sie wirken übrigens am besten, wenn Sie höflich und mit Wertschätzung für Ihr Gegenüber vorgetragen werden. Auch das ist eine Kunst, die man lernen kann.
Wenn Sie also ein selbstbestimmtes Leben führen wollen, Erfüllung im Privat- und Berufsleben suchen, so brauchen Sie den Mut, mit Einfühlungsvermögen, aber auch sicherer Beharrlichkeit Ihre Position zu erkennen, dann für sich zu entscheiden und mit Ihrer Umgebung auszuhandeln. Will ich diese Situation weiter ertragen oder entscheide ich mich neu? Dabei können Sie durchaus Kompromisse schließen. Die Zeit, sich ans Steuerrad Ihres eigenen Lebens zu setzen, ist aber jetzt und nicht in zehn oder zwanzig Jahren. Jetzt ist die Zeit, Ihr eigenes Projekt, Ihren eigenen Traum, Ihre eigene Vision in die Tat umzusetzen. Warten ist auch eine Strategie, aber meist nicht die beste. Mit jedem kleinen Schritt, den Sie in die neue Richtung gehen, verbessern Sie ihre psychische Lage und werden in Ihrer Position sicherer und klarer. Dies wiederum lässt Sie in neuen, aber vergleichbaren Situationen entschiedener und klarer handeln. Wie Sie in Kapitel 4 sehen werden, hat Glückserfahrung wenig mit Zufall oder den äußeren Lebensumständen zu tun. Sehr viel aber mit Entschiedenheit, mit der Bereitschaft, fällige Entscheidungen auch zu treffen und nicht vor sich her zu schieben, sowie mit dem Mut, Konflikte auszuhalten und Risiken einzugehen, denn:
Dieses Buch will Ihnen helfen, den Übergang zu einem neuen, erfüllteren Leben, zu einem neuen kraftvollen Anfang zu finden. Es will Ihnen Mut zu machen, sich an Ihre alten Träume zu erinnern oder neue zu träumen. Das zu tun, was Sie schon immer tun wollten, das Ruder herumzureißen und die grandiosen Chancen Ihres Lebens endlich zu erkennen und in die Tat umzusetzen und sie nicht nutzlos und ohne Konsequenzen vom Treibsand der Geschichte zuwehen zu lassen. Endlich wieder die Lebensfreude und die Hingabe zu leben, für die Sie hier auf die Erde gekommen sind. Ihre spezielle Rolle zu finden, für die Sie ganz besonders geeignet sind und die kein anderer auf der ganzen Welt in gleicher, einzigartiger Weise ausfüllen kann. Dies ist Ihre Aufgabe, und zwar jetzt, nicht nächstes Jahr oder in fünf Jahren.
Halten Sie kurz inne! Horchen Sie in sich hinein und spüren Sie Ihre Gefühle! Lassen Sie diese Gefühle für ein paar Minuten wirken und versuchen Sie dann, Kontakt mit Ihren Sehnsüchten nach einem besseren Leben aufzunehmen. Das, was Sie als wirkliche Sehnsucht oder ernst gemeinten Traum in Ihrem Inneren spüren, trägt bereits den Keim zur Verwirklichung in sich. Diese Sehnsüchte und Träume können nicht nur bei anderen Menschen, sondern auch in Ihrem Leben Wirklichkeit werden. Merken Sie, wie Sie allein durch das Lesen der letzten Sätze wieder etwas Mut und Zuversicht in sich wachsen sehen? Ihre Sehnsüchte und Ideen müssen nur geweckt, gefördert und ausgelebt werden. Dieses Buch will Ihnen einen praktikablen Weg zu einem Leben mit mehr Erfüllung, mehr Selbstzufriedenheit, mehr Entschiedenheit und letztlich mehr Glück zeigen. Zu einem Leben mit weniger Angst, mehr Begeisterung und mehr gelebten Träumen. Ihr restliches Leben beginnt nämlich heute. Es gibt viel zu tun, fangen Sie's an!
Ist es Ihnen auch schon einmal so gegangen: Sie steigen ins Taxi und geben eine bestimmte Straße an, aber der Taxifahrer quittiert das angegebene Fahrziel nicht mit einem freudigen Lächeln, sondern mit einem griesgrämigen Gesicht. Die Fahrt ist ihm nicht lange bzw. profitabel genug. Das lässt er Sie spüren: Widerwillig setzt er das Taxi in Bewegung, würdigt Sie keines Blickes mehr und bleibt für die Dauer der Fahrt stumm wie ein Grab. Seine Körpersprache drückt Eiseskälte und Genervtheit aus. Am Ziel angekommen, müssen Sie Ihren Koffer selbst aus dem Kofferraum holen, die Stimmung ist immer noch eisig. Vielleicht kann er sich gerade noch ein genuscheltes „Wiedersehen“ abringen. Das war’s dann. Weg ist er. Verärgert stehen Sie allein mit Ihrem Koffer am Straßenrand.
Zweites Beispiel: Sie gehen in ein Modegeschäft, wild entschlossen, einen Anzug oder ein Kleid zu kaufen. Die Verkäuferin schaut Sie jedoch mit glasigen Augen an: Sie weiß nicht so recht, was Sie wollen, will es auch gar nicht wissen. Sie interpretiert Ihre Wünsche nur halbherzig und ohne emotionalen Kontakt. Sie kann Ihnen die Vor- und Nachteile des jeweiligen Modells nicht sagen und macht auch nicht gerade den Eindruck, als ob sie als Verkäuferin ihren Traumjob gefunden hätte. Sie will Ihnen eigentlich gar nichts verkaufen, auf jeden Fall nichts dafür tun. Sie verlassen das Geschäft frustriert.
Hotlines von Herstellern elektronischen Geräts sind ähnliche Beispiele: Nachdem Sie glücklich die klein gedruckte Nummer der Hotline unter allerlei fremdsprachigen Gebrauchsanweisungen, Garantiezertifikaten und sonstigen Hinweisen zwischen dem arabischen und dem japanischen Text gefunden haben, müssen Sie sich nach dem Wählen kunstvoll über mehrere Menüs weiterarbeiten („Wenn Sie X wollen, bitte drücken Sie Taste vier, wenn Sie aber Y wollen, bitte Taste fünf, mit Z kommen Sie zurück ins Hauptmenü.“). Erweist man Ihnen die Gnade, nach geduldigem Warten endlich einen Menschen an der anderen Seite der Leitung zu präsentieren, was heute durchaus nicht mehr selbstverständlich ist, so beeilt sich dieser häufig gleich klarzustellen, dass er entweder für dieses Problem nicht zuständig sei, man daher leider eine andere Nummer wählen müsse oder aber er versteht Ihr Problem nicht und verspricht zurückzurufen, was leider nie geschieht. Offenbar ruft er immer nur die anderen an. Selbst kommt man komischerweise nie in den Genuss des ersehnten Rückrufs. Die Liste dieser Vorkommnisse ließe sich beliebig erweitern.
In allen diesen Fällen sind Sie an Dilettanten geraten, die zwar eine bestimmte berufliche Aufgabe übernommen haben, dabei aber das Wort „Aufgabe“ wohl allzu wörtlich genommen haben und es eher mit „aufgeben“ assoziieren. Diese Menschen haben – aus welchen Gründen auch immer – eine berufliche Entscheidung nach dem Schnellschussverfahren getroffen, nach dem Motto: Hauptsache Geld verdienen und das mit möglichst wenig Aufwand. Das Durchwursteln, Dilettieren und Getrickse ist zum beruflichen Lebensinhalt geworden. Den Dilettanten gibt es übrigens auch in unseren privaten Beziehungen. Oft sind es Männer. Es ist der Typ des Blenders und Schmeichlers, der in der Anfangsphase einer Beziehung durchaus sehr charmant und faszinierend sein kann. Er bringt Blumen und Pralinen und hat spontane Einfälle zur Freizeitgestaltung, die tief beeindrucken und anregend und amüsant wirken. Nach einigen Wochen wird ihm das Ganze jedoch zu anstrengend. Wenn die eigentliche Beziehungsarbeit beginnt, die erste rauschhafte Verliebtheit vergangen ist, sieht er sich nach etwas anderem um, weil seine Ansprüche nach kurzfristigem Lustgewinn und Streicheleinheiten ohne Probleme durch billige Effekthascherei jetzt nicht mehr so pflegeleicht und schnell befriedigt werden können. Noch bevor die untrennbar mit einer tiefen Beziehung einhergehende psychische Auseinandersetzung begonnen hat, sucht er das Weite. Bei der nächsten Frau – oder dem nächsten Mann – wird alles anders.
Oberflächliche Problemlösung ist Trumpf, alles andere ist viel zu aufwändig, dauert zu lange, ist zu anstrengend und dient nicht dem Ziel eines möglichst frühen Feierabends oder schneller Lustbefriedigung. Von Meisterschaft im Leben haben diese Menschen noch nie etwas gehört und wollen auch nichts davon hören. Sie sind dem notorischen Kurzfristdenken verfallen, das sich dadurch auszeichnet, dass das kurzfristige Wohlbefinden und das geschmeidige Durchmogeln über alles gestellt und dafür langfristige und anspruchsvolle Ziele geopfert werden. Diese Verhaltensweisen fallen zwar in erster Linie auf diese Menschen selbst zurück, denn sie haben für sich eine Wahl getroffen, die früher oder später in eine tiefe Sinnkrise führen wird. Eine allgemeine Perspektivlosigkeit rückt langsam in den Mittelpunkt des Lebens. Mit zunehmender Dauer wird es immer schwerer, das Ruder des Lebens noch einmal herumzureißen. Die Mittelmäßigkeit bzw. Niveaulosigkeit wollen sie nicht mehr verlassen, sie haben sich irgendwie mit den Verhältnissen mehr schlecht als recht arrangiert. Die tiefe Befriedigung, die die wahre Meisterschaft in einer bestimmten Fertigkeit, einem bestimmten Beruf begleitet, wird diesen Menschen möglicherweise für immer verschlossen bleiben. Angst und Bequemlichkeit regieren in subtiler aber sehr effektiver Weise. Dies alles führt dazu, dass letztlich die Persönlichkeit schwer geschädigt wird und Frustration bis hin zu tiefer Verzweiflung als wesentliches Lebensgefühl dominiert. Darauf komme ich im nächsten Kapitel noch genauer zurück.
Eine Variante der obigen Beispiele sind Menschen, die sich der vielen kleinen psychischen Traumata nicht erwehren konnten und früher oder später zu Jasagern werden. Sie haben gelernt, dass es besser ist, „Ja“ zu sagen, auch wenn sie „Nein“ meinen. Eine eigene Meinung haben sie grundsätzlich nicht, und wenn doch, so wird diese nur verklausuliert oder überhaupt nicht kundgetan. Auf jeden Fall haben sie es verlernt, ihre Position klar zu kommunizieren, und haben daher auf andere auch die entsprechende Wirkung: Sie erscheinen unsicher, blass und hölzern. Dies wiederum zieht einen Typ Mensch an, der die andere Seite der Medaille repräsentiert: den nass-forschen und eher autoritären Managertypen, der weiß, wo es langgeht, und diesen Menschen gern zeigt, was eine Harke ist bzw. welcher Weg am besten einzuschlagen ist. So passen beide Verhaltensweisen wie Schlüssel und Schloss zusammen und bilden ein unglückseliges Gespann der gegenseitigen psychischen Deformation. Ein oberflächlicher Friede ist geschlossen, ein Pakt der Dilettanten, Mittelmäßigen und Frustrierten. Beide entwickeln im Laufe der Zeit eine Rollenstarrheit, die es ihnen schwer macht, aus dieser Rolle zu entkommen bzw. neue Verhaltensweisen zu kultivieren. Dadurch zementieren sie gegenseitig den Status quo und verschenken Lern- und Wahlmöglichkeiten, die aus der Situation herausführen könnten. Erfüllung als Ziel im Berufs- und Privatleben ist leider von beiden schon aufgegeben worden.
Die schleichende Seuche der Mittelmäßigkeit und Frustriertheit hat leider auch die üble Angewohnheit, nicht vor dem Privatleben Halt zu machen und sich unmerklich in unsere privaten Beziehungen einzumischen und diese mit Negativität zu vergiften. So werden Resignation und Missmut gestreut und können sich wie ein übles ansteckendes Virus weiterverbreiten. Die geschilderten Verhaltensweisen sind leider nicht selten, sondern beschreiben einen großen, wenn auch unrühmlichen Teil unserer gesellschaftlich-psychologischen Wirklichkeit.
Zum Glück gibt es Wege aus dieser Misere. Frustration und Dilettantismus sind kein Lebensschicksal und erst recht keine Naturgesetze! Beides kann aktiv angegangen und verändert werden. Es ist durchaus möglich, das Ruder des Lebens herumzureißen, wie unzählige Beispiele von so genannten „erfolgreichen“ Menschen beweisen. Meist muss aber eine Lebenskrise auftreten, die uns zwar schmerzlich aus der Komfort-Zone herauskatapultiert, aber letztlich erfolgreich die Kraft zur Veränderung mobilisiert. Wenn Sie sich daher gerade in einer Krise befinden, so ist dieses Buch genau das richtige für Sie. Krise und Chance liegen immer dicht beieinander. Meist würden wir gerne auf die Krise verzichten und die Chance allein haben. Wenn wir aber ehrlich sind, erkennen wir, dass das eine meist ohne das andere nicht zu haben ist. Ich kenne keinen erfolgreichen Menschen, der auf seinem Weg nicht auch massive Krisen durchlitten hätte. Letztlich haben aber diese Krisen den Erfolg bzw. die Erfüllung gebracht, die vorher nur erträumt wurden, weil sie erst jetzt in der Krise mit einer klaren Handlungsperspektive angesteuert wurden. Die Krise kann daher der große Energiespender und Mobilisator werden, die Chancen des Lebens an den Hörnern zu packen und aktiv und zielorientiert voranzugehen.
Was ist Erfolg?
Oft zu lachen und viel.
Den Respekt intelligenter Leute zu bekommen und die Zuneigung
von Kindern.
Die Achtung ehrlicher Kritiker zu gewinnen
und den Verrat falscher Freunde auszuhalten.
Die Schönheit zu schätzen.
Das Beste in anderen zu finden.
Die Welt ein bisschen besser zu verlassen, sei es durch ein gesundes
Kind,
einen kleinen Garten
oder einer verbesserten sozialen Situation.
Zu wissen, dass vielleicht nur eine Person angenehmer lebt, weil du
gelebt hast.
Das ist es was den Erfolg ausmacht.
Ralph Waldo Emerson
Was hat Erfolg mit Glück zu tun? Unter Erfolg und Erfüllung versteht jeder etwas anderes. Was der eine als Erfolg bewertet, mag dem anderen völlig gleichgültig sein. Wir wollen uns daher gar nicht mit Definitionsproblemen aufhalten. Das überlassen wir lieber den Akademikern in ihrem Elfenbeinturm. Der Erfolg ist der kleine Bruder oder die kleine Schwester des Glücks. Man kann übrigens – äußerlich – sehr erfolgreich, und trotzdem – innerlich – todunglücklich sein! Diese unerfreuliche Kombination ist leider gar nicht so selten. Trotzdem kann man schwerlich glücklich sein, wenn wir nicht mindestens in einem – vielleicht kleinen – Bereich unseres Lebens so etwas wie Erfolg verspüren. Sei es im Beruf, im Privatleben oder im Schrebergarten. Was könnte denn Erfolg sein? Ein Fußballspieler wird sicherlich viele Tore während seiner Karriere schießen wollen und dies möglicherweise als eines seiner wesentlichen Erfolgskriterien in den Mittelpunkt seiner Bemühungen stellen. Andere Ziele sind komplexer. Ein Pfarrer wird naturgemäß mit den Zielen des Fußballspielers nicht viel anfangen können und ganz andere Erfolgskriterien für sich finden müssen. Das Gleiche gilt für eine Tierärztin oder eine Bankangestellte, die beide in ganz andere Richtungen hinsichtlich der Kriterien ihres eigenen individuellen Erfolges denken werden. Generell kann man allerdings sagen, dass erfolgreiche und erfüllte Menschen von einem starken Gefühl einer selbst gewählten Vision für das eigene Leben durchdrungen sind. Diese Vision für eine bessere Welt und ein besseres Leben wirkt wie eine nie versagende Energiequelle, wie eine Inspiration auch und gerade dann, wenn der Lebensweg von Stolpersteinen und Widerständen geprägt sein sollte, wenn es im Moment so aussieht, als wären die Schwierigkeiten unüberwindbar. Das lodernde Feuer der eigenen Vision hilft dann auf wunderbare Weise, sich den Problemen aktiv zuzuwenden und zu erkennen, dass diese nur temporär sind und sich später einmal als wertvolle Lernerfahrung herausstellen werden. Bei den genannten visionären Menschen herrscht die folgende, grundlegende Geisteshaltung vor:
Denn Probleme haben wir natürlich alle, auch die so genannten „Erfolgreichen.“ Manchmal sogar große und drängende. Es ist ein Zeichen von Stärke, nicht etwa von Schwäche, sich der eigenen Probleme und Unzulänglichkeiten bewusst zu sein und sich diese auch einzugestehen. Bei erfolgreichen Menschen führen diese trotzdem nicht zu einer allgemeinen psychischen Lähmung, sondern die immer wieder geübte Geisteshaltung der Erfolgreichen trägt auch in diesen Fällen stets den Keim einer Handlungs- oder Entscheidungsperspektive in sich. Sie stellen sich ständig unbequeme Fragen, stellen lieb gewonnene Gewohnheiten auf den Prüfstand und überlegen sich, wo man aus Routine und Erstarrung ausbrechen könnte. Nur dumme Menschen haben keine Fragen. Erfolg und Zufriedenheit ist etwas, was man systematisch anstreben und trainieren kann. Beides basiert langfristig auf den eigenen, zielführenden Denkgewohnheiten und der Einsicht, dass auf das neue Denken auch klare Entscheidungen und aktives Handeln folgen müssen. Die Trias:
lässt kaum ein Problem im Urzustand zurück. Es mag auch mit dieser Vorgehensweise nicht sofort gelöst werden, sich vielleicht sogar als schwieriger herausstellen als zunächst angenommen, aber es wird zumindest schon den Keim einer Lösung in sich tragen. Erfolg und Erfüllung im Leben haben absolut nichts mit der Dicke des Bankkontos, den Beziehungen zu den entsprechenden „höheren Kreisen“ der Gesellschaft, der Größe oder dem Prunk des Eigenheimes oder der formalen Ausbildung und den damit einhergehenden dekorativen Zertifikaten und Zeugnissen zu tun.
Ich möchte Sie daher einladen, über Erfüllung und Erfolg in Ihrem Leben neu nachzudenken. Kriterien für sich zu finden, die Sie ganz persönlich als Erfolg akzeptieren wollen und für die Sie sich gerne engagieren, für die Sie Begeisterung empfinden und für die Sie auch bereit sind, Anstrengungen, Konflikte und Widrigkeiten in Kauf zu nehmen. Was ist es, wofür Sie gerne hart arbeiten und wofür Sie zur Not auch ohne finanzielle Anreize bereit wären sich zu engagieren? Gerade die letzte Überlegung ist ein psychologisch wertvoller Ausgangspunkt für kritische Fragen. Was ist es, was Ihren Lebensmotor auf Hochtouren, was Ihre Wangen vor Freude zum Glühen bringt und wofür Sie auch bereit wären, sich ganze Nächte um die Ohren zu schlagen, wenn es denn sein müsste? Worüber können Sie mit Begeisterung und sprühendem Charme erzählen, womit Freunde und Bekannte an Ihrer Lebendigkeit teilnehmen lassen? Was ist es, das den berühmten „Funken“ überspringen lässt und ansteckende Begeisterung verbreitet?
Sie sehen, ich will Sie dazu bringen, sich weniger mit den bekannten Menschen aus den verschiedenen Bereichen unserer Gesellschaft zu beschäftigen, sondern mehr in sich hineinzuhorchen, Ihre ganz persönlichen und ureigensten Wünsche, Zielvorstellungen und Träume zu entdecken. Denn eines ist sicher: Sie müssen Ihren individuellen Weg finden, Ihre eigenen Erfolgskriterien, Ihren eigenen, möglicherweise verschlungenen Pfad zum ganz persönlichen Glück. Den kann kein anderer für Sie gehen. Sie können aber Ideen und Anregungen sammeln, die Ihnen diesen Prozess erleichtern. Wenn Sie dieses Buch fertig gelesen haben, werden Sie wissen, worauf es dabei ankommt, aber auch, wo die Fallstricke, Illusionen und Hindernisse auf diesem Weg lauern.
Bevor Sie diesen spannenden Pfad beschreiten, möchte ich aber Ihre Wahrnehmung für eine Illusion schärfen, die sich leider in unser „Fun-Gesellschaft“ mächtig aufdrängt. Wonach Sie streben ist langfristige Befriedigung und Begeisterung. Die Betonung liegt dabei auf langfristig. Sie wollen Ihr Leben nicht hetzend und im immer wieder gleichen Stil einer Eintagsfliege gestalten, nämlich nur den kurzfristigen Vergnügungen hinterher rennen bzw. immer nur die kurzfristige Lösung suchen. Wir sind nun mal keine Eintagsfliegen, sondern haben das Glück, fast ein ganzes Jahrhundert leben zu können. Das ist eine lange Zeit. Es gibt mit Sicherheit schon viele junge Erdenbürger, die das Jahr 2100 noch erleben werden. Das prozentual am schnellsten wachsende Segment unserer Bevölkerung – man höre und staune – sind übrigens die über Hundertjährigen. Warum tun wir dann so, als hätten wir keine Zeit? Schnelligkeit ist kein Wert an sich, sondern muss immer von der Frage begleitet werden, Schnelligkeit wozu bzw. zu welchem Preis?
Ein Beispiel für die Dominanz des kurzfristigen Denkens ist die übertriebene „Unkultur“ von Handy-, Fax-, SMS- und E-Mail-Verführung, die uns einreden will, wir würden mithilfe diverser technischer bzw. elektronischer Hilfsmittel automatisch Zeit gewinnen. Oft ist aber das genaue Gegenteil der Fall: Durch die ständige Erreichbarkeit erhöhen wir unser Stressniveau, da wir ja jede Minute mit neuen Nachrichten rechnen müssen auf die es zu reagieren gilt. Außerdem wird dann auch eine postwendende Reaktion erwartet. Zusätzlich erfordert das Jonglieren mit den angeblich Zeit sparenden Hilfsmitteln einen versteckten Aufwand, von dem keiner gerne redet. Da sind die Handy-Akkus leer, der EMail-Server streikt, es ist kein Papier mehr in der Faxmaschine, der Drucker hat keinen Toner mehr oder nur noch leere Tintenpatronen und der Computer gibt kryptische Fehlermeldungen aus, die nur ein Wahnsinniger verstehen könnte. Handbücher gibt's ja keine mehr, die sind alle auf CD gespeichert. Wenn aber der Computer streikt, schweigt auch die CD wie ein Grab, trotz der golden schimmernden Rückseite.
Wie einfach war auch früher das Telefonieren: Wählen, sprechen. Punkt! Solche einfachen Lösungen sind aber der Geräteindustrie ein Dorn im Auge, denn wie sollen alle die Supertelefone und alle anderen, so genannten „elektronischen Helfer“ verkauft werden? Die angeblichen Helfer helfen schon, aber nicht uns, dem Nutzer, sondern vor allem der herstellenden Industrie. Seit es Anrufbeantworter zuhauf gibt, kann man tagelang zwischen ihnen hin und her kommunizieren, ohne sich wirklich zu sprechen. Manche Leute mit Anrufbeantworter weigern sich generell ans Telefon zu gehen. Man muss auf die Gnade ihres Rückrufs warten. Noch Gewieftere lauern bauernschlau neben ihrem Gerät und hören erst einmal, wer dran ist. Dann entscheiden sie, ob sie dem Anrufer die wohlwollende Gunst erweisen und abnehmen. Schon entwickeln Anrufbeantworter-Erfahrene Gegenstrategien. Sie rufen: „Hey, hey, du bist doch da. Nimm schon ab, ich weiß doch, dass du da bist“, darauf hoffend, den Angerufenen mit dieser psychologischen Überrumpelungstaktik doch noch aus der Reserve zu locken und zum Abnehmen zu veranlassen. Der tut dies aber nur äußerst ungern, weil er dann ja zugeben müsste, zu diesen zweifelhaften Methoden des „Aussortierens“ von potenziell unangenehmen Anrufern Zuflucht zu suchen. Bei neuen Telefonen kann man – theoretisch – die Nummer des Anrufenden lesen und dann erst abnehmen. Also wird diese Funktion von vielen Anrufern abgeschaltet – wenn man weiß wie das geht. Dies wiederum veranlasst manche, diese Rufe erst gar nicht anzunehmen. So schaukelt sich der Kreislauf von Tricks und Gegentricks ständig weiter hoch. Auch die Sprache ändert sich: So fragen mich Versicherungsvertreter oder andere freche Zeitgenossen, die etwas von mir wollen und so tun, als dulde ihr Anliegen nicht den geringsten Aufschub, ob ich nicht das Dokument X „mal schnell auf das Fax legen könnte.“ Klar kann ich das Dokument X auf das Fax (das Faxgerät ist gemeint) legen. Da liegt es dann aber einsam und verlassen und harrt der Dinge, die da kommen. Es muss aber noch geschickt werden, also die Faxnummer herausgesucht, das Blatt in die Maschine eingefädelt und die Nummer eingetippt werden. Vielleicht ist auch noch vorher ein Papierstau zu beseitigen, eine neue Faxrolle einzulegen oder Toner nachzufüllen. Nach all dem mühevollen Hantieren hat das Dokument möglicherweise jetzt Eselsohren bekommen und weigert sich, trotz guten Zuredens oder Streichelns, glatt und mühelos durch die Faxmaschine zu gleiten.
So kommt es wie es kommen musste: Diese übertriebenen und damit zeitverschwendenden, Adrenalin und Verdruss produzierenden Aktivitäten produzieren genau das mittlere Chaos, das doch angeblich durch die vielen elektronischen „Helfer“ verhindert werden sollte. So tritt die vielgepriesene angebliche Zeitersparnis überhaupt nicht erst ein, wird vielmehr prompt in ihr Gegenteil verkehrt. Übrigens: Wer mir einen Brief oder eine Postkarte schreibt, erhält auch postwendend Antwort. Ich belohne damit die Menschen, die sich der Mühe unterziehen, Briefpapier zu kaufen oder Postkartenmotive auszusuchen, die in der Lage sind, mehrere zusammenhängende Zeilen zu schreiben, die Briefmarken mit der Zunge benetzen und aufkleben und dann noch an den Briefkasten gehen. Für E-Mails, Faxe und all die anderen „schnellen“ Kommunikationsmöglichkeiten gilt diese Garantie nicht. Fazit: Wer vorher klare Entscheidungen und Prioritäten getroffen hat, wird auch durch die moderne Technik nicht aus dem Tritt geraten. Wer aber seinem selbst produzierten Chaos dadurch zu entgehen hofft, dass möglichst viele Geräte zur Unzeit piepsen, rütteln, rattern oder klingeln, wird schnurstracks eine reine Höllenfahrt erleben.
Zurück zum verführerischen Kurzfristdenken im täglichen Leben. Wir streben häufig unbefriedigende weil zu kurzfristige Lösungen an, reparieren nur, übertünchen notdürftig, verschieben wirkliche Änderungen auf Übermorgen oder den St. Nimmerleinstag, nur damit das schnelle Funktionieren wieder sichergestellt ist, damit es irgendwie weitergeht, ohne viel Nachdenken und ohne Richtungswechsel. Halt so, wie es schon immer gelaufen ist. Dabei ist uns eigentlich klar, dass eigentlich eine Neukonstruktion, eine Generalüberholung oder ein genereller und radikaler Neuanfang notwendig wäre. Das Verführerische besteht aber darin, dass bei einer nur kurzfristigen Betrachtung ein bloßes Reparieren und Verdrängen der langfristigen Konsequenzen in aller Regel leichter und mit weniger Angst durchzuführen, mit weniger Widerständen verbunden und schneller und mit weniger Aufwand zu bewerkstelligen ist. Das Schlimme dabei ist: Wir fühlen uns kurzfristig besser, weil wir verdrängt haben. Wie kleine Kinder wollen wir jetzt unsere Belohnung und scheren uns nicht um später. Alle Süchte gehören hier her: Alkohol, Zigaretten, Süßigkeiten. Aber der Problemdruck geht nicht weg, sondern er kommt zusammen mit Frust und Ärger und mit doppelter Wucht irgendwann wieder zurück.
Allerorten wird Ihnen die schnelle Lösung Ihrer Probleme versprochen, Spaß und Freude garantiert, wenn Sie nur Ihr Portemonnaie bitte zücken wollen und sich entsprechend an der Fun-Gesellschaft beteiligen. „Machen Sie doch eine Reise an den Strand von Relaxanien; buchen Sie schnell noch ein Wohlfühlseminar am Wochenende. Kaufen Sie doch das neue schicke Kleid, das tolle Auto oder das neue Handy und Sie werden sich großartig fühlen!“ So oder ähnlich klingen die Schalmaienklänge einer atemlosen Spaßkultur. Da muss man schon gefestigt sein, insbesondere als junger Mensch, wenn man sich davon nicht umgarnen lässt. Die ganze Welt im dauerstressenden Fun- und Partybetrieb. Ich habe allerdings das ungute Gefühl, dass es auf den meisten solcher Parties deswegen so öde und freudlos zugeht, weil es gar nichts zu feiern gibt. Denn feiern setzt ja voraus, dass etwas Großartiges geleistet wurde. Wenn also eine wichtige Prüfung nach wochenlangem Büffeln bestanden wurde, wenn Ärzte in einer heroischen Operation das Unfallopfer dem Tod entrissen haben oder der Häuslebauer nach all dem Ärger mit den Handwerkern, den Banken und den Baubehörden, zum ersten Mal auf seinem sonnendurchfluteten Balkon sitzt und das Frühstücksei köpfen kann. Dann gibt es auch etwas zu feiern, dann macht das Feiern Spaß und dann kann man sich mit anderen am gemeinsamen Glück freuen. Oft ist ein solcher Anlass jedoch gar nicht vorhanden, das Gefühl der inneren Leere dafür umso stärker. Um das zu betäuben, wird trotzdem gefeiert, vielleicht hilft's ja.
Die Seele der Spaßgesellschaft verhungert nämlich an ihrem materiellen Überfluss und ihrem grellen und lauten Klamauk. Der Genuss, dem sie vordergründig und hechelnd hinterherläuft, ist ohne den genauen Gegenpol, nämlich harte Arbeit und ehrliche und beständige Anstrengung, nicht zu haben. Genuss pur und ohne Ende verträgt sich nicht mit Erfüllung. Ganz im Gegenteil. Wo nur Spaß ohne Pause ist, gibt es keine Freude. Hier gilt es, inne zu halten und kritisch zu prüfen: Wo stehe ich und will ich das alles mitmachen? Wenn Sie sich der seichten, inhaltslosen Unterhaltung, den kurzfristigen Lösungen, der oberflächlichen Flickschusterei eines Problems, den grellen, materiellen Aspekten und Statussymbolen hingeben, werden Sie auf die Dauer keine Befriedigung empfinden. An dem Gefühl der existenziellen inneren Leere wird sich nichts ändern. Mir ist bis heute kein einziger Fall bekannt, wo das beliebteste Ablenkungsmanöver, nämlich die Beschäftigung mit den landläufigen Statussymbolen, also Taschen voller Geld, teuren Luxuslimousinen, äußerlich imposanten Villen hinter dicken Mauern, dicken Uhren, die gerade so weit unter den teuren Manschettenknöpfen hervorlugen, dass man sie auf jeden Fall noch sehen kann, oder aufdringlichem und glitzerndem Geschmeide, auch nur das Geringste an dem inneren Vakuum, der inneren Zerrissenheit und im Grunde tiefen Unzufriedenheit geändert hätten. Im Schlepptau dieser materiellen Dinge kommt es häufig zu einem eher peinlichen und lauten Protzverhalten, begleitet von der umtriebigen Sorge, dass auch ja alle den materiellen Firlefanz wahrnehmen. Wenn ein solcher Herr oder eine solche Dame den Mund aufmacht, weiß man meist sofort welch Geistes Kind hier spricht. Denn dies sind nur Irrungen und Wirrungen, die ein erbärmlich kleines Ego unter einer Maske von lächerlichen, imposanten Äußerlichkeiten verdecken sollen. Es ist der klägliche Versuch, an alle Außenstehenden die verzweifelte Botschaft zu übermitteln: „Seht her, wie wichtig und großartig ich bin, nehmt mich doch bitte wahr!“ Aber atemloser Konsum und das Hetzen zum nächsten „Fun-Event“ lassen keine Zeit zum Nachdenken. Die Anhäufung von materiellen Spielzeugen ist der misslungene Ersatz für Lebenssinn. Dabei bewirkt diese rastlose und verzweifelte Verengung der Lebensperspektive nur eine immer tiefere Verstrickung in den Teufelskreis von Gier nach materiellen Dingen einerseits und tiefer, innerer Verzweiflung andererseits.
Eine weitere Strategie, den eigenen psychischen Traumata zu entfliehen, besteht darin, sich in weit übertriebenem Maße in Arbeit zu flüchten, Familie und Freunde dagegen zu vernachlässigen, Hobbies nicht mehr zu pflegen und so zum isolierten Einzelgänger, kurz „arbeitssüchtig“ zu werden. Der Arbeitssüchtige hat es sogar besonders leicht, denn „zu viel Arbeit“ wird meist mit einer gewissen Bewunderung kommentiert, zumindest aber als wohlfeile Entschuldigung akzeptiert. Hinter all den geschilderten Verhaltensweisen stecken meist traumatische Entwicklungsstörungen oder tief empfundene Kränkungen, z. B. die schmerzhafte Erfahrung, von den eigenen Eltern als Kind nicht oder nur unter ganz bestimmten Bedingungen geliebt worden zu sein. Ein ungeliebtes Kind wird jedoch später versuchen, diese große und unvergessene existenzielle emotionale Bedrohung durch die fehlende Elternliebe mit vielerlei materiellen Dingen zu kompensieren. Dieser Weg kann aber niemals gelingen, denn mehr von den falschen Dingen bringt die richtigen Dinge – z. B. die als Kind ersehnte fehlende Liebe und emotionale Geborgenheit – leider nicht ins Lot. Bestenfalls handelt es sich um eine kurzfristige Betäubung, eine kurze Auszeit von der im Hintergrund schwelenden, tiefen emotionalen Unzufriedenheit und der aus Kränkung erwachsenen Unsicherheit. Diesen Menschen fehlt die emotionale Ausgeglichenheit, sie sind psychisch aus der Bahn geworfen und brauchen daher zur Kompensation die vielen unnützen Äußerlichkeiten, um damit die fremde Wertschätzung auf diesem Weg doch noch zu erhalten, obwohl sich dieser Weg früher oder später mit Sicherheit als psychischer Holzweg erweist.
Das übergroße Verlangen, materielle Dinge anzuhäufen, der sozialen Umgebung teure Spielzeuge als vermeintliche Statussymbole zu präsentieren und damit der Welt beweisen zu wollen, wie großartig man ist, ist ein Rückzugsgefecht, weil der Kampf um ein erfülltes Leben schon aufgegeben wurde und man sich mit einer solchen drittklassigen Strategie zufrieden geben will. Das Leben wird dominiert von der Angst, die wirklichen Bedürfnisse und Ziele doch nicht mehr befriedigen, das, was wirklich wichtig ist für das eigene Leben, doch nicht mehr erreichen zu können. Wie bei einer Droge braucht man immer mehr, um den Effekt des kurzfristigen Wohlbefindens zu erreichen. Es ist die Überzeugung, der ersehnten Liebe und Wertschätzung der anderen ohne diese Spielzeuge nicht wert zu sein, als eigenständiges Individuum nicht liebenswert genug zu sein: „Wenn die anderen wüssten, wie ich wirklich bin, würden sie mich verachten.“ Als vermeintlicher Ausweg aus dieser hilflosen psychischen Situation muss ein materieller Popanz aufgebaut werden, der diese fehlende Wertschätzung wie magisch anziehen soll. Dabei geschieht aber genau das Gegenteil von dem, was insgeheim erhofft wurde: Diejenigen die in der Lage wären, eine echte und ehrliche Wertschätzung ohne Ansehen der Person zu geben, sind von einem solchen peinlichen Protzverhalten besonders abgeschreckt. Sie werden mit Kritik, Spott oder Gleichgültigkeit das Weite suchen. Echte Freundschaften, die diesen Namen auch verdienen, werden auf diesem Hintergrund nicht zustande kommen. Nur diejenigen, die sich aufgrund eigener emotionaler Defizite und schmerzhaft erlebter menschlichen Enttäuschungen auch von diesem grellen, materiellen Puppentheater angezogen fühlen, werden so tun, als seien sie zu echter Liebe oder Freundschaft bereit oder in der Lage. Diese schnell gefundenen so genannten „Freunde“, die auch in ihrer hohlen, materiellen Scheinwelt leben, verstärken diese Hinwendung zu dieser enttäuschenden, oberflächlichen Glitzerwelt nur noch. Dies ist aber das genaue Gegenteil von echter Freundschaft. Echte Freundschaft fragt weder nach materiellen Bedingungen noch nach eigenen Vorteilen. Ganz im Gegenteil: Echte Freundschaft nimmt eigene Nachteile in Kauf, wenn es dadurch gelingt, dem Freund zu einem Vorteil bzw. zu mehr Glück zu verhelfen.
Wenn Menschen mit der beschriebenen kompensatorischen Gier nach materiellen Dingen auf die innere Leere reagieren, haben sie eine Chance diese zu überwinden, wenn es ihnen gelingt, im späteren Leben liebevolle und innige emotionale Beziehungen aufzubauen. Manchmal finden Sie einen Partner oder guten Freund, der durch die materielle Fassade hindurchsehen kann und in der Lage ist, das tief im Inneren verletzte Kind zu sehen, dessen Versuche zu lieben, gescheitert sind. Wenn später der Aufbau einer Partnerschaft durch eine solche liebevolle Beziehung und die damit einhergehende emotionale Nähe gelingt, können diese Menschen ihre Angst vor der Offenbarung ihres wahren Inneren verlieren, emotionale Nähe wagen und sich schrittweise aus der sinnlosen, lärmenden Konsumwelt zurückziehen, weil ihre ausgetrocknete und nach Sinn lechzende Seele jetzt die nagende Unzufriedenheit und emotionale Leere durch gelebte Liebe auffüllen kann. Auch wer keine traumatische Kindheit gehabt hat, wird angesichts der auf uns alle aus allen Medien einprasselnden Werbebotschaften manchmal schwach und erliegt den Versuchungen einer schrillen und inhaltsleeren Werbewelt, die das angebliche Glück verheißt.
Die meisten unserer Probleme erfordern zu ihrer Lösung Zähigkeit und Ausdauer und eine langfristige Perspektive, ganz bestimmt auch die ausgeprägte Bereitschaft, Frustrationen zu ertragen, wenn der Wind wieder einmal in einer steifen Brise von vorne weht. Das ist der Preis, den Sie zahlen müssen. Billiger geht’s leider nicht. Dafür werden Sie aber auch mit der süßen Befriedigung belohnt, Ihrem Leben einen wahren Sinn, eine vorher nicht gekannte Tiefe und Lebenslust gegeben zu haben, für die es sich zu leben lohnt. Sie werden eine tiefe innere Befriedigung spüren, die nur aus der mutigen und kraftvollen Überwindung von Schwierigkeiten und Hindernissen über einen längeren Zeitraum erwächst. An dieser wenig glamourösen, dafür aber umso befriedigenderen Grundüberlegung führt leider kein Weg vorbei. Seien Sie anspruchsvoll und überlegen Sie, was wirklich wichtig ist in Ihrem Leben, was Sie ernsthaft anstreben und wofür Sie dereinst – wenn das Ende Ihrer irdischen Zeit gekommen ist – erinnert werden wollen. Auch wenn Sie jetzt etwas erschrecken: Es gilt, den Gedanken an den eigenen Tod nicht zu verdrängen, sondern ihn anzunehmen und als Aufforderung zu verstehen, mehr echte Freude zu verbreiten und mehr gelebte Erfüllung zu suchen. Jetzt, wo Sie noch genügend Zeit dazu haben. Der Weg liegt vor Ihnen. Die Entscheidung liegt ganz allein bei Ihnen.
„Wenn du ein Schiff bauen willst, dann trommle nicht Männer zusammen, um Holz zu beschaffen, Aufgaben zu vergeben und die Arbeit einzuteilen, sondern lehre sie die Sehnsucht nach dem weiten, endlosen Meer.“
Antoine de Saint-Exupéry
Alles, was Sie je erschaffen, geleistet oder vollbracht haben und worauf Sie heute stolz sind, war zunächst einmal ein Traum oder zumindest eine grobe Vorstellung. Der Traum, die Vorstellung, die Fantasie mögen am Anfang verschwommen, diffus und nur vage gewesen sein. Aber: So haben Sie garantiert angefangen. Dann haben Sie möglicherweise intensiv darüber nachgedacht, mit anderen Menschen darüber diskutiert und vielleicht sogar ihre Vorstellungen zu Papier gebracht, Informationen eingeholt, abgewogen, geprüft und schließlich – und entscheidend – haben Sie angefangen zu handeln. Langsam, aber sicher wurde aus dem Traum ein Stück Realität und möglicherweise und Schritt für Schritt sogar die Erfüllung Ihres Traumes. Sie machen dabei Bekanntschaft mit einer fundamentalen Erkenntnis der kognitiven Psychologie: