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Lang erwartet: der neue Gedichtband von Joachim Sartorius. Für Joachim Sartorius ist der Dichter ein Erinnerer. Seine neuen Gedichte sind Aufstände der Sprache gegen die Vergänglichkeit, ganz gleich, ob sie von griechischen Säulen, der Nymphe Arethusa, Eidechsen, Friseuren oder verschwundenen Milieus handeln. Vor allem ist er ein Augenmensch. »Wohin mit den Augen«: Vieldeutig muss dieser Titel gelesen werden. Als Geblendetsein von großer Sinnlichkeit. Als Scham, etwas sehen zu müssen, dessen Zeugenschaft man kaum übernehmen kann. Als Anspielung darauf, dass einem im Laufe eines langen Lebens eher mehr als weniger Augen wachsen. Sartorius führt uns zu den ihm vertrauten Orten: Tunis, Alexandria, die Levante, das weiße Meer. Im Zentrum der Gedichte steht die sizilianische Stadt Syrakus, selbst Gedächtnisort, selbst eine gleißende Erfindung der Erinnerung. Aufgehellt wird der existenzielle Ernst, der diese mittelmeerischen Meditationen durchzieht, durch ein mehrteiliges Capriccio über die türkische Katze des Dichters, ihre Launen, ihren funkelnden Übermut. Ich bin der Hirt, der Feigen schlitzt. Schön spreche ich über die grauen Schafe. Und schöner noch über die dunklen Gräber. Den ersten Schmetterling, braun und nervös. Hoch auf dem Berg liegt aufgeschlagen das Bestimmungsbuch für die Arten seines Flugs.
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Seitenzahl: 35
Veröffentlichungsjahr: 2021
JOACHIM SARTORIUS
GEDICHTE
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Titelseite
Über JOACHIM SARTORIUS
Über dieses Buch
Inhaltsverzeichnis
Impressum
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zur Kurzübersicht
Joachim Sartorius, geboren 1946 in Fürth, wuchs in Tunis auf und lebt heute in Berlin und Syrakus. Er war Intendant der Berliner Festspiele (2000 bis 2011). Er veröffentlichte acht Gedichtbände, zuletzt »Für nichts und wieder alles« (2016) und die Reiseerzählungen »Die Prinzeninseln« (2009), »Mein Zypern« (2013) und »Städte des Ostens« (2015). Er ist Herausgeber der Werkausgaben von Malcolm Lowry und William Carlos Williams sowie der Anthologien »Atlas der neuen Poesie« (1995), »Minima Poetica« (1999), »Alexandria Fata Morgana« (2001) und »Niemals eine Atempause. Handbuch der politischen Poesie im 20. Jahrhundert« (2014). Für sein Gesamtwerk erhielt er 2019 den August-von-Platen-Preis. Er ist Mitglied der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.
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Für Joachim Sartorius ist der Dichter ein Erinnerer. Seine neuen Gedichte sind Aufstände der Sprache gegen die Vergänglichkeit, ganz gleich, ob sie von griechischen Säulen, der Nymphe Arethusa, Eidechsen, Friseuren oder verschwundenen Milieus handeln. Vor allem ist er ein Augenmensch. »Wohin mit den Augen«: Vieldeutig muss dieser Titel gelesen werden. Als Geblendetsein von großer Sinnlichkeit. Als Scham, etwas sehen zu müssen, dessen Zeugenschaft man kaum übernehmen kann. Als Anspielung darauf, dass einem im Laufe eines langen Lebens eher mehr als weniger Augen wachsen. Sartorius führt uns zu den ihm vertrauten Orten: Tunis, Alexandria, die Levante, das weiße Meer. Im Zentrum der Gedichte steht die sizilianische Stadt Syrakus, selbst Gedächtnisort, selbst eine gleißende Erfindung der Erinnerung. Aufgehellt wird der existenzielle Ernst, der diese mittelmeerischen Meditationen durchzieht, durch ein mehrteiliges Capriccio über die türkische Katze des Dichters, ihre Launen, ihren funkelnden Übermut.
AUGEN
SIZILIEN IST NICHT TOT
AUFWACHEN IN ORTIGIA
AUF DER TERRASSE, PIAZZA DEL PRECURSORE
SIZILIANISCHE NEBENINSEL
SELINUNT
DIE NEKROPOLE VON PANTALICA
TRAPANI
SIRACUSA
MORIRE A SIRACUSA
TÉLÉPHONE ARABE
BEIM BARBIER, VIA ROMA, ORTIGIA
PANINO DI NOTTE
LÜGEN ÜBER CARAVAGGIO
ORTIGIA
REPLIK
GROSSER HAFEN VON SYRAKUS
ÜBUNGEN: WAS BLEIBT
INVENTUR DES VULKANS
IM HINTERLAND, ABENDS
KEDI oder KATZE VON VAN
KEDI I
KEDI II
KEDI III
KEDI IV
KEDI V
KATZE VON VAN
REQUIEM FÜR EINE KATZE
DIE KATZEN DES KUNIYOSHI
KEDI VI
KEDI VII
KEDI VIII
ÜBERFALLARTIG, DAS VERTRAUTE
TUNIS 2019
IN TUNIS
PULA ODER TROST
EPITAPH EINES PHÖNIZIERS
LABORATOIRE DES MARBRES
IN DEN KATAKOMBEN
BLÜTENWEISS
PALAVERN NÜTZT NICHT VIEL
DIE RUSSISCH BLAUE
TIERE DES SÜDENS
FEST IM TIERGARTEN
TIERE DES SÜDENS
ENTSTEHUNG DES GEDICHTS
AFFE
KURZE ANLEITUNG ZUM ÄGYPTISCHEN BAUCHTANZ
DIE BEDEUTUNG DES KERZENLICHTS IM LEBEN VON CASANOVA
DAS KAISERREICH VON TRAPEZUNT
HINTER DEM BERG
DU SAGST ES
STREUGUT
LICHTERLOH
ÜBER EINEM MOTTENDEN FEUER
ANMERKUNGEN
Meine geschätzten Augen, es steht nicht zum Besten mit euch.
Ihr liefert mir unscharfe Zeichnung,
Und wenn Farbe, dann vernebelt.
Doch wart ihr die Koppel königlicher Spürhunde,
Mit der ich seinerzeit früh morgens aufbrach.
Meine begierigen Augen, ihr habt viele
Länder und Städte, Inseln und Meere geschaut.
Gemeinsam begrüßten wir großartige Sonnenaufgänge,
Als der weite Atem uns zum Lauf
Über Wege mit verdunstendem Tau rief.
Nun habt ihr etwas gesehen, das in mir verborgen ist,
In Rückblick oder Traum verwandelt.
(…)
Czesław Miłosz
Die Nacht wäscht das Meer.
Am Morgen ist das Wasser neu.
Auf der Netzhaut wird Licht
mit Gischt bezahlt.
Ich bürste Salz vom Tisch.
Ich küsse die Augen der Echse.
Ich schneide das Brot.
Ungemein hell wird der Tag.
Später nimmt dir die See
die Münzen ab
und ritzt in eine jede
den Namen einer Nymphe
für das lange Glück,
am Leben zu sein.
für (und nach) Vincenzo Consolo
Vor uns das Meer, so hoch wie unsere Augen,
Fischerboote im leichten Seegang, morgen wird es
Sardinen geben, Rotbarsch oder den großen Schwertfisch.