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"Fassen wir mal zusammen: Ich kann sprechen. Ich kann lesen. Und ich kann auch schreiben - haben wir gerade getestet. Ich kann Englisch, das große und das kleine Einmaleins. Und, jetzt kommt der Knaller: Ich kann sogar Russisch. Zumindest verstehe ich es. Um es kurz zu machen. Ich bin Super-Winston! Ich bin die schlauste Katze des Universums! Ich bin Weltklasse!" So ein Katerleben ist herrlich!, findet Winston. Man kann den ganzen Tag gemütlich auf dem Sofa herumliegen und Geflügelleber mit Petersilie futtern. Lecker! Doch als Winstons Herrchen eine neue Haushälterin einstellt, die mit ihrer Tochter in die Wohnung einzieht, ist es aus mit der Ruhe: Kira und ihre Mutter haben nämlich jede Menge Probleme im Gepäck, und bevor sich Winston versieht, steckt er mitten in einem echten Kriminalfall … und kurz darauf - ach du heilige Ölsardine - auch noch im Körper eines Mädchens! Hilfe!!! Die Kinderbuch-Reihe aus der Feder von Bestseller-Autorin Frauke Scheunemann, bekannt durch die Dackelblick-Bücher, wurde mit dem deutschen Katzen-Krimi-Preis 2013 ausgezeichnet.
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Seitenzahl: 239
Prolog – oder warum man an manchen Tagen besser im Bett geblieben wäre …
»Los, nun mach schon!« Leonie lächelt mich an. Aber es ist kein aufmunterndes Lächeln, so viel ist selbst mir klar. Es wirkt eher irgendwie … höhnisch. Okay, damit ist es wohl eher ein Grinsen. »Oder traust du dich etwa nicht?«
Ich muss trocken schlucken. »Klar traue ich mich. Also, ich meine, ich würde mich schon trauen, aber …«
»Was, aber?« Nun grinst nicht nur Leonie, sondern auch Emilia, Ruth und Helene sehen aus, als hätten sie gerade den Spaß ihres Lebens.
»Äh, ich meine, dass es sehr unklug wäre, in ein Geschäft hineinzuspazieren, das von schätzungsweise vier Kameras überwacht wird, und dort ein T-Shirt zu klauen. Die juristischen Probleme wären unvermeidlich.«
Jetzt reißt Leonie die Augen auf. »Die juristischen Probleme wären unvermeidlich? Was redest du da für einen Müll?« Sie dreht sich auf dem Absatz um und lässt mich einfach stehen. Die drei anderen folgen ihr.
Verdammt. So wird das nichts. Ich weiß einfach zu wenig darüber, was es wirklich bedeutet, ein Mensch zu sein. Geschweige denn ein Mädchen. Das hatte ich mir deutlich einfacher vorgestellt.
Hinterher ist man immer schlauer – aber wenn mir vorher jemand gesagt hätte, wie zickig meine neuen Mitschülerinnen sind, dann hätte ich mir nie und nimmer gewünscht, mit Kira zu tauschen. Dann wäre ich liebend gern der wunderschöne, schlaue und vielleicht ein bisschen verwöhnte Rassekater geblieben, der ich bis zu diesem verfluchten Gewitter war. Dann läge ich jetzt weiterhin auf meinem gemütlichen Sofa in der Hochallee und mein menschlicher Mitbewohner, Professor Werner Hagedorn, würde irgendetwas über Quantenphysik vorlesen. Oder über Schrödingers Katze und wie man mit der den Nobelpreis gewinnen kann. Für den fährt man dann nach Stockholm, kriegt sehr viel Geld und lernt den König von Schweden kennen. Was überhaupt mal wieder der Beweis dafür wäre, dass wir Katzen sehr wichtige Haustiere sind. Ach, was sage ich: die wichtigsten Tiere überhaupt! Aber statt auf meinem Sofa zu liegen, stehe ich hier und … bei meinen Ölsardinen, was für ein gigantomanischer Schlamassel! Aber jetzt der Reihe nach, damit hier alle noch mitkommen. Beginnen wir also mit dem Anfang, mit dem ersten Kapitel meiner unglaublichen Geschichte …
Eine Dose wird geöffnet.Und das bleibt nicht die einzige böse Überraschung.
Was in aller Welt ist das? Es riecht seltsam und sieht noch seltsamer aus … aber es liegt in meinem Napf! Ich vermute also, dass ich es fressen soll. Ach du heiliges Katzenklo! Das muss ein Missverständnis sein. Und zwar ein großes. Ich werde das aufklären, sofort! Denn ich, der vornehme Hauskater Winston Churchill, werde keinesfalls etwas fressen, was meinem edlen Gaumen nicht bekommt. Noch dazu, wenn ich es gar nicht bestellt habe!
Missmutig trabe ich aus der Küche, um Olga zu suchen. Olga ist unsere Haushälterin und somit bestimmt verantwortlich für das Desaster in meinem Fressnapf. Normalerweise bekocht Olga mich und meinen Professor ganz vorzüglich, aber heute ist da offensichtlich etwas schiefgelaufen.
Ich werde mich also beschweren. Wenn ich Olga überhaupt finde, denn momentan fehlt von ihr jede Spur. Sie ist nicht im Wohnzimmer und nicht im Esszimmer, auch im Arbeitszimmer: Fehlanzeige. Komisch. Ich setze mich in die Mitte unseres langen Flurs und blicke abwechselnd mal in die eine, mal in die andere Richtung. In der Wohnung ist es ganz still. Wenn sie irgendwo wäre, müsste ich sie doch hören. Als Kater habe ich nämlich richtig gute Ohren.
Da! Ein leises Rascheln kommt aus dem Schlafzimmer! Sofort sause ich an das andere Ende des Flurs und schlüpfe durch die Tür, die einen Spalt geöffnet ist. Olga steht mit dem Rücken zu mir vor dem Kleiderschrank und sortiert Wäsche ein. Mit Schwung will ich mich an ihre Beine schmeißen, als ich eine Vollbremsung einlegen muss: Das sind gar nicht Olgas Beine! Vor mir steht eine mir völlig unbekannte Frau. MAUNZ! Wer ist das?
Die fremde Frau dreht sich zu mir um und schaut mich erstaunt an. Ich habe sie offenbar genauso überrascht wie sie mich. Sie bückt sich und will mir über den Kopf streicheln. Ich lege den Rückwärtsgang ein. Mit Fremden kuschele ich grundsätzlich nicht!
»Oh, wer bist du denn?«, will sie von mir wissen. Ihre Stimme hat den gleichen Klang wie die von Olga. Erstaunlich! Und auch sonst sieht ihr die Fremde ähnlich: schlanke Figur, lange blonde Haare, Pferdeschwanz. Etwas jünger vielleicht, aber da bin ich mir nicht ganz sicher. Ich kann das Alter von Menschen nicht besonders gut schätzen. Wenn sie erst mal keine Kinder mehr sind und ihre endgültige Größe erreicht haben, sehen sie für mich alle ziemlich gleich alt aus.
Ich mache wieder einen Schritt auf die Frau zu und mustere sie. Sie lächelt mich freundlich an, als ob sie auf eine Antwort warten würde. Tja, wer bin ich? Wenn ich sprechen könnte, würde ich mich der Dame natürlich formvollendet vorstellen. Und ihr erzählen, dass ich Winston Churchill heiße, mich aber alle immer nur Winston nennen. Dass ich schon ziemlich lange hier bei Professor Werner Hagedorn in der vornehmen Hamburger Hochallee 106a lebe. Dass ich am liebsten auf dem gemütlichen Sofa im Wohnzimmer oder dem flauschigen Teppich vor dem Kamin liege. Dass meine Leibspeise frisch gekochtes Geflügelherz mit einem Hauch Petersilie ist. Und dass ich ein reiner Hauskater bin, also die Wohnung niemals verlasse. Schon gar nicht freiwillig, denn wenn ich vom Fenster die struppigen Katzen im Hof beobachte, dann graust es mich vor der ungemütlichen Welt da draußen.
Könnte ich sprechen, würde ich dieser fremden Frau vielleicht all das über mich erzählen. Oder zumindest einen Teil davon. Aber ich kann ja nicht sprechen und deswegen sage ich einfach nichts. Ist aber auch wurscht, denn die viel wichtigere Frage lautet doch: Wer ist die Frau? Und was macht sie hier?
Ich setze mich vor die Frau, maunze ein wenig und schlage mit dem Schwanz hin und her. Sie streckt noch einmal die Hand aus und krault mich hinter den Ohren. Ich lasse es geschehen und es fühlt sich sogar ziemlich gut an. Trotzdem: Könnt ihr Menschen euch nicht einmal richtig vorstellen? Man krault keine fremde Katze, der man sich noch nicht vorgestellt hat. Die meisten Menschen haben einfach kein Benehmen!
Die Tür zum Schlafzimmer schwingt auf und Olga kommt herein. Ich laufe zu ihr hinüber und begrüße sie stürmisch, indem ich meinen Kopf an ihren Beinen reibe und laut miaue.
»Hallo, Winston«, begrüßt sie mich lachend, »hast du mich vermisst? Ich war nur kurz draußen. Und ich sehe, dass du Anna schon kennengelernt hast.«
»Klar, wir sind gerade dabei, uns anzufreunden«, antwortet die fremde Frau, die offensichtlich Anna heißt. Wir freunden uns an? Na, das wüsste ich aber!
»Ach, das ist schön!« Olga lächelt. »Weißt du, Winston, ich hatte gehofft, dass du Anna magst. Anna ist nämlich meine Schwester.«
Donnerwetter – Olgas Schwester! Daher also die Ähnlichkeit! Wenn ich nicht so viele Haare im Gesicht hätte, würde ich jetzt überrascht gucken. So bleibt mir nur ein leises Miauen.
»Winston ist Professor Hagedorns Katze«, erklärt Olga ihrer Schwester. »Du musst dich also nicht nur um den Herrn Professor, sondern auch um seinen Kater kümmern.«
Anna nickt. »Das hat mir der Professor bereits erklärt. Ich habe Winston gleich etwas zu fressen gegeben.«
Ha! DIE war das! Ich schnaube laut – aber Anna und Olga bemerken es nicht, sondern unterhalten sich munter weiter.
»Du hast ihm schon etwas gegeben? Was denn?«
»Na, ich habe Katzenfutter gekauft. Eben, als ich das Waschmittel besorgt habe. Sie hatten einen ganzen Karton Dosenfutter im Angebot. Den habe ich gleich mitgenommen.«
»Dosenfutter? Für Winston?« Olga lacht.
Was, bitte schön, ist daran so lustig?, frage ich mich. Und was ist überhaupt Dosenfutter?
»Ja, natürlich. Warum denn nicht? Ich habe mir den Inhalt durchgelesen und es klang sehr lecker. Pute mit Reis.«
Olga lacht immer noch, ich bin fassungslos. Das, was ich in meinem Napf gesehen habe, war niemals Pute mit Reis. Es sah eher aus wie die feuchte Blumenerde, die Olga im Frühling immer auf dem Balkon stehen hat, wenn sie die Zimmerpflanzen umtopft.
»Ich glaube nicht, dass unser Winston Dosenfutter frisst. Dafür ist er viel zu verwöhnt. Ich koche immer frisch. Für den Kater und den Professor. Das kannst du dir schon mal merken.«
Erstens: Olga hat recht. Zweitens: Warum soll sich Anna das merken? Versteh ich nicht. Hauptsache, Olga weiß, was Werner und mir schmeckt.
»Okay, schreib ich mir gleich in mein Buch. Hoffentlich mache ich nicht alles falsch, wenn du nicht mehr da bist.« Anna seufzt.
»Keine Sorge. Das wird schon. Nächste Woche kann ich dir noch alles zeigen. Und du kannst mich auch immer anrufen, wenn du Fragen hast.«
Moment mal! Was heißt denn: wenn du nicht mehr da bist? Da muss ich mich wohl verhört haben! Olga gehört so sehr in die Hochallee 106a wie Werner, mein zwei Meter hoher Kratzbaum aus Samt und unsere Regalwand mit den vielen Büchern. Und natürlich ich. Andersherum: Hochallee 106a ohne Olga funktioniert nicht. Da kommen dann solche Sachen wie »Pute mit Reis« aus der Dose bei raus.
Aber tatsächlich zieht diese Anna jetzt ein Büchlein und einen Stift aus ihrer Hosentasche und beginnt, darin herumzukritzeln. Muss ich daraus schließen, dass Olga ernsthaft plant, uns zu verlassen? Ein sehr unangenehmes Gefühl beschleicht mich, ein sanfter, aber dauerhafter Druck auf meinen Katerbauch. Gut, dass der noch so leer ist, sonst wäre dieses Gefühl wahrscheinlich sogar schmerzhaft. Wenn du nicht mehr da bist – je länger ich über diesen Satz nachdenke, desto schneller schlägt auch mein Herz. Ich mag es nämlich gar nicht, wenn sich Liebgewonnenes in meinem Leben ändert. Ich würde sogar sagen: Ich hasse es!
Klick, klick – ein Schlüssel dreht sich im Schloss der Wohnungstür. Werner! Der muss den ganzen Unsinn stoppen, und zwar sofort! Mit meinem Professor lebe ich schon so lange zusammen, dass er mich auch ohne Worte versteht. Ich flitze also zur Wohnungstür, und kaum steht Werner im Flur, beginne ich, wehleidig zu maunzen und mich vor ihm auf dem Boden hin- und herzuwälzen.
»Mensch, Winston, was ist denn mit dir los?« Werner zieht seine Cordjacke aus und bückt sich zu mir. »Hast du Bauchweh?« Liebevoll streicht er über mein Bäuchlein. Dann richtet er sich wieder auf. »Olga? Ich bin zurück! Ich glaube, Winston geht’s nicht gut.« Mein Professor! Einfach Weltklasse. Hat sofort geblickt, dass es ein Problem gibt.
»Moment!«, tönt es aus der anderen Ecke der Wohnung. »Komme gleich!«
Ich beschließe, die Mitleidsnummer noch ein wenig auszubauen, bevor Olga hier aufkreuzt und vielleicht findet, dass ich mich zu sehr anstelle. Also miaue ich noch wimmernder und bleibe schließlich auf dem Rücken liegen, alle viere von mir gestreckt. Wenn das kein Bild des Jammers und des Elends ist!
»Oh, was hat der Kater?«
»Tja, er scheint sich gar nicht wohlzufühlen. Haben Sie ihn heute schon gefüttert?«
Olga nickt. »Anna hat ihn gefüttert. Allerdings mit Dosenfutter. Ich habe noch gar nicht nachgeschaut, ob Winston das überhaupt angerührt hat. Vielleicht hat er einfach nur Hunger, weil es ihm nicht geschmeckt hat.«
»Dosenfutter?« Werner schüttelt den Kopf. »Das geht natürlich nicht, dass Sie in Zukunft Ihren Dieter bekochen und wir hier mit Fast Food vorliebnehmen müssen.«
Fast was? Versteh ich nicht. Aber macht nichts, denn es ist offenbar etwas, das sowieso nicht schmeckt. Der Hinweis auf Dieter ist allerdings interessant … ich habe nämlich irgendwie das Gefühl, dass mir dieser Kerl noch einige Probleme bereiten wird. Zumindest ist der Name in letzter Zeit verdächtig häufig aufgetaucht, verbunden mit einem schwärmerischen Seufzen von Olga. Dieter ist wohl jemand, der ihr viel bedeutet. Und zwar so viel, dass sie in Zukunft lieber für ihn anstatt für Werner und mich kochen möchte. Zum Fellraufen ist das!
Olga lacht.
»Keine Sorge, ich werde meiner Schwester noch zeigen, was ihr hier gern esst. Dieter setze ich übrigens erst mal auf Diät, der hat in letzter Zeit ganz schön zugelegt.«
»Kein Wunder. Wer sich die beste Köchin der Welt als Frau angelt, der kommt um ein paar zusätzliche Pfunde wohl nicht herum. Und wissen Sie was?« Werner macht eine Kunstpause.
»Nee.« Olga schüttelt den Kopf.
»Ich beneide Dieter glühend. Ich würde, ohne zu zögern, fünf Kilo zunehmen, wenn ich Sie dafür behalten dürfte. Von mir aus auch zehn. Dass Sie uns verlassen, betrachte ich als echte Katastrophe!«
WAS? Es ist wirklich wahr? Olga wird gehen und Werner kann es nicht verhindern? Das ist eine echte Katastrophe! Egal wie man es betrachtet! Ich rolle mich vom Rücken auf die Seite und lege den Kopf ganz schlapp auf den Boden. Mir ist schwindelig. Vor Kummer – oder vom vielen Rumrollen.
»Schauen Sie mal, Olga: Winston sieht schon ganz mickrig aus. Dem gefällt es auch gar nicht, dass wir bald ohne Sie auskommen müssen.«
»Ach, Herr Professor, nun hören Sie auf damit! Sonst fühle ich mich richtig schlecht! Außerdem haben wir doch bereits die perfekte Nachfolgerin für mich gefunden. Meine Schwester Anna wird sich als neue Haushälterin bestimmt noch viel liebevoller um Sie beide kümmern, als ich es bisher getan habe. Anna ist schließlich Mutter. Die hat viel Übung im Kümmern.«
Na und? Das leuchtet mir nun gar nicht ein. Was hat denn Muttersein mit Kümmern zu tun? An meine eigene Mutter kann ich mich nur schwach erinnern. Falls die sich sehr um mich gekümmert hat, hat sie das jedenfalls nicht besonders lang getan – ich war schließlich noch ziemlich klein, als mich Werner beim Züchter abgeholt hat. Seitdem sorgt er gemeinsam mit Olga für mich, und das klappt so gut, dass ich keinen Grund zur Beschwerde habe.
»Ach, Ihre Schwester hat ein Kind?« Werner klingt erstaunt.
Olga nickt. »Eine Tochter, zwölf Jahre alt. Ein süßes Mädchen. Sehr gut in der Schule, vor allem in Sprachen. Als meine Schwester mit Kira vor vier Jahren nach Deutschland kam, sprach das Mädchen noch kein Wort Deutsch, und nun hört man gar nicht mehr, dass sie nicht hier geboren wurde.«
Aha. Woran soll man das auch hören? Verstehe ich nicht. Kann man den Menschen sonst anhören, wo sie geboren wurden? Das wusste ich nicht.
Olga lächelt. »Kira begleitet ihre Mutter bestimmt gern mal hierher und spielt ein wenig mit Winston. Dann ist dem auch nicht mehr langweilig.«
Hallo? Mir ist überhaupt nicht langweilig! Woher hat Olga nur so eine abwegige Idee? Mein Leben gefällt mir genau so, wie es jetzt ist. Ich möchte keine Veränderung. Und erst recht möchte ich kein Kind zu Besuch, das mit mir spielen will. Im Gegenteil: Ich HASSE Kinder! Sie sind laut und ungezogen, und bisher hat mich noch jedes Kind, das mir begegnet ist, irgendwann geärgert. Mich zum Beispiel an meinen langen Schnurrbarthaaren gezogen. Oder gar versucht, diese abzuschneiden.
Werner hat einen Bruder mit drei besonders ungezogenen Rotznasen: zwei kleine Mädchen, Zwillinge, und einen etwas größeren Jungen. Die drei quälen mich jedes Mal, wenn sie in der Hochallee zu Besuch sind. Weihnachten, Ostern – egal welches Familienfest gefeiert wird, diesen Kindern fallen immer die hirnrissigsten Sachen ein. Beim letzten Weihnachtsfest haben sie zum Beispiel versucht, mir eine rote Zipfelmütze auf dem Kopf zu befestigen, damit ich aussehe wie der Weihnachtsmann. Mit Klebstoff! Das muss man sich mal vorstellen! Natürlich hat Werner mit den drei Mini-Terroristen geschimpft, aber da war es schon zu spät: Die Mütze klebte so fest in meinen Haaren, dass Olga sie mir mit einer Nagelschere aus dem Fell schneiden musste. Danach sah ich aus wie der letzte Idiot. Einfach furchtbar! Ich, Winston Churchill, völlig entstellt.
Also egal, was hier noch passiert und wer Olga ersetzt, wenn sie zu ihrem Dieter geht: alles, bloß keine Kinder in der Hochallee 106a! Heilige Ölsardine, BITTE keine Kinder!
Erst ein Ende. Dann ein Anfang.Und was für einer!
Falls es einen Katzengott gibt, hat er meine Gebete nicht erhört. Denn natürlich geht meine Geschichte mit KINDERN weiter. Und mit Olgas Abschied. Ein schwerer Schlag für einen treuen Kater wie mich!
Ein paar Tage später steht Olga nämlich mit ihren Koffern an der Tür, während Dieter neben ihr bereits ungeduldig von einem Bein aufs andere tappt. Ich beäuge ihn misstrauisch.
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