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Anne Krüger-Degener beschreibt in ihrem Ausbildungs-Tagebuch, wie sie junge Hunde Woche für Woche aufbaut. Ihr Schwerpunkt liegt dabei auf Ruhe, Bindung und feste Rituale, aber auch praktische Dinge wie Gesundheit, Pflege, Stubenreinheit und Impftermine kommen nicht zu kurz. Jedes Kapitel besteht aus kleinen, praktischen Übungen und bietet viel Platz zum Eintragen eigener Erlebnisse und Notizen. Außerdem beantwortet Anne Krüger-Degener die häufigsten Fragen, die sich Neuhundehalter oft stellen. Dieser praktische Begleiter durch die Welpenzeit schafft Struktur und Überblick und legt den Grundstein für eine erfolgreiche Partnerschaft.
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Seitenzahl: 193
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© Anna Auerbach/Kosmos
Das kostenlose Extra:
Die App „KOSMOS PLUS“
Mit der Kosmos Plus App ganz einfach Filme aus der Praxis ansehen.
Dieses Buch bietet Ihnen weitere Inhalte in Form von elf Filmen, die im Buch durch dieses Symbol gekennzeichnet sind.
UND SO GEHT ’S:
1. Besuchen Sie den App Store oder Google Play.
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„Es geht nicht darum, wie weit du gekommen bist, sondern wie du dorthin gekommen bist.“
© Anna Auerbach/Kosmos
Chaos, Trubel, Glück
Das ist in der Tat ein großer Schritt. Ein neues Familienmitglied wird Teil des Alltags, des eigenen Clans, des Lebens. Für manche von Ihnen vielleicht das erste Mal, für andere wird es eine Wiederholung sein. Und egal wie, es ist eine zauberhafte, intensive und lebendige Zeit, in die Sie nun hineinsteuern. Das Glück, das Welpen in unsere Herzen zaubern, ist mit Geld nicht zu bezahlen. Sie bringen uns zum Lachen, sie fluten uns mit Liebe und stärken unser Bindungssystem. Sie können aber auch unser Leben ganz schön auf den Kopf stellen. Welpen sind vierbeinige Glücksbringer, sie sind der Inbegriff der Lebendigkeit, sie erklären uns auf ihre wundervoll tapsige Art die wirklich wichtigen Dinge im Leben.
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Die Zeit des Sich-Kennenlernens ist einzigartig und etwas ganz Besonderes.
Damit auch Ihr Weg mit Ihrem Welpen zum gemeinsamen Glück führt, gibt es dieses Welpentagebuch. Es ist ein lebendiges Arbeitstool, mit wichtigen Abschnitten zu Auswahl, Management und Erziehung, zum gegenseitigen Verständnis und der gut aufgebauten gemeinsamen Sprache, ein Tagebuch zum Mitarbeiten. Sie haben viel Platz für eigene Notizen, bekommen fundiertes Fachwissen und können sich mit den Filmen über die Kosmos Plus App erfolgreiche Beispiele anschauen und erkennen, worauf es im Leben mit einem jungen Hundekind eigentlich ankommt.
Ein Glückspilz sind Sie ja bereits. Sie haben die Möglichkeit, den Wunsch sowie das klare Ziel, Ihr Leben mit einem Hund zu teilen. Sie wissen ja:
„Wer glaubt, Glück könne man nicht anfassen, der hat noch nie einen Hund gestreichelt.“
Glück schmieden macht Freude und glücklich. Und je sicherer Sie in dem Handwerk des Glückschmiedens sind, umso sicherer erreichen Sie all Ihre Visionen. Als Glücksschmied sind Sie in der Lage, Ihren kleinen Freund von Anfang an gezielt und gelassen zu begleiten, Sie können sein inneres und äußeres Wachstum optimal coachen, bekommen einen richtig guten Überblick über seine Entwicklung, und wissen sehr schnell was wichtig ist für Ihre Beziehung. Sie lernen, eine gemeinsame Spur zu finden, ein stabiles und sinnvolles Management aufzubauen und sich und Ihrem vierbeinigen Freund wundervolle Komfortzonen zu schaffen. Sie lernen, ein achtsamer Mensch zu sein, um einen zugewandten Hund an Ihrer Seite zu haben. Sie lernen, geduldig zu sein, um einen aufmerksamen Hund zu begleiten und Sie werden lernen, mit Ihrem Hund dieselbe Sprache zu sprechen, Kommunikationswege zu entwickeln und Missverständnisse zu vermeiden, damit Sie und Ihr Hund in gegenseitigem Vertrauen und in einer echten Harmonie leben können.
© Anna Auerbach/Kosmos
Glück …
Nehmen Sie Ihr Glück in die Hand und gestalten Sie die Aufzucht aktiv. Dadurch beeinflussen Sie die Entwicklung Ihres Hundes positiv. Mit einem klaren Konzept entwickeln Sie sich systematisch zu einem Team.
Den Wunsch, alles richtig machen zu wollen, hegt fast jeder von uns in sich. Oft glückt es, manchmal aber hemmt schon allein der Richtigmacher-Ehrgeiz die Chance, die Ziele zu erreichen. Manchmal ist dieser Wunsch die Löschdecke für Flexibilität, Empathie und demnach auch für Lebendigkeit.
Ich verrate Ihnen gerne, dass ich immer und in jedem Moment das Bestreben habe, alles richtig zu machen, es besser zu machen, zu optimieren. Dennoch weiß ich, dass ich gerade in der Aufzucht junger Hunde Plan A bis Z in der Tasche haben muss, denn so gut ich mich auch vorbereite, das größere Mitspracherecht in dieser sechsbeinigen Beziehung hat nun mal der kleine Hund.
Dennoch können wir Fehlerquellen von Beginn an ausschließen, müssen nicht jedes Lehrgeld selbst bezahlen und haben mit der Entscheidung, einen jungen Hund in unser Leben zu lassen, unfassbar viele Möglichkeiten, die Weichen in Richtung „gemeinsames Glück“ zu stellen.
Für diejenigen, die den Einzug eines jungen Hundes planen und organisieren können, wird es in diesem Buch viele Entscheidungshilfen und Tipps für ein gelungenes Management geben.
Und für diejenigen, in deren Leben einfach so ein kleiner Hund reinpurzelt, wird es in diesem Buch sehr viele Hilfestellungen geben, wie man schnell und sicher zu einem guten und ritualisierten Tagesablauf kommt. Manch einer plant den Einzug, manch anderer nimmt einfach einen kleinen Hund auf, vielleicht, weil er in Not geraten ist. Und zwischen diesen beiden Möglichkeiten gibt es noch unzählige weitere, wie man zu einem jungen Hund kommen kann.
Wichtig ist, die Welt, die Situation und alles was daraus entsteht, aus den Augen des kleinen Hundes zu sehen. Er verursacht vielleicht viele Veränderungen im Leben, kann sie aber am wenigsten überblicken oder bewusst steuern. Und wenn Sie als Glücksschmied Ihr Handwerk verstehen, dann werden Sie nicht nur Ihr eigenes Glück schmieden, sondern auch das Ihres kleinen vierbeinigen Freundes.
Sie möchten gerne viel Fell zwischen Ihren Fingern spüren, die ungebremste Freude erleben, wenn Sie nach Hause kommen, oder Sie möchten einen Hund, der auffällt durch Nichtauffallen, Sie suchen einen Lawinensuchhund, oder einen Hund für die Jagd, einen Hund, der Sie in der geriatrischen Therapie begleitet oder Menschen in Not ein Lachen ins Gesicht zaubert, Sie möchten gerne draußen Sport treiben und dabei eine ebenso sportliche Begleitung haben, die Sie anspornt, noch mehr zu geben, und wenn Sie abends gemütlich auf dem Sofa sitzen, dann möchten Sie die Ruhe eines schlafenden Hundes erleben, um selbst zu einer tiefen Ruhe zu finden. Sie möchten sich um das Wohlergehen einer anderen kleinen oder großen Persönlichkeit kümmern und lieben die Bindungsarbeit, die Komplimente, die nur ein Herz auf vier Pfoten machen kann. Sie möchten Ihre Freizeit mit einem Gefährten teilen, der Sie motiviert, Ihr Bestes zu geben? Dann, genau dann brauchen Sie einen Hund an Ihrer Seite. Doch was soll er mitbringen, wie soll er sein?
© Anna Auerbach/Kosmos
Das Kindchenschema ist bei allen bezaubernd, die Zuchtgeschichte aber extrem unterschiedlich.
Definieren Sie Ihre Wünsche, Ihre ganz persönliche Vorstellung Ihres Alltags mit Hund, schreiben Sie Ihre Visionen genau auf. Und dann werden Sie herausfinden, welcher Hund zu Ihnen passt.
Es gibt über 350 Hunderassen auf dieser Welt und unzählige Mischungen aus all jenen. Es gibt große, kleine, schnelle, langsame, agile und faule Hunde. Es gibt sie in allen Farben und Formen, welche aus einem goldenen Käfig und welche aus tiefster Not. Es gibt sie in Lustig, in Ruhig, in Aktiv oder in Passiv. Es hört sich an, als gäbe es Hunde wie Spielzeug. Nein! Es sind Persönlichkeiten, es sind selbstbestimmte Kreaturen, die eigene Vorstellungen von ihrem Leben haben, es sind individuelle Charaktere, die zuchtgeschichtlich einen inneren Auftrag in sich haben, den sie Ihnen gern im Lauf Ihrer Beziehung offenbaren. Und wenn Sie nicht allzu überrascht von dieser Offenbarung sein wollen, dann macht es Sinn, sich tiefgreifend, ehrlich und gründlich zu informieren. Die Sorgfalt in der Vorauswahl vermeidet spätere Enttäuschungen.
Rasse, Züchter, Hund
Auch in unser Leben sind Hunde auf die unterschiedlichste Art und Weise gekommen.
Es gab Hunde, die wurden auf unserem Hof nachts über den Zaun geschmissen und wir haben sie aufgenommen, und sie waren mir ein Leben lang eine Freude, andere habe ich sorgfältig nach ihrer Genetik ausgesucht und mir sehr viel Mühe gemacht mit der Entscheidung. In mein Leben sind Hunde gepurzelt und gezielt eingeflogen. Ich habe unzählige Hunde gerettet, einige gezüchtet und ein paar käuflich erworben. Suche ich gezielt nach einem vierbeinigen Partner, dann definiere ich meine Ziele und versuche, die genetische Disposition zu optimieren. Suche ich einfach nur nach einem Begleiter, der weder besonders toll apportieren, suchen oder Schafe hüten soll, dann lasse ich einzig und allein mein Herz entscheiden.
Ich bin davon überzeugt, dass es irgendwo einen Stern gibt, der dafür sorgt, dass der richtige Hund zu dem passenden Menschen gerät. Viele Menschen haben es, dieses echte Bauchgefühl, und ihre innere Stimme meldet sich, wenn es an der Zeit ist. Oft kann es aber auch sein, dass es nur das Kindchenschema der bezaubernden Welpen ist, das allerdings nur eine kurze Zeit anhält. Wenn dann das Erwachen kommt, kann das Leben für den kleinen Hund eine schwierige Wendung nehmen.
„Wenn Sie sich für einen Welpen entscheiden, dann entscheiden Sie sich für einen Hund.“
In der Tat sind alle Welpen süß. Und wenn man vorhat, einfach einmal eine Hundefamilie zu besuchen, nur um zu gucken, gelingt es selten, sich nicht zu verlieben, verzaubern zu lassen und sofort, fast instinktiv, eines dieser kleinen Geschöpfe bei sich aufnehmen zu wollen. Die Verantwortung für das Jetzt kann jeder überblicken. Die Verantwortung für das kommende Jahrzehnt vielleicht noch nicht.
© Anna Auerbach/Archiv
Welche Rasse entscheidet Ihr Kopf, welcher Welpe entscheidet Ihr Bauch.
Ich bin davon überzeugt, dass es mit Welpen so ist wie mit Kindern. Sie machen uns mit ihrem Kindchenschema so verliebt, damit wir bereit sind, ihnen alle Fehler, die sie in der Pubertät machen, zu verzeihen.
Betrachten Sie ein junges Hundekind, dann stellen Sie sich bitte vor, wie genau dieser Hund aussehen wird, sich bewegen wird, welche Anforderungen er an sein Leben stellen wird. Und wenn es deckungsgleich mit Ihrer Vision, Ihren Möglichkeiten, Ihrem Leben ist, dann, ja dann verlieben Sie sich gerne Hals über Kopf. Sollte das aber nicht der Fall sein, dann vermeiden Sie vielleicht besser den Besuch der Hundefamilie, denn Sie führen sich sonst in Versuchung.
An dieser Stelle der Auswahl treffen wir auf ein meist wissenschaftlich betriebenes Thema. Hier gibt es unzählige Ratschläge, Tests und Auswahlverfahren, die am Ende immer dasselbe Ziel haben: Sie können sich entscheiden. Der Moment, vor einem ganzen Wurf voller Niedlichkeiten zu sitzen und den Beschluss für das nächste Jahrzehnt zu fällen, ist fast wie bei einer Liebe auf den ersten Blick.
Ich möchte Sie hier gerne von all den Regeln und Gesetzen befreien, die in Wirklichkeit keine sind. Der, der als erstes zu Ihnen kommt, der, der immer als erstes frisst, der, der am mutigsten ist und so weiter und so weiter. Ihnen muss klar sein, dass Sie in dem Moment, in dem Sie diesen Wurf besuchen, nur eine Tagesform der Welpen wahrnehmen. Und diese kann jeden Tag anders sein. Diese kleinen Nesthocker verändern sich manchmal fast stündlich. Es ist schwierig, diese kleinen Kreaturen im Säuglingsalter für ein ganzes Leben auf einen Charakter festlegen zu wollen.
Ich selber züchte seit über 30 Jahren Leistungshunde. Zu Beginn meiner Karriere habe ich streng über die Verhaltensunterschiede, Auffälligkeiten und die Anlagen Buch geführt. Der Versuch, den für mich besten Hund herauszufinden, stand am Ende nicht mehr mit den Beobachtungen aus der frühkindlichen Phase in irgendeinem Zusammenhang. Ich habe mal den Dicksten, mal den Dünnsten, den Ersten, den Letzten genommen und aus allen sind hervorragende Mitarbeiter geworden. Seit mir das klar geworden ist, suche ich mir nur noch die passende Genetik aus und lasse dann bei der Auswahl des Individuums mein Herz oder mein Bauchgefühl entscheiden. Vielleicht ist es die Zeichnung oder irgendein Habitus, der mir gerade auffällt. In meinen Augen ist der gute Züchter verantwortlich für die charakterlichen Anlagen und ich bin dafür verantwortlich, wie erfolgreich sich die guten Anlagen festigen. Und das macht am Ende einen guten Hund aus.
Gehen Sie frei und unverkrampft an die Sache heran und entscheiden Sie sich für das Hundekind, das Ihr Herz berührt. Warum auch immer.
In diesem Buch haben Sie nicht nur die Möglichkeit, viel zu lernen und aktiv mitzuarbeiten und zu gestalten, sondern unter der Rubrik „Aus dem Nähkästchen“ dürfen Sie auch immer mal wieder einen Blick in mein persönliches Welpentagebuch werfen und vier unterschiedlichste Hunde an verschiedenen Stationen in ihrem ersten Lebensjahr begleiten. Whiskey, Juice, Luna und Joda werden Ihre Herzen erobern.
Beginnen Sie damit, Ihre Vision von Ihrem Leben mit Ihrem Hund zu definieren. Finden Sie heraus, wie Sie sich Ihr Leben mit Ihrem Hund vorstellen, beschreiben Sie Ihre Wünsche.
© Anna Auerbach/Kosmos
Beobachten Sie die Welpen in unterschiedlichen Situationen und so häufig es geht.
© Anna Auerbach/Kosmos
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Ihr Herz wird spüren, welcher Hund Sie in Zukunft begleiten wird.
„Der Hund ist Teil unseres Lebens. Für unseren Hund sind wir sein ganzes Leben.“
„Zeit, die wir uns nehmen, ist Zeit, die uns etwas gibt.“
Ernst Ferstl
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Nestwärme und Sicherheit
Sie haben sich für einen Welpen entschieden. Und nun geht für jeden dasselbe Thema los. Der Einzug muss vorbereitet werden. Ja, Platz ist in der kleinsten Hütte und tatsächlich braucht ein Welpe in der ersten Zeit nichts Außergewöhnliches. Er braucht Wärme, Schutz, Liebe, Fürsorge, das gewohnte Futter und frisches Wasser. Vielmehr ist es nicht. In unserer menschlichen Welt gibt es Eltern – und ich darf an dieser Stelle den Vergleich zu unserem menschlichen Nachwuchs ziehen –, die haben vor der Geburt ihres Babys bereits ein voll ausgestattetes, schön dekoriertes Kinderzimmer, und stellen dann fest, wenn das Baby da ist, dass der warme Arm der Eltern in der ersten Zeit der einzige Ort ist, wo sich das Neugeborene sicher und wohlfühlt. Genauso ist es mit einem kleinen Hund. Halten Sie Nestwärme für ihn bereit, dann sind Sie gut gerüstet. Alles andere kann man sich nach und nach kaufen.
Was Sie alles brauchen, wie Sie die Ernährung, die Unterbringung und die ersten Spielsachen für Ihr Hundekind aussuchen, wie Sie das Bindungssystem stärken und was Sie unbedingt vermeiden sollten, erfahren Sie in diesem Kapitel.
Doch unabhängig vom Management und gutem Futter, sei eins gesagt: Sie brauchen Zeit für diese Zeit: Zeit, sich kennenzulernen; Zeit, Rituale zu finden; Zeit, sich zu verlieben. Die Vorbereitung für den Einzug sollte man wie den schönsten Urlaub seines Lebens sehen und vielleicht auch so planen. Denn diese Zeit ist enorm wichtig, wertvoll und einzigartig. Und sie ist schnell vorbei.
© Anna Auerbach/Archiv
Beim Züchter bekommt der Kleine Nestwärme von seiner Mutter und seinen Geschwistern.
Sie haben Ja gesagt zu dieser kleinen Kreatur und starten nun eine Reise in eine besondere Zeit Ihres eigenen Lebens. Sie werden Zugeständnisse machen, Fragen haben und wunderbare Dinge innerhalb einer Beziehung erleben. Sie gehen nun gemeinsam mit einer anderen Kreatur ein Stück Ihres Weges zusammen, der Lebenslust und Teamgeist beinhaltet. Und Sie sind dafür verantwortlich, nicht von der Route abzukommen, damit Sie Ihre Visionen, Ihre Ziele erreichen.
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Später sind Sie für sein Wohlergehen verantwortlich. Bieten Sie Sicherheit und Geborgenheit.
Laut Gesetz dürfen Hunde ab dem Alter von acht Wochen ihre Mutter verlassen. Es ist die Zeit, in der sie außer Muttermilch auch schon große Mengen fester Nahrung zu sich nehmen. Es ist die Zeit, in der es möglich ist, diesen für den Hund doch schwierigen Transfer zu wagen. Würden wir die Mama und das Hundekind fragen, ist es meist nicht der richtige Zeitpunkt, denn der gesunde, sichere Rahmen der Familie, die innerartlichen Komfortzonen, das Kontaktliegen, ja, einfach die Nestwärme, sind für das Hundekind der sichere Rahmen seiner kleinen Welt. Nun ist es an Ihnen, diese Zeit der Brutpflege zu übernehmen. Die Zeit, die Sie nun investieren, um Ihrem kleinen Hund eben diese Nestwärme zu bieten, den uneingeschränkten Körperkontakt, das nicht enden wollende Streicheln, Ausmassieren, Schützen, Tragen und Liebkosen, diese Zeit zahlt sich durch ein stabiles Bindungssystem, eine belastbare Beziehung, ein tiefes Vertrauen aus. Nennen Sie es Brutpflege und betreiben Sie es intensiv und mit Leidenschaft.
Es ist und bleibt ein sehr invasiver Eingriff in das Leben einer kleinen Kreatur. Das brauchen wir uns nicht schönreden. Es ist gut, wenn wir den Tatsachen ins Gesicht sehen, die Situation dadurch besser einschätzen und Folgeschäden vermeiden können. Ein Hundekind hat kein anderes Interesse, als bei seiner Mama und seinen Geschwistern zu sein. Und dann kommen Sie. Sie nehmen es und reißen es aus seinem stabilen Bindungssystem heraus. Stellen Sie sich vor, Sie wären ein zweijähriges Kind und da käme ein Elefant, würde Sie hochnehmen und einfach zu sich in seine Elefantenfamilie verschleppen. Ihre Welt würde zunächst zusammenbrechen. Sie verstehen kein elefantisch, Sie kennen die Gerüche und Geräusche nicht, Sie wollen nur eins: nach Hause zur Mama. Genau das passiert in dieser Zeit. Es gibt Hundekinder, die meistern das unfassbar stark und unbeirrt, und es gibt welche, die trauern unendlich lange um den Verlust ihrer Familie. Sie haben also hier eher die Rolle eines Kidnappers. Und Sie haben die Chance, diese Rolle zu tauschen, gegen die Rolle des liebevollen Partners, des Coaches. Also geben Sie alles, um das Bindungssystem, das Urvertrauen und die Zuversicht Ihres neuen Lebensabschnittsgefährten auf vier zuckersüßen Pfoten zu stärken und wieder aufzubauen.
Seien Sie sich dessen bewusst, und seien Sie sich sicher, dass im linearen Denken des Hundekindes auch die besten Argumente, wie schön es doch bei Ihnen ist, und dass alles wieder gut wird, nicht ziehen. Es hat Heimweh, es trauert, es ist allein. Nun sind Sie gefragt, dieser Situation einen watteweichen und sicheren Raum zu bieten, das Baby zu trösten, zu wärmen und zu schützen. Lassen Sie das Hundekind weder unbeaufsichtigt noch allein. Nie. Nehmen Sie es auf den Arm, wo immer der Eindruck entsteht, dass Körperkontakt hilft. Vermeiden Sie Kontakte zu übergriffigen Menschen, vor allem aber vor übergriffigen Hunden und schaffen Sie Ihrem vierbeinigen Schützling sichere Komfortzonen.
Es ist für alle Beteiligten ein Abenteuer. Ihren Zeitpunkt, um den kleinen Hund abzuholen, sollten Sie gut vorbereiten. Fahren Sie, wenn möglich, nicht allein. Im besten Fall lassen Sie sich fahren, sodass Sie die Möglichkeit haben, mit dem Baby in einer Transportbox, die mit einer dem Hundekind bekannten Decke ausgerüstet ist, auf der Rückbank Ihres Autos zu sitzen, eine Hand hineinzuhalten und dem Kleinen ununterbrochen gut zuzureden. Bedenken Sie, dass manche Hundekinder das Autofahren noch nicht vertragen und seien Sie mit ausreichend Handtüchern und Küchenrolle ausgerüstet.
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Echte Zuneigung und positive Energie sind die Grundlagen einer tollen Freundschaft.
Laut Gesetz sind Sie dazu verpflichtet, den kleinen Hund in einer Box zu transportieren. Hunde, egal wie süß und niedlich sie sind, gelten als Transportgut, und Transportgut muss entsprechend gesichert sein. Und ehrlich, das macht auch Sinn. Denn stellen Sie sich einmal vor, jemand würde einen Auffahrunfall verursachen, Sie müssten das Auto verlassen und Ihr kleiner Hund würde orientierungslos durch den Verkehr laufen. Sie wären nicht nur für alle dadurch entstehenden Schäden haftbar, sondern auch Ihres Lebens nicht mehr froh. Zudem sollte Ihr Schützling bereits mit einem gut sitzenden Halsband und einer Leine gesichert sein, auch wenn er dies noch nicht kennt. Sicher ist sicher.
© Anna Auerbach/Kosmos
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Ob in einem Tragerucksack oder einer Transportbox, es geht immer um Sicherheit für den Schützling.
Nun haben Sie ihn in Ihrem Arm und tragen ihn rein, in sein neues Heim. Die kleinen Hundeaugen sind riesig, er kennt noch nichts, er verlässt sich auf sein Urvertrauen (siehe hier). Bei manchen Hunden ist dies riesig, bei anderen nahezu verkümmert. Es beinhaltet Neugierde, Mut und die Fähigkeit, auch schwierige Situationen zu überstehen. Zudem gibt es noch das Urmisstrauen (siehe hier). Auch das ist sinnvoll, denn es schützt den kleinen Tollpatsch vor Risiken und gefährlichen Situationen. Das Urvertrauen wollen wir stärken und darauf eine stabile Beziehung aufbauen. Dem Urmisstrauen begegnen wir damit, dass wir die Verantwortung für die Sicherheit des Hundes übernehmen und ihn aktiv vor schwierigen Situationen beschützen. Achten Sie darauf, dass Ihr Hund sich immer in einem geschützten Raum aufhält, dass bedeutet, dass er entweder in einem sicheren Raum ist, aus dem er nicht entkommen kann, oder er sich bereits an einer Leine befindet. Ihr Hund ist nun erstens reizüberflutet und zweitens kann es sein, dass er seine Mama sucht. Er hat weder Bindung zu Ihnen noch zu dem neuen Ort, dafür aber alle Taschen voller Heimweh. Fluten Sie ihn mit Liebe, mit Nestwärme, betreiben Sie aktiv Brutpflege. Und genießen Sie das Lachen, das Ihr kleiner Hund Ihnen schon bald dafür schenken wird.
Schauen wir es den Tieren ab, wie sie das Bindungssystem entwickeln. Eine Stute, ein Mutterschaf, genauso wie eine Hündin verbringen mit der Bindungsarbeit unfassbar viel Zeit. Es gibt verschiedene Tools, die sie anwenden, die wir einfach nur kopieren müssen.
Das erste und wichtigste ist Kontakt. Körperkontakt, also Streicheln, Liebkosen, Ausmassieren der Nasalfalte, des Köpfchens, des Körpers. Das Spüren von Wärme und Herzschlag sind sehr wichtige, bereits auch wissenschaftlich erwiesene Bausteine, um das Bindungssystem aufzubauen. Den Hund auf dem Schoß, auf dem Sofa oder sogar mit ins Bett zu nehmen, um ihm Körperkontakt zu gewähren, ihn den Herzschlag spüren zu lassen, ist in der Tat in der ersten Zeit ein wichtiger Schlüssel, um das Bindungssystem zu stärken und somit auch das Bedrohungssystem in dem kleinen Organismus zu beruhigen. Jeder Organismus ist mit diesen zwei Systemen ausgestattet. Dem Bindungs- und dem Bedrohungssystem. Auch Sie sind so konstruiert. Rein neurobiologisch ist ausschließlich das Bindungssystem in der Lage, das Bedrohungssystem zu beruhigen. Das bedeutet so viel wie: Je mehr Sie sich zu Hause fühlen, je mehr Geborgenheit Sie erfahren, um so stressbelastbarer sind Sie. Ich denke, das kann absolut jeder aus eigener Erfahrung nachvollziehen. Also, schützen, wärmen und stärken Sie Ihren kleinen Hund. Keine Angst, Ihr Hund muss deswegen nicht immer in Ihrem Bett übernachten, später kann er getrost in einem Körbchen vor Ihrem Bett schlafen. Nur in der ersten Zeit, wenn er maximalen Schutz braucht, in dieser Zeit sollten Sie sich nicht scheuen, wenn es für Sie möglich ist. Auch unsere Hofhüter, Schutzhunde, Hütehunde und Herdenschutzhunde erfahren diese Clanbildungsmaßnahmen, weil sie es als Hundekind brauchen.
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Gemeinsame Komfortzonen gehören zum Fundament einer Freundschaft.