What Keeps Us Apart (Glitter Love 1) - Romy Hart - E-Book
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What Keeps Us Apart (Glitter Love 1) E-Book

Romy Hart

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Beschreibung

**Trouble in Paradise**  Sloan ist hübsch, beliebt und verdammt reich. Doch das Leben in der High Society engt sie zunehmend ein. Auf einer sterbenslangweiligen Dinnerparty trifft sie auf Upper Class Bad Boy Grant Fitzgerald, der sie dazu verführt, ein wenig mehr Spannung in den Abend zu bringen. Anfänglich harmlose Spielchen enden darin, dass die beiden einen Porsche klauen und eine Spritztour durch New York machen. Bevor sie ihn zurückbringen können, werden sie aber von der Polizei aufgegriffen und zu Sozialstunden verurteilt. Um den Ruf ihrer Familie zu wahren, muss Sloan unbedingt verhindern, dass jemand davon erfährt. Doch Grant scheint eindeutige Fotos von ihrem Abenteuer zu haben … Wagst du es, dich in Grant Fitzgerald zu verlieben?   //Dies ist der erste Band der gefühlvollen New Adult Buchserie »Glitter Love«. Alle Romane der High-Society-Romance:   -- Band 1: What Keeps Us Apart -- Band 2: What Brings Us Together  -- Band 3: What Gives Us Hope//

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Romy Hart

What Keeps Us Apart (Glitter Love 1)

**Trouble in Paradise**Sloan ist hübsch, beliebt und verdammt reich. Doch das Leben in der High Society engt sie zunehmend ein. Auf einer sterbenslangweiligen Dinnerparty trifft sie auf Upper Class Bad Boy Grant Fitzgerald, der sie dazu verführt, ein wenig mehr Spannung in den Abend zu bringen. Anfänglich harmlose Spielchen enden darin, dass die beiden einen Porsche klauen und eine Spritztour durch New York machen. Bevor sie ihn zurückbringen können, werden sie aber von der Polizei aufgegriffen und zu Sozialstunden verurteilt. Um den Ruf ihrer Familie zu wahren, muss Sloan unbedingt verhindern, dass jemand davon erfährt. Doch Grant scheint eindeutige Fotos von ihrem Abenteuer zu haben …

Wohin soll es gehen?

Vita

Playlist

Danksagung

© privat

Romy Hart, Millennial mit Leib und Seele, liebt Geschichten – egal in welchem Medium sie erzählt werden. Wenn sie nicht gerade Bücher schreibt, schlüpft sie bei Pen&Paper-Rollenspielrunden leidenschaftlich gern in andere Charaktere, trinkt literweise Kaffee und genießt dabei das Aroma ihrer heißgeliebten Duftkerzen.

Playlist

Supernova (Tigers blud) – Kat Cunning

Used to be (L.O.V.E.) – Chelsea Collins

Why Do You Love Me – Charlotte Lawrence

Do it for me – Rosenfeld

Fallin’(Adrenalin) – Why Don’t We

We Belong – Dove Cameron

Remember Me (feat. BIA) – Dove Cameron

Painful Truth – Em Beihold

Out of Touch – Dove Cameron

Till Forever Falls Apart – Ashe, FINNEAS

Break Your Heart Worse – Crimson Apple

traitor – Olivia Rodrigo

07 Britney – Chelsea Collins

Kapitel 1

Als ich das schicke Loft betrat, hätte ich nie vermutet, dass dieser Abend für mich im Gefängnis enden würde. Oder dass Grant Fitzgerald schuld daran sein würde.

Ich hatte mich auf eine dieser langweiligen Dinnerpartys eingestellt, bei denen es nur darum ging zu sehen und gesehen zu werden und dabei die neue Birkin Bag vorzuzeigen oder das teure Diamantarmband, das am Handgelenk baumelte. Es ging um all die ach so wertvollen Dinge, die letztlich auch nicht dafür sorgten, dass die Menschen, die sie trugen, mehr wert waren.

»Sloan Whitaker! Wie reizend, dass Sie da sind!«, begrüßte mich Mrs Henderson überschwänglich und ich machte mich bereit für diesen Abend, die lästigen Regeln der Höflichkeit und ihr viel zu aufdringliches Parfüm.

Ich ging ihr entgegen, während sie ein Lächeln aufsetzte, das ihre gebleichten Zähne im Licht unnatürlich hell strahlen ließ.

»Und es ist ja so schön, hier zu sein.« Meine Stimme klang ein bisschen zu schrill, als ich der Gastgeberin mittleren Alters rechts und links von ihren Wangen einen Kuss in die Luft hauchte. Ich hasste dieses Getue, aber es gehörte sich nun einmal so in diesen Kreisen.

»Sind Sie denn heute ganz allein hier?«, fragte Mrs Henderson und ich warf einen Blick über meine Schulter.

Rhett trat neben mich und nahm wie selbstverständlich ihre knochige Hand in seine, dann küsste er in der Luft ihren Handrücken.

»Unsere Eltern lassen sich entschuldigen. Sie können heute leider nicht dabei sein.« Als mein Bruder sich wieder aufrichtete, war seine Miene freundlich zurückhaltend. Aber scheinbar trotzdem beeindruckend genug, denn Mrs Hendersons Wangen hatten sichtbar mehr Farbe bekommen.

Ich verkniff mir ein Lachen. Rhett spielte diese Rolle deutlich besser als ich. Wahrscheinlich, weil unsere Eltern von ihm immer mehr erwartet hatten als von mir. Und das war verdammt gut so. Wäre ich der erste Nachkömmling der Whitakers, hätte Mom mich sicher nicht Modedesign studieren lassen. Und auch das durfte ich nur, weil sie es als schick empfand und keine Angst haben musste, dass das dem Ruf der Familie schadete. Davor fürchtete sie sich eher wegen meines Instagram-Accounts.

Während die Gastgeberin versuchte Rhett in ein Gespräch zu verwickeln, gab ich mir größte Mühe, freundlich zu lächeln, dann und wann zu nicken und den Wunsch, ihr meine Clutch in den Rachen zu schieben, zu ignorieren.

Als ich es nicht mehr aushielt, hakte ich mich an Rhetts rechtem Arm ein. »Ohhh«, rief ich aufgeregt. »Ich glaube, ich habe dahinten Mr McAllister gesehen. Bei ihm müssen wir unbedingt vorbeischauen.« Ich lächelte Mrs Henderson zu und klimperte mit meinen falschen Wimpern. »Sie entschuldigen uns.«

Dann zog ich Rhett mit mir, bevor er sich aus reiner Höflichkeit bei der Verabschiedung in das nächste Gespräch verwickeln ließ. Im Gehen drehte er den Kopf in meine Richtung und musterte mich stoisch. Wäre ich nicht so an ihn gewöhnt, würde mir sein Gesichtsausdruck in diesem Moment einen Schauer über den Rücken jagen. Rhetts linkes Auge war milchig weiß und ließ seinen Blick noch stechender wirken.

Ich zuckte mit der freien Schulter. »Was denn?« Im Vorbeigehen lächelte ich den anderen Gästen der New Yorker High Society zu.

»So schlimm ist es nicht.«

»Doch, ist es«, sagte ich und nickte Mrs Rutherford zu, die sich gerade eins der Canapés in den Mund schob. Sie scheiterte kläglich daran, dabei eine gute Figur zu machen. Die Dinger waren verdammt unhandlich und manchmal echt widerlich, nur weil irgendwelche Sterneköche innovativ sein wollten.

»Du beschwerst dich auch nicht, wenn du das Geld unserer Eltern ausgeben kannst.« Mein Bruder tätschelte unbeeindruckt meine Hand auf seinem Arm.

»Mag sein, dass Mom und Dad den Fond bei meiner Geburt angelegt habe. Aber er gehört seit meinem einundzwanzigsten Geburtstag mir und ich kann damit machen, was ich will.« Ich hob belehrend den Zeigefinger. »Und vergiss nicht, Geld stinkt nicht.«

»Nur die Leute, die es haben«, beendete mein Bruder den Satz und zog lächelnd einen Mundwinkel hoch. Wir hatten uns schon früher gerne über die reichen Schnösel und ihre Attitüden lustig gemacht. Bevor wir selbst in die New Yorker Upperclass debütiert waren. Es schien mir eine Ewigkeit her zu sein. Als Kinder hatten wir uns nur selten Gedanken gemacht, was wohl die Leute von uns dachten.

Ein Kellner ging vorbei und hielt uns ein Tablett mit Champagner hin. Ich nahm ein Glas, während Rhett sich einen Scotch bestellte. Aber anstatt zu gehen, blieb die Bedienung bei uns stehen. Irritiert sah ich ihn an. Kam er mir bekannt vor? Vielleicht. Ein Student von der Columbia?

»Das war dann alles«, sagte ich und deutete ihm mit meinem vollen Glas den Weg, ohne einen Tropfen zu verschütten. Er musterte mich eine weitere Sekunde mit einem unergründlichen Gesichtsausdruck. Wenn ich es mir recht überlegte, könnte er auch einer meiner über fünfhunderttausend Instagram-Follower sein.

Ich lächelte versöhnlich und schob einen Dank nach. Dass ich diese Party zum Kotzen fand, war ja nicht seine Schuld. Auch wenn ich meinen Frust gern an anderen ausließ, zumindest wenn sich zu betrinken keine Option war.

Rhett und ich drehten weiter unsere Runde. Je länger sie dauerte, umso stärker wurde der Wunsch, den Champagner herunterzustürzen und es ganz bestimmt nicht bei einem Glas zu belassen. Aber ich hielt mich zurück, solange Rhett an meiner Seite war.

Es war ja nicht so, dass ich mich nicht gern in schicken Lofts oder auf teuren Yachten aufhielt. Und ich liebte Luxusmode wegen der exquisiten Stoffe und Namen wirklich sehr. Aber Geld verdarb nun einmal bei den meisten Menschen den Charakter und ich tat mich verdammt schwer mir lächelnd und nickend ihr belangloses Gerede anzuhören, das mich einfach nicht interessierte.

Mom wäre stolz auf uns. Wir hatten endlich dafür gesorgt, dass jede wichtige Person mitbekommen hatte, dass die Whitakers zumindest ihren Nachwuchs hergeschickt hatten. Mein Blick fiel im Vorbeigehen auf einen gut aussehenden Kerl. Er stand bei einem älteren Herrn, dessen Namen ich vergessen hatte, und gab sich Mühe, interessiert zu wirken. Was ihm nicht unbedingt gut gelang. Ich schmunzelte bei seinem leicht gequälten Gesichtsausdruck. Als er auch noch gegen ein Gähnen ankämpfte, war die Sache klar.

Ich lehnte mich näher zu meinem Bruder. »Wie wär’s, wenn wir zu Will gehen und ihm dabei helfen, das Gespräch zu überstehen? Er sieht nicht gerade glücklich aus.«

Rhett protestierte nicht und für mich war das Antwort genug. Zielstrebig navigierte ich uns zu ihnen.

»Hallo William«, unterbrach ich die Unterhaltung und löste mich von Rhetts Arm. Dann wandte ich mich dem älteren Herrn zu. »Sie haben doch nichts dagegen, wenn wir Ihnen Mr Rutherford kurz entführen?«

Kaum hatte er den Kopf geschüttelt, hakte ich mich bei Will ein und lenkte ihn zu einer ruhigeren Nische. Vielleicht waren wir hier wenigstens für ein paar Minuten vor den langweiligen Gästen sicher.

»William?«, fragte der gut aussehende Mr Charming und ich ließ seinen Arm los. »Du nennst mich nie William.«

Ich schob mir die blondgefärbte Haarsträhne, die sich aus meiner Frisur gelöst hatte, hinter das Ohr zurück. Dabei nahm ich einen Schluck von dem Champagner, der prickelnd meine Kehle herunterlief. »Ich hätte ja schlecht Eierkopf sagen können. Sei lieber froh, dass wir dich gerettet haben.«

Will reagierte wie erwartet mit einem säuerlichen Gesichtsausdruck, was seinen Charme sofort verpuffen ließ. So wirkte er eher wie ein beleidigter Schuljunge und nicht wie ein Masterstudent. Und ohne Eden war er bei solchen Events sowieso immer völlig aufgeschmissen.

»Wo hast du meine beste Freundin gelassen? Kommt sie nach?« Ich hoffte wirklich, dass ich sie bisher nur übersehen hatte. Diese Party wäre ohne sie noch viel unerträglicher.

»Du meinst die Eden, die seit der Highschool meine feste Freundin ist?«, korrigierte er mich.

»Ja, Will. Meine beste Freundin seit der Vorschule.« Ich konnte es nicht lassen, noch einen obendrauf zu setzen.

Aus dem Augenwinkel sah ich den Mundwinkel meines Bruders und damit auch seinen Oberlippenbart verräterisch zucken. Rhett war auf der teuren Privatschule mit William in einem Jahrgang gewesen und konnte genauso wenig wie ich verstehen, was Eden an ihm fand. Sicher, er war der Erbe des Rutherford-Imperiums. Aber die McAllisters hatten selbst genug Geld. Sie waren nicht darauf angewiesen, dass ein Rutherford ihre Tochter heiratete.

»Eden fühlt sich heute nicht gut«, erklärte Will unbeeindruckt und nippte an seinem Whiskey.

Ich runzelte die Stirn. »Aber sie hat mir versprochen, dass sie kommt!«

Sie wusste, dass ich diese Partys der gealterten Upperclass für Zeitverschwendung hielt, wenn wir nicht wenigstens in einer schicken Location ein paar Fotos für Instagram schießen konnten. Wenn Eden jetzt zu Hause blieb, musste ich den Abend ganz allein durchstehen. Camila hatte mich von Anfang an hängen lassen. Sie meinte, sie müsse für die Unikurse lernen. Pff, tolle Freundinnen hatte ich.

Ich stürzte jetzt doch den Rest Champagner herunter. Das würde ich den beiden nicht einfach so durchgehen lassen.

»Ihr kommt auch ohne mich klar, oder?« Ich lächelte süßlich, schnappte mir von einem vorbeilaufenden Tablett ein frisches Glas und sah Rhett mit einem entschuldigenden Schulterzucken an. Seine Miene wirkte ausdruckslos, aber ich erkannte das widerwillige Blitzen in seinem Blick trotzdem. Ich würde später zu Hause wieder gutmachen müssen, dass ich ihn mit Will stehen ließ.

Während ich mein Smartphone aus der Clutch holte, suchte ich eine ruhige Ecke – was gar nicht so einfach war. Überall standen Menschen, die mich oder meine Eltern kannten, oder mir liefen die Kellner über den Weg. Mrs Henderson hatte wirklich eine Menge Leute eingeladen. Es dauerte eine Runde und drei halbe Gespräche, bis ich bei einem alten, schweren Ledersessel vor einem dunklen Bücherregal stehen blieb. Nach einem letzten Kontrollblick durch den Raum suchte ich den Kontakt unserer Gruppe heraus und startete einen Videoanruf an meine beiden besten Freundinnen. Zuerst ging Camila ran.

»Hola chica«, begrüßte sie mich, bevor ihr das Handy aus der Hand fiel. »Ach, shit!« Es raschelte wild und die Kamera machte eine rasante Achterbahnfahrt von der Decke über unförmige Farbgebilde bis hin zu etwas, das aussah wie Teppich.

»Cami?«, fragte ich lachend und gab beinahe die Hoffnung auf. Wieder rauschte es, während ich meine Freundin im Hintergrund fluchen hörte. Als ihre Handfläche auftauchte und das Bild endlich zur Ruhe kam, bemühte ich mich ziemlich vergeblich um einen neutralen Gesichtsausdruck. Camila war manchmal einfach zu tollpatschig. Oder zu temperamentvoll. Oder beides.

»Hi«, sagte sie nochmal und ich erkannte auf dem Bildschirm meines Telefons ihren Schreibtisch im Studentenwohnheim. Sie hatte ihr Handy scheinbar irgendwo gegen gelehnt und das ziemlich schlecht. Ich sah mehr von ihren Notizen und der Laptop-Tastatur als von ihr. Ihr Gesicht war gar nicht mit drauf. Aber immerhin waren ihre Fingernägel frisch in einem Apricot-Ton lackiert, der ihre gebräunte Haut noch goldener aussehen ließ.

»Was macht du da?«, fragte ich und hielt mir das Telefon von schräg oben vor mein Gesicht. Die beste Perspektive für so was.

»Ich lerne.« Sie wedelte leicht genervt mit ihren Unterlagen herum und stieß dabei wieder das Smartphone um. Während sie auf Spanisch fluchte und scheinbar danach suchte, nahm endlich auch Eden den Anruf an.

Sie lag mit dem Telefon im Bett und hatte sich auf die Seite gedreht. Die Decke hatte sie bis an ihr Kinn hochgezogen und unter ihren Augen waren dunkle Schatten. Inmitten der dunkelgrünen Bettwäsche wirkte ihr Gesicht noch bleicher als sonst. Vielleicht war sie wirklich krank? Oder es war die Beleuchtung in ihrem Zimmer schuld.

Ich funkelte übertrieben böse in die Kamera. »Ihr seid beide miese Verräterinnen! Wie könnt ihr mich hier einfach allein lassen?«

»Es tut mir so leid! Ich wollte dich nicht auch noch hängen lassen.« Eden fühlte sich sichtlich schlecht. Sie rutschte tiefer in die Kissen und es fiel mir verdammt schwer, wütend auf sie zu sein.

»Hey!«, rief Camila dazwischen. »Ich lasse dich nicht hängen, ich lerne. Wie soll ich sonst Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika werden?« Sie beugte sich schräg nach unten über die Tastatur und ich konnte in dem Chaos aus langen schwarzen Haaren sogar tatsächlich für ein paar Sekunden ihr Gesicht sehen. Ihre dunklen Augen funkelten mich drohend an.

Ich schnaubte halbherzig. »Und du meinst, Bestnoten in Politikwissenschaften helfen dir dabei?«, zog ich sie auf.

Cami lehnte sich wieder zurück und winkte mit den Händen über der Tastatur herum. Beinahe hätte sie ihr Telefon zum dritten Mal umgeworfen.

Eden kam ihr zu Hilfe. »Schaden wird es ja nicht. Cami wird in ein paar Jahren die erste weibliche Präsidentin. Ich bin sicher, dass sie das hinbekommt.«

Sie sagte es so voller Überzeugung, dass ihre Ausstrahlung selbst im Schlafanzug und mit Augenringen beeindruckend war. So sehr, dass ich Eden ein wenig darum beneidete.

»Und du glaubst auch daran, Sloan. Ich sehe dir das an der Nasenspitze an«, fuhr sie fort und gegen meinen Willen musste ich lächeln. Endlich atmete ich das letzte bisschen Ärger in meiner Brust aus und Cami gab ein triumphierendes »Ha!« von sich.

Irgendwie schafften beide es, meine säuerliche Art von sich abprallen zu lassen. Vielleicht waren wir deshalb Freundinnen. Wir brachten immer das Beste in der jeweils anderen hervor. Es klang wie ein kitschiger Postkartenspruch und ich würde so etwas nie laut sagen. Aber es war dadurch nicht weniger wahr.

»Ich hab gerade Will getroffen. Er steckte ziemlich in einem Gespräch fest und als Dank für meine Rettung sagt er mir knallhart, dass du nicht kommst.« Ich stellte mein Glas auf einem Kaffeetischchen ab und richtete mithilfe der Kamera meine Frisur. »Er meinte aber auch, dass du krank bist. Was ist denn los?«

»Ich hab meine Tage. Ziemlich heftig dieses Mal mit Kopfweh, Übelkeit und Krämpfen.« Sie schnitt eine Grimasse.

»Was? Wir sind doch noch gar nicht dran«, meldete sich Cami aus dem Off, untermalt von ihrem Tippen auf der Laptop-Tastatur.

»Scheinbar hat sich mein Körper entschieden mich heute vor dieser Party zu retten.« Eden zog eine Schulter hoch, so gut das im Liegen ging. »Ich liebe Will, wirklich. Aber wenn ich mir noch ein Gespräch von ihm und Mr Hastings über die Architektur der Art-déco-Ära anhören muss, werde ich wahnsinnig.«

»Ja, okay …«, gab ich zu. »Das ist eine gute Entschuldigung. Zumindest besser als Camis.«

»Hey!«, machte sie wieder aus dem Off, schien sich aber nicht an meinem Kommentar zu stören.

»Es tut mir echt leid«, meinte Eden zerknirscht und ich winkte mit der anderen Hand ab, während ich das Gewicht auf das rechte Bein verlagerte.

»Schon okay. Ich kann euch doch eh nicht wirklich böse sein.« Ich seufzte. »Dabei würde sich die Location echt gut zum Fotos machen eignen!«

Ich hielt das Handy noch ein wenig höher und weiter von mir weg. Dann fing ich an mich im Kreis zu drehen, damit die beiden ein bisschen von dem Flair sehen konnten. Gerade das Lesezimmer war eine Mischung aus Harry Potter und Chesterfield-Charme. Mit meinem modernen azurblauen Cocktailkleid und den blonden Haaren wäre das der perfekte Kontrast.

Ich schob schmollend die Unterlippe vor. »Seht ihr, wie nett das ist?«

Im Grunde war ich ihnen nicht mehr böse. Heute fiel es mir nur noch schwerer als sonst, auf dieser Party zu sein. Meine Zeit zu verschwenden mit Menschen, die sich eigentlich nicht für mich interessierten, und dass nicht einmal Bilder für die Leute dabei herauskamen, die mir auf eine seltsame Art näherstanden als die meisten in diesem Loft, frustrierte mich. Stärker, als ich gedacht hätte.

Hinter mir tauchte ein schwarzer Anzug im Bild auf und ich zuckte zusammen.

»Störe ich?«, hörte ich eine männliche Stimme.

Und leider hatten meine Freundinnen ihn auch gehört.

»Wer ist da bei dir?«, fragte Eden und richtete sich auf. Selbst Cami lehnte sich zum Telefon herunter.

Mit klopfendem Herzen warf ich einen schnellen Blick über die Schulter und drehte mich wieder zum Smartphone.

»Ich muss Schluss machen.«

»Was?«, schallte Edens Stimme mir entgegen.

»Wer ist der Kerl?«

Mittlerweile hatte Cami das Telefon sogar in der Hand, aber ich drückte schnell den roten Button. Dann steckte ich das Smartphone zurück in meine Tasche. Mein Puls pochte unangenehm in meinem Hals. Ich fühlte mich ertappt, obwohl ich gar keinen Grund dazu hatte.

»Na, na. Du hättest doch nicht wegen mir das Telefonat beenden müssen«, säuselte er gönnerhaft.

Ich atmete die Anspannung weg und nahm in einer eleganten Drehung das Champagnerglas vom Beistelltisch, dann trank ich demonstrativ einen Schluck. Das konnte ich vor diesem Gespräch gut gebrauchen. Dieser Kerl hatte mir noch gefehlt, um diesen Abend noch beschissener zu machen.

»Grant Fitzgerald.« Ich musterte ihn abschätzig von oben bis unten.

Er war gut gekleidet, wie immer. Seine dunkelbraunen Haare trug er recht kurz und hatte sie in einer leichten Welle zurückgelegt. Sein spitzes Kinn war glatt rasiert und sein Anzug saß perfekt. Es war kein Geheimnis, dass er genau wusste, wie er sich in Szene setzen musste. Das Einzige, was heute fehlte, war die billige Tussi, die normalerweise an seinem Arm hing.

»Sloan Whitaker.«

Es wunderte mich nicht, dass er mich beim Namen nannte. In diesen Kreisen kannte jeder jeden. Aber die Art, wie er ihn aussprach, richtete die Härchen in meinem Nacken auf.

Grant ließ den Blick über meinen Körper wandern. Dann zog er einen Mundwinkel hoch. »Schickes Kleid.«

»Danke.« Meine Stimme klang süßlich und falsch.

Unbeeindruckt kam Grant zwei Schritte auf mich zu. »Wenn du willst, mache ich ein paar Fotos von dir.« Wieder musterte er mich. Durchdringend genug, dass ich von einem Bein auf das andere trat.

»Ich glaube nicht, dass du eine Ahnung hast, wie das funktioniert.«

»Was gibt es da schon groß zu wissen?« Er holte sein Smartphone aus der Tasche und richtete es auf mich.

»So weit ist es mit dir gekommen? Dass du auf einer Dinnerparty fremde Frauen fotografierst wie ein Spanner?«

Ich hörte, wie er den Auslöser betätigte, und kurz darauf hielt er mir das Display vor die Augen. Zugegeben, das Foto war nicht schlecht. Obwohl ich ziemlich säuerlich und ablehnend aussah, hatte er die Lichtstimmung schön eingefangen. Und ich war augenblicklich noch frustrierter, dass ich die Location nicht ausnutzen konnte. Mein ganzer Gute-Laune-Puffer von dem Telefonat war schon wieder aufgebraucht. Und es war absolut keine Option, mich von Grant fotografieren zu lassen. Allein bei der Vorstellung konnte ich das Gerede der Leute hören – und den Tadel, den ich mir von meiner Mutter anhören müsste.

Für Mr reicher Anwaltssohn schien keine Kritik Lob genug zu sein und er zog einen Mundwinkel hoch. »Bei einem Motiv wie dir kann man kaum etwas falsch machen.«

Wie konnte man nur so schmierig und gleichzeitig so von sich überzeugt sein?

Ich verschränkte die Arme vor dem Bauch. So gut das mit einem Glas in der Hand ging.

»Du bist heute tatsächlich ganz allein hier?« Ich reckte mich an ihm vorbei, dann sah ich ihn mitleidig an. »Haben die Frauen es endlich geschafft, dich zu durchschauen?«

Schon seit der Schulzeit war Grant als der größte Aufreißer bekannt, den die Schule je gesehen hatte. Er war zwei Jahrgänge über mir gewesen und ich hatte eigentlich überhaupt nichts mit ihm zu tun gehabt. Aber sein Ruf eilte ihm immer noch voraus. Umso mehr wunderte mich, wie er es so oft schaffte, sich eine neue Begleitung zu angeln.

Grant lachte leise. »Glaub mir, die Frauen, mit denen ich ausgehe, schätzen mich richtig ein.« Er steckte das Smartphone lässig in seine Hosentasche. »Deshalb wollen sie mich ja.«

Ich machte ein würgendes Geräusch. Ein paar Köpfe ruckten in meine Richtung, aber was die anderen Gäste dachten, war mir in dem Moment ausnahmsweise egal.

»Ich wüsste nicht, was du einer Frau bieten könntest. Außer Chlamydien vielleicht.«

Mit einem abfälligen Blick ging ich an ihm vorbei. Ich hatte genug von diesem Gespräch und seiner Arroganz, aber Grant offensichtlich nicht. Gerade, als ich auf seiner Höhe war, lehnte er sich zu mir. Sein scharfes Aftershave drang in meine Nase und mein Herz klopfte schneller, als es sollte. Wärme breitete sich von seinem Körper auf meinen nackten Arm aus, während seine Lippen knapp unterhalb meines Ohrläppchens über meiner Haut schwebten, ohne mich zu berühren.

»Ich weiß, wie sehr du dich langweilst, Darling. Es ist nicht das erste Mal, dass ich dir auf einer dieser Veranstaltungen begegne.«

Beinahe hätte ich die Augen geschlossen, so angenehm stark spannte die Luft auf einmal zwischen uns.

»Du willst ein Abenteuer, Sloan. Das sehe ich dir an. Und ich kann dir eins geben.« Seine Stimme hallte in mir nach, genau wie seine Worte. Sie forderten mich heraus.

»Das ist also deine Masche?« Ich drehte angewidert den Kopf in seine Richtung und kam ihm dadurch nur noch näher. »Mir tun die Frauen leid, die darauf reinfallen.« Und ich würde ganz sicher keine davon werden.

Grant trat zurück und hob beschwichtigend die Hände. »Wie du meinst. Wenn du deine Meinung änderst, weißt du, wo du mich findest.« Mit einem Schmunzeln drehte er sich um und verließ das Lesezimmer.

Fassungslos und gleichzeitig genervt sah ich ihm nach. Was war da eben passiert? Die Haut an meinem Hals juckte und ein Kribbeln flatterte in meinem Bauch. Und in anderen Körperteilen, die gerade gar nicht beteiligt sein sollten.

Nein. Grant Fitzgerald war wirklich das Letzte, was ich gebrauchen konnte – oder wollen sollte.

Kapitel 2

Ich atmete tief durch und verließ den Raum durch die zweite Tür am anderen Ende. Mir blieb keine Zeit, mich zu sammeln, auch wenn ich sie dringend gebraucht hätte.

Kaum war ich draußen, wurde ich in Beschlag genommen. Ich unterhielt mich mit Edens Eltern und mit Familie Alvarez. Sogar mit Wills Eltern sprach ich kurz. Und immer wieder lief ich Grant über den Weg. Dabei war dieses verdammte Appartement nicht gerade klein. Er schien die ganze Zeit nur ein paar Schritte von mir entfernt. Manchmal spürte ich sogar seinen Blick in meinem Rücken. Er juckte auf meiner Haut, so, wie sein Atem es getan hatte. Aber eigentlich konnte ich ihm sein Starren nicht übel nehmen. Immerhin war der tiefe Rückenausschnitt das Beste an dem Kleid.

»Dieser Kerl ist so arrogant«, rutschte es mir nach meinem dritten Glas Champagner heraus. Ich beobachtete gerade Grant dabei, wie er mit Mr Henderson sprach.

Mein Bruder sah mich von der Seite an und reckte den Kopf. »Er ist ein Fitzgerald«, sagte er, als wäre das Begründung genug.

»Und das gibt ihm das Recht, sich alles rauszunehmen?«

Rhett verneinte. »Aber er nimmt es sich trotzdem.«

Frustriert nippte ich an meinem Getränk und kramte wieder das Smartphone aus der Tasche. Ich hatte einige ungelesene Nachrichten in unserem Gruppenchat von Eden und Cami. Sie hatten eine Wette abgeschlossen, welcher Unbekannte sich von hinten an mich angeschlichen hatte.

Pah, wenn sie wüssten.

Sloan: Ihr liegt beide falsch. Es war weder Will noch Rhett noch dein Vater, Cami. Und ich wette, ihr kommt nicht drauf.

Eden: Hmmm. Dann vielleicht der Sohn der Hendersons. Wie hieß der nochmal?

Camila: Elliot. Und nein, der war’s bestimmt nicht.

Camila: Jetzt sag schon, Sloan. Ihr lenkt mich vom Lernen ab!

Sloan: … Grant Fitzgerald!

Für einen Augenblick herrschte Stille im Chat. Sie hatten die Nachricht beide gelesen und fingen gleichzeitig an zu tippen. Ich grinste. Dass das für Aufregung sorgen würde, hatte ich geahnt.

Camila: Was wollte er von dir? War er allein da? Hat er dich angemacht?

Eden: Halt dich am besten von ihm fern. Wenn du dich mit dem einlässt, ist dein Ruf hinüber. Ich hab noch nicht eine gute Geschichte über ihn gehört.

Das hatte ich auch nicht. Aber irgendwie ging mir das, was er gesagt hatte, nicht mehr aus dem Sinn.

Wieder spürte ich ein Kribbeln in meinem Nacken und ich hob den Kopf. Instinktiv suchte ich nach ihm und seinem maßgeschneiderten Anzug. Grant stand tatsächlich nur ein paar Schritte von mir entfernt an einer Kommode. Erst sah es aus, als würde er sich anlehnen, aber ich irrte mich. Er nahm eine der kleinen Figuren, die darauf dekoriert waren, und ließ sie in seiner Hosentasche verschwinden.

Hitze kroch meinen Hals hoch. Fitzgerald hin oder her, das ging eindeutig zu weit. Und wenn sich niemand sonst traute ihm zu sagen, was für ein Arsch er war, würde ich das übernehmen müssen. Auf eine höfliche Art.

Ich steckte mein Telefon weg und stiefelte möglichst unauffällig zu ihm. Was nicht so leicht war bei dem lauten Klacken, das meine Absätze auf dem teuren Parkett hinterließen.

»Stell sie zurück.« Ich lächelte, aber meine Stimme klang nachdrücklich. Dann ließ ich den Blick durch den Raum schweifen. Das hier sollte nach einem ganz normalen Gespräch aussehen. Zumindest für die anderen Gäste.

Grants Grinsen wurde breiter. »Das werde ich. Aber nicht hier.«

»Was meinst du damit?«

Er setzte sich in Bewegung. Eine Antwort bekam ich nicht. Grant hatte ernsthaft vor mich schon wieder stehen zu lassen. Noch dazu mit einer gestohlenen Figur in der Hosentasche!

»Hey!«, zischte ich ein wenig zu laut. Ein paar Köpfe drehten sich zu uns um und ich warf ein unverbindliches Lächeln in die Runde. Dann huschte ich Grant hinterher. Als ich wieder an seiner Seite war, zog er eine Augenbraue hoch.

»Du hast so was noch nie gemacht?«

»Etwas gestohlen? Nein!« Mein Herz schlug mir bis zum Hals und schien dort festzustecken.

Nach ein paar Schritten blieben wir stehen. Mrs Henderson war nur einen, höchstens anderthalb Meter entfernt und unterhielt sich gerade mit Mrs Rutherford. Als sie mich entdeckte, lächelte ich. Hoffentlich spielte ich meine Rolle dieses Mal so gut wie mein Bruder seine.

»Komm her.« Grant griff mit einer Hand nach meiner Taille, aber ich wich ihm aus.

»Ganz sicher nicht.«

»Du wolltest wissen, was ich mit der Figur vorhabe. Ich zeige es dir, wenn du näher kommst.« Grants Stimme hatte den süffisanten Unterton verloren, der sonst in ihr mitschwang. Und irgendwie brachte mich das dazu, auf seine Bitte einzugehen. Dass meine Hände dank seiner Nähe schwitzig wurden, hatte damit ganz bestimmt nichts zu tun.

Argwöhnisch trat ich zu ihm, dann legte er seine Hand um meine Hüfte. Wir standen voreinander, zwischen uns nur wenige Zentimeter Platz. Es musste von außen betrachtet vertraut aussehen, wie er mich zu sich zog und ich die Hand auf seinen Arm legte. Mein Mund wurde trocken, als Grant sich so nah zu mir lehnte, dass ich seinen Atem auf meiner Wange spüren konnte.

»Schau einfach weiter geradeaus. Als würde ich dir etwas Besonderes ins Ohr flüstern.« Er lachte leise und das Geräusch schoss heiß in die Körperteile von mir, die heute schon einmal so auf ihn reagiert hatten. Kleine Verräter.

»Aber wozu das Ganze?«, fragte ich. Unbeholfen ließ ich den Blick schweifen. Das würde uns niemand abkaufen. Jeden Moment würde einer der Gäste zu uns rüberkommen. Allein dass Grant hier mit mir stand, würde für genug Gerede sorgen.

Ich schluckte, als mein Blick auf den meines Bruders traf. Er würde mir diese Show erst recht nicht abnehmen. Für alle anderen mochte es so aussehen, als würden Grant und ich uns nett unterhalten. Ein junger Mann, der eine junge Frau auf einer Dinnerparty umgarnte. Aber als Rhett den Kopf kaum merklich zur Seite legte, konnte ich mir vorstellen, was er dachte.

Ich spürte, wie Grant sich bewegte, und schaute automatisch zu seiner Hand, die wieder in seiner Hosentasche steckte. Nicht zu wissen, was er vorhatte und worin er mich verwickelte, machte mich wahnsinnig. Mein Herz schlug unkontrolliert in meiner Brust und dass meine Knie nicht zitterten, grenzte an ein Wunder.

»Na, na, Darling. Nicht nach unten sehen. Du willst mich doch nicht verraten, oder?« Er schlang seinen Arm enger um mich, dabei streifte er mit den Fingerspitzen meinen nackten Rücken. Wie ein glühender Funke jagte Hitze von der Stelle durch meinen Körper und ich hob ruckartig den Kopf. Jetzt noch unbeteiligt auszusehen war deutlich schwieriger als die Erstsemesterklausur in Modegeschichte, bei der ich beinahe durchgefallen wäre.

Aus dem Augenwinkel erkannte ich die kleine Statue, die nun in Grants Handfläche lag. Wie nebenbei lachte er und drehte sich ein Stück mit mir, bis wir das Bücherregal hinter uns vollständig verdeckten. Dann tauschte er die Figur mit einem kleinen Kasten, der auf einem der Regalbretter stand. Da fiel der Groschen bei mir.

»Ernsthaft? Das ganze Getue für ein bisschen Nippes?« Entsetzt starrte ich ihn an und eine Welle an Adrenalin rauschte durch mich. Ob von der Aufregung oder Erleichterung konnte ich nicht sagen.

»Darling, es geht nicht um die Sachen.« Grant strich wieder mit seinen Fingerspitzen über meine nackte Haut und ich wandte den Blick ab. Ich traute mich nicht ihn jetzt anzusehen. Ich starrte ins Leere, während alle meine anderen Sinne auf ihn konzentriert waren. »Worum geht es dann?«

»Um das Gefühl. Den Nervenkitzel und die Angst, erwischt zu werden.« Er lächelte. »Dass die Hendersons sich spätestens morgen wundern werden, warum alle ihre Sachen nicht mehr dort stehen, wo sie hingehören, ist nur ein netter Nebeneffekt.«

»Es braucht schon ein bisschen mehr, um mir Angst zu machen«, widersprach ich. Aber das Flattern tief in meinem Bauch entlarvte mich als Lügnerin.

»Ich kann fast hören, wie laut dein Herz klopft. Du atmest flach und deine Muskeln sind angespannt. Adrenalin rauscht durch deine Adern. Ich kann es beinahe riechen.« Grant strich weiter mit dem Daumen meinen Rücken hoch und ich schloss doch die Augen. Verdammt!

Grant war der beste Beweis dafür, dass man zu jemandem eine unkontrollierbare Anziehung haben konnte, obwohl man ihn absolut verabscheute. Zu Schulzeiten hatte allein der Gedanke an seinen Ruf und sein widerliches Getue gereicht, um jede Versuchung, ihn anziehend zu finden, im Keim zu ersticken. Aber heute half das nicht. Ich war in diesem Moment viel zu gern wehrlos gegen den Wunsch nach seiner Nähe. Und gegen seine lockende Stimme, die tiefer in mein Bewusstsein drang.

»Du fühlst dich gut und berauscht. Ist es nicht so? Eine willkommene Abwechslung von diesem eintönigen Leben.«

Er hatte recht. Dieses Gefühl gefiel mir zu gut. Und deshalb musste ich mich von ihm fernhalten. Ich schlug die Augen auf und straffte die Schultern. Dabei streckte ich den Rücken durch und löste seine Hand von meiner Haut.

»Ich falle nicht auf deine Masche rein, Grant. Such dir jemanden, der dir das abkauft.«

»Es ist keine Masche. Ich habe dir ehrlich gesagt, womit ich mir langweilige Abende wie diesen hier vertreibe. Es gibt kein Kleingedrucktes.«

»Aber es gehört sich nicht. Weißt du, was hier los ist, wenn das jemand rauskriegt?«, zischte ich.

Ich sollte gehen und ihn stehen lassen. Eden hatte Recht. Wir hatten noch nicht eine gute Geschichte über Grant Fitzgerald gehört.

»Schon gut, Sloan.« Er hob entschuldigend die Hände. »Ich hätte ahnen müssen, dass das nichts für dich ist. Dabei hatte ich wirklich gedacht, dass du für ein kleines Abenteuer zu haben bist. Aber du bist wohl zu sittsam.«

Ich ging nicht. Stattdessen drehte ich kopfschüttelnd das Champagnerglas zwischen meinen Fingern. Es störte mich nicht so sehr, dass er auf diese Art versuchte mich zu provozieren. Aber es störte mich, dass ich bei seinem Spiel mitmachen wollte. Unschlüssig sah ich mich im Raum um. Die immer gleichen Leute, die ich beinahe wöchentlich auf Events wie diesem traf. Die über die immer gleichen Themen sprachen. Langweiliges Zeug. Angeberei. Nichts von Wert.

Entschlossen leerte ich das Glas und mein Herz stolperte hektisch. Allein bei dem Gedanken, heimlich aus den Regeln der High Society auszubrechen, fühlte ich mich lebendig.

»Na schön. Du hast gewonnen. Lass uns ein paar Dinge umräumen.«

Grants Augen verdunkelten sich und ein süffisantes Lächeln breitete sich auf seinen Lippen aus. »Dann sollten wir einen neuen Platz finden für dieses«, er nahm den hölzernen Kasten in die Hand und betrachtete ihn skeptisch, »was auch immer es Unnützes ist.«

Er ließ den kleinen Gegenstand wieder in seiner Tasche verschwinden und hielt mir seinen Arm hin. Ich zögerte nur eine Sekunde, bevor ich die Einladung annahm.

Gemeinsam schlenderten wir durch das Loft. Während wir uns nach einem geeigneten Stellplatz umsahen, flüsterte Grant mir kleine Gemeinheiten über die Gäste ins Ohr. Dinge, die ich zwar dachte, aber nie laut ausgesprochen hätte.

»Siehst du, wie Mrs Hastings den anderen ständig ihr neues Armband vor die Nase hält? Ihr Ehemann hat es ihr geschenkt, nachdem er sie mit einer Zwanzigjährigen betrogen hat. Aber wer kann es ihm verdenken? Sie altert nicht gerade gut.«

Ich versteckte mein Lachen hinter einem neuen Glas Champagner. Fast tat mir leid, was er über die Leute sagte, aber es war schön, jemanden zu treffen, der genauso dachte wie ich. Mittlerweile fühlten sich meine Wangen vom Alkohol warm an und ich merkte deutlich, dass ich es bisher vermieden hatte, mein Glück mit den Canapés zu versuchen. Bei der nächsten Party sollte ich vorher etwas essen.

»Und dahinten steht Mr Jennings.« Grant schüttelte den Kopf. »Du solltest ihm nicht zu nahe kommen, wenn er getrunken hat. Er wird dann ein bisschen zu aufdringlich.«

»Danke für den Tipp, das hab ich selbst schon gemerkt«, gab ich zurück.

»Kluges Mädchen.« Grant warf mir einen anerkennenden Blick zu und normalerweise wäre es mir mehr als sauer aufgestoßen, so genannt zu werden. Normalerweise war aber wohl nicht heute. Seit ich mich entschlossen hatte bei diesem Spiel mitzumachen, hatte ich scheinbar auch entschieden Grant Fitzgerald für einen Abend nicht zu verurteilen. Damit konnte und würde ich morgen weitermachen.

Drei umgeräumte Gegenstände später war ich in Hochstimmung. Seit ich mit Grant unterwegs war, wurden wir kaum angesprochen. Auch wenn jeder der Gäste etwas über uns zu tuscheln hatte, wie ich mit einem großen Spritzer Aufregung bemerkte. Ständig ernteten wir Blicke. Die Reichen und Schönen waren nicht halb so diskret bei ihren Gesprächen, wie sie dachten.

Ich entschied mich die Situation zu nehmen wie mein Bruder damals, als man hinter vorgehaltener Hand über sein blindes Auge gesprochen hatte, und ließ das Getuschel mit einem Lächeln an mir abprallen. Sollten sie doch reden. Was meine Eltern dazu sagen würden, darüber machte ich mir erst morgen Gedanken, um mir die Stimmung nicht zu vermiesen. Ich hätte es nie für möglich gehalten, aber ich hatte gerade den besten Abend seit Langem. In Grants Gegenwart flirrte die Luft um mich.

»Was hältst du davon, wenn wir unser kleines Spiel auf ein neues Level heben?«, fragte er, nachdem wir einen alten Kompass zwischen die Kissen des großen Ledersofas gesteckt hatten. Seine braunen Augen wirkten dunkler auf mich, verführerischer, auch wenn das völliger Unsinn war.

»Willst du jetzt ganze Möbelstücke verrücken?« Ich zog skeptisch die Augenbrauen zusammen.

»Besser. Ich weiß, wo Elliot den Schlüssel zu seinem Porsche hat.«

Er musste gar nicht weitersprechen, ich wusste auch so, was er vorhatte. Ein heißer Schauer jagte durch meinen Körper. »Das können wir nicht machen, Grant.«

»Wir leihen ihn uns nur aus, fahren eine Runde und bringen ihn sofort zurück. Niemand wird etwas von seinem oder unserem Verschwinden merken.«

In seinen Augen blitzte es auf und seine Hand auf meinem unteren Rücken schickte einen weiteren Funken durch meinen Körper. Ich war innerlich zerrissen. Es wäre falsch, den Wagen zu nehmen. Selbst wenn wir ihn nur ausliehen. Es war eine andere Sache, einen Porsche aus der Garage des Wohnhauses zu entwenden, als innerhalb des Lofts ein paar Gegenstände zu vertauschen. Was wir bisher gemacht hatten, war nur ein Spaß gewesen. Aber was Grant vorhatte, war ein anderes Kaliber. Bei dem Gedanken rauschte das Blut in meinen Ohren.

Grant hob eine Hand und ich wich nicht zurück. Ich wollte, dass er mich berührte. Ich wollte seine Hände auf mir spüren. Und an Stellen, die sich durch seine Nähe mit jeder Sekunde heißer anfühlten. Federleicht fuhr er mit den Fingerspitzen mein Schlüsselbein bis zum Hals entlang und ich schloss wieder die Augen, in der Hoffnung, mich dann ein wenig besser zusammenreißen zu können. Aber ich wurde beinahe schon vom Klang seiner Stimme schwach.

»Ich weiß, dass du es willst. Nur diese versnobte Gesellschaft hält dich davon ab. Lass dich nicht von ihnen in Ketten legen, Darling.«

Der Puls unter meiner Haut pochte nur Millimeter von seiner Hand entfernt. Ich wollte nicht, dass Grant aufhörte. Weder damit, mich zu berühren, noch damit, mich herauszufordern. Fühlte man sich so bei einem Gespräch mit dem Teufel? Zerrissen zwischen dem, was richtig war, und dem, was man wollte?

»Ich kann das nicht tun«, fing ich an und geriet ins Stocken. Dann machte ich den Fehler, Grant in die Augen zu sehen. Unsere Blicke verfingen sich ineinander, verschmolzen für einen Atemzug untrennbar. Ich konnte förmlich spüren, wie er meinen Widerstand sinken ließ. Seine Hand umfasste jetzt mein Kinn und eine Welle aus Hitze rollte durch meinen Körper.

Würde er mich küssen?

Ich hoffte, er würde es tun. Wenn nicht, würde ich selbst Grant Fitzgerald, den Aufreißer schlechthin, küssen. Ich hatte mir schon in der Schule vorgenommen mich nie auf ihn einzulassen, gerade weil ich ihn doch irgendwie attraktiv gefunden hatte. Aber das war mir nun egal. Und auch, dass er ein Arsch mit schlechtem Ruf war, der meinen mit in die Tiefe ziehen könnte. Heute Abend wollte ich endlich Spaß haben und das bedeutete alle Vorzüge, die Grant trotz seiner Arroganz bieten konnte, zu genießen.

Aus dem Augenwinkel bemerkte ich eine Bewegung. Mein Bruder, dem ich nach unserem letzten Blickkontakt erfolgreich aus dem Weg gegangen war, kam auf uns zu.

Ich zuckte vor Grant zurück und sah Verwunderung in seinem Gesicht, dann folgte er meinem Blick. Auch Rhett erfasste die Situation in Sekunden und beschleunigte seine Schritte gerade nur so stark, dass er den anderen Gästen nicht negativ auffiel.

Ich konnte mir denken, was Rhett sagen würde. Er würde mich wieder zur Vernunft bringen. Mir einbläuen, wie wir uns im Namen unserer Eltern zeigen mussten. Und das wollte ich nicht. Ich wollte unvernünftig sein. Meinem Bruder würde ich mein Leben anvertrauen und er mir seins. Über Grant wollte ich jetzt trotzdem nicht mit ihm reden. Ich wusste ja selbst nicht, was gerade zwischen uns passierte. Aber was es auch war, es riss mich mit sich.

Ich musste mich entscheiden. Jetzt.

Ich nahm Grants Hand, drehte mich um und setzte mich in Bewegung. Weg von meinem Bruder und der Verantwortung.

»Du versprichst, dass wir den Wagen nur ausleihen?«

Das strahlende Lächeln, das sich auf Grants hübschem Gesicht ausbreitete, verschlug mir fast den Atem.

»Ich verspreche es. Wir bringen ihn zurück, bevor irgendjemand etwas davon merkt.« Er zog mich an der Hand zu ihm und drückte einen Kuss auf meinen Handrücken. Anders als Rhett es bei Mrs Henderson getan hatte, streiften Grants Lippen dabei meine Haut. Von der Berührung breitete sich ein Prickeln in meinem ganzen Körper aus. Es kitzelte so stark, dass ich lachen musste.

»Das heißt aber nicht, dass ich dich jetzt leiden kann, verstanden?«

»Natürlich nicht. Und wenn ich der letzte Mensch auf der Welt wäre, du würdest mich trotzdem nicht mögen.«

Grant übernahm die Führung. Wir eilten Hand in Hand zwischen den Gästen durch. Nein, wir rannten fast. Er zog mich mit sich durch das Loft, durch eine Tür, dann durch noch eine. Als wir in die Küche polterten, riss ich beinahe dem Kellner von vorhin das Tablett aus der Hand.

»Ups, sorry!«, rief ich ihm lachend zu, doch er schaute nur verwirrt. Grant achtete gar nicht erst auf ihn. Er steuerte zielstrebig auf einen kleinen Schrank an der Hintertür des Lofts zu. Ohne sich auch nur einmal um die Angestellten zu kümmern, griff er den Schlüssel. Dabei hielt er die ganze Zeit meine Hand.

Als die Tür zur Küche hinter uns ins Schloss fiel, rauschte das Blut so laut in meinen Ohren, dass es betäubend in der plötzlichen Stille des Hausflures dröhnte.

»Und jetzt?«, fragte ich außer Atem.

»Wir müssen runter in die Garage.« Grant ließ den Blick fordernd über mich gleiten. »Willst du den leichten Weg oder den, der mehr Spaß macht?«

Ich stieß ihn mit der Schulter an, ermutigt von der Energie in meinem Bauch. »Na, welchen wohl! Für wen hältst du mich eigentlich?«

Er sparte sich die Antwort und lief zügig den Gang hinunter. Meine Schuhe hallten laut im Korridor nach, während ich ihm folgte. Ich bekam fast das Gefühl, als wären wir auf der Flucht. Als würden wir alles hinter uns lassen und verschwinden. Wie Bonnie und Clyde gegen das System rebellieren und nur unserem Instinkt folgen. Es war das beste Gefühl seit Wochen.

Wir rannten zwei Treppen hoch, dann durch eine Tür und ich schnappte nach Luft. Warmer Spätsommerwind schlug mir entgegen. Tief unter uns hörte ich den Verkehr der 96th Street. Und über uns war nur der dunkle Nachthimmel.

»Bist du völlig verrückt geworden?« Ich lachte verzweifelt.

Grant drehte mich zu sich. »Ich habe dir ein Abenteuer versprochen. Und das hier ist es, Darling.« Er nickte wie selbstverständlich zur Feuertreppe.

Es war Wahnsinn und deshalb so unaufhaltsam.

Als hätte Grant Fitzgerald es an nur einem Abend geschafft, mich in Brand zu stecken. Und in diesem Moment, über den Dächern der Stadt, hatte ich das Gefühl, dass dieses Feuer lodern würde, bis es ausgebrannt war.

Ich sah Grant entschlossen an. »Tun wir’s.« Ich fasste selbst nicht, was ich da eben gesagt hatte.

Wieder glommen seine Augen dunkel. Verdammt! Wenn er mich weiterhin so ansah, musste ich ihn hier oben an mich ziehen und ihn küssen. Oder Schlimmeres.

Gemeinsam stiegen wir die Feuertreppe nach unten. Zuerst zitterten mir ordentlich die Knie, aber letztlich gewann das Hochgefühl. Grant ging voran und obwohl es auf der schmalen Treppe unbequem für ihn sein musste, hielt er die ganze Zeit meine Hand fest. Erst als wir in der Tiefgarage endlich den Porsche gefunden und uns hineingesetzt hatten, ließ er mich los. Er startete den Motor und sah mich eindringlich an.

»Bereit? Noch kannst du einen Rückzieher machen.«

Sein Gesichtsausdruck forderte mich heraus und gleichzeitig war ich mir unerklärlicherweise sicher, dass er es ernst meinte. Wenn ich nein sagen würde, gingen wir wieder nach oben. Er würde meinen Wunsch respektieren. Und das machte Grant noch so viel attraktiver.

Ich beugte mich vor und drückte ihm als Antwort einen flüchtigen Kuss auf die Lippen. Gerade lang genug, um zu wissen, dass ich das noch einmal tun wollte. Dann musterte ich ihn einen Moment. Ich sah seine dunkelbraunen Augen, die dichten Brauen und sogar das kleine Muttermal an seiner Schläfe. Fast, als sähe ich ihn jetzt zum ersten Mal. Als säße nicht der Aufreißer mit mir in diesem Wagen, den wir im Begriff waren auszuleihen, sondern der Mann hinter diesem Ruf.

Vor Aufregung biss ich mir auf die Unterlippe.

»Ich bin bereit.«

Kapitel 3

Es war berauschend, mit Grant durch die Stadt zu fahren. Der Wind zerstörte meine Frisur, aber ich hatte kurzerhand die Haarnadeln herausgenommen und trug sie jetzt offen. Das war der Vorteil von nur knapp schulterlangen Haaren. Sie verknoteten sich nicht so sehr, wenn man mit offenem Verdeck fuhr.

Grant ließ den Motor aufheulen und ich reckte die Arme in die Luft. »Wohoooo!«, rief ich, während aus dem Radio laute Musik dröhnte. Der Fahrtwind strich angenehm kühl und prickelnd über meine Haut und mein Herz hüpfte.

»Du tust fast so, als wärst du noch nie in so einem Wagen gefahren.« Grant zog belustigt einen Mundwinkel hoch.

»Eigentlich bin ich das schon ziemlich oft«, kommentierte ich seine Vermutung und nahm die Arme wieder herunter.

»Aber in einem geborgten Porsche fährt es sich eben aufregender die Upper East Side entlang«, sprach Grant meine Gedanken aus. »Der Nervenkitzel und die Angst, doch erwischt zu werden, machen den Reiz aus.« Dann fuhr er sich durch die zurückgelegten Haare und wirkte dabei wie aus einer Modezeitschrift. Oder besser noch: einer Parfümwerbung. Boss Bottled. Im wahrsten Sinne.

Ich musterte meinen Partner in Crime. »Für dich gelten wohl nicht die gleichen Regeln wie für Normalsterbliche, hm?«

Die Hand oben auf dem Lenkrad sah er zwischen mir und der Straße hin und her. »Doch, das tun sie. Aber ich weiß, wie man sie umgeht. Oder ein wenig dehnt.« Ich lachte und er fügte an: »Ich studiere ja nicht umsonst Jura.«

Dann nahm er sein Smartphone aus der Ablage, tippte kurz darauf herum und hielt es mir hin. Grant hatte unbemerkt ein Foto von mir gemacht. Ich reckte darauf die Hände in die Luft, meine Haare flatterten im Fahrtwind und ich lachte aus vollem Herzen.

Das war sicher kein Bild für eine Image-Mappe und schon allein wegen des Autos würde ich es niemandem zeigen, aber es wirkte echt.

»Schickes Foto«, gab ich zu und lehnte mich wieder zurück.

»Schickes Model«, meinte Grant zwinkernd und steckte sein Telefon weg. »Mit solchen Fotos auf deinem Instagram-Profil würdest du aber sicher einige Follower verlieren. Das passt nicht ganz zu deinem auf Hochglanz polierten Ich-bin-das-perfekte-High-Society-Girl-Feed.«

Ich schnaubte. »Auch wenn du absolut schleimig genug für die Karriere als Anwalt bist, bleibt dir nach der Aussage ja noch der arrogante Fotograf als Lebensweg. Zumindest, wenn du keine Lust mehr hast, arme, mittellose Leute mit horrenden Anwaltskosten auszunehmen«, stichelte ich.

»Aha«, machte Grant schmunzelnd.

»Was?« Ich sah ihn argwöhnisch an.

»Erst küsst du mich und jetzt das.« Er hielt an einer roten Ampel an und drehte sich im Ledersitz zu mir. »Pass auf, sonst komme ich noch auf die Idee, dass sich deine Meinung über mich geändert hat, Darling.«

Ich verdrehte die Augen, schmunzelte aber. In meinem Bauch wirbelte ein Hochgefühl alles durcheinander und auch das Hochhalten meiner Haare half nicht gegen die Hitze in meinem Körper. Dass Grant mir vielleicht doch ein wenig sympathisch war, würde ich ihm sicher nicht sagen. Stattdessen betrachtete ich New York, das nun wieder an mir vorbeizog. Langsam beruhigte sich auch das Glühen in meinem Bauch.

Die Frauen, mit denen er sonst ausging, überhäuften ihn bestimmt mit Komplimenten und klugen Sprüchen. Aber ich hatte kein Interesse daran, ihn zu beeindrucken. Ich wollte nur die Zeit genießen und ihm sicher nicht sagen, dass er recht gehabt und ich einen Abend wie diesen gebraucht hatte. Es war völlig lächerlich, aber das hier war Freiheit für mich. Ein Abenteuer, wie Grant gesagt hatte. Eine Abwechslung von meinem High-Society-Leben und den Regeln meiner Eltern.

Dabei wusste ich, dass ich es viel schlechter hätte treffen können. Immerhin hatte ich seit meiner Geburt alles haben können, was ich gewollt hatte. Wir waren immer schon reich gewesen. Ich war auf die besten Privatschulen gegangen und meine Studiengebühren waren Peanuts für meine Eltern. Ich war nicht einmal darauf angewiesen, mit meinem Instagram-Account Geld zu verdienen. Stattdessen konnte ich mir die neusten Designerstücke sichern und meine Followerzahlen damit steigern. Nein, ich hatte es gut. Das war mir durchaus bewusst und ich war dankbar dafür. Aber manchmal war ein Käfig aus Gold eben doch nichts anderes als ein Gefängnis.

Grant schaltete den Motor aus und holte mich damit aus meinen Gedanken. Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich die Augen geschlossen hatte. Der Wagen parkte nun in einer Nebenstraße, die von der Hauptstraße nicht direkt einsehbar war. Stirnrunzelnd wandte ich mich zu Fitzgerald.

»Wieso halten wir hier?«

Grant lächelte und schob mir eine Strähne aus dem Gesicht. »Ich hatte das Gefühl, dass du ein bisschen runterkommen musst, bevor wir zur Party zurückfahren.«

Ich atmete die frische Nachtluft tief in meine Lungen. Meine Wangen hatten sich beruhigt und ich fühlte mich klar.

»Ich bin nicht betrunken, falls du das meinst. Höchstens ein wenig angeheitert.«

Wieder lachte Grant und fuhr wie schon im Loft mit seinem Daumen mein Kinn entlang.

»Gib’s zu, Sloan«, forderte er mich auf und zog verführerisch einen Mundwinkel hoch.

»Okay, okay.« Ich sah ihn gespielt ertappt an und sagte das Erste, das mir einfiel. »In der dritten Klasse habe ich meine Milchverpackung nicht in die Recyclingtonne geworfen. Ich schäme mich bis heute dafür.«

Er lachte hell. Ein Geräusch, das in jede Faser meines Körpers drang. Es breitete sich in mir aus und kribbelte in meiner Brust.

Grant ließ mein Kinn los. »Das meinte ich nicht. Und das weißt du, Darling.«

»Ich werde sicher nicht weiter irgendwelche Geständnisse machen, wenn du nicht auch welche machst.« Ich setzte mich seitlich auf den hochwertigen Ledersitz, damit ich ihn besser ansehen konnte. »Bieten Sie mir einen Deal an, Herr Anwalt.«

»Am Anfang dieses Abends habe ich dir gesagt, dass Frauen mit mir ausgehen, weil sie von mir bekommen, was sie wollen. Und du musst zugeben, dass ich diese Aussage ziemlich gut mit Fakten untermauert habe.«

Die Selbstsicherheit, die er ausstrahlte, war hart an der Grenze zur Arroganz – und verdammt sexy. Seine ganze Ausstrahlung wirkte im schummerigen Licht der Straßenlaterne dunkler. Verführerisch.