Warum ich Weihnachten hasse - Robert Benchley - E-Book

Warum ich Weihnachten hasse E-Book

Robert Benchley

4,0

Beschreibung

"Hand aufs Herz: Gründe gibt's genug! Schnee, kein Schnee, Weihnachtslieder, Familie, Einsamkeit, nützliche Geschenke und solche, die keiner braucht usw. Da man alldem ohnehin nicht entgehen kann, nimmt man es besser gleich mit Humor. Und das tut dieses Buch mit funkelndem Witz, mit herzerwärmendem Charme und der Weisheit des Leidgeprüften, der weiß, dass zu Weihnachten das Wünschen noch nie geholfen hat. Zum Trost und zum Zeitvertreib für alle, die es kaum erwarten können, dass der ganze Zauber bald wieder vorbei ist! "

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Seitenzahl: 55

Veröffentlichungsjahr: 2023

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WARUM ICH WEIHNACHTEN HASSE

© 2023 Jung und Jung, Salzburg

Alle Rechte, einschließlich der Vervielfältigung, Veröffentlichung, Bearbeitung und Übersetzung, bleiben vorbehalten

Anmerkungen und Anhang: Harald Gschwandtner

Umschlagbild: Trimming the Tree by George Hughes

Umschlaggestaltung: BoutiqueBrutal.com

ISBN 978-3-99027-303-6

ROBERT BENCHLEY

Warum ich Weihnachten hasse

aus dem Amerikanischen von Thomas Bodmer

Richtiges Weihnachten nach altem Brauch

An jedem Weihnachtsfest, gerade wenn die Sache so langsam Fahrt aufnimmt, schließt früher oder später jemand seine Augen, legt den Kopf in den Nacken und seufzt: »Ach, es ist einfach nicht mehr so wie früher. Richtiges Weihnachten nach altem Brauch scheint es heute nicht mehr zu geben.« Worauf aus meiner Zimmerecke dann ertönt: »Stimmt, und das ist gut so.«

Was genau sie meinen, wenn sie von »Weihnachten nach altem Brauch« reden, darauf lassen sie sich nie festlegen. »Unmengen Schnee«, murmeln sie, »und Unmengen zu essen.« Dabei kann man, wenn man es nur richtig anstellt, auch heute zu viel Schnee und zu viel Essen kommen. Na ja, viel Schnee auf jeden Fall.

Außerdem spukt in den Köpfen herum, dass man Weihnachten nach altem Brauch nur auf dem Lande feiern könne. Und egal, ob man auf einem Bauernhof aufgewachsen ist oder die Vorstellung von Weihnachten auf dem Lande von Bildern aus Harper’s Young People herrührt – man muss den Leuten klarmachen, dass man als Kind seine Feiertage in einer solchen Umgebung verbracht hat. Und dass, ach, ja, diese Zeiten unwiederbringlich vorbei sind.

Nehmen wir an, Ihr Wunsch geht eines Tages in Erfüllung. Nehmen wir an, die Verwandten Ihrer Frau aus East Russet, Vermont, schreiben Ihnen und laden Sie ein, sie zu besuchen und die Kinder mitzubringen für ein richtiges Weihnachten nach altem Brauch, »solange wir alle noch da sind«, wie sie mit ihrem untrüglichen Gefühl für gute Stimmung fröhlich ergänzen.

Hurra, hurra! Hinaus aufs Land zu Weihnachten! Packt alles ein, was es in eurem Haus an warmer Kleidung gibt, denn ihr werdet sie brauchen dort, wo die Luft so kalt und sauber ist. Schneeschuhe? Ja, mit einpacken, oder noch besser: Daddy soll sie tragen. Ach, macht das Spaß! Nehmt auch ein paar Schlittenglöckchen mit zum Klingeling-Machen, für den Fall, dass es am Schlitten zu wenige gibt. Ein Klingeling ist unabdingbar. Ebenso wie Whisky gegen Frostbeulen. Oder braucht es den eher gegen Schlangenbisse? Wie auch immer, hinein damit! Los geht’s! Auf Wiedersehen, auf Wiedersehen! KLINGELING-KLINGELING-KLINGELING-Klingeling-Klingeling-Klingeling!

Um nach East Russet zu kommen, müssen Sie den Vermont Central nehmen bis Twitchell’s Falls, dort umsteigen nach Torpid River Junction, von wo aus Sie auf einem Nebengleis direkt nach Gormley gelangen. In Gormley erwartet Sie ein leichter vierrädriger Pferdewagen, der Sie erneut nach Torpid River Junction bringt. Unterdessen ist ein Zug oder sonst was eingetroffen, der den Regionalzug aus Besus abwartet. Das lässt Ihnen genug Zeit, um Ihren kleinen Jungen in die Schule zu schicken, wo er die dritte Klasse abschließt.

In East Russet holt euch Opa mit dem Schlitten ab. Das Gepäck wird aufgeladen, Mama setzt sich nach vorne mit Lester auf dem Schoß, Daddy setzt sich mit Junior und Ga-Ga hinten zum Gepäck. Hü, Esther-Mädel!

Esther-Mädel macht Hü, und zwei Koffer fallen aus dem Schlitten. Ach herrje! Da heißt es absteigen, die Koffer aufheben und den Schnee abwischen, der einem dabei in den Ärmel geraten ist. Was gibt es Schöneres als Schnee im Ärmel? Guter, sauberer Schnee hat noch keinem geschadet. Zum Glück, denn nach ein, zwei Kilometern stellen Sie fest, dass Ga-Ga fehlt. Macht nichts, sie ist ein selbständiges kleines Mädchen und wird den Weg zum Bauernhof bestimmt von alleine finden. Wahrscheinlich wird sie dort schon auf Sie warten, wenn Sie eintreffen.

Der Bauernhof liegt auf einem Hügel elfhundert Meilen vom Stadtzentrum entfernt, also kurz vor Kanada. Weht im Winter eine Brise, dann spürt man die hier. Aber was macht schon eine Brise, solange man im Vorderzimmer einen Ölofen der Marke Little Colonel hat, der im Umkreis von vier Inches alles warm und gemütlich macht. Und dann der große offene Kamin, durch den die Kälte hereinfährt. Was für ein Spaß!

Sie steigen vor dem Bauernhaus vom Schlitten, leicht humpelnd, weil die Reisedecke verrutscht und Ihr rechtes Bein gefroren ist. Oma wartet schon in der Tür, alle drängeln hinein, strahlend vor guter Laune. »Frohe Weihnacht, Oma!« Lester ist verstimmt, und Junior schläft und muss die Treppe hochgeschleift werden, wobei er gegen jede Stufe schlägt. Es ist so spät, dass Sie beschließen, jetzt alle zu Bett zu gehen, zumal Sie erfahren haben, dass es um halb fünf Frühstück geben wird. Normalerweise gibt es das um vier, aber an einem Feiertag wie Weihnachten, da gönnt man sich was und schläft aus.

Oben am Ende der Treppe angekommen, geraten Sie in einen Luftzug, der Sie an eine wohltemperierte Gruft gemahnt. Sie befinden sich damit in der Schlafzimmerzone, in der das Thermometer vom fünfzehnten Oktober bis Mitte Mai die Nullmarke nie überschreitet. Die Zimmer, in denen nicht geschlafen wird, werden zur Aufbewahrung von leicht verderblichem Obst und Gemüse benutzt, wobei die Tomaten und Birnen regelmäßig mit sanftem Fingerdruck überprüft werden müssen, damit sie nicht zu hart werden und Risse bekommen.

Bevor man in einem von Opas Schlafzimmern ins Bett schlüpft, geht man am besten wie folgt vor: Vom Fuß der Treppe, wo es warm ist, rast man zwei Stufen auf einmal nehmend hoch, um den Blutkreislauf in Gang zu halten. Die Zimmertür mit einer Hand öffnend, reißt man mit der anderen die Vorhänge von den Fenstern, schnappt sich die Teppiche vom Boden und die Tagesdecke von der Kommode. Man häuft alles auf das Bett, legt die Schranktür, die man aus den Angeln gerissen hat, oben drauf und wirft sich darunter. Manchmal kann es hilfreich sein, Galoschen über die Schuhe zu ziehen.

Doch auch wenn Sie sich jetzt im Bett befinden, ist das noch keine Garantie dafür, dass Sie einschlafen können. Opas Matratzen bestehen, so hat es den Anschein, aus Silage: Maishülsen, Ofenkartoffelschalen und länglichen drahtigen Dingern, die sich wie Pfeifenreiniger anfühlen. Sich in einer kalten Nacht in diese hineinzukuscheln, ist ungefähr so heimelig, als kuschelte man sich draußen im Wald in einen Haufen klammer Tannenzapfen.

Und dann tut sich da einiges im Haus. Kurz nachdem Sie sich ins Bett geflüchtet haben, knarrt die Treppe. Gleich darauf läuft etwas über Ihnen übers Dach. Sie sagen sich: »Dussel, das ist der Weihnachtsmann.« Dann läuft es hinter dem Kopfende des Bettes in der Wand. Das tut kein Weihnachtsmann. Im langen Flur, der zum Flügel des Hauses führt, seufzt der Wind, und ab und zu schlägt tröstlich eine Tür zu.