Wein – Die große Schule - Jens Priewe - E-Book

Wein – Die große Schule E-Book

Jens Priewe

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Beschreibung

"Wein beschert uns, wenn er gut ist, einen kleinen Moment des Glücks", sagt Jens Priewe, einer der renommiertesten deutschen Weinjournalisten. Aber was ist guter Wein? Warum wird so viel Aufhebens um ihn gemacht? Warum sind manche Weine so rar und so teuer? Fragen, die Weinliebhaber immer wieder stellen. "WEIN – Die große Schule" gibt Antworten auf diese Fragen. Aber die Antworten sind heute nicht mehr die gleichen wie vor zehn oder zwanzig Jahren. Denn die Welt des Weins hat sich geändert. Deshalb hat Priewe seine "Große Weinschule" jetzt auf den allerneuesten Stand gebracht. Neben den klassischen Anbaugebieten wie Bordeaux, Champagne, Rioja, Toskana sind viele neue Gebiete getreten, aus denen hervorragende Weine kommen, über die Weintrinker aber noch wenig wissen: Bierzo in Spanien, Alentejo in Portugal, Jura in Frankreich, Burgenland in Österreich, der ganze Süden Italiens zum Beispiel. Oder spannende Länder wie Slowenien, Kroatien, Griechenland, Georgien. Priewe verrät, warum deutsche Weine noch nie so gut waren wie heute. Er analysiert den Rosé-Boom und beschreibt die vier Arten der Rosé-Erzeugung. Die neue Generation der Weintrinker ist zudem weniger stark auf Etiketten fixiert als die alte. Sie ist neugierig auf Orange Wines und Pét Nat, auf vegane Weine, Piwis, teilweise auch auf alkoholfreie Weine. In der Neuausgabe von "WEIN – Die Große Schule" steht, was es mit diesen Weinen auf sich hat.

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Seitenzahl: 672

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INHALT

VORWORT

20 FRAGEN ZUM WEIN

WEIN GENIESSEN

Die Aromen des Weins

Die Farbe des Weins

Die Physiologie des Riechens und Schmeckens

WEIN VERSTEHEN

Die Gläser

Die Korkenzieher

Das Weinzubehör

Wie Wein serviert wird

Richtig einschenken

Die Trinktemperatur

Die Weinfehler

Der Korken

Alternative Flaschenverschlüsse

Die Lagerung des Weins

Weine, die Geschichte schrieben

Stilikonen

Speisen und Wein

Käse und Wein

Die Wein gesetze

Wein und Gesundheit

DIE WEINREBE

Die Geschichte der Rebe

Die Geschichte des Weins

Der Weltrebengürtel

Die Morphologie der Rebe

Traube und Beere

Das Makro klima

Das Mesoklima

Der Boden

DIE ARBEIT IM WEINBERG

Die Bestockung

Die Rebenerziehungssysteme

Boden bearbeitung und Düngung

Das Menge-Güte-Gesetz

Der Vegetationszyklus und die Rebkrankheiten

Die Vegetationsphase

Reife phase und Rebschnitt

Biologischer Weinbau

Das Most gewicht

Die Säure

Der Lesezeitpunkt

Die Weinlese

Edelfaule Trauben

VIELFALT DER REBSORTEN

Die roten Sorten

Die weißen Sorten

WEINBEREITUNG

Die Vinifikation

Die Weinhefen

Die Maischegärung

Die Tannine

Die malolaktische Gärung

Histamin im Wein

Roséweine

Die Kelterung des Weißweins

Natural Wines

Die Vorklärung

Die Vergärung des Weißweins

Die Vergärung im Holzfass

Der Reifeprozess

Schönen und Filtrieren

Die Schwefelung

Der Fassbau

Das Eichenholz

Neue Ausbauformen

SCHAUMWEINE, PORT, SHERRY UND ANDERE SPEZIALITÄTEN

Der Champagner

Schaumweine

Portwein

Madeira

Sherry

DIE WEINLÄNDER DER WELT

FRANKREICH

Champagne

Loire

Elsass, Jura, Beaujolais

Chablis, Côte Chalonnaise, Mâconnais

Burgund

Nördliche Rhône

Südliche Rhône

Bordeaux

Südwesten, Languedoc, Roussillon

Provence

ITALIEN

Piemont

Franciacorta, Südtirol, Trentino, Valpolicella

Prosecco, Friaul

Toskana

Umbrien

Süditalien

SPANIEN

Somontano, Costers del Segre, Priorato

Navarra, Rioja, Bierzo, Rías Baixas

Ribera del Duero, Rueda, Toro, La Mancha

PORTUGAL

Douro, Bairrada, Dão, Estremadura, Alentejo, Algarve

DEUTSCHLAND

Pfalz, Nahe, Rheinhessen

Rheingau, Mittelrhein, Ahr

Mosel

Baden, Hessische Bergstraße

Württemberg

Franken, Saale-Unstrut, Sachsen

ÖSTERREICH

Raisental, Wachau, Kremstal, Kamptal, Wagram

Neusiedlersee, Burgenland

Wien, Weinviertel, Thermenregion, Carnuntum, Steiermark

SCHWEIZ

LUXEMBURG

ENGLAND

TSCHECHIEN

SLOWAKEI

BULGARIEN

RUMÄNIEN

UNGARN

SLOWENIEN

KROATIEN

SÜDOSTEUROPA

Serbien, Kosovo, Montenegro, Bosnien, Mazedonien, Albanien

MOLDAU

ZYPERN

GRIECHENLAND

GEORGIEN/ARMENIEN

LIBANON/ISRAEL

NORDAMERIKA

Kalifornien

Oregon

Washington State

Kanada

SÜDAMERIKA

Chile

Argentinien

Brasilien

Uruguay

SÜDAFRIKA

Coastal Region

Breede River Valley

Cape South Coast

AUSTRALIEN

Westaustralien

Südaustralien

New South Wales

Victoria

Tasmanien

NEUSEELAND

Die Südinsel

Die Nordinsel

CHINA

JAPAN

GLOSSAR

BILDNACHWEIS

IMPRESSUM

Liebe Leserin, lieber Leser,

niemand würde verdursten, wenn es keinen Wein gäbe. Aber viele Menschen wären traurig, wenn er aus unserer Welt verschwände. Sie genießen ihn, sammeln ihn, trinken ihn mit Freunden zu festlichen oder auch unfestlichen Anlässen: einfach wenn es sie danach dürstet. Sie reisen in die Gebiete, aus denen der Wein kommt, besuchen die Winzer, die ihn erzeugen. Wein beschert uns, wenn er gut ist, einen Moment des Glücks. Er berührt die Seele. Und Wein ist Ausdruck der Natur. Kein anderes Getränk spiegelt Böden, Klima, Landschaft so deutlich wider wie guter Wein. Wer will, kann die Natur förmlich schmecken.

Für solche Menschen habe ich „Wein – Die große Schule“ geschrieben. 1997 kam das Buch zum ersten Mal heraus. Damals ging es mir darum, die neue, faszinierende Welt des Weins transparent zu machen. Heute, knapp 30 Jahre später, hat sich diese Welt geändert. Sie ist vielfältiger, bunter, kommerzieller geworden – und komplizierter. Deshalb war es nötig, das Buch von Grund auf neu zu schreiben und auf den Stand des Jahres 2024 zu bringen. Neue Weinanbaugebiete sind aufgetaucht. Alte Rebsorten wurden neu entdeckt. Traditionelle Hierarchien sind ins Wanken geraten. Bordeaux hat in Kalifornien einen ebenbürtigen und ähnlich hochfliegenden Herausforderer gefunden. Die Weine aus dem Burgund haben einen sagenhaften Aufstieg erlebt. In Italien dreht sich längst nicht mehr alles um die Toskana oder ums Piemont. Die Weine aus dem Süden des Landes haben die Herzen vieler Weintrinker erobert. In Spanien, einem traditionellen Massenwein-Land, ist die Zahl der Premiumweine spektakulär gestiegen. Deutschland, das Mauerblümchen, ist zum bejubelten Riesling-Star geworden. Österreich hat sich von der Heurigen-Republik in den Club der Spitzenwein- Erzeuger hochgearbeitet. Portugal und Griechenland erzeugen aus wenig bekannten Rebsorten bessere Weine als andere Länder aus bekannten. Nischenländer wie Slowenien, Kroatien oder Georgien sind zu Pionieren der Natural-Wine-Bewegung geworden. All das hat zu großen Umschichtungen, ja Verwerfungen in der Welt des Weins geführt – ganz zu schweigen von den Entwicklungen in Übersee.

Auch in Weinberg und Keller wird heute anders gearbeitet, als in den Lehrbüchern steht. Der ökologische Gedanke hat Eingang in die Köpfe von Winzern gefunden, die früher selten Rücksicht auf die Belange der Natur genommen haben. Alte Weinbereitungstechniken sind plötzlich wieder modern. Dazu kommt der Klimawandel. Nicht nur, dass er den Geschmack unserer Weine nachhaltig verändert. Er stellt im ungünstigsten Fall auch die Anbauwürdigkeit ganzer Weinbaugebiete infrage.

Und ja, die Weintrinker sind auch nicht mehr die gleichen wie vor 30 Jahren. Die neue Konsumenten-Generation schert sich weniger um große Namen als ihre Vorgänger. Die Zahl der Etikettentrinker nimmt ab, die Zahl der Genusstrinker nimmt zu. Jüngere Weintrinker konsumieren weniger und setzen die Schwerpunkte anders: Trinkspaß und Trinkfreundlichkeit sind in ihrem Wertesystem wichtiger als Schwere, Komplexität, Langlebigkeit. Das eigene Geschmacksempfinden zählt mehr als die Kritiker-Urteile.

Festzuhalten bleibt, dass noch nie so viel Aufwand getrieben wurde, um qualitativ hochstehende, spannungsreiche Weine zu erzeugen. Welcher Aufwand, das wird in „Wein – Die große Schule“ beantwortet. Zwar muss ein glücklicher Weintrinker nicht unbedingt wissen, was eine malolaktische Gärung ist. Aber es kann hilfreich sein. Und über spontan vergorene Rotweine und Weißweine mit Maischestandzeit informiert zu sein, schadet auch denjenigen nicht, die sich ihres guten Geschmacks längst sicher sind. „Wir müssen den Wein neu denken“, hat mir ein junger Winzer kürzlich gesagt. Der Satz hat mir gefallen. Er bedeutet, dass die, die Wein verstehen, ihn besser genießen können.

20 Fragen zum Wein

Alle mögen Wein. Aber für viele Menschen ist er ein fremdes Wesen. Sie verstehen nicht, warum er Alkohol enthalten muss. Sie begreifen nicht, weshalb er so unheimlich teuer sein kann. Einige der häufigsten Fragen werden hier und auf der nächsten Seite beantwortet.

1

Woran erkennt man, dass ein Wein korkt?

Der Wein riecht muffig und dumpf. Die Unterseite des Korks hat den gleichen unangenehmen Geruch. Wenn man unsicher ist, hier ein Trick: Man gießt ein wenig Wein ins Glas und verdünnt diesen mit lauwarmem Wasser. Im Falle eines Korkschmeckers bleibt der muffige Geruch/Geschmack. Verschwindet er durch die Verdünnung, ist der Wein okay.

2

Kann man einen Wein, der korkt, noch zum Kochen verwenden?

Nein. Man riskiert, das Essen zu verderben. Für korkigen Wein gibt es nur eine Bestimmung: den Ausguss.

3

Sind Schraubverschlüsse eine gute Alternative zu Kork?

Ja, sie haben sich durchaus bewährt. Allerdings reift der Wein in Flaschen mit Schraubverschluss langsamer als in Flaschen mit Kork.

4

Was soll man mit angebrochenen Weinflaschen tun?

Korken drauf (oder Schrauber) und am nächsten Tag weitertrinken. Die meisten Weine halten sich auch offen mindestens zwei bis drei Tage.

5

Wie lange muss eine Weinflasche vor dem Einschenken geöffnet werden?

Normalerweise wird gleich eingeschenkt. Ein vorheriges Öffnen der Flasche bringt nicht viel. Wenn der Wein atmen muss, sollte man ihn dekantieren.

6

Was macht man mit einer angebrochenen Sektflasche?

Es gibt spezielle Sektverschlüsse. Man setzt sie auf den Flaschenmund und befestigt sie mit einem Bügel. So kann die verbleibende Kohlensäure nicht entweichen. Dass ein Silberlöffel im Flaschenhals die Kohlensäure im Wein hält, ist ein Märchen.

7

Darf man Wein, der zu warm ist, im Eisfach seines Kühlschranks herunterkühlen?

Eine Notlösung. Und wenn man es tut, nur fünf oder zehn Minuten lang ins Eisfach legen. Schockfrieren schadet dem Wein.

8

Gibt es gute Weine beim Discounter?

Gibt es. „Gut“ im Sinne von solide. Selten mehr. Und manch „guter“ Wein trägt nur einen berühmten Namen, ist aber von bescheidener Qualität.

9Vol. %

Braucht Wein unbedingt Alkohol?

Ja, Alkohol ist ein Geschmacksträger und intensiviert das Aroma.

10

Woran erkennt man einen guten Wein?

Objektive Kriterien sind Sauberkeit, Klarheit, Vielschichtigkeit, Länge. Je mehr diese Kriterien erfüllt sind, desto anspruchsvoller ist der Wein. Ein subjektives Kriterium für gut ist, dass man gern ein zweites Glas von dem Wein trinkt.

11

Wie muss ein guter Wein schmecken?

Wein muss nicht schmecken. Wein muss handwerklich sauber gemacht und sollte authentisch sein. Man muss die Rebsorte, den Boden, das Klima, den Jahrgang schmecken. Den einen gefällt er, den anderen nicht. Aber weil er einigen Menschen oder auch vielen nicht schmeckt, ist er nicht zwangsläufig ein schlechter Wein.

12

Ist Wein eine reine Geschmackssache?

Letztlich ja. Keiner wird einen Wein kaufen, der ihm nicht schmeckt. Aber wenn er schmeckt, sagt das nicht unbedingt etwas über die Qualität des Weins aus, sondern manchmal mehr über den Geschmack des Weintrinkers.

13

Muss man einen besonderen Gaumen haben, um gute Weine genießen zu können?

Es liegt meist nicht am Gaumen. Nur 20 Prozent der Menschen sind „schmeckblind“. Alle anderen können ganz normal riechen und schmecken.

14

Wie lernt man, Weine zu genießen?

Indem man viel ausprobiert, viel vergleicht, viel diskutiert und auch mal Weine trinkt, die nicht beim ersten Schluck schmecken, sondern erst beim zweiten.

15

Ich habe keinen kühlen Keller. Kann ich den Wein in der Wohnung lagern?

Kommt darauf an wie lange. Drei Jahre in einer warmen Wohnung sind möglicherweise zu viel. Bei einem halben Jahr in der Küche (oder einem anderen Raum) kann aber nichts schiefgehen, vielleicht auch länger nicht. Die handelsüblichen Weine sind heute biologisch stabil. Trotzdem ist die Lagerung in der Wohnung immer nur eine Notlösung.

16

Wird ein Wein besser, wenn er altert?

95 Prozent aller Rot- und Weißweine, die auf der Welt erzeugt werden, trinkt man am besten jung. Einige dieser Weine halten sich ein paar Jahre, werden dabei aber nicht unbedingt besser. Nur ganz wenige Weine brauchen, um ihr Potenzial zu entfalten, fünf oder zehn oder 20 Jahre.

17

Was braucht man an Equipment, um Wein zu genießen?

Nicht viel. Einen guten Korkenzieher, ein dünnwandiges, möglichst zum Weintyp passendes Glas, für Schaumweine einen Sektkühler, für warme Sommerabende auf der Terrasse eine Kühlmanschette, um Weißweine kühl zu halten. Vielleicht noch eine Karaffe. Und im Keller ein Weinregal, in dem die Flaschen horizontal liegen.

18

Kann man gute Weine am Preis erkennen?

Es gibt keine eindeutige Beziehung zwischen Wein und Preis. Spitzenweine sind zwar meist teuer, aber teure Weine sind nicht immer Spitzenweine. Auch 5-Euro-Weine können, wenn man sie beim Winzer kauft, gut sein. Bleibende Erlebnisse bieten sie nicht. Alles, was weniger kostet, kommt von der Resterampe. Glas, Kapsel, Etikett, Korken oder Schrauber kosten mehr als 1 Euro. Dazu kommen Transport, Zwischenhändler, Marge und Mehrwertsteuer. Der Inhalt einer Flasche zu 2,95 Euro kann dann nur 50 Cent wert sein. Weine, die ein Minimum an Qualität aufweisen, kosten wenigstens 7,90 Euro. Spitzenweine sind teurer. Fazit: Schlechte Weine kann man am Preis erkennen, gute nicht unbedingt.

19

Schmeckt ein Wein aus der Magnumflasche besser?

Nein. Er altert in der Magnumflasche langsamer und ist deshalb nach einigen Jahren frischer als der gleiche Wein aus einer Normalflasche. Vorausgesetzt, der Korken ist gleich gut.

20

Wie hält man ein Weinglas?

Weingläser werden immer am Stiel angefasst. Am Kelch hinterlässt die Hand Schwitz- und Fettspuren. Das ist für das Gegenüber am Tisch unästhetisch. Wenn man das Glas auch noch mit der ganzen Hand am Kelch greift, erwärmt sich der Wein womöglich durch die Handtemperatur.

Alles dreht sich ums Aroma

Wein kann Aromen von Beeren, getrockneten Früchten, Gewürznelken, aber auch von Teer, abgehangenem Fleisch, Penicillin annehmen. Nicht alles, was schlecht klingt, schmeckt auch schlecht. Manchmal sind es gerade die bizarren Aromen, die dem Wein das gewisse Etwas geben.

Wissenschaftler haben rund 800 verschiedene Aromastoffe im Wein nachweisen können. Wenn ihre Messgeräte, die Gaschromatographie und die Massenspektralanalyse, feiner wären, würden es vermutlich wesentlich mehr sein. Der größte Teil dieser Aromen ist chemisch noch nicht entschlüsselt. Erst bei relativ wenigen Aromen ist es möglich, ihnen die entsprechende chemische Formel zuzuordnen. Aber Formeln kann man nicht trinken. Deshalb versuchen Weintrinker, die Aromen sprachlich zu beschreiben. Dabei entstehen Beschreibungen wie grüner Apfel, Pfirsich, Brombeeren, Ananas – Aromen, die bekannt und nachvollziehbar sind. Bei den würzigen Aromen ist die Identifizierung schon schwieriger: Nelken, schwarzer Pfeffer, Vanille, Karamell, Lakritze. Sollen komplexe Aromenkonstellationen beschrieben werden, hilft nur, frei zu assoziieren mit dem Risiko, dass nicht jeder die Weinbeschreibungen nachvollziehen kann: abgehangenes Fleisch, Bienenwachs, Zigarrenkistenholz, gegerbtes Hirschleder, Eukalyptusbonbon, Earl Grey. Anfang der 80er-Jahre haben Wissenschaftler der kalifornischen Weinuniversität Davis den Versuch unternommen, die verschiedenen Weinaromen zu systematisieren. Herausgekommen ist der Aromenkreis. Zu einer verbindlichen Weinsprache hat aber auch er nicht geführt.

Die Primäraromen

Als Primäraromen werden die natürlichen Aromen der jeweiligen Rebsorten bezeichnet. Sie entstehen im Rahmen des normalen Stoffwechsels der Beere und sind teilweise auch schon im Most sensorisch wahrnehmbar. Die Primäraromen unterscheiden sich von Rebsorte zu Rebsorte, von Standort zu Standort. Meist handelt es sich um traubig-fruchtige und florale Aromen, wie sie für frisches Obst typisch sind. An ihnen kann eine geschulte Nase schon feststellen, ob sie einen Chardonnay oder Gewürztraminer vor sich hat, einen Pinot Noir oder Cabernet Sauvignon. Chemisch betrachtet, handelt es sich bei den Primäraromen überwiegend um Terpene, die als Kohlenwasserstoff-, Alkohol-, Aldehyd- oder Esterverbindungen in der Beere beziehungsweise im Most vorliegen. Da es sich um stark flüchtige Verbindungen handelt, übersteht nur ein kleiner Teil der Primäraromen den Verarbeitungsprozess bis zur Flaschenfüllung. Man spricht von etwa 20 Prozent Primäraromen, die ein junger Wein enthält. Sie sorgen dafür, dass der Wein delikat schmeckt. Im weiteren Verlauf seiner Entwicklung werden die Primäraromen allerdings langsam abgebaut, bis sie ganz verschwinden und von den Reifearomen überlagert werden.

Die Sekundäraromen

Der größte Teil der Weinaromen entwickelt sich während der Gärung beziehungsweise während der enzymatischen Behandlung des Mostes vor der Gärung. Diese Aromen bezeichnet man als Sekundäraromen. Sie entstehen durch die Aktivität der Hefen und der Bakterien (im Falle einer malolaktischen Gärung). Entgegen weit verbreiteter Meinung handelt es sich bei den Sekundäraromen nicht um die typischen Aromen von Brotkruste, Brioche, Biskuit, Toast, die bei längerer Lagerung eines frisch vergorenen Weins auf der Feinhefe entstehen, sondern um eine Vielzahl besonderer Frucht-, Würz- und mineralischer Aromen. Sie reichen von Zitrus über Mango, Papaya, Litschi, Ananas bis zu Schokolade, Mokka, Graphit, Kieselstein, Schiefer, Feuerstein, Eukalyptus, Nelken, Lakritz, Teer, Zedernholz, Butter, Walnuss, Fleisch, Wachs – allesamt Aromen, die in der Traube selbst nicht vorkommen. Sie sind im Most lediglich als Aromavorstufen vorhanden. Das heißt: als geruchs- und geschmacklose Zuckermoleküle (Glykoside) beziehungsweise Terpenoide, Carotinoide und Phenole. Erst durch die Aktivität der Hefen, Enzyme und Bakterien werden sie gespalten und in „aromaaktive“ Bestandteile zerlegt. Diese Sekundäraromen machen den größten Teil der Weinaromen aus.

Die Tertiäraromen

Die bei der Alterung des Weins entstehenden Aromen heißen Tertiäraromen. Es handelt sich um feinoxidierte Primär- und Sekundäraromen während der Reifephase des Weins. Die Bildung der Tertiäraromen beginnt bereits während des Ausbaus im Fass und setzt sich nach der Flaschenfüllung fort. Fast immer ist dabei Sauerstoff im Spiel, der über die Poren des Fasses oder über den Korken Kontakt mit dem Wein bekommt. Typische Tertiäraromen beim Weißwein sind Petrol und Karamell, bei Rotwein Pilze, Moos, Herbstlaub, Geleefrucht. Wie schnell oder wie langsam sich Tertiäraromen bilden, hängt von mehreren Faktoren ab. Schwefel hemmt den Prozess, ein gasdichter Schraubverschluss ebenfalls. Ein schlechter, luftdurchlässiger Korken fördert dagegen die Bildung von Tertiäraromen genauso wie eine warme Lagertemperatur.

Aromarad

Mindestens 10 000 Weinaromen sind bekannt. 400 kann man benennen. 92 sind im Aromarad enthalten.

Auch die Farbe kann man trinken

Wein ist Augenlust. Ob leuchtendes Purpurrot oder sattes Bernsteingelb, die Farbe des Weins ist eine Botschaft für die Sinne. Mehr noch: Sie kann durchaus etwas über das Alter, die Rebsorte und im Einzelfall über die Qualität des Weins verraten. Weißweine dunkeln mit zunehmendem Alter nach. Besonders gehaltvolle Weißweine, die womöglich kurz auf der Maische gestanden haben (Cryo-Mazeration), sind jedoch nie glanzhell, sondern zeigen sich schon jung in einem kräftigen Zitronengelb. Bei Rotweinen ist die Farbentwicklung umgekehrt. Sie hellen sich mit zunehmendem Alter auf und weisen einen orangefarbenen Schimmer am Rand auf. Bordeaux-Weine, besonders aber Burgunder, tendieren nach 20 Jahren oft ins Bräunliche und werden beinahe unansehnlich. Die Farbe steht dann in krassem Gegensatz zum Geschmack: Dieser nähert sich seinem Höhepunkt und entwickelt eine feine, malzige Süße.

Für junge Bordeaux-Weine wird gern die Gleichung aufgestellt: Je dunkler die Farbe, desto besser ist der Wein. Tatsächlich korrespondiert die Anzahl der Farbpigmente in den Beeren mit der Reife der Trauben und damit mit der Qualität eines Jahrgangs: Je besser der Jahrgang, desto dunkler der Wein. Vom Bordeaux-Wein lässt sich jedoch nicht auf andere Weine schließen. Die meisten roten Traubensorten haben von Natur aus weniger Farbe als die Cabernet Sauvignon, aus der Bordeaux-Weine überwiegend gekeltert werden. Sie sind – auch in großen Jahren – heller, ohne deswegen schlechter zu sein. Burgunder und Barolo sind typische Beispiele dafür: Sie erreichen nie die Farbtiefe eines Bordeaux oder eines Ribera del Duero. Ein Qualitätsurteil lässt sich aus der Farbtiefe nicht ableiten. Außerdem kommen dunkle Weine häufiger in heißen als in kühlen Anbaugebieten vor. Südspanische, süditalienische und algerische Rotweine sind häufig nur zum Verschneiden gut.

Glanzhell: Pinot Grigio

Strohgelb: junger Riesling

Zitronengelb: Chardonnay

Schwarzrot: Ribera del Duero

Rubinrot: junger Médoc

Kirschrot: junger Chianti Classico

Goldgelb: reifer Sauternes

Altgolden: reife Trockenbeerenauslese

Bernsteingelb: Amontillado Sherry

Purpurrot: St-Émilion, 10 Jahre alt

Ziegelrot: Barolo, 15 Jahre alt

Granatrot: Burgunder, 30 Jahre alt

Wie es riecht, so schmeckt es

Ein großer Teil dessen, was der Mensch zu schmecken glaubt, riecht er in Wirklichkeit. Das gilt auch für den Wein. Um ihn voll zu schmecken, ist daher ein guter Geruchssinn nötig. Höchster Genuss aber stellt sich erst ein, wenn man den Wein körperhaft auf der Zunge spürt.

Die Nase ist das sensiblere Organ im Vergleich zur Zunge. Wissenschaftliche Untersuchungen haben ergeben, dass das Riechhirn des Menschen bis zu 10 000 Gerüche unterscheiden kann. Ganz anders die Zunge. Ihre Wahrnehmungsfähigkeit ist auf die wenigen nichtflüchtigen Geschmacksträger des Weins begrenzt: Zucker, Säuren und die Phenole. Um zu verstehen, warum der Mensch mehr riecht als er schmeckt, ist ein kurzer Blick auf Nase und die Zunge nötig.

Das Riechorgan

Die Riechzone des Menschen liegt in einer kleinen Seitenkammer der oberen Nasenhöhle. Beim Einatmen berührt der Luftstrom die Riechzone nicht direkt. Allerdings werden Luftwirbel in diese Seitenkammer getragen, die dann die Duftempfindungen auslösen. Die Geruchsrezeptoren selbst befinden sich auf einer Fläche, die nicht größer als fünf Quadratzentimeter ist: der Riechschleimhaut. Sie ist mit einem feuchten Film überzogen, sodass die Duftmoleküle, die sie berühren, auf ihr gelöst werden. Nur in flüssigem Zustand können Gerüche wahrgenommen werden. Die Nasenlöcher mit der ebenfalls feuchten Nasenscheidewand haben dagegen keine Riechfunktion. Sie dienen lediglich dazu, die inhalierte Luft zu filtern, zu erwärmen und zu befeuchten. Da sich die Seitenkammer mit der Riechschleimhaut zum Rachenraum hin öffnet, werden die Geruchsrezeptoren beim Ausatmen stärker gereizt als beim Einatmen. Das ist der Grund, weshalb ein Wein nach dem Schlucken oft so lange nachklingt.

Die Geruchsneuronen

Auf der menschlichen Riechschleimhaut enden etwa 20 Millionen Neuronen in Form von kleinen Härchen, die in der Schleimhaut schwimmen (bei Frauen sind es 30 Millionen). Neuronen sind Nervenleitungen, die direkt mit dem Gehirn verbunden sind. Über die Riechhärchen geben sie die empfangenen Reize an das Riechhirn weiter. Dieses liegt gleich oberhalb der Nasenhöhle. Die Wege sind also kurz – Indiz dafür, wie eng das zentrale Nervensystem des Menschen an Geruchsempfindungen gekoppelt ist. Das Riechhirn entziffert die Reize und ordnet sie zu einem homogenen Geruchseindruck, was notwendig ist, weil Millionen von Riechfäden gleichzeitig stimuliert werden, wenn Geruchsmoleküle auf sie treffen. Die einzelnen Sinneseindrücke werden dann vom Riechhirn integriert und zu einem komplexen Geruchsbild geformt. Dieser Vorgang ist – ebenso wie die Erinnerung von Geruchseindrücken – ein wichtiger Faktor beim Weintesten und eine geistige Leistung des Weintrinkers. Sie unterliegt der Erfahrung und damit dem Willen des Menschen.

Frauen riechen besser: Die Nase ist das sensiblere Wahrnehmungsorgan im Vergleich zur Zunge.

Die Riechschwellen

Es ist eher unwahrscheinlich, dass es ein angeborenes Talent zum Weinverkosten gibt. Zwar ist die Größe der Riechschleimhaut nicht bei jedem Menschen gleich. Doch kommt es gar nicht auf die Größe, sondern auf die Empfindlichkeit der Rezeptoren an. Einige Menschen reagieren erst, wenn 100 Millionen Geruchsmoleküle auf die Schleimhaut treffen, andere bereits bei 10 Millionen. Allerdings wird vermutet, dass die Wahrnehmung stark vom Großhirn gesteuert wird. Das heißt: Die Fähigkeit, Gerüche zu erkennen, hängt stark von der Kenntnis der Geruchskomponenten und der Fähigkeit ab, diese semantisch zu benennen. Riechschärfe ist also, zumindest beim Wein, trainierbar. Allerdings gibt es Einschränkungen. Menschen, die Dauergerüchen ausgesetzt sind (Tabakqualm, Autoabgasen), nehmen diese kaum mehr wahr. Sie werden geruchsunempfindlich. Auch scheint die Riechschärfe mit dem zunehmenden Alter nachzulassen. Ob dies mit der Abnutzung der Rezeptoren zu tun hat oder eine Folge nachlassender geistiger Konzentration ist, ist unklar. Sicher ist, dass die Riechschärfe im Tagesverlauf schwankt, und zwar sowohl bei jungen wie bei alten Menschen. Nach Mahlzeiten ist sie besonders niedrig.

Mit der Zunge kann man nicht viel schmecken. Man nimmt den Wein mit ihr aber körperhaft wahr.

Die Zunge

Die Wahrnehmungsfähigkeit der Zunge ist auf die nichtflüchtigen Geschmacksträger des Weins begrenzt: Zucker, Säuren und die Phenole. Sie duften nicht (oder nur geringfügig) und müssen geschmeckt werden. An der Zunge selbst befinden sich über zwei Drittel aller Geschmacksrezeptoren, am Gaumen und im Rachenraum dagegen nur wenige. Gaumen und Rachen sind dennoch am Weingenuss beteiligt. Der physische Berührungsreiz, die Temperatur, das Zusam-menziehen der Schleimhäute unter dem Einfluss des Tannins – für alle diese Sinneseindrücke ist der Empfindungssinn des Mundes empfänglich, der Trigeminus. Durch die Erwärmung des Weins im Mund werden schließlich auch die flüchtigen Aromen aktiviert, die auf retronasalem Weg die Nasenschleimhaut noch einmal stimulieren.

Die Rezeptoren

Die Zunge ist mit Papillen bedeckt: feinste pilz- oder wallförmige Ausstülpungen, die vor allem dem Tastsinn dienen. Etwa 200 bis 400 dieser Papillen enthalten jedoch auch Geschmacksknospen. Sie häufen sich an der Zungenspitze, an den Zungenrändern und an der Zungenwurzel. In der Zungenmitte hingegen sind kaum Geschmacksknospen zu finden. Dieser Teil der Zunge ist fast geschmacksneutral. Jede Geschmacksknospe enthält zahlreiche Sinneszellen, die an ihrem oberen Ende in kleinen, speichelumhüllten Geschmacksfäden enden (Porus). Sie sind die eigentlichen Empfindungserreger: Sie reagieren auf chemische Substanzen und leiten die entsprechenden Informationen ins Gehirn weiter.

Die Grundgeschmäcker

Lange Zeit ging man davon aus, dass die Zunge eine unendlich große Anzahl von Geschmacksnuancen wahrnehmen kann. Heute weiß man, dass es nur wenige Grundgeschmäcker gibt, auf die die Zunge reagiert. Die bekanntesten sind süß, salzig, sauer, bitter. Allerdings weiß man auch, dass der Weingeschmack stets aus einer Mischung dieser vier Grundrichtungen besteht. Süße hängt am Alkohol,besonders am Glykol. Die Säure ist als Weinsäure, Milchsäure, Essigsäure, gegebenenfalls als Apfelsäure im Wein enthalten. Salze sind Bestandteile der Säuren (da der salzige Geschmack von anderen Geschmackskomponenten dominiert wird, tritt er als solcher kaum in Erscheinung). Den Bittergeschmack steuern bestimmte Phenole bei, etwa die Tannine.

Mehr als nur vier Geschmäcker

Inzwischen haben Wissenschaftler herausgefunden, dass die Rezeptoren der Zunge auch alkalische und metallische Verbindungen schmecken können. Als weiterer Geschmackssinn wurde Umami identifiziert, eine japanische Bezeichnung für „Schmackhaftigkeit“. Wofür Umami genau steht, ist allerdings unklar. Kritiker wenden ein, dass Umami eine Geschmacksbewertung und kein Geschmack ist. Schließlich hat die Zunge auch einen Tastsinn sowie ein Temperatur- und ein Schmerzempfinden. Mit ihnen lassen sich Schärfe einer Speise oder eines Getränks (z. B. Adstringenz), Wärme/Kälte und Textur (z. B. Fettigkeit) eines Weins wahrnehmen. Deshalb ist es wichtig, den Wein auch mit der Zunge zu ertasten.

Superschmecker und Schmeckblinde

Am besten können Kinder schmecken. Bei ihnen stehen die Geschmacksknospen am dichtesten. Vom 20. Lebensjahr an nimmt ihre Zahl jedoch stetig ab. Mit 60 Jahren haben sie sich mehr als halbiert. Zudem gibt es genetische Unterschiede bezüglich der Menge der Rezeptoren. Die Hälfte der Menschen sind „Normalschmecker“. Ihre Zunge weist durchschnittlich 180 Knospen pro Quadratzentimeter auf. 25 Prozent sind „Superschmecker“ (über 400 Knospen), darunter mehr Frauen als Männer. Auch Afrikaner und Asiaten schmecken besser als Europäer und Amerikaner. Die restlichen 25 Prozent der Menschen sind „Nichtschmecker“ oder „Schmeckblinde“ (100 Knospen).

Dünnwandig und wohlgeformt

Champagner und Schaumweine

Man trinkt sie aus schmalen, hochgezogenen, tulpenförmigen Gläsern, die hoch genug sein müssen, damit sich die Mousse (der Schaum) aufbauen kann. Außerdem sollen die Bläschen (Perlage) gut sichtbar sein. Das Auge trinkt mit. Der Kelch selbst ist dünnwandig. Die temperatursensiblen Lippen spüren die erfrischende Kühle des Weins.

Leichter Weißwein

Dieses Glas mit seinem schmalen Durchmesser und dem kleinen Volumen ist ideal für leichte und mittelschwere Weißweine, die ihre blumigfruchtigen Primäraromen sofort freigeben. Durch die geringen Dimensionen werden die Düfte noch konzentriert, während die Zunge vor allem den süßen Fruchtschmelz wahrnimmt. Gut für Riesling Kabinett, Grünen Veltliner, Sancerre, Soave, Pinot Grigio u. ä.

Körperreicher Weißwein

Durch sein größeres Volumen eignet sich dieses Glas für gehaltvolle Weißweine, die atmen müssen und von Natur aus eine milde Säure aufweisen beziehungsweise eine malolaktische Gärung durchgemacht haben. Ideal für Chardonnay (Barrique), Sauvignon Blanc (Barrique), Riesling Spätlese, schweizerische Chasselas u. ä.

Tanninarme Rotweine

Durch die relativ große Öffnung fließt der Wein auf breiter Front in die Mundhöhle ein und führt ihn zu allen Stellen, an denen Frucht und Säure zur Geltung kommen. Das heißt: Nicht nur die auf süßen Schmelz spezialisierte Zungenspitze, sondern auch die anderen Zungenpartien werden gereizt. Vor allem geeignet für Burgunderweine, Blaufränkisch, Barbera, Gamay, Pinotage u. ä.

Tanninstarke Rotweine

Der hohe Duftkamin führt das Bouquet konzentriert zur Nase. Durch die nicht zu enge Öffnung wird der Wein auch an der Zungenspitze wahrgenommen, sodass der erste Geschmackseindruck von der fruchtigen Süße geprägt ist. Dadurch wird tanninstarken Weinen die anfängliche Bitterkeit genommen. Durch das dünne Glas teilt sich die Temperatur des Weins sofort den Lippen mit – auch das gehört zum Genuss dazu. Für jungen Bordeaux, Rioja, Chianti u. ä.

Schwere Rotweine

Durch den großen Durchmesser des Glases hat der Wein viel Kontakt mit der Luft. So kann sich der Alkohol, der zugleich auch Geschmacksträger ist, entfalten. Fülle und Komplexität kommen besser zum Ausdruck. Der hohe Stiel verhindert zugleich, dass die Temperatur der Hand die Temperatur der Flüssigkeit beeinflusst (Weingläser werden am Stiel angefasst). Ideal für reife Burgunder, Barolo, Brunello di Montalcino, Syrah u. ä.

Dessertweine

Edelsüße Dessertweine werden nur schluckweise getrunken. Der relativ kleine Kelch ist den geringen Mengen angepasst, in denen man diese Weine genießt. Der Wein fließt über die Zungenspitze hinweg an die Zungenränder, sodass die außerordentliche Geschmacksfülle schärfer wah-rgenommen, nicht aber die Restsüße verstärkt wird. Für Auslesen, Sauternes, Grains Nobles u. ä.

Sherry und Portwein

Portwein, Sherry, Madeira, Marsala sind körperreiche Weine, die einen Alkoholgehalt von über 18 Vol. % aufweisen. Der Alkohol darf beim Verkosten aber nie im Vordergrund stehen. Die kleinen, engen Gläser verhindern, dass der Alkohol verfliegt und das Bouquet brandig macht. Die Öffnung des Glases ist außerdem so eng, dass es nahezu unmöglich ist, die Nase tief ins Glas zu senken. Auf diese Weise wird der hohe Alkoholgehalt kaum wahrgenommen.

Der schnellste Weg zum Wein

Korkenzieher gehören zur Grundausstattung eines Weintrinkers. Es gibt sie in vielen Varianten: kitschig, schwergängig, unpraktisch, platzbeanspruchend, überdreht. Nur wenige Korkenzieher sind einfach und funktional zugleich. Der Weintrinker entscheidet, welches Gerät am besten zu ihm passt.

1 Korkenzange

Der „Korkenzieher“ für Sekt- und Champagnerflaschen. Mit der Korkenzange wird der Korken nicht aus der Flasche gezogen, sondern lautlos aus dem Flaschenhals gedreht. Wer vorsichtig mit dem Instrument umgeht, verhindert auf diese Weise, dass der Wein überschäumt. Bevor die Zange angesetzt wird, muss natürlich das Stanniolpapier und das Drahtkörbchen über dem pilzförmigen Korken

entfernt werden.

2 Kellnermesser

Unter dieser liebevollen Bezeichnung wird die wohl praktischste Korkenzieher-Konstruktion angeboten, die es derzeit gibt: Mit dem Messer die Kapsel abschneiden, Spindel in den Korken versenken, Stützfuß auf den Flaschenrand setzen und den Korken heraushebeln. Geschicklichkeit und ein bisschen Kraft in den Handgelenken sind freilich nötig.

3 Kapselschneider

Statt mit dem Messer die Kapsel abzuschneiden, wird dieser Kapselschneider auf den Flaschenrand gesetzt und einmal gedreht: Ob Blei-, Stanniol- oder Kunststoffkapsel, das Material wird sauber abgeschnitten, und zwar so tief, dass der Wein beim Einschenken nicht über die Schnittkante läuft.

4 Das T-Modell

Der meistbenutzte Korkenzieher der Welt: einfach, sicher, billig – und umständlich zu handhaben. Mit diesem Standardgerät eine Flasche zu entkorken, erfordert Kraft. Und wenn der Korken dann mit einem lautem „Flopp“ den Flaschenhals verlässt, ist manchmal selbst der Wein „geschockt“.

5 Schenkel-Korkenzieher

Ein ebenso schicker wie intelligenter Korkenzieher aus Amerika: elastische Spindel mit breitem Gewinde, das nahezu jeden Korken sicher packt – auch die festsitzenden. Ohne größere Kraftanstrengung zu bedienen. Nur in eine Richtung drehen, und der Korken wird sicher nach oben bugsiert.

6 Korkenspange

Raffinierte Korkenzieherform, vor allem in Amerika verbreitet. Die beiden Zungen werden zwischen Flaschenhals und Korken geschoben. Durch ihre unterschiedliche Länge liegt der Schwerpunkt der Krafteinwirkung beim Herausziehen an verschiedenen Stellen des Korkens. So wird er sanft umschlossen und gleitet unversehrt aus dem Flaschenhals. Bei alten Flaschen mit mürbem Korken oft die einzige Möglichkeit, an den Wein zu kommen.

7 Hebel-Korkenzieher

Die eleganteste und schnellste Art, die Flasche vom Korken zu befreien, ist die Screwpull-Zange. Eine Hand umklammert den Flaschenhals mit der Zange, die andere legt den Hebel von hinten nach vorne, sodass sich die dünne, elastische Spindel in den Korken bohrt. Danach wird der Hebel einfach zurückgelegt und der Korken fast schwerelos aus der Flasche gehoben. Weder Kraft noch Geschicklichkeit sind nötig, um mit diesem Hightech-Gerät umzugehen. Allerdings ist es auch die teuerste Art, den Korken aus der Weinflasche zu ziehen.

8 The Durand

Neuer, genialer Korkenzieher aus Amerika, speziell für alte Weine mit brüchigen beziehungsweise minderwertigen Korken erdacht, die schon nach zehn oder 20 Jahren geschrumpelt und so hart sind, dass sie beim Ziehen abbrechen. Einen solchen Korken mit einem normalen Spindel-Korkenzieher aus dem Flaschenhals zu bugsieren, ist schwierig. Oft misslingt es. Der Korken bricht ab oder zerbröselt. Andere Korken sind nicht ausgetrocknet, aber im Laufe der Jahre völlig durchnässt. Sie zu ziehen kann ebenso schwierig sein, weil die Korkstruktur an Festigkeit verloren hat und dem Ziehdruck nicht standhält. Oder der durchnässte Korken wird beim Eindrehen der Spindel in die Flasche gedrückt. Besser funktioniert eine Korkspange. Fast immer gelingt es dagegen mit diesem Spezialgerät namens The Durand. Dieser in den USA entwickelte Korkenzieher verbindet Spindel mit Spange und hat sich bei Liebhabern gereifter Weine in der ganzen Welt als unentbehrliches Wein-Accessoire durchgesetzt.

Vom Sektkübel …

Einen edlen Wein unsachgemäß zu servieren ist unverzeihlich. Ebenso unpassend ist es jedoch, das Weintrinken zu einer Geheimwissenschaft zu machen. Außer einem Korkenzieher und einem Glas braucht man wenig, um zu genießen – von einem guten Wein abgesehen. Das wenige sollte allerdings mit Bedacht gewählt werden.

Das Arsenal der Wein-Accessoires reicht vom Taschengerät, mit dem der Alkoholgehalt des Weins gemessen wird, bis zur Zange, mit der alte Vintage-Ports geöffnet werden. Tatsächlich ist der größte Teil des Weinzubehörs nur Spielzeug: der Dekantierapparat, die silbernen Umhängeetiketten, der Säbel, mit dem Champagnerflaschen geköpft werden. Emile Peynaud, Professor für Önologie an der Universität Bordeaux und Autor eines Buches über die Hohe Schule des Weintrinkens, hat in kurzen Worten beschrieben, wie Wein getrunken wird: „Man nimmt ihn aus dem Regal, bringt ihn auf die gewünschte Temperatur, entkorkt ihn und serviert ihn sofort.“ Nur für alte Flaschen lässt er eine Sonderbehandlung zu.

Flaschenständer

Ersetzt das traditionelle Dekantierkörbchen für alte Rotweine mit Depot. Durch die Schrägstellung rutscht das Depot an den Rand des Flaschenbodens. Beim Einschenken bleibt die Flasche im Flaschenständer.

Kühlmanschette

Nicht schön, aber nützlich ist die Kühlmanschette, die um die Flasche gewickelt oder in die der Wein wie in eine Tasche gesteckt wird. Sie dient weniger der Kühlung des Weins als vielmehr dem Kühlhalten des vorgekühlten Weins auf der Terrasse oder während des Picknicks.

… bis zum Dekanter

Ausschenkhilfe

Das Plättchen aus Aluminium-/PET-Laminat wird einfach zur Tülle geformt und in den Flaschenmund gesteckt. Dient dem sicheren, kleckerfreien Einschenken.

Kunststoffkühler

(links)

Im Flaschenkühler aus Acryl bleibt der Wein so kühl, wie er aus dem Keller oder aus dem Klimaschrank gekommen ist.

Sektkübel

Bestes Hilfsmittel, um Sekt oder Champagner herunterzukühlen. Aber auch Weißweine lassen sich im Eisbad gut temperieren. Braucht allerdings Eiswürfel, die mit Wasser aufgegossen werden. Vorsicht, dass die Flaschen nicht zu lange im Kübel bleiben und zu kühl werden. Auch Rotweine, die zu warm sind, lassen sich im Kübel schnell auf die gewünschte Temperatur bringen.

Dekanter 1

Junge, tanninhaltige Rotweine werden gern in Karaffen umgefüllt, in denen sie „atmen“ können. Eventuelle Nebentöne verschwinden. Schon nach wenigen Minuten ist der Rotwein mit Sauerstoff gesättigt. Er ist fruchtiger, reintöniger und wirkt weniger verschlossen. Je breiter der Durchmesser des Dekanters, desto größer die Kontaktfläche des Weins mit dem Sauerstoff.

Dekanter 2

Die „Ente“ mit den Silberbeschlägen ist nichts anderes als ein dekorativer kleiner Dekanter, wie er gern für Bordeaux-Weine verwendet wird.

Wie viel Luft braucht der Wein?

Das vorsichtige Umfüllen eines Weins in eine Karaffe heißt Dekantieren. Ein notwendiger Vorgang oder eine überflüssige Show? Die Meinungen gehen auseinander. Doch die Antwort ist klar: Manchmal ist Dekantieren notwendig, manchmal überflüssig, ja sogar riskant.

Früher wurden alte Rotweine dekantiert, um sie vom Depot zu trennen. Heute tut manch jungem Wein ein Dekantieren gut.

Sinnvoll ist das Dekantieren bei alten Rotweinen, die viel Depot gebildet haben, das beim Einschenken nicht ins Glas gelangen soll. Depot ist das Sediment, das sich bei alten Rotweinen im Lauf der Jahre auf dem Flaschenboden abgesetzt hat. Meist handelt es sich dabei um Ausfällungen von Gerbstoffen und Anthocyanen. Der Geschmack des Weins wird zwar durch das Depot nicht beeinträchtigt. Aber das Depot selbst kann bitter schmecken (Ausnahme: alte Pinot-Noir-Weine). Der Wein wird vorsichtig aus der Flasche in den Dekanter umgegossen, wobei er durch einen Trichter mit einem feinen Sieb läuft. Das fängt das Depot auf. Geübte Sommeliers dekantieren ohne Sieb über einer Kerze, die den Flaschenhals von unten erleuchtet und so erkennen lässt, wann das Depot ausfließt. In diesem Moment wird der Dekantiervorgang gestoppt. Der Bodensatz bleibt in der Flasche. Eingeschenkt wird dann aus der Karaffe.

Dekantieren von jungen Rotweinen

Da alte Rotweine mit Depot relativ selten getrunken werden, ist die Anschaffung einer Karaffe für den Privatgebrauch eigentlich überflüssig. Doch fast alle modernen Rotweine werden heute reduktiv ausgebaut (und abgefüllt). Sie brauchen nach dem Öffnen der Flasche Luft, um ihren Geschmack zu entfalten. Deshalb kann es sinnvoll sein, kräftige, tanninbetonte Weine zu dekantieren, und zwar auch dann, wenn sie jung sind oder erst ein paar Jahre Flaschenalter aufweisen, ohne dass sich ein Depot gebildet hat. Das gilt für nahezu alle gehobenen Qualitäten, egal aus welchem Land sie stammen. Die heutigen Karaffen sind deshalb nach einem anderen Prinzip designt als die alten: Sie haben einen langen Hals, in dem der Wein verwirbelt wird, sodass er schon während des Umfüllvorgangs mit viel Sauerstoff in Berührung kommt. Außerdem ist der Durchmesser der Karaffen viel größer als früher, um dem Wein mehr Luftoberfläche zu bieten. Allerdings muss nicht jeder bessere Rotwein dekantiert werden. Meist genügt es, ein Glas mit größerem Kelch zu wählen, in dem der Wein auch mehr atmen kann als in den traditionell kleinen Rotweingläsern.

Dekantieren von Weißweinen

Auch bei schweren Weißweinen kann ein Dekantieren sinnvoll sein. Weil oxidationsanfälliger, sind sie meist noch reduktiver abgefüllt worden als Rotweine. Das gilt für die deutschen Großen Gewächse, für österreichische Reserves (bzw. Smaragde) vom Grünen Veltliner und Riesling, von den Premiers Crus und Grands Crus aus dem Burgund, von Spitzenweinen aus Chardonnay und Sauvignon Blanc aus aller Welt. Sie können unter Sauerstoffkontakt geschmacklich regelrecht explodieren. Bei Flaschen mit Schraubverschluss ist der Sauerstoffbedarf der Weine noch größer. Doch auch hier ist Vorsicht geboten. Voreiliges Dekantieren kann dazu führen, dass die Weine durch den Sauerstoffschock Frische verlieren und abflachen. Feste Regeln für das Dekantieren gibt es nicht. Das Motto heißt: mutig, aber mit Vorsicht.

Ohne steife Etikette

Zum Weintrinken braucht es nicht viel: eine gute Flasche und ein passendes Glas. Aber da gehen die Probleme schon los. Wie schenkt man richtig ein? Wie fasst man das Weinglas an? Steife Etikette? Nein. Eher Tipps für ungetrübtes Weinvergnügen.

Soll man die Flasche am Tisch öffnen?

Kann man, muss man aber nicht. Die Flasche vorher zu öffnen hat den Vorteil, dass man überprüfen kann, ob der Wein einen Korkschmecker hat.

Wie stellt man fest, ob der Wein einen Korkschmecker hat?

Indem man eine kleine Menge Wein ins Glas schüttet, ihn riecht und schmeckt. Ist der Wein in Ordnung, wird er den anderen Personen eingeschenkt. Ist der Wein hingegen korkkrank, ersetzt man ihn durch eine zweite Flasche. Ist man sich nicht sicher, ob der Wein korkt, sollte man die Flasche ebenfalls zurückziehen. Man kann den Wein später (oder am nächsten Tag) noch einmal überprüfen.

Wer schenkt ein, wenn mehrere Personen am Tisch sitzen?

Normalerweise der Gastgeber. In informeller Runde kann man aber auch die Flasche auf den Tisch stellen, sodass jeder sich selbst nachschenken kann. Das Risiko ist, dass eine Person sich das Glas so voll schenkt, dass für die anderen zu wenig übrig bleibt.

Worauf ist beim Einschenken zu achten?

Dass kein Tropfen auf den Fuß des Glases, auf den Tisch oder gar auf die Kleidung geht. Das ist das Wichtigste. Beim Öffnen der Flasche sollte man darauf achten, dass die Stanniolkapsel tief abgeschnitten wird. Der Wein sollte beim Einschenken nicht über den Schnittrand fließen. Stanniol ist Zinn, und Zinn ist ein Schwermetall.

Wo wird das Weinglas angefasst?

Immer am Stiel. Nicht am Fuß und schon gar nicht am Kelch.

Wie trinkt man Wein?

Schluckweise oder in zwei Schlucken, dann setzt man das Glas wieder ab.

Darf man während des Essens auch mehrere verschiedene Weine ausschenken?

Natürlich – aber nicht zu viele. Ein Essen ist keine Weinprobe. Normalerweise beginnt man mit einem Weißwein und endet mit einem Rotwein. Es hängt aber von den Speisen ab. Auf jeden Fall sollten schwerere Weine zuletzt getrunken werden.

Benötigt man für Weiß- und Rotweine verschiedene Gläser?

Für Weißweine werden Gläser mit kleinem Kelch, für Rotweine Gläser mit größerem Kelch benötigt. Schwere Weißweine kann man aber auch aus Rotweingläsern trinken.

Braucht man bei einem Wechsel des Weins neue Gläser?

Beim Wechsel von Weißwein zu Rotwein auf jeden Fall. Ansonsten hängt es von der Runde ab. Bei einem lockeren Weinabend kann man das alte Weißweinglas auch für den neuen Weißen benutzen (ebenso bei Rotwein).

Darf man beim Wein rauchen?

Viele Menschen tun es in ihrer häuslichen Umgebung regelmäßig. Andere rauchen eine Zigarette vor der Tür. Sicher ist, dass der Rauch die Papillen auch über die Zigarette hinaus belegt. Da Weintrinken aber keine heilige Messe ist, muss jeder selbst entscheiden, was er tut. Eine Zigarre zu einem Portwein zu rauchen, gilt als hohe Form des Genießens.

Manche Sektkorken sitzen extrem fest in der Flasche. Wie bekommt man sie raus?

Man umklammert den Korken fest mit einer Hand, fasst die Flasche mit der anderen Hand am Boden und dreht sie. So ist die Hebelwirkung größer als umgekehrt. Allerdings wird der Korken auf diese Weise nur gelöst. Um ihn endgültig zu entfernen, wird er anschließend vorsichtig mit der Hand aus dem Flaschenhals gedreht.

Dürfen Weingläser in die Spülmaschine?

Die meisten Weingläser sind laut Händlerangaben spülmaschinenfest. Das gilt jedoch nur für Spülprogramme bis 35 °C. Bei höheren Wassertemperaturen besteht die Gefahr, dass die Gläser nach mehrmaligen Spülungen einen Grauschleier bekommen, der sich nicht mehr entfernen lässt.

Das Weinglas wird immer am Stiel, nicht am Kelch oder am Fuß angefasst.

Voll, aber nicht zu voll

Das Glas bis zum Eichstrich voll zu schenken, ist in Bierkneipen ein Ausdruck der Seriosität des Wirtes. Beim Wein ist es ein Fauxpas. Volle Weingläser sind genussfeindlich und die sicherste Art, sich als Wein-Banause zu offenbaren.

Ein Weinglas sollte höchstens bis zur Hälfte aufgeschenkt werden. Nur bei Schaumwein gilt eine andere Regel. Im vollen Glas kommt die Perlage besser zur Geltung.

Aus einem randvoll eingeschenkten Glas lässt sich schwer trinken. Das Bouquet kann sich nicht sammeln. Es verfliegt sofort. Oftmals gelingt es nicht einmal, ein randvolles Glas zum Mund zu führen, ohne dass der Wein überschwappt. Jedenfalls dann nicht, wenn man es korrekt am Stiel anfasst. Der volle Kelch ist zu schwer, die Griffläche am Stiel zu klein. Ein Balanceakt für alle, die trinken und dabei nichts verschütten möchten. Wer auf Nummer sicher gehen will, fasst das Weinglas dann notgedrungen am Kelch an und führt es so zum Mund. Zurück bleiben unschöne Fingerabdrücke am Glas, die spätestens, wenn der Wein ausgetrunken ist, deutlich sichtbar werden. Außerdem überträgt sich die Wärme der Hand schnell auf den Wein. Dessen Temperatur steigt, besonders wenn das Glas lange in der Hand gehalten wird. Alle Mühen, ihn richtig temperiert zu servieren, waren dann vergebens. Das gilt besonders für Weißweine, die sich durch Handwärme schneller von 10 °C auf 13 °C erwärmen als ein Rotwein von 18 °C auf 21 °C.

Die richtige Weinmenge

Weißweingläser sollten bis maximal zur Hälfte aufgeschenkt werden. Dann bleibt der Duft, den der Wein verströmt, im Glas und verfliegt nicht gleich wieder. Ob die Weinmenge, die sich im Glas befindet, einem oder zwei Dezilitern entspricht, ist vom Genuss-Standpunkt aus betrachtet unerheblich. Am besten, man schenkt bis zu dem Punkt ein, an dem der Kelch am breitesten ist. Das gilt auch für die meisten Rotweingläser. Einige Restaurants behelfen sich damit, dass sie offene Weine gleich im Viertelliter-Krug servieren. Der Gast erhält die garantierte Menge Wein, kann sie sich aber selber dosieren. Kleinere Rotweingläser, wie sie in vielen Bistros üblich sind, dürfen auch bis zur Hälfte gefüllt werden. Mehr ist jedoch stillos – auch wenn Weinbistros es als ein Zeichen der Seriosität ansehen, das Glas bis zum Eichstrich zu füllen.

Gößere Gläser verlangen mehr Menge

Für Rotweine werden in der Regel Gläser mit größerem Kelch benutzt. Besonders für Burgunder verwendet man ein bauchiges Volumenglas. Es unterstützt durch die größere Kontaktfläche mit der Luft die Entwicklung des Duftes und des Geschmacks. Ein Deziliter in einem solchen Glas würde kaum mehr als den Boden bedecken. Die Kopfnoten gelangen kaum an den oberen Rand. Der Wein „verschwindet“ im Glas. Je nach Durchmesser des Kelches sind deshalb mindestens zwei Deziliter Wein nötig, um dem Wein gerecht zu werden. Es ist aber auch nicht unschicklich, noch ein Fingerbreit mehr einzuschenken.

Hilfe beim Einschenken

Wein ist kein Sprudelwasser. Er wird nicht ins Glas gegossen. Man schenkt ihn langsam und vorsichtig ein, nicht geräuschvoll und nicht im dichten Schwall. Zu diesem Zweck ist es hilfreich, die Flasche in der Mitte des Bauches zu umfassen und über dem Glas langsam zu neigen. So lässt sich der ausfließende Wein am besten dosieren. Das Etikett sollte nach oben weisen. Keine gute Figur macht man, wenn man die Flasche beim Einschenken am Hals umklammert. Außerdem lässt sich der Fluss des Weins bei dieser Einschenkhaltung nur schwer kontrollieren. Aber auch wer korrekt serviert, hat oft das Problem, dass die letzten Tropfen beim Einschenken danebengehen. Für alle, die noch nicht den richtigen Schwung haben, empfiehlt sich daher eine Einschenkhilfe: ein zu einer Tülle zusammengerolltes Plättchen Silberfolie, das in den Flaschenhals gesteckt wird. Diese Einschenkhilfe wird in Weinfachgeschäften unter der Bezeichnung Drop-Stop angeboten und kostet nur ein paar Cents. Mit ihr gibt es weder Weinflecken noch ungewolltes Schwallschenken.

Einschenkhilfe Drop-Stop: Das zu einer Tülle zusammengerollte Blatt aus mehrschichtigem Aluminium-/PET-Laminat hilft, den Wein tropfenfrei und genau dosiert auszuschenken.

Weinstein im Glas: Was wie Glassplitter oder Zuckerkristalle aussieht, ist Kaliumtartrat. Dahinter verbirgt sich die ausgefällte Säure eines Weißweins. Weinstein beeinträchtigt nicht die Qualität des Weins.

Sonderfall Schaumwein

Nur bei Sekten und anderen Schaumweinen ist es statthaft, die Gläser voller als üblich einzuschenken. Je nach Glastyp können sie sogar zu drei Viertel gefüllt werden – etwa bei sehr schlanken Sektgläsern. Der Grund dafür ist optischer Natur: Die Perlage ist besser sichtbar, wenn mehr Wein im Glas ist. Je hochklassiger der Wein, desto feiner sind die Perlen. Die superschlanken Sektflöten sind jedoch für Genießer ein No Go. Die hochgezogene Form mag für die Optik gut sein. Aber die Flöte transportiert nur die Kopfnoten des Weins. Flaschenvergorene Schaumweine, etwa Winzersekte, Crémants oder Champagner, werden deshalb in breiteren Kelchen serviert, damit sie sich auch in die Horizontale ausdehnen können. Ganz große Jahrgangschampagner werden sogar in Burgundergläsern serviert, auch wenn die Mousse darin etwas schneller zusammenfällt als in der Flöte. In diesem Fall reicht es, die Gläser zu einem Drittel aufzuschenken.

Weder eiskalt noch lauwarm

Einen guten Wein mit der falschen Temperatur zu trinken, ist schade, passiert aber häufig. Viele Weißweine werden zu kalt, viele Rotweine zu warm getrunken. Beides schmälert den Genuss erheblich.

Jeder Wein hat seine eigene ideale Trinktemperatur. Bei Weißweinen liegt sie um 10 °C, bei Rotweinen um 18 °C. Allerdings gibt es nach oben und unten Abweichungen – je nach Weintyp. Einfache, leichte Weißweine können ruhig ein paar Grad kühler getrunken werden. Schaumweine sollten sogar mit 8 °C serviert werden. Je kühler die Temperatur, desto schöner perlt der Sekt. Kräftige, körperreiche Weißweine würden bei dieser Temperatur dagegen verlieren. Ihre Fülle, ihre Komplexität käme nicht richtig zum Ausdruck. Sie müssen wärmer, etwa mit 12 °C getrunken werden. Ein beharrlicher Irrtum ist die Meinung, Rotweine müssten mit „Zimmertemperatur“ getrunken werden. „Zimmertemperatur“ bedeutet heute 21 °C, häufig sogar noch wärmer. Bei dieser Temperatur schmeckt man vor allem den Alkohol im Wein, weniger die Frucht. Damit geht eine wichtige Geschmacksfacette unter. Ideal ist hingegen eine Trinktemperatur von 18 °C. Für leichte, fruchtige Rotweine gilt sogar, dass sie mit 16 °C auf den Tisch kommen können. Für viele traditionelle Rotweintrinker sind diese Temperaturen gewöhnungsbedürftig. Deshalb ist ein Weinthermometer keine schlechte Sache. Wer es häufiger benutzt, bekommt schnell ein Gefühl dafür, ob ein Wein zu kühl oder zu warm ist.

Frappieren des Weißweins

Was macht man, wenn der Keller zu warm und der Weißwein nicht kühl genug ist? Ganz einfach: Der Wein wird rechtzeitig aus dem Keller geholt und in den Kühlschrank gestellt. Wenn er jedoch schnell gekühlt werden muss, hilft nur der Eiskübel. In ihm wird er innerhalb von zehn Minuten um mindestens fünf Grad gekühlt. Frappieren nennen die Franzosen das schnelle Herunterkühlen des Weins (oder Champagners) im Eisbad. Die Eiswürfel – besser das Crush-Eis – müssen allerdings mit Wasser aufgegossen werden. Wasser ist ein guter Kälteleiter. Wer eine Prise Salz ins Wasser gibt, kann den Kühlprozess sogar noch beschleunigen. Salz lässt die Eiswürfel schneller schmelzen und fördert die Kälteabgabe. Sind keine Eiswürfel zur Hand, hilft nur das Eisfach des Kühlschranks. Darin sollte der Wein jedoch nur um wenige Grad gekühlt werden. Bleibt er länger als 10 oder 15 Minuten im Eisfach, ist er zwar kalt, hat sich aber völlig verschlossen. Übrigens: Im Notfall können auch (zu warme) Rotweine in den Eiskübel gestellt oder ins Eisfach gelegt werden.

Chambrieren des Rotweins

Wenn Rotwein aus dem Keller kommt, ist er für den sofortigen Genuss oft zu kühl. Ihn rasch auf Trinktemperatur zu bringen, heißt in der Fachsprache „Chambrieren“. Wer den Wein also nicht rechtzeitig aus dem Keller geholt hat, damit er sich langsam erwärmen kann, muss sich etwas einfallen lassen. Früher wurde der Wein einfach auf die Heizung gestellt: ein katastrophaler Fehler. Ein Heizkörper ist 35 °C warm. Eine bessere Methode ist es, die Flasche kurz in ein Gefäß mit lauwarmem Wasser zu legen. Innerhalb weniger Minuten kommt der Wein darin auf die erwünschte Temperatur. Doch Vorsicht: Rotwein wird immer um ein bis zwei Grad kühler serviert, als er getrunken werden soll, weil er sich im Glas schnell erwärmt. Mit 16 °C serviert, kann er dann mit 18 °C getrunken werden. Und noch etwas: Erwärmen in der Mikrowelle ist tabu. Die Flasche würde sofort platzen.

Wein im Eiskübel: kühl, aber nicht kalt trinken

Trinktemperatur von Weiß- und Rotweinen

Herkunftsland

6 °C

8 °C

10 °C

Frankreich

Vins Pétillants (Perlweine)

Champagner, Crémant, Saumur, Anjou, Chablis, Mâcon Blanc, Sancerre, Muscadet, Aligoté, Bourgogne Blanc, Bordeaux sec, Pic de Loup, alle Rosés und einfachen Weißweine

Pouilly Fumé, Chassagne-Montrachet, Mâcon Villages, Pouilly-Fuissé, Condrieu, Jurançon, Elsass, Grand Cru

Italien

Prosecco

Prosecco Superiore, Franciacorta, Trentodoc, Rebsorten-Weißweine von Südtirol bis Sizilien, Soave, Gavi, Lugana, Custoza, Arneis, Vermentino, Pecorino, Greco di Tufo, Pinot Grigio, Rosé aus Apulien

Gehobene Weißweine aus Friaul und aus Südtirol, Chiaretto, Verdicchio, Pecorino, Fiano di Avellino, Grillo, Carricante, Vin Santo und andere Süßweine, Jahrgangs-Schaumweine

Deutschland

Secco, Bacchus, Müller-Thurgau-Cuvées

Alle Rebsorten-Weißweine von QbA bis Kabinett, Weißherbst

Winzersekt, Spätlesen, Auslesen

Österreich

G’spritzter, Schilcher Rosé Perlwein

„Junker“, Welschriesling, Rotgipfler, Zierfandler, Grüner Veltliner, Riesling, Sauvignon Blanc, Federspiel Wachau, Weinviertel DAC

Roter Veltliner, Morillon, Lagen-Sauvignon Blanc, gehobene Grüner Veltliner Reserve und Riesling Reserve, Prädikatsweine und Ruster Ausbruch, Österreichischer Sekt

Schweiz

Fendant, Aigle, und andere einfache Chasselas-Weine, Müller-Thurgau, Sylvaner

Epesses, Dézaley, Petite Arvine, Œil de Perdrix

Spanien

Albariño, Rueda sowie alle Weine auf der Basis von Verdejo, Garnacha Blanca, Godello und Viura, Cava

Chardonnay aus Tarragona, Somontano und Aragón, alle Rosado, Premium Cava

Portugal

Vinho Verde

Vinho Verde Loureiro, Alvarinho, Bacalhoa, Verdelho und alle im Stahltank vergorenen Weißweine

Douro Branco und andere gehobene Weißweine, White Port

Übersee

White Zinfandel

Torrontés (Argentinien), Colombard (Südafrika), Pinot Gris (Oregon) und andere einfache Rebsortenweine, Sparkling Wines

Premium Sauvignon Blanc, Riesling, Viognier, Ice Wine

12 °C

14 °C

16 °C

18 °C

Jahrgangs-Champagner,reife Weißweine, Pinot Gris, Gewürztraminer, Corton-Charlemagne, Meursault 1er Cru, Crozes-Hermitage, Sauternes, alle Vendanges Tardives,

Beaujolais Primeur

Beaujolais Villages und Cru, Bourgogne Pinot Noir, Bordeaux AC und Bordeaux Supérieur, Burgund Villages, Listrac, die meisten Vin de Pays aus dem Midi

Bordeaux, Burgund 1er und Grand Cru, Côte Rôtie, Hermitage, Côtes du Rhône Villages, Gigondas, Vacqueras, Châteauneuf-du-Pape, Cornas, St.-Joseph, Côteaux du Languedoc, Corbières, Fitou, Hérault, Faugères, Roussillon

Verdicchio Riserva, Vernaccia di San Gimignano Riserva, im Holzfass ausgebaute Chardonnays, Spitzen-Weißburgunder aus Südtirol, Marsala

Südtiroler Vernatsch, Kalterersee, Lambrusco, Groppello

St. Magdalener, Refosco, Valpolicella, Bardolino, Valtellina, Pinot Nero aus Südtirol und dem Oltrepò Pavese, Dolcetto, Langhe Nebbiolo, Merlot del Piave, Frappato, einfache Chianti

Lagrein, Teroldego, Sfursat, Barolo, Barbaresco, Barbera d’Alba und Barbera d’Asti, Amarone, alle Sangiovese-Weine aus Emilia-Romagna und Toskana, Bolgheri, Montepulciano aus Marken und Abruzzen, Taurasi. Aglianco del Vulture, Primitivo, Negroamaro, Nero d’Avola, Nerello Mascalese

Große Gewächse, Erste Lagen, Beeren- und Trockenbeerenauslesen, Eisweine

Trollinger

Schwarzriesling, Portugieser, einfache Spätburgunder

Dornfelder, Syrah, Merlot, im Holzfass ausgebaute Spätburgunder

Alle im Holzfass ausgebauten Weißweine, Beeren- und Trockenbeerenauslesen

Pinot Noir und einfache Blaufränkisch-Weine

Zweigelt, gehobene Blaufränkisch, St. Laurent, Merlot, Rotwein-Cuvées

Alle im Holzfass ausgebauten Weißweine, Flétri

Dôle, Gamay, einfache Pinot Noirs

Merlot, Syrah, hochwertige Pinot Noirs

Alle im Hozfass ausgebauten Weißweine (z. B. Rioja Blanca)

Alle Joven-Weine sowie einfache Crianzas

Alle Rotweine aus Tempranillo, Garnacha, Cariñano, Mencia, Monastrell, Bobal, Syrah und dunklen Rebsorten

Alvarinho Reserva Douro Branco Reserva und alle im Holzfass ausgebauten Weißweine

Junge Madeiras

Reife Madeiras

Alle dunklen Tintos, Portwein

Fumé Blanc und alle im Holzfass ausgebauten Chardonnays, Chenin Blancs, Sauvignon Blancs

Pinot Noir (Australien, Neuseeland)

Alle dunklen Rotweine

Wenn der Wein nicht schmeckt

Es gibt drei Arten von Weinfehlern: echte, vorübergehende und eingebildete. Der häufigste Weinfehler ist der eingebildete. Er tritt meistens dann auf, wenn der Wein dem, der ihn trinkt, nicht schmeckt. Die echten Weinfehler sind dagegen immer die Folge von Fehlern im Keller.

Fast alle Weinfehler sind schon mit der Nase wahrnehmbar. Auf der Zunge setzt sich der Fehlton fort.

Hinter eingebildeten Weinfehlern verbergen sich oft ungewohnte Weinaromen, die der Konsument als fremdartig empfindet und intuitiv ablehnt. Medizinische Noten, Bittertöne, Aromen von Kuhstall oder abgehangenem Fleisch – all das wird oft als Weinfehler betrachtet. Tatsächlich handelt es sich um typische Gär- oder normale Altersaromen, die einen Wein phasenweise beeinträchtigen können oder aber im Zusammenspiel mit anderen Aromen seinen Charakter ausmachen. Bordeaux-Weine verströmen, wenn man die Flasche öffnet, manchmal einen korkähnlichen Duft. Sie sind aber keineswegs korkkrank. Nach einigen Minuten im Glas integriert sich dieser Duft in das Gesamtbouquet. Ein ebenfalls vorübergehender Weinfehler ist das Reduktionsbouquet: Der Wein „stinkt“ nach dem Öffnen der Flasche. Sein Geruch erinnert an Schwefel und faulenden Schlamm – Gase, die durch chemische Reaktionen des Weins in der Flasche entstanden sind und die nicht entweichen konnten, solange diese verschlossen war. Die Gerüche verfliegen aber schnell, wenn der Wein eingeschenkt wird. Notfalls muss er dekantiert werden. Flaschen mit Schraubverschluss haben häufig ein Reduktionsbouquet.

Der Korkschmecker

Der häufigste echte Weinfehler ist der Korkschmecker. Er gehört zu den bleibenden und für den Weintrinker ärgerlichsten Weinfehlern überhaupt. Denn korkiger Wein riecht und schmeckt muffig und dominiert die anderen Aromen des Weins. Ein korkkranker Wein ist nicht mehr zum Genuss geeignet. Er gehört in den Ausguss. Man riecht den Defekt schon am Kork selbst, wenn man dessen Unterseite zur Nase führt. Leider kann man einer Flasche von außen nicht ansehen, ob der Inhalt korkkrank ist. Schimmel oder Schmand unter der Kapsel sind kein Indiz für einen Korkschmecker. Die Flasche muss also geöffnet werden, damit man den Fehler erkennt. Dem Korken selbst sieht man den Fehler nicht an. Er kann makellos sein. In den meisten Fällen wird der Korkschmecker durch Trichloranisol hervorgerufen. Ist ein Korken mit dieser Substanz kontaminiert, verdirbt sie den Wein innerhalb weniger Stunden.

Schleichender Kork

Der Korkgeschmack kann auch weniger intensiv oder diffus sein. Dann spricht man von „schleichendem“ oder „maskiertem“ Kork. In diesem Fall liegt nicht unbedingt eine Trichloranisol-Kontamination vor. Ähnliche Fehltöne werden durch Bromphenol und Octenol verursacht, die teilweise als Stoffwechselprodukte in der Natur vorkommen. Auch manche Gäraromen verursachen im Wein einen dumpfen, unfrischen Geschmack, den man oft erst als solchen identifiziert, wenn man eine zweite Flasche öffnet und mit der ersten vergleicht. Manchmal verfliegt der schleichende Kork, meistens bleibt er. Wie stark er den Genuss beeinträchtigt, hängt von seiner Intensität und der Empfindlichkeit des Weintrinkers ab.

Flüchtige Säure

Ein häufig bei schweren, alkoholreichen Rotweinen vorkommender Geruchsfehler ist die flüchtige Säure. Sie ist auf ungesundes Lesegut oder Unachtsamkeit im Keller zurückzuführen. Der Wein hat einen Essigstich. Auch Weißweine können diesen Fehler aufweisen, insbesondere edelsüße Weine. Entgegen weit verbreiteter Meinung entsteht die flüchtige Säure nicht durch Essigsäurebakterien, sondern während der Gärung durch wilde Milchsäurebakterien, die ungewollt einen biologischen Säureabbau herbeiführen. Sauerstoffkontakt des Weins und ein zu warmer, vor allem ein mit diesen wilden Milchsäurebakterien kontaminierter Keller fördern diesen Fehler. Prinzipiell enthält jeder Wein flüchtige Säuren. Neben der Essigsäure sind hier die Bernsteinsäure, die Buttersäure und die Milchsäure zu nennen. Der Gesetzgeber erlaubt maximal 1,08 Gramm/Liter bei Weißwein und 1,2 Gramm/Liter bei Rotwein. Doch nicht jeder Weintrinker nimmt sie als Fehler wahr. Bei den überseeischen Nationen wird flüchtige Säure bis zu einem bestimmten Grad sogar als positiv empfunden. Bei Beerenauslesen und Eisweinen hat der Gesetzgeber sogar 1,8 Gramm/Liter flüchtige Säuren, bei Trockenbeerenauslesen 2,1 Gramm/Liter erlaubt.

Der Uhu-Ton

Im Bouquet des Weins lässt sich Nagellack- oder Lösungsmittelgeruch ausmachen, der an den Klebstoff Uhu erinnert. Er tritt oft bei edelsüßen, aber auch bei trockenen Weinen auf. Je nach Intensität kann er sehr störend sein. Die Ursache liegt im Weinberg. Wenn reife Trauben durch Insektenstich, Vogelfraß oder Fäulnispilze aufplatzen und sich so eine spontane Gärung entwickelt, wandeln Essigsäurebakterien den entstehenden Alkohol sofort in Ethylacetat um. Die befallenen Trauben müssen danach penibel aussortiert werden. Sonst bleibt der Essigstich im Wein.

Brettanomyces

Der Name steht für einen Hefestamm, der ein unangenehmes, an Pferdeschweiß, Kuhstall und andere animalisch-strenge Noten erinnerndes Aroma erzeugt und den Wein damit ungenießbar macht. Dieser Fehler ist praktisch nur in Rotweinen zu finden, und zwar in solchen, die im Holzfass ausgebaut werden. Die Hefen besiedeln das Holzfass und haben die Fähigkeit, den Alkohol des durchgegorenen Weins zu verstoffwechseln – mit den beschriebenen Folgen. „Brett“, wie dieser Weinfehler kurz genannt wird, verschwindet nicht. Im Gegenteil: Er kann sich sogar noch auf der Flasche weiterentwickeln. Besonders häufig wird er bei Weinen aus dickschaligen Sorten wie Syrah, Cabernet Sauvignon und Tannat beobachtet, und zwar in Jahrgängen, in denen der Schwefel wegen hoher pH-Werte die Hefen nicht voll abgetötet hat. Letztlich ist jedoch mangelnde Fasshygiene die Ursache.

Die verschiedenen Böckser

Im deutschen Sprachraum wird ein Weinfehler mit dem Wort Böckser bezeichnet. Dieser Ausdruck umfasst eine Vielzahl von Geruchsfehlern, die sich im Geschmack des Weins fortsetzen und ihn ungenießbar machen können. Besonders unangenehm ist der Mercaptanböckser. Er stinkt nach faulen Eiern und entsteht während oder nach der Gärung durch Reaktion von Alkohol mit Schwefelwasserstoff. Schwerer eingrenzen lässt sich der Hefeböckser, der oft bei spontan vergorenen Weinen auftritt. Diese schmecken nach altem Brot, verbranntem Gummi, „Schießpulver“. Klingt nicht gut und ist gewöhnungsbedürftig, kann aber wunderbar schmecken. Viele Weintrinker lieben solche Sponti-Noten. Auch ein zu langes Hefelager kann zum Böckser führen. In diesem Fall herrschen schlammige, oxidative Noten vor, die einen Wein unfrisch erscheinen lassen, etwa einen Schaumwein. Viele Hefeböckser klingen ab, wenn der Wein eine Zeitlang Luftkontakt gehabt hat. Außerdem gibt es noch den Ammoniak-Böckser („Mäuse Urin“) und den Milchsäure-Böckser („Joghurtnote“).

Untypischer Alterston (UTA)

Dieser gravierende Aromadefekt tritt praktisch nur bei Weißweinen auf und führt dazu, dass diese frühzeitig Altersnoten entwickeln. Die Alterung ist aber nicht oxidativer Natur. Für sie ist ein Phytohormon namens AAP verantwortlich (Die Kunst der Feinoxidation). Es bewirkt, dass der Wein schon in jungem Stadium stumpf, müde, gezehrt schmeckt.

Flaschengrößen

Großflaschen sind bei Weinsammlern und Weininvestoren sehr beliebt. Erstens sind sie Schmuckstücke in jeder Sammlung. Zweitens reift der Wein in großen Flaschen besser. Der Sauerstoff, der in die Flasche eindringt, verteilt sich – je nach Größe der Flasche – auf die doppelte, dreifache oder mehrfache Flüssigkeitsmenge als in einer Normalflasche. Allerdings vollziehen sich bestimmte Reifeprozesse im Wein auch ohne Sauerstoffkontakt, etwa durch Esterbildung. Diese Reifeprozesse sind von der Flaschengröße unabhängig. Wäre das nicht so, würde ein Wein in Flaschen, die mit Siegellack verschlossen sind, ewig jung bleiben.

1) beim Champagner Jeroboam genannt

2 ) in Bordeaux gebräuchlich (bis 1978 4,5 l)

3) in der Champagne Methusalem

Kork: ökologisch wertvoll

Kork galt jahrelang als idealer Weinverschluss – bis die Quote der Korkschmecker steil anstieg. Inzwischen ist sie wieder gesunken. Ökologisch ist Kork alternativlos. Als nachwachsender Rohstoff ist sein CO2-Footprint um ein Vielfaches niedriger als der von Schraubverschlüssen.

Korken mit wenig Lentizellen

Verbundkorken: üblich für Schaumweine

Diam Korken: garantiert TCA-geschützt

Heute steckt in 70 Prozent aller Weinflaschen weltweit ein Korken im Flaschenhals. Schon die Römer verwendeten Kork zum Verschließen ihrer Weingefäße neben Harz und Pech. Durchgesetzt hat sich der Korken allerdings erst im 17. Jahrhundert, nachdem die Flasche erfunden worden war. Seitdem ist er der gebräuchlichste Verschluss für Weinflaschen. Er ist geschmacksneutral und weitgehend lecksicher, lässt aber gleichzeitig einen geringen Sauerstoffaustausch zu. Kork ist – wie der Wein – ein Naturprodukt und recycelbar. Seine Ökobilanz ist besser als die jedes anderen Weinverschlusses. So sind CO2-Emissionen, die bei seiner Herstellung anfallen, 24-mal niedriger als bei Schraubverschlüssen aus Aluminium. Außerdem ist er ein nachwachsender Rohstoff. Um ihn zu gewinnen, muss die Korkeiche nicht gefällt werden. Sie wird geschält. Doch der Korken hat auch Nachteile. Er ist teuer. Je nach Größe und Qualität kostet er zwischen 25 Cent und 1,20 Euro. Seine Haltbarkeit ist begrenzt. Und er kann den Wein korkkrank machen, wenn er mit Trichloranisol (TCA) kontaminiert ist. In diesem Falle macht Kork den Wein ungenießbar.

Die Korken werden quer zu den verholzten Kanälen, den Lentizellen, aus der Rinde gestanzt.

Alle zehn Jahre geschält

Kork wird aus der Rinde der Korkeiche (Quercus suber) gewonnen. Diese wächst vor allem im Mittelmeerraum. Der größte Korklieferant der Welt ist Portugal. Aber auch in Südwestspanien befinden sich ausgedehnte Kulturen von Quercus suber. Sardinien und Korsika verfügen ebenfalls über große Korkeichenbestände und eine eigene Korkindustrie. In Südfrankreich und Nordafrika werden die Korkeichen dagegen relativ wenig genutzt. Ein großer Teil der Korkeichenwälder Südeuropas sind angepflanzte Kulturen. In der Regel werden die Bäume nach 25 bis 30 Jahren zum ersten Mal geschält. Rund zehn Jahre dauert es, bis die Rinde wieder nachgewachsen ist. Bei einem durchschnittlichen Alter von 150 Jahren wird die Korkeiche also mindestens elfmal geschält. Korkeichenwälder erfüllen eine wichtige ökologische Funktion. Sie mindern die Gefahr von Waldbränden in den mediterranen Forsten. Denn Kork brennt nicht. Selbst wenn es zu Feuern kommt, ist der Stamm der Korkeichen geschützt. Die Bäume können sich hinterher schnell erholen.

Woraus Kork besteht

Kork besteht aus abgestorbenen Zellen des Holzgewebes. Sie sind mit Stickstoff gefüllt und absolut luft- und wasserundurchlässig. 30 000 bis 40 000 solcher Zellen befinden sich in einem Kubikzentimeter Kork. Der Sauerstoffaustausch findet nur zwischen Korken und Glas statt. Er ist umso geringer, je besser die Qualität des Korkens ist. Erstens ist das Suberin – jener Stoff, aus dem die Zellwände bestehen – sehr elastisch und schmiegt sich eng an das Glas an. Zweitens werden die Korken gegen die Laufrichtung der Lentizellen (dunkle, verholzte Rinnen im Kork) aus der Rinde geschnitten, sodass keine Kanäle entstehen, durch die größere Mengen Sauerstoff in die Flasche eindringen könnten. An den Lentizellen bricht der Korken übrigens am leichtesten ab. Die hochwertigsten Korken sind solche, die nur wenig Lentizellen aufweisen.

Schälen der Korkeiche: ökologisch wertvoll

Wie Kork behandelt wird