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Menschen auf ihrem letzten Lebensweg würdevoll und professionell zu begleiten, ist eine anspruchsvolle Aufgabe. Mit diesem Buch vermittelt Margarete Stöcker Grundlagenwissen, dazu ungewöhnliche Perspektiven und viele Anregungen Neues zu entdecken. So unterstützt das Basiswerk Pflegende und Betreuende mit Informationen zu theoretischen und praktischen Fragen: - Welche Abläufe finden im Körper statt? - Wie erkenne ich mögliche Bedürfnisse des Sterbenden? - Welche speziellen Angebote kann ich machen? - Welche Rolle spielen Glaube und Spiritualität? - Wie kann ich Angehörige unterstützen? - Welche Hilfen gibt es für mich? 20 Interviews mit Experten verschiedener Berufsgruppen und Religionsgemeinschaften runden das Handbuch ab. Ein wertvolles Buch für alle, die in der Pflege und Betreuung mit dem Sterben umgehen.
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Seitenzahl: 301
Margarete Stöcker
Würde und Professionalität
In Pflege und Betreuung mit dem Sterben umgehen
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© VINCENTZ NETWORK, Hannover 2022
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Foto Titelseite: AdobeStock, OcskayBence
ISBN 978-3-7486-0582-9
„Nicht dem Leben mehr Tage geben, sondern den Tagen mehr Leben geben.“
(Cicely Saunders 1918–2005)
Für Sebastian
Einleitung
Danksagungen
Die Geschichte von den Wasserkäfern und der Libelle
Grundlagen zum Thema Sterben und Tod
Sterbealter
Sterben zu Zeiten von Covid-19
Gespräch mit Meike Wengler
Begriffsbestimmung – Grundlagen
Theorien Palliative Care und Sterbebegleitung
Gespräch mit Ilse Colombo
Sterben als Prozess
Körperliche Prozesse
Schmerzen
Atmung und Atemnot
Übelkeit und Erbrechen
Durchblutung – Kreislauf
Fieber
Obstipation
Veränderungen des Bewusstseins – Unruhe
Essen und Trinken – Verhungern und Verdursten
Schluckstörungen und Anreichen von Nahrung und Flüssigkeit
Versorgung mit einer PEG
Gespräch mit Dr. med. dent. Sabine Fiedler, M.A. M.Sc.
Physiologie des Sterbens
Feststellung des Todes
Gespräch mit Dr. med. Petra Cermak, M.Sc.
Verstorbene Menschen versorgen
Sterbende Menschen pflegen und beschäftigen
Gestaltung des Umfeldes
Essen und Trinken anreichen
Gespräch mit Sylke Bellmund
Menschen mit Demenz
Gespräch mit Sylwia Schimanski
Bedürfnisse von Menschen am Lebensende
Gespräche führen
Emotionen in der Mimik
Emotionen in der Gestik
Rituale und Konzepte am Lebensende
Begleitung während der Sterbephasen
Rituale nach Eintritt des Todes
Umgang mit anderen Pflegebedürftigen
Abschiedskultur
Hilfen zur Verarbeitung
Gespräch mit Kim-Christin Mahlke
Spezielle Angebote
Akupressur
Akupunktur
Aromen
Basale Stimulation®
Einreibungen
Einsatz von Kälte und Wärme
Entspannungsmethoden
Einsatz von Handpuppen, Puppen und Stofftieren
Transkutane elektrische Nervenstimulation (TENS)
Tiergestützte Begleitung
Gespräch mit Gerald Mexner
Begleitung von Angehörigen und Bestattung
Schwierige Angehörige
Bestattung und Begleitung
Konzepterstellung
Gespräch mit Stefan Damerow
Gespräch mit Oliver Märtin
Gespräch mit Marlis Lamers
Spiritualität und Glauben
Ein Leben nach der Geburt
Gespräch mit Heidrun Streit-Gallo
Glaubensbedingte Schwerpunkte
Christentum
Römisch-katholische Kirche
Gespräch mit Dr. phil. Barbara Vosberg
Evangelische Kirche
Gespräch mit Manuela Luther
Judentum
Gespräch mit Ariel Mozes
Islam
Gespräch mit Tekin Kalayci
Hinduismus
Gespräch mit Kathirgamathampy Kantharajah
Buddhismus
Gespräch mit Lisa Freund
Professionelle Verarbeitung
Interprofessionelle Zusammenarbeit
Fallbesprechungen und Dokumentation
Dokumentieren nach dem Strukturmodell
Selbstfürsorge und Hilfen zur Verarbeitung für professionell Tätige
Berufliche Ausbildung
Gespräch mit Ingar Schmitz
Rechtliche Aspekte
Vorsorgeverfügungen
Gespräch mit Hans-Albert Wendholt
Zum guten Schluss
Anhang
Autorin
Dass Sie dieses Buch in Ihren Händen halten, zeigt, dass das Thema Sterben und die Begleitung von sterbenden Menschen für Sie ein wichtiges Thema ist. Sei es beruflich oder aus privaten Gründen.
Denn eins ist klar, sterben werden wir alle. Der gemeinsame Nenner von Lebewesen ist es, dass alle sterben werden. Die Endlichkeit zu erfahren, in den Berufen der Pflege und Betreuung, kann an Grenzen führen. Es kann jedoch auch eine wertvolle Begegnung sein.
Menschen haben schon immer Menschen gepflegt, auch in der letzten Phase des Lebens. Kulturelle Einflüsse sind entscheidend dafür, wie diese Begleitung aussieht. Vieles hat sich in den letzten Jahren verändert. So wurden durch Veränderungen des Hospiz- und Palliativgesetzes Weichen gestellt, ein würdevolles und individuelles Sterben zu ermöglichen. Jedoch gibt es noch zu wenig Palliativplätze in Hospizen. Menschen möchten zu Hause sterben und dann sterben sie im Krankenhaus oder werden in Pflegeeinrichtungen versorgt. Somit ist die palliative Pflege und Sterbebegleitung in den letzten Jahren zunehmend zum Versorgungsthema in den stationären Pflegeeinrichtungen und im ambulanten Dienst geworden.
Zu den bereits zu bewältigenden Aufgaben in der Pflege und Betreuung kommt der professionelle Anspruch, Menschen auf ihrem letzten Lebensweg würdevoll zu begleiten. Die Inhalte dieses Buches tragen dazu bei, diesem Anspruch gerecht zu werden. Die einzelnen Themenfelder beschreiben Angebote und Möglichkeiten im Kontakt mit den betroffenem Menschen, jedoch auch mit seinen Angehörigen und letztendlich auch mit Ihnen. Das Buch begleitet Sie dabei, sich dem Thema Sterben und Tod anzunähern, mit all den individuellen Bedürfnissen eines Menschen. Es möchte Sie darin unterstützen, einen würdevollen und individuellen Abschied für alle Beteiligten zu ermöglichen bzw. zu erfahren.
Dazu gehört theoretisches Wissen, wie Begriffsbestimmungen, ebenso wie ein Einblick in die Historie der Sterbebegleitung. Das Thema Physiologie des Sterbens hilft die Abläufe im Körper zu verstehen und gibt Ihnen gleichzeitig Erklärungsmöglichkeiten zu den immer wieder auftretenden Diskussionen, ob ein Mensch „verdurstet“ oder „verhungert“.
Aus den Bedürfnissen des Menschen lassen sich Konzepte und individuelle Angebote ableiten. Eine würdevolle Begleitung beinhaltet nicht allein die Begleitung des Lebens, sondern auch den Umgang mit der Situation nach Eintritt des Todes.
Zu den eingangs erwähnten kulturellen Unterschieden gehört es, sich der Einflüsse bewusst zu sein. Daher durfte das Thema der verschiedenen Rituale in den jeweiligen Weltreligionen nicht fehlen.
Die Themen Patientenverfügungen und Generalvollmachten sorgen immer wieder für Unsicherheiten, dieser Abschnitt kann keinen Juristen ersetzen, dennoch wird ein Gespräch mit einem Rechtsanwalt und Notar diesen Teil des Buches abrunden.
Weitere Gespräche mit Experten finden Sie in verschiedenen Kapiteln, so berichten eine Pflegende und eine Beschäftigungsassistentin von ihren Erfahrungen in der Begleitung der letzten Phase, eine Ärztin steht Ihnen zur Analgesie zur Verfügung und ein Physiotherapeut berichtet über Methoden der Berührung und den Einsatz von physiologischen Maßnahmen. Insgesamt haben sich zwanzig Experten zur Verfügung gestellt. Jeder Gesprächspartner ist für seine Inhalte selbst verantwortlich.
Dieses Buch ist nicht nur für Mitarbeiter der stationären Pflegeeinrichtungen und ambulanten Pflegedienste gedacht, sondern auch als Hilfe für Pflegende in Krankenhäusern zu verstehen. Jedoch werden Sie oft die Bezeichnung Bewohner lesen. Grundsätzlich ist immer der Pflegeempfänger gemeint, ob Klient, Patient, Sterbender oder Bewohner, es geht immer um den Menschen, der eine würdevolle Versorgung benötigt. Mitarbeiter der stationären Pflege in der Beschäftigung werden als Betreuende bezeichnet. Diese Bezeichnung wird entsprechend beibehalten. Damit ist nicht die gesetzliche Betreuung gemeint. Falls doch, dann wird dies zur Erklärung erwähnt.
Zur einfachen Lesbarkeit wird die maskuline/sachliche Form des Schreibens genutzt. Selbstverständlich sind Frauen/Männer/Diverse gleichberechtigt gemeint. Menschen haben Angehörige und Zugehörige. Als Angehörige werden in der Regel Menschen bezeichnet, die zur Familie gehören. Zugehörige sind Freunde und Bekannte. Jeder ist wichtig für den (sterbenden) Menschen. Jedoch wird, ebenfalls der einfachen Lesbarkeit geschuldet, nur von Angehörigen geschrieben. Gemeint sind immer Angehörige, Zugehörige und ggf. gesetzliche Betreuer. Bitte nicht verwechseln mit den Mitarbeitern der stationären Langzeitpflege, die als Betreuungs- bzw. Beschäftigungsmitarbeiter bezeichnet werden.
Die Familie Silberschmidt und deren Geschichte sind von der Autorin frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit tatsächlichen Geschichten oder Personen sind rein zufällig. Bevor es jetzt losgeht, möchte ich Ihnen kurz Familie Silberschmidt vorstellen. Sie wird Sie in diesem Buch begleiten.
Darf ich mich vorstellen? Ich heiße Anton Silberschmidt und bin 1946 in Schwerte geboren. Mein Vater arbeitete bei einer großen stahlverarbeitenden Firma und meine Mutter war Hausfrau. Ich habe eine zwei Jahre jüngere Schwester, Lisa. Ich arbeitete über 50 Jahre in derselben Fabrik, in der mein Vater gearbeitet hat. Ich war viele Jahre im Betriebsrat und habe mich immer für meine Kollegen eingesetzt. Darauf bin ich sehr stolz. Meine Frau Trude lernte ich in einer Schwerter Tanzschule kennen. Für meine Familie habe ich immer gesorgt. Meine Frau musste nicht arbeiten gehen, manchmal war es finanziell eng. Wir brauchten aber auch nicht viel. Wir waren zufrieden und für unsere Kinder war immer gesorgt.
Darf ich mich vorstellen? Ich heiße Trude Silberschmidt und bin 1950 geboren. Ich komme aus Dortmund, ich bin gelernte Schuhfachverkäuferin. Nach der Hochzeit bzw. zur Geburt unserer ersten Tochter Helga 1973 hörte ich auf zu arbeiten, unser Sohn Peter wurde 1975 geboren und unser drittes Kind, meine kleine Tochter Stefanie, unsere Nachzüglerin, wurde 1982 geboren. Mein Mann hat viel gearbeitet und ich habe die Kinder und den Haushalt versorgt.
Das Thema Palliative Care, mit dem Schwerpunkt der Sterbebegleitung, ist ein Thema, welches emotional bewegt. Es setzt eine Auseinandersetzung mit sich, mit anderen Menschen und den eigenen und deren Werten und Vorstellungen voraus. Daher war es praxisnah, mit Menschen aus verschiedenen Blickwinkeln das Gespräch zu suchen. Bei den meisten Anfragen hatte ich direkt positive Rückmeldungen und viel Bereitschaft, durch ein Gespräch an diesem wichtigen Thema mitzuwirken. Es gab auch keine Reaktionen auf Anfrage oder Absagen, wenn auch nur sehr selten.
Ich möchte mich bei den Menschen bedanken, die für ein Gespräch zur Verfügung standen, Zeit investierten und mich und somit Sie als Leser, an ihrem Wissen, Glauben, den Erfahrungen und ihrer Spiritualität teilnehmen ließen. Ohne sie wäre das Buch nicht das, was es geworden ist. Jedes einzelne Gespräch war interessant, inspirierend und ein Geschenk.
Dazu gehören im Einzelnen von A–Z:
Bellmund, Sylke
, Thema: Beschäftigung
Dr. med. Cermak M.Sc., Petra
, Thema: Medizinische Betreuung
Colombo, Ilse,
Thema: Sterbebegleitung
Damerow, Stefan
, Thema: Management
Dr. med. dent. Fiedler M.A., M.Sc., Sabine
, Thema: Mundgesundheit
Freund, Lisa,
Thema: Buddhismus
Kalayci
,
Tekin,
Thema: Islam
Kathirgamathampy, Kantharajah
, Thema: Hinduismus
Lamers, Marlis,
Thema: Trauerrede
Luther, Manuela,
Thema: Christentum, evangelischer Glauben
Mahlke
,
Kim-Christin,
Thema: Pflegende
Märtin, Oliver,
Thema: Bestattung
Mexner, Gerhald
, Thema: Physiotherapeut
Mozes, Ariel
, Thema: Judentum
Schimanski, Sylwia,
Thema: Menschen mit Demenz, Tiergestützte Begleitung
Schmitz, Ingar,
Thema: Ausbildung
Streit-Gallo, Heidrun,
Thema: Spiritualität
Dr. phil Vosberg, Barbara,
Thema: Christentum, katholischer Glaube
Wendholt
,
Hans-Albert,
Thema: Recht
Wengler, Meike,
Thema: Wandel
Weiterhin bedanke ich mich bei der Firma Nuby in Bad Schmiedeberg für die Genehmigung der Abbildung von Fotos.
Ein Dankeschön geht auch an Herrn Mencke – ohne seine Anfrage hätte ich nicht die Möglichkeit gehabt, das wertvolle Thema in dieser Form erarbeiten zu können – sowie an Frau Schäfer und das Team im Hintergrund.
Danke auch an meinen Mann und meinen Sohn für deren Unterstützungen.
Vergessen möchte ich nicht Familie Silberschmidt, die es nicht gibt und welche frei erfunden ist. Sie steht aber stellvertretend für viele betroffene Menschen.
Sie, liebe Leser, bekommen meinen besonderen Dank, denn kein Buch ist etwas wert, wenn es nicht gelesen wird.
Schwerte im Dezember 2021
„Am Boden eines kleinen ruhigen Teiches lebte eine Gemeinschaft von Wasserkäfern. Es war eine zufriedene Gemeinschaft, die dort im Halbdunkel lebte und damit beschäftigt war, über den Schlamm am Boden des Teiches hin und her zu laufen und nach etwas Nahrung zu suchen.
Immer wieder bemerkten die Wasserkäfer jedoch, dass der eine oder andere von ihnen anscheinend das Interesse daran verlor, bei ihnen zu bleiben. Er klammerte sich dann am Stängel einer Teichrose fest und kroch langsam daran empor, bis er verschwunden war. Dann wurde er nie wiedergesehen.
Eines Tages, als dies wieder geschah, sagten die Wasserkäfer zueinander: „Da klettert wieder einer unserer Freunde den Stängel empor. Wohin mag er wohl gehen?“
Aber obwohl sie genau zuschauten, entschwand auch dieses Mal der Freund schließlich aus ihren Augen. Die Zurückgebliebenen warteten noch eine lange Zeit, aber er kam nicht zurück.
„Ist das nicht merkwürdig?“, sagte der erste Wasserkäfer.
„War er denn hier nicht glücklich bei uns?“, fragte der zweite.
„Wo er jetzt wohl ist?“, wunderte sich der dritte.
Keiner wusste eine Antwort. Sie standen vor einem Rätsel. Schließlich berief der älteste Käfer eine Versammlung ein. „Ich habe eine Idee“, sagte der. „Der Nächste, der von uns den Teichrosenstängel emporklettert, muss versprechen, dass er zurückkommt und uns erzählt, wohin er gegangen ist und warum.“ „Wir versprechen es“, sagten alle feierlich.
Nicht lange danach an einem Frühlingstag bemerkte genau der Wasserkäfer, der den Vorschlag gemacht hatte, dass er dabei war, den Teichrosenstängel emporzuklettern. Höher und immer höher kletterte er. Und dann, noch bevor er wusste, wie ihm geschah, durchbrach er die Wasseroberfläche und fiel auf ein großes grünes Teichrosenblatt.
Als der Wasserkäfer wieder zu sich kam, blickte er verwundert um sich. Er konnte nicht glauben, was er da sah. Alles war ganz anders und auch sein Körper schien auf merkwürdige Art verändert. Als er ihn neugierig zu betrachten begann, fiel sein Blick auf vier glitzernde Flügel und einen langen Hinterleib, die nun anscheinend zu ihm gehörten.
Noch während er sich über seine ungewohnte Form wunderte, spürte er ein Drängen, die Flügel zu bewegen. Er gab dem Drängen nach, bewegte seine Flügel – und plötzlich, ohne zu wissen wie, befand er sich in der Luft.
Der Wasserkäfer war eine Libelle geworden. Auf und ab, in engen und großen Kreisen, bewegte sich die neugeborene Libelle durch die Luft. Sie fühlte sich wunderbar in diesem so ganz andersartigen Element. Nach einiger Zeit ließ sie sich auf einem Blatt zum Ausruhen nieder.
In diesem Moment sah die Libelle hinunter ins Wasser. Und da waren ihre alten Freunde, die anderen Wasserkäfer, die hin und her liefen am Boden des Teiches. Jetzt erinnerte sich die Libelle an ihr Versprechen.
Ohne lange zu überlegen, stürzte sich die Libelle hinab, um ihren alten Freunden zu berichten. Aber sie prallte an der Oberfläche des Wassers ab.
„Ich kann nicht zurück“, sagte sie traurig. „Zwar habe ich es versucht, aber ich kann mein Versprechen nicht halten. Und selbst wenn ich zurückkönnte, kein einziger meiner Freunde würde mich in meinem neuen Körper erkennen.“
Und damit flog die Libelle glücklich empor in ihre wunderbare Welt aus Licht und Luft.
Quelle: Unbekannt
Sind Sie jetzt schon im Thema angekommen?
Ein schöner Gedanke. Jeder Mensch hat ein Recht auf seine Spiritualität.
Unsterblichkeit? Das ewige Leben, mit ewiger Jugend verbunden? Oder mit dem ewigen Leid, sich immer wieder von geliebten Menschen zu verabschieden. Einige Filme oder auch Serien im Fernsehen greifen diesen Gedanken immer wieder auf. Ist es erstrebenswert?
Wie sieht der Tod aus? Als Sensenmann, schwarz gekleidet, die Kapuze im Gesicht? Oder attraktiv, gut aussehend, charismatisch wie der Tod, dargestellt von Uwe Kröger im Musical Elisabeth?
„So ist also der Tod, das schrecklichste der Übel,
für uns ein Nichts:
Solange wir da sind, ist er nicht da,
und wenn er da ist, sind wir nicht mehr da.“
Epikur 341–270 n. Chr.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts durfte zu Hause gestorben werden. Der sterbende Mensch lag in seinem Bett im eigenen Schlafzimmer, Kerzen wurden angesteckt, die Vorhänge wurden vorgezogen und die Familie, Freunde und Nachbarn konnten sich nach und nach verabschieden. Vielleicht wurde auch gleich ein langjähriger Nachbarschaftsstreit wegen eines Baumes verziehen und Abschied genommen. In der Trauerzeit bekam die Familie Unterstützung und wurde entlastet. Es wurde Schwarz getragen, um zu signalisieren, dass eine gewisse Vulnerabilität bestand. Doch im Laufe der Zeit vollzog sich ein Wandel: Zunehmend wurde der Tod aus deutschen Schlafzimmern in die Krankenhäuser verbannt und tabuisiert.
Auch in den öffentlichen Medien war ein Wandel zu beobachten. Ab den 1984ern zeigte die Schwarzwaldklinik sehr harmonisch die kleinen Höhen und Tiefen eines Krankenhauses und erfüllte so ziemlich alle Klischees. Gestorben wurde nur recht selten. Erst Emergency Room, ungefähr 10 Jahre später, ließ den Tod und das medizinische Drama in deutsche Wohnzimmer einziehen, gefolgt von vielen weiteren medizinischen Serien.
Wie sieht es heute aus? Darf wieder zu Hause gestorben werden? Welche Möglichkeiten stehen zur Verfügung? Das Thema Sterben und Tod erreicht den Menschen wieder mehr. Zweimal im Jahr findet die Messe „Sterben und Tod“ statt, Bestattungsinstitute bieten zu Lebzeiten die Möglichkeit, die eigene Beerdigung zu planen, und Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten unterstützen dabei, den eigenen Willen zum Lebensende zu formulieren.
Anton und Trude Silberschmidt sitzen in ihrer kleinen Wohnung in der Küche. Herr Silberschmidt blättert in der Tageszeit, sein Blick fällt auf eine Todesanzeige. Er schaut seine Frau an und sagt: „Lies mal, Otto ist tot. Weißt du noch, er war mit uns in der Tanzschule. Wir haben ihn doch immer Gummiknie genannt, weil er so beweglich war. Und jetzt, ist er tot. Trude, das ist unsere Generation. Wenn es bei mir mal so weit ist, möchte ich zu Hause sterben. Trude, du darfst mich nicht im Krankenhaus sterben lassen.“ Trude Silberschmidt greift das Gespräch auf und würde gerne mit ihrem Mann darüber sprechen. Sie hat vor ein paar Tagen mit ihrer Tochter schon über eine Patientenverfügung sprechen wollen, aber sie hat nur abgewunken und gesagt: „Mutti, ihr seid gesund und noch jung. Mach dir nicht so viel Gedanken.“ Leider ist ihr Mann schon wieder in seine Zeitung vertieft.
Das Statistische Bundesamt (2021) berichtete, dass im Jahr 2018 954.874 Menschen gestorben sind. Davon waren 37 Prozent über 85 Jahre. Das Durchschnittsalter lag bei 78,93 Jahre. In den letzten 50 Jahren erhöhte sich das Sterbealter um elf Jahre.
Menschen werden immer älter, medizinische Einflussfaktoren und umweltbedingte Veränderungen haben dazu geführt. Der Satz „er hatte auch schon sein Alter erreicht“, drückt aus, dass um so älter der Mensch ist, er sterben darf? Oder ist es die eigene Suche nach Trost? In der stationären Pflege versorgen Sie zunehmend jüngere Menschen. Teilweise im eigenen Alter oder sogar im Alter der eigenen Kinder.
Die klassische Altenpflege verändert sich gerade. Zunehmend pflegen und begleiten Sie immer mehr jüngere Menschen, Menschen mit psychiatrischen Krankheitsbildern, Menschen mit Migrationshintergrund und auch Menschen, welche gezielt für die letzte Versorgung in Ihre Einrichtung kommen.
Gemäß dem Statistischen Bundesamt sind die beiden häufigsten Ursachen an erster Stelle Krankheiten des Kreislaufsystems und an zweiter Stelle stehen Neubildungen. Dem folgen Krankheiten des Atemsystems an der dritten Stelle. Diese Zahlen werden sich in der heutigen Zeit verschieben.
Sars-CoV-2, auch als Corona bekannt, veränderte die Welt. Einrichtungen wurden geschlossen, Bewohner isoliert und Körperkontakt auf ein Minimum reduziert. Sterben geschah auf einmal in Einsamkeit, ohne Begleitung, noch nicht einmal Angehörige konnten sich verabschieden.
Die Zahl der Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 belief sich am 23. April 2021 auf 81.204 (2021).
In einigen Einrichtungen Deutschlands sind über dreißig Bewohner in einem Zeitraum von nur wenigen Wochen verstorben. Mitarbeiter der Einrichtungen, sofern nicht selbst erkrankt, konnten nur noch funktionieren. Reichte das eigene Personal nicht mehr aus, holte man sich Unterstützung von Zeitarbeitsfirmen – Pflegende, die für die Bewohner Unbekannte waren. Sie als bekannte Pflege- und/oder Betreuungskraft hingegen wurden trotz Maske erkannt, auch von demenziell Erkrankten, nur etwas anders.
Was haben Sie für sich, für Ihre eigene Selbstfürsorge getan? Haben Sie Menschen, mit denen Sie reden können? Wo laden Sie Ihren „Lebensakku“ wieder auf?
Was auch immer es ist, es sollte Ihnen Spaß und Erholung bereiten. Ob es Spaziergänge sind, sportliche Aktivitäten oder Entspannungsverfahren: Finden Sie Ihre individuelle Möglichkeit (Stöcker).
Das Gespräch mit Frau Wengler zeigt, welchen Wandel zurzeit das Thema Sterben und Tod in der Öffentlichkeit erlebt.
Stöcker: Können Sie sich und Ihre Tätigkeit bitte kurz vorstellen?
Wengler: Ich bin studierte Germanistin und Politikwissenschaftlerin M.A.
Bei der MESSE BREMEN bin ich seit 2003, zunächst als Referentin bei unserer Oldtimer-Messe, später dann habe ich die LEBEN UND TOD ins Leben gerufen und bin seit 2009 die Projektleiterin dieser Veranstaltung. Hier arbeite ich in Vollzeit das ganze Jahr an der Vorbereitung, Umsetzung und Nachbereitung der jährlichen Veranstaltungen.
Stöcker: Können Sie die Messe Leben und Tod bitte kurz vorstellen?
Leben und Tod
Wengler: Die LEBEN UND TOD ist eine Mischung aus einem Fachkongress für Haupt- und Ehrenamtliche aus den Bereichen Hospiz, Palliative Care, Trauerbegleitung, Spiritualität, Seelsorge und Bestattungskultur, einer begleitenden Messe sowie Vorträgen und Rahmenprogramm für Betroffene, aber auch interessierte Bürgerinnen und Bürger.
Sie findet jährlich in der Messe Bremen statt, zukünftig soll sie auch jährlich in Freiburg stattfinden. Während der Coronapandemie ist sie eine reine Online-Veranstaltung.
Stöcker: Was ist der Grundgedanke und wie ist es dazu gekommen?
Wengler: Meine Idee zur LEBEN UND TOD war es, zum einen ein Forum für diejenigen zu schaffen, die sich haupt- und ehrenamtlich mit dem Lebensende beschäftigen. Aber zum anderen wollte ich auch eine Veranstaltung gestalten, auf der sich Bürgerinnen und Bürger, Betroffene und ihre Angehörigen mit den Themen Tod, Abschied, Trauer auseinandersetzen können.
Als Messefrau sehe ich ja, zu welchen Themen es alles Messen und Veranstaltungen gibt: Baby-Messen, Hochzeitsmessen, zu jedem Hobby und zu jedem Berufszweig gibt es Messen und Kongresse. Wir planen und organisieren alles – das Einzige, von dem wir wissen, dass es uns wirklich ALLEN irgendwann passiert, das verdrängen wir. Und irgendwann sonntags habe ich im Fernsehen die Sendung „Willy wills wissen“ gesehen und da ging es um den Tod. Ich war so berührt und das hat mich neugierig gemacht. Eine Freundin von mir arbeitete zufälligerweise damals auf einer Palliativstation. Und so ist dann das Konzept der LEBEN UND TOD entstanden.
Das hat sich natürlich im Laufe der Jahre verändert, es ist fachlicher geworden. Aber der Kerngedanke ist geblieben: Wir möchten die Menschen dazu bringen, sich in guten Zeiten mit den Themen am Ende des Lebens auseinanderzusetzen und wollen die Themen wieder in die Mitte der Gesellschaft holen.
Stöcker: Was erwartet der Besucher, wie wird die Messe angenommen?
Wengler: Die LEBEN UND TOD ist über die Jahre zu einem wichtigen Treffpunkt und einer Fortbildungsveranstaltung für Haupt- und Ehrenamtliche geworden. Den Satz „Du auch hier?!“ hören wir oft in den Gängen der Messehalle. Und anders als auf – ich sag mal – „klassischen“ Pflege- oder Medizinerveranstaltungen reiht sich nicht ein Pharma-Stand an den nächsten. Wir sind sehr stolz darauf, dass unsere Ausstellung sehr bunt und vielfältig ist. Da steht der Bestatter neben dem Verein für Sternenkinder-Eltern, da präsentiert sich ein nationaler Verband neben einer Künstlerin, die Trauerkarten aus handgeschöpftem Papier anbietet, da zeigt ein Verlag seine Bücher und ein junges Start-up nutzt die Ausstellung, um mit „alten Hasen“ in Kontakt zu treten.
Der Kongress-Teil ist sehr bewusst professionenübergreifend. Von Anfang an haben wir uns Beratung und Fachwissen durch einen Beirat an die Seite geholt. Und von Anfang an sollte dieser alle Professionen abdecken, die auch das multiprofessionelle Team ausmachen, und die Schwerpunkte der LEBEN UND TOD widerspiegeln. Und so haben wir das Kongressprogramm sehr praxisorientiert und vielfältig aufgebaut. Da sitzen dann Ehrenamtliche neben Seelsorgenden neben Psychologen neben Palliative-Care-Fachkräften. Das wird sehr gut und sehr gerne angenommen.
Stöcker: Was möchten Sie noch bewirken? Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Messe?
Wengler: Ich würde mir sehr wünschen, dass wir noch mehr über die Themen Sterben, Tod und Trauer im Privaten sprechen. Es ist zwar kein eigentliches Tabuthema mehr, wie es das noch vor 15–20 Jahren war. Dafür ist es viel zu präsent in den Medien, da hat auch die Corona-pandemie sicherlich noch etwas zu beigetragen. Aber gerade im privaten Setting wird das Thema noch gerne völlig verdrängt. Das erlebe ich selbst immer wieder und ich werde auch oft angesprochen, wie man sich im Falle eines Trauerfalles z. B. eines Arbeitskollegen oder Nachbarn verhalten soll. Da brauchen wir noch viele gute Fürsprecher, viele Beratungs- und Anlaufstellen und noch viele Ausgaben der LEBEN UND TOD (das mit einem Lächeln gesagt ).
Und für die Zukunft der Messe wünsche ich mir, dass uns die kreativen Ideen nie ausgehen mögen. Wir arbeiten ja immer nach dem Motto „Nach der Messe ist vor der Messe“ und jedes Jahr kurz nach der Messe haben wir noch einen kleinen „Messe-Blues“, indem wir ins Zweifeln kommen, ob das nächste Jahr dann wieder genauso gut wird wie das vergangene. Aber das ist natürlich wichtig, denn nur durch Selbstkritik und Reflexion können wir uns kontinuierlich verbessern. Und eigentlich bin ich sicher, dass uns die Ideen nicht ausgehen. Dafür ist das Leben viel zu bunt und das Lebensende so individuell wie die Menschen selbst.
Stöcker: Was möchten Sie Pflegenden und Betreuenden noch mitteilen?
Wengler: Mein Wunsch wäre es, dass sich mehr Pflegende trauen, auch mal eine Veranstaltung wie die LEBEN UND TOD zu besuchen. Der Anteil der Pflegekräfte in unserem Kongressbereich ist zwar gewachsen, aber stellt noch immer eine Minderheit dar. Wir haben zwar keine expliziten Pflegethemen (dafür gibt es ja auch genug etablierte Veranstaltungen), aber wir haben Themen fürs „über den Tellerrand blicken“, die oft auch mit Selbstsorge oder mit Burn-out-Prophylaxe zu tun haben. Ich bin sicher, das sind Themen, die auch oder gerade für Pflegende und Betreuende wichtige und wertvolle Impulse geben können.
Stöcker: Herzlichen Dank für das interessante Gespräch.
Die Begriffe Palliative care und Sterbebegleitung werden teilweise gleichgesetzt, sind jedoch nicht als synonym zu verstehen. In diesem Buch liegt der Schwerpunkt im Bereich der Sterbebegleitung.
Palliativ – von lat. palliare „mit einem Mantel bedecken“, und engl. care, „Versorgung, Betreuung“ – ist der Oberbegriff für alle Bereiche der Versorgung und Begleitung von unheilbar erkrankten und sterbenden Menschen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) definiert wie folgt: „Palliative Care ist ein Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und deren Familien, die mit Problemen konfrontiert sind, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung einhergehen: durch Vorbeugen und Lindern von Leiden, durch frühzeitiges Erkennen, durch die zuverlässige Einschätzung und Behandlung von Schmerzen sowie anderen belastenden Beschwerden körperlicher, psychosozialer und spiritueller Art.“ (World Health Organization, 2021)
Palliative Care hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine professionelle Betreuung und eine qualifizierte Begleitung von Menschen am Lebensende sowie deren Angehörigen zu gewähren.
Dieser Ansatz sollte sich in allen Bereichen bei der Versorgung wiederfinden, besonders bei onkologischen Patienten oder Menschen mit neurologischen Systemerkrankungen. Die Grundaussage gehört in den häuslichen Bereich ebenso wie in die Strukturen der Krankenhäuser, der stationären Langzeitpflege und der ambulanten Pflege.
Unterschieden werden die allgemeine Palliativversorgung sowie die spezialisierte Palliativversorgung. Die allgemeine Palliativversorgung hat die Aufgabe, durch eine gute Symptomkontrolle und Berücksichtigung individueller Präferenzen die Lebensqualität der Betroffenen in ihrem sozialen Umfeld zu verbessern. Reicht die allgemeine Versorgung nicht mehr aus, greift die Spezialisierung.
Das im Jahr 2015 verabschiedete Hospiz- und Palliativgesetz (HPG) schafft Voraussetzungen, die Palliativversorgung im stationären und ambulanten Bereich zu verbessern. (Gesundheit, 2021)