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Ein charmantes Bed & Breakfast zum Verlieben
Der zweite Band der gemütlichen Liebesroman-Reihe rund um Little Falls
Nach einer schmerzhaften Trennung schwört Audrey der Liebe und den Männern endgültig ab. Trotzdem ist sie außer sich vor Freude, als ihre Freundin Jenna sie bittet, ihre Trauzeugin zu werden und stürzt sich direkt in die Arbeit. Inmitten der Hochzeitsvorbereitungen sieht sich Audrey jedoch mit Clayton konfrontiert, ausgerechnet dem Mann, der seit ihrer Kindheit keinen Konflikt mit ihr scheut …
Clayton, Experte in Sachen Bauprojekte und Frauen, muss sich nun mit einer anderen Art von Baustelle auseinandersetzen: Nicht nur, dass er als Trauzeuge seines Bruders mit der unausstehlichen Audrey zusammenarbeiten, sondern mit ihr auch noch das Bed & Breakfast ihrer Tante renovieren muss. Schlimmer geht es kaum! Doch inmitten von Meinungsverschiedenheiten und Katastrophen stellen die beiden fest, dass sie ein ganz gutes Team sind, wenn sie es darauf anlegen. Ist da vielleicht doch mehr, als die beiden wahrhaben wollen?
Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits erschienenen Titels Herzklopfen in Little Falls
Weitere Titel dieser Reihe
Neuanfang der Liebe (ISBN: 9783987788864)
Erste Leser:innenstimmen
„Feel-Good-Romance mit viel Herz, Humor und Gefühl.“
„Schöne Rückkehr ins charmante Little Falls – eine Reihe zum Wohlfühlen und Träumen.“
„Supersüße, romantische Enemies to Lovers Geschichte!“
„Lustig, unterhaltsam und einfach bezaubernd.“
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Seitenzahl: 380
Nach einer schmerzhaften Trennung schwört Audrey der Liebe und den Männern endgültig ab. Trotzdem ist sie außer sich vor Freude, als ihre Freundin Jenna sie bittet, ihre Trauzeugin zu werden und stürzt sich direkt in die Arbeit. Inmitten der Hochzeitsvorbereitungen sieht sich Audrey jedoch mit Clayton konfrontiert, ausgerechnet dem Mann, der seit ihrer Kindheit keinen Konflikt mit ihr scheut …
Clayton, Experte in Sachen Bauprojekte und Frauen, muss sich nun mit einer anderen Art von Baustelle auseinandersetzen: Nicht nur, dass er als Trauzeuge seines Bruders mit der unausstehlichen Audrey zusammenarbeiten, sondern mit ihr auch noch das Bed & Breakfast ihrer Tante renovieren muss. Schlimmer geht es kaum! Doch inmitten von Meinungsverschiedenheiten und Katastrophen stellen die beiden fest, dass sie ein ganz gutes Team sind, wenn sie es darauf anlegen. Ist da vielleicht doch mehr, als die beiden wahrhaben wollen?
Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits erschienenen TitelsHerzklopfen in Little Falls.
Überarbeitete Neuausgabe Februar 2024
Copyright © 2024 dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Made in Stuttgart with ♥ Alle Rechte vorbehalten
E-Book-ISBN: 978-3-98778-938-0 Taschenbuch-ISBN: 978-3-98778-936-6 Hörbuch-ISBN: 978-3-98778-932-8
Copyright © 2022, dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH Dies ist eine überarbeitete Neuausgabe des bereits 2022 bei dp Verlag, ein Imprint der dp DIGITAL PUBLISHERS GmbH erschienenen Titels Herzklopfen in Little Falls (ISBN: 978-3-96817-813-4).
Covergestaltung: ArtC.ore-Design / Wildly & Slow Photography unter Verwendung von Motiven von stock.adobe.com: © JulietPhotography, © Axel, © dottedyeti shutterstock.com: © rawmn, © CEW Lektorat: Carolin Diefenbach
E-Book-Version 27.08.2024, 22:49:46.
Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.
Sämtliche Personen und Ereignisse dieses Werks sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit real existierenden Personen, ob lebend oder tot, wären rein zufällig.
Abhängig vom verwendeten Lesegerät kann es zu unterschiedlichen Darstellungen des vom Verlag freigegebenen Textes kommen.
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Ein charmantes Bed & Breakfast zum VerliebenDer zweite Band der gemütlichen Liebesroman-Reihe rund um Little Falls
Anlässlich der Neuauflage meiner Little Falls-Reihe, habe ich einen weiteren Beitrag für die inoffizielle Tourismus-Seite meiner fiktiven Kleinstadt erfasst.
Viel Spaß beim Lesen und eine gute Reise wünscht
Karin Bell
Im Frühling erwacht unser kleines Städtchen nach dem langen Winter wieder zum Leben. Die malerischen Gebäude auf der Main Street erstrahlen in neuem Glanz und bereits ab Mai erwartet uns ein ganz besonderes Highlight – die Hortensienblüte am Pavillon.
Das Leben spielt sich wieder im Freien ab, besonders der Park wird zum beliebten Treffpunkt für Jung und Alt.
Die Top 5 im Frühling
1. Wochenmarkt jeden Mittwoch und Samstag
2. Open Air Kino im Park (bitte eigene Sitzgelegenheit mitbringen)
3. Historische Stadtführung mit Bürgermeisterin Martha
4. Angelausflüge zum Dragonfly Lake
5. Erdbeerfest (Backwettbewerb und Wahl der Erdbeerkönigin)
„Audrey, mein Schatz, sei doch so lieb und nimm den Eistee gleich mit raus.“
„Mach ich, Tante Dorothy.“ Audrey legte ihren Gameboy, den sie eben aus ihrem Rucksack geholt hatte, neben die aufgefüllten Gläser und balancierte das Tablett vorsichtig zur Hintertür, die zur Veranda führte. Sie liebte den Pfirsicheistee, den ihre Tante jeden Morgen frisch für die Gäste im Bed & Breakfast zubereitete und der so fruchtig duftete. Er stimmte sie sogleich auf ihre Sommerferien in Little Falls ein, die sie wie in jedem Jahr fernab von Chicago verbrachte. Drei Wochen nur Abenteuer, Natur und Badespaß am See – ohne ihre Eltern.
Audrey pustete eine Strähne, die sich aus ihrem Zopf gelöst hatte, aus dem Gesicht und schnitt wilde Grimassen, um ihre Brille wieder in die richtige Position zu bringen. Anschließend stieß sie mit dem Ellbogen die Fliegengittertür auf und trat hinaus, wo sie das Tablett auf einem Korbtischchen abstellte. Sie zog den rechten Träger ihrer Latzhose, der beim Öffnen der Tür leicht verrutscht war, wieder auf die Schulter und kniff argwöhnisch die Augen zusammen, als sie die drei Cassidy-Brüder am Ufer entdeckte.
Mist, was hatten die schon wieder hier verloren? Sie waren weder Gäste des B & B noch mit ihrer Tante verwandt … Aber sie kannte die Antwort schon. Im B & B war jeder willkommen, egal ob er hier Urlaub machte oder in Little Falls wohnte.
Wie zum Beweis tauchte Eugene, der Mann der Bürgermeisterin, mit einem Handtuch um die Hüften auf und legte sich, nachdem er sich gründlich mit Sonnenöl einbalsamiert hatte, auf eine der Liegen auf der Wiese. Lautes Schnarchen lenkte ihre Aufmerksamkeit zurück zur Veranda, wo sie Rosie und Manfred entdeckte, ein älteres Ehepaar, das schon seit Jahren zu den Stammkunden gehörte. Vielleicht konnte sie Rosie später, wenn sie ausgeschlafen hätte, zu einer Partie Skip-Bo überreden.
Audrey ließ sich auf die Sonnenliege plumpsen und schnappte sich ihren Gameboy. Solange Jenna nicht hier war, wollte sie sich den drei Jungs nicht stellen, außerdem war heute ihr erster Tag und den wollte sie sich nicht gleich durch einen Streit mit Clayton vermasseln. Sie linste über den Brillenrand und schüttelte genervt den Kopf. Der mittlere Cassidy-Spross wirkte seit letztem Sommer sogar noch eingebildeter. Nicht nur dass er seine Baseballcap verkehrt herum trug, nein, jetzt hatte er auch eine verspiegelte Sonnenbrille, die seinem Ego eindeutig nicht guttat.
Audrey schaltete den Gameboy an und zuckte ob des schrillen Signaltons zusammen. Mist. Jetzt hatte sie nicht nur Rosie geweckt, sondern auch Claytons Aufmerksamkeit auf sich gelenkt, der auf dieses Signal offensichtlich ansprang wie ein Hund auf eine Hundepfeife.
Schnell warf sie Rosie einen entschuldigenden Blick zu, doch die hatte die Augen bereits wieder geschlossen und schnarchte nun noch lauter als zuvor. Clayton jedoch war hellwach und kam mit einem breiten Lächeln auf die Veranda zu. Unwillkürlich rutschte Audrey auf der Liege weiter hinab, doch vergebens. Er hatte sie hinter den Sprossen des Geländers und einem Handtuch, das darüber hing, bereits entdeckt.
„Audrey, seit wann bist du wieder in Little Falls?“, fragte er überrascht, die Hand lässig am Pfosten des Verandadachs abgestützt. Mit der anderen Hand wischte er sich die Sonnenbrille aus dem Gesicht, wo sie auf dem Käppi zum Liegen kam. Dabei entging ihr nicht, wie seine Augen unschlüssig erst ihren Gameboy und dann den eisgekühlten Pfirsichtee fokussierten.
„Hi, Clayton, ich bin gestern Nachmittag angekommen.“ Sie schnitt eine Grimasse, ehe sie die Minikonsole in der Brusttasche ihrer Latzhose verschwinden ließ. Sicher war sicher, denn Claytons sehnsüchtigem Blick nach zu urteilen, dauerte es keine Sekunde mehr, bis er seinen Charme ausspielte, um an das Spielzeug zu kommen. Wie gut, dass sie sich davon nicht beeindrucken ließ. Ihr Mund verzog sich automatisch zu einem Grinsen.
„Oh, du hast jetzt einen Gameboy?“, fragte er so beiläufig, als hätte er das Ding eben erst gesehen.
„Mmh, hab ich zu Weihnachten bekommen“, erwiderte Audrey im gelangweilten Ton und kämpfte mit ihrer Selbstbeherrschung, um nicht laut loszuprusten. Mit der linken Hand griff sie nach einem Glas Eistee, dann rückte sie sich wieder die Brille zurecht, die bei dem schwülwarmen Wetter permanent verrutschte.
„Du gehst heute nicht schwimmen?“, wechselte Clayton abrupt das Thema und brachte Audrey mit dieser Frage in Erklärungsnot. Aber sie konnte ihm ja schlecht berichten, dass sie gerade zum zweiten Mal in ihrem Leben Besuch von Tante Rosa hatte, und aus ebendiesem Grund lieber auf der Veranda saß als auf der Luftmatratze, die sich Cole heute von ihrem Onkel Dean ausgeliehen hatte.
Hoffentlich war es schnell vorüber, nicht auszudenken, wenn sie ganze drei Wochen nicht schwimmen konnte.
„Alles in Ordnung? Du bist auf einmal knallrot im Gesicht“, fragte Clayton irritiert, der Gameboy schien vergessen.
„Ähm, ja, mir ist nur etwas warm“, erwiderte sie schnell und nahm wie zum Beweis einen großen Schluck vom Eistee. „Willst du auch einen?“, fragte sie eilig und gratulierte sich für diesen genialen Einfall. Der Eistee würde Clayton eine Weile beschäftigen und ihn von ihr ablenken.
„Danke.“ Clayton schnappte sich schnell ein Glas, als hätte er nur auf ihre Aufforderung gewartet, und ließ sich auf dem Korbsessel neben ihr nieder.
Na super, das war eigentlich nicht Absicht gewesen. Warum verkrümelte er sich nicht wieder zu seinen Brüdern und ließ sie in Ruhe auf Jenna warten?
Clayton setzte sich nun wieder die Sonnenbrille auf, ehe er eine Oktave tiefer sinnierte: „Hier lässt es sich aushalten. Ein kühler Drink mit Blick auf den See.“ Er verzog den Mund, als hätte er eben einen großen Deal abgeschlossen, und prostete dann Manfred zu, der zwischenzeitlich im B & B verschwunden war und nun mit einem Bier nach draußen kam.
Fehlt nur die dicke Zigarre im Mundwinkel, schoss es Audrey durch den Kopf – oder zumindest eine Kaugummizigarette, schließlich war Clayton erst zwölf, genau wie sie.
Für einen Moment fragte sie sich, wie lange er hier wohl noch sitzen wollte. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie sich wieder dermaßen in die Haare bekamen, dass Clayton beleidigt wie eine Leberwurst abrauschte – sein aufgeplustertes Ego vertrug einfach keine Kritik. Außerdem verwirrte sie allein schon die Tatsache, dass er mit ihr auf der Veranda saß, als wären sie beste Freunde. Hatte er sich womöglich doch geändert?
Ehe sie weitergrübeln konnte, wurde hinter ihr die Tür aufgestoßen und Jenna kam mit einem Freudenschrei auf sie zu.
„Audrey, Audrey, Audrey, du bist endlich wieder in Little Falls!“
Die Freundinnen fielen sich stürmisch in die Arme und hüpften übermütig auf und ab, dabei lenkten sie auch Eugenes Aufmerksamkeit auf sich, der sich nun neugierig von seiner Liege erhob. Beim Anblick seiner Retroshorts mit Paisleymuster und den weißen, hochgezogenen Tennissocken, die er immer noch trug, verschlug es sogar ihr für einen Moment die Sprache. Dann zischte sie Jenna übermütig zu: „Kein Wunder, dass er so weiße Storchenbeine hat.“
Jenna hielt sich vor Lachen den Bauch und winkte Eugene kurz zu, der daraufhin freudig die Hand hob.
„Oh, Clayton, hab dich gar nicht gesehen“, begrüßte sie den Jungen, der immer noch auf der Veranda saß. Anschließend schenkte sie Audrey einen fragenden Blick, den diese mit einem Augenrollen quittierte.
„Am besten gehen wir rein, da können wir uns in Ruhe unterhalten“, schlug Audrey vor und bemerkte, wie Claytons Hoffnung auf eine Runde Zocken schwand. Er konnte einem geradezu leidtun, wie er da mit seinem traurigen Dackelblick saß.
Sie zögerte nur einen kurzen Moment, ehe sie den Gameboy aus ihrer Brusttasche zog und ihn Clayton reichte. „Wehe, du machst ihn mir kaputt, dann gnade dir Gott.“
„Äh, nein …“, stotterte der sonst so coole Junge und wirkte mit seinem aufrichtigen Lächeln auf einmal sehr sympathisch.
Bevor sie es sich anders überlegen konnte, hakte sie sich bei Jenna unter und betrat mit ihr das B & B.
„Das war sehr lieb von dir, mein Schatz.“ Dorothy, die ihre Augen und Ohren wohl überall hatte, kam den Mädchen entgegen und schenkte ihrer Nichte ein stolzes Lächeln.
Audrey verzog verlegen den Mund, sie war schließlich kein Unmensch. Außerdem wusste sie, dass ihre Tante die Cassidy-Brüder liebte, als gehörten sie zur Familie.
„Ich will ja nicht schon am ersten Tag einen Streit anzetteln“, erwiderte sie mit einem frechen Zwinkern. „Und wie heißt es so schön: Die Klügere gibt nach.“
13 Jahre später
Clayton trat aus dem Haus ins Freie und bewunderte sein Werk voller Stolz. Es gab für ihn nichts Schöneres, als mit den eigenen Händen etwas Altes wieder in ein Schmuckstück zu verwandeln. Noch vor einigen Monaten war dieses Haus eine heruntergekommene Bretterbude gewesen. Dennoch hatte sein Dad darin von Anfang an etwas Besonderes gesehen und es gekauft. Mittlerweile waren nicht nur das Dach, die Veranda und sämtliche Leitungen neu, sie hatten sogar den ursprünglichen Dielenboden retten können, der jetzt in neuem Glanz erstrahlte.
Claytons Mund verzog sich zu einem Lächeln. Was sein älterer Bruder Cole und dessen Verlobte Jenna wohl zu ihrem neuen Zuhause sagen würden? Mit jedem Tag fiel es ihm schwerer, dieses Projekt als Kundenauftrag zu tarnen, schließlich sollte es eine Überraschung zur Hochzeit sein, die kurz bevorstand. Der Frühling war in Little Falls eingekehrt und die beiden konnten es kaum mehr erwarten, sich endlich das Ja-Wort zu geben. Er freute sich sehr für seinen Bruder, denn dieser war seit Jennas Rückkehr nach Little Falls und ihrem Neuanfang wie verwandelt. Momentan lebten sie noch in der kleinen Wohnung über Coles Diner, doch er war sich ziemlich sicher, dass die beiden gegen mehr Platz und eine Veranda nichts einzuwenden hätten.
Clayton lief zum Pick-up-Truck und schnappte sich den Staubsauger, den er heute extra mitgenommen hatte. Für die Übergabe sollte alles perfekt sein, auch wenn das bedeutete, dass er selbst den Wischmob schwingen musste. Dies kam normalerweise eher selten vor, denn er wohnte immer noch in seinem Elternhaus und seine Mom übernahm diese Aufgaben aus irgendeinem Grund am liebsten selbst. Dabei hatte er sich beim letzten Mal gar nicht so dumm angestellt.
Nicht dass er ein schlechtes Verhältnis zu seiner Familie hätte, aber so langsam wurde es Zeit, sich nach einer eigenen Wohnung umzusehen. Erst recht jetzt, wo ihm sein Dad im Familienbetrieb immer mehr Verantwortung übertrug. Mittlerweile betraute er ihn sogar mit größeren Bauprojekten und ließ ihm von der Planung bis zur Ausführung freie Hand.
Clayton betrat erneut das kleine Farmhaus und stellte den Staubsauger am Boden ab. Das Haus war wirklich ein Schmuckstück. Mit der Inneneinrichtung hatten sie allerdings gewartet, damit sich Jenna nach Lust und Laune austoben konnte. Sein Bruder dagegen war ziemlich anspruchslos. Clayton hoffte nur, dass Cole seine alten Möbel endlich entsorgen würde – vor allem die speckige Couch und den alten Sessel, den er seit Teenagerjahren besaß.
Mit einem Schmunzeln steckte er den Stecker ein und begann im hinteren Teil zu saugen. Während der Renovierung hatte er sich selbst mehr als einmal bei dem Gedanken ertappt, hier einzuziehen. Das Haus hatte Charme und befand sich zudem etwas abseits vom Zentrum. Aber im Grunde war es schon immer sein Traum gewesen, sich ein eigenes Haus am See zu bauen. Wie praktisch, dass es in Little Falls gleich zwei davon gab: den größeren Dragonfly Lake und den Little Pond. Er sah sein zukünftiges Haus schon vor sich. Die hintere Veranda war auf Stelzen gebaut und führte direkt zum Wasser. Allerdings dürfte das etwas schwierig werden, wenn es den größeren See anging. Dieser war ringsum von dichten Wäldern umgeben und noch nicht bebaut. Er konnte sich kaum vorstellen, dass Martha, die Bürgermeisterin, dafür eine Genehmigung erteilen würde. Der Little Pond wiederum lag in der Nähe seiner Eltern und ihrer Baufirma, wurde aber von den Gästen des Bed & Breakfast und den Einwohnern von Little Falls als Badesee genutzt. Mit der Ruhe und vor allem der Privatsphäre wäre es dann vorbei – zumindest in den Sommermonaten.
Eins nach dem anderen, mahnte er sich. Zuerst musste er etwas Geld sparen, um sich wenigstens das Grundstück leisten zu können.
Zum wiederholten Mal spürte er sein Handy in der Gesäßtasche vibrieren, was ihn genervt aufstöhnen ließ. Seit letztem Wochenende, das er in New Haven verbracht hatte, und dem unverfänglichen Flirt mit einer heißen Blondine stand sein Handy gar nicht mehr still. Hätte er ihr nur nicht seine Nummer gegeben. Die Gute bekam offensichtlich nicht genug von ihm, dabei hatten sie auf der Tanzfläche nur ein wenig herumgeknutscht. Das war wohl das Päckchen, welches er tragen musste. Frauen erlagen schnell seinem Charme und interpretierten einfach zu viel hinein. Konnte er etwas dafür, dass er intelligent und zudem mit einem schlanken, aber auch muskulösem Körper gesegnet war? Dieser steckte die meiste Zeit in ausgewaschenen Jeans, einem Muskelshirt und Flanellhemd – hier machte er privat wie beruflich keine Ausnahme. Zur Arbeit trug er lediglich Sicherheitsschuhe zusätzlich.
Clayton ignorierte das Handy und konzentrierte sich stattdessen auf die Fußleiste, die er nun gewissenhaft absaugte, da sich darauf einige Sägespäne befanden. Mit einem breiten Grinsen ergänzte er seine imaginäre Vorzugsliste. Zu Intelligenz und einem umwerfenden Aussehen kamen noch häusliche Qualitäten, von seinen Kniffen im Bett mal ganz zu schweigen.
Nach einer halben Stunde war das gesamte Haus blitzblank und Zeit für seinen wohlverdienten Feierabend, schließlich arbeitete er seit den Morgenstunden. Clayton überprüfte, ob alle Fenster und Türen geschlossen waren, dann verließ er samt Staubsauger und Putzeimer das künftige Zuhause seines Bruders. Es war bereits sieben Uhr und Zeit fürs Abendessen. Ein weiterer Pluspunkt, wenn man noch bei Muttern wohnte und überzeugter Single war. An allen anderen Tagen aß er bei Cole im Diner.
Clayton belud die Ladefläche und machte sich auf den Heimweg. Dazu fuhr er wieder ins Stadtzentrum, passierte die Main Street entlang des Parks, dem Dreh- und Angelpunkt von Little Falls, der jetzt im Frühling zu neuem Leben erwachte. Im Schritttempo ging es weiter, bis vor zum Bed & Breakfast, an dessen Abzweigung er den Weg zu seinem Zuhause nahm. Schon von Weitem erkannte er seinen Grandpa Larry, der in einem Schaukelstuhl auf der Veranda saß und Zeitung las. So ein Rentnerleben muss schön sein, schoss es Clayton amüsiert durch den Kopf. Zeitung lesen, Spaziergänge und Schach spielen mit Freunden. Aber er gönnte seinem Grandpa, der den Diner bis zu Coles Übernahme geführt hatte, den wohlverdienten Ruhestand.
Wehmut überkam Clayton, als er an seine Grandma dachte, die bereits seit zwei Jahren fehlte. Wenige Monate nach ihrem Tod hatten sie Larry schließlich zu sich geholt.
Clayton parkte den Pick-up vor der großen Scheune, die sich direkt neben dem weitläufigen Haus befand. Hier lagerte ihr gesamtes Baumaterial sowie die Maschinen, die sie für den Betrieb benötigten. In einem separaten Bereich befand sich das Büro, in dem er oft über neuen Plänen brütete.
Clayton sprang aus dem Wagen und lief auf Larry zu. „Hi, Grandpa! Na, alles klar?“
Larry, der so vertieft in die Zeitung gewesen war, sah überrascht auf. „Clayton, da bist du ja! Wie läuft es mit dem Haus?“
„Bin heute fertig geworden“, erwiderte Clayton zufrieden grinsend. Sein Grandpa war natürlich ebenfalls eingeweiht und hatte in den letzten Wochen auf seinen Spaziergängen immer wieder vorbeigeschaut.
Larry legte die Zeitung auf dem Tischchen neben sich ab und stand auf. „Das sind ja tolle Neuigkeiten … Wird Zeit, dass die beiden heiraten. Es wird immer schwieriger, es geheim zu halten. Und jetzt, wo Eugene es weiß, hoffe ich jeden Tag, dass er sich im Diner nicht verplappert.“
„Eugene? Warum hast du es ihm überhaupt gesagt?“ Clayton schüttelte tadelnd den Kopf.
„Nicht ich war es, sondern Martha, nachdem sie die Papiere für den Grundbucheintrag bekommen hat“, klärte Larry seinen mittleren Enkelsohn auf.
Clayton schnaufte laut auf. Dass ausgerechnet die Bürgermeisterin hatte quasseln müssen, regte ihn doch ein wenig auf. Hatte die Gute noch nie etwas von Datenschutz gehört? Was, wenn jetzt, kurz vor der Hochzeit, etwas herauskam und die Überraschung somit ins Wasser fiel? Er hatte sich nicht umsonst die letzten Monate den Hintern aufgerissen.
„Mach dir keinen Kopf“, fuhr Larry mit beruhigender Stimme fort. „Eugene hält schon dicht. Tief in seinem Herzen ist er ein alter Romantiker und wird uns bestimmt nicht dazwischenfunken.“
„Ich hoffe, du behältst recht, Grandpa.“ Clayton und Larry betraten das Haus und zogen sich im Eingangsbereich die Schuhe aus. Clayton respektierte die Gesetze des Hauses. Er wusste, dass seine Mom es gern aufgeräumt und rein hatte. Schon der Flur war ein Aushängeschild, was einen im restlichen Haus erwartete. Es war unschwer zu erkennen, das Arianna ein Faible für den Landhausstil hatte. Dies und ihr Händchen für die passende Deko machten den Unterschied zwischen einem Haus und einem gemütlichen Heim.
„Mmh, das riecht fein“, sprach Larry Claytons Gedanken laut aus, während er in seine gefütterten Pantoffeln schlüpfte. „Aber so langsam muss ich etwas auf meine Figur achten. Das gute Essen und die fehlende Bewegung tun mir eindeutig nicht gut.“
Für einen Moment erkannte sich Clayton in seinem Großvater wieder. Die vielen Parallelen waren erschreckend. Sie wohnten im selben Haus, aßen nur bei Arianna oder im Diner und waren beide mehr oder weniger alleinstehend. Clayton beschloss, gleich morgen bei Martha einen Termin zu machen, um zumindest einmal abzuklären, ob das Gelände rings um den Dragonfly Lake zur Bebauung freigegeben war.
Logan, Claytons Dad, kam ihnen mit einer riesigen Auflaufform Lasagne entgegen. „Ihr kommt gerade rechtzeitig!“
„Hi, Mom, hi, Dad“, begrüßte Clayton seine Eltern mit einem liebevollen Lächeln und drückte seiner Mutter, die eine Salatschüssel trug, kurz ein Küsschen auf die Wange.
„Lecker, Lasagne. Die riecht köstlich!“ Larry nahm am Esstisch Platz und rieb sich freudig die Hände.
„Ich dachte schon, du machst heute gar nicht mehr Feierabend“, bemerkte Logan nach einem Blick zu seinem Sohn und setzte sich neben seinen Schwiegervater.
„Dafür bin ich jetzt komplett fertig und geputzt habe ich auch schon“, erwiderte Clayton während er Platz nahm.
Arianna, die gerade die Lasagne schnitt, sah überrascht auf. „Tatsächlich? Kaum zu glauben, dass dieses Projekt endlich abgeschlossen ist. Ich kann mich nicht erinnern, dass ihr jemals so lange mit einem Haus beschäftigt gewesen wart.“
„Es war ja auch in einem katastrophalen Zustand. Ich verstehe nicht, wie man ein Haus so verkommen lassen kann.“ Logan schüttelte den Kopf.
„Dafür ist das Endergebnis umso schöner. Cole und Jenna werden begeistert sein. Das ist wirklich ein sehr großzügiges Geschenk von euch“, bemerkte Larry lächelnd.
Arianna lud ihrem Vater ein beachtliches Stück Lasagne auf den Teller und setzte sich anschließend neben ihn. „Bitte schön, Dad, lass es dir schmecken.“
„Vielen Dank, mein Schatz.“
Clayton schmunzelte. Sein Grandpa wirkte in diesem Moment wie ein Kind zur Bescherung, schließlich gab es sein Lieblingsessen nicht jeden Tag. Er verfolgte, wie seine Mom routiniert die anderen Teller belud. Erst jetzt fiel ihm auf, dass Chase, sein jüngerer Bruder, fehlte.
„Isst Chase heute nicht mit?“
„Nein, er musste heute kurzfristig die Schicht tauschen“, klärte Logan ihn auf.
Clayton nickte, denn es kam häufiger vor, dass sein Bruder als Deputy Sheriff von Little Falls abends oder in der Nacht arbeiten musste. Da lobte er sich doch seinen Job. Es kam höchstens mal vor, dass er sich abends noch Pläne ansah oder einen Blick in das Auftragsbuch warf. Clayton spürte, wie sein Handy in der Gesäßtasche erneut vibrierte. Nach einem schnellen Blick aufs Display wusste er, dass es sich wieder um seinen Flirt vom Wochenende handelte. Mit einem genervten Schnauben schaltete er das Handy kurzerhand aus und wandte sich wieder seinem Essen zu.
„Alles in Ordnung?“, fragte Logan und sah von seinem Teller auf.
„Ja, alles klar. Ich sollte in Zukunft nur aufpassen, wem ich meine Nummer gebe“, brummte Clayton.
„Oh, ich verstehe“, bemerkte Larry mit vielsagendem Blick. „Eine Freundin, die bereits die Hochzeitsglocken läuten hört?“
Clayton schüttelte vehement den Kopf. „Nein, keine Freundin und schon gar keine Hochzeit … Ich genieße mein Singleleben.“
Vielleicht war er einfach zu nett, die Damen bekamen seinen Charme allzu oft in den falschen Hals. Ein einnehmendes Lächeln und ein Kompliment bedeuteten schließlich nicht, dass er sich auf ewig binden wollte. Er liebte es halt zu flirten – solange alles unverbindlich blieb.
„Mir kam da heute so eine Idee“, lenkte Clayton das Gespräch in eine andere Richtung. Es war ihm unangenehm, ausgerechnet mit seiner Familie über sein Liebesleben zu sprechen. Interessiert richteten sich beinahe zeitgleich drei Augenpaare auf ihn.
„Du meinst, wegen Coles Junggesellenabschied?“, fragte seine Mom erwartungsvoll. „Was Jenna betrifft, ist alles in trockenen Tüchern. Wir feiern im B & B.“
Clayton zuckte unmerklich zusammen. Den Junggesellenabschied hatte er vor lauter Arbeit ganz vergessen. Dabei hatte er Matt fragen wollen, ob sie das Kinofoyer als Partylocation nutzen konnten. Vielleicht fand sich auf die Schnelle auch eine Stripperin, um seinem Bruder ein letztes Mal richtig einzuheizen. Clayton verwarf den Gedanken schnell, da sich Cole nur dagegen sträuben würde, so träge und altmodisch, wie er war.
„Ähm, ich muss noch mit Matt abklären, ob wir im Kino feiern können“, erwiderte Clayton. „Aber ich meinte eigentlich was anderes.“ Er machte eine kurze Pause und überlegte, ob er seine Familie wirklich schon einweihen sollte.
„Schieß schon los“, forderte ihn sein Grandpa ungeduldig auf, während er die letzten Reste seiner Lasagne zusammenkratzte.
„Ihr wisst nicht zufällig, ob das Land um den Dragonfly Lake Bauland ist?“, ließ Clayton die Bombe platzen.
„Tatsächlich kann ich das nicht beantworten“, entgegnete Logan nachdenklich. „Warum fragst du, gibt es einen Interessenten?“
„Ähm, na ja“, druckste Clayton, „ehrlich gesagt, habe ich mir in den letzten Wochen auf der Baustelle immer vorgestellt, wie es wohl wäre, selbst zu bauen. Ich meine, von Grund auf.“
„Du meinst, ein eigenes Haus für dich?“, fragte Arianna und sah ihren Sohn erstaunt an.
„Es war schon immer mein Traum, direkt am See zu wohnen. Außerdem könnte ich den Großteil selber machen. Ich bräuchte also nur noch das passende Grundstück“, klärte Clayton seine Familie auf. Er konnte den Gesichtsausdruck seiner Mutter nicht deuten. Es war eine Mischung aus Skepsis und Sorge.
„Wird ja auch Zeit, dass du mal flügge wirst“, kam ihm jetzt ausgerechnet sein Grandpa zu Hilfe. „In deinem Alter war ich schon längst verheiratet und hatte den Diner.“
Clayton lächelte seinem Grandpa zu, auch wenn dessen Satz nicht gerade schmeichelhaft war, und wandte sich dann an seine Eltern. „Ich wollte mal mit Martha sprechen, mich erst mal informieren, ob es am See überhaupt die Möglichkeit gibt. Vielleicht platzt der Traum ja wie eine Seifenblase.“
„Und der Little Pond kommt für dich nicht infrage? Von diesem weiß ich, dass ringsum Bauland ist“, informierte Logan seinen Sohn.
Clayton verzog kurz das Gesicht. Wollte er wirklich so nah bauen, dazu die Gäste des B & B, die im Sommer den See in Beschlag nahmen? Wenn er ehrlich war, liebte er seine Ruhe und die hatte er am Dragonfly Lake, der sich mitten im Wald befand und zudem einen beachtlichen Fischbestand führte. Vielleicht könnte er sogar Angeln lernen.
„Wir werden dich in deinem Vorhaben natürlich unterstützen“, bemerkte Arianna nun mit einem Lächeln, das ihn innerlich aufatmen ließ. „Wenn es schon immer dein Traum war, dann solltest du ihn wahrmachen.“
Clayton nickte seiner Mom erleichtert zu. Dann stand seinem Projekt nichts mehr im Weg – außer vielleicht Martha – und um die Finanzierung konnte er sich später noch Gedanken machen. Aber die Bürgermeisterin hatte er bis jetzt mit seinem Charme und den richtigen Worten jedes Mal um den Finger wickeln können. Er würde ihr gleich morgen früh einen Besuch im Rathaus abstatten.
Audrey Davis betrat Chicagos größte Shoppingmall und fuhr zielgerichtet in den ersten Stock hinauf. Es wurde höchste Zeit, sich endlich etwas Festliches für die bevorstehende Hochzeit zu besorgen. Für gewöhnlich brezelte sie sich nicht auf. Sie war praktische Kleidung gewöhnt, besonders in ihrem Job als Innenausstatterin, in dem sie auch handwerkliche Arbeiten verrichtete.
Sofort hellte sich ihr Gesicht auf, als sie an Little Falls und das Bed & Breakfast ihrer Tante Dorothy dachte, wo sie als Kind ihre Sommerferien verbracht hatte. Nicht dass es hier schlecht gewesen war, nein, die Nähe zum Lake Michigan hatte durchaus seine Reize, aber Audrey liebte das Kleinstadtflair mit all seinen Leuten. Allen voran Jenna, deren Eltern die örtliche Bäckerei gehörte und die damals wie eine ältere Schwester für sie gewesen war. Sie konnte kaum glauben, dass ihre liebe Freundin in zwei Wochen heiratete. Und schon gar nicht, wen. Cole Cassidy. Den ältesten der drei Cassidy-Brüder, die sie ebenfalls seit ihrer Kindheit aus Little Falls kannte. Audrey schüttelte amüsiert den Kopf. Ihre Tante hatte sie stets über die Entwicklungen der Kleinstadt auf dem laufenden gehalten. Cole hatte mittlerweile den Diner seines Grandpas übernommen. Beim Gedanken an das alte Lokal und Larry breitete sich ein warmes Gefühl in ihr aus. Sie verband so viele schöne Erinnerungen mit ihren Besuchen dort, dass sie beinahe Angst hatte, jetzt, nach all den Jahren, enttäuscht zu werden. Ob der Park und die Main Street immer noch so unverbaut waren? Oder der Little Pond? Ihre Tante hätte ihr bestimmt erzählt, wenn es am Badesee hinter dem B & B mittlerweile anders aussah.
Audrey erreichte die Damenabteilung und sah sich ratlos um. Da die Hochzeit im Freien stattfinden sollte, spielte sie mit dem Gedanken an ein elegantes Sommerkleid. Auf der Einladung, die sie von Jenna und Cole bekommen hatte, stand zumindest, dass die Zeremonie am Pavillon im Park geplant war.
Sie durchstreifte die Abteilung und entdeckte schließlich ein hellblaues Chiffonkleid, das bequem und gleichzeitig festlich aussah. Perfekt, schoss es ihr durch den Kopf, und genau derselbe Blauton, den Jenna für die Trauzeugen vorgesehen hat.
Als sie das Kleid wenige Augenblicke später in der Umkleide überzog und sich vor dem Spiegel drehte, kam ihr die Idee, bei dieser Gelegenheit auch gleich ihre restliche Garderobe aufzufrischen. Vielleicht mit einem Bikini, denn sie wollte in Little Falls auch ein wenig die Seele baumeln lassen. Zum Glück war sie selbstständig und konnte sich ihre Zeit einteilen, wie sie wollte. Sie hatte erst kürzlich ein großes Projekt abgeschlossen und in nächster Zeit standen nur Termine oder Besichtigungen potentieller Projekte an. Audrey war bekannt dafür, dass sie selbst dem langweiligsten Großraumbüro in Chicago einen gemütlichen Schliff verpasste. Aber am liebsten waren ihr Einfamilienhäuser, vorzugsweise etwas außerhalb der Stadt, die sie in ein gemütliches Heim verwandelte.
Sie rückte sich ihre Brille zurecht, die ihr im Eifer des Gefechts von der Nase gerutscht war, und hakte anschließend ihre imaginäre To-do-Liste ab. Es fehlte nur noch der Bikini und als Nächstes ein Flugticket nach New Haven, wo ihr Onkel Dean sie abholen würde.
Audrey schlüpfte wieder in ihre Latzhose und das Flanellhemd, danach richtete sie den Zopf, aus dem sich mehrere Strähnen gelöst hatten. Kurz musste sie grinsen. An ihrem Auftreten hatte sich seit ihrer Kindheit kaum etwas geändert. Sie trug immer noch eine viel zu große Brille und auch der praktische Zopf gehörte zu ihrem Markenzeichen. Unwillkürlich musste sie an Clayton Cassidy denken, der sie deswegen immer aufgezogen hatte. Wie hatte sie den Gedanken an ihn nur verdrängen können? Mit Sicherheit war er ebenfalls einer der Trauzeugen, genauso wie sie, und derjenige, der sich aufgrund ihrer Entfernung zu Little Falls um das meiste kümmern würde – hoffentlich verbockte er es nicht. Sie hatte den mittleren der Brüder noch nie leiden können. Schon als Junge und später als Teenager war sie von seinem angeberischen Gehabe mehr als genervt gewesen. Der Gute war eindeutig mit zu viel Selbstbewusstsein gesegnet und dachte, die Sonne drehe sich nur um ihn.
Audrey verließ die Umkleide, bezahlte und fuhr hinauf ins oberste Stockwerk, wo sich ein großes Sportgeschäft und ihr Lieblingscafé befanden. Sie orderte einen Cappuccino und machte es sich an einem Tischchen an der Fensterfront bequem. Von hier aus hatte sie den perfekten Ausblick auf den Hafen und das Vergnügungsviertel am Navy Pier. Dennoch war es der kleine See hinter dem B & B ihrer Tante, der gerade nach ihr rief und sie wehmütig werden ließ.
Kurzerhand zog sie ihr Handy aus der Tasche und buchte ihren Flug für die bevorstehende Reise schon von hier aus mit der entsprechenden App. Bei der Bestätigung der Fluggesellschaft, die prompt folgte, breitete sich ein unbändiges Gefühl der Vorfreude in ihr aus. Schnell checkte sie noch ihren Feed auf Instagram, in der Hoffnung, dass ihre Freundin Jenna neue Fotos aus der Bäckerei teilte. Volltreffer. Schon beim Anblick der kunstvoll verzierten Törtchen lief ihr das Wasser im Mund zusammen. Als sie genauer hinsah, erkannte sie die alte Glasvitrine, die seit ihrer Kindheit zur Ausstattung der Bäckerei gehörte und ihren nostalgischen Charme versprühte. Sie scrollte weiter und entdeckte Fotos von der Main Street und dem Diner, der ebenfalls wie aus dem Dornröschenschlaf erwacht wirkte.
Automatisch warf Audrey erneut einen Blick aus dem Fenster und auf die moderne Architektur Chicagos mit all seinen imposanten Wolkenkratzern, allen voran der Willis Tower, der das höchste Gebäude der Stadt darstellte. Rings um den Hafen konnte man jeden Tag den Fortschritt der Baustellen beobachten, allein innerhalb einer Woche veränderte sich ein ganzer Stadtbezirk. In Little Falls war, wie es schien, die Zeit irgendwann in den Siebzigern stehen geblieben. An den inhabergeführten Läden änderte sich nichts, ebenso wenig wie an den Häusern, die man immer wieder liebevoll restaurierte, um sie für eine weitere Saison fit zu machen. Audrey musste zugeben, dass dieser Tatsache ein ganz besonderer Zauber inne lag. Besonders dem Pavillon, der sich inmitten des Parks befand und einmal mehr zur Location einer Hochzeit wurde.
Audrey verstaute ihr Handy wieder in der Tasche und leerte den Rest ihres Cappuccinos, als ihr ein Gedanke kam. Warum blieb sie nicht einige Tage länger in Little Falls? Da sie im Moment nur mit neuen Plänen beschäftigt war, konnte sie auch vom B & B aus arbeiten, bevor sie der nächsten Familie zu einem gemütlichen Zuhause verhalf. Ihre Tante hätte mit Sicherheit nichts dagegen und ungebunden, wie sie war, musste sie auch auf keinen Partner Rücksicht nehmen. Sie genoss ihr Singleleben und hatte in naher Zukunft auch nicht vor, etwas daran zu ändern oder sich für jemanden zu verändern!
Nie wieder würde sie sich auf einen Mann einlassen, dem das Äußere wichtiger war als Charakter, und der zum Geburtstag mit einem „Umstyling-Gutschein“ daherkam. Ihr Ex konnte sich sein tolles Geschenk sonst wohin stecken. Sie liebte ihre „hundefreundliche“ Garderobe – ja, genau so hatte er ihren Stil genannt. Ihr Bailey haarte nun einmal und hatte nach einem Spaziergang an einem der siebenundzwanzig Strände, die Chicago zu bieten hatte, einfach Sand im Fell.
Ihr Golden-Retriever-Rüde, der mittlerweile die Ausmaße eines kleinen Rindes hatte, würde sie selbstverständlich nach Little Falls begleiten. Er war seit drei Jahren ihr treuer Begleiter und störte sich nicht an ihren Latzhosen, denn in den Taschen fand sich immer eine kleine Leckerei. Beim Gedanken an ihn verzog sich ihr Mund zu einem liebevollen Lächeln. Es wurde Zeit, Bailey bei ihren Eltern abzuholen, die heute den Babysitter für ihn spielten und ihn mit Sicherheit wieder überfüttert hatten. Aber der Gute wusste mittlerweile, welchen Blick er bei ihren Eltern aufsetzen musste, um an ein Würstchen oder sogar ein Stück Käse zu kommen. Am besten bläute sie ihrer Tante Dorothy gleich von Anfang an ein, wie gewieft ihr Reisebegleiter war, schließlich wäre die verlockende Küche im Bed & Breakfast wie ein wahrgewordenes Paradies für ihre Fellnase.
Audrey bezahlte, machte einen kurzen Abstecher ins Sportgeschäft gegenüber und verließ das Kaufhaus eine Viertelstunde später mit dem Kleid für die Hochzeit und einem schicken Bikini, den sie am neuen Badesteg einweihen wollte.
Draußen schlug ihr die für Mai untypische Wärme ins Gesicht, die durch den stetigen Wind, der vom Lake Michigan herüberwehte, etwas gemildert wurde. Nach wenigen Minuten erreichte sie die Station der „L“ – Chicagos Hochbahn –, die sie in Richtung Norden beförderte, wo sie mit ihren Eltern nahe des Strands im Stadtteil Edgewater lebte. Das familienfreundliche Viertel war zudem ein Paradies für Vintagefans und Audrey liebte es, durch die unzähligen Antiquitätenläden zu streifen und Einzelstücke für ihre Kunden aufzustöbern. Es war jedes Mal, als würde sie sich auf eine Schatzsuche begeben. Nach einer halben Stunde Fahrt erreichte sie schließlich ihr Ziel.
„Hi, Bailey!“, begrüßte sie ihren Hund, der ihr bei ihrer Ankunft aufgeregt entgegenlief. „Ich hoffe, du warst brav?“
Wie zum Beweis erklang ein bestätigendes Bellen, das sie laut auflachen ließ.
„Hi, Audrey!“ Ihre Mom kam mit einem überraschten Ausdruck aus der Küche. „Na, das ging aber schnell. Hast du was Hübsches für die Hochzeit gefunden?“
„Hi, Mom. Und ob!“ Audrey wedelte mit der Einkaufstasche und grinste dabei. „Es war Liebe auf den ersten Blick.“
Jilian kam interessiert näher. „Dann lass mal sehen, ich platze vor Neugierde.“
Audrey schmunzelte. Mit den großen Augen, die nun erwartungsvoll leuchteten, wirkte ihre Mom wie ihre ältere Schwester Dorothy. Zwischen den beiden Frauen lag ein Altersunterschied von beinahe fünfzehn Jahren, der sich in vielerlei Hinsicht bemerkbar machte. Dorothy war die Ruhe in Person und behielt als Eigentümerin des B & B selbst im größten Chaos einen kühlen Kopf. Sie genoss das Leben in vollen Zügen, war herzlich und für jeden Spaß zu haben – und gestand Audrey mehr Freiheiten zu. Vielleicht auch, weil sie sich in Little Falls frei bewegen konnte und jeder ein Auge auf jeden hatte. Es hatte keinen Tag gegeben, an dem sie nicht schwimmen gewesen war oder mit Jenna und den Cassidy-Brüdern die Stadt unsicher gemacht hatte.
Audrey griff in die Papiertüte und holte das hellblaue Kleid heraus. „Nein, mein Lieber, da ist nichts für dich dabei“, tadelte sie kurz darauf Bailey, der mit der Schnauze schnell in der Tüte abtauchte. „Ich glaube nicht, dass dir das Chiffonkleid passt.“
„Oh, das ist ja schön, Audrey“, bemerkte ihre Mom, als sie einen ersten Blick darauf warf und es entgegennahm. „Der Farbton passt perfekt zu deinen Augen.“
„Das ist Zufall. Aber ich finde es passend für eine Zeremonie im Freien“, bemerkte Audrey gedankenverloren. „Dann muss ich auch keine Strumpfhosen anziehen.“ Audrey verzog das Gesicht, als hätte sie in eine Zitrone gebissen, und ging in die Hocke, um ihren neuen Bikini vor Bailey zu retten, der gerade an einem der Träger kaute. „Und der ist auch nicht für dich, Riesenbaby!“
Audrey schnappte sich das Teil, bevor es noch Schaden nahm, und legte es zurück in die Tüte.
„Hach, so schade, dass wir nicht dabei sein können“, bemerkte Jilian und reichte ihrer Tochter das Kleid. „Wir bekommen leider erst im Sommer Urlaub, dabei hätte ich mir zu gerne angesehen, wie das neue Teezimmer geworden ist.“
„Ich bin auch gespannt, wie es in natura wirkt. Auf den Fotos kommt die Stimmung nicht rüber“, gab Audrey zu bedenken und stand wieder auf. Sie hatte ihrer Tante bei der Gestaltung eines neuen Zimmers geholfen, allerdings nur telefonisch und via Internet. Mittlerweile brannte es ihr unter den Nägeln zu sehen, ob der neue Parkettboden, die verschiedenen Materialien wie Rattan, Holz und Stoff miteinander harmonierten. In der 3-D-Ansicht ihres Designprogramms war es perfekt gewesen.
„Dorothy ist begeistert und ihre Gäste auch. Sie hat mir erst vor Kurzem wieder ein Foto vom Afternoon Tea geschickt. Diese Etageren sind richtige Kunstwerke!“
„Und das Erste, was ich mir im B & B gönne.“ Audrey sah zu Bailey hinunter, der sie erwartungsvoll anschaute. „Ich sehe schon, du kannst es auch kaum noch erwarten.“
Jilian sah schmunzelnd zwischen ihrer Tochter und deren treuem Begleiter hin und her. „Ich glaube, ihr beide werdet viel Spaß in Little Falls haben. Ein Badesee, Wälder zum Durchstreifen und Dorothy, die euch nach Strich und Faden verwöhnen wird.“
Audrey kraulte Bailey zwischen den Ohren und lächelte versonnen. „Und viele Eichhörnchen, die sich in Acht nehmen müssen.“
„Ich befürchte, Bailey wird gar nicht mehr nach Hause wollen. Ich kann mir jetzt schon vorstellen, wie er mit Dean jeden Morgen das Gelände abläuft“, erwiderte Jilian amüsiert.
Beim Gedanken an ihren Onkel Dean, der für die Pflege des riesigen Anwesens rund ums Bed & Breakfast zuständig war, musste sie lächeln. Sie kannte ihn seit jeher als sehr fleißigen Mann, der entweder den Rasen mähte, die Pflanzen beschnitt oder die Gäste mit seinem unverwechselbaren Humor zum Lachen brachte. Wenn er sich einmal eine Pause gönnte, dann traf er sich mit seinen Schachfreunden am Pavillon, die bereits allesamt im Ruhestand waren. „Ich freue mich so sehr, alle wiederzusehen. Besonders Larry, Eugene und Jonathan. Die sind immer so witzig.“
„Das kannst du laut sagen!“ Jilian schmunzelte. „Du musst mir unbedingt erzählen, wenn die Senioren wieder was ausfressen.“ Nach einer kurzen Pause fuhr sie nachdenklich fort: „Und, hast du mittlerweile herausgefunden, wer Coles Trauzeuge ist?“
Audrey schüttelte den Kopf. „Nein, noch nicht. Aber ich gehe schwer davon aus, dass es einer von seinen Brüdern ist.“
Jilian grinste vielsagend. „Die Jungs sind mittlerweile auch älter und vernünftiger. Bist du nicht neugierig, was aus ihnen geworden ist? Vielleicht wartet ja ausgerechnet in Little Falls dein Mister Right.“
„Mom! Ich fliege doch nicht deswegen dorthin. Und was Clayton angeht, glaube ich kaum, dass er sich seit seiner Teenagerzeit groß verändert hat.“ Allein der Gedanke an ihn ließ sie den Kopf schütteln. Es war auch ihrer Familie nicht verborgen geblieben, dass ihre Begegnungen immer wieder für Zündstoff sorgten. „So ne große Klappe, aber keine Kritik vertragen“, erinnerte sie sich an den blonden Jungen, der ihr immer den Gameboy abgeschwatzt hatte. Solange er sich mit Mario Kart beschäftigt hatte, musste sie sich wenigstens nicht sein dummes Geschwätz anhören, das sich irgendwo zwischen Selbstgefälligkeit und Arroganz bewegte.
Jilian lächelte ihre Tochter an. „Jetzt hast du ja Bailey dabei … Der wird dich schon beschützen.“
„Mmh, du weißt, wie bestechlich er ist … Also muss ich mich wohl weiterhin selbst verteidigen.“ Audrey sah zu Bailey, der unruhig an der Tür scharrte. „Ja, wir gehen schon. Ich muss mir auch noch ein wenig die Beine vertreten.“
„Viel Spaß euch beiden!“, erwiderte Jilian und griff sich die Einkaufstasche, um das Kleid wieder hineinzulegen. „Aber nicht zu lange. In einer Stunde gibt es Essen.“
„Alles klar!“ Audrey schnappte sich die Leine, die neben der Tür hing, und verließ mit Bailey kurz darauf das Haus, in dem sich auch ihre Einliegerwohnung befand. Mit Hund war es einfach praktisch, ihre Eltern in der Nähe zu haben, schließlich konnte sie ihren treuen Begleiter nicht zu jeder Baustelle mitnehmen.
Audrey entschied sich für die Strecke, die entlang einiger kleiner Vintageläden verlief. Mit etwas Glück fand sich dort ein außergewöhnliches Einzelstück für ihre Tante Dorothy und Jenna. Sie hatte zwar schon ein Hochzeitsgeschenk für ihre beste Freundin und Cole, aber eine nostalgische Backform für Jenna, die sie an die Wand mit den Erbstücken ihres Grandpas hängen konnte, war eine nette Idee. Für ihre Tante Dorothy würde sie nach einer besonderen Etagere für den Afternoon Tea oder einer Tischklingel für die Rezeption im Bed & Breakfast Ausschau halten.
„Ein herzliches Hallo an alle und vielen Dank, dass ihr so vollzählig zur Bürgerversammlung erschienen seid. Wie immer zum Monatsanfang haben wir ein straffes Programm.“ Martha klopfte mit einem Hämmerchen auf das Pult vor ihr und sah anschließend freudig in die Runde.
Clayton atmete tief durch. Entgegen seiner üblichen Teilnahme war er heute etwas aufgeregt, schließlich ging es bei einem Punkt auch um ihn. Aber so theatralisch, wie Martha nun einmal war, würde sie die Bombe erst zum Schluss platzen lassen, kurz bevor die Senioren wegzunicken drohten.
Clayton linste zu seinen Brüdern, die in derselben Stuhlreihe saßen und nichts von seinem Bauantrag ahnten. Sein jüngster Bruder Chase, der Deputy Sheriff in Little Falls war, hing förmlich an Marthas Lippen, wohingegen sich Cole, der Älteste, lieber mit seiner Verlobten Jenna beschäftigte. Clayton schüttelte schmunzelnd den Kopf. Selbst von hier aus sah er die rosafarbenen Herzchen in dessen Augen.
Das Hämmerchen, das erneut erklang, lenkte seine Aufmerksamkeit wieder nach vorne.
„Punkt eins auf der Tagesordnung ist unser allseits beliebtes Erdbeerfest, das im Mai stattfindet.“ Martha schnappte sich eines der vielen Blätter, die vor ihr auf dem Pult lagen, und kniff skeptisch die Augen zusammen. „Hier brauchen wir definitiv noch ein paar Ideen. Bis jetzt gibt es nur den Marmeladenstand, den Wettbewerb um den besten Erdbeerkuchen und die Krönung der Erdbeerkönigin.“
Ein Gemurmel ging durch den Saal, als suchten die Bewohner kollektiv nach weiteren Ideen, darauf folgte der ein oder andere Zwischenruf. Clayton rutschte auf seinem Stuhl unmerklich ein Stück hinab, um aus der Schusslinie zu gelangen. Bei Martha konnte man nie wissen, ob sie einen nicht spontan für eine Aufgabe einteilte. Wie beim 250-Jahr-Fest im letzten Herbst, zu dessen Anlass er mit seinem Dad den Pavillon im Park restauriert hatte. Aber da das Erdbeerfest einige Nummern kleiner und nur für die Bewohner von Little Falls gedacht war, entspannte er sich.
„Ich würde gerne meinen Stand öffnen“, erkannte er die Stimme seiner Mutter, die einige Reihen vor ihm saß. „Speziell zum Thema Erdbeeren. Mit bedruckten Stoffen, Geschirr, es gibt sogar Tapeten mit kleinen Beeren darauf.“
Clayton erkannte, wie sich Marthas Gesicht schlagartig aufhellte und sie in ihrer typischen Geste einen imaginären Schriftzug in die Luft zeichnete. „‚Der moderne Farmhausstil – jetzt auch bei uns in Little Falls.‘ Sehr schön, da freu ich mich drauf, Arianna.“ Martha notierte diesen Punkt schnell und sah erwartungsvoll auf. „Gibt es weitere Idee?“
Aus dem Augenwinkel sah Clayton, wie sich Josephine, die Buchhändlerin, erhob. Warum sie das jedes Mal tat, wenn sie was Wichtiges beizutragen hatte, wusste er auch nicht. Vermutlich weil sie so klein war.
„Wie wäre es mit einem Büchertisch? Zum Thema Erdbeeren gibt es mittlerweile alles. Kochbücher, Backbücher, Pflanzbücher und stell sich das einer vor – Kosmetikbücher!“
Clayton erkannte, wie sein Bruder Chase neben ihm eine Grimasse schnitt. Allein beim Wort Bücher bekam der Gute Ausschlag.
„Das hört sich prima an, danke, Josephine, für diese tolle Idee!“ Martha klopfte erneut mit dem Hämmerchen auf das Pult und notierte danach schnell den Beitrag von Josephine, die jetzt wieder neben ihrer Nachbarin und Freundin Francis Platz nahm. Daraufhin meldete sich diese zu Wort: „Und Jenna und ich würden gerne einen besonderen Cupcake fürs Fest entwerfen. Wenn wir schon am Backwettbewerb nicht teilnehmen dürfen.“
Clayton verzog mitfühlend das Gesicht. Er wusste ganz genau, dass es Francis jedes Jahr aufs Neue wurmte, nicht am Wettbewerb teilnehmen zu dürfen. Was sie Martha wie immer mehr oder weniger indirekt unter die Nase rieb. Heute hatte sie sich sehr klar ausgedrückt, wie er zugeben musste.
Martha legte sich die Hand in einer dramatischen Geste auf die ausladende Brust und erwiderte in versöhnlichem Ton: „Francis, ich würde die Regeln ja zu gern ändern, an mir liegt es nicht. Aber es wäre unfair, Profis gegen Laien antreten zu lassen, oder nicht?“ Man sah ihr an, dass sie hier eindeutig zwischen den Stühlen stand.
Eugene, der immer direkt vor der Bühne saß, kam seiner Frau zu Hilfe. „Da muss ich meiner lieben Martha recht geben. Das wär genau so, als müsste ich gegen den schnellsten Sprinter der Welt antreten.“
Clayton sah zwischen Eugene und Francis hin und her, die jetzt ergeben kapitulierte und mit den Schultern zuckte. „Na ja, einen Versuch war es wert.“
„Die Idee mit den Cupcakes ist allerdings perfekt. Ich sehe die kleinen Köstlichkeiten förmlich vor mir … Fluffiger Biskuit mit einem Sahnehäubchen darauf. Wenn du mich fragst, ist das sogar noch viel besser als so ein oller Kuchen.“