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In diesem dritten "Brückenbau"-Buch geben Pflegende Angehörige wieder einen Minieinblick in ihr Leben. Zeigen auf, wo es in der häuslichen Pflege nicht rund läuft, zeigen aber auch schöne Momente. Auch beruflich Pflegende kommen zu Wort, denn wir wollen ja Brücken schlagen. Brücken zur beruflichen Pflege, um Seite an Seite für Verbesserungen in der Pflege zu kämpfen. Brücken auch zu Menschen, die (bisher) nicht mit dem Thema in Berührung gekommen sind. Das Buch ist abgerundet mit einigen wenigen Umfrageergebnissen, die direkt aus der Praxis kommen und nicht durch bezahlte Studien, die sich eventuell bei Bedarf zurechtgebogen werden. Wer denkt, dass in Deutschland in der Pflege zu Hause alles gut ist, liegt leider verkehrt. Mit diesem Buch mag der ein oder andere sich eventuell ein besseres Bild über die Realität machen, oder sich auch einige Tipps mitnehmen. Es sollte jedem bewusst sein, Pflege kann jeden jederzeit betreffen, egal in welchem Alter. Laut der offiziellen Statistik vom Bundesgesundheitsministerium wurden für das vergangene Jahr fast 4,9 Mio. Personen mit einem Pflegegrad gemeldet. Ca 81% davon werden zu Hause gepflegt. (Quelle Pflegedschungel) Und es werden mehr, schauen Sie nicht weg. Der Verkaufserlös geht komplett an den Verein "Pflegende Angehörige e.V.", da dieser sich um die Belange von Pflegenden Angehörigen, aber auch der zu Pflegenden kümmert und alle am Buch beteiligten den Verein damit etwas unterstützen möchten.
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Seitenzahl: 120
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Wir bauen eine Brücke … und jetzt?
Anthologie
Band III
Anthologie
Wir bauen eine Brücke … und jetzt?
Dritter Band der „Wir bauen eine Brücke“-Reihe
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.de abrufbar.
Das Copyright unterliegt den Autoren/Illustratoren des jeweiligen Beitrages.
© 2022 Brigitte Bührlen, Rudolf Enzmann, Conny Stücker, Gisela Schmelz, Brigitte Hald-Hübner, Gudrun Born, Bianca Meier, Thomas Kusterer, Jean-Jacques Sarton, Tania Frera, Jutta Ebrecht, Rosel Klein, Andrea Bodor, Karin Lehmann, Julika Stich, Christl Satter, Wiebke Worm
Herausgegeben von: Wiebke Worm (www.wiebke-worm-art.de) Lektorat: Rudolf Köster (https://rudolfsverseschmiede.jimdofree.com/) Illustriert von: Meike Gaffron (http://www.meike-gaffron.de/)
Verlagslabel: Pflegende Angehörige bauen Brücken
ISBN Softcover: 978-3-347-75896-4 ISBN Hardcover: 978-3-347-75897-1 ISBN E-Book: 978-3-347-75898-8 ISBN Großschrift: 978-3-347-75899-5
Druck und Distribution im Auftrag des Herausgebers: tredition GmbH, An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Germany
Die Publikation und Verbreitung erfolgen im Auftrag des Autors, zu erreichen unter: tredition GmbH, Abteilung "Impressumservice", An der Strusbek 10, 22926 Ahrensburg, Deutschland.
Das Werk einschließlich seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages, der aufgelisteten Autorinnen/Illustratorinnen und Autoren/Illustratoren unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Widmung
Dieses Buch ist den vielen Millionen Menschen gewidmet, die zu Hause pflegen.
Ihr seid unersetzlich!
(Aber bitte werdet lauter)
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Brigitte Bührlen
Hätten Sie das doch gleich gesagt
Rudolf Enzmann
Urlaubserinnerungen, Krankheit und ein guter Rat!
Conny Stücker
Was Mirabellen mit wischen zu tun haben… (Geschichten aus dem Leben)
Gisela Schmelz
Der Transportschein (Geschichten aus dem Leben)
Brigitte Hald-Hübner
Armut durch Pflege – eine deutsche Wirklichkeit
Wiebke Worm
SPA-Pflegeuhren
Zitate einiger Pflegender Angehöriger
Zitat 01 – Andrea Bodor
Zitat 02 – Rosel Klein
Zitat 03 – Karin Lehmann
Gudrun Born
Rückschau auf 17 Pflegejahre
Thomas Kusterer
Pflegereform, oder das kleine A B C der häuslichen Pflege
Bianca Meier
… Die Frau auf der Bank
Brigitte Hald-Hübner
SINN FINDEN IM LEBEN - VORTRAG/ KDFB St. Raphael
Jean-Jacques Sarton
Vom Laien zum Profi
Tania Frera
Jede Sekunde mit dir ist kostbar
Conny Stücker
Zeitverschwendung oder das Dekubituspflaster (Geschichten aus dem Leben)
Jean-Jacques Sarton
Ein Nachtrag
Julika Stich
Young Carers - Wenn Kinder und Jugendliche pflegen
Wiebke Worm
Klaus und Elke – eine Nacht (fiktiv, aber möglich) im Leben der Pflege zu Hause
Jutta Ebrecht
Die Liebe trägt eben doch nicht alles
Nachlassgedanken
Das Lächeln der anderen Art (also nicht aus Freude)
Hätte, Wäre, Wenn und Wollte - die vier kleinen Gedankenteufelchen im Kopf
Christel Satter
Begegnungen
Wiebke Worm
Zum Abschluss sei gesagt
Mitbehindert
Danksagung
Informative (Pflege)Seiten von uns:
PA-Bücher - Bisher erschienen:
Vorwort
Drei Jahre ist es nun schon her, dass das zweite Brückenbaubuch, so nennen wir unsere Bücher, herausgekommen ist und zwei Jahre, dass ich angefangen habe, Beiträge für Band drei zu sammeln. Es hat etwas länger gedauert, da wir zunächst zwei weitere Bände erstellen wollten. Einen, in dem es nur um glückliche Zeiten geht, denn auch diese erleben ja viele von uns, trotz des Pflegealltags. Ich schreibe bewusst wollten, denn diesen Band wird es nicht geben. Wir fügen stattdessen die wenigen Texte hier mit ein, sodass wieder ein Gesamtwerk entsteht. Wer will schon immer wieder lesen, dass sich jemand an einem kurzen Gespräch erfreut, oder an einer Hummel, die er/sie beobachtet hat? Kleinigkeiten als Großartigkeiten zu sehen ist eine der Eigenschaften, die viele Pflegende Angehörige eint, aber sie füllen kein lesbares Buch. Trotzdem kommen Stück für Stück Texte bei mir an, oder ich werde in den verschiedenen Gruppen auf passende Texte aufmerksam gemacht und schaue dann, ob sie mit in das dritte Angehörigenbuch aufgenommen werden sollten.
Ich danke allen Mitwirkenden für ihre Geduld, denn diesmal läuft alles ein bisschen zäher an, was teilweise unserer Pflegesituation geschuldet ist, aber auch den vielen verschiedenen Projekten. 24 Stunden für einen Tag sind einfach nicht genug. Durch das Wort 'zäher' finde ich gerade einen guten Übergang für den „richtigen“ Start.
Wir bauen eine Brücke – und jetzt?
Dieser Titel schoss mir spontan in den Kopf, als ich überlegte, was hat sich eigentlich in den letzten Jahren alles so getan bei den Pflegenden Angehörigen?
Ja, WIR bauen eine Brücke, noch immer. Nur meinem Verständnis nach scheint es eine Brücke zu sein, die von vielen bisher wie eine Einbahnstraße angesehen wird. Wir bauen seit vielen Jahren, werden am Brückenende aufgehalten und es kommt kein - ich sage mal Fremder - so richtig in unsere Richtung. Nur ab und zu, vereinzelt findet jemand den Weg zu uns. Eher selten. Dann aus Neugier, oder weil der Job oder das politische Amt es gerade fordert.
Oder, weil gerade Wahlen anstehen. Ja, spätestens dann werden wir entdeckt, wir sind ja Millionen … und danach schnell wieder vergessen. Das klingt bitter? Mag sein, ist aber eine eher nüchterne Betrachtung, denn wenn ich gerade in der letzten Zeit sehe, wer noch immer über uns Pflegende Angehörige und auch über die zu Pflegenden spricht und nicht mit uns, könnte ich resignieren. Hier liegt die Betonung auf 'könnte'. Denn andererseits macht es mich wütend. So wütend, dass ich endlich den Dreh gefunden habe, an Brückenbau Band drei zu gehen.
Irgendwann, so ist meine Hoffnung nach wie vor, muss man uns doch auch in der Politik an den richtigen Stellen zur Kenntnis nehmen. Uns nicht mehr permanent ignorieren oder so tun, als ob man sich mit unseren Sorgen beschäftigt und dann über unser aller Köpfe hinweg bestimmt, was für uns am besten ist und für unsere zu Pflegenden.
Einer der wirklich große Fehler dabei ist, dass niemand, der nicht selber zu Hause gepflegt hat, wirklich weiß, welche Bedürfnisse wir. Ein zweiter großer Fehler, dass nicht zugehört wird. Ich frage mich immer wieder, warum nicht? Hat die Politik so viel Angst vor uns, dass sie uns klein hält? Denn WIR sind immerhin eine Gruppe von ca. 10 Millionen Menschen, wenn man Sorgende- und Pflegende Angehörige zusammenrechnet.
Fragen wir gezielt bei den verschiedenen Politikern/Politikerinnen (ich gendere nicht) nach, können Sie die Antworten, die aus verschiedenen Bundesländern kommen teilweise fast 1:1 übereinanderlegen, so sehr gleichen sie sich. Ändern tut sich aber nichts. Doch eines, WIR, die Pflegenden Angehörigen haben verstärkt angefangen, unsere Kräfte zu bündeln, und das ist gut so. Nur deshalb wissen wir um die Textbausteinantworten, die jeden von uns erreichen.
Durch die Pandemie haben wir zum ersten Mal auch die Möglichkeiten, online mehr gesehen und gehört zu werden. Zumindest ein bisschen. Da so vieles per Videoschaltung läuft, kommt die Politik nicht mehr so ohne Weiteres an uns vorbei. Auch, wenn einige es offensichtlich gerne möchten.
Mit welcher Ignoranz uns teilweise geantwortet wird, ob auf Twitter, Instagram, Facebook oder im Videogespräch ist schon erstaunlich. Sogar auf Abgeordnetenwatch, einer Seite, die ich inzwischen gerne nutze und auch empfehle. Wer mag, sollte dort mal bei den verschiedenen Politikern unter dem Punkt Gesundheit nachlesen, was wir gefragt und wie uns geantwortet wurde. Teilweise ein Trauerspiel. Einige wenige gute und sogar empathische Antworten waren mit dabei, doch mit so viel Verspätung, dass ich jetzt wieder auf die WahljahrÜberlegung komme.
In den Wahlprogrammen kamen die Worte „Pflegende Angehörige“ fast nicht vor. Und wenn, dann sind oft nur die gemeint, die noch arbeiten gehen können. Die vielen Menschen, die ihre Brotjobs schon aufgegeben haben und zu Hause rund um die Uhr die Pflege eines Angehörigen sicherstellen, werden nicht gesehen. Nach wie vor nicht.
Das bisherige Pflegesystem ist seit vielen Jahren konsequent an die Wand gefahren worden, was gerade zu Zeiten von Corona – nämlich jetzt – richtig hoch kocht. Leider sind viele Gesetze und Verordnungen und Anweisungen so kompliziert, dass man da nur mit viel Zeit und Geduld durchsteigt. Manchmal muss man, selbst wenn man tief im Thema steht, trotzdem dreimal lesen, was eigentlich bei all den Verschlimmbesserungen gemeint ist. Hier möchte ich meinen Dank an diejenigen ausdrücken, die die Vorschläge der Regierung immer wieder kritisch auseinandernehmen und hinterfragen, sogar Gegenvorschläge bringen.
Das bisherige System basiert auf uralten Gesetzen, sodass alle Pflegenden Angehörigen ehrenamtlich einspringen müssen. Das ist schon lange nicht mehr zeitgemäß.
Also, fangen wir wieder an. Wir bauen eine Brücke – und jetzt?
In diesem Buch finden Sie Texte und diesmal auch Statistiken. Diese wurden von mir via Survio über meine Facebookseite „Wir pflegen unsere Lieben“, durchgeführt und dort auch hochgeladen. Durch den kostenlosen Account kann ich immer nur 100 Antworten auswerten, aber wenn Sie, liebe Leserin/lieber Leser, auch in den großen Angehörigengruppen auf Facebook mitlesen, sehen sie klar, dass die Ergebnisse ein gutes Bild widerspiegeln.
Ich wünsche ein interessantes Leseerlebnis, in größerer Schriftart, damit es für viele Menschen gut leserlich ist, denn um Menschen geht es ja hier.
Ihre Wiebke Worm
Pflegende Angehörige im PG5
(Autorin/Illustratorin/Youtubberin und Mitbegründerin und teilweise Moderatorin des Onlineradiosenders RfPA, alles, was man von zu Hause aus machen kann, wenn zwischendurch etwas Luft ist.)
Brigitte Bührlen
Hätten Sie das doch gleich gesagt.....!
Meine Mutter war an Demenz erkrankt. Wie eine Weltmeisterin lief sie sieben Jahre lang Tag für Tag ruhelos in und außerhalb der Wohnung weite Strecken.
Eines Tages meinte sie, sie wolle jetzt in das Heim in unserer Nähe ziehen. Auch dort war sie unentwegt unterwegs, auch viel draußen an der frischen Luft und irgendwie war alles in Ordnung.
In den folgenden fünf Jahren ließ der Laufdrang immer mehr nach, sie saß nun lieber im Sessel. So ganz langsam bereitete es ihr Probleme, die Knie durchzustrecken, sie konnte nicht mehr sitzen. Nun kam die Bettlägerigkeit, sie verstummte, nur noch die Augen konnten „sprechen“. Der Gehirnabbau schritt fort …
Ich hängte ein knallbuntes Mobile über ihr Bett, damit sie nicht nur an eine weiße Decke schauen musste. Die Zeit verging.
Eines Tages meinte Schwester Kathrin: „Können wir Ihre Mutter an die andere Wand im Zimmer stellen, sie kann ja sowieso nicht mehr nach draußen“. Ich hörte die Worte und benötigte zwei Tage, um genau zu verstehen, was damit ausgesagt war. In meinem Kopf arbeitete es: „Warum kann meine Mutter nicht mehr nach draußen? Ihr Bett hat doch vier Rollen, wir könnten es doch schieben?“
Eines Tages half mir eine Schwester, das Bett mit meiner Mutter aus dem Zimmer, über den Gang und durch den Aufenthaltsraum auf die Terrasse zu stellen.
Warum war ich nur nicht früher auf diese Idee gekommen?
Aus verschiedenen Gründen musste ich kurz darauf meine Mutter über Nacht das Haus wechseln lassen. Als ich sie am nächsten Tag in dem neuen Heim besuchen wollte, war ihr Bett leer: Wo war meine Mutter? Hatte ich etwas falsch gemacht, hatte sie Schaden genommen, war sie im Krankenhaus, lebte sie überhaupt noch? Ich begann verzweifelt nach ihr zu suchen. Plötzlich kam mir eine lachende Schwester entgegen: „Suchen Sie Ihre Mama?“ „Ja!“ „Kommen Sie einfach mal mit“.
Sie ging mit mir in den Aufenthaltsraum und da lag meine Mutter auf einem Liegerollstuhl. Mir kamen die Tränen: Meine Mutter konnte ganz einfach aus dem Bett auf einen Liegerollstuhl gelegt werden? Dann könnte ich ja mit ihr aus dem Heim herausfahren und sie könnte mal wieder Vögel hören, Luft und Sonne spüren. Ich war glücklich.
Schwester Nura meinte, sie könne das mit der (privaten) Krankenkasse meiner Mutter abklären, und dann würde sie bestimmt solch einen Rollstuhl zur Verfügung gestellt bekommen. So einfach war das also?
Ein paar Tage später meinte Nura: „Könnten Sie bitte selbst einmal bei der Kasse anrufen und mit dem Sachbearbeiter sprechen?“ Natürlich, kein Problem. Ich rief an und fragte, ob meine Mutter einen Liegerollstuhl bekommen könne, damit sie aus dem Bett herauskommen und in den Aufenthaltsraum geschoben werden kann. „Nein! Das Heim muss einen solchen Rollstuhl bereitstellen“. „Aber das Heim hat gesagt, dass es keinen solchen Rollstuhl für meine Mutter stellen kann“. „Tut mir leid, aber so ist es eben, das Heim muss den Rollstuhl stellen“ „Ja aber …“ „Nein“!
„Dann kann ich meine Mutter nicht nach draußen fahren? Ich wollte sie an die frische Luft bringen und einfach ein bisschen heraus aus dem Heim, damit sie wieder einmal Vögel zwitschern hört und auch andere Menschen sieht und …“
„Ja warum sagen Sie das denn nicht gleich?“ tönte es plötzlich von der anderen Seite, „sie soll also am gesellschaftlichen Leben teilhaben? Dann bezahlen wir selbstverständlich den Liegerollstuhl!“
Ich bin heute noch froh und dankbar, dass mir der enttäuschte Satz herausgerutscht ist, und denke noch gerne an unsere Spaziergänge zurück. Sie konnte die Vögel noch einmal hören und den Luftzug auf ihrem Gesicht spüren …
Rudolf Enzmann
Urlaubserinnerungen, Krankheit und ein guter Rat!
Wir haben 1975 geheiratet und meine Frau bekam zwei gesunde Kinder. Aus Dankbarkeit darüber übernahmen wir die Halbwaisen-Patenschaft eines bedürftigen Kindes über die Kindernothilfe. Dieses damals neunjährige Mädchen aus Namibia ist heute verheiratet und hat drei eigene Kinder. Sie lernte in der Schule sehr gut und schon bald schrieben wir uns persönlich auf Englisch. Wir besuchten sie erstmals 1997 in Namibia, einem Land voller Überraschungen: deutsche Straßennamen, Leberwurst und nach deutschem Reinheitsgebot gebrautes Bier. Waren wir nach zehn Flugstunden wieder in Deutschland? Nein, wir fanden lediglich Überreste der Deutschen Kolonialzeit.
Und dazu ein weitläufiges Naturwunder mit freilaufenden Wildtieren.
Damals war meine Frau zwar schon an Multipler Sklerose erkrankt, jedoch hatte sie anfangs nur wenige Schübe und konnte auch noch laufen. Weitere Besuche folgten, denn das Klima dort vertrug meine Frau trotz MS sehr gut. Wir bereisten neben dem Besuch auch das Land, oft gemeinsam mit einem Kind aus der Familie. Aber die Krankheit nahm ihren Lauf. Der letzte Besuch in Namibia im Jahre 2011 war schon mit zahlreichen Hindernissen behaftet. Trotz Hilfe beim Check in und im Flieger, auch bevorzugter Abfertigung beim Zoll wurden die Hürden immer größer. Wir entschlossen uns daher kurzerhand unser Patenkind (mittlerweile dreifache Oma) mit Familie zu uns nach Deutschland einzuladen. Natürlich immer nur zwei Personen, denn diese wohnten während ihres Aufenthaltes in Deutschland hier bei uns. Diese Besuche waren ein einmaliges Erlebnis für uns und unsere Paten-Familie, denn die Lebensumstände sind in Afrika total unterschiedlich.
Meine Frau hat sich nie von der MS unterkriegen lassen. Sie übernahm für 10 Jahre den Vorsitz in der örtlichen MS-Kontaktgruppe (AMSEL), plante Ausflüge, Grillfeste und Treffen. Viele neue Freundschaften entstanden. Befreundete Kontaktgruppen feierten gerne mit uns und man traf sich oft. Für mich war es selbstverständlich meine Frau mit Rat und Tat zu unterstützen, denn von den Mitgliedern der Kontaktgruppe kam viel Positives zurück. In dieser Zeit besuchten wir auch zahlreiche Paar-Seminare und Schulungen. Über die Krankheit Multiple Sklerose und ihre unterschiedlichen Verlaufsformen erfuhren wir in dieser Zeit sehr viel. Meine Frau ging in ihrer Aufgabe sehr auf, und es fiel ihr schwer, die Leitung krankheitsbedingt in andere Hände abzugeben.