Weltall. Erde. Mensch. - Jochen Schmidt - E-Book

Weltall. Erde. Mensch. E-Book

Jochen Schmidt

4,8

Beschreibung

Jochen Schmidts Interessen sind vielfältig, und er beobachtet genau. So entstehen Texte, die ebenso klug wie humorvoll sind: Kurzgeschichten für die Lesebühne Chaussee der Enthusiasten, Kolumnen, z.B. für die FAZ und die Süddeutsche, oder auch Comics (zusammen mit Mawil). Die besten Texte der letzten Jahre werden nun im vorliegenden neuen Buch "Weltall. Erde. Mensch." versammelt. Und zum ersten Mal wird die beim Bachmann-Wettbewerb vorgetragene Erzählung "Abschied aus einer Umlaufbahn" veröffentlicht.

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WELTALLERDEMENSCH

Jochen Schmidt

Verlag Voland & Quist, Dresden und Leipzig, 2010

© by Verlag Voland & Quistᅠ– Greinus und Wolter GbR

Umschlaggestaltung: Tim Jockel, Berlin

Gestaltung und PDF-Umsetzung: Tropen Studios, Leipzig

E-Pub-Erstellung: nimatypografik

ISBN 978-3-938424-75-9

www.voland-quist.de

Alternativen zum Schreiben

Ich könnte ein Fitnessstudio leiten

Oder Rentner beim Sterben begleiten

Ich könnte Lebensmittel produzieren

Oder mit so einem Tuch rumwedeln vor Stieren

Ich könnte eine Girlgroup promoten

Oder Särge bauen für die Toten

Ich könnte jeden Abend beim Bowlen

mich von meiner Frau erholen

Ich könnte Sushi kochen lernen

Oder Graffiti von der U-Bahn entfernen

Ich könnte meine Dielen abschleifen

Oder theoretische Physik begreifen

Ich könnte die Regierung stürzen

Oder mein Essen selber würzen

Ich könnte nach Ägypten trampen

Oder vor einer atomaren Wiederaufbereitungsanlage campen

Ich könnte mich von meiner Freundin trennen

Oder ich lerne sie erst mal kennen

Wir könnten mal wieder ein Kind erzeugen

Eins, das nicht aussieht wie Günther Verheugen

Ich könnte mir einen Anzug kaufen

Und auf dem Weg dorthin rückwärts laufen

Ich könnte Haschisch inhalieren

Oder meine Stullen beidseitig schmieren

Ich könnte Schlittschuhlaufen üben

Das ist gut bei depressiven Schüben

Ich könnte mal mit einem Menschen reden

Die haben ja immer so komische Schäden

Ich könnte Strohhalme aufeinanderstecken

Und vom Balkon aus Passanten necken

Ich könnte mir Wachs auf die Brustwarzen träufeln

Und meinen Kummer im Alkohol ersäufeln

Ich könnte mal ins Grüne fahren

Und mich mit einer Grünen paaren

Ich könnte Fliegen zu Tode quälen

Oder meine Treppenstufen zählen

Ich könnte mich für Tennis interessieren

Oder für irgendwas mit Tieren

Ich könnte eigentlich so viel machen

Aber ich muss ja immer was schreiben zum Lachen

Abschied aus einer Umlaufbahn

Es gibt viele Gründe, die Erde zu verlassen, aber wenig Mittel. Das Schöne an der Schwerelosigkeit ist, dass man in ihr so wenig Menschen begegnet. Ich hatte schon immer vermutet, meine Gedanken erst im Weltraum ordnen zu können, seit jener Zeit im Leben, als ich zum ersten Mal das Bedürfnis hatte, mich flach ins Gras zu legen und den Blick in den leeren Himmel zu tauchen, um frei von jeder Ablenkung die wesentlichen Gedanken zu fassen, die ich in mir vermutete. Manchmal stelle ich mir vor, ich wäre in eine Zeit ohne bemannte Raumfahrt geboren worden, ich hätte ein falsches Leben geführt. Natürlich kann ich nicht wissen, ob ich nicht auch jetzt ein falsches Leben führe, weil meiner Zeit für das, was ich eigentlich bin, die Vorstellung fehlt. Wie jemand, der nie erfahren wird, dass er der Erfinder der Hängematte sein könnte, weil er in einer Gegend lebt, in der die Bäume nicht nah genug beieinanderstehen. Vielleicht irre ich durch mein Leben, wie ein Männchen durch ein Computerspiel, für das es nicht programmiert wurde und in dem es nicht einmal sterben kann? Wenn ich uns am Abend in den Verkehrsmitteln sah, wo wir nicht das Recht genossen, uns aneinanderzulehnen, kam es mir manchmal vor, als seien wir Entführungsopfer, die vergessen hatten, woher sie stammten. Ich begrüße es natürlich, wenn die Menschen zu erschöpft sind, mich zu beachten, mit allem anderen habe ich schlechte Erfahrungen gemacht. Nicht umsonst erschrickt man, wenn man in der Einöde einem Menschen begegnet, auf ein Tier kann man sich eher einstellen. Man weiß ja nicht, ob dieser Mensch das eigene Niveau hat. Es ist erstaunlich, auf wie verschiedenen menschheitsgeschichtlichen Entwicklungsstufen wir nebeneinander existieren, und es ist eigentlich nicht ganz korrekt, aber natürlich von der Programmatik her verständlich, wenn wir uns alle als »Mensch« bezeichnen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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