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Der Bestseller aus den USA! Drew Evans ist sexy und erfolgreich - ein Gewinnertyp. Millionendeals verhandelt er, ohne mit der Wimper zu zucken, und Frauen verführt er mit einem Lächeln allein. An die Liebe hat Drew noch nie einen Gedanken verschwendet; sich zu binden ist für ihn eine absolute Horrorvorstellung! Doch das alles ändert sich schlagartig, als Kate Brooks in seiner Firma eingestellt wird. Sie ist die erste Frau, die sich nicht so einfach von ihm um den Finger wickeln lässt. Dabei ist Drew es doch gewohnt, immer zu bekommen, was er will ... "Heiß und unglaublich komisch. Eine Liebesgeschichte, die so schön ist, dass man sich wünscht, sie möge nie zu Ende gehen." (Bookish Temptations)
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Seitenzahl: 377
Titel
Zu diesem Buch
Widmung
Kapitel 1
Kapitel 2
Kapitel 3
Kapitel 4
Kapitel 5
Kapitel 6
Kapitel 7
Kapitel 8
Kapitel 9
Kapitel 10
Kapitel 11
Kapitel 12
Kapitel 13
Kapitel 14
Kapitel 15
Kapitel 16
Kapitel 17
Kapitel 18
Kapitel 19
Kapitel 20
Kapitel 21
Kapitel 22
Kapitel 23
Kapitel 24
Kapitel 25
Kapitel 26
Kapitel 27
Kapitel 28
Danksagung
Die Autorin
Die Romane von Emma Chase bei LYX
Impressum
EMMA CHASE
gleich von Liebe
sprechen?!
Roman
Ins Deutsche übertragen
von Heide Franck
Zu diesem Buch
Drew Evans hat die Grippe. Ganz im Ernst. Nein, wirklich! Auf gar keinen Fall hat er die letzten Tage auf der Couch verbracht, sich nur von Eiscreme und Pizza ernährt und furchtbare Schnulzenfilme angesehen, weil er Liebeskummer hat … Denn an die Liebe hat Drew noch nie einen Gedanken verschwendet. Er ist sexy und erfolgreich, verhandelt Millionendeals, ohne mit der Wimper zu zucken, und verführt Frauen allein mit seinem Lächeln. Eine feste Beziehung ist für ihn eine absolute Horrorvorstellung. Doch das alles ändert sich schlagartig, als Kate Brooks in der Investment-Banking-Firma eingestellt wird, für die auch Drew arbeitet. Kate fasziniert Drew – nicht nur weil sie wahnsinnig gut aussieht, sondern auch weil sie sich bald als ernsthafte Konkurrentin entpuppt. Kate geht Drew nicht mehr aus dem Kopf, und je mehr Zeit sie miteinander verbringen, desto heftiger beginnt es zwischen den beiden zu knistern. Doch Kate ist verlobt (und will das auch bleiben) und somit die erste Frau, die sich nicht so einfach von Drew um den Finger wickeln lässt. Dabei ist er es doch gewohnt, immer zu bekommen, was er will …
Für Joe,der mir zeigt, was wahre Liebe ist, und mir Tag für Tag Einblicke in die komplizierten Mechanismen der männlichen Gedankenwelt gewährt.
Sehen Sie den ungeduschten, unrasierten Haufen da auf dem Sofa? Den Typen mit dem schmutzig grauen T-Shirt und der löchrigen Jogginghose?
Das bin ich, Drew Evans.
Normalerweise hänge ich nicht so durch. Eigentlich bin das gar nicht wirklich ich. Im richtigen Leben bin ich gepflegt, habe ein glatt rasiertes Kinn, und mein schwarzes Haar trage ich an den Seiten nach hinten gegelt, was mir einen gefährlichen, aber professionellen Look verleiht, wie ich mir habe sagen lassen. Meine Anzüge sind Maßanfertigungen, und ich trage Schuhe, die teurer sind als Ihre Miete.
Meine Wohnung? Ja, das ist die hier. Die Vorhänge sind zugezogen, und die Möbel schimmern bläulich im Flackern des Fernsehers. Tische und Fußboden sind mit Bierflaschen, Pizzakartons und leeren Eisbechern übersät.
Das ist nicht meine echte Wohnung. Die, in der ich eigentlich wohne, ist immer picobello aufgeräumt; zweimal die Woche kommt eine Reinemachfrau. Und die Einrichtung bietet alle Schikanen, jedes Männerspielzeug, das man sich nur wünschen kann: eine Surround-Sound-Anlage, natürlich mit Satellitenlautsprechern, und einen Großbild-Plasmafernseher, vor dem jeder Kerl wimmernd in die Knie gehen würde. Das Ganze in einem modernen Stil – viel Schwarz, viel Edelstahl –, und schon beim Eintreten merkt jeder, hier wohnt ein Mann.
Also, wie gesagt, was Sie jetzt gerade sehen, ist nicht mein wahres Ich. Ich habe die Grippe.
Eine echte Influenza.
Ist Ihnen schon mal aufgefallen, dass einige der schlimmsten Krankheiten der Menschheitsgeschichte einen geradezu lyrischen Klang haben? Namen wie Malaria, Salmonellen, Cholera. Ob die das wohl mit Absicht gemacht haben? Damit es sich netter anhört, wenn man erzählt, dass man sich fühlt wie vom Hund ausgeschissen?
Influenza. Hat was, wenn man es oft genug wiederholt.
Zumindest bin ich mir ziemlich sicher, dass ich mir genau das eingefangen habe. Deswegen verkrieche ich mich seit sieben Tagen in meiner Wohnung. Deswegen hab ich mein Handy abgeschaltet und verlasse das Sofa nur, um aufs Klo zu gehen oder mein Essen vom Lieferservice in Empfang zu nehmen.
Wie lange dauert das mit der Grippe eigentlich? Zehn Tage? Einen Monat? Bei mir fing’s vor einer Woche an. Um fünf Uhr morgens klingelte mein Wecker, wie immer. Aber statt aufzustehen und ins Büro zu fahren, wo ich eine gefeierte Persönlichkeit bin, hab ich den Wecker einmal quer durchs Zimmer gepfeffert und damit ins Jenseits befördert.
Der hat ohnehin mit seinem ständigen Piepen genervt. Blöder Wecker!
Dann hab ich mich umgedreht und bin sofort wieder eingeschlafen. Als ich mich irgendwann doch aus dem Bett gewälzt habe, fühlte ich mich schwach und elend. Meine Brust schmerzte; mein Kopf tat weh. Sehen Sie – eindeutig die Grippe, oder? Schlafen konnte ich nicht mehr, also hab ich mich hierher verpflanzt, auf mein geliebtes Sofa. Das war so gemütlich, dass ich beschloss, einfach hierzubleiben. Die ganze Woche. Und mir Will Ferrells größte Erfolge auf dem Plasmafernseher reinzuziehen.
Gerade läuft Anchorman – Die Legende von Ron Burgundy. Den hab ich heute schon dreimal gesehen, aber bisher noch nicht gelacht. Kein einziges Mal. Vielleicht sind aller guten Dinge ja vier, hm?
Jetzt pocht es an der Tür.
Verdammter Pförtner. Wofür zum Teufel wurde der eigentlich eingestellt? Dem wird’s noch leidtun, wenn er dieses Jahr mein Weihnachtstrinkgeld kriegt, verlassen Sie sich drauf!
Ich ignoriere das Hämmern, obwohl es wieder die Tür zum Wackeln bringt.
Und noch mal.
»Drew! Drew, ich weiß, dass du da bist! Mach die verdammte Tür auf!«
Oh nein.
Das ist Die Zicke. Auch bekannt als meine Schwester Alexandra.
Wenn ich »Zicke« sage, dann ist das absolut liebevoll gemeint, ehrlich. Aber sie ist halt eine. Anstrengend, rechthaberisch und unbarmherzig. Den Pförtner bring ich um.
»Wenn du nicht sofort die Tür aufmachst, Drew, lasse ich sie von der Polizei aufbrechen, das schwöre ich dir!«
Jetzt klar, was ich meine?
Ich kralle mir das Kissen, das auf meinem Schoß liegt, seit es mit der Grippe losging, vergrabe das Gesicht darin und atme tief ein. Es riecht nach Vanille und Lavendel. Frisch und leicht – man könnte glatt süchtig danach werden.
»Drew! Hörst du mich?«
Jetzt ziehe ich mir das Kissen über den Kopf. Nicht etwa, weil es nach … ihr … riecht, sondern um das Hämmern auszusperren, das einfach nicht aufhört.
»Ich hole gerade das Handy raus! Jetzt wähle ich!« Alexandras Stimme hat einen warnenden Quengelton angenommen, und ich weiß, das ist kein Bluff.
Mit einem tiefen Seufzer rappele ich mich vom Sofa hoch. Für den Weg zur Tür brauche ich ewig; jeder Schritt auf meinen steifen, schmerzenden Beinen ist eine Qual.
Blöde Grippe!
Ich öffne die Tür und wappne mich für den Zorn Der Zicke. Mit einer perfekt manikürten Hand hält sie sich das neueste iPhone ans Ohr. Ihr blondes Haar ist zu einem einfachen, aber eleganten Knoten hochgesteckt, und eine dunkelgrüne Handtasche, die farblich auf ihren Rock abgestimmt ist, baumelt ihr von der Schulter – Lexi ist immer komplett durchgestylt.
Hinter ihr steht in einem knittrigen marineblauen Anzug und mit einem angemessen zerknirschten Gesichtsausdruck mein bester Freund und Kollege, Matthew Fisher.
Pförtner, ich vergebe dir. Matthew ist der, der sterben muss.
»Himmel, Herrgott!«, ruft Alexandra entsetzt. »Was ist denn mit dir passiert?«
Wie gesagt, das ist nicht mein wahres Ich.
Ich antworte nicht. Dazu fehlt mir die Kraft. Stattdessen lasse ich einfach die Tür offen stehen und falle mit dem Gesicht zuerst auf mein Sofa. Es ist weich und warm und trotzdem fest.
Sofa, ich liebe dich – habe ich dir das jemals gesagt? Tja, jetzt weißt du’s.
Trotz Kissen auf den Augen kriege ich mit, wie Alexandra und Matthew langsam in die Wohnung kommen. Innerlich stelle ich mir ihre schockierten Gesichter vor, als sie sehen, in welchem Zustand sich die Wohnung befindet. Aus meinem Kokon wage ich einen kurzen Blick – meine Vorstellungskraft hat ins Schwarze getroffen.
»Drew?«, höre ich Alexandra fragen, doch diesmal schwingt Sorge in der einen kurzen Silbe mit.
Dann ist sie wieder sauer. »Um Himmels willen, Matthew, warum hast du mich nicht früher angerufen? Wie konntest du das zulassen?«
»Ich habe ihn ja selbst nicht zu Gesicht bekommen, Lex!«, verteidigt Matthew sich hastig. Sehen Sie – auch er kuscht vor Der Zicke. »Ich war jeden Tag hier, aber er hat mich nicht reingelassen.«
Das Sofa sinkt ein, als sie sich neben mich setzt. »Drew?«, sagt sie sanft, und ihre Hand streicht mir behutsam über das Haar. »Süßer?«
Der qualvoll-besorgte Klang ihrer Stimme erinnert mich an meine Mutter. Immer wenn ich als kleiner Junge krank war, brachte Mom mir ein Tablett mit heißer Schokolade und Suppe ins Zimmer und gab mir einen Kuss auf die Stirn, um zu testen, ob sie vor Fieber glühte. Dann ging es mir immer gleich besser. Diese Erinnerung, gepaart mit Alexandras Fürsorge, treibt mir die Tränen in die geschlossenen Augen.
Ich sag ja, es steht schlimm um mich.
»Halb so wild, Alexandra«, teile ich ihr mit, obwohl ich nicht sicher bin, ob sie mich hört. Meine Stimme verliert sich in dem duftenden Kissen. »Ich hab die Grippe.«
Ich höre, wie ein Pizzakarton geöffnet wird; dann folgt ein Ächzen, als der Dunst von gammeligem Käse und Wurst in die Wohnung strömt. »Nicht gerade die richtige Kost für einen Grippepatienten, Brüderchen.«
Dann klappern Bierflaschen, Mülltüten rascheln. Ganz offensichtlich nimmt sie gerade den Kampf gegen das Chaos auf. Ich bin nicht der einzige Ordnungsfanatiker in der Familie.
»Das ist ja abartig!« Sie atmet scharf ein, und in Anbetracht des Gestanks, der sich zu dem fauligen Pizza-Aroma gesellt, muss sie wohl gerade eine drei Tage alte Eispackung geöffnet haben, die nicht ganz so leer war, wie ich dachte.
»Drew.« Sie rüttelt mich vorsichtig an der Schulter. Ich gebe mich geschlagen, setze mich auf und reibe mir die Erschöpfung aus den Augen. »Rede mit mir!«, bittet sie mich. »Was ist los? Was ist passiert?«
Der beunruhigte Gesichtsausdruck meiner großen Schwester wirft mich zwanzig Jahre zurück. Ich bin sechs, und mein Hamster, Mr Wuzzles, ist gerade gestorben. Und genau wie damals bricht nun die schmerzliche Wahrheit aus mir heraus.
»Mich hat’s erwischt.«
»Was hat dich erwischt?«
»Was du mir immer gewünscht hast«, flüstere ich. »Ich hab mich verliebt.«
Beim Aufschauen sehe ich, wie sich ihr Mund zu einem Lächeln weitet. Genau das hat sie jahrelang für mich gewollt. Alexandra ist seit Ewigkeiten mit Steven verheiratet und sogar noch länger in ihn verliebt. Deswegen war sie mit meinem Lebensstil nie einverstanden und kann es kaum erwarten, dass ich häuslich werde. Dass ich jemanden finde, der sich um mich kümmert, so wie sie sich um Steven kümmert. So wie unsere Mutter sich immer noch um unseren Dad kümmert.
Aber ich hab ihr gesagt, dass sie sich das abschminken kann – da war ich einfach nicht scharf drauf. Wozu ein Buch in die Bibliothek tragen? Wozu Sand an den Strand schleppen? Wozu eine Kuh kaufen, wenn man die Milch umsonst kriegt?
Begreifen Sie allmählich, worum es hier geht?
Sie fängt also gerade zu lächeln an, als ich mit einem dünnen Stimmchen, das unmöglich meins sein kann, hinzufüge: »Sie heiratet einen anderen. Sie wollte … sie wollte mich nicht, Lex.«
Mitgefühl breitet sich auf ihrem Gesicht aus wie Marmelade auf einem Butterbrot. Dann folgt Entschlossenheit. Denn Alexandra ist vom Schlag der Hinkrieger. Sie befreit den verstopften Abfluss, bessert Kerben in Wänden aus und entfernt Flecken aus jedem beliebigen Teppich. Ich weiß jetzt schon, was ihr in diesem Augenblick durch den Kopf geht: Wenn mein Brüderchen kaputt ist, setze ich ihn einfach wieder zusammen.
Wenn es doch nur so einfach wäre! Aber kein Superkleber der Welt könnte mein gebrochenes Herz kitten.
Hatte ich erwähnt, dass ich auch eine poetische Ader habe?
»Okay. Das kriegen wir hin, Drew.«
Na, was hab ich gesagt?
»Du nimmst jetzt erst mal eine lange, heiße Dusche, und ich beseitige dieses Desaster. Dann gehen wir raus. Alle drei.«
»Ich kann nicht raus.« Hat sie mir nicht zugehört? »Ich hab die Grippe.«
Sie lächelt mitleidig. »Du brauchst eine leckere, heiße Mahlzeit und eine Dusche. Das wird dir guttun.«
Vielleicht hat sie recht. Was ich die letzten sieben Tage gemacht habe, hat mir weiß Gott nicht gutgetan. Schulterzuckend stehe ich auf, um ihr Folge zu leisten. Wie ein Vierjähriger sein Kuscheltuch nehme ich mein kostbares Kissen mit.
Auf dem Weg zum Badezimmer muss ich unwillkürlich daran denken, wie es zu alldem kam. Früher war mein Leben mal richtig gut. Geradezu perfekt. Und dann ging alles vor die Hunde.
Ach – Sie wollen wissen, wie? Sie wollen meine rührselige Geschichte hören? Also gut. Vor ein paar Monaten fing alles an, an einem ganz normalen Samstagabend.
Na ja, zumindest für meine Verhältnisse normal.
Vier Monate zuvor
»Fuck, ja! Das ist gut. Ja, genau so!«
Sehen Sie den Kerl da – schwarzer Anzug, verdammt attraktiv? Ja, der Kerl in der Toilettenkabine, der sich gerade von der schnuckeligen Rothaarigen einen blasen lässt? Das bin ich. Mein wahres Ich. Mein PGI: Prä-Grippen-Ich.
»Oh ja, Baby, ich komme gleich!«
Halten wir an dieser Stelle das Bild mal kurz an.
An alle Ladys, die gerade zuhören – ein Tipp von mir, völlig gratis: Wenn ein Typ, den Sie eben erst kennengelernt haben, Sie Baby nennt, Süße, Engel oder irgendein anderes beliebiges Kosewort verwendet, glauben Sie ja nicht, er wäre so in Sie verknallt, dass er sich schon einen liebevollen Spitznamen für Sie überlegt.
Er kann sich einfach bloß nicht daran erinnern, wie Sie heißen … oder will es nicht.
Und keine Frau möchte beim falschen Namen genannt werden, wenn sie einem auf der Männertoilette gerade einen Blowjob verpasst. Also, um kein Risiko einzugehen, habe ich mich für Baby entschieden.
Wie sie wirklich heißt? Spielt das eine Rolle?
»Oh, Baby, ich komme!«
Mit einem Plopp löst sie die Lippen von mir und fängt mich gekonnt mit der Hand auf, ehe ich abspritze. Danach gehe ich zum Waschbecken, um die Sauerei zu beseitigen und meinen Hosenstall zuzumachen. Der Rotschopf schaut mich lächelnd an und spült mit einer Reisepackung Mundwasser aus ihrer Handtasche nach.
Reizend.
»Wie wär’s mit einem Drink?«, fragt sie mit einer Stimme, die wohl verführerisch klingen soll.
Aber um eins klarzustellen: Wenn ich durch bin, bin ich durch. Ich bin keiner dieser Typen, die zweimal mit derselben Achterbahn fahren. Einmal reicht, und dann ist es vorbei mit dem Nervenkitzel, genau wie mit meinem Interesse.
Doch trotz allem hat meine Mutter mich zu einem Gentleman erzogen. »Klar, Süße. Such uns schon mal einen Tisch, ich besorge uns was von der Bar!« Schließlich hat der Rotfuchs sich gerade echt ins Zeug gelegt. Einen Drink hat sie sich verdient.
Wir verlassen die Toilette, sie zischt in Richtung Tische ab, und ich steuere die ziemlich volle Bar an. Dass es Samstagabend ist, hatte ich erwähnt, oder? Und wir reden hier vom REM. Nein, nicht R.E.M. – REM wie der REM-Schlaf, wenn man träumt. Begriffen?
Das ist der angesagteste Club in New York City. Na ja, zumindest heute Abend. Nächste Woche ist es wahrscheinlich schon ein anderer. Aber die Location ist egal, es läuft immer nach demselben Drehbuch. Jedes Wochenende kommen meine Freunde und ich zusammen her und gehen dann getrennte Wege – und zwar nie allein.
Schauen Sie mich nicht so an! Ich bin kein Schuft, und ich lüge auch nicht. Ich bezirze die Frauen nicht mit blumigen Worten über eine gemeinsame Zukunft und Liebe auf den ersten Blick. Ich bin eine ehrliche Haut. Ich will Spaß – für eine Nacht –, und das sage ich ihnen auch. Das macht mich zu einem besseren Menschen als neunzig Prozent der anderen Typen in diesem Club, glauben Sie mir! Und die meisten Mädels hier wollen das Gleiche wie ich.
Na gut, vielleicht ist das nicht die ganze Wahrheit. Aber ich kann nichts dafür, wenn sie mich sehen, mich vögeln und plötzlich die Mutter meiner Kinder sein wollen. Das ist nicht mein Problem. Wie gesagt, ich erzähle ihnen, was Sache ist, sie kriegen von mir ein paar vergnügliche Stunden und dann das Geld fürs Taxi nach Hause. Vielen Dank, gute Nacht. Ruf mich nicht an, denn ich werde ganz bestimmt nicht zurückrufen!
Nachdem ich mich endlich durchs Gewühl gedrängelt habe, bestelle ich zwei Drinks und betrachte einen Moment lang die zuckenden, sich windenden Leiber auf der Tanzfläche, die zum Hämmern der Musik miteinander verschmelzen.
Und dann sehe ich sie, fünf Meter von mir entfernt, wie sie geduldig wartet, sich aber offensichtlich leicht unbehaglich fühlt in der winkenden, mit Geld wedelnden, alkoholversessenen Meute, die um die Aufmerksamkeit des Barkeepers buhlt.
Ich habe Ihnen doch gesagt, dass ich dichterisch veranlagt bin, stimmt’s? Ehrlich gesagt war ich das nicht immer. Nicht bis zu diesem Augenblick. Sie ist hinreißend … engelsgleich … wunderschön. Suchen Sie sich was aus, spielt keine Rolle! Jedenfalls vergesse ich für einen Moment, wie man atmet.
Ihr langes, brünettes Haar glänzt sogar in dem schummrigen Clublicht noch. Sie trägt ein rotes rückenfreies Kleid – sexy, aber edel –, das jede ihrer wohlgeformten, straffen Kurven betont. Ihr Mund ist voll und üppig, und ihre Lippen flehen geradezu danach, dass man über sie herfällt.
Und ihre Augen erst! Großer Gott. Ihre Augen sind riesengroß und rund und unendlich dunkel. Ich stelle mir vor, wie diese Augen zu mir aufschauen, während sie meinen Schwanz in ihren heißen kleinen Mund nimmt. Bei dem Gedanken erwacht mein betreffender Körperteil sofort zum Leben. Ich muss sie haben.
Rasch schiebe ich mich zu ihr durch und beschließe an Ort und Stelle, dass sie die Glückliche ist, die für die restliche Nacht in das Vergnügen meiner Gesellschaft kommen wird. Und dieses Vergnügen wird unvergesslich, dafür werde ich sorgen.
Gerade als sie den Mund aufmacht und was bestellen will, bin ich bei ihr und schalte mich ein: »Die Dame kriegt …« Mit einem intensiven Blick versuche ich zu erahnen, was sie gern trinkt. Ein besonderes Talent von mir. Manche Menschen sind Biertrinker, andere trinken Scotch mit Soda, wieder andere mögen alten Wein, einige bevorzugen einen Brandy oder süßen Champagner. Und ich weiß immer, wer was trinkt – immer. »… einen Veramonte Merlot, Jahrgang 2003.«
Mit hochgezogener Augenbraue dreht sie sich zu mir um und mustert mich von Kopf bis Fuß. Offensichtlich hält sie mich nicht für einen Blindgänger, denn sie sagt: »Sie sind gut.«
Ich lächle. »Wie ich sehe, eilt mir mein Ruf voraus. Ja, ich bin gut. Und Sie sind wunderschön.«
Sie errötet. Ja, sie kriegt tatsächlich rosa Wangen und schaut weg. Wer wird denn heute noch rot? Total süß, die Kleine.
»Was halten Sie davon, wenn wir irgendwohin hingehen, wo es gemütlicher ist … und wir ein bisschen unter uns sind? Um uns besser kennenzulernen?«
Ohne auch nur eine Sekunde zu zögern, antwortet sie: »Ich bin mit Freunden hier, wir haben was zu feiern. Normalerweise gehe ich gar nicht in solche Clubs.«
»Und was wird gefeiert?«
»Ich habe gerade meinen Master of Business Administration gemacht und fange am Montag meinen neuen Job an.«
»Wirklich? Was für ein Zufall! Ich bin auch in der Finanzbranche. Vielleicht haben Sie schon mal von meiner Firma gehört? Evans, Reinhart and Fisher?« Wir sind die gefragteste Investmentboutique der Stadt, das dürfte sie also gebührend beeindrucken.
Halten wir hier noch mal kurz an, ja?
Haben Sie gesehen, wie sich die Lippen dieser umwerfenden Frau gerundet haben, als der Name meiner Firma fiel? Wie ihre Augen sich geweitet haben? Da hätten bei mir die Alarmglocken schrillen sollen.
Aber damals ist es mir nicht aufgefallen – ich war zu sehr damit beschäftigt, ihre Brüste in Augenschein zu nehmen. Die übrigens perfekt sind. Kleiner als sonst für mich üblich, nicht mehr als eine Handvoll. Doch was mich angeht, reicht eine Handvoll vollkommen aus.
Worauf ich hinauswill: Behalten Sie diesen überraschten Gesichtsausdruck im Hinterkopf – der wird sich später noch erklären. Zurück zu unserem Gespräch.
»Wir haben so viel gemeinsam«, fahre ich fort. »Wir beide sind Geschäftsleute, wir beide schätzen einen guten Roten … Meiner Meinung nach sollten wir unbedingt schauen, wohin uns das heute Nacht noch führt. Das sind wir uns schuldig.«
Sie lacht. Ein zauberhafter Klang.
An dieser Stelle ist vielleicht eine Erklärung nötig. Mit jeder anderen Frau, an jedem anderen Abend säße ich jetzt längst in einem Taxi, hätte die Hand unter ihrem Kleid und würde sie mit meinen Küssen zum Stöhnen bringen. Keine Frage. Für mich artet das hier schon in Arbeit aus. Und komischerweise macht es mich irgendwie an.
»Ich bin übrigens Drew.« Ich strecke ihr die Rechte hin. »Und Sie sind?«
Sie hält die Finger hoch. »Verlobt.«
Unbeirrt nehme ich ihre Hand und küsse sie, wobei ich ganz leicht mit der Zunge über ihre Knöchel streife. Meine unwillige Schöne erschauert, und ich weiß, dass ich – trotz ihrer Worte – bei ihr habe landen können.
Wissen Sie, ich höre nie wirklich darauf, was die Leute sagen, sondern wie sie es sagen. Man kann eine Menge über jemanden erfahren, indem man einfach genau beobachtet, wie er sich bewegt, wohin sein Blick schweift, wie er die Stimme hebt und senkt.
Rehauge mag vielleicht Nein sagen … aber ihr Körper, der schreit: Ja, ja, nimm mich, gleich hier auf dem Tresen! Innerhalb von drei Minuten hat sie mir erzählt, warum sie in diesem Club ist und womit sie ihr Geld verdient, und hat sich von mir die Hand befummeln lassen. So was tut keine Frau, die kein Interesse hat; das tut eine Frau, die kein Interesse haben will.
Und damit kann ich absolut arbeiten.
Gerade will ich eine Bemerkung über ihren Verlobungsring fallen lassen; der Diamant ist so winzig, dass er selbst bei näherer Betrachtung unauffindbar bleibt. Aber ich will sie nicht kränken, sie hat ja eben erst ihren Abschluss gemacht. In meinem Freundeskreis waren auch einige auf der Wirtschaftsuni, und die Studienkredite können einem echt das Genick brechen.
Also fahre ich eine andere Strategie: Ehrlichkeit. »Umso besser. Mit Beziehungen kann ich genauso viel anfangen wie Sie mit solchen Nachtclubs – nämlich gar nichts. Wir passen also perfekt zusammen! Diese Gemeinsamkeit sollten wir doch unbedingt tiefer erforschen, finden Sie nicht?«
Da lacht sie wieder. Dann kommen unsere Getränke, und sie nimmt ihr Glas. »Danke für den Drink. Ich sollte jetzt wieder zu meinen Freunden gehen. War mir eine Freude.«
Ich schenke ihr ein verruchtes Grinsen. »Süße, wenn ich Sie hier rausführen darf, bereite ich Ihnen noch ganz andere Freuden.«
Mit einem nachsichtigen Lächeln schüttelt sie den Kopf wie über ein bockiges Kind. Dann ruft sie mir im Weggehen über die Schulter zu: »Schönen Abend noch, Mr Evans!«
Wie gesagt, eigentlich bin ich ein sehr aufmerksamer Mann. Sherlock Holmes und ich, wir wären total auf einer Wellenlänge. Aber ich bin so hingerissen von dem Anblick ihres Knackarschs, dass ich zuerst gar nichts mitkriege.
Ist es Ihnen aufgefallen? Haben Sie das kleine Detail bemerkt, das mir entgangen ist?
Genau, sie hat mich »Mr Evans« genannt – dabei hatte ich meinen Nachnamen gar nicht erwähnt. Behalten Sie das ebenfalls im Hinterkopf!
Vorerst lasse ich die geheimnisvolle Dunkelhaarige sich zurückziehen. Der Plan ist, ihr erst eine Verschnaufpause zu gönnen, damit sie mir danach ins Netz geht – mit Haut und Haaren. Wenn es sein muss, stelle ich ihr den ganzen restlichen Abend lang nach.
So verdammt sexy ist sie.
Aber dann kommt die Rothaarige – jep, die vom Männerklo – auf mich zu. »Da bist du ja! Ich dachte schon, ich hätte dich verloren.« Sie drückt sich an mich ran und streichelt mir zutraulich über den Arm. »Wie wär’s, wenn wir zu mir gehen? Ich wohne gleich hier um die Ecke.«
Danke – kein Bedarf. Die Erinnerung an den Rotschopf ist schnell verblasst. Inzwischen habe ich bessere, faszinierendere Aussichten im Visier. Das will ich ihr gerade verklickern, als noch ein Rotschopf neben ihr auftaucht.
»Das ist meine Schwester Mandy. Ich hab ihr schon ganz viel von dir erzählt. Sie dachte, wir drei könnten vielleicht … du weißt schon … ein bisschen Spaß haben.«
Ich werfe einen Blick auf ihre Schwester – ihre Zwillingsschwester, um genau zu sein. Und mir nichts, dir nichts ändern sich meine Pläne. Ich weiß, ich weiß … Jede Achterbahn nur einmal, habe ich gesagt. Aber Zwillingsachterbahnen?
Glauben Sie mir, diese Fahrt würde sich kein Mann entgehen lassen.
Hatte ich erwähnt, dass ich meinen Job einfach großartig finde?
Wäre meine Firma die Major League Baseball, wäre ich der wertvollste Spieler der Liga. Ich bin Mitarbeiter in einer der Top-Investmentbanken in New York City, die sich auf Medien und Technologie spezialisiert hat. Ja, ja, gegründet haben das Unternehmen mein Vater und seine zwei engsten Freunde. Aber das bedeutet nicht, dass ich mir nicht den Arsch aufgerissen hätte, um so weit zu kommen – das hab ich nämlich. Oder dass ich nicht mein komplettes Leben dem Job verschrieben hätte, um mir meinen Ruf zu erarbeiten, was nämlich ebenfalls zutrifft.
Was man als Investmentbanker macht, wollen Sie wissen? Erinnern Sie sich an Pretty Woman, wo Richard Gere Julia Roberts erzählt, dass seine Firma andere Unternehmen aufkauft und sie dann in Einzelteilen verramscht? Ich bin der Typ, der ihm dabei hilft. Ich führe die Verhandlungen, setze die Verträge auf, leite die Unternehmensbewertung, entwerfe Kreditvereinbarungen und kümmere mich um einen Haufen anderes Zeug, das Sie sicher nicht interessiert.
Jetzt fragen Sie sich wahrscheinlich, warum ein Typ wie ich aus einem Schmachtfetzen wie Pretty Woman zitiert?
Ganz einfach: Früher hat meine Mutter ihre Kinder jede Woche zum »Familien-Fernsehabend« verdonnert. Jedes zweite Mal durfte sich Die Zicke den Film aussuchen. Und da auch sie vom Julia-Roberts-Wahn befallen war, hat sie mir die Schnulze ungefähr ein Jahr lang um die Ohren gehauen. Wort für Wort könnte ich den Mist wiedergeben. Obwohl ich zugeben muss – Richard Gere ist verdammt cool.
Zurück zu meinem Job.
Das Beste daran ist das Triumphgefühl, wenn ich einen Vertrag unter Dach und Fach bringe, einen richtig guten Vertrag. Als hätte ich beim Blackjack in Vegas gewonnen. Als hätte Jenna Jameson mich für ihren nächsten Porno entdeckt. Es gibt nichts – absolut nichts –, was das übertrifft.
Außerdem rekrutiere ich Mitarbeiter für meine Kunden und berate sie zur Unternehmensstrategie. Ich weiß, welche Firmen unbedingt aufgekauft werden wollen und welche eine feindliche Übernahme brauchen. Wer hören will, welcher Medienmogul sich demnächst von der Brooklyn Bridge stürzt, weil er zu viel Firmenkapital für teure Nutten verschleudert hat, kommt zu mir, dem Mann mit dem Insider-Wissen.
Der Konkurrenzkampf um die Kunden ist hart. Du musst sie ködern, bis sie total heiß auf dich sind, bis sie glauben, nur du allein kannst ihnen geben, was sie wollen. Das ist so ähnlich, wie ein Mädel ins Bett zu kriegen. Aber statt am Ende einen wegzustecken, sahne ich einen dicken, fetten Scheck ab. Ich mache Kohle, für mich selbst und meine Kunden, und zwar im richtig großen Stil.
Die Söhne der Partner meines Vaters arbeiten auch hier, Matthew Fisher und Steven Reinhart. Ja, der Steven – Göttergatte meiner Schwester, Der Zicke. Wie schon unsere Väter sind wir drei zusammen aufgewachsen, zusammen zur Schule gegangen und arbeiten jetzt zusammen in der Firma. Die eigentliche Arbeit überlassen die alten Herren uns. Hin und wieder kommen sie vorbei, um das Gefühl zu haben, dass sie den Laden immer noch am Laufen halten, und dann geht’s weiter zum Country Club für eine nachmittägliche Runde Golf.
Matthew und Steven leisten auch hervorragende Arbeit – verstehen Sie mich nicht falsch. Aber ich bin der Star. Der Champ. Nach mir fragen die Kunden, mich fürchten die ersaufenden Unternehmen. Das wissen die beiden, und ich weiß es auch.
Am Montagmorgen komme ich wie immer um neun Uhr ins Büro. Meine Sekretärin, die scharfe kleine Blondine mit dem ansehnlichen Vorbau, ist schon da, hält meinen heutigen Terminplan bereit, meine Mitteilungen vom Wochenende und einen Becher mit dem allerbesten Kaffee im Dreistaateneck.
Nein, ich hab sie nicht gevögelt.
Wobei das nicht an mangelndem Interesse scheitert. Glauben Sie mir, wenn sie nicht für mich arbeiten würde, wäre ich schneller am Start als Usain Bolt.
Aber ich habe gewisse Regeln … oder Grundsätze, könnte man vielleicht sagen. Dazu gehört: Kein Sex am Arbeitsplatz. Ich scheiß nicht da hin, wo ich esse, und genauso vögele ich nicht da rum, wo ich arbeite. Ganz abgesehen von der Problematik der sexuellen Belästigung, die man dann ganz schnell am Hals hat – so verhält man sich als Geschäftsmann einfach nicht. Das ist unprofessionell.
Und da Erin die einzige Frau außerhalb meiner Blutsverwandtschaft darstellt, zu der ich ein rein platonisches Verhältnis pflege, ist sie auch die einzige Angehörige des anderen Geschlechts, die ich je als echte Freundin angesehen habe. Unsere Zusammenarbeit läuft super. Erin ist einfach … genial.
Und das ist der nächste Grund, warum ich sie nicht nageln würde, selbst wenn sie mit Vollgrätsche auf meinem Schreibtisch liegen und darum betteln würde. Ob Sie’s glauben oder nicht, eine gute Sekretärin – eine richtig gute – ist schwer zu finden. Für mich haben schon Mädels gearbeitet, die dümmer waren als ein Eimer Schrauben. Andere dachten, sie bräuchten nur den richtigen Körpereinsatz zu bringen, wenn Sie verstehen, was ich meine. Solche Mädels will ich samstagabends in der Bar treffen, aber sie sollen nicht montagmorgens meine Anrufe entgegennehmen.
Nachdem Sie jetzt also einen kleinen Einblick gewonnen haben, wenden wir uns wieder meinem Abstieg in die Hölle zu.
»Ihren Lunch um eins mit Mecha habe ich auf ein Treffen um vier verschoben«, erzählt Erin mir, während sie mir einen Stapel Mitteilungen reicht.
Mist.
Mecha Communications ist ein millionenschwerer Medienkonzern. Seit Monaten arbeite ich an ihrer Übernahme eines spanischsprachigen Privatsenders, und der CEO, Radolpho Scucini, ist mit vollem Bauch immer empfänglicher.
»Warum?«
Sie reicht mir eine Aktenmappe. »Deswegen. Ihr Vater stellt bei einem Lunch im Konferenzzimmer die neue Mitarbeiterin vor. Sie wissen ja, wie er bei so was ist.«
Haben Sie je Eine Weihnachtsgeschichte von Dickens gesehen? Bestimmt. Irgendeine Version davon läuft ja immer irgendwo auf irgendeinem Sender an jedem einzelnen Tag vor Weihnachten. Wissen Sie noch, wie der Geist der vergangenen Weihnacht Scrooge mit in die Vergangenheit nimmt, wo er noch jung und glücklich war? Und wo sein Chef, der fette Fezziwig, immer die großen Partys geschmissen hat? Genau, der Typ, das ist mein Vater.
Mein alter Herr liebt seine Firma, und alle Angestellten betrachtet er als seine erweiterte Familie. Den kleinsten Anlass nimmt er zur Gelegenheit, um eine Betriebsfeier zu organisieren. Geburtstagsfeste, Babypartys, Mittagessen zu Thanksgiving, Büfett am Tag des Präsidenten, Dinner am Columbus Day … Muss ich weiterreden?
Ein Wunder, dass hier überhaupt echte Arbeit geleistet wird.
Und Weihnachten? Fragen Sie gar nicht erst! Die Weihnachtsfeiern meines Vaters sind legendär. Alle wanken sternhagelvoll nach Hause. Manche treten den Heimweg gar nicht erst an. Letztes Jahr haben wir zehn Angestellte von der Konkurrenz erwischt, die sich reinschmuggeln wollten, einfach weil unsere Empfänge immer der absolute Oberkracher sind. Und all das, um für die richtige Atmosphäre – das richtige Klima – zu sorgen.
Mein Vater liebt seine Mitarbeiter, und sie lieben ihn. Aufopferung, Loyalität – bei uns mit Händen zu greifen. Nicht zuletzt das macht uns zu den Besten. Weil die Leute, die hier arbeiten, für meinen alten Herrn fast ihre Erstgeborenen verkaufen würden.
An manchen Tagen allerdings (Tagen wie diesem, wenn ich Zeit brauche, um einen Kunden zu bauchpinseln) gehen mir seine Feten massiv auf den Sack. Aber was soll man machen?
Mein Montagmorgen ist total dicht, also klemme ich mich hinter meinen Schreibtisch und fange an zu arbeiten. In null Komma nichts ist es ein Uhr, und ich mache mich auf den Weg zum Konferenzraum, wo ich einen vertrauten Schopf mit leuchtend rotblondem Haar auf einem kurzen, stämmigen Körper entdecke. Das ist Jack O’Shay. Jack hat vor ungefähr sechs Jahren hier angefangen, genau wie ich. Er ist ein prima Kerl und regelmäßiger Wochenendkumpan. Neben ihm, angeregt ins Gespräch vertieft, steht Matthew und fährt sich mit einer riesigen Hand durch das sandfarbene Haar.
Ich bediene mich am Büfett und geselle mich zu ihnen, als Matthew gerade von seinem Samstagabend erzählt. »Und dann holt sie Handschellen und eine Peitsche raus. Eine gottverdammte Peitsche! Ich dachte, ich dreh durch, Herrgott noch mal! Ich meine … sie geht ins Kloster … um Nonne zu werden, Mann!«
»Hab’s dir ja gesagt: Die stillen Mäuschen fahren auf den perversesten Kram ab«, erwidert Jack lachend.
Matthew fixiert Steven mit seinen haselnussbraunen Augen. »Ernsthaft, Alter, du musst am Wochenende mit uns losziehen. Nur ein einziges Mal, ich flehe dich an!«
Da muss ich grinsen, weil ich nämlich genau weiß, was jetzt kommt.
»Entschuldige, hast du meine Frau schon kennengelernt?«, fragt Steven und runzelt verwirrt die Stirn.
»Hab dich doch nicht so!«, stichelt Jack. »Sag ihr, du gehst Karten spielen oder so! Genieß mal dein Leben!«
Steven setzt die Brille ab, putzt die Gläser und zieht eine Miene, als würde er ernsthaft über den Vorschlag nachdenken.
»Genaaaauuu. Und wenn sie die Wahrheit rausfindet – und das wird Alexandra, unter Garantie –, serviert sie mir meine Eier auf einem Silbertablett. Mit einem leckeren Knoblauchbutter-Dip dazu und einem ausgezeichneten Chianti.« Womit er auf ein Filmzitat aus Das Schweigen der Lämmer anspielt.
Dann lässt er ein Schlürfen à la Hannibal Lecter hören, und ich pinkle mir vor Lachen fast in die Hose.
»Außerdem«, prahlt er, während er die Brille wieder aufsetzt und die Arme hinterm Kopf verschränkt, »erwartet mich zu Hause ein ausgezeichnetes Filet Mignon, Jungs. Kein Interesse an irgendwelchen Billigburgern.«
»Schlappschwanz«, hustet Matthew in seine Hand, und Jack schüttelt den Kopf über meinen Schwager und sagt:
»Auch das schönste Filet wird oll, wenn man es jeden Tag vorgesetzt bekommt.«
»Aber nicht«, entgegnet Steven vielsagend, »wenn es jedes Mal anders zubereitet wird. Meine Süße weiß, wie sie die Mahlzeiten würzen muss.«
Mit erhobener Hand flehe ich: »Aufhören, bitte! Nicht weiterreden!« Einige Bilder will ich einfach nicht in meinem Schädel haben. Brrr.
»Und bei dir, Drew? Ich hab gesehen, wie du mit diesen Zwillingen abgezogen bist. Waren das echte Rothaarige?«, fragt Jack mich.
Ein zufriedenes Lächeln macht sich auf meinem Gesicht breit. »Oh ja. Die waren echt.« Und dann beschreibe ich ihnen meine wilde Samstagnacht in allen anschaulichen, delikaten Einzelheiten.
Also gut, halten wir hier noch mal an, weil ich Ihren missbilligenden Gesichtsausdruck sehe. Und ich höre auch die schrille Empörung: Was für ein Idiot! Erst schläft er mit einem Mädchen – na ja, in diesem Fall mit zweien –, und dann erzählt er es haarklein seinen Freunden. Das ist sooo respektlos!
Erstens mal, wenn eine Puppe will, dass ich sie respektiere, muss sie sich auch so verhalten, dass sie meinen Respekt verdient. Zweitens, ich lasse hier ja nicht absichtlich das Arschloch raushängen; ich bin einfach ein Mann. Und alle Männer reden mit ihren Freunden über Sex.
Lassen Sie mich das noch mal wiederholen, falls Sie es nicht mitgekriegt haben:
ALLE MÄNNER REDEN MIT IHREN FREUNDEN ÜBER SEX.
Wenn ein Kerl das Gegenteil behauptet, schicken Sie ihn in die Wüste! Der belügt Sie.
Und noch was: Ich habe meine Schwester auch schon mit ihren Freundinnen quatschen hören. Was denen da über die Lippen kam, hätte sogar dem alten Larry Flynt die Röte ins Gesicht getrieben. Also tun Sie nicht so, als wäre das bei Frauen nicht ein genauso großes Thema wie bei Männern! Ich weiß schließlich Bescheid.
Nach der detaillierten Schilderung meines Wochenendes dreht sich das Tischgespräch um Football und die Angriffstechnik von Quarterback Manning. Mit halbem Ohr höre ich meinem Vater zu, der vorne steht und sich über die herausragenden Leistungen unserer neuesten Mitarbeiterin ergeht. Deren Mappe zu lesen habe ich mir heute Vormittag geschenkt. Wharton School an der University of Pennsylvania, Jahrgangsbeste, Praktikum bei der Credit Suisse, bla, bla, bla.
Das Gemurmel rückt in weite Ferne, als meine Gedanken zu dem Teil meines Samstagabends schweifen, den ich meinen Freunden verschwiegen habe: nämlich die Unterhaltung mit einer brünetten Göttin. Noch immer sehe ich die dunklen, großen Augen klar und deutlich vor mir. Den üppigen Mund, das schimmernde Haar, das unmöglich so weich sein kann, wie es aussah.
Nicht das erste Mal in den letzten anderthalb Tagen, dass mir ihr Bild in den Sinn kommt, und zwar ungebeten. Eigentlich taucht sogar stündlich irgendein Bildausschnitt von ihr vor meinem inneren Auge auf, und ich ertappe mich bei Tagträumereien, wie wohl ihr weiterer Abend verlaufen ist. Oder, genauer gesagt, wie er hätte verlaufen können, wenn ich dageblieben wäre und ihr nachgestellt hätte.
Total seltsam. Eigentlich schwelge ich nicht in Erinnerungen an die zufälligen Bekanntschaften, die ich bei meinen Wochenendabenteuern schließe. Normalerweise werden diese Frauen aus meinem Gedächtnis gelöscht, sobald ich aus ihrem Bett steige. Aber diese eine hatte irgendwie was an sich. Vielleicht liegt es daran, dass sie mir eine Abfuhr erteilt hat. Oder dass ich ihren Namen nicht herausbekommen habe. Oder an ihrem hübsch geformten Hinterteil, das ich am liebsten gepackt und nie wieder losgelassen hätte.
Während sich mein geistiges Auge auf dieses besondere Körpermerkmal richtet, spüre ich in den südlicheren Regionen eine vertraute Regung, wenn Sie verstehen. Innerlich packe ich mich bei den Schultern und schüttele mich. Seit ich zwölf war, habe ich keinen Spontanständer mehr bekommen. Was ist da los?
Anscheinend muss ich doch diese flotte Biene anrufen, die mir heute Morgen im Café ihre Nummer zugesteckt hat. An sich hebe ich mir solche Aktivitäten fürs Wochenende auf, aber offenbar möchte mein bestes Stück heute eine Ausnahme machen.
Inzwischen habe ich mich zur Stirnseite des Zimmers vorgearbeitet und stehe in der Schlange für den traditionellen Handschlag, mit dem alle neuen Mitarbeiter willkommen geheißen werden. Als ich schon fast vorn bin, entdeckt mich mein Vater und begrüßt mich mit einem herzlichen Schlag auf den Rücken.
»Schön, dass du kommen konntest, Drew! Unsere Neue hat echtes Potenzial. Ich möchte, dass du sie unter deine Fittiche nimmst und ihr den Einstieg erleichterst. Und dann, mein Sohn, verspreche ich dir, dass sie durchstartet und uns alle stolz machen wird.«
»Klar, Dad. Kein Problem.«
Na toll. Als hätte ich nicht schon genug Arbeit am Hals! Jetzt muss ich der Anfängerin das Händchen halten, während sie durch Amerikas dunkle, böse Geschäftswelt tapert. Super.
Danke, Dad.
Endlich bin ich an der Reihe. Als ich vortrete, steht sie gerade mit dem Rücken zu mir. Ich bemerke ihr seidiges dunkelbraunes Haar, das zu einem tief sitzenden Knoten hochgesteckt ist, ihre kleine, zarte Gestalt. Meine Augen wandern ihren Rücken hinunter, während sie sich noch mit jemand anderem unterhält. Instinktiv fällt mein Blick auf ihren Hintern, und … Moment.
Warten Sie mal!
Dieses Hinterteil kommt mir bekannt vor.
Das gibt’s doch wohl nicht!
Sie dreht sich um.
Anscheinend doch.
Ihr Lächeln wird breiter, als ihr Blick meinen kreuzt. Ich schaue in unergründlich schimmernde Augen, von denen ich letzte Nacht geträumt habe, wie mir siedend heiß einfällt. Amüsiert hebt sie eine Augenbraue und hält mir die Hand hin. »Hallo, Mr Evans!«
Mein Mund klappt auf und zu, aber es kommt nichts raus. Der Schock darüber, sie wiederzutreffen – und obendrein ausgerechnet hier –, muss vorübergehend das Sprachzentrum meines Gehirns lahmgelegt haben. Als meine Synapsen die Arbeit endlich wieder aufnehmen, höre ich meinen Vater gerade sagen:
»… Brooks. Katherine Brooks. Sie kommt noch hoch hinaus, mein Sohn, und mit deiner Hilfe nimmt sie uns mit.«
Katherine Brooks.
Das Mädchen aus der Bar. Das Mädchen, das ich habe entkommen lassen. Das Mädchen, das ich immer noch unbedingt vor mir auf die Knie gehen sehen möchte.
Und sie arbeitet hier. In meinem Büro, wo ich mir geschworen habe, niemals … auf gar keinen Fall … rumzuvögeln. Ihre warme, zarte Hand gleitet perfekt in meine, und zwei Gedanken schießen mir gleichzeitig durch den Kopf.
Erstens: Gott hasst mich. Zweitens: Mein ganzes Leben lang war ich ein böser, böser Junge, und das ist jetzt die Strafe. Die Rache. Und Sie wissen ja, was man über Rache sagt, oder?
Genau. Rache ist zuckersüß.
Ich glaube an Selbstbestimmung. An Willenskraft. Disziplin. Ich entscheide, welchen Lauf mein Leben nimmt. Ich entscheide über mein Scheitern und über meinen Erfolg. Scheiß auf Schicksal! Die Vorsehung kann mich mal. Wenn ich etwas wirklich will, kriege ich es. Wenn ich mich konzentriere und gewisse Opfer bringe, kann ich alles erreichen.
Worauf will ich mit meiner Selbstbeweihräucherung hinaus, fragen Sie? Warum klinge ich wie der Hauptredner bei einer Selbsthilfegruppe? Was genau will ich hier zum Ausdruck bringen?
Kurz und bündig: Ich habe die Kontrolle über meinen Schwanz, und nicht umgekehrt. Jedenfalls versuche ich mich seit anderthalb Stunden davon zu überzeugen.
Sehen Sie, wie ich am Schreibtisch hänge und vor mich hin murmele wie ein Schizo auf Tablettenentzug?
Das bin ich, in dem verzweifelten Bemühen, mich an meine Dogmen zu erinnern, an meine Glaubensgrundsätze, die mich so weit gebracht haben. Denen ich meinen unangefochtenen Erfolg im Bett und im Büro zu verdanken habe. Die mich noch nie im Stich gelassen haben. Die ich jetzt am liebsten aus dem verschissenen Fenster werfen würde. Und das alles wegen der Frau im Büro gegenüber.
Katherine »Alle-nennen-mich-Kate« Brooks.
Was für ein Tiefschlag!
So wie ich die Lage beurteile, ist immer noch alles drin. Technisch gesehen habe ich Kate nicht bei der Arbeit kennengelernt, sondern in einer Bar getroffen. Das bedeutet, wir könnten auf das Etikett »Mitarbeiterin« verzichten, und sie würde den Status als »x-beliebige Eroberung« behalten, der ihr ursprünglich zugedacht war.
Was denn? Ich bin Geschäftsmann; es gehört zu meinem Job, immer noch ein Hintertürchen zu finden.
Zumindest theoretisch könnte ich sie also definitiv flachlegen, ohne meine persönlichen Naturgesetze zu untergraben. Das Problem bei der Strategie ist natürlich die Frage, was danach kommt.
Die sehnsüchtigen Blicke, die hoffnungsvollen Augen, die erbärmlichen Versuche, mich eifersüchtig zu machen. Die angeblich »rein zufälligen« Begegnungen, die Fragen nach meinen Plänen fürs Wochenende, die betont beiläufigen Runden vorbei an meiner Bürotür. Und irgendwann eskaliert das Ganze mehr oder weniger zu Stalking.
Manche Frauen können mit einem One-Night-Stand umgehen. Andere nicht. Mit Letzteren hatte ich leider nur allzu oft das Vergnügen.
Schön ist anders.
Sie begreifen also: Sosehr ich es auch möchte, sosehr sich mein zweites Gehirn ins Zeug legt und mich dazu verführen will, das brauche ich nun wirklich nicht an meinem Arbeitsplatz. Meinem Zufluchtsort – meinem zweiten Zuhause.
Es wird nicht passieren. Punkt.
Basta, Ende der Diskussion.
Fall erledigt.
Kate Brooks ist offiziell von meiner Liste der Kandidatinnen gestrichen. Ab jetzt ist sie tabu, unberührbar, ein No-Go. Gleich neben den Exfreundinnen meiner Freunde und den besten Freundinnen meiner Schwester.
Na ja, diese letzte Kategorie fällt irgendwie in eine Grauzone. Als ich achtzehn war, verbrachte Cheryl Phillips, die beste Freundin meiner Schwester, den Sommer bei uns. Gott segne sie – das Mädchen hatte einen Mund wie ein Staubsauger. Zu meinem Glück erfuhr Die Zicke nie von den nächtlichen Ausflügen ihrer Freundin in mein Zimmer. Sonst hätte sie mir ordentlich die Hölle heißgemacht – und das hieße ewiges Fegefeuer in apokalyptischen Ausmaßen.
Also, wo war ich stehen geblieben?
Ach ja, ich war gerade zu der unumstößlichen Entscheidung gelangt, dass Kate Brooks leider Gottes nie von mir beglückt werden wird. Damit kann ich leben, wirklich.
Und das nehme ich mir auch fast ab.
Bis sie in meiner Bürotür steht.
Himmel.
Sie trägt eine Brille, so eine mit dunklem Rahmen. Die weibliche Version von Clark Kents Nasenfahrrad. Die meisten Frauen würde so ein Teil in hässliche Streberinnen verwandeln. Aber nicht sie. Auf diesem Näschen, um diese wundervollen Augen mit den langen Wimpern, die Haare hochgesteckt zu einem lockeren Knoten, sieht die Brille einfach nur total sexy aus.
Als Kate zu sprechen anfängt, schwirrt mir jede versaute Lehrerinnenfantasie durch den Kopf, die ich je hatte. Vor meinem inneren Auge rattern sie direkt neben denen über die vorgeblich verklemmte Bibliothekarin durch, die in Wahrheit eine handschellenschwingende Nymphomanin im Lederfummel ist.
Während sich all das in meinem Schädel abspielt, redet sie immer noch weiter.
Was zum Teufel erzählt sie mir eigentlich?
Ich schließe einen Moment die Augen, um nicht länger auf ihre glänzenden Lippen zu starren. Jetzt kann ich die Worte tatsächlich verarbeiten, die aus ihrem Mund kommen:
»… Vater hat gesagt, Sie könnten mir damit helfen.« Sie hält inne und schaut mich erwartungsvoll an.
»Tut mir leid, ich war gerade abgelenkt. Setz dich doch und erklär mir noch mal, was du möchtest. Und bitte, sag Du zu mir!«, fordere ich sie auf, wobei meine Stimme nicht ansatzweise verrät, wie spitz ich bin.
Noch mal an die Damenwelt da draußen – lassen Sie mich eins erklären: Männer denken so ziemlich vierundzwanzig Stunden am Tag an Sex. Die genaue Zahl lautet alle 5,2 Sekunden oder so.
Das bedeutet, wenn Sie fragen: »Was möchtest du zu Abend essen?«, malen wir uns aus, Sie auf der Arbeitsplatte ranzunehmen. Wenn Sie uns von der Schmonzette erzählen, die Sie beim letzten DVD-Abend mit Ihren Freundinnen geschaut haben, denken wir an den Porno im Privatfernsehen von gestern Nacht. Wenn Sie uns die Designerschuhe zeigen, die Sie im Schlussverkauf ergattert haben, stellen wir uns vor, wie gut sie sich auf unseren Schultern machen würden.
Ich dachte ja nur, Sie wollen das vielleicht wissen. Machen Sie doch nicht mich dafür verantwortlich!
Als Mann hat man darunter auch echt zu leiden.
Ich persönlich gebe Adam die Schuld daran. Der hatte die Welt nun wirklich bei den Eiern. Rennt splitterfasernackt durch die Gegend, mit einer heißen Schnalle an seiner Seite, die all seine Gelüste stillen soll. Ich kann nur hoffen, dass der Apfel lecker war, denn uns anderen hat Adam echt die Tour vermasselt. Wir müssen dafür jetzt arbeiten. Oder, in meinem Fall, verzweifelt versuchen, an etwas anderes zu denken.
Sie sitzt auf dem Sessel vor meinem Schreibtisch und schlägt ein Bein über das andere.
Schau ihr nicht auf die Beine. Nicht auf die Beine!
Zu spät.
Sie sind wohlgeformt, braun gebrannt und sehen seidenweich aus. Ich befeuchte meine Lippen und zwinge mich, ihr in die Augen zu blicken.
»Also«, setzt sie noch einmal an, »ich habe ein Portfolio zu einer Softwarefirma ausgearbeitet, Genesis heißt sie. Hast du von denen schon mal was gehört?«
»Flüchtig«, antworte ich und schaue auf die Papiere vor mir, um den Fluss unsittlicher Bilder zu zügeln, die der Klang ihrer Stimme in meinem perversen Geist hervorruft.