Wie sexy du bist - Leanne Banks - E-Book

Wie sexy du bist E-Book

Leanne Banks

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Beschreibung

Vom Waisenjungen zum Millionär! Mit seiner Internet-Firma hat Michael den amerikanischen Traum wahr gemacht. Für Gefühle war keine Zeit - bis zu der aufregenden Nacht mit seiner Sekretärin, der sinnlichen Kate. Aber die Liebe ist für den Topmanager ein viel zu riskantes Geschäft …

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Seitenzahl: 192

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IMPRESSUM

Wie sexy du bist erscheint in der HarperCollins Germany GmbH

Redaktion und Verlag: Postfach 301161, 20304 Hamburg Telefon: +49(0) 40/6 36 64 20-0 Fax: +49(0) 711/72 52-399 E-Mail: [email protected]
Geschäftsführung:Ralf MarkmeierLeitung:Miran Bilic (v. i. S. d. P.)Produktion:Jennifer GalkaGrafik:Deborah Kuschel (Art Director), Birgit Tonn, Marina Grothues (Foto)

© 2000 by Leanne Banks Originaltitel: „Expecting the Boss’s Baby“ erschienen bei: Silhouette Books, Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.

© Deutsche Erstausgabe in der Reihe BACCARABand 1214 - 2002 by CORA Verlag GmbH & Co. KG, Hamburg Übersetzung: Christian Trautmann

Umschlagsmotive: CURAphotography / shutterstock

Veröffentlicht im ePub Format in 05/2019 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.

E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck

ISBN 9783733725556

Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.

Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY

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PROLOG

Ging man nach der Rede des Schulleiters beim heutigen Ehemaligentreffen, dann waren sie die Erfolgsgeschichte des Granger-Heimes für Jungen schlechthin – Multimillionäre und Vorbilder für alle Heranwachsenden. Die Bemerkung über ihre Vorbildfunktion war Michael Hawkins unter die Haut gegangen. Sie – das waren Dylan Barrow, Justin Langdon und er selbst, Michael Hawkins. Die drei Männer, die ebenso durch ihre gemeinsame Vergangenheit im Heim miteinander verbunden waren wie durch ihren Reichtum, stießen in O’Malley’s Bar trübsinnig auf ihren Erfolg an.

„Herzlichen Glückwunsch, Dylan“, sagte Justin, ein Börsengenie, und hob sein Bierglas. „Ich wette, du warst überrascht, herauszufinden, dass dein Vater Archibald Remington war, Vorstandsvorsitzender eines der größten Pharmakonzerne der Welt.“

Dylan nickte, und seine dunklen Augen funkelten vor Zynismus. Michael fand, dass von ihnen dreien Dylan das Image des reichen Mannes am selbstverständlichsten ausstrahlte. Wenn man nicht zu genau hinschaute, erweckte Dylan den Eindruck von Kultiviertheit, Weltgewandtheit und Zufriedenheit. Er verbarg seine Ungeschliffenheit sehr gut, doch Michael erkannte sie unter der Oberfläche. Das war leicht für ihn, da er die gleiche Ungeschliffenheit besaß.

„Mein Vater war ein sehr reicher, äußerst erfolgreicher Feigling“, sagte Dylan und leerte seinen Scotch. „Er erkannte seine Vaterschaft erst kurz vor seinem Tod an. Er hinterließ mir viel Geld, einen Sitz im Vorstand eines Unternehmens, das mich nicht will, und Geschwister, die entsetzt sind von dem Skandal, den ich darstelle. Alles hat seinen Preis.“

Michael konnte Dylan seine Einstellung nicht verübeln. Er konnte sich an keinen Jungen im Granger-Heim erinnern, der sich nicht nach einem Vater gesehnt hatte. Das war eine weitere Gemeinsamkeit, die sie drei verband. Keiner von ihnen hatte einen Vater gehabt. Er verscheuchte diesen deprimierenden Gedanken. „Wie hast du gefeiert, als du es geschafft hast?“, fragte er Justin.

Justin sah ihn mit ausdrucksloser Miene an. „Ich bin mir nicht sicher, ob ich gefeiert habe. Jahrelang knauserte ich, um mit Aktien handeln zu können, und ich wohnte nicht gerade in der besten Gegend der Stadt. Bei meiner ersten Million tat ich gar nichts. Bei der zweiten zog ich in eine Gegend, in der die Fenster nicht vergittert waren. Was ist mit dir? Wie hast du gefeiert, als deine Internet-Firma an die Börse ging?“

Laut Aussage der Presse und der Rede des Schulleiters war Michael ein Computergenie, das ein Internet-Unternehmen gegründet hatte. Als sein Unternehmen an die Börse ging, wurde er reich. Glaubte man der Presse, war das über Nacht geschehen, aber Michael hatte dafür Jahre seines Lebens rund um die Uhr gearbeitet.

„Ich schlief zum ersten Mal seit drei Jahren acht Stunden am Stück.“

Dylan schüttelte den Kopf und drehte sein Glas. „Ich dachte, Geld würde alle Probleme lösen.“

„Es löst viele Probleme“, meinte Justin. „Aber bestimmt nicht alle.“

„Aber da muss es doch noch mehr geben“, erklärte Dylan. „Fühltest du dich nicht wie ein Schwindler, als der Schulleiter ständig davon redete, was für leuchtende Beispiele für überragenden Erfolg wir seien?“

Michael empfand die gleiche Leere und Unzufriedenheit. Das Geld hatte ihm eine Bekanntheit verschafft, die er nicht wollte, Steuerbescheide und das Gefühl, dass er niemals finden würde, was er suchte. Was immer das sein mochte. „Wir können es ebenso gut wegwerfen.“

Justin verschluckte sich an seinem Bier. „Das ist aber ein bisschen voreilig.“

Dylan neigte nachdenklich den Kopf. „Das ist gar keine so schlechte Idee. In Vegas oder Atlantic City?“

Justin sah Michael und Dylan an. „Was habt ihr zwei eigentlich getrunken?“

„Michael hat recht“, erklärte Dylan. „Es kommt eine Zeit, da macht es keinen Spaß mehr, immer mehr Geld zu scheffeln. Das Beste, was ich bis jetzt für mein Geld erhalten habe, sind ein Haus und Pflege für meine Mutter. Keiner von uns drei Freunden ist verheiratet und hat eine eigene Familie.“

„Die Ehe ist das große schwarze Loch, das sämtliches Geld schluckt“, verkündete Justin düster.

Michael hatte die gleiche Abneigung gegen die Ehe, allerdings aus anderen Gründen. Er hatte sich den Spitznamen „Tin Man“ – Mann ohne Herz – ehrlich erworben. Ihm kam eine Idee. „Statt unser Geld in Las Vegas zu verpulvern, könnten wir die Wohltäter sein, die wir uns immer gewünscht haben, als wir uns nur knapp über Wasser hielten.“

Dylans Mundwinkel hoben sich zu dem trägen Grinsen eines Spielers. „Wenn wir mit unserem Geld einen gemeinsamen Fonds gründen, können wir ein paar große Dinge bewirken.“

„Moment mal“, wandte Justin alarmiert ein. „Ein gemeinsamer Fonds? Mit unserem Geld?“

„He, du Geizkragen!“, zog Dylan ihn auf.

„Du hast ja keine Ahnung, wie lange ich Bohnen aus der Dose essen musste.“

„Es wäre steuerlich doch absetzbar“, gab Michael zu bedenken.

Justins Brauen hoben sich. „Absetzbar“, wiederholte er und schien sich offenbar schon mehr für die Idee zu erwärmen. „Die Kapitalertragssteuern fressen meine Profite wie ein Killerhai.“

„Wir könnten so eine Art Club gründen“, schlug Michael vor. „Einen Club der Millionäre.“

„Eine steuerlich absetzbare Stiftung. Und geheim sollte sie sein“, präzisierte Justin.

„Machen wir es“, sagte Michael. Seit er sein Unternehmen gegründet und seine Sekretärin Kate Adams eingestellt hatte, war ihm nichts mehr so sinnvoll vorgekommen. Sie war einer der wenigen Menschen, denen er vertrauen konnte, und wenn er ein anderer Mann wäre, einer mit Herz, wäre ihre Beziehung vielleicht nicht bloß beruflicher Natur. Für eine Nacht war sie mehr gewesen, aber zum Glück war Michael am nächsten Morgen zur Vernunft gekommen und hatte ihre berufliche Beziehung retten können.

„Ich bin dabei“, erklärte Dylan und nickte dem Barkeeper zu. „Eine Runde Scotch.“

Ein langes Schweigen folgte, während Michael und Dylan erwartungsvoll zu Justin sahen.

„Okay, okay“, lenkte Justin ein. „Aber wenn ich hinterher wieder Bohnen aus der Dose essen muss, seid ihr zwei dran.“

„Prost!“ Michael hob sein Glas, und eine eigenartige Vorfreude durchströmte ihn. „Auf unseren Club.“

1. KAPITEL

Kate Adams starrte den Mann an, in den sie sich vor drei Jahren heftig verliebt hatte, und Nervosität breitete sich in ihr aus. Sie hatte sich nicht auf den ersten Blick in Michael Hawkins verliebt. Obwohl sie sich sofort zu ihm hingezogen fühlte, hatte sich die Verliebtheit erst ganz allmählich eingestellt. Es ist keine Liebe, versicherte sie sich, aber es ist ein sehr starkes Gefühl.

Der Ledersessel neben seinem riesigen glänzenden Schreibtisch aus Walnussholz war wie üblich leer. Stattdessen lehnte Michael an einem Stehpult, was seinem Bedürfnis nach Bewegungsfreiheit entgegenkam. Er war nicht der Typ zum Sitzen. Seine leuchtenden braunen Augen straften sein distanziertes Verhalten Lügen. Seine scharfe Intelligenz und unbeirrbare Hartnäckigkeit forderten Kates Kreativität auf eine nie da gewesene Weise heraus. Adam und Kate hatten eng zusammengearbeitet, und nach einer Weile fing sie an, sich nach seinen mit tiefer Stimme ausgesprochenen Lobesworten und den sanften, flüchtigen, anerkennenden Berührungen zu sehnen. Hin und wieder fühlte sie seinen Blick auf sich ruhen, und eine eigenartige Spannung entstand. Doch jedes Mal hatte er das Knistern zwischen ihnen ignoriert und geschickt dafür gesorgt, dass es sich rasch wieder verflüchtigte, während Kate darauf gewartet hatte, dass er von seiner Arbeit aufsah und endlich erkannte, dass sie die richtige Frau für ihn war.

Vor zwei Monaten, in jener schicksalhaften Nacht, hatte sie geglaubt, es sei so weit.

Bei der Erinnerung daran errötete Kate. Es kam ihr vor, als sei es erst gestern gewesen. Aufgrund von zu wenig Schlaf wegen eines Projektes waren sie in ausgelassener Stimmung gewesen. Als Michael die Nachricht von einem neuen Vertrag mit einer großen Firma an der Westküste erhielt, hatte er eine vergessene Flasche Champagner aus dem Kühlschrank in seinem Büro geholt und darauf bestanden, dass sie gemeinsam feierten.

Er hatte die Flasche geöffnet und Kate aus Versehen mit Champagner bespritzt. Sie kreischte, er entschuldigte sich, und dann lachten sie beide über ihre feuchte Bluse. Da keine Gläser vorhanden waren, tranken sie aus Bechern. Aus einem Becher wurden zwei, und Kate vermochte nicht zu sagen, wovon sie mehr berauscht war – vom Champagner oder von Michaels sinnlichen Blicken.

Er hatte seinen Becher an ihre Lippen gehalten und noch mehr Champagner verkleckert.

„Bald ist mehr davon auf meiner Kleidung, als ich getrunken habe“, hatte sie lachend gesagt und an ihrer Bluse gezupft. Sie sah ihn an, und der Ausdruck in seinen Augen raubte ihr den Atem. Ihr Lachen erstarb, und eine Mischung aus Angst und Hochgefühl stieg in ihr auf. Sie hatte sich so lange danach gesehnt, dass Michael sie auf diese Weise ansah.

Er richtete seinen Blick auf ihren Mund. „Ich frage mich schon die ganze Zeit, wie der Champagner wohl von deinen Lippen schmeckt.“

Noch immer unfähig zu atmen, befeuchtete sie die trockenen Lippen mit der Zunge. Sie kam sich vor, als stünde sie an einem Abgrund und als würde das, was sie im nächsten Moment tat, darüber entscheiden, ob sie hinunterstürzte. Ihr Herz pochte so laut, dass er es bestimmt hören musste.

„Du könntest es herausfinden“, erwiderte sie so leise, dass es beinah ein Flüstern war.

Ohne den Blickkontakt zu unterbrechen, neigte er den Kopf und küsste sie. Sein Kuss war glutvoll genug, um sie völlig aus der Fassung zu bringen. Aus einem Kuss wurden zwei, und nach dem dritten hörte Kate auf zu zählen. Michael streifte ihr die feuchte Bluse von den Schultern, und seine Berührungen erregten sie. Seine Hände verführten und forderten. Es gab keine Stelle ihres Körpers, die unberührt blieb. Es wurde eine Nacht stürmischer Leidenschaft. Tief in ihr keimte die Hoffnung, dass Michael sie nicht nur als Sekretärin wollte.

Am nächsten Morgen zerplatzte ihr Traum jedoch. Michael entschuldigte sich überschwänglich dafür, die Grenzen ihrer beruflichen Beziehung überschritten zu haben. Er war so verstört, dass Kate ihn dafür einfach nicht hassen konnte.

Selbst in diesem Augenblick hegte sie die vage Hoffnung, dass er aufschauen und erkennen würde, dass er sie begehrte. Die Zeit ist gekommen, dass ich es ihm klarmache, dachte sie und wurde prompt wieder nervös. Sie atmete tief durch. Es war an der Zeit, es ihm rundheraus zu sagen. Sieg oder Niederlage, sie konnte es sich nicht leisten, noch länger zu warten.

Entschlossen ging sie zu ihm.

Michael, der ein Papier in der Hand hielt, sah auf. „Würdest du bitte ein paar Recherchen über dieses Heim für minderjährige Mütter anstellen?“

Kates Herz schien auszusetzen. Wusste er es? Sie wollte etwas sagen, brachte jedoch keinen Laut heraus.

„Du musst es allerdings diskret machen“, sagte er mit jener leisen Stimme, die sie an ihre gemeinsame Nacht erinnerte, in der er ihr mit seinem Körper und mit Worten gezeigt hatte, wie sehr er sie begehrte. „Es ist ein Gefallen für einen Freund.“

„Ein Gefallen für einen Freund?“, wiederholte sie wie ein Papagei und merkte selbst, wie angespannt sie klang.

Michael zuckte unbehaglich mit den breiten Schultern. „Ja, es hat etwas mit einer Wohltätigkeitssache zu tun.“

Sie nahm das Papier entgegen. „Ich werde es versuchen, aber vielleicht gehe ich.“

„Du gehst?“ Michael schaute auf seine Uhr. Dann musterte er Kate. „Es ist erst zehn. Bist du krank?“

„In gewisser Hinsicht“, murmelte sie und merkte, wie ihr Mut sie verließ. Sie straffte die Schultern und hob das Kinn. Sie durfte jetzt nicht aufgeben. „Ich kann nicht wieder zurück“, platzte sie heraus.

„Wohin zurück?“

Seine ratlose Miene frustrierte sie noch mehr. „Dorthin, wo wir waren, bevor wir die Nacht miteinander verbracht haben.“

Jetzt schien er zu begreifen. Er atmete schwer aus und sah sie an. „Ich habe dir doch gesagt, dass es mir leidtut. Unser berufliches Verhältnis zu zerstören ist das Letzte, was ich will. Du bist die beste Sekretärin, die ich je hatte. Und die einzige, mit der ich vernünftig zusammenarbeiten kann.“ Er spielte auf die Tatsache an, dass er sieben Sekretärinnen gehabt hatte, bevor sie den Job erhalten hatte.

Wenn sie nicht in ihn verliebt gewesen wäre, hätten seine Worte sie vielleicht getröstet. Aber so bewirkten sie eher das Gegenteil. „Ich kann nicht mehr zurück. Ich empfinde etwas für dich“, gestand sie stockend. Als er sich abwandte, sank ihr der Mut.

Entschlossen, alles auf eine Karte zu setzen, fuhr sie mit leicht zittriger Stimme fort: „Meine Gefühle für dich werden nicht einfach wieder verschwinden. Du bedeutest mir nicht nur etwas als Chef, sondern auch als Mann.“

„Nicht doch“, bat er und sah sie aufgewühlt an. „Ich bin nicht der Richtige für dich. Ich glaube nicht an die romantische Liebe. Ich bin mir nicht sicher, ob ich überhaupt an irgendeine Form der Liebe glaube. Gefühle kommen und gehen. Man kann sich nicht auf sie verlassen. Die Chancen, in Las Vegas zu gewinnen, sind zuverlässiger als so etwas Launenhaftes wie menschliche Gefühle. Ich bin nicht für Beziehungen geschaffen. Ich wäre ein miserabler Ehemann und Vater. Lass dich nicht mit mir ein. Nicht auf diese Weise.“

Seine Worte schmerzten Kate, und ihr wurde plötzlich übel. In Panik rannte sie zur Toilette.

„Kate!“, rief Michael ihr hinterher.

Doch sie verriegelte die Tür hinter sich. Dann schaltete sie die Belüftung ein, zog die Spülung und sank auf die Knie, von einem heftigen Brechreiz gepackt. Anschließend spritzte sie sich Wasser ins Gesicht, ignorierte das beharrliche Hämmern an der Tür und trank ein paar kühle Schlucke.

„Kate, du wirst darüber hinwegkommen!“, rief Michael.

Sie kam sich wie ein Idiot vor. Sie fühlte sich gedemütigt und war schwanger. Unwillkürlich dachte sie an das winzige Leben, das sie unter dem Herzen trug, das Ergebnis dieser einen Nacht mit Michael. Ihr kamen die Tränen, aber sie blinzelte sie tapfer fort. Später würde sie vielleicht weinen, aber nicht jetzt.

Im Spiegel sah sie ihr blasses Gesicht und den Schmerz in ihren blauen Augen, von denen ihre Freunde einmal gesagt hatten, sie funkelten stets. Etwas stimmte ganz und gar nicht mit ihr.

„Wenn man immer tut, was man immer getan hat, bekommt man auch immer nur das, was man schon immer bekommen hat“, zitierte sie ein Buch, das sie kürzlich gelesen hatte. „Es wird Zeit für Veränderungen“, sagte sie sich und nahm sich erneut zusammen.

„Ich kündige“, erklärte sie, nachdem sie die Toilette wieder verlassen hatte.

Michael wirkte bestürzt. „Du kündigst? Wieso solltest du wegen einer einzigen Nacht, in der wir beide einen riesigen Fehler gemacht haben, einen Job aufgeben, den du liebst?“

Weil ich ein Baby von dir bekomme. Aber das wollte sie ihm noch nicht sagen. Vielleicht irgendwann später, wenn sie gefasster war. Wut packte sie und vertrieb ihre Angst. „Es ist mir unmöglich zu bleiben. Ich kündige“, wiederholte sie und machte sich auf den Weg in ihr Büro.

Michael ging neben ihr her. „Das ist doch lächerlich. Glaub mir, du wirst darüber hinwegkommen. Ich werde dein Gehalt erhöhen.“

„Ich brauche keine Gehaltserhöhung“, erwiderte sie und stieß, mühsam um Fassung ringend, die Tür ihres Büros auf. „Durch meine Aktienoptionen ist meine finanzielle Sicherheit gewährleistet.“

„Ich gebe dir ein eigenes Projekt“, bot Michael an.

Ein Traumjob, dachte sie kühl. Aber nicht für sie. „Nein.“

„Es muss doch etwas geben, das du willst.“ Inzwischen klang er verärgert. „Jeder hat einen Preis.“

Seine Worte machten sie so wütend, dass sie kaum sprechen konnte. Sie holte tief Luft. „Ich habe immer gedacht, dass die Leute, die dich Tin Man nennen, sich irren. Ich habe immer geglaubt, du seist vielschichtiger. Deshalb bin ich geblieben.“ Sie drehte sich um und sah ihm ins Gesicht. „Aber jetzt kündige ich. Ich höre auf, deinen Tag zu organisieren, dich ans Essen zu erinnern, dein Sprachrohr zu sein. Ich höre auf, mich von deiner Intelligenz beeindrucken zu lassen und mir zu wünschen, dass du mich willst. Ich höre auf, für dich zu arbeiten.“

„Dein Vertrag sieht eine zweiwöchige Kündigungsfrist vor.“

Sein scharfer Ton verfehlte seine Wirkung nicht. Kate wusste, dass Michael hart sein konnte. Nur war er es ihr gegenüber noch nie gewesen. Ihre Hände zitterten. Sie musste gehen, bevor sie zusammenbrach. Daher beschloss sie, ihre Sachen später zusammenzusuchen. „Du kannst von mir aus mein Gehalt kürzen. Auf Wiedersehen, Michael.“ Sie hängte sich ihre Handtasche über die Schulter und verließ den Raum, wobei sie seinen bohrenden Blick im Rücken spürte.

Kates Schritte hallten laut auf dem Parkettboden seines Büros, während Michael ihr nachsah. Was um alles in der Welt war gerade passiert? Nach jener leidenschaftlichen Nacht, in der er seiner Begierde, die er so oft geleugnet hatte, nachgegeben hatte, hatte er sich so sehr bemüht, wieder zu einem normalen, rein beruflichen Verhältnis zu Kate zurückzufinden.

Er hatte sich immer zu ihr hingezogen gefühlt. Aber welchem Mann wäre es anders ergangen? Ihr weiches Haar fiel ihr wie ein glänzender dunkler Schleier auf die Schultern, ihre leuchtenden blauen Augen strahlten Intelligenz und Humor aus, ihr voller Mund formte sich oft zu einem verstohlenen Lächeln, das ihn neugierig machte, und sie bewegte sich auf eine geschmeidige, sinnliche Weise, die ihn an die Eleganz einer Katze erinnerte.

Kate weckte in einem Mann den Wunsch nach Eroberung. Aber während der Aufbauphase seines Unternehmens hatte er sich sowohl Schlaf als auch Nahrung versagt. Sex betrachtete er inzwischen einfach als ein weiteres Bedürfnis, dem er entsagte. Michael hatte Kate aus anderen, wichtigeren Gründen geschätzt. In den vergangenen drei turbulenten Jahren war Kate der verlässlichste, solideste Mensch für ihn gewesen. Heute, als Multimillionär, behandelte sie ihn nicht anders als zu der Zeit, als er bis zum Hals in Schulden gesteckt hatte. Er vertraute ihr. Er konnte sich auf sie verlassen, und für jemanden, der sich grundsätzlich auf niemanden verließ, war das schon beachtlich.

Ihr betörender Duft lag noch in der Luft. Das allein genügte, um seine Sehnsucht zu wecken. Wahrscheinlich hatte sie überhaupt keine Ahnung, wie wichtig sie für ihn war. Und jetzt war sie weg. Der wütende und zugleich traurige Ausdruck in ihren Augen ließ ihn nicht los. Kate war kein Mensch, der zu Gefühlsausbrüchen neigte. Ihn beschlich das ungute Gefühl, dass sie jedes Wort so meinte, wie sie es gesagt hatte. Damit hatte er nicht nur die beste Sekretärin verloren, die er je gehabt hatte, sondern auch seinen besten Freund.

Das Klingeln des Telefons auf Kates Schreibtisch riss Michael jäh aus seinen Gedanken. Er nahm den Hörer ab. „Hawkins“, meldete er sich schroff.

„Michael? Wieso nimmst du die Anrufe entgegen?“

Michael erkannte die Stimme seines Personalchefs Jay Payne. „Gutes Timing, Jay. Ich brauche eine neue Sekretärin.“

„Was ist denn mit Kate?“

„Sie ist fort.“

„Im Urlaub?“

„Nein.“

„Vorübergehend fort?“

„Nein.“ Allmählich wurde Michael genervt.

„Ist sie krank?“

„Nein“, antwortete er knapp. Dann erinnerte er sich daran, dass sie ihm tatsächlich krank vorgekommen war, kurz bevor sie ging. „Sie hat gekündigt.“

Ein langes Schweigen folgte. „Einfach so?“

„Einfach so.“

„Aber sie muss eine zweiwöchige Kündigungsfrist einhalten“, wandte Jay ein. „Hat sie einen Grund genannt? Hat einer unserer Konkurrenten sie abgeworben? Ich weiß, dass sie Angebote erhalten hat“, fügte er hinzu.

Michael runzelte die Stirn. Irgendetwas an dieser Sache stimmte ganz und gar nicht. „Trag sie als krankgemeldet ein, und ich werde sehen, ob ich ihre Meinung ändern kann. Gib mir die Namen der Firmen, die sie haben wollten. In der Zwischenzeit besorg mir eine Aushilfe.“

„Hast du irgendwelche besonderen Anforderungen an die neue Kraft?“

„Besorg mir jemanden wie Kate.“ Aber Michael wusste, dass es unmöglich war, einen vollwertigen Ersatz für sie zu finden.

Zwei Wochen später, als Michael mit Dylan und Justin bei O’Malley’s zusammensaß, machte ihm Kates Kündigung noch immer zu schaffen.

„He, Michael, du bist deiner Aufgabe nicht gewachsen“, bemerkte Dylan. „Du bist für das Heim für minderjährige Mütter verantwortlich, Justin kümmert sich um das Betreuungsprogramm für unterprivilegierte Kinder, und ich kümmere mich um ein medizinisches Forschungsprojekt.“

„Medizinische Forschung“, wiederholte Justin mit einem Ausdruck des Unbehagens auf dem Gesicht. „Das klingt teuer.“

„Wenn du nicht aufpasst, nennen wir dich bald den großen Geizkragen“, drohte Dylan ihm mit trockenem Humor.

„Nennt mich, wie ihr wollt. Nennt mich nur nicht pleite.“ Justin schluckte eine Magentablette und sah zu Michael. „Du siehst nicht gut aus. Was ist los?“

Widerstrebend sagte Michael: „Ich habe vor zwei Wochen eine wichtige Angestellte verloren.“

Dylan verzog das Gesicht. „Ein Todesfall? Das tut mir leid.“

„Kein Todesfall“, korrigierte Michael und fragte sich, wieso er sich dann so fühlte. „Meine Sekretärin hat gekündigt. Fristlos. Marschierte einfach hinaus. Ich hatte ihr gerade den Auftrag gegeben, Recherchen über das Heim für minderjährige Mütter anzustellen.“

Dylan hob die Brauen. „Ist sie sehr launenhaft?“

„Nein, absolut nicht.“

„Vielleicht hat sie ein besseres Angebot erhalten“, schlug Justin vor.

„Nein, das habe ich überprüft.“

Dylan winkte dem Barkeeper. „Na ja, ich habe noch keine Frau getroffen, die nicht hin und wieder launisch war. Mal liegt es an der Periode, oder sie sind schwanger. Wie auch immer, ab und zu drehen sie alle mal durch. Vermutlich kommt sie bald wieder zur Vernunft und taucht wieder bei dir auf.“

Michael stutzte bei Dylans Worten. Periode, Schwangerschaft. Nein, keine Schwangerschaft, sagte er sich. Möglicherweise die Periode oder irgendeine Hormonschwankung, aber keine Schwangerschaft. Sie hatten doch nur eine einzige Liebesnacht miteinander verbracht. In der sie allerdings mindestens vier Mal miteinander geschlafen hatten, und mit jedem Mal hemmungsloser. Verhütung war das Letzte gewesen, was er im Sinn gehabt hatte. Ihm war es nur darum gegangen, sein Verlangen nach Kate auszuleben.

Kalter Schweiß brach ihm aus. Er hatte einfach angenommen, dass sie nicht schwanger werden würde. Schließlich war es nie seine Absicht gewesen, Vater oder Ehemann zu werden. Das gehörte nicht zu seinem Plan. Er war weder für die eine noch für die andere Rolle geschaffen. Sein Schicksal sah das nicht vor. Er konnte sich beim besten Willen nicht als Vater sehen. Vermutlich war er in dieser Hinsicht erblich vorbelastet.

„Erde an Michael“, riss Dylan ihn aus seinen Gedanken und klopfte auf die Holztheke. Er lachte, wirkte jedoch auch besorgt. „Gibt es etwas, worüber du mit uns reden möchtest?“

Michael dachte an Kate und schüttelte langsam den Kopf. „Nein. Kümmert euch nicht um mich. Ich werde mich selbst über das Heim für minderjährige Mütter erkundigen. Wir sehen uns später, Jungs.“ Damit stand er auf.

„Aber dein Bier“, meinte Justin, der diese Verschwendung offensichtlich bedauerte. „Dylan hat dir gerade noch ein Bier bestellt.“

„Danke, aber ich passe. Ihr könnt es haben.“

„Ich will es nicht“, erklärte Justin.

Dylan zuckte die Schultern. „Wir spenden es.“

Justin runzelte die Stirn. „Ihr zwei treibt diese Wohltätigkeitssache zu weit.“