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Wie fühlen Sie sich, Prinzessin?" Coco kann die Frage des Reporters nicht beantworten. Zu neu ist für sie, dass sie zur Königsfamilie von Chantaine gehört. Zum Glück ist ein starker Mann an ihrer Seite: Benjamin Garner, der ihr mehr bedeutet als ihr royaler Titel …"
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Seitenzahl: 168
IMPRESSUM
Wie verführt man eine Prinzessin? erscheint in der HarperCollins Germany GmbH
© 2012 by Leanne Banks Originaltitel: „A Home for Nobody’s Princess“ erschienen bei: Harlequin Enterprises Ltd., Toronto Published by arrangement with HARLEQUIN ENTERPRISES II B.V./S.àr.l.
© Deutsche Erstausgabe in der Reihe ROMANA EXTRABand 16 - 2014 by Harlequin Enterprises GmbH, Hamburg Übersetzung: Katrin Lechat
Umschlagsmotive: Frolova_Elena / Shutterstock, Getty Images_Fomalgaut
Veröffentlicht im ePub Format in 12/2018 – die elektronische Ausgabe stimmt mit der Printversion überein.
E-Book-Produktion: GGP Media GmbH, Pößneck
ISBN 9783733738990
Alle Rechte, einschließlich das des vollständigen oder auszugsweisen Nachdrucks in jeglicher Form, sind vorbehalten. CORA-Romane dürfen nicht verliehen oder zum gewerbsmäßigen Umtausch verwendet werden. Sämtliche Personen dieser Ausgabe sind frei erfunden. Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig.
Weitere Roman-Reihen im CORA Verlag:BACCARA, BIANCA, JULIA, ROMANA, HISTORICAL, TIFFANY
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Seine Tochter hasste ihn.
Behutsam öffnete Benjamin Garner die Eingangstür zu seinem geräumigen Haus, das sich über zwei Stockwerke erstreckte, und hielt einen Moment inne. Auf seiner fast viertausend Hektar großen Rinderfarm hatte er das Sagen, aber in seinem eigenen Haus fühlte er sich als Fremder.
Der Grund dafür war seine fünf Monate alte Tochter, die ihn offenbar nicht ausstehen konnte.
Jedes Mal, wenn er sich ihr näherte, stieß sie einen Schrei aus, der ganz Neuseeland hätte wecken können. Dabei lag Neuseeland ganze fünfzehn Flugstunden von Silver City in Texas entfernt.
Er bemühte sich, in seinen schweren Stiefeln so wenig Lärm wie möglich zu machen. Zwar hatte Coco Jordan, die junge Nanny, die vom ersten Moment an wahre Wunder bei der kleinen Emma bewirkt hatte, ihm versichert, dass die Kleine durchschlafen würde, aber so ganz wollte er ihr nicht glauben.
Manchmal kam es Benjamin vor, als besäße seine Tochter einen sechsten Sinn und könnte es von ihrem Kinderzimmer aus spüren, wenn er vor der Haustür stand. Bei diesem Gedanken musste er den Kopf über sich selbst schütteln. Er wurde wirklich langsam verrückt.
Auf dem Weg zu seinem Büro im hinteren Teil des Hauses kam er an der Küche vorbei.
„Ah!“
Sein Magen zog sich zusammen. Er wusste genau, wessen Stimme das war, und versuchte, so schnell wie möglich weiterzugehen.
„Benjamin“, hörte er die sanfte Stimme der Nanny aus der Küche, „Sie können ihr nicht immer aus dem Weg gehen.“
„Ah“, machte Emma.
Er atmete tief durch und drehte sich dann zu Coco um, die mit seiner Tochter im Türrahmen stand. Die Kleine betrachtete ihn misstrauisch aus großen blauen Augen, während Coco ihn zu ermutigen schien, sich der Situation zu stellen. Noch hatte Emma nicht angefangen zu schreien. Vielleicht sammelte sie noch ihre Kräfte für den nächsten Ausbruch.
„Sie hat gerade gegessen und ist dann normalerweise gut gelaunt. Möchten Sie sie vielleicht mal nehmen?“
Auf gar keinen Fall, dachte er. Eine Klapperschlange war leichter zu händeln als dieses Kind. Er schob seinen Hut zurück und machte eine abwehrende Geste. „Ich habe mir noch nicht die Hände gewaschen.“
„Das macht doch nichts. Ein bisschen Dreck wird sie nicht umbringen.“
„Na gut.“ Er öffnete die Arme und bereitete sich innerlich bereits auf die Zurückweisung der Kleinen vor. „Ich versuch’s mal.“
Coco ging langsam auf ihn zu. Benjamin sah, dass sich Emmas Augen mit jedem Schritt, den sie ihm näherkam, angstvoll weiteten. „So, meine Süße“, flüsterte Coco dem Mädchen zu, „das hier ist dein großer starker Daddy, der immer auf dich aufpassen wird. Du brauchst überhaupt keine Angst zu haben.“
Sanft legte Coco ihm Emma in die Arme. Den Atem anhaltend, zog er die Kleine näher an seine Brust heran. Mit großen Augen sah sie zu ihm auf. Er fing leise an zu zählen. Eins, zwei drei, vier, fünf.
Emma presste die Lippen aufeinander und blickte zu Coco hinüber. Als Benjamin sah, dass die Unterlippe seiner Tochter zu zittern begann, wusste er, was kommen würde. Sie gab einen schrillen Laut von sich, der sich zu einem immer lauter werdenden Heulen steigerte. Er fing Cocos entmutigten Blick auf und schüttelte den Kopf.
„Hier“, sagte er und gab der Nanny das schreiende Kind zurück. „Wir sollten das arme Ding nicht unnötig quälen. Deshalb habe ich Sie schließlich eingestellt.“
Coco strich Emma tröstend über den Rücken. „Aber wir müssen sie doch langsam an Sie gewöhnen. Wir müssen einen Weg finden.“
„Vielleicht schaffen wir es ja bis zu ihrem ersten Geburtstag“, erwiderte er und wandte sich ab.
„Warten Sie.“ Er fühlte Cocos Hand auf seinem Arm und drehte sich um.
„Vielleicht hat sie Angst vor Ihrem Hut“, erklärte sie. „Wenn Sie ihn absetzen, wird sie vielleicht …“
„Das versuche ich beim nächsten Mal. Jetzt habe ich noch etwas am Computer zu tun“, antwortete er und ging weiter in sein Büro.
Er konnte es nicht begreifen. Seine Ranch hätte er mit verbundenen Augen führen können, aber es gelang ihm nicht, seine Tochter für eine Minute in den Armen zu halten, ohne dass sie vor Angst panisch zu weinen anfing. Eines Tages würde er das ändern müssen, aber er wusste einfach nicht wie.
Was hatte Brooke getan? Hatte seine ehemalige Geliebte ihrem Kind erzählt, dass er ein schrecklicher Mann wäre, bevor sie auf dem Rücksitz des Motorrads ihres letzten Liebhabers tödlich verunglückt war?
Brooke und er hatten eine kurze Affäre gehabt, die nur ein Wochenende gedauert hatte. Danach waren beide wieder zur Vernunft gekommen. Bis sie ihm wenige Wochen nach ihrer Begegnung eröffnet hatte, dass sie schwanger war. Benjamin hatte sie sofort gefragt, ob sie ihn heiraten wolle, obwohl beiden klar war, dass sie nicht zueinander passten. Seinen Antrag hatte zwar Brooke abgelehnt, aber seine Unterstützung hatte sie angenommen. Widerstrebend begriff er, dass er nur ein Teilzeitvater sein würde – an zwei Tagen im Monat. Vor dem Tod ihrer Mutter hatte er Emma nur dreimal gesehen.
Dann war er ganz plötzlich zum alleinerziehenden Vater geworden. Zu einem Vater, dessen Tochter jedes Mal in Tränen ausbrach, wenn sie ihn sah.
Wieder spürte er diesen Knoten im Bauch. Ob er sein Kind jemals in den Armen halten würde, ohne dass es vor Angst schrie?
Zum Glück hatte er Coco. Bei ihr fühlte Emma sich sicher und manchmal schien es ihm, als verfüge sie über übernatürliche Kräfte im Umgang mit Babys. Sie war genau das, was Benjamin gebraucht hatte. Und in letzter Zeit war ihm immer wieder der Gedanke gekommen, ob sie vielleicht … mehr … sein könnte.
Benjamin schüttelte den Kopf. Verrückte Gedanken. Er schob sie von sich und konzentrierte sich stattdessen wieder auf den Computerbildschirm.
Er hatte mehr als genug zu tun, ohne sich auch noch den Kopf über das Kindermädchen zerbrechen zu müssen.
Coco sah ihrem großen, breitschultrigen Boss nach, als er in sein Büro verschwand. Vorsichtig löste sie sich von Emma, die sich wie ein kleines Äffchen an sie klammerte. Coco war überzeugt davon, dass Emma ihre Mutter noch immer vermisste, auch wenn Brooke anscheinend mehr an Partys als an ihrer Tochter interessiert gewesen war.
Wahrscheinlich hatte Benjamin versucht, Emmas erste Nanny auch weiterhin zu engagieren. Aber es war nicht jedermanns Sache, auf einer Ranch am Ende der Welt zu leben. Coco hingegen kam das gerade gelegen nach der Zeit, die sie bei ihrer Mutter im Hospiz verbracht hatte. Es war schön, nicht mehr allein in einem winzigen Apartment leben zu müssen. Nach dem Tod ihrer Mutter war sie ganz allein gewesen.
Sich um das Baby zu kümmern, half ihr dabei, über ihren Verlust hinwegzukommen. Aber nach dem seltsamen Besuch der beiden fremden Männer, die gestern plötzlich auf Benjamins Veranda aufgetaucht waren, hatte sie Angst bekommen. Was wollten sie von ihr? Hatte ihre Mutter ihr Schulden hinterlassen, die sie nun bezahlen musste?
Der Gedanke ließ Coco panisch werden. Sie hatte bereits einen Kredit aufgenommen, um die Beerdigung ihrer Mutter zu bezahlen, und den anderen Kredit für ihr Studium würde sie noch für eine lange Zeit abzahlen müssen. Kurz vor dem Abschluss musste sie das Studium abbrechen, aber sie hatte sich fest vorgenommen, es später fortzusetzen. Doch damit würde sie noch warten müssen. Jetzt musste sie erst einmal ihr inneres Gleichgewicht wiederfinden. Schon als sie die Ranch zum ersten Mal betreten hatte, spürte sie, dass dies der richtige Ort dafür war.
Sarah Stevens, Benjamins langjährige Haushälterin, schnalzte mit der Zunge, als sie die Diele betrat. „Wie lange wird dieser Mann noch brauchen, bis er sich endlich traut, das Kind so lange im Arm zu halten, bis es aufhört zu schreien?“
„Es ist nicht allein seine Schuld“, sagte Coco. „Emma will einfach nichts von ihm wissen.“
Sarahs faltiges Gesicht wurde weich. „Stimmt schon, das Baby hat viel mitmachen müssen. Wer weiß, in was für einer Umgebung sie mit dieser Brooke Hastings leben musste.“ Sie schnaubte verächtlich. „Dieses Partygirl! Ich werde nie verstehen, wie er sich jemals auf sie einlassen konnte.“
Coco hatte sich selbst schon gefragt, wie es dazu gekommen war, dass sich der durch und durch verlässliche Rancher Benjamin Garner mit einem der berüchtigtsten Partygirls von Dallas eingelassen hatte. „Irgendetwas müssen sie ja im anderen gesehen haben.“
Sarah schnaubte erneut. „Für ein Abenteuer hat es wohl gereicht. Natürlich hat Benjamin sofort versucht, das Richtige zu tun, als er herausfand, dass die reizende Miss Brooke schwanger war. Aber sie wollte sich nicht binden, sie wollte mehr vom Leben.“ Sarah schüttelte den Kopf. „Zum Glück bist du genau zum richtigen Zeitpunkt hier aufgetaucht. Das Würmchen hat zwar auch mit mir vorliebgenommen, solange ich sie auf dem Arm hatte, aber die Hälfte meiner Arbeit ist liegen geblieben. Ich bin immer noch dabei, alles wieder aufzuholen.“
„Ja, für mich war der Zeitpunkt genau richtig“, stimmte Coco ihr zu.
Die ältere Frau strich Emma zärtlich über die Wange und lächelte. „Sie ist zauberhaft, wenn sie nicht schreit.“
In dieser Nacht lag Coco lange wach. Ihr Schlafzimmer lag direkt neben dem Kinderzimmer. Sie schlief dort, weil das Baby nachts häufig aufwachte. Der Besuch der beiden Männer ließ ihr keine Ruhe und sie fragte sich, was sie tun sollte. Waren sie Geldeintreiber? Sollte sie einen Anwalt aufsuchen? Erst nach Stunden konnte sie endlich einschlafen.
Plötzlich wurde sie von einem markerschütternden Schrei geweckt. Sie saß aufrecht im Bett und es dauerte einen Moment, bis sich ihr Herzschlag wieder beruhigte.
Sie hörte einen weiteren Schrei. Das war Emma. Wieder ein Albtraum, dachte sie. Wer hätte gedacht, dass auch Babys Albträume haben? Coco sprang aus dem Bett und eilte nach nebenan. Sie machte kein Licht, weil sie den Weg im Schlaf kannte.
Nur dass sie diesmal gegen eine lebendige Wand lief.
Bei dem reflexartigen Versuch, sich abzustützen, landeten ihre Hände auf Benjamins Schultern, auf warmer Haut über starken Muskeln. Das Herz schlug hart in ihrer Brust und sie fühlte, wie er seine Arme um sie legte, um sie vorm Fallen zu bewahren.
Endlich begannen ihre Augen sich an die Dunkelheit zu gewöhnen.
„Entschuldigung“, stieß sie hervor und spürte, wie eine seltsame Mischung aus Verlangen und Panik von ihr Besitz ergriff.
„Ich habe Emma gehört. Sie hat nicht mehr aufgehört zu schreien“, sagte Benjamin mit rauer Stimme.
Coco trat einen Schritt zurück. „Es tut mir leid“, wiederholte sie. „Ich habe so fest geschlafen.“
„Sie brauchen eine Pause“, erwiderte er und strich sich mit der Hand durchs Haar.
„Es wird schon gehen“, erwiderte sie und öffnete die angelehnte Tür zu Emmas Kinderzimmer. Emma schrie pausenlos weiter. Coco eilte zur Wiege und nahm das Baby in die Arme.
„Alles ist gut, meine Süße, du bist in Sicherheit.“
Emma hörte auf zu schreien und stieß einen tiefen Seufzer aus.
„Sie scheint wieder in Ordnung zu sein“, sagte Benjamin, der ihr gefolgt war.
Coco wandte sich zu ihm um und stellte fest, dass er nur mit einer Pyjamahose bekleidet war. „Ja, es sieht so aus.“
Sie fühlte, wie sich die Anspannung in Emmas Körper langsam löste.
„Vielleicht hat sie im Dunkeln nicht so viel Angst vor Ihnen. Kommen Sie, wir probieren es mal.“
„Das habe ich schon versucht“, erwiderte er abweisend.
„Aber heute ist es anders, es ist dunkel und Sie tragen Ihren Hut nicht. Vielleicht …“
„Nicht heute“, sagte er fest. „Ich will sie nicht noch mehr aufregen. Bis morgen.“ Eilig verließ er das Zimmer.
Seufzend setzte Coco sich in den Schaukelstuhl. Sie fand es schrecklich, dass die Situation zwischen Emma und Benjamin so angespannt war. Sie hatte gehofft, dass sich die Beziehung der beiden mit der Zeit verbessern würde, aber im Moment schien sie sich eher zu verschlechtern. Sie fühlte, wie sich das Baby entspannte. Es rührte sie jedes Mal, wenn sie spürte, wie sehr es ihr vertraute. Sie stand auf, legte Emma wieder in ihre Wiege und ging zurück in ihr eigenes Bett. Diesmal schlief sie ein, sobald sie ihren Kopf auf das Kissen gelegt hatte.
Am nächsten Vormittag machte Coco sich gleich nach dem Frühstück bereit, in die Stadt zu gehen, weil sie einen Arzttermin hatte. Emma schlief gerade. Sarah würde nach ihr sehen, falls sie aufwachen sollte. Doch genau in dem Moment, als sie die Stufen der Vordertreppe hinunterlief, sah sie einen schwarzen Mercedes auf das Haus zufahren. Ihr wurde ganz flau. Mit diesem Auto waren auch die beiden seltsamen Männer gekommen, die sie vor zwei Tagen aufgesucht hatten.
Sie sah nervös zum Haus, betete, dass niemand die Besucher bemerken würde. Mit klopfendem Herzen ging sie auf das Fahrzeug zu. Der Mann auf dem Beifahrersitz öffnete die Tür und stieg aus. Er war klein, hatte graues Haar und kniff die Augen zusammen. „Miss Jordan, ich bin Paul Forno. Ich vertrete das Haus Devereaux. Mein Partner und ich müssen Sie in einer wichtigen Angelegenheit sprechen.“
Das Haus Devereaux? Coco war sich nicht sicher, ob es sich um ein Modelabel oder ein Inkassobüro handelte. Als der Fahrer die Tür öffnete, wurde sie panisch. „Hören Sie, Sie befinden sich auf Privatbesitz. Ich arbeite hier.“
„Natürlich, Madam. Wir bitten um Entschuldigung, aber wir müssen Sie in einer dringenden Angelegenheit sprechen. Wenn Sie einen Moment Zeit für uns hätten …“
„Jetzt nicht“, erwiderte sie. „Ich wollte gerade los.“
Der Mann seufzte. „Wie Sie wünschen, Miss, aber wir haben nicht mehr viel Zeit. Hier ist meine Karte. Bitte rufen Sie mich an, sobald Sie Zeit haben“, sagte er und gab ihr seine Visitenkarte.
In dem Versuch, ihre Verwirrung zu verbergen, nickte Coco brüsk, nahm die Karte und stopfte sie in ihre kleine Handtasche. Dann ging sie schnell zu ihrem Auto. Wir haben nicht mehr viel Zeit. Was konnte das bedeuten? Und wer waren wir? Ihre Hände zitterten, als sie den Zündschlüssel im Schloss drehte. Erleichtert sah sie im Rückspiegel, wie der schwarze Mercedes kehrtmachte und losfuhr.
Sie kurbelte das Fenster herunter und atmete ein paarmal tief durch. Die Männer sahen aus wie die Geldeintreiber, die ihrer Mutter in den letzten zwei Monaten vor ihrem Tod das Leben schwergemacht hatten. Ihre Mutter war hoch verschuldet und die Gläubiger machten Druck, weil sie ihr Geld zurückhaben wollten. Coco versuchte zu helfen, wo es ging, aber in der letzten Zeit vor dem Tod ihrer Mutter konnte sie nur noch in Teilzeit arbeiten. Die Pflege ihrer Mutter nahm den Rest ihrer Zeit und Energie vollkommen in Anspruch.
Manchmal fragte sie sich, ob sie vielleicht für einen Teil der Schulden würde aufkommen müssen.
Auf dem Weg in die Stadt kreisten ihre Gedanken unaufhörlich um diese Fragen. Was soll ich nur tun? dachte sie. Plötzlich fiel ihr eine Freundin ein, die bei einem Anwalt gearbeitet hatte. Vielleicht könnte sie sie anrufen.
Gleich nachdem sie aus der Stadt auf die Ranch zurückgekommen war, rief sie ihre Freundin Kim an.
„Was gibt es denn, Coco? Du hörst dich so ernst an.“
„Vielleicht brauche ich Rechtsbeistand“, antwortete Coco zögernd.
„Wieso? Was ist los?“, fragte Kim besorgt.
„Ich muss in Erfahrung bringen, ob ich für die Schulden meiner Mutter haftbar gemacht werden kann. Zwei komische Männer sind hier auf der Ranch gewesen. Sie erinnern mich an die Geldeintreiber, die immer bei meiner Mutter aufgetaucht sind.“
„Solange du nichts unterschrieben hast, musst du auch nichts bezahlen. Als die Eltern von meinem Mann gestorben sind, musste keins der Kinder die Schulden übernehmen, solange sie das Erbe nicht antraten.“ Kim hielt kurz inne. „Du solltest mit Benjamin sprechen. Er wird schon dafür sorgen, dass sie dich in Ruhe lassen.“
„Aber er ist mein Boss! Nein! Das geht nicht. Es ist mir peinlich, ihm davon zu erzählen.“
„Wenn sie wiederkommen, kriegt er das sowieso mit. Da kannst du es ihm auch gleich sagen. Glaub mir, Benjamin würde niemals zulassen, dass irgendjemand versucht, dich in windige Geldgeschichten zu verwickeln.“ Im Hintergrund begann ein Kind zu weinen. „Tut mir leid, Coco, ich muss auflegen. Aber sprich mit Benjamin, okay?“
„Ja, mache ich“, stimmte Coco widerwillig zu. Sie spürte, wie sich ihr Magen bei dem Gedanken, mit Benjamin über die Schulden ihrer Mutter zu sprechen, schmerzhaft zusammenzog.
Nach dem Mittagessen fing sie Benjamin ab, der gerade wieder nach draußen gehen wollte. „Hey, alles in Ordnung?“, fragte er sie erstaunt, weil er nicht erwartet hatte, sie in der Diele zu treffen.
„Ja, äh … Aber ich … ich würde gerne mit Ihnen sprechen.“
„Kein Problem. Sagen Sie mir einfach, wann. Später am Nachmittag bin ich im Büro und heute Abend gehe ich zu einem Rinderzüchtertreffen.“
Coco sah ihn einen Moment lang unverwandt an. „Wann passt es Ihnen also?“
Als er ihren Gesichtsausdruck sah, beschlich ihn ein ungutes Gefühl. Er hoffte, dass alles in Ordnung war. Schließlich hatte er schon genug eigene Probleme.
„Wir können uns entweder vor sechs oder nach neun Uhr heute Abend treffen.“
Sie atmete tief durch. „Gut, nach neun. Emma wird dann bestimmt schon schlafen.“
Er nickte und setzte seinen Hut wieder auf. „Um neun Uhr dann. Kommen Sie in mein Büro.“
„Es wäre mir lieber, wenn wir uns im Wohnzimmer treffen könnten.“
Ihre Bitte überraschte ihn, doch er zuckte mit den Schultern. „Meinetwegen.“
Am Abend war Emma völlig entspannt und schlief problemlos kurz vor neun Uhr ein. Coco legte das Baby in die Wiege. Sie war zuversichtlich, dass es diese Nacht durchschlafen würde. Leise verließ sie das Zimmer, ließ die Tür jedoch einen Spalt breit offen. Das Babyfon war zwar angestellt, aber sie wollte auf Nummer sicher gehen.
Inzwischen waren ihr Zweifel gekommen, ob es wirklich eine gute Idee gewesen war, Benjamin um ein Gespräch zu bitten. Sie hatte fast darauf gehofft, dass Emma nicht einschlafen und ihr so einen Vorwand liefern würde, das Treffen abzusagen. Vor lauter Anspannung zog sich ihr Magen zusammen. Benjamin hatte seine Prinzipien. Sie konnte nur hoffen, dass er auf ihrer Seite sein würde.
Coco zögerte kurz vor der Wohnzimmertür. Aber bevor sie es sich noch anders überlegen konnte, stand Benjamin bereits vor ihr. Ihr Herz schien einen Moment stillzustehen.
„Kommen Sie rein.“
Sie folgte ihm in den gemütlich eingerichteten Raum. Mit einer Geste forderte er sie auf, sich ihm gegenüber auf das Sofa zu setzen. Erwartungsvoll sah er sie an und sie spürte, dass ihr Hals ganz trocken wurde. Sie nahm ihren ganzen Mut zusammen.
„Ich brauche Ihre Hilfe.“
„Das habe ich mir schon gedacht. Worum geht’s?“
„Zwei Männer haben versucht, mit mir zu sprechen.“
„Was für Männer?“
„Sie sind schon zweimal hier gewesen und …“
„Hier? Auf meinem Grund und Boden?“ Aufgebracht richtete er sich in seinem Sessel auf.
„Ja.“
„Warum hat mir niemand Bescheid gesagt?“
„Sie wollten mit mir sprechen.“ Coco nahm die Visitenkarte aus ihrer Handtasche und reichte sie ihm. „Ich habe keine Ahnung, wer oder was das Haus Devereaux ist.“ Nervös schob sie sich eine Haarsträhne hinters Ohr. „Sie wissen ja, meine Mutter ist vor einigen Monaten gestorben.“ Sie biss sich auf die Lippen. „Die Männer erinnern mich an die Geldeintreiber, die damals bei mir aufgetaucht sind.“
Benjamin runzelte die Stirn und sah sich die Karte genau an. „Haben Sie einen der Kreditverträge Ihrer Mutter mit unterzeichnet?“
Sie schüttelte den Kopf.
„Mein Bruder ist Anwalt. Ich werde mich bei ihm erkundigen, ob er dieses Haus Devereaux kennt. Bis dahin möchte ich, dass Sie mich sofort benachrichtigen, wenn diese Männer wieder auftauchen.“
Sie zögerte.