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Die beiden Freundinnen Heli und Liza halten es zu Hause einfach nicht mehr aus und beschließen wegzulaufen. Alles wäre so einfach, wären da nicht ihre geliebten Islandpferde, ohne die beide auf keinen Fall gehen wollen. Besonders Heli hängt sehr an ihrem geliebten Isländer Sterni, ohne den das Leben nur schwer zu ertragen wäre. Und so schmieden die beiden Freundinnen einen Plan: Sie entführen die beiden Pferde und nehmen sie mit auf ihre Reise – eine verhängnisvolle Entscheidung, wie sich bald herausstellen soll ... AUTORENPORTRÄT Inger Frimasson wurde 1944 in Schweden geboren und ist eine schwedische Schriftstellerin. Schon früh begann sie mit dem Schreiben von Essays und Kurzgeschichten. Frimasson studierte Journalistik und Sprachen und arbeitete jahrelang als Journalisten für Zeitschriften und Magazine. Sie veröffentlichte unter anderem Romane, Krimis, Lyrik sowie Kinder- und Jugendbücher. "Wolken, Wind und Islandpferde" ist ihre erste Veröffentlichung in deutscher Sprache. REZENSION "Sie ist die Einzige in Schweden, die es mit Minette Walters aufnehmen kann." - LÄNSTIDNINGEN SÖDERTÄLJE
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Seitenzahl: 117
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Saga
Vorher hatte ich mir niemals vorstellen können, dass etwas so Furchtbares passieren könnte, dass ich, Heli, eine Verbrecherin werden könnte. Dass ich Gunni so etwas antun würde, ihr, die sich immer für mich eingesetzt hat. Auch Tante Anneli. Und mein Bruder Putte. Und ... ja, auch Mama. Lieber Gott, hilf uns, was sollen wir machen?
Die Zeit, bevor all das Schreckliche passierte, war auch nicht besonders gut gewesen. Doch, vielleicht am Anfang. Aber dann ist so viel dazwischengekommen, so viel. Wenn das Leben so ist, weiß ich nicht, ob ich es mitmachen will ...
Erst als sie in den Wald kamen, beruhigten sich die Pferde. Heli ließ die Zügel lang, sie strich Sterni über den Hals, ganz schnell. Sternis braunes Fell war verschwitzt, sie hatten miteinander gekämpft, aber Heli hatte sich durchgesetzt. Sie saß mit zitternden Beinen im Sattel, aber sie hatte sich durchgesetzt.
Vor ihr ritt Liza auf Aurvakur. Eigentlich hatte sie ein anderes Pferd haben wollen, die kleinere, flinkere Harpa, aber Harpa hatte sich auf der Weide nicht einfangen lassen. Sie waren gelaufen, dass die Erde von den Pferdehufen dröhnte und die anderen Tiere in der Herde unruhig geworden waren. Als es ihnen endlich gelungen war, Harpa in eine Ecke zu drängen, hatte sie eine Drohgebärde gemacht und wilde Augen gehabt. So etwas hatte Heli noch niemals bei einem Islandpferd gesehen.
„Ich nehm sie nicht!”, hatte Liza entschlossen gesagt. „Ich nehme ein anderes Pferd!” Es kam jetzt darauf an, die Pferde schnell einzufangen, damit sie nicht entdeckt wurden. Damit keiner der Erwachsenen kam und sie zurückhielt. Und auf keinen Fall Gunni, der der Stall gehörte. Sie durfte sie einfach nicht sehen.
Aurvakur war näher gekommen und hatte sich hinter sie gestellt, voller Appetit auf einen Leckerbissen, so wie immer. Er stieß mit dem Maul gegen Lizas Jeansjacke. Sie zog ihm das Halfter an, dann war er ganz leicht wegzuführen.
Als Erstes hatten sie die Trensen und Sättel hinausgetragen. Dann holten sie Sterni. Das war überhaupt kein Problem gewesen. Er war hinten beim Gatter, seine Ohren waren neugierig und abwartend aufgerichtet. Er wunderte sich bestimmt, warum Gunni nicht dabei war. Als der Wind in seine Mähne fuhr, sah man den weißen Stern auf seiner Stirn, der ihm den Namen gegeben hatte.
Die Pferde zu satteln war schwierig gewesen. Sonst war das nichts Besonderes, aber jetzt waren sie nervös, klar. Liza hatte es mit Harpas Trense und Sattel versucht, aber beides musste sie zurücktragen. In der Sattelkammer hatte sie dann kein Schild mit Auvakurs Namen gefunden. Panik packte sie, und sie kam heraus und zischte Heli an, als ob das ihre Schuld wäre.
„Die Sachen hängen immer an Godis’ Platz“, sagte Heli leise. „Godis ist doch nicht mehr da.“
Sterni hatte sich auf der Weide rund und dick gefressen, sodass es zunächst schwierig war, den Sattelgurt anzulegen. Heli musste um ihn herumgehen und den Sattelgurt auf der anderen Seite unter dem Bauch durchziehen, und während sie das tat, machte das Pferd ein paar unerwartete Sprünge. Das ganze Sattelzeug rutschte auf den Boden. Es war, als ob Sterni spürte, dass etwas nicht stimmte.
Heli stiegen Tränen in die Augen. Sie hob Satteldecke und Sattel wieder hinauf, und dieses Mal stand Sterni still. Das Besondere bei Isländern ist, dass sie den Sattelgurt etwas weiter hinten tragen als andere Pferde, also dort, wo ihr Bauch am rundesten ist. Sitzt der Gurt nicht dort, können sie sich leicht wund scheuern.
Das Auftrensen dagegen ging glatt. Sterni stellte sich ein bisschen an, aber das tat er fast immer. Es konnte ja auch kein schönes Gefühl sein, ein kaltes Metallstück ins Maul geschoben zu kriegen, auch wenn Heli das Gebiss mit den Fingern angewärmt hatte.
„Guter Junge!“, flüsterte Heli, als sie den Kinnriemen verschnallte.
Ihr Herz schlug so sehr, dass sie meinte, man müsse es außen auf dem Pullover sehen. Ihre Hände waren eiskalt. Es war ein schöner, wenn auch windiger Tag, einer der allerersten, seit sie Ferien hatten.
„Guck nach, ob das Gatter geschlossen ist.“
Guck doch selber nach, dachte Heli. Du bist näher dran. Aber sie sagte nichts. Sie ging die zehn Schritt zum Gatter und überzeugte sich, dass der Haken an der richtigen Stelle lag.
„Dann steigen wir also auf“, sagte Liza.
Aurvakur lief los, kaum, dass Liza sich im Sattel zurechtgesetzt hatte. Sie schrie das Pferd an, ihre Stimme klang schrill, fast ängstlich.
„Ich hab die Steigbügel noch nicht erwischt“, sagte sie vor sich hin. Aber sie meinte Heli.
Der große Schimmel stand still, aber sein Körper zuckte, er wollte zurück zu den anderen Pferden, er warf den Kopf herum und hatte Schaum vorm Maul.
Seine Unruhe übertrug sich auf Sterni. Einmal stieg er halb. Aber da war Heli noch nicht aufgesessen. Zum Glück, denn Heli hatte noch nie auf einem Pferd gesessen, das unter ihr stieg.
Die erste Strecke vom Hof zum Wald hinunter war die schwierigste. Einmal, weil jeden Augenblick das Geräusch von Gunnis altem Wagen ertönen konnte, dann, weil die Pferde noch nicht begriffen hatten, wer diesen Aufbruch bestimmte. Drinnen im Wald wurde alles ruhiger.
Liza war im Herbst neu in die Klasse gekommen. Der Direktor, Olle Berg, kam mit ihr in die Mathematikstunde, und Heli war erleichtert über die Unterbrechung. Das neue Mädchen sah weder ängstlich noch schüchtern aus. Ganz gerade stand sie da mit ihren kurzen Stoppelhaaren und schwarzen Strichen um die Augen. Sie räusperte sich ein paar Mal. Dann starrte sie über die Klasse hinweg, weder freundlich noch feindselig, eher so, als sei es ihr gleichgültig, wer ihre neuen Klassenkameraden waren.
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