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Beim Winter zu Gast sein! Das heißt, mit ihm die Feste Weihnachten, Neujahr und Karneval feiern, aber auch seine Kälte spüren und in Raunächten ins Sinnieren kommen über Tradition und Veränderung. Die Gedichte und Kurzgeschichten regen dazu an. Sie berühren, erheitern, erwärmen und geben lichte Ausblicke. So stärken sie wie eine gute Kost.
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Seitenzahl: 51
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Gedichte
Weihnachten
Kalttage und Raunächte
Narretei
Vorfrühling
Kurzgeschichten
Sprachlos
Drei Kompotte am Heiligabend
Weihnachtswährung
Spur im Schnee
Stürmische Reise
Kneipenliebe
Dies ist die Nacht,
da mir erschienen
des großen Gottes
Freundlichkeit …
Caspar Friedrich Nachtenhöfer (1684)
Vor dem ersten Advent
sammle ich ums Haus,
was wegzurechen ist:
die gelben Blätter des Strauchs im Hof
und die braunen, verdorrten Blättchen
der Waldreb‘ auf der Terrasse,
im Garten, was die Brombeere abwarf,
aus dem kleinen Teich die Kiefernadeln,
welke Rosenblätter vor der Tür.
Es muss sauber sein. Aufgeräumt sein.
Außen.
Innen.
Leer sein.
In Erwartung dessen, was da kommt und
füllt:
die heilige Unruhe,
das alte Wissen,
die Bilder aus der Kindheit,
die Sehnsucht nach ...
Wenn man ‘s nennt, wird es banal.
Mit den Weihnachtskisten,
aus dem Stauraum unterm Dach gefischt,
hinterm Drempel
zwischen altem Krempel,
naht im Hause der Advent,
noch eh‘ die erste Kerze brennt.
Oh! Was Herrlichkeiten,
hölzern, gläsern, wächsern eingepackt!
Jedoch so mancher Überraschungsfund
ist nicht mehr begehrt und kugelrund.
Manche Teile sind verjährt,
haben Mode-Schick verloren.
Werden gesondert von den sinnigen
und innigen:
einem Stern aus Transparentpapier
von der Tochter, sie war vier;
einem verknitterten Rauschegold-Engel
vom kleinen Sohnebengel;
drei Kugeln mit abgeplatztem Glimmer
der verstorbenen Eltern
aus Zeiten von Bombengeflimmer
und Tränengewimmer.
Nur noch eine Kiste standhält
dem Bedarf nach deutsamer Einfachheit.
Ausgemustert die üppige Nichtigkeit
für die grüne, adventliche Zeit.
Im
Fenster Sterne
künden von Sehnsucht nach Licht,
das oftmals so
ferne.
Das Thermometer zeigt an unter null.
Auch das Stimmungsbarometer
zwischen ihr und ihm ist gefallen.
Die Luft draußen ist klar und wundervoll.
Letzte Sonnenstrahlen malen am Himmel
im prächtigsten Aquarell
ein lilarotes Wolkenfell.
Sie bindet auf der Terrasse
aus Tanne und kahlen Zweigen der Kirsche,
Baum einer alten Rasse,
ummantelt von großen Zapfen der Fichte,
gehalten von heller Verpackungsschnur,
ein Gesteck für ‘n Advent,
wie man es landläufig so nicht kennt.
Wissend verknoten die Hände
die eitlen Gefühle
zu hässlichem Knäuel,
entsorgen es,
mit dem Abfall.
Für warme Regungen machen sie Platz,
teurer Ersatz.
Der Reiher auf Nachbars First
standhaft verharrt. Ein luftiger Fürst!
Der Hutai auf der Fensterbank
lächelt noch gefälliger als sonst.
Die Wasserlilie lässt mit ihrem Spross
auf seinem kahlen Schädel
die zarten, grünen Sträußlein wachsen.
Aus ihrem Foto
schaut Selma Lagerlöf,
weltwissend, allverloren,
ein wenig überheblich auch,
als säße sie
auf ihrem breiten, schwarzen Hut,
mit Federn der Unsterblichkeit gebauscht
-dem Thron der Weisheit gleich -,
in matriarchalischer Attitüde.
Und das - auf einer Büchertüte.
Hinterm Drucker empor ragt meine Muse,
als langhalsige Blechfigur.
In Weihnachtszeiten ist sie engelhaft.
Ein Elfenkrönchen ziert die Locke,
einziger Schwung in ihrer stöckernen Statur.
Fordert kleinmündig auf,
mich auch zu be-haupten.
Lege mir einen Bogen Papier auf den Kopf.
Nikolaustag
Sankt Nikolaustag
vereint Jung und Alt im Spiel
von Geben und Nehm’n.
Hier die Tüten süß.
Da ein kindlich Lachen froh.
Seit ewigen Zeiten so.
Das Räuchermännlein aus dem Erzgebirge,
nikolausig angemantelt,
schwarz bestiefelt,
rot bemützt,
raucht
und schmaucht
erlaucht
die engelflügelgleichen, weißen, zarten Wölkchen
des edlen Weihrauchs
aus der runden Mundhöhl.
Ja, es darf ‘s!
Weil so begehrt der Rauch des Sandelholzes
und der Ambra und der andren weihnachtlichen Düfte.
Verpestet nicht die Stubenlüfte.
Glättet die Seelenklüfte.
Weihnachtsmärkte sind gefährdet,
brauchen Schutz der Polizei.
Weil ein Böser nicht geerdet
in der Welt, die gut und frei.
Wohin sollen wir noch gehen,
um zu fühlen vor dem Fest,
was uns einst so tief beglücket
und noch immer beben lässt?
Komm, wir gehen auf das Feld,
in den Wald, zum Bächlein klar,
radeln durch bereiften Weg
zu dem See, der uns ganz nah.
Dort liegt Ruhe, dort herrscht Stille,
nur ein Vogelruf erschallt.
Und im fahlen Schöpfungslichte
spürst du, ‘s kommt die Weihnacht bald.
Heiligabend ist schon morgens,
wenn man schläfrig
Tee trinkt und Kaffee
und dazu die Zeitung liest.
Heiligabend ist im vollen Laden,
wo man abholt den bestellten Braten.
Heiligabend ist auch mittags,
wenn man seine Suppe isst
und bemerkt, dass man allerlei vergisst.
Heiligabend ist beim Treppenputz
und beim Säubern allen Schmutz‘.
Heiligabend ist bei jeder Nachricht,
die das gute Weltgeschehen
schrecklich unterbricht.
Heiligabend ist nicht erst am Abend
vor den bunten Lichterbäumen,
die behangen sind mit kinderfrohen Träumen.
Heiligabend ist dir im Gemüt,
wenn ein Freudeblümchen aus Beschwernis
dir erblüht.
Mein Heiligabend
ist Zustand friedlicher Huld
mit mir und andren,
in Geduld.
Wir betreten die kleine, dunkle Kirche
hoch über dem Hang der Talaue
gedämpften Schritts,
um Frau Mystik
nicht zu stören,
die da hat
Heimstatt,
geduldet von Sankt Victor,
dem Kämpfer und Sieger.
Sie ist leer
zur Mittagsstund,
da der Engel des Herrn
mit der Glocke ruft zum Einkehrn.
Am Seitenaltar der Maria
baut sich die Krippe auf,
nimmt großzügig Raum.
Eine Schafherde weidet auf moosigem
Grund:
Zwei blöken, drei lagern schon satt,
ein paar horchen auf
und der Schafbock mit seinem gebogenen
Horn,
hütet die Herd‘, nebst einem Hund.
Der Stall, ein Fachwerkhäuschen, schon betagt,
über den sanften Hügel ragt,
gerahmt von welkem Eichenblatt.
Weit offen steht das zweigeteilte Brettertor.
Josef grüßt mit hellem Blick und Ohr.
Maria, noch schmerzhaft benommen stattfroh,
schaut verhüllt auf ihr Kind im Stroh.
Ochs und Esel liegen dabei,
in der trauten Rund, ohne Buhei.
Kein Engel schwebt überm Dach und tut kund
mit himmlischem Mund.
Nur Hirten sind wach auf dem Feld.
Die Alten erinnern sich an das, was erzählt,
und die Jungen, gespannt,
kommen munter angerannt.
Wir sind zugegen im friedlichen Bund,
ergriffen, frommwund,
da wir sehen,
wie einfach göttliche Wunder geschehen.
Ich sang die deutschen Lieder,
aus Kindertagen bekannt,
im fremden Land,
in dem ich weilte, gern,
besonders weil ich fern.
„Alle Jahre wieder“,
„Lieb Nachtigall, wach auf“,
und wenn „Maria durch ein Dornwald ging“,
schmolz ich vor Heimweh hin.
Jetzt,
wo ich für immer zu Hause bin,
hör ich die fremden Weisen
und … schmelze hin.
Ich singe aus Inbrunst,
mit gebrochener Sangeskunst,
„Navidadau“ des Indio,
der Sängerin aus Mexiko
„A la rurru …“:
innigstes Liebescanto
zum göttlichen niño.
Lieder zur Weihnacht
allesamt berühren,
gleich welcher Sprach‘