Winterkost - Lisett Erden - E-Book

Winterkost E-Book

Lisett Erden

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Beschreibung

Beim Winter zu Gast sein! Das heißt, mit ihm die Feste Weihnachten, Neujahr und Karneval feiern, aber auch seine Kälte spüren und in Raunächten ins Sinnieren kommen über Tradition und Veränderung. Die Gedichte und Kurzgeschichten regen dazu an. Sie berühren, erheitern, erwärmen und geben lichte Ausblicke. So stärken sie wie eine gute Kost.

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Inhalt

Gedichte

Weihnachten

Kalttage und Raunächte

Narretei

Vorfrühling

Kurzgeschichten

Sprachlos

Drei Kompotte am Heiligabend

Weihnachtswährung

Spur im Schnee

Stürmische Reise

Kneipenliebe

Weihnachten

Dies ist die Nacht,

da mir erschienen

des großen Gottes

Freundlichkeit …

Caspar Friedrich Nachtenhöfer (1684)

leergefegt

Vor dem ersten Advent

sammle ich ums Haus,

was wegzurechen ist:

die gelben Blätter des Strauchs im Hof

und die braunen, verdorrten Blättchen

der Waldreb‘ auf der Terrasse,

im Garten, was die Brombeere abwarf,

aus dem kleinen Teich die Kiefernadeln,

welke Rosenblätter vor der Tür.

Es muss sauber sein. Aufgeräumt sein.

Außen.

Innen.

Leer sein.

In Erwartung dessen, was da kommt und

füllt:

die heilige Unruhe,

das alte Wissen,

die Bilder aus der Kindheit,

die Sehnsucht nach ...

Wenn man ‘s nennt, wird es banal.

Weihnachtskisten

Mit den Weihnachtskisten,

aus dem Stauraum unterm Dach gefischt,

hinterm Drempel

zwischen altem Krempel,

naht im Hause der Advent,

noch eh‘ die erste Kerze brennt.

Oh! Was Herrlichkeiten,

hölzern, gläsern, wächsern eingepackt!

Jedoch so mancher Überraschungsfund

ist nicht mehr begehrt und kugelrund.

Manche Teile sind verjährt,

haben Mode-Schick verloren.

Werden gesondert von den sinnigen

und innigen:

einem Stern aus Transparentpapier

von der Tochter, sie war vier;

einem verknitterten Rauschegold-Engel

vom kleinen Sohnebengel;

drei Kugeln mit abgeplatztem Glimmer

der verstorbenen Eltern

aus Zeiten von Bombengeflimmer

und Tränengewimmer.

Nur noch eine Kiste standhält

dem Bedarf nach deutsamer Einfachheit.

Ausgemustert die üppige Nichtigkeit

für die grüne, adventliche Zeit.

Im

Fenster Sterne

künden von Sehnsucht nach Licht,

das oftmals so

ferne.

Minusgrade

Das Thermometer zeigt an unter null.

Auch das Stimmungsbarometer

zwischen ihr und ihm ist gefallen.

Die Luft draußen ist klar und wundervoll.

Letzte Sonnenstrahlen malen am Himmel

im prächtigsten Aquarell

ein lilarotes Wolkenfell.

Sie bindet auf der Terrasse

aus Tanne und kahlen Zweigen der Kirsche,

Baum einer alten Rasse,

ummantelt von großen Zapfen der Fichte,

gehalten von heller Verpackungsschnur,

ein Gesteck für ‘n Advent,

wie man es landläufig so nicht kennt.

Wissend verknoten die Hände

die eitlen Gefühle

zu hässlichem Knäuel,

entsorgen es,

mit dem Abfall.

Für warme Regungen machen sie Platz,

teurer Ersatz.

Der Reiher auf Nachbars First

standhaft verharrt. Ein luftiger Fürst!

be-hauptet

Der Hutai auf der Fensterbank

lächelt noch gefälliger als sonst.

Die Wasserlilie lässt mit ihrem Spross

auf seinem kahlen Schädel

die zarten, grünen Sträußlein wachsen.

Aus ihrem Foto

schaut Selma Lagerlöf,

weltwissend, allverloren,

ein wenig überheblich auch,

als säße sie

auf ihrem breiten, schwarzen Hut,

mit Federn der Unsterblichkeit gebauscht

-dem Thron der Weisheit gleich -,

in matriarchalischer Attitüde.

Und das - auf einer Büchertüte.

Hinterm Drucker empor ragt meine Muse,

als langhalsige Blechfigur.

In Weihnachtszeiten ist sie engelhaft.

Ein Elfenkrönchen ziert die Locke,

einziger Schwung in ihrer stöckernen Statur.

Fordert kleinmündig auf,

mich auch zu be-haupten.

Lege mir einen Bogen Papier auf den Kopf.

Nikolaustag

Sankt Nikolaustag

vereint Jung und Alt im Spiel

von Geben und Nehm’n.

Hier die Tüten süß.

Da ein kindlich Lachen froh.

Seit ewigen Zeiten so.

räuchern

Das Räuchermännlein aus dem Erzgebirge,

nikolausig angemantelt,

schwarz bestiefelt,

rot bemützt,

raucht

und schmaucht

erlaucht

die engelflügelgleichen, weißen, zarten Wölkchen

des edlen Weihrauchs

aus der runden Mundhöhl.

Ja, es darf ‘s!

Weil so begehrt der Rauch des Sandelholzes

und der Ambra und der andren weihnachtlichen Düfte.

Verpestet nicht die Stubenlüfte.

Glättet die Seelenklüfte.

gefährdet

Weihnachtsmärkte sind gefährdet,

brauchen Schutz der Polizei.

Weil ein Böser nicht geerdet

in der Welt, die gut und frei.

Wohin sollen wir noch gehen,

um zu fühlen vor dem Fest,

was uns einst so tief beglücket

und noch immer beben lässt?

Komm, wir gehen auf das Feld,

in den Wald, zum Bächlein klar,

radeln durch bereiften Weg

zu dem See, der uns ganz nah.

Dort liegt Ruhe, dort herrscht Stille,

nur ein Vogelruf erschallt.

Und im fahlen Schöpfungslichte

spürst du, ‘s kommt die Weihnacht bald.

Heiligabend

Heiligabend ist schon morgens,

wenn man schläfrig

Tee trinkt und Kaffee

und dazu die Zeitung liest.

Heiligabend ist im vollen Laden,

wo man abholt den bestellten Braten.

Heiligabend ist auch mittags,

wenn man seine Suppe isst

und bemerkt, dass man allerlei vergisst.

Heiligabend ist beim Treppenputz

und beim Säubern allen Schmutz‘.

Heiligabend ist bei jeder Nachricht,

die das gute Weltgeschehen

schrecklich unterbricht.

Heiligabend ist nicht erst am Abend

vor den bunten Lichterbäumen,

die behangen sind mit kinderfrohen Träumen.

Heiligabend ist dir im Gemüt,

wenn ein Freudeblümchen aus Beschwernis

dir erblüht.

Mein Heiligabend

ist Zustand friedlicher Huld

mit mir und andren,

in Geduld.

Krippe

Wir betreten die kleine, dunkle Kirche

hoch über dem Hang der Talaue

gedämpften Schritts,

um Frau Mystik

nicht zu stören,

die da hat

Heimstatt,

geduldet von Sankt Victor,

dem Kämpfer und Sieger.

Sie ist leer

zur Mittagsstund,

da der Engel des Herrn

mit der Glocke ruft zum Einkehrn.

Am Seitenaltar der Maria

baut sich die Krippe auf,

nimmt großzügig Raum.

Eine Schafherde weidet auf moosigem

Grund:

Zwei blöken, drei lagern schon satt,

ein paar horchen auf

und der Schafbock mit seinem gebogenen

Horn,

hütet die Herd‘, nebst einem Hund.

Der Stall, ein Fachwerkhäuschen, schon betagt,

über den sanften Hügel ragt,

gerahmt von welkem Eichenblatt.

Weit offen steht das zweigeteilte Brettertor.

Josef grüßt mit hellem Blick und Ohr.

Maria, noch schmerzhaft benommen stattfroh,

schaut verhüllt auf ihr Kind im Stroh.

Ochs und Esel liegen dabei,

in der trauten Rund, ohne Buhei.

Kein Engel schwebt überm Dach und tut kund

mit himmlischem Mund.

Nur Hirten sind wach auf dem Feld.

Die Alten erinnern sich an das, was erzählt,

und die Jungen, gespannt,

kommen munter angerannt.

Wir sind zugegen im friedlichen Bund,

ergriffen, frommwund,

da wir sehen,

wie einfach göttliche Wunder geschehen.

Weihnachtslieder

Ich sang die deutschen Lieder,

aus Kindertagen bekannt,

im fremden Land,

in dem ich weilte, gern,

besonders weil ich fern.

„Alle Jahre wieder“,

„Lieb Nachtigall, wach auf“,

und wenn „Maria durch ein Dornwald ging“,

schmolz ich vor Heimweh hin.

Jetzt,

wo ich für immer zu Hause bin,

hör ich die fremden Weisen

und … schmelze hin.

Ich singe aus Inbrunst,

mit gebrochener Sangeskunst,

„Navidadau“ des Indio,

der Sängerin aus Mexiko

„A la rurru …“:

innigstes Liebescanto

zum göttlichen niño.

Lieder zur Weihnacht

allesamt berühren,

gleich welcher Sprach‘