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Live your dream
Sie ist jemand ganz Besonderes: eine Powerfrau mit viel Humor, Empathie, Leidenschaft und Energie – beruflich eine der erfolgreichsten Unternehmerinnen im europäischen Homeshopping, privat Ehefrau und zweifache Mutter. Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer kennen sie als souveräne Investorin aus
Die Höhle der Löwen, doch wie für die meisten Frauen ist es auch für Judith Williams besonders herausfordernd, Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen.
Mit einem Augenzwinkern erzählt sie aus ihrem vielseitigen Alltag und ihrer Karriere – will Frauen darin bestärken, trotz aller Hindernisse ihren Visionen zu folgen.
Von einem ist Judith Williams absolut überzeugt: Träume sind dazu da, verwirklicht zu werden. Und das funktioniert sogar. Sie hat es selbst vorgemacht – und gibt ihre Erfahrungen jetzt an andere weiter. Denn: „Wir sind hier, um uns zu verbinden, gegenseitig zu stärken und Mut zu machen!“
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Seitenzahl: 248
Live your dream
Judith Williams ist mit ihrer eigenen Kosmetiklinie aus dem europäischen Homeshopping nicht mehr wegzudenken. Millionen von Zuschauerinnen und Zuschauern lieben die Leidenschaft, mit denen sie ihre Produkte vermarktet. Doch was steckt hinter der Frau im Fernsehen und wie hat sie es dorthin geschafft, wo sie heute steht? Denn auch sie durchlebte Unsicherheiten, Selbstzweifel und Tiefschläge, die es ihr nicht leichtmachten, an sich zu glauben.
Mit einem Augenzwinkern erzählt sie aus ihrem vielseitigen Alltag und möchte damit besonders Frauen Mut machen, ihren Weg zu gehen. Ja, man kann tatsächlich eine gute Working Mom sein! Auch wenn man keine Zeit hat, das Kind nachmittags zum Karate-Kurs oder Violinenunterricht zu fahren. Und nein, man sollte sich von den schiefen Blicken anderer Mütter nichts anhaben lassen, wenn man aus Zeitgründen einen missratenen Kuchen zum Kindergartenbuffet beigesteuert hat.
Humorvoll philosophiert Judith Williams über das Leben und räumt dabei mit so manchen Vorurteilen auf: Dass erfolgreiche Frauen kühl sind, Älterwerden nichts für Feiglinge ist, eine Hausfrau immer perfekt sein muss, und Verkaufen die einfachste Sache der Welt ist. In einer Sache ist sich Judith Williams besonders sicher: Träume sind dazu da, erfüllt zu werden. Und genau das hat sie getan!
Judith Williams
mit Antje Bähr
WIE TRÄUMEFLIEGEN LERNEN
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Bibliografische Information der Deutschen Bibliothek
Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet unter http://dnb.de abrufbar.
© 2018 Ariston Verlag in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München
Alle Rechte vorbehalten
Redaktion: Evelyn Boos-Körner
Umschlaggestaltung: Eisele Grafik-Design, München
unter Verwendung eines Fotos von Julia Saller
Bildredaktion: Bele Engels
Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling
ISBN: 978-3-641-22662-6V001
Inhalt
Vorwort
Die Magie des LebensZurück zu den Wurzeln
Für immer unvergessen
Be happy – aber jetzt
Mission Working MomDie Suche nach Mr. Right
Die Oktopus-Theorie
Kinder, Karriere, Kummer
Besser als gedacht
Die Kunst des VerkaufensWenig Up und viel Down
Die Suche nach der goldenen Verkaufsregel
Die ersten Schritte
Stolperfallen
Live your dreamGo, girl, go!
Jetzt wird’s ernst
Die Schminkfee
Die Höhle der LöwenManege frei
Die Überzeuger
Das war leider nix …
Das Gründer-Gen
Let’s DanceSoll ich oder soll ich nicht?
Aller Anfang ist schwer
Step by step
Die Punkte bitte
Hinter den Kulissen
And the winner is …
Bleib dir treuEine Rettung in drei Akten: Akt 1 – Der Verlust
Eine Rettung in drei Akten: Akt 2 – Das Wiederfinden
Eine Rettung in drei Akten: Akt 3 – Die Zusammenführung
Dank
Quellenangaben
Bildnachweis
Bildteil
Vorwort
»Wie schaffen Sie das eigentlich alles auf einmal: Fernsehauftritte, Familie, Unternehmertum? Haben Sie da ein Patentrezept?« Immer wieder werde ich das in Interviews und Gesprächen – sei es beruflich oder privat – gefragt. Oft neige ich dann dazu, einen kleinen Vortrag über mein bisheriges Leben zu halten und zu erklären, dass alles eigentlich gar nicht so schwer ist: Ich liebe den Wandel und die damit einhergehenden Herausforderungen, denn das sind die aufregendsten Abenteuer im Leben. Wer sich darauf einlässt, wächst und entwickelt sich persönlich weiter. Das war und ist schon immer meine Devise und – wenn Sie so wollen – mein Patentrezept!
Es gibt unendlich viel Fachliteratur zu allen möglichen Themen, und irgendwann legt man sie zur Seite und denkt sich: So kann das bei mir nicht klappen!
Meine Erfahrung zeigt, dass ich Menschen mit Beispielen und Geschichten aus meinem Leben viel besser erreichen kann: Wie bewältige ich meinen Alltag? Wie gehe ich mit Niederlagen und Tiefschlägen um? Und wie habe ich sie verarbeitet, um da zu stehen, wo ich heute stehe? Wie nutze ich Chancen? Was bedeutet Erfolg für mich? Wenn ich einen Vortrag halte, bedanken sich viele Zuhörer oft am Ende dafür, dass sie etwas für ihr Leben aus meinen Erzählungen mitnehmen konnten. Das freut mich immer besonders.
Und genau aus diesem Grund habe ich dieses Buch geschrieben: Es ist ein Einblick in mein Leben als sogenannte »Erfolgsfrau«, als Mutter, Ehefrau, Business-Frau und »Show-Frau« oder »Mädel-für-alles-Frau«, wie ich mich selbst gerne nenne. Dabei geht es mir nicht darum, angelerntes Wissen oder Können zu vermitteln, sondern um die Fähigkeit, in schwierigen Situationen das Beste zu geben und sich zu trauen, Schritte zu gehen, die zumindest mich um Meilensteine vorangebracht haben. Das Wichtigste dabei: heiter und gelassen bleiben, um mit Leichtigkeit – und wenig Eitelkeit und Ego – in die erste Reihe zu gelangen. Dabei werden Sie vielleicht feststellen, dass auch der Platz in der zweiten und dritten Reihe erfüllend ist. Kurz gesagt: Der Weg ist das Ziel.
Ich möchte mit diesem Buch besonders Frauen ermutigen, ihren beruflichen und familiären Weg so zu gehen, wie sie es sich wünschen – ohne Klischees erfüllen zu müssen. Dabei möchte ich mit einigen Vorurteilen aufräumen, ohne jedoch den Zeigefinger zu erheben. Stattdessen rufe ich lieber jeder Einzelnen von Ihnen zu: »Lebe deinen Traum – du hast es verdient!« Und vor allem: »Hab niemals Angst vor Veränderungen, denn sie sind deine Chance!« Davon bin ich ganz fest überzeugt.
Ihre
Kapitel 1
Die Magie des Lebens
… und wie werde ich eigentlich glücklich?
Zurück zu den Wurzeln
Wenn Sie mich heute fragen, ob ich glücklich bin, kann ich mit einem aus tiefstem Herzen kommenden und lauten »Ja« antworten. Und wenn Sie wissen wollen, ob es den einen, ganz sicheren Weg zum Glück gibt, sage ich ganz klar: »Nein.« Denn meiner Erfahrung nach gibt es so viele Wege zum Glück, wie es Sterne am Himmel gibt. Jeder Mensch darf sich über andere Sterne freuen, die ihn erfüllen, bereichern und glücklich werden lassen. Meine Sterne füllen ein ganzes Universum – so reich und beschenkt fühle ich mich mit meinem Leben, das so viele verschiedene Facetten hat, dass mir manchmal ganz schwindelig wird.
Ich lebe mit meinen beiden Töchtern Sophia und Angelina, meinem Mann Alexander und unserer Hündin Sissi im Fünf-Seen-Land. Zwischendurch kommen meine beiden Bonus-Söhne Vincent und Laurin (aus Alexanders erster Ehe), Freunde meiner Kinder, Nachbarn, Schwestern, Brüder, Onkel, Tanten und Eltern zu Besuch, die unser Haus allesamt zu einem großen, lebhaften Ort werden lassen, in dem jeder willkommen ist. Ich habe ein enges Verhältnis zu meinen Eltern und meinen beiden Schwestern, liebe es zu lachen und mit meinen Kinder verrückt zu tanzen, um mich danach kichernd mit ihnen über den Boden zu kugeln. Mein Weg zum Glücklichsein war manchmal ein steiniger, meistens ein abwechslungsreicher, aber ein extrem spannender, der mit einer verrückten Kindheit in München und später in der Nähe von Trier begann.
Mit einem Opernsänger als Vater, einer Mutter, die eigentlich zu anderem berufen war, als nur Hausfrau zu sein, mit zwei Schwestern und mit sechzehn Perserkatzen. Auch wenn wir nie viel Geld hatten, waren meine Eltern immer wahnsinnig fleißig. Als amerikanische Einwanderer kamen sie nach Deutschland, und mein Vater verkaufte, während er an der Münchner Musikhochschule studierte, nebenbei Stereoanlagen. Später eröffnete er mit meiner Mutter einen Pudelsalon, und die beiden erkannten schnell das Erfolgsgeheimnis eines solchen Geschäfts: Weil die meisten Kunden vor allem deshalb vorbeikamen, um ein wenig quatschen zu können, plauderten meine Eltern angeregt mit den Zweibeinern, während sie die Vierbeiner verschönten. Somit waren zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen, und der Laden brummte ganz von allein. Irgendwann kam ich als erste von drei Töchtern auf die Welt, und ich könnte wetten, dass mein Vater vor Begeisterung eine Arie geschmettert hat. Noch während ich im Bauch meiner Mutter war, hat er mich mit Stücken von Mozart, Puccini oder Verdi durch die Bauchdecke beglückt, und ich bin mir ganz sicher, dass meine spätere Liebe zur Musik eindeutig da ihre Wurzeln hat. Natürlich liebte ich den Pudelsalon, den meine Eltern noch betrieben, bis ich in die Schule kam. So lange war ich eine begeisterte Empfangsdame, die sich viel lieber um die süßen Hunde kümmerte, als in den Kindergarten zu gehen. Sobald die Türglocke läutete, sprang ich den vierbeinigen und zweibeinigen Kunden entgegen und wollte wissen, welche Vorlieben der Hund hat, wie es ihm geht, ob er gebadet werden will, welchen Duft er bevorzugt und welche Sorte Hundedrops er liebt. Im Nachhinein betrachtet, waren das schon meine ersten Verkaufsgespräche, davon hatte ich damals aber noch keinen blassen Schimmer.
Trotz eines florierenden Pudelsalons blieb die größte Leidenschaft meines Vaters der Gesang, weshalb er seine Passion irgendwann zum Beruf machte und sich ganz auf seine Karriere als Opernsänger konzentrierte. Er bekam ein Engagement am Stadttheater Trier, und wir zogen nach Oberemmel, einen kleinen Ort ganz in der Nähe. Auch wenn ich traurig war, dass wir München verlassen mussten, war es eine gute Entscheidung. Denn dort begann die Karriere meines Vaters als Basso profundo, die ihn ein Leben lang erfüllte. Er sang an allen großen Opernhäusern der Welt, ob am Teatro dell’ Opera in Rom, am Teatro La Fenice in Venedig oder an der Metropolitan Opera in New York. Doch bis dahin war es ein langer Weg, und obwohl wir die meiste Zeit finanziell alles andere als gut gestellt waren und sehen mussten, wie wir durchkamen, hatte ich trotzdem immer ein sattes Lebensgefühl. Und wenn ich heute sage: Man muss ein bisschen verrückt sein, um glücklich zu sein, dann denke ich dabei vor allem an meine Kindheit, die mich ein bisschen an Pippi Langstrumpfs Leben in der Villa Kunterbunt erinnert. Mit einer unglaublichen Fantasie und Lebensfreude wurde aus wenig viel gemacht – eine Gabe, die meine Eltern uns erfolgreich vermittelten und die dafür sorgte, dass wir alle rundum glücklich waren.
Da wir keinen Fernseher hatten, mutierte ich regelmäßig zur Unterhaltungsmaschine von Mom und Dad. Jeden Abend brauchten sie ein neues Programm, und ich tanzte, sang, moderierte und witzelte, was das Zeug hielt. Eine Frisuren-Show für meine Mutter, Interviews mit meinem Vater, dem bekanntesten Opernsänger der Welt – ach was, des ganzen Universums –, vor fiktivem Publikum oder ein frei erfundenes Lied über »die Liebe, die an eine Gurke erinnert«, weil sie »so schlank, so schön, so grün und so knackig ist«. Meine Eltern haben Tränen gelacht vor Begeisterung, und ich behaupte bis heute, dass meine Shows besser waren als »Wetten, dass …?« und »Jay Leno« zusammen. Als meine Schwestern, die zehn und acht Jahre jünger sind als ich, geboren wurden, freute ich mich wie eine Schneekönigin. Endlich konnte ich die Aufmerksamkeit, die meine Eltern mir zukommen ließen, mit jemandem teilen – endlich musste ich nicht mehr der alleinige Entertainer sein und hatte bei der Präsentation des Fernsehprogramms tatkräftige Unterstützung.
Es waren Zaubermomente, die ich mit meinen Eltern erleben durfte und die sie auch zugelassen haben, anstatt zu sagen: »Judith, geh doch lieber mal in dein Zimmer und spiel für dich allein.« Stattdessen beflügelten sie meine Fantasie und ließen mich in einer Welt leben, in der ich magische Fee, Hubschrauberpilotin und Retterin der Welt gleichzeitig sein konnte. Wenn ich gefragt wurde, was ich später einmal werden wolle, antwortete ich unsicher so etwas wie: »Sängerin oder Tänzerin vielleicht.« Und jedes Mal erklärte mir mein Vater dann: »My little girl, you can be whatever you want!« Was für ein wunderbarer Satz: Du kannst werden, was immer du willst! Diese Worte haben mich sehr geprägt und mir bis heute gedanklich Flügel verliehen, mit denen ich dorthin fliegen kann, wo immer ich hinmöchte.
Da mir meine Eltern diesen Gedanken schon früh mit auf den Weg gegeben hatten, wunderten sie sich auch nicht über Begebenheiten, in denen ich wie selbstverständlich in meiner Fantasiewelt lebte. Im Alter von ungefähr vier Jahren zum Beispiel hatte ich eine beste Freundin namens Nikolett, die aus Ungarn kam und erst vor einem halben Jahr nach Deutschland gezogen war. Ständig erzählte ich zu Hause begeistert von diesem Mädchen, und meine Mutter schlug vor, dass ich sie doch unbedingt einmal einladen solle. Ich fragte Nikolett, und sie sagte glücklich zu. Als meine Mutter uns beide vom Kindergarten abholen wollte, wurde sie strahlend von der Kindergärtnerin beiseite genommen und beglückwünscht: »Frau Williams, ich hatte ja keine Ahnung, dass Judith gleich drei Sprachen spricht!« Meine Mutter schaute irritiert und korrigierte dann: »Äh …, zwei Sprachen meinen Sie. Englisch und Deutsch – dafür aber beides fließend.« Die Kindergärtnerin wunderte sich daraufhin und erklärte verständnislos: »Judith unterhält sich doch seit einem halben Jahr perfekt auf Ungarisch mit ihrer Freundin Nikolett?!« Meine Mutter und die Kindergärtnerin holten mich kurzerhand dazu, und als ich von den beiden ratlosen Frauen dazu befragt wurde, behauptete ich steif und fest: »Klar, spreche ich Ungarisch, oder was denkt ihr, wie ich mich mit Nikolett unterhalte? Sie kann ja gar kein Deutsch!« Die Kindergärtnerin blickte mich mit einem ermahnenden Lächeln an: »Judith, nicht flunkern. Aber wenn du dich für Ungarn interessierst, können wir mal zusammen in die Bücherei gehen und schauen, ob wir ein schönes Buch über dieses Land finden.« Ich hatte keinen blassen Schimmer, was die Kindergartentante von mir wollte – da nahm mich meine Mutter lächelnd in den Arm und flüsterte mir zu: »Ich bin so stolz auf dich, wie toll du Ungarisch sprichst.« Ich lächelte erleichtert und war froh, dass wenigstens einer mein unglaubliches frühkindliches Sprachtalent erkannt hatte. Denn wenn die eigene Vorstellungskraft bewirkt, dass man glaubt, perfekt Ungarisch sprechen zu können, dann ist das auch so. Und deshalb bin ich bis heute davon überzeugt, dass ich diese wunderbare Sprache astrein beherrsche! Ein Ungar würde darüber sicherlich anders denken, doch entscheidend ist schließlich, was ich denke. Ein wenig Pippi-Langstrumpf-Philosophie kann ja nicht schaden. Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt!
Noch heute liebe ich es, mich in Tagträume zu flüchten und mir Dinge vorzustellen, die nicht der Realität entsprechen. Ich darf es gar nicht laut sagen, aber dafür lege ich mich tatsächlich auf meinen flauschigen Badezimmerteppich, schließe die Augen und stelle mir zum Beispiel vor, ich würde in New York über die 5th Avenue flanieren und danach im luxuriösen Peninsula-Hotel eine heiße Schokolade trinken. Als mein Mann mich zu Beginn unserer Beziehung zum ersten Mal auf dem Badezimmerteppich liegen sah, fragte er mich besorgt, ob mir schlecht sei. Woraufhin ich ihm lächelnd erklärte: »Überhaupt nicht, ich träume nur ein bisschen vor mich hin.« Wie gut, dass er mich daraufhin nicht gleich wieder verlassen hat, weil er dachte, die ist verrückt, die Alte! Eigentlich ist es ja praktisch für ihn: Statt teuer nach New York zu reisen, kann ich mir jederzeit einen Tagtraum zu Hause im Badezimmer genehmigen – und bin trotzdem glücklich. Denn irgendwo an der Badezimmerdecke leuchtet ein Stern für mich, der mein Glücksuniversum bereichert.
Meine Schwestern machten es mir in Sachen Fantasie und Kreativität einfach nach. Ich weiß noch ganz genau, wie ich aus der Schule nach Hause kam und meine jüngste Schwester mit einer meiner neuesten Errungenschaften – einem pinkfarbenen Lippenstift – sich selbst und eine unserer weißen Perserkatzen »geschminkt« hatte. Ein Picasso-Bild ist nichts dagegen, was meine Eltern auch gleich anerkennend feststellten, denn ihre Reaktion war: »Wow, was für ein fantastisches Kunstwerk auf vier Beinen!« Es hat Tage gedauert, bis die Farbe wieder vom Gesicht meiner Schwester abging, und die Perserkatze lief ihr restliches Leben in einem leichten Roséton herum. Meine Eltern schimpften trotzdem nicht, sondern freuten sich jedes Mal über die Kreativität ihrer Tochter, wenn sie die Perserkatze sahen.
Wenn wir mit unserem Vater spazieren gingen, tanzten wir gemeinsam durch die Weinberge von Oberemmel, während die Winzer mit offenen Mündern dastanden und uns beobachteten. Wir waren ein wandelndes Revuetheater, und statt der staunenden Winzer waren wir es, die am meisten Spaß hatten. Wie passend, dass in der Region rund um Trier Karneval ganz groß gefeiert wurde – denn was lag uns näher, als da ordentlich mitzumachen? Als Tänzerinnen, Indianerinnen, Räuber und Gendarmen ließen wir es ordentlich krachen. Ich weiß noch, wie mir schon damals auffiel, dass Menschen, die normalerweise von nine to five arbeiteten, plötzlich aufblühten und ein unglaubliches Leuchten im Gesicht trugen. Der Karneval war wohl einer ihrer Sterne, der dafür sorgte, dass sie glücklich waren.
Natürlich gab es auch Momente, in denen ich als Kind sehr wohl spürte, dass wir finanziell keine großen Sprünge machen konnten und ich mich dadurch von vielen anderen Kindern unterschied. Wir fuhren zum Beispiel in den Ferien niemals weg, und ich konnte danach nie erzählen, wie blau das Meer oder wie sandig der Strand war. Wenn mein Vater als Opernsänger Auftritte hatte, reisten wir ihm einfach hinterher. Aber das konnte von Wanne-Eickel bis Hintertupfingen alles sein. Ich erinnere mich noch, wie neidisch ich auf die anderen Mädchen in meiner Klasse war, weil sie so aufwendige Geburtstagspartys schmissen. Da wurde mal kurzerhand ein Bus organisiert, um ins Fantasieland zu fahren, da wurden ganze Kegelbahnen gemietet oder Schwimmbäder belagert. Meine Eltern konnten sich das nicht leisten, und ich beschloss irgendwann, überhaupt nicht mehr zu feiern. Bis meine Mutter mir erklärte, dass ich meinen Geburtstag auch ohne große Kosten zu etwas ganz Besonderem machen könne. »You have to imagine it – Stell es dir vor«, sagte sie und lächelte vielsagend. Wenig später versanken wir begeistert in der Planung. Und als kurz darauf zwölf geburtstagsverwöhnte Mädchen auf der Matte standen und erwartungsvoll Ausschau hielten, was ihnen wohl geboten werden würde, luden wir in unsere selbst gebaute Eisdiele ein, in der Bananasplits mit Schirmchen und Streuseln serviert wurden. Um anschließend in den eigens für sie eröffneten Schönheitssalon zu gehen, in dem ihnen liebevoll Gurkenmasken aufgetragen wurden. Wir hatten das Haus nicht eine Sekunde verlassen, und der Geburtstag war der Knaller. Vor ungefähr einem Jahr hatte ich Kontakt zu einer dieser alten Schulfreundinnen, und sie erinnerte sich lachend an den tollsten Geburtstag aller Zeiten, den wir damals bei mir feierten.
In dieser Phase, in der wir Mädchen unsere ersten Selbstzweifel bekommen, die uns später als Frauen leider oft begleiten, ist es unglaublich wichtig, Eltern zu haben, die einem Bestätigung geben und immer wieder daran erinnern, wie toll man eigentlich ist. Genau das taten meine Eltern und bauten damit unbewusst ein Fundament für mein heutiges Glück.
Mit dreizehn ungefähr durfte ich zum ersten Mal abends auf meine Schwestern aufpassen, damit meine Eltern ausgehen konnten. Ich schlug ein Backbuch mit amerikanischen Rezepten auf und beschloss, eine ganz besondere, dreistöckige Biskuittorte zu backen. Ich tobte mich so richtig aus und kreierte einen Kuchen, der unten aus Schokolade, darüber aus Aprikosenmarmelade und weiter oben aus Vanille bestand. Als ich noch Mint Jelly von meiner geliebten Tante aus England entdeckte, war ich mir sicher, dass es ganz hervorragend zu meiner Kreation passen würde, und hatte keine Ahnung, dass man es normalerweise zu Lamm aß. Deshalb klatschte ich es einfach obendrauf und versah das Ganze mit einem Kilo Butter, die ich mit grüner Lebensmittelfarbe überzog. Die Torte sah fantastisch aus, und ich konnte es kaum erwarten, sie meinen Eltern zu präsentieren, damit sie probieren konnten. Ich schlief neben meinem Kuchen ein, und als meine Eltern nach Hause kamen, wachte ich auf und überreichte jedem von ihnen mächtig stolz ein Stück Torte. Sie probierten, und mein Vater sagte anerkennend: »It’s fabulous interesting!« Und meine Mutter meinte begeistert: »What an adventure!« Ich war absolut glücklich, denn mein Vater fand meine Torte höchst interessant, und meine Mutter sprach sogar von einem Abenteuer. Doch als ich am nächsten Morgen selbst von der Torte kostete, bemerkte ich erstens, dass niemand sonst von der Torte gegessen hatte, und zweitens, wie schrecklich sie schmeckte. Eine schauderhafte Geschmacksexplosion machte sich in meinem Mund breit! Erst Jahre später fragte ich meine Eltern, warum sie mir nicht ehrlich gesagt hatten, dass der Kuchen nicht schmeckte, und mein Vater antwortete: »Weil ich nicht dazu da bin, dir das zu sagen. Ich bin dazu da, dich zu bestätigen. Wenn ich dir die Wahrheit über die Torte gesagt hätte, hättest du nie wieder in deinem Leben einen Kuchen gebacken.« Und wo er recht hatte, hatte er recht! Robin Williams sagte einmal: »Every child deserves a champion: an adult that understands the power of human connection. We are here to connect.« Das ist so wahr: Wir sind hier, um uns mit anderen Menschen zu verbinden, um uns gegenseitig zu stärken, um uns Mut zu machen. Erst dann können erfüllte Menschen aus uns werden, weil wieder ein Stern mehr an unserem Glückshimmel für uns leuchtet.
Zweimal im Jahr wurde ich, wenn »Sale« war, bei C&A eingekleidet. Dann durfte ich mir so viele Klamotten aussuchen, wie ich wollte, und an der Kasse staunten wir über den günstigen Preis, den wir dennoch nur zu zahlen hatten. Ich war immer gut angezogen, hatte Kleider, Lackschuhe, Röcke, Blusen, trug aber eben keine Markenware wie viele andere meiner Schulkameradinnen. Weil ich mich jedoch schon in der Phase des Vergleichens befand, war es mir unangenehm, klamottentechnisch bei den anderen Mädchen nicht mithalten zu können. Auf meinem langen Schulweg, der bereits in aller Frühe um Viertel nach sechs Uhr begann und mich erst in einen Bus und anschließend in einen Zug führte, traf ich immer auf eine Gruppe sehr stylischer, top gekleideter Teenager. Ein Junge, der mit heutigem Blick wahrscheinlich vom anderen Ufer war, wir aber davon alle noch keine Ahnung hatten, legte besonderen Wert auf seine Outfits. Mit ihm lief ich den langen Weg vom Zug zur Schule wie auf einem Catwalk entlang, und er sagte mir irgendwann, er fände, ich sei so gut gekleidet. Wo ich denn meine Kleidung herhätte? Ich zögerte einen Moment und war nicht sicher, ob ich ihm anvertrauen sollte, dass es simple C&A-Mode war. Doch als ich ihm die Wahrheit sagte, war er begeistert und beglückwünschte mich zu meinem guten Geschmack. Egal, wie teuer die Sachen waren, Hauptsache sie sahen gut aus. Meine Leidenschaft für Handtaschen, Schuhe und Kleidung wurde also in meiner Kindheit fest verankert, und noch heute fühle ich mich an Tagen, an denen ich mit dem falschen Bein aufgestanden bin, durch das Tragen von schönen Klamotten sofort besser. Ein oberflächliches Glück, das aber meistens völlig genügt, um zumindest gut durch den Tag zu kommen.
Dass manchmal wenig reicht, um glücklich zu sein, habe ich schon damals an den Freunden meiner Eltern gesehen. Sie hatten einen großen Freundeskreis, bei uns ging es immer zu wie in einem Taubenschlag. Manche ihrer Freunde waren arm, manche reich. Doch schon als Kind hatte ich das Gefühl, dass die, die materiell am wenigsten hatten, am glücklichsten waren. Ich liebe Italien und Griechenland, die neben der Tragödie die Liebe vergöttern. Diese beiden Kontraste, die das Leben widerspiegeln, könnten größer nicht sein und lassen die Menschen dort doch so lebendig und fröhlich erscheinen. Sie sind laut, umarmen sich viel und gern, küssen sich, streiten sich und lieben die Emotionen. Diese Länder haben sicher nicht das Bruttosozialprodukt, das wir gewohnt sind, dafür haben sie viel mehr: nämlich glückliche Menschen.
Für immer unvergessen
Aber zurück zu meiner Kindheit: Weil meine Mutter das Wort Pünktlichkeit bis heute nicht buchstabieren kann, holte sie mich nach der Schule in der Regel immer viel zu spät ab. Es war zwar furchtbar nervig, doch sie hat mir dabei etwas Essenzielles beigebracht, nämlich Geduld. Wenn sie dann kam, hatte sie – wie auch sonst in sämtlichen Lebenslagen – immer einen lockeren Spruch auf den Lippen: »O Darling, wie gut, dass du dich nach der Schule noch ein bisschen ausruhen konntest.« Wenn jemand gestorben war, erklärte sie »Mei, der hat sich halt verabschiedet«, und ihr Lieblingsspruch ist bis heute: »Gehe nicht durchs Leben, tanze durchs Leben.« Ganz hoch im Kurs stand ebenfalls: »Der Reichtum sind nicht die Dinge, die du anhäufst, sondern die, die du in dir drin trägst.« Was immer passiert sein mochte – ob ich traurig oder frustriert war –, nach solch einem Spruch fühlte sich alles nur noch halb so schlimm an. Selbst die Tatsache, dass ich manchmal bis zu zwei Stunden auf den kalten Treppenstufen meines Gymnasiums saß und darauf wartete, abgeholt zu werden. Der Vorteil war, dass ich dadurch unglaublich viel Zeit hatte nachzudenken. Und zwar grübelte ich – wie viele Mädchen in der Pubertät – gern und intensiv darüber nach, was mich eigentlich besonders machte. Meine Schulnoten konnten es nicht sein, die waren unterirdisch. Mein Aussehen war in meinen Augen auch alles andere als überragend. Also fragte ich mich verzweifelt, wie ich jemals glücklich werden sollte. Ohne guten Schulabschluss und ohne Mann? Ungebildet und völlig vereinsamt? Aber was bedeutete Glück überhaupt?
Je länger ich nach der Schule auf meine Mutter wartete, desto intensiver beobachtete ich die Menschen, die an mir vorbeiströmten. Und dabei fiel mir eine Sache auf: Die meisten hasteten emotionslos wie ein Uhrwerk in ihrem Alltagsschritt an mir vorbei. Sobald aber jemand auf sie zukam und rief: »Hey, Peter, schön dich zu sehen!« – »Hallo Tina, das ist ja ein netter Zufall!« – »Ach, das gibt’s ja nicht, Michael, du hier?«, wurden die Leute aus ihrer verschlossenen Welt gerissen und begannen von ganzem Herzen zu strahlen. Und in dem Moment wurde mir bewusst: Wir Menschen brauchen Kontakt mit anderen Menschen. Das ist es, was uns glücklich macht! Wir brauchen jemanden, der uns liebt, jemanden, der uns schätzt, der uns zum Lachen oder zum Weinen bringt, jemanden, der uns den Spiegel vorhält, sogar jemanden, der uns Leid zufügt. Wir brauchen intensive Gefühle, um glücklich sein zu können. Und die erfahren wir nur im Umgang mit anderen Menschen. In einer Gemeinschaft. Ha! Und wieder war da ein Stern, der in meinem Universum leuchten konnte!
Meine Theorie wurde durch ein Buch bestätigt, das mir mein Vater schenkte, als ich siebzehn war. Meine erste große Liebe war gerade in die Brüche gegangen (okay, sie hielt nur sechs Wochen, aber das war damals ein ganzes Leben für mich), und ich lag wie ein Schlosshund heulend auf meinem Bett. Mein Freund hatte mich verlassen, und ich fühlte mich wie das unattraktivste, unbedeutendste und am wenigsten geliebte Mädchen auf der ganzen Welt. »Keiner liebt mich!«, schluchzte ich voller Selbstmitleid in mein Kissen, und mein Vater versuchte, mir klarzumachen, dass ich in ein paar Jahren über die Sache lachen und mir das Ganze überhaupt nichts mehr ausmachen würde. Doch das konnte und wollte ich in diesem Moment einfach nicht glauben. Diese Liebe würde nie vergehen, sie würde mich mein ganzes Leben daran hindern, jemals wieder etwas für einen anderen Mann zu empfinden. Da überreichte mir mein Vater das Buch »Leben, lieben, lernen« von Leo Buscaglia, einem Professor, der an einer Universität in Amerika die Liebe erforschte und gern Dr. Love genannt wurde. Ich begann sofort zu lesen, und das Buch fesselte mich von der ersten Seite an.
Eine Geschichte darin hat mich damals besonders berührt und ist bis heute tief in meinem Herzen verankert. Buscaglia unterrichtete an der University of Southern California und gab seinen Studenten folgende Aufgabe: Sie sollten einmal in der Woche etwas Gutes für jemand anderen tun. Sie seien Studenten, hätten nie wieder so viel Zeit wie momentan und würden später, wenn sie erfolgreich im Business stünden, immer noch von diesem inneren Reichtum, den sie dadurch erfahren hätten, zehren. Die Studenten tauschten einen irritierten Blick und hatten keine Ahnung, wie sie das angehen sollten. In dem Moment hätte Buscaglia sie alle erwürgen können und rügte sie, dass sie ihre Augen aufmachen und sich umschauen sollten. Es gebe so viele Menschen um sie herum, die eine Umarmung oder Zuspruch brauchen könnten.
Einen Studenten, der einfach nicht wusste, wo er ansetzen sollte, hat Dr. Love daraufhin mit in ein Altersheim genommen. Er schickte den jungen Mann hinein, um die Augen nach jemandem offen zu halten, dem er etwas Gutes tun konnte, doch kurz darauf kam er wieder heraus und erklärte zufrieden, die alten Menschen seien alle in gutem Zustand und wunderbar untergebracht. Leo Buscaglia aber schickte den Studenten erneut hinein und gab ihm mit auf den Weg, endlich die Augen zu öffnen. Er deutete auf eine alte Dame, die im Nachthemd allein an einem Tisch in der Ecke saß, und bat ihn, mit ihr ein Gespräch zu beginnen. Der Student folgte der Anweisung seines Professors, und als er die Altenheimbewohnerin zögerlich ansprach, wollte diese skeptisch wissen, ob er ein Verwandter von ihr sei. Der junge Mann verneinte, und die alte Frau lachte erleichtert auf. Das war gut so, denn sie konnte ihre Familie überhaupt nicht ausstehen. Das Eis war gebrochen, und von da an ging der Student jeden Donnerstagnachmittag ins Altersheim, um Zeit mit ihr zu verbringen. Die alte Dame, die vorher ungepflegt und einsam im Nachthemd dagesessen hatte, wurde von Mal zu Mal adretter und lebenslustiger. Und nicht nur sie! Auch alle anderen machten sich nun für den legendären Thursday Afternoon zurecht. Es wurde gebadet, Frisuren wurden gesteckt, die fast vergessene Festtagskleidung wurde herausgeholt und regelrecht darauf gewartet, dass der junge Mann zu Besuch kam. Als Dr. Buscaglia einmal nachsehen wollte, wie sich sein Student im Altersheim so schlug, sah er draußen eine ganze Horde alter Leute energisch Richtung Footballfeld marschieren, um alle gemeinsam ein Footballspiel anzuschauen.
Nachdem ich diese Passage in Buscaglias Buch gelesen hatte, dachte ich: Wie schön, dass die alten Leute endlich jemanden hatten, der sich um sie kümmerte. Erst später bemerkte ich, welches Geschenk Dr. Love vor allem seinem Studenten gemacht hatte. Die Wandlung, die die Senioren vollzogen hatten, muss ihm ein unglaubliches Glücksgefühl mit auf den Weg gegeben haben. Er konnte stolz auf sich sein und dadurch innerlich wachsen. Sein Liebeskonto war bis obenhin gefüllt.
Und das macht so viel glücklicher und lässt so viel mehr Sterne leuchten als ein volles Bankkonto.