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Fliehen oder kämpfen? Was würdest du tun, wenn beides das Ende deines bisherigen Lebens bedeutet? Bei einem scheinbar harmlosen Spaziergang entkommen die Wilsons nur knapp einem tödlichen Anschlag. Bald entdecken sie, dass ihr zwölfjähriger Sohn Wolf das eigentliche Ziel war. Ungeachtet ihrer Bemühungen bleiben die Drahtzieher unerkannt. Als weitere Attentate folgen, bleibt der Familie nur eine verzweifelte Wahl: ein Leben im Verborgenen unter neuer Identität. Doch die Bedrohung findet sie erneut, und Wolf steht vor einer Entscheidung, die sein Leben für immer verändern wird. Tauche ein in eine Welt, in der nichts so ist, wie es scheint, und erlebe Wolfs dramatischen Wandel im Angesicht einer finsteren Macht. Wolfsgeheul, ein Mystery-Thriller mit garantiertem Gänsehautfaktor.
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Seitenzahl: 798
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„oþalan“
An dieser Stelle möchte ich allen für ihre Unterstützung danken, ohne die das Buch in der jetzigen Form nicht entstanden wäre. Mein besonderer Dank geht dabei an Bernd Müller und René Noack für ihre Lektoratsarbeit und die zahlreichen Stunden, in denen wir im konstruktiven Dialog standen.
Prolog
Der Penn-Valley-Vorfall
Das verfallene Haus
Eine folgenschwere Entscheidung
Indianische Wurzeln
Ein neues Leben
Der Schrei des Wolfes
Ein großer Verlust
Ein neuer Freund
Flucht
Lästige Obliegenheiten
Eine lange Reise
Ankunft
Neue Herausforderungen
Inkarnation
Epilog
„Wohin du auch gehst,
geh mit deinem ganzen Herzen.”
– Konfuzius
Meine Großmutter sagte mir, es gäbe keine Monster, als ich ihr von jenem schockierenden Ereignis im Penn Valley Park erzählte, das am Anfang einer Reihe von mysteriösen Vorfällen stand, die mich und meine Jugend so sehr geprägt hatten. Ich war ein sehr misstrauischer und schreckhafter Junge, der kaum Anschluss zu seinen Mitschülern fand. Grandma vermutete, dass Mangel an sozialen Kontakten die Ursache für mein auffälliges Verhalten war. Wie sollte ich Sicherheit im Umgang mit ihnen gewinnen und mich später in einer Führungsrolle behaupten können, wenn ich nicht richtig gefördert und standesgemäß sozialisiert würde? Nur der Besuch einer privaten Internatsschule könne dies gewährleisten, meinte sie und machte meinen Eltern große Vorwürfe, weil sie ihrem Rat nicht folgten. Sie verstand nicht, warum ich abweisend war und keinen Fremden an mich heranließ. Wie sollte sie auch? Ich verschwieg ja das meiste, denn es war mir von meinen Eltern strengstens verboten, ihr von jenen Ereignissen zu erzählen, die der Grund für mein auffälliges Verhalten waren ‒ jenen Ereignissen, die mich damals zutiefst verängstigt und mir die kindliche Unbeschwertheit und das Bild einer heilen Welt geraubt hatten. Trotzdem konnte ich nicht verstehen, warum man vor Kindern die grausame Realität, die Existenz von Werwölfen und andersartigen Kreaturen leugnet, so wie es Grandma beharrlich tat, als ich ihr, trotz des Verbots meiner Eltern, von dem Werwolf erzählte. Etwa, um uns Jugendliche zu schützen und zu verhindern, dass wir uns bibbernd unter Bettdecken verstecken und keinen Fuß mehr hinauswagen? Ich wusste aber, dass es sie gab. Und das entlarvte Grandmas sicherlich gut gemeinte Behauptung als Lüge und sie als Lügnerin. Dabei fürchtete ich nicht die Werwölfe. Meine Monster waren durchweg menschlicher Gestalt.
Heute würde ich mit ihr aber nicht mehr so streng ins Gericht gehen. Inzwischen ist mir bewusst, dass meine Realität nicht ihre war. In ihrer existierten keine Monster und damit auch keine Werwölfe. Für sie entsprachen ihre Worte der Wahrheit. Wenn sie log, dann sicherlich nur aus reiner Unwissenheit heraus.
Im Gegensatz zu Grandma hörte mir Granny, meine Großmutter mütterlicherseits, stets zu, wenn ich mit Problemen zu ihr kam. Sie stand mir immer bei und versuchte mir tatkräftig zu helfen. Ich nannte sie Granny, weil sie klein und von zierlicher Gestalt war. Sie war warmherzig und aufgeschlossen – gerade das Gegenteil von meiner Großmutter väterlicherseits, die eher kalt und unnahbar wirkte. Es ist leicht verständlich, dass ich mich mit Granny bedeutend besser verstand. Sie war es auch, der ich mich letztendlich anvertraute.
Einst war ich Wolf Wilson, der Sohn erfolgreicher amerikanischer Unternehmer. Ich hatte schon recht früh feste Vorstellungen, anhand derer ich die Geschehnisse um mich herum bewertete, vor allem aber darüber, wie das Zusammenleben in Familie und Gesellschaft zu funktionieren habe. Seitdem sind viele Jahre vergangen. Mittlerweile bin ich dreiundzwanzig Jahre alt und um zahlreiche Erfahrungen reicher. Mit gutem Gewissen kann ich wohl behaupten, dass ich in all den Jahren viele schöne, seltsame und, sagen wir mal, weniger schöne Erlebnisse gehabt habe, die viele meiner damaligen Sichtweisen revidiert und mich nachhaltig geprägt haben. Aus mir ist ein anderer geworden. Jetzt bin ich Pattwóŗ von Wadŗán vom Clan der Wadŗáns und möchte nun, da ich kurz vor der Erfüllung meines Schwures stehe und die Zeit meiner Rache gekommen ist, die Geschichte meiner Kindheit und Jugend erzählen.
„Gefahr versteinert Hasen
und erzeugt Löwen.”
– Friedrich Hebbel
Meine Eltern lernten sich als Studenten an der Harvard University kennen. Dad war Ingenieur und beschäftigte sich im Rahmen seines Studiums mit dem Design neuartiger Materialien, der Erforschung ihrer Eigenschaften und ihrer Verwendungsmöglichkeiten in komplexen Systemen. Nach seiner Promotion erbte er Grandpas Konzern mitsamt aller Liegenschaften und Ländereien und stieg zum Führer des Wilson-Imperium auf. Zusammen mit Mom siedelte er schließlich von Cambridge, Massachusetts nach Kansas City um und bezog dort Wilson‘s Manor, Dads elterliches Anwesen und Stammsitz unserer Familie. Sofort übernahm mein Vater die Familiengeschäfte und zog seinen älteren Bruder Matthew vom operativen Geschäft ab, der als Erstgeborener nach Familientradition alleiniger Erbe und Führer des Familienimperiums gewesen wäre. Onkel Matthew hatte sich aber als Lebemann ohne Gespür fürs Geschäft erwiesen und den Konzern an den Rand des Bankrotts geführt. Deswegen hatte Grandpa wohl beschlossen, mit der Familientradition zu brechen, und Dad kurz vor seinem Tod testamentarisch als Alleinerben eingesetzt. Onkel Matthew fand er mit unserem Anwesen auf Palm Beach und einem zweistelligen Millionenbetrag ab. In seiner Funktion als Konzerndirektor avisierte mein Vater neue Geschäftsfelder, strukturierte den Konzern komplett um und baute ihn zu einem Hightech-Konzern aus. Das riss das Ruder wieder herum und brachte das Unternehmen zurück auf Erfolgskurs. Auch Kontakte zu Politik, Wirtschaft und zum Militär konnte er knüpfen, die ihn wirtschaftlich und gesellschaftlich voranbrachten.
Meine Mutter war promovierte Betriebswirtin. Aber eigentlich schlug ihr Herz für Botanik. Schon früh entdeckte Mom ihre Liebe zu Pflanzen und betätigte sich neben ihrem Studium als Hobbybotanikerin. Später fand sie dann einen Weg, Beruf und Hobby miteinander zu kombinieren, indem sie sich in einen Fachbetrieb für Landschaftsgärtnerei einkaufte und dessen Geschäftsführung übernahm. Sie war maßgeblich an der Neugestaltung des botanischen Gartens in Kansas City beteiligt.
Sehr schnell etablierten sich meine Eltern in der High Society von Kansas City. Der Name Wilson hatte wieder Gewicht, und zwar weit über die Grenzen des Staates Kansas hinaus. Ich brauche wohl nicht explizit erwähnen, dass sie sehr wohlhabend waren. Tja, und zwei Jahre später erblickte ich dann das Licht der Welt. Ich war ein sogenanntes Millenniumskind und wurde im Zeichen des Wolfes des indianischen Kalenders geboren – für Astrologen ein besonderes Datum. Die Weichen waren auf kompromisslosen Erfolg gestellt und mit meiner Geburt stand auch dem Aufstieg als amerikanische Musterfamilie nichts mehr im Weg. Dad war sogar als Kandidat für das Gouverneursamt im Gespräch. Eine politische Karriere hatte er aber nie angestrebt.
Über vierzehn Jahre hatte mein Vater das Unternehmen geleitet, als tiefschneidende Ereignisse über uns hereinbrachen und alles begann. Am Anfang all jener Vorfälle, die das Ende unseres gutbürgerlichen Lebens einläuteten, stand ein gemeinsamer Spaziergang an einem Wochenende im Juni des Jahres 2012, der sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt hat.
Es war Freitag. Mom und Dad waren früher von ihrer Arbeit heimgekommen. Sie wollten mit mir den Nachmittag verbringen. Wir waren in den Penn Valley Park gefahren, um dort ein wenig zu wandern. Später wollten wir noch in die Stadt zu einem Italiener fahren und dort Eis essen. Der Park war nicht nur für Touristen ein beliebtes Ausflugsziel. Auch Einheimische besuchten ihn gerne, um der Hektik des Alltags zu entfliehen, mal abzuschalten und die Natur zu genießen. Die Wege waren daher ziemlich belebt. Überall war das Gemurmel sich unterhaltender Personen zu hören, in der Ferne kreischten spielende Kinder und nirgends war man wirklich allein. Unter ‚Natur genießen‘ verstand ich, dem Vogelgezwitscher und dem Rauschen der Bäume zu lauschen und die Tiere bei ihrem Tagewerk fernab von menschlichen Ansammlungen zu beobachten. Das war hier aber nicht möglich, jedenfalls nicht zur Primetime der Outdoor-Aktivitäten. Womöglich verstand ich darunter etwas anderes als andere Menschen. Es war heiß, die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel und es wehte nur eine leichte Brise. Schon kleinere Aktivitäten waren bei diesem Wetter schweißtreibend. Für mich war jener Spaziergang allenfalls eine körperliche Betätigung – die lästige Pflicht, bevor es dann zur Kür kam. Ich hoffte, dass wir bald zum Auto zurückgehen und zur Eisdiele fahren würden. Dort war es angenehm kühl und italienisches Eis aß ich eh sehr gerne. Gerade erzählte ich Dad vom Film »The Hunger Games«, den ich mir am Vorabend zusammen mit meinem Freund Ronald im Kino angesehen hatte, als Mom uns plötzlich unterbrach.
„Jack, schau mal zur Bank da drüben. Da sitzt ein Mann, der uns schon die ganze Zeit über beobachtet, besonders Wolf.“
Flüchtig sahen Dad und ich zu dem Mann hinüber. Er wirkte sehr ungepflegt, ausgemergelt und war in dreckigen Lumpen gekleidet. Er sah aus, als hätte er sich viele Monate schon nicht mehr gewaschen. Seine dunkelblonden Haare waren schulterlang, strähnig und zerzaust. Sie hatten bestimmt schon sehr lange keinen Kamm mehr gesehen. Sein Gesicht versteckte sich unter einem langen, ungepflegten Bart und die Haut war ledrig und schmutzig. Sein Körper war ausgemergelt und die Spuren regelmäßigem Alkoholkonsums hatten sich in sein Gesicht gefressen. Entsprechend unbeholfen und kraftlos wirkten seine Bewegungen. Freiwillig hätte ich mich nie von ihm berühren lassen.
Dad erwiderte beiläufig: „Lass ihn doch gucken, wenn er nichts Besseres zu tun hat. Das ist bestimmt so ein perverser Päderast, der sich an den vorbeilaufenden Kindern ergötzt. Anders kann ich mir sein Verhalten nicht erklären. Mach dir keine Sorgen, Mary-Sue. Gefährlich sind solche Leute nur für Kinder ohne elterliche Begleitung.“
Fragend schaute ich zu Dad hoch. „Was ist denn ein Päderast?“
Er wandte sich mir zu und erklärte: „Das ist eine Person, die sich zu Kindern hingezogen fühlt und ganz schlimme Sachen mit ihnen anstellt, Wolf.“ Dabei zog er seine Augenbrauen hoch.
Abermals sah ich zu dem Mann hinüber, der sich gerade von seiner Bank erhob und unsere Richtung einschlug.
„Der sieht aber nicht gerade böse aus, Dad“, stellte ich fest.
„Das ist ja gerade das Heimtückische daran. Es steht ihnen nicht auf der Stirn geschrieben. Jeder Fremde könnte ein Päderast sein, egal, ob ungepflegt, gepflegt, ob arm oder reich. Wenn dich also eine fremde Person anspricht und dich mitnehmen will, dann lauf weg, Wolf! Hast du verstanden?“, warf Mom bestimmt ein.
„Ja, Mom. Aber was ist, wenn der Mann wirklich lieb ist, wenn er, zum Beispiel, Hilfe braucht?“
Dad blieb stehen und ging vor mir in die Hocke. Eindringlich sah er mich jetzt an. „Das ist ja gerade das Heimtückische daran, Wolf. Du kannst Fremde schlecht einschätzen. Deshalb musst du immer vom Schlimmsten ausgehen. Und wenn dich ein Erwachsener um Hilfe bittet und dich auffordert, ihn zu begleiten, dann lügt er! Dann hat er etwas Schlechtes im Sinn. Kein Erwachsener braucht die Hilfe eines Kindes.“
Verschmitzt grinste ich ihn an. „Dann brauche ich am Wochenende den Tisch ja nicht mehr decken.“
Beide lachten und Dad zerwühlte mir das Haar. „Das hättest du wohl gerne, du Schlingel.“
Gerade als sich mein Vater wieder erhob, sprach uns der fremde Mann an. „Sir? Entschuldigen Sie, Sir! Ich bin obdachlos. Hätten Sie vielleicht ein oder zwei Dollar für mich?“
Eine Duftwolke aus altem Schweiß, Schmutz und Urin waberte zu uns herüber. Der roch genauso, wie er aussah. Mich vor ihm ekelnd verzog ich mein Gesicht und suchte hinter Dad Schutz.
Mein Vater wandte sich ihm zu und musterte ihn. Schließlich antwortete er: „Du möchtest zwei Dollar haben? Ich sage dir etwas. Ich gebe dir zehn. Kauf dir davon etwas zu essen und iss dich richtig satt.“
Aus seiner Hosentasche zog er eine Banknote, überreichte sie dem Obdachlosen und forderte ihn schließlich auf, zu gehen. Während der Mann perplex die Zehn-Dollar-Note in seiner Hand betrachtete, wandten wir uns ab und setzten unseren Weg fort. Kaum hatten wir ein paar Schritte getan, eilte uns die übelriechende Person nach und stellte sich uns in den Weg.
„Sir, das kann ich so nicht annehmen. Lassen sie mich dafür etwas tun.“
„Du möchtest für dein Geld arbeiten?“, unterbrach ihn Dad, „dann such dir einen Job.“ Aus seiner Brieftasche holte er eine Visitenkarte und drückte sie dem Obdachlosen in die Hand. „Dort gehst du Montag hin und stellst dich vor. Wir finden sicherlich eine Verwendung für dich. Und jetzt lass es gut sein!“
Der Fremde zeigte jedoch nicht die gewünschte Reaktion. „Sir, ich möchte gerne jetzt etwas dafür tun.“
Tief holte Dad Luft und schüttelte seinen Kopf. „Sag mal, merkst du nicht, dass ich dir gerade eine goldene Brücke gebaut habe. Nimm die Chance wahr und versau es dir nicht! Danken kannst du mir später, indem du gut arbeitest und wieder einen Menschen aus dir machst! Und jetzt zieh Leine!“
Immer noch blieb der Mann beharrlich stehen. „Aber ich weiß viel über den Ersten Weltkrieg und wäre ein guter Führer durchs National World War I Museum.“
Unauffällig schob Dad mich weiter zurück zu Mom, die mich an die Hand nahm und festhielt.
„Muss ich etwa noch deutlicher werden!? Bestimmt gehe ich mit meiner Familie nicht zusammen mit einem verlausten Penner durch den Park! Sag mal! Was an den Worten »zieh Leine« verstehst du nicht!? Rede ich etwa Chinesisch!? Ich sage es dir noch einmal im Guten! Mach, dass du Land gewinnst!“, forderte ihn Dad jetzt rüde auf.
Ich an seiner Stelle hätte mich nach dieser Abfuhr sofort entfernt, denn mein Vater konnte sehr unangenehm werden und besaß dazu die passenden körperlichen Attribute. Er war groß und von kräftiger Statur. Die verwahrloste Person blieb jedoch stur. Anstatt einfach zu gehen, sah er Dad und mich abwechselnd an und versuchte dabei zu lächeln. Argwöhnisch betrachtete ich mir diesen aufdringlichen Mann. Etwas schien ihn zu beschäftigen. Seine Nervosität war ihm wohl anzumerken, obwohl er sie zu überspielen versuchte. Gewiss waren Dads deutliche Worte nicht der Grund seiner Nervosität, denn rüde Umgangsformen war er sicherlich gewohnt. Mir machte er Angst. Immer wieder schielte er unauffällig zum Liberty Memorial hinüber, das zu unserer Rechten lag und größtenteils von Büschen und Bäumen verdeckt wurde. Ich sah ebenfalls zum Memorial hinüber, das wie ein gigantischer Radierstift aussah. Dort befand sich auch das besagte Kriegsmuseum. Ich konnte dort aber nichts Auffälliges entdecken. Ob meine Eltern seine unterschwellige Nervosität auch bemerkt hatten? Ich dachte mir nichts weiter dabei. Ich hoffte nur, dass er endlich ging und wir unseren Spaziergang fortsetzen konnten. Ich freute mich nämlich schon auf mein Eis.
Der Obdachlose blieb aber weiterhin hartnäckig. „Vielleicht ist ja ihr Sohn an einer spannenden Geschichte über das Memorial interessiert“, meinte er und griff mit seiner schmutzigen, knöchernen Hand nach mir.
Abwehrend wich ich zurück.
Dad schüttelte seinen Kopf und zischte zornig: „Wenn du meinen Sohn berührst, breche ich dir sämtliche Knochen!“
Daraufhin packte er den Obdachlosen am Kragen und warf ihn zu Boden.
„Du hast soeben deine goldene Brücke zum Einsturz gebracht. Sieh zu, dass ich dich nicht mehr sehe!“
Plötzlich knackte und knirschte es neben mir im Gebüsch. Äste und Zweige brachen lautstark. Erschrocken fuhr ich herum und erstarrte vor Angst. Ich konnte es deutlich sehen. Aus dem Gebüsch stürmte ein gewaltiges, behaartes Tier, richtete sich auf und sprang in unsere Richtung. Ich riss meine Augen auf und starrte das Monstrum an. Die Kreatur war weder Mensch noch Tier. Sie besaß sowohl physische Charakteristika eines Wolfes als auch die eines Menschen. Der Kopf war wolfsähnlich, massiv und das Gebiss sehr kräftig ausgebildet. Der Körper wurde von einer mächtigen Muskulatur geformt, die unter dem dichten, schwarzen Fell deutlich hervortrat. Uns attackierte ein leibhaftiger Werwolf, der meinen Vater um mehr als eine halbe Körperlänge überragte. Entsetzt schrie ich auf. Plötzlich platzte die linke Schulter des Monstrums auf. Fast zeitgleich wurde die Luft von einem scharfen Knall durchschnitten. Blut, Knochensplitter und Fellstücke spritzten uns entgegen, während wir ein zorniges Jaulen und Knurren vernahmen. Das Höllengeschöpf stürzte und verfehlte uns nur knapp. Unsanft schlug es auf. Die Menschenmenge spritzte auseinander. Jeder flüchtete schreiend und rannte kopflos um sein Leben. Einige prallten dabei gegeneinander und stürzten. Andere liefen über sie hinweg – einige von ihnen stolperten dabei oder wurden umgestoßen. Eine Massenpanik brach aus. Mich packte jemand am Arm und riss mich brutal aus Moms Armen. Es tat weh. Abermals schrie ich auf und blickte mich panisch um. Direkt vor mir tauchte das Gesicht des Obdachlosen auf – zu einer Fratze verzerrt. In der Hand hielt er plötzlich ein großes Messer. Während der Mann mich hasserfüllt anstarrte, holte er langsam zum todbringenden Stich aus. Wie ein Waran begann er zu zischen und stach zu. Kurz bevor mich die Klinge des niedersausenden Messers erreichte, wurde der Obdachlose von der mächtigen Pranke des schwer verwundeten Werwolfs getroffen und wie eine Stoffpuppe fortgeschleudert. Der Hieb war derart wuchtig, dass der Körper des Obdachlosen glatt entzweigerissen wurde. Schreiend wandte ich mich ab und vergrub zitternd mein Gesicht in den schützenden Armen meiner Mutter, die entsetzt die Kreatur anstarrte. Dicht neben mir schlug etwas gefolgt von einem scharfen Knall ein. Sofort warf sich Dad gegen Mom und mich, brachte uns zu Fall und sprang in den nächstgelegenen Graben.
„Schnell! Geht hier unten in Deckung!“, rief er uns hektisch zu.
Während Dad Mom zu sich in den Graben zog, rollte ich mich zu ihm hinunter. Weitere Geschosse schlugen währenddessen dicht neben mir ein. Plötzlich wurde es um uns herum still. Nur noch das Gekreische verängstigter Personen war in der Ferne zu hören, das langsam leiser und allmählich von den lauter werdenden Sirenen der eintreffenden Einsatzfahrzeuge übertönt wurde. Endlich sah ich die ersten Polizisten. Zielstrebig kamen sie auf uns zu und sicherten die Gegend ab. Es mochten nur Minuten vergangen sein, bis sie bei uns eintrafen. Mir kamen sie wie Stunden vor.
Einer der Beamten trat an uns heran. „Kommen Sie! Alles ist gut. Sie sind in Sicherheit.“
Zögernd wagten wir uns aus der Deckung. Obwohl Dad versuchte, mir mit seiner Hand die Augen zu verdecken, konnte ich noch einiges sehen. Der Platz sah grauenvoll aus. Das Gedärm des Obdachlosen war über den Weg verteilt, Ober- und Unterkörper lagen in einer unnatürlich verdrehten Pose voneinander getrennt am Wegesrand. Und überall war Blut. Während der Tatort abgesperrt wurde, führte uns ein Polizist fort zum Rand des Parks. Viele Menschen hatten sich dort um die Einsatzfahrzeuge versammelt – darunter Schaulustige und Reporter, die von dem Zwischenfall erfahren hatten, aber auch weitere Polizisten und medizinisches Personal. Als wir den Platz betraten, stürmten schon die Reporter herbei und versuchten, an uns heranzukommen. Die anwesenden Polizisten scheuchten sie fort und schirmten uns ab. Aus der Ferne überschütteten sie uns mit Fragen, während wir an ihnen vorbei zu einem der Rettungswagen geführt wurden. So gut es eben ging, mied ich jeglichen Sichtkontakt zu ihnen und hüllte mich in Schweigen. Von Sanitätern wurden wir in Empfang genommen.
Ein junger Mann sprach uns an. „Hier, nehmen sie Platz. Möchten sie etwas trinken?“
„Ja, gerne. Vielen Dank“, antwortete Dad und nahm die Plastikbecher für uns in Empfang.
„Ruhen sie sich erst einmal aus. Ein Detective wird bald zu ihnen kommen und sie zu dem Vorfall befragen, wenn sie sich dazu in der Lage fühlen.“
Mein Vater nickte. „Ja, er kann kommen.“
Ich saß auf dem Boden des Rettungswagens und nippte an meinem Becher. Das Gewusel der vielen Menschen um uns herum nahm ich nicht wahr. Mein Verstand hatte sie einfach ausgeblendet, denn ich mochte mit keinem von ihnen interagieren. Die Sensationsgier der Reporter und der Schaulustigen war mir zuwider. Die einen ergötzten sich am Leid der Betroffenen und die anderen machten damit ihr Geschäft. »Bad news are good news«, hieß es in Medienkreisen. Weswegen wohl? Mein Kopf war leer. Mir fiel es schwer, auch nur einen klaren Gedanken zu fassen, und die Ereignisse zu sortieren. Dabei war doch alles klar. Der aufdringliche Obdachlose war wegen Dads rigider Abfuhr außer sich geraten und wollte mich erstechen – womöglich im Affekt. Wir wurden aber von einem Werwolf attackiert, der ihn erschlug, bevor er mich töten konnte. Ein Heckenschütze der Polizei traf den Werwolf und vertrieb ihn, bevor er auch uns noch zerfetzen konnte.
Genauso hatten wir es zu Protokoll gegeben, als der Detective erschienen war und uns zu den Geschehnissen befragte. Nach der Befragung sollte dann noch ein Psychologe mit uns reden. Auf den psychologischen Beistand verzichteten wir aber. Wir wollten nichts mehr von all dem hören oder sehen und nur noch auf schnellstem Weg nach Hause. Als wir daheim ankamen, war der Vorfall schon Thema in allen Lokalsendern. Radio und Fernseher hatten wir daraufhin ausgeschaltet und mieden das Thema, so gut es eben ging. Mit Gesellschaftsspielen suchten wir Ablenkung und versuchten, den Abend halbwegs normal rumzukriegen. Gedanklich war ich aber immer noch im Penn Valley Park. Ich schwitzte und die Angst schlug mir auf den Magen. Ich fühlte mich schlecht. An Essen war gar nicht erst zu denken. Ich wollte mich nur noch verkriechen. Also verabschiedete ich mich von meinen Eltern und ging früh zu Bett.
Die Nacht über hatte ich kein Auge zugetan. Ich fand einfach keine Ruhe. Immer wieder hatte ich die grässliche Fratze des Obdachlosen und den zornig wütenden Werwolf vor Augen und wälzte mich im Bett von einer Seite auf die andere. Erst als der Morgen dämmerte, war ich so müde, dass ich einnickte.
In der Ferne hörte ich Stimmen. Sie tuschelten miteinander und wurden allmählich immer lauter. Ich schlug meine Augen auf und fuhr hastig hoch. Gleißendes Licht blendete mich. Die Sonne schien durchs Fenster direkt in mein Gesicht. Die Augen taten mir weh und pochende Schmerzen malträtierten meinen Schädel. Die Stimmen gehörten Mom und Dad. Offenbar waren sie schon unten. Ich streckte mich und gähnte dabei laut. Die Nacht war viel zu kurz gewesen. Wieder hörte ich ihre Stimmen durch die geschlossene Tür meines Zimmers. Sie schienen über etwas aufgebracht zu sein. Beiläufig sah ich auf den Wecker. Es war halb neun. Mich durchfuhr ein Schreck.
„Mist, verschlafen! Der Schulbus ist schon weg! Warum hat der Wecker nicht geschellt? Weswegen haben Mom und Dad mich nicht geweckt? Warum sind sie überhaupt noch im Haus?“, fragte ich mich tadelnd und warf dabei hastig die Bettdecke zurück.
Stöhnend sprang ich aus dem Bett und torkelte mit meinem Gleichgewicht kämpfend aus dem Zimmer zum Bad am Ende des Flures. Ich fühlte mich wie gerädert.
‚Heute muss eine Katzenwäsche reichen‘, dachte ich mir, während ich zum Waschbecken hastete.
Ich spritzte mir nur etwas Wasser ins Gesicht, sprang anschließend in meine Schuluniform und stürmte daraufhin die breite Treppe hinunter direkt in den kleinen Salon, wo wir wochentags stets speisten. Keiner war dort. Also rannte ich zur Küche und riss hastig die Tür auf. Dort saßen Mom und Dad am Tisch und unterhielten sich.
Völlig aufgelöst rief ich: „Ich habe verschlafen!“
Verwundert sahen meine Eltern mich an und begannen zu lachen. „Und so wolltest du zur Schule gehen? Ungekämmt und dein Shirt auf links? So sieht ein Schlafwolf aus“, spottete Dad und fotografierte mich mit seinem Smartphone.
„Och Dad!“
Breit grinsend fügte Mom noch an: „Es ist Samstag. Du hast heute keine Schule. Geh und zieh dir etwas anderes an. Wir frühstücken dann.“
„Oh Mann!“, murmelte ich und blies in meine Backen.
Mir hätte schon ein Licht aufgehen müssen, als der kleine Salon unbenutzt war. Wir aßen nämlich nur am Wochenende in der Küche, wenn das Hauspersonal frei hatte.
‚Wie kann man nur so kopflos sein!?‘, tadelte ich mich selbst.
Meine Eltern trugen legere, sportliche Bekleidung. Offenbar wollten sie nach dem Frühstück draußen Tennis spielen. Auf dem Tisch vor ihnen entdeckte ich die Kansas City Star – neben der Times die tägliche Morgenlektüre Dads. Auf der Titelseite befand sich großformatig eine Fotomontage eines reißerischen Werwolfs vor dem Liberty Memorial. Quer über dem Bild stand in roter Frakturschrift »Werwölfe in Kansas City?«
Fragend sah ich meine Eltern an. „Wart ihr wegen diesem Bericht so aufgebracht? In meinem Zimmer habe ich euch schon reden hören.“
„Ja“, bestätigte Dad kurz und schob mir die Zeitung zu.
Unter dem Bild fand sich in etwas kleineren Lettern die Headline: »Amoklauf im Penn Valley Park! Mann in Werwolf-Kostüm erschlägt Obdachlosen!«
Für Polizei und Medien schien demnach die Sachlage vollkommen klar zu sein. Dieser Eindruck erhärtete sich im zugehörigen Artikel, in dem die Ereignisse stark verfälscht wiedergegeben waren. Weder wurde erwähnt, dass jener Obdachlose mich ermorden wollte, noch war unsere Aussage wahrheitsgemäß wiedergegeben, in der wir klar zum Ausdruck gebracht hatten, dass es sich bei jener Kreatur keinesfalls um einen verkleideten Mann gehandelt hatte. Dem Bericht nach hatte der Schütze ziellos in die Menge geschossen. Dem war aber nicht so. Es war gezielt in unsere Richtung geschossen worden. Um das nachzuweisen, hätte man nur einen Metalldetektor bemühen müssen. Ferner war keine Rede davon, dass der Heckenschütze ein Polizist gewesen war. Wenn kein Polizist geschossen hatte, wer dann? Auch war die Tatsache nicht von Belang, dass der Werwolf angeschossen und schwer verwundet worden war. Dabei hatten sich die Hinweise direkt an Ort und Stelle auf dem Boden befunden. Als wir aus unserer Deckung gekommen waren, konnten wir neben den Blutspritzern die Knochensplitter und Fellfragmente des Werwolfs deutlich sehen. Er selbst war aber nicht mehr auszumachen. So plötzlich, wie das Ungeheuer aufgetaucht war, war es auch wieder verschwunden. Wie konnte ein derart mächtiges Wesen einfach so spurlos verschwinden? Im Penn Valley Park gab es so gut wie keine Waldflächen, in denen sich ein Werwolf hätte verbergen und ungesehen davonschleichen können. Es war so, als hätte sich das Monstrum einfach aufgelöst. Nichts von dem wurde im Artikel erwähnt. Verwirrt sah ich Dad an und stellte fest: „Das haben wir der Polizei so aber nicht erzählt.“
„Genau! Und deswegen haben wir uns etwas intensiver unterhalten“, bestätigte Dad.
Ich nickte ihm zu und verließ die Küche. Oben in meinem Zimmer zog ich mir etwas Leichtes, Bequemes an, denn es sollte bis zu fünfunddreißig Grad Celsius warm werden. Anschließend schnappte ich mir mein Notebook und warf mich aufs Bett. Im Internet ging ich auf die Suche nach weiteren Berichten über den Vorfall des Vortags. Die Artikel auf den Nachrichtenportalen unterschieden sich nur wenig. Der Wahrheitsgehalt in ihnen war bei allen ähnlich gering. Nur auf Facebook, Instagram und Twitter waren unverfälschte Fotos und wahrheitsgemäße Ausführungen zu finden. Die Bilder waren aber zumeist unscharf, überbelichtet oder aus anderen Gründen von sehr schlechter Qualität, sodass auf ihnen kaum etwas zu erkennen war. Gerade online gestellt wurden die Berichte in den Kommentaren schon als Fake News abgetan und in die Ecke der Horror-Storys für Werwolfliebhaber geschoben. Es war bemerkenswert, wie schnell das vonstattenging. Wir, meine Eltern und ich, wussten es aber besser. Ich sprang aus meinem Bett und eilte mit dem Notebook hinunter in die Küche. Mom hatte zwischenzeitlich gedeckt und mir Pfannkuchen mit Honig und einen großen Becher Kakao hingestellt. Ich setzte mich und schob ihnen das Notebook zu. „Schaut euch das mal an. Das habe ich im Netz zu gestern gefunden.“
Flüchtig überflogen sie die Berichte, während ich den ersten Pfannkuchen aß.
Schließlich meinte Dad: „Das sieht stark nach einer Vertuschung aus. Es war aber abzusehen, dass das geschehen würde.“
„Was soll denn da vertuscht werden, Dad? Etwa die Existenz des Werwolfs? Ist es wirklich so einfach?“, fragte ich ihn.
Beide schüttelten ihre Köpfe und Dad antwortete: „Nun, obwohl ich die Existenz eines Werwolfs auch geheim halten würde, allein schon, um eine Panik in der Bevölkerung zu vermeiden, glaube ich, dass da wesentlich mehr dahintersteckt. Überleg doch mal. Wenn der Werwolf wirklich das Ziel des Heckenschützen war, warum schoss er dann noch in unsere Richtung, als die Kreatur schon längst verschwunden war? Es steht auch nicht in den Berichten, dass die Polizei Heckenschützen eingesetzt hat. Das würden die Medien nie unerwähnt lassen. Außerdem, warum sollte überhaupt ein Heckenschütze der Polizei vor Ort gewesen sein? Nein, das passt nicht zusammen. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr erhärtet sich der Verdacht, dass nicht der Werwolf das Ziel des Schützen war, sondern wir.“
Perplex sah Mom Dad an und schüttelte schließlich ihren Kopf. „Wenn wir das Ziel des Heckenschützen waren, wie passen dann der Obdachlose und der Werwolf ins Bild?“, zweifelte sie.
Dad antwortete: „Das weiß ich nicht.“ Nachdenklich legte er seine Stirn in Falten und fügte wenig später an: „Noch nicht! Ich kenne ein paar Spezialisten, die etwas zur Klärung beitragen könnten.“
„Aber warum sollte uns jemand umbringen wollen, Dad?“, schoss es aus mir heraus, denn ich war sehr beunruhigt.
„Wolf, deine Mom und ich sind Geschäftsleute und bei dem, was wir tun, sehr erfolgreich. In der Geschäftswelt geht es mitunter sehr hart zu. Der Erfolg des einen ist häufig der Misserfolg des anderen. Da bleibt schon mal jemand liegen. Es gibt da kein Erbarmen. Schließlich geht es meist um sehr viel Geld. Ist dir schon aufgefallen, welcher Terminologie sich Geschäftsleute bedienen, Wolf? Es ist klassische Kriegsterminologie und das nicht grundlos. Wirtschaft ist Krieg und Geschäfte sind die Schlachten innerhalb des Krieges. Und je höher du aufsteigst, desto mächtiger werden deine Feinde. Verstehst du?“
Ich nickte und erwiderte nachdenklich: „Wie bei mir in der Schule. Da gibt es auch ein paar Neider, die mir meine Erfolge missgönnen und jede Gelegenheit nutzen, mir eins auszuwischen.“
„Ja, so in etwa, Wolf.“
Überrascht sah mich Mom an und fragte mich empört: „Ach? Wer denn?“
„John Ashley und seine Kumpane.“
„Davon hast du mir ja noch gar nichts erzählt!“, entrüstete sie sich.
„Ja, weil es nichts Besonderes ist. Die mobben auch andere – mich aber im Besonderen.“
„Und weswegen neiden sie dir deine schulischen Erfolge?“, hakte sie nach und zog dabei ihre Augenbrauen hoch.
„Weil Granny eine Indianerin ist, weil ich einen braunen Teint und schwarze Haare habe. Weil ich eben indianisch aussehe.“
Zorn flackerte in Moms Augen auf. „Rassistisch motivierte Handlungen an der Pembroke Hill School? Wir zahlen ein halbes Vermögen an die und unser Sohn wird wegen seiner Abstammung gemobbt? Das hat Konsequenzen!“
„Mom, nicht!“, entgegnete ich ihr energisch, „das würde es nur verschlimmern und bei meinen Mitschülern den Eindruck erwecken, ich sei ein Muttersöhnchen und könne meine Probleme nicht selbst lösen! Ich kann damit umgehen! Die sind alle Weicheier, Mom.“
Sie seufzte und meinte: „So, Weicheier! Wer sagt denn so was?“
„Ronald, Mom. Er meint, Leute, die viel reden und nichts machen, seien Weicheier.“
„Treffende Bezeichnung“, warf Dad ein.
„Jack!“, rief Mom erschüttert und sah ihn vorwurfsvoll an.
„Was denn?“, fragte er sie schelmisch, zwinkerte mir zu und deutete dabei ein Lächeln an.
Mom schüttelte nur ihren Kopf und urteilte flapsig: „Typisch Männer! Aber ich verstehe das schon, Wolf. Wenn die Gemeinheiten jedoch zunehmen, dann sagst du Bescheid, okay?“
Ich nickte ihr zu.
„Gut, dann ist das ja geklärt“, meinte Dad und fügte noch an, „ich werde jetzt ein paar Telefonate führen.“
Mit diesen Worten griff er nach seinem Handy und verließ schließlich die Küche.
Gegen Mittag schellte es bei uns. Mom öffnete die Tür und führte einen Mann ins Foyer. Freundlich bat sie ihn, dort einen Augenblick zu warten. Während Mom zu Dad ins Büro ging, nahm der Fremde in einem der Cocktailsessel Platz. Er war mittelgroß, sehr durchtrainiert und an mehreren Stellen tätowiert. Besonders stach mir eine Tätowierung ins Auge, die der Mann auf der Innenseite seines rechten Unterarms trug. Es war ein Jagdmesser, das den Schriftzug »Semper Fidelis« halb verdeckte. Geschrieben war er in Frakturschrift. Seine Haare waren hellblond und extrem kurz. Die Augen stachen stahlblau hervor. Aufmerksam sah er sich um. Der in hellen Farben gehaltene Eingangsbereich schien ihn zu beeindrucken – und nicht zu Unrecht. Boden und Wände bestanden aus weiß-beigem Carrara-Marmor. In der Mitte des circa dreieinhalb Meter hohen Raumes hing ein großer goldener Kronleuchter mit zahlreichen Applikationen aus Kristallglas. Die Stufen der breiten Treppe, auf der ich mich gerade versteckt hielt, waren aus schwarzem Marmor gefertigt und bildeten einen Kontrast zum Foyer. Als er mich entdeckte, grinste er kaum merklich, sagte aber kein Wort. Der Fremde war ein Söldnertyp, wie man ihn aus Actionfilmen kennt. Ich hatte ihn hier nie zuvor gesehen und hoffte, dass es bei diesem einen Besuch auch bleiben würde, denn er war mir absolut unsympathisch. Ich fragte mich, woher mein Vater so einen Menschen kennt. Als Dad erschien, erhob sich der Fremde und begann zu lächeln. Sie begrüßten sich und gingen daraufhin ins Büro. Nachdem Dad hinter sich die Tür geschlossen hatte, schlich ich ihnen nach und lauschte neugierig. Ihre Stimmen waren durch die geschlossene Tür hindurch kaum zu hören. Sie waren leise und klangen dumpf. Nur mit Mühen gelang es mir, ein paar Wortfetzen aufzunehmen. Sie schienen sich über die gestrigen Ereignisse zu beraten und über Software zu reden. Eigentlich sollte ich nicht an Türen horchen, weil sich das nicht gehört. Dieser Mann war mir aber suspekt und ich wollte wissen, was Dad mit so einem Typen zu bereden hat. Mehrmals schaute ich mich mit flauem Gefühl in der Magengegend um, denn ich wusste, wenn ich beim Lauschen erwischt würde, würde es Ärger geben. Nach einer Weile wandte ich mich ab und ging zur großen Treppe. Ich hatte genug gehört. Es war besser, auf mein Zimmer zu gehen.
Gerade als ich die Stufen emporstieg, öffnete Dad die Bürotür und rief: „Mary-Sue, Wolf, kommt bitte zu mir!“
„Ja, Dad, ich komme“, bestätigte ich.
Auf dem Absatz drehte ich um und ging die Treppe wieder hinunter. Mom kam aus der Bibliothek und betrat zusammen mit mir das Büro. Der Fremde saß am Schreibtisch meines Vaters. Vor ihm lag ein Notebook, das Display aufgeklappt. Mein Vater stand neben ihm.
„Das ist Mr. Marcus Russle, Inhaber der Alpha-Securitas INC“, stellte Dad uns seinen Gast vor, „Marcus, das ist meine Frau Mary-Sue und das mein Sohn Wolf.“
Der Fremde erhob sich und nickte uns lächelnd zu. „Ma’am, Wolf!“
Dann setzte er sich wieder und widmete sich erneut seinem Notebook. Offenbar waren Mr. Russel und Dad alte Bekannte. Sonst hätte Dad ihn nicht mit Vornamen angesprochen. Ich ging um den Schreibtisch herum und schaute neugierig auf den Monitor des Notebooks. Auf dem Display war eine dreidimensionale Karte des Parks zu sehen. Auf ihr waren die Positionen aller Beteiligten zum Zeitpunkt des ersten Schusses markiert. Der unsympathische Mann erklärte uns, laut Polizeiangaben hätte sich der Schütze auf dem Dach des National World War I Museums positioniert. Genau dort hätte man ein Scharfschützengewehr und seinen zerfetzten Leichnam gefunden. Der Mann markierte den Ort des Schützen und die Position der Schulter des Werwolfs und extrapolierte daraus eine Gerade. So wurde die Flugbahn des Geschosses sichtbar. Laut dieser Rekonstruktion hätte die Kugel meinen Kopf durchschlagen, wenn sie nicht zuvor die Schulter des Werwolfes zertrümmert hätte und dadurch abgelenkt worden wäre. Ich wäre also am Vortag fast erschossen worden. Entsetzt öffnete ich meinen Mund und sah hilfesuchend meine Eltern an. Schließlich wird man nicht alle Tage so schonungslos mit der Möglichkeit des eigenen Todes konfrontiert. Gerade in meinem damaligen Alter erschien das Leben selbstverständlich und unzerstörbar. Diese Vorstellung war mir da ungeschönt genommen worden.
„Wo sind die anderen Projektile eingeschlagen?“, wollte mein Vater nun wissen.
Der Söldnertyp klickte ein paar Menüs im User-Interface des Programms an. Auf dem Display erschienen daraufhin vier weitere Marken. Sie lagen auf einer Geraden vom Weg zum Graben, in dem wir Deckung gesucht hatten.
„Genau dort entlang hat sich Wolf doch in den Graben gerollt“, bemerkte Dad und zeigte genau auf die Punkte.
„Sir, das ist ein eindeutiges Schussmuster. Der Heckenschütze hatte es offenbar auf ihren Sohn abgesehen.“
Mom und Dad sahen sich ratlos an, während mir heiß und kalt zugleich wurde. Damit erschien das gestrige Szenario in einem völlig anderen Licht. Die Intention des Obdachlosen war immer noch die Gleiche gewesen. Nur musste sie jetzt nicht mehr zwingend aus dem Affekt heraus geboren gewesen sein. Wenn beide, Obdachloser und Schütze, meinen Tod gewollt hatten, dann lag der Schluss nah, dass sie gemeinsam operierten. Der Obdachlose sollte uns, dem Anschein nach, aufhalten und in ein Gespräch verwickeln, damit der Heckenschütze einen guten Schuss platzieren konnte, denn ein unbewegtes Ziel ist leichter zu treffen. Erst als das Projektil nicht traf, griff der Obdachlose zum Messer. Ganz klar, sie waren ein Team. Und wo ein Team agierte, gab es einen Auftraggeber. Wer wollte meinen Tod? Wie passte das Verhalten des Werwolfs ins Bild, der den Obdachlosen erschlug, als er mich töten wollte? War die Kreatur etwa zu meinem Schutz erschienen oder war sie nur zufällig in die Schussbahn gesprungen? Jedenfalls war sie in unsere Richtung gesprungen, obgleich es auf ihrem Weg zu uns andere potenzielle Opfer gegeben hatte, die leichter zu erreichen gewesen wären. Warum sollte der Werwolf das getan haben, wenn er nicht zu meinem Schutz agiert hätte? Hatten Werwölfe nicht böse zu sein und die Menschen gut? Falls er gesprungen war, um die Kugel zu fangen, die mich ansonsten getötet hätte, musste er von dem Schützen gewusst haben. Ob er auch den Heckenschützen erledigt hatte? Die Art und Weise, wie der Sniper getötet wurde, deutete stark darauf hin. Je länger ich darüber nachdachte, desto mehr Fragen ergaben sich. Dad hatte vollkommen recht. Bei dem Penn-Valley-Vorfall passte nichts wirklich zusammen. Es sei denn, Menschen hätten sich gegen uns verschworen und Werwölfe würden uns schützen – zugegeben, ein absurder, surre-aler Gedanke.
„Was für ein Perversling trachtet nach dem Leben eines Schuljungen?“, erzürnte sich Dad.
Die Söldnerseele antwortete nüchtern: „Meistens Angehörige ma-fiöser oder politisch motivierter Organisationen, die ihre Opponenten gefügig machen wollen, oder Verwandte, die sich durch die Ermordung einen Vorteil erhoffen.“
„Mit solchen Leuten habe ich nichts zu tun und für meine Familie verbürge ich mich!“, erklärte Dad harsch. Er erhob sich, nahm ein Kuvert aus dem Schreibtisch und überreichte es seinem Gast. „Ich danke dir für deine Informationen. Halte bitte weiter die Augen auf und erledige das wie besprochen.“
„Es wird erledigt, Sir! Danke Sir!“
Der Fremde stand auf, klappte sein Notebook zu und verstaute es in einer Tasche.
„Ma’am, Sir!“ Dabei nickte er meinen Eltern zu. Schließlich wandte er sich ab und verließ unsere Villa.
Fragend sah Mom Dad an. „Was soll er erledigen, Jack?“
„Dinge, über die man besser nicht spricht. Besser du weißt es nicht“, entgegnete er ihr knapp.
An genauere Einzelheiten der nachfolgenden Geschehnisse kann ich mich jedoch nicht mehr erinnern. Womöglich habe ich einiges aus meinem Gedächtnis verdrängt. Vieles wurde mir aber auch vorenthalten, angeblich, um mich zu schützen. Offenbar waren meine Eltern der Meinung, mit zwölf Jahren wäre ich noch zu jung für die ungeschminkte Realität gewesen. Dabei hatte ich doch schon ihre hässliche Seite ungeschminkt gesehen. Die von Hass verzerrte Fratze des Obdachlosen hatte sich tief in mein Gedächtnis eingebrannt. Der wahrhaftige Tod besaß fortan ein Gesicht. Der plötzliche Wandel des Obdachlosen von einem aufdringlichen, harmlos wirkenden, aber freundlichen Mann zu einer dämonisch-bösartigen Bestie hatte mein Grundvertrauen in die Mitmenschen nachhaltig erschüttert und mir die kindliche Unbeschwertheit genommen. Empfingen meine Eltern fremde Personen, ging ich nicht mehr, wie gewöhnlich, offen auf sie zu. Anstatt den Besuch freundlich zu begrüßen, hielt ich mich zurück und beobachtete ihn argwöhnisch aus der Ferne. Berühren ließ ich mich schon gar nicht.
Die Wochen vergingen und es wurde allmählich ruhig um den Vorfall. Auch der Söldner hatte kaum von sich hören lassen. Er hatte Dad nur einmal angerufen und ihm mitgeteilt, dass er nichts in Erfahrung bringen konnte. Entweder die Behörden wüssten nichts oder sie mauerten. In jedem Fall bedeutete es, dass der Auftraggeber eine hohe Position innegehabt haben und sehr mächtig gewesen sein musste. Meiner Meinung nach waren das sehr dürftige Informationen und ich fragte mich, ob er wirklich das Geld wert war, das Dad ihm zugesteckt hatte. Dennoch wertete ich die Stille um ihn als gutes Zeichen. Meine Eltern hatten den Anschlag auf mich zum Anlass genommen, die Alarmanlage unserer Villa auf den neusten Stand der Technik bringen zu lassen. Sie war jetzt direkt mit dem Kansas City Police Department verbunden. Der Außenbereich wurde mit leistungsstarken LED-Strahlern bestückt, die Vorhof und Terrassenbereich taghell ausleuchten konnten. Was die Sicherheit anging, hatten sie nichts dem Zufall überlassen. Allmählich stellte sich bei uns der Alltag wieder ein. Das Leben ging schließlich weiter. Mom und Dad gingen ihren geschäftlichen Pflichten nach und ich besuchte weiterhin die Pembroke Hill School – eine Privatschule, die bis zum High-School-Abschluss führte. Das Werwolf-Thema hatte mich aber dennoch nicht losgelassen. Im Internet suchte ich nach weiteren Werwolfsichtungen und erhielt viele Treffer. Die allermeisten verwiesen auf mittelalterliche Beschreibungen europäischer Werwolf-Vorfälle. Einige wenige waren dem Wendigo gewidmet, ein bösartiges, menschenfressendes Geistwesen aus der Mythologie der Cree. Und dann gab es noch das Furry-Fandom. Nichts von dem glich aber meinem Werwolf. Die mittelalterlichen Werwölfe Europas verwandelten sich nur bei Vollmond. Zu jenem Zeitpunkt war aber helllichter Tag und der Mond war auch nicht voll. Wendigos waren nur spirituelle Wesen und Furrys … na ja … Furrys waren offenbar Menschen, für die das Tier zumeist nur eine Rolle war, in die sie schlüpften, um gesellschaftliche Verhaltenskonventionen ablegen und sich ungehemmt ausleben zu können. Einige besaßen gleich mehrere sogenannte Fursonae, tierische Alter-Egos, in die sie regelmäßig wechselten. Heute ein Drache, morgen ein Wolf und übermorgen vielleicht ein Leopard. Eine tiefe seelische Verbindung zu einem Tier sah anders aus. Die musste ein Mensch aber haben, um ein Werwolf sein zu können – jedenfalls wenn man den Schamanen glauben wollte. Für sie war die äußere körperliche Erscheinung eine Repräsentation des inneren Seelenzustands. Ein Mensch konnte sich, ihrer Ansicht nach, jederzeit in einen Wolf und wieder zurückverwandeln. Das konnte eine schlüssige Erklärung für das plötzliche Verschwinden des Werwolfs sein und lenkte mein Interesse auf eine kleine Untergruppe der Furrys – die Therians. Ihren Worten nach verspürten sie eine tiefe seelische und spirituelle Verbindung zu einem Tier, einige sogar zu mehreren. Sie erfüllten also das Kriterium. Oft war bei ihnen die Rede von mentalen Shifts und entsprechenden Tagträumen. All das war zwar spannend, aber weiter brachte es mich bei meiner Suche auch nicht. Von Shifts auf physischer Ebene sprach in dieser Community nämlich niemand. Mein Werwolf musste aber zuvor auf physischer Ebene geshiftet sein, sonst wäre er kein Werwolf. Dennoch hatte es offenbar im Penn Valley Park keine Verwandlung gegeben, denn der Park war stark besucht. Da waren also viele potenzielle Augenzeugen. Irgendjemand hätte den Rückverwandlungsprozess beobachten oder zumindest einen schwer verletzten nackten Mann davoneilen sehen müssen. Aber nichts von all dem war berichtet worden. Der Werwolf vom Penn Valley Park blieb also weiterhin ein Mysterium.
Es sollte nicht lange dauern, bis ich erneut einen Werwolf zu sehen bekam. Es war an einem Spätsommerabend desselben Jahres nicht weit von unserer Villa entfernt. Was sich da in einem halb zerfallenen Haus in einer einsamen Sackgasse zugetragen hatte, raubte mir mein letztes Vertrauen zu den Mitmenschen und führte zu einer radikalen Änderung meiner Lebensführung …
“I know a place where no one's lost
I know a place where no one cries
Crying at all is not allowed
Not in my castle on a cloud.”
– Jean-Claude Jos
Es war später Nachmittag. Gerade war ich heimgekommen und hatte meine Schuluniform gegen den schwarzen Freizeitanzug getauscht. Gewöhnlich saß ich dann in meinem Zimmer vorm Rechner, brütete über Programmcode oder recherchierte im Web. An diesem Tag wollte ich mir aber die Zeit mit einem neuen Rollenspiel vertreiben. Einige Tage zuvor hatte ich es bestellt und nun war es endlich geliefert worden. Ich legte die DVD ins Laufwerk und startete den Installationsprozess.
Unten schellte es an der Tür. Kurz darauf klopfte es an meiner Tür.
„Ja bitte!“, rief ich.
Die Tür öffnete sich und unser Butler, Mr. James Hunter, trat herein. Mr. Hunter war schon über viele Jahre in unserem Dienst und war schon so etwas wie ein Vertrauter der Familie. Ich war quasi mit ihm aufgewachsen. Was er vorher gemacht hatte, wusste ich nicht genau. Ich meine mal gehört zu haben, dass er einst Soldat war. Danach gefragt hatte ich ihn aber nie. Ich drehte mich zu ihm um und sah ihn fragend an. „Ja?“
„Ronald O’Kinsey wartet im Foyer. Werden sie ihn empfangen, Mr. Wilson?“
„Ja, das werde ich, James. Ich hole ihn schon selbst. Danke“, antwortete ich ihm, sprang auf und lief aus meinem Zimmer.
Ronald O‘Kinsey war ein Straßenjunge aus ärmlichen Verhältnissen, der aber eine gute Kinderstube hatte und Manieren besaß. Ich glaube, dass Mom und Dad mir deswegen, trotz der sozialen Stellung seiner Familie, den Umgang mit ihm gestatteten. Außerdem war er mir gegenüber absolut loyal und wusste sich zudem zu verteidigen. Er würde mir immer beistehen. Vor allem war Ronald aber mein bester Freund. Oben auf der Veranda blieb ich stehen und sah zu meinem Freund hinunter, der in einen der Cocktail-Stühle saß und auf mich wartete.
„Ronald, komm hoch! Ich installiere gerade ein neues Spiel. Du wirst es bestimmt mögen“, rief ich zu ihm hinunter, während James an mir vorbeiging und die Treppe wieder hinabstieg.
Lächelnd sprang Ronald auf und eilte neugierig die Treppen hoch zu mir. Mein Freund war eine imposante Erscheinung. Mit fünfzehn Jahren war er schon einen ganzen Kopf größer als Mom und beinahe so groß wie Dad. Seine Haare waren rot und gelockt und sein Gesicht war übersäht mit Sommersprossen. Man hätte meinen können, er würde an einem Ausschlag leiden. Ansonsten war er bleich, wie ein Vampir, obwohl er viel Zeit draußen verbrachte. Im Gegensatz zu ihm hatte ich aufgrund meiner indianischen Abstammung einen recht dunklen Teint. Und während ich in der Sonne noch brauner wurde, reagierte seine Haut nur mit einer leichten Rötung. Bestimmt hatte er irische Vorfahren. Schon sein Familienname O’Kinsey deutete darauf hin.
„Was hast du dir denn an Land gezogen?“, wollte er wissen, als er mich erreichte.
Ich führte ihn ins Zimmer und antwortete: „Du wirst es gleich sehen.“
Als wir uns dem Monitor näherten, jauchzte er vor Begeisterung und schaute mit funkelnden Augen auf den Screen. „Boah! Du hast dir wirklich Skyrim besorgt?“
„Ja, ist heute geliefert worden.“
„Du weißt ja hoffentlich, dass es nur eine Rasse gibt, mit der man das spielt“, meinte er begeistert.
Schmunzelnd antwortete ich: „Du wirst es mir bestimmt gleich zeigen.“
Wir setzten uns und starteten das Spiel. Den Charakter-Editor hatten wir schnell passiert. Ronald hatte einen Khajiiten gewählt, eine anthropomorphe Katzenspezies, und seine Spielfigur so muskulös und stark gestaltet wie eben nur möglich. Und schon befanden wir uns in der ersten Quest. Nach einer Weile speicherte er den Spielstand und beendete das Programm.
Fragend sah ich ihn an. „Was ist denn los, Ronald? Gefällt dir das Spiel etwa nicht?“
„Doch, doch. Skyrim ist wirklich klasse. Eigentlich habe ich heute aber etwas anderes mit dir vor. Wir können ja nachher weiterspielen.“
Schnaufend ließ ich den Atem entweichen, sah zum Monitor und startete erneut den Louncher von Skyrim. Ich verstand ihn nicht. Monatelang hatte er mir mit diesem Spiel in den Ohren gelegen, weil er es unbedingt spielen wollte, es sich aber nicht kaufen konnte. Und nun, da ich es besorgt hatte, wollte er etwas anderes machen. Begeisterung sah anders aus.
„Was möchtest du denn stattdessen machen?“, fragte ich enttäuscht.
„Sieh mal, wir haben so einen schönen Tag. Eigentlich zu schade, um im Haus zu versauern. Mir steht der Sinn mehr nach Bewegung.“
Ich verzog mein Gesicht und hielt entgegen: „Wirklich? Es ist doch viel zu warm und die Sonne brennt vom Himmel. Du bekommst bestimmt einen Sonnenbrand. Wäre ja nicht das erste Mal.“
Er grunzte einmal und quittierte meinen Einwand mit einer abwehrenden Handbewegung.
„Okay, wenn du unbedingt raus möchtest, dann können wir auch in den Pool gehen und etwas schwimmen“, schlug ich vor.
„Nein, ich habe keine Badesachen dabei, dafür aber mein Fahrrad.“
„Das ist eine sehr gute Idee“, ertönte es aus dem Flur.
„Och Mom! Lauschst du etwa?“
„Nein, ich bin nur zufällig hier oben“, antwortete sie mir und schob schließlich die Zimmertür auf. Auffordernd sah sie mich an. „Etwas Bewegung wird dich schon nicht umbringen, Wolf. Ganz im Gegenteil sogar. Wir haben dir das Rennrad nicht gekauft, damit es im Schuppen verstaubt. Also schnapp dir dein Rad und raus mit dir!“
Stöhnend willigte ich ein, verließ zusammen mit Ronald das Haus und ging mit ihm zum Schuppen.
„Wo möchtest du denn mit mir hinfahren?“, fragte ich ihn lustlos und hob mein Rennrad vom Haken.
„Da fällt uns bestimmt etwas ein. Du wirst schon sehen, das macht Spaß“, antwortete er und klopfte mir auf die Schulter. Wir stiegen auf unsere Räder und fuhren los.
Seit einigen Stunden waren wir schon unterwegs. Mittlerweile neigte sich die Sonne dem Horizont entgegen. Auf den Straßen wurde es bereits dunkel und es hatte sich merklich abgekühlt. Eigentlich höchste Zeit für mich, nach Hause zu fahren. Seit dem Erlebnis im Penn Valley Park gestatteten mir meine Eltern nicht mehr, allein rauszugehen. Schon gar nicht nach Sonnenuntergang. Es sei denn, Ronald begleitete mich. Kreuz und quer waren wir durch die Siedlung gefahren und hatten Wege erkundet, die man nur zu Rad oder per pedes beschreiten konnte. Ich war außer Atem und total verschwitzt. Zudem tat mir alles weh. Ein heftiger Muskelkater war mir bestimmt sicher. Keuchend blieb ich stehen und rief: „Ronald, halt! Es reicht! Ich habe keine Lust mehr!“
Sofort wendete er und blieb dicht neben mir stehen. Im Gegensatz zu mir zeigten sich bei ihm kaum Ermüdungserscheinungen. Allenfalls Schweißperlen hatten sich auf seiner Stirn gebildet. Bei der schwülen Hitze kein Wunder.
„Mann, du siehst wirklich fertig aus, Wolf. Okay, das Interessanteste habe ich für den Schluss aufgehoben. Jetzt wird es langsam dunkel. Und das macht es noch interessanter.“
„Wovon sprichst du? Ist es denn weit?“, wollte ich von ihm wissen.
„Nein, gar nicht. Ich spreche von einer kleinen Mutprobe. Wenn du sie bestehst, weiß ich, dass du kein reiches, verhätscheltes Weichei bist“, versuchte er mich zu motivieren.
Lustlos verzog ich mein Gesicht und seufzte.
„Na komm schon, das wird lustig!“
„Okay. Danach fahren wir aber wieder heim.“
Mein Freund nickte mir zu, wendete sein Rad und trat in die Pedale. Er fuhr voraus und zeigte mir den Weg. In diesem Teil des Vororts war ich noch nicht gewesen. Kaum ein Mensch war auf der Straße, ein paar Straßenlaternen waren defekt und leuchteten nicht, Unrat säumte Bürgersteige und Straßenränder. Das ganze Viertel erweckte den Eindruck, als wäre es von der öffentlichen Hand aufgegeben und vergessen worden. Die Lampe an der Ecke zur Einmündung einer Seitenstraße flackerte. Genau in diese lotste mich Ronald. Die Straße war dunkel. Hier leuchtete keine Laterne. Die Gegend strahlte etwas Unheilvolles aus. Mir war nicht wohl bei der Sache und ich verringerte die Geschwindigkeit. Mein Freund fuhr unterdessen weiter.
„Ronald! Bist du dir sicher, dass du hier durchfahren willst?“, rief ich ihm hinterher.
„Ja, komm schon! Wir sind gleich da! Das wird prima! Oder bist du nicht auch neugierig und bereit für ein kleines Abenteuer?“, erwiderte er und setzte unbeirrt seinen Weg fort.
Für Abenteuer war ich immer zu haben. Also trat ich in die Pedale und schloss zu ihm auf. Nach etwa zweihundert Metern endete die Straße direkt vor einem halb zerfallenen Haus, das einmal sehr imposant gewesen war. Es stand auf einem großen Grundstück. Ein Teil davon hatte als Parkplatz für viele Fahrzeuge gedient. Bestimmt war es einmal eine Pension oder ein Klubheim gewesen. Ronald stand schon im Eingangsbereich des Hauses und wartete auf mich. Erschöpft stieg ich vom Rad und legte es beiseite. Die Fahrt hierhin war sehr kräftezehrend.
„Da bist du ja endlich“, sagte er zu mir, während ich die Treppe schnaufend zu ihm hochwankte.
„Puh, musstest du unbedingt so hetzen? Ich triefe am ganzen Körper“, entgegnete ich ihm und wischte mir den Schweiß von der Stirn.
Ronald grinste mich nur an. Als ich ihn erreichte, drehte er sich um und ging zur großen hölzernen Eingangstür. Sie war verwittert und machte den Eindruck, als wäre sie schon seit Urzeiten nicht mehr bewegt worden. Kräftig trat er gegen die Tür, wobei es einmal laut krachte. Ich zuckte zusammen, während die Tür knarrend nachgab und sich einen Spaltbreit öffnete. Neugierig spähte ich durch den Spalt hinein. Aufgrund der schlechten Lichtverhältnisse konnte ich aber nichts erkennen.
„Also, ich werde zuerst dort reingehen und schauen, ob die Luft rein ist. Wenn du nichts von mir hörst, kommst du nach und suchst mich. Vielleicht findest du ja, was sich hier verbirgt. Alles klar?“
Zögernd nickte ich ihm zu, denn geheuer war mir die Sache noch weniger als zuvor. Leicht klopfte Ronald mir auf die Schulter und zwängte sich dann durch den Spalt. Es polterte einmal und schließlich wurde es wieder ruhig. Am liebsten wäre ich einfach fortgegangen. Aber dann hätte ich die Mutprobe nicht bestanden und wäre in Ronalds Augen ein Feigling gewesen. Nun, ein Feigling wollte ich nicht sein und ein verhätscheltes Weichei schon gar nicht. Deshalb nahm ich all meinen Mut zusammen und zwängte mich ebenfalls hinein. Es dauerte ein wenig, bis sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnten. Etwas konnte ich aber schon sehen. Das Innere dieser Bruchbude entsprach vollkommen ihrer äußeren Fassade. Müll und übelriechender Unrat wohl ganzer Penner-Dynastien säumten die dunklen Ecken des unteren Flures. Einige Türen waren vollkommen demoliert und aus ihren Zargen gebrochen, sodass sie einen Blick in die finsteren Räumlichkeiten freigaben. Sie hatten ihr Dasein als Stätte gutbürgerlicher Lebenskultur schon vor Jahrzehnten zu Grabe getragen. Durch den strengen Geruch von Hinterlassenschaften, die nun einmal Begleiterscheinungen von ausschweifenden Saufgelagen sind, ich glaubte, irgendwo hatte sich jemand erbrochen, war der Modergeruch von feuchtem, verfaulendem Holze und nassem Gemäuer zu riechen. Ich fühlte mich allein schon durch meine Anwesenheit in dieser abscheulichen Umgebung beschmutzt und es kribbelte mich am ganzen Körper. Ich fragte mich, was es hier wohl Außergewöhnliches geben könnte, das wirklich sehenswert wäre. Ich war gespannt.
Mittlerweile hatten sich meine Augen an die zwielichtigen Lichtverhältnisse angepasst, sodass ich mehr sehen konnte. Das Foyer, in dem ich mich gerade befand, war sehr geräumig und ungewöhnlich hoch. Die Deckenhöhe dürfte mindestens dreieinhalb Meter gemessen haben, wenn nicht gar vier. Auch die Türen waren, denen eines Palastes gleich, ungewöhnlich hoch und breit. Sie waren massiv, schwer und mit aufwendigen Intarsien verziert. Eindeutig war dies einmal ein Klubhaus für die High Society von Kansas City gewesen.
Argwöhnisch sah ich mich nach Ronald um, konnte ihn aber nirgends entdecken. Er hatte sich irgendwo in dem Gemäuer versteckt. Nun, er hatte ja gesagt, ich solle ihn suchen. Die Mutprobe sollte wohl darin bestehen, in dem verfallenen Gebäude herumzuschleichen. Anscheinend sollte ich beweisen, dass mir so ein verlassenes Gemäuer keine Angst einjagen würde und ich an keinen Spuk mehr glaubte. Seltsame Geräusche waren in diesem verfallenen Gebäude zu hören, wie etwa das Knarren sich bewegender, alter Türen und das typische Woohoo spukender Geister. Dieses alte Haus war mir unheimlicher denn je und es jagte mir Angst ein. Dabei wusste doch jeder, dass die unheimlichen Geräusche von Winden erzeugt wurden, die durch das Gemäuer zogen. Mein Herz und Verstand waren sich darüber aber nicht einig und ich war bemüht, mehr meinem Verstand als meinem Herzen zu folgen. Plötzlich vernahm ich ein deutliches Ächzen und Knarren sich durchbiegender Holzbohlen aus dem Nebenraum. Mir stockte der Atem. Es hörte sich an, als ob ein sehr schwerer Mann durch den Raum wandelte. Ronald konnte es nicht sein, denn so schwer war er nicht.
‚Ob es ein Obdachloser ist, der sich von uns in seiner Ruhe gestört fühlt?‘, fragte ich mich und begann vor Aufregung auf meinen Fingernägeln zu kauen.
Das müsste dann schon ein sehr schwerer Mann sein. Obdachlose waren jedoch meist hager und ausgemergelt. Sie wogen demzufolge nicht viel – jedenfalls nicht so viel. Mir rutschte das Herz in die Hose und ich wäre am liebsten gleich hinausgerannt. Das wäre vielleicht vernünftig gewesen, aber feige. Und feige wollte ich nicht sein. Also blieb ich. Außerdem erweckte das Ächzen der Bohlen meine Neugier, gerade weil es mich so verängstigte. Ich musste einen Blick in diesen Raum wagen. Die Tür war angelehnt und verwehrte mir den Blick in das dahinterliegende Zimmer. Leise schlich ich zur Tür. Sie war vollkommen verzogen und wollte nicht mehr so recht in ihre Fassung passen. Vorsichtig zog ich sie etwas auf, um einen Blick in den Nachbarraum zu wagen. Es knarrte laut. Daraufhin polterte es im Zimmer. Mich durchfuhr ein Schreck, ich zuckte zusammen. Da hatte doch jemand etwas umgestoßen! Mir wurde heiß und kalt zugleich. Eigentlich mochte ich gar nicht mehr wissen, wer oder was sich in dem Nebenraum befand. Ich wollte nur noch raus, weg von diesem abscheulichen Ort! Mir war es vollkommen egal, was Ronald dann meinen würde. Ich hatte genug Courage gezeigt, um zu beweisen, dass ich kein Weichei war. Unbeschreibliche Furcht durchflutete mein Innerstes und plötzlich verspürte ich im Nacken einen eiskalten Hauch, der sich über meinen gesamten Rücken ausbreitete und mir eine Gänsehaut bescherte. Zeitgleich vernahm ich hinter mir ein Knirschen. Ein Schlag durchfuhr mich. Mir stockte der Atem. Panisch fuhr ich herum und erblickte vor mir die dunkle Silhouette einer Person. Da stand jemand! Mir entglitt ein Schrei und für einen Moment erstarrte ich. Längst hatten meine Instinkte das Regime übernommen und sie befahlen: »Flieh!« In Panik versetzt rannte ich los und versuchte, an der Gestalt vorbeizukommen. Doch sie erwischte meinen Arm und hielt mich fest.
„Wow-wow-wow! Ich bin es doch – Ronald!“, sagte sie beschwichtigend, zog mich heran und packte mich am Kragen. Während sie sich drehte, fiel ihr etwas vom spärlichen Licht ins Gesicht. Jetzt erkannte ich ihn. Es war wirklich mein Freund. Er grinste mich breit an.
Erleichtert schnaufte ich auf und entspannte mich. „Puh, du hast mir einen ganz schönen Schreck eingejagt.“
Er schüttelte seinen Kopf. „Du bist eben ein ängstliches Weichei.“
„Bin ich nicht!“, protestierte ich.
Auf einmal zuckte Ronald zusammen und seine Augen weiteten sich, als hätte ihn der Schlag getroffen. Ich sah mich um, konnte aber nichts hinter mir erkennen.
„Was ist los, Ronald? Da ist nichts. Wer ist hier nun das Weichei?“, frotzelte ich.
Normalerweise hätte Ronald mir freundschaftlich mit seinen Knöcheln über den Kopf gerieben und mich aufgezogen. Er blieb aber stumm und starrte mich nur an. Ich stutzte und schaute in seine Augen. In ihnen war etwas, das mir das Blut in den Adern gefrieren ließ. Das waren die Augen eines Irren! Sein Grinsen wurde zunehmends unnatürlicher. Das Gesicht meines Freundes verzerrte sich mehr und mehr zu einer bösartigen Fratze. Es war dieselbe Grimasse, die jener Obdachlose kurz vor seinem Ableben gezeigt hatte. Es war die Fratze des Todes! Was hatte dieses Haus nur mit meinem Freund gemacht? Vor mir stand nicht mehr Ronald. Vor mir stand etwas Bösartiges in Gestalt meines Freundes. Ohne ein Wort zu sagen, schubste er mich heftig von sich fort. Ich taumelte zurück, stolperte und prallte schmerzhaft gegen ein paar morsche Holzstühle. Sie gingen dabei zu Bruch. Wimmernd blieb ich in den Trümmern liegen. Mit einem hasserfüllten Gesichtsausdruck kam Ronald langsam auf mich zu. Er griff nach einer schweren, spitzen Baustange, die neben ihm auf dem Boden lag. Ängstlich wich ich rücklings über den Boden robbend zurück. Dabei sah ich ihn flehend an und schüttelte meinen Kopf. Als ich gegen die Wand stieß, riss ich meine Augen weit auf und blieb wie erstarrt liegen. Ich konnte nicht fassen, was er da tat. Seit über drei Jahren spielten wir schon zusammen. Wir hatten uns blind vertraut. Das konnte nur eine makabre Inszenierung, ein Schauspiel sein, um der Sache mehr Dramatik zu verleihen. Aber alles in mir widersprach dem und sagte: „Wolf, das ist tödlicher Ernst!“
„Und jetzt, mein Freund, wirst du sterben!“, hauchte er mir grinsend zu, als würde er mir mitteilen wollen, dass er mich zum Eis einlädt.
Er holte zum tödlichen Stoß aus und stach zu. Verzweifelt rollte ich mich auf die Seite und konnte gerade noch der niedersausenden Spitze entgehen. Mit einem dumpfen Knall bohrte sich die Stange dicht neben mir in den Boden. Plötzlich sprang die massive Tür zum nächsten Raum auf, wurde laut krachend aus den Zargen gerissen und zerbrach. Die Bruchstücke schleuderten uns entgegen und zerschellten splitternd an der gegenüberliegenden Wand. Ronald war von den Bruchstücken nur knapp verfehlt worden. Nicht einmal gezuckt hatte er. Mein Freund war wie in Trance und vollkommen auf mich fixiert. Aus dem Raum stürmte ein gewaltiges Tier heraus. Direkt über Ronald erschienen rotglimmende, diabolische Augen. Entsetzlich knurrend fletschte es seine Zähne. Mein Freund zeigte sich jedoch unbeeindruckt. Er starrte mich