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Dieses E-Book entspricht 224 Taschenbuchseiten ... Nach einer gescheiterten Beziehung ist Schreinerlehrling Calvin sexuell ausgehungert und frustriert - auch weil er ständig miterleben muss, wie sich seinem Kollegen die heißesten Bräute an den Hals werfen. Das Blatt scheint sich zu wenden, als Calvin bei einer attraktiven Wissenschaftlerin und ihrer blutjungen Assistentin einen Auftrag ausführen soll. Der junge Mann ist begeistert, denn beide Frauen sind exotische Schönheiten. Weniger reizvoll ist, dass sich die Baustelle in den unheilvollen Sümpfen Louisianas befindet. Dort droht Calvin in einem Sog aus Okkultismus und mystischen Sexualriten unterzugehen ... Diese Ausgabe ist vollständig, unzensiert und enthält keine gekürzten erotischen Szenen.
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Seitenzahl: 284
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Impressum:
Zu Diensten, Madame Monique | Erotischer Roman
von Janis Cord
Janis Cord ist eines von mehreren Pseudonymen einer leitenden Verwaltungsangestellten, die auf einer dänischen Ostseeinsel aufwuchs und heute auf einem Gestüt am Bodensee lebt. Auf Fernreisen entflieht sie der Enge des normierten Berufsalltags, ihre Kreativität lebt sie beim Schreiben von erotischen Romanen aus. Die Bandbreite ihrer spannenden Geschichten reicht von zart bis hart, wobei Humor und Überraschungsmomente nicht fehlen dürfen. Ein Leitmotiv findet sich in einem Zitat von Albert Einstein wieder: „Fantasie ist wichtiger als Wissen, denn Wissen ist begrenzt.“ Eigene Erlebnisse inspirieren die Autorin ebenso wie eine gute Freundin, die ebenfalls auf eine bewegte Sturm- und Drangzeit zurückblickt – und die dafür verantwortlich ist, dass auch die Gegenwart von Janis Cord reizvoll bleibt.
Lektorat: A. K. Frank
Originalausgabe
© 2022 by blue panther books, Hamburg
All rights reserved
Cover: © mocker @ 123RF.com © wisky @ 123RF.com
Umschlaggestaltung: MT Design
ISBN 9783750716476
www.blue-panther-books.de
1.
»Was soll das werden, Nora-Babe?«
»So eine dumme Frage würde nicht mal dein Gehilfe stellen.«
»Er gefällt dir?«
»Süßes Bürschchen. Noch zwei, drei warme Sommer, dann könnte der Blondschopf sogar den großen Jacob Havershone ablösen. Aber ob er jemals so gut sein wird wie du?«
»Du solltest mich nicht zu früh loben, Nora. Ich laufe bereits auf Reserve«, ächzte er. »Außerdem haben wir Samstag, da muss ich noch meinen ehelichen Pflichten nachkommen.«
»Erst die Kür, dann die Pflicht«, stöhnte sie. »Ja, gut so. Oder ist der Sex mit mir für dich auch eine Pflichtübung?«
»Aber nein«, keuchte Jacob kurzatmig. »Will dein Mann am Wochenende nichts von dir?«
»Gut möglich, doch bis dahin ist Zeit. Es wird noch ein paar Stündchen dauern, bis Darrell von seiner Reservisten-Übung zurückkehrt. Die Zeit gilt es optimal zu nutzen.«
»Nora, Nora, Nora«, seufzte er matt. »Wie oft soll ich denn noch über dich steigen?«
»Kein Stress, in der nächsten Runde steige ich in den Sattel. Dein neuer Partner ist hoffentlich zuverlässig?«
»Jipp, Calvin stand schon öfters Schmiere.«
»Ach«, zischte Mrs. Brix verächtlich, »du beglückst auch andere Kundinnen?«
»Was kann ich dafür? Hausfrauen mögen nun mal Männer, die schöne Küchen bauen.« Jacob lachte. »Nun, mein Beruf sollte aber auch nicht überbewertet werden. Vielleicht sind die einsamen Geschöpfe auch einfach nur scharf auf meinen Körper.«
»Wer kann es ihnen verdenken, zumal an deinem Luxus-Body ein grandioser Schwanz baumelt, beziehungsweise davor steht. Für mich bist du nämlich nicht nur ein guter Hand-Werker, sondern auch ein begnadeter Schwanz-Werker.«
»Nora, deine Kalauer sind unterirdisch.«
»Ts, und wenn schon«, sagte sie lakonisch. »Habe ich dir eigentlich schon erzählt, dass ich mich als Mädchen vor schwarzen Monstern gefürchtet habe?«
»Nein. Aber zum Glück bist du jetzt keine Rassistin mehr.«
»Blödmann, so war das nicht gemeint.«
»Sondern?«
»Ich wollte nur sagen, dass ich inzwischen lange, dicke Bolzen liebe. Schwarze Riemen finde ich besonders geil. Ja, allmählich wird aus deinem fetten Schlauch wieder ein stabiles Rohr – genauso brauche ich es!«
»Willst du dich wirklich nicht schonen?«
»Für Darrell? Pah, die ein bis zwei Minütchen, die sich mein Göttergatte auf mir abzappeln würde, fordern mich echt nicht – falls er überhaupt einmal wieder Interesse bekunden würde. Von einem schwarzen Panther würde ich mich allerdings gern öfter erlegen lassen. Warum besuchst du mich nicht jeden Samstag?«
»Ich bin glücklich verheiratet und möchte es bleiben.«
»Verheiratet? Na und? Das bin ich auch, wenn auch nicht glücklich. Darrell orientiert sich anderweitig, ich muss sehen, wo ich bleibe. Deshalb schießt du mich ab, während er auf Pappkameraden schießt. Und ich hatte bis jetzt immer den Eindruck, dass du mich gern durchbumst. Wahrscheinlich auch, weil ich keine Tabus kenne. Wette, deine Holde lässt sich weder ins Gesicht spritzen noch in den Arsch knallen.«
»Elendes Miststück«, knurrte er. »Lass’ meine Gwendolyn aus dem Spiel.«
»Und auf die Fotze pissen darfst du ihr wahrscheinlich auch nicht.«
»Halt’ den Mund, Nora!«
»Verstehe, Mrs Havershone ist keine Hure, sondern eine Heilige. Bläst sie wenigstens ordentlich?«
»Das geht dich nichts an.«
»Saugt sie deinen Dicken auch so tief ein wie ich? Schluckt sie alles? Also ich bin ja total verrückt nach deiner fetten Schmiere.«
»Musst du ständig so ordinär reden, Nora?«
»Nur schmutziger Sex ist guter Sex.«
»Jipp, trotzdem solltest du weniger Alkohol konsumieren.«
»Wie jetzt? Ich dachte, du liebst es, wenn ich völlig enthemmt bin.«
»Bitte langsam, nicht gar so wild!«
Ich presste mein Ohr fester an die Schlafzimmertür im Hause Brix, wo ich zusammen mit meinem Kollegen einen halben Tag lang gewerkelt hatte, doch ich konnte jetzt nur noch ein Schlürfen und Schmatzen vernehmen. Lutschte Mrs. Brix wirklich so gierig am Schwanz von Jacob Havershone? Hm, so innig wie mein Kollege stöhnte, deutete alles darauf hin.
Ich fächelte mir Luft zu. Als ob die schwüle Sommerhitze an diesem Nachmittag nicht schon drückend genug wäre – jetzt heizte mir auch noch das Sex-Hörspiel ein. Mein Hemd verklebte mit dem Rücken, als ich mir vorstellte, dass nicht Jacobs, sondern mein Steifer zwischen den vollen Lippen der unersättlichen Schlampe hin und her gleiten würde. Ob mich die Brix auch ins Schlafzimmer zerren würde, wenn ich zufällig einmal allein vorbeikommen würde?
Ihr Mann schien es nicht zu bringen. Eine Begegnung mit dem Sergeant der Reserve wäre jedoch fatal. Darrell Brix war ein Typ, der mich aufgrund seiner Ausbildung mit bloßen Händen töten könnte. Vermutlich sogar einen Jacob Havershone. Und das, obwohl mein Kollege die Statur eines Schrankkoffers hatte. Ich kratzte mich hinter dem Ohr. Ob das dauergeile Brix-Luder schon auf dem Hünen ritt?
Weil ich kaum mehr etwas hören konnte, schielte ich zum Schlüsselloch. Sollte ich einen Blick riskieren?
Besser nicht, denn dann könnte ich meinen Auftrag nicht ausführen. Somit spähte ich weiterhin pflichtbewusst durch das Flurfenster, um die lange Straße im Blick zu behalten, die die einzige Zufahrt zu dem alleinstehenden Anwesen war. Die Randlage im dicht bewaldeten Außenbezirk von Ponchatoula hatte mich bereits bei meinem ersten Besuch beeindruckt. Die Farbgebung des Hauses erinnerte an Bilder von Skandinavien. Mrs. Brix hatte Jacob und mir einmal einen Bildband aus dem Fundus ihrer verstorbenen Tante gezeigt, die schwedische Vorfahren hatte.
Auch heute hatte ich bei der Ankunft das Domizil bewundert. An Nord- und Ostfassade des Hauses rankte wilder Wein, die Holzverkleidung war in kräftigem Blau gestrichen. Fensterrahmen, Türen und das kunstvoll gedrechselte Geländer der Veranda strahlten in mattem Weiß, im parkähnlichen Garten blühten an jeder Ecke Blumen. Idylle pur, dennoch lag auf dem Anwesen ein dunkler Schatten und er hatte einen Namen: Darrell Brix.
Ich machte einen langen Hals, konnte von meinem Standpunkt aus hinter den weitläufigen Erdbeerplantagen sogar noch eine Biegung des Tangipahoa Rivers erkennen, der sich in einer Distanz von einer Viertelmeile nach Süden schlängelte. Die exponierte Lage des Hauses war wirklich ideal, um das Umfeld observieren zu können.
Ich lauschte abermals. Mein Kollege wimmerte und stöhnte im Wechsel, sie keuchte schwer – kein Zweifel: Die beiden vögelten wieder. Ich beneidete Jacob. Er hatte eine tolle Frau, auch Nora Brix war verrückt nach ihm. Würde ich jemals mit ähnlich heißen Bräuten im Bett landen?
Nachdenklich legte ich den Kopf zur Seite. Gehörte die Brix mit ihren langen, kastanienroten Haaren wirklich zu der Gruppe von Frauen, zwischen deren Schenkeln ich gern mit wild zuckendem Becken liegen würde?
Ich schätzte die Brix auf knappe vierzig, somit war sie deutlich zu alt für mich. Außerdem kleidete sie sich nach meinem Geschmack zu nuttig. Sie redete auch so. War sie etwa vor ihrem Hausfrauendasein im horizontalen Gewerbe tätig? Gut möglich. Was auch ein Indiz sein könnte, war, dass sie stets auffallend grell geschminkt war und mehr Glitzerkram an ihr hing als an einem Weihnachtsbaum. Mit ihrer rassigen Figur war Nora Brix ein echter Hingucker. Die ausgeprägt weiblichen Kurven saßen immer noch an den richtigen Stellen. Wenn zwei, drei warme Sommer ins Land gezogen wären, wie sie selbst sagte, könnte ich von so einem übel versauten Luder garantiert viel lernen. Ich schnaubte deprimiert, denn bis es so weit war, würde sie ihre notorische Geilheit weiterhin an routinierten Liebhabern wie Jacob Havershone ausleben.
So blieb mir nur die Rolle des Komplizen, der brav Schmiere stand. Auch mein Lümmel stand. Er war weniger brav, denn das Sexgeflüster hatte mir einen nachhaltigen Krampf beschert, die Erektion wollte einfach nicht schwinden. Sollte ich das Problem mit wedelnder Faust beheben? Nein, ich könnte in einem fremden Haus nicht einfach an die Wand oder auf den Teppich wichsen. Schlimm genug, dass nebenan gerammelt wurde wie in einem Karnickelbau.
Mein Entschluss, anständig zu bleiben, hatte einen faden Beigeschmack. Missmutig starrte ich aus dem Fenster. Über dem Asphalt der schmalen Zubringerstraße flimmerte die Luft, ich wischte mir den Schweiß von der Stirn. Zwangsläufig verglich ich das pralle Sexleben meines Kollegen mit meinem. Ich seufzte leidend, ließ Kopf und Schultern hängen, auch mein Schwanz orientierte sich jetzt nach unten. Es war nachvollziehbar, denn der Unterschied zwischen Jacob Havershone und Calvin Booth war wie Tag und Nacht. Leider, schließlich hatte ich bislang nur Sex mit einem Mädchen gehabt. Okay, ich war erst einundzwanzig, Jacob war schon Mitte dreißig. Trotzdem, in meinem Alter hatte ein Beau wie er wahrscheinlich schon ein Dutzend scharfe Ladys umgenietet.
Was hatte mein Kollege, was ich nicht hatte? Außer dem Körper eines Modellathleten mit Charisma, Humor, Charme – verdammt, hatte ich mir diese Frage stellen müssen?
Unansehnlich war ich auch nicht, aber eher blass und schmächtig. Meine blauen Augen, das dichte blonde Haar und einige freche Sommersprossen würden mich zu einem schmucken Kerl machen, wurde behauptet. Nun ja, es waren zwei betagte Tanten, die mir dieses Kompliment vor einigen Jahren gemacht hatten. Immerhin, zumindest wirkte ich auf Mauerblümchen, schließlich hatte ich bei Erin Koczinski landen können. Die Erinnerung an meine erste Freundin verstärkte jedoch die trübsinnige Stimmung. Aber sollte ich nicht froh sein, dass ich die Wall-Mart-Verkäuferin losgeworden war?
Die Affäre mit der Koczinski ging vor einem halben Jahr in die Brüche, sie dauerte auch nur wenige Wochen. Ich vermisste die hagere Brünette nicht. Erin war nur an Essen, Mode und Kosmetik interessiert. Sie war auch nicht besonders hübsch, dafür redete sie ununterbrochen. Vielleicht auch deshalb, weil sie kaschieren wollte, dass sie extrem prüde war. Intimitäten tauschten wir nur im Finstern aus, zudem legte sie nie den Büstenhalter ab. Den hätte sie eigentlich gar nicht gebraucht, ihre Rundungen befanden sie ausschließlich unterhalb des Nabels. Seit unserer Trennung ist sie mit einem ihrer Vorgesetzten liiert, ich steige ihrer Cousine Tracy Redbow nach. Allerdings vergeblich. Bis jetzt. Doch ich war entschlossen, Tracy zu erobern.
Die langbeinige Blondine war zwar schon Ende zwanzig, aber die geschiedene Friseuse war in diesem Provinzkaff das einzige weibliche Wesen, bei dem ich mir Chancen ausrechnete. Bislang ließ mich das Miststück abblitzen, andererseits machte sie mir Hoffnungen. Ich war diese Spielchen leid. Sollte ich sie energischer bedrängen? Oder sollte ich mir lieber einen Job drüben in New Orleans suchen? Dort gab es tausendmal mehr Mädchen und Frauen. Und falls ich dort nicht gleich Erfolg haben sollte, könnte ich Trost im French Quarter suchen.
Ich verzog das Gesicht. Käufliche Liebe konnte ich mir nicht leisten, zudem hätte ein Ortswechsel den Nachteil, dass ich einen guten Job aufgeben müsste. Mir gefiel schließlich die Schreinerarbeit bei dem alten Wayne McStew, in dessen Handwerksbetrieb ich vor achtzehn Monaten angefangen hatte. Die Bezahlung war zwar eher mau und unregelmäßig, doch von meinem Boss konnte ich viel lernen und mit meinem Kollegen Jacob Havershone, dem Bezirksbefruchter von Süd-Louisiana, verstand ich mich gut.
Offenkundig war er in dieser Funktion unschlagbar: Die Matratze quietschte nun schon seit mindestens fünf Minuten. Bekam die Brix denn gar nicht genug? Und wie schaffte es Jacob nur, dass sein Schwanz so lange hart blieb? Schließlich hatte er das Biest doch schon vorher ausgiebig gebürstet – als Pornodarsteller würde der potente Hüne schnell reich werden. Mit Sicherheit, die Rothaarige stöhnte immer lauter. Mehr und mehr war ich von Jacob beeindruckt. Eine rattenscharfe Nymphomanin wie Nora Brix zur Ekstase zu peitschen, war eine olympiareife Leistung.
»Oh Jacob«, jaulte sie prompt zur Bestätigung, »ich beneide deine Frau. Du bist ohne Zweifel der schärfste Hengst am Lake Pontchartrain.«
»Was jetzt?«, schnaubte er. »Ich dachte, ich bin dein Panther.«
»Egal, jedenfalls fickt keiner so gut wie du. Es ist so tierisch geil, dennoch würde ich gern eine Variante einstreuen.«
»Welche?«
»Das darfst du dir aussuchen: Willst du deinen Koloss lieber zwischen meinen Melonen wetzen oder würde dir ein perverses Spielchen besser gefallen?«
»Hm, Tittenficks gibts auch zu Hause.«
»Glaube ich gern. Deine Holde hat ja noch größere Brüste als ich, dennoch biete ich mehr, oder? Ich denke nämlich, dass es für deine Gwendolyn schon das eine oder andere Tabu gibt.«
»Glaub’, was du willst, rote Hexe.«
»Wie ist sie eigentlich im Bett?«
»Wie oft noch?«, knurrte er. »Das geht dich nichts an.«
»Treibt ihr es oft?«
»Jedenfalls ist Sex bei ihre keine Quizveranstaltung.«
»Ts, manchmal bist du so was von empfindlich. Los jetzt, Jacob. Zieh’ deinen Bolzen raus und mach’ das, was mich beim letzten Mal so begeistert hat.«
»Echt jetzt?«, krächzte er atemlos. »Du bist schon wieder heiß auf verbotene Wasserspiele?«
»War doch scharf, oder?«
Er seufzte. »Na ja.«
»Tu’ nicht so scheinheilig, Jacob. Ich hab’s dir doch angesehen, dass du mir gern auf die Fotze gepisst hast.«
»Jipp, ich gebe es zu, aber ich kann mich jetzt nicht von dir lösen, Nora-Babe – ich muss dich weiter, immer weiter ficken!«
»Oh ja, dann mach’ mich fertig!«
Bravo, während sich das Paar nebenan die Seele aus dem Leib vögelte, stierte ich weiterhin blödsinnig aus dem Fenster, um die beiden zu warnen, falls der gehörnte Ehemann eher auftauchen sollte als vermutet.
Seine treulose Frau und mein Arbeitskollege hatten echt Nerven. Ich hatte Darrell Brix nur wenige Male gesehen, doch das reichte, um mir auszumalen, dass er ohne Skrupel ein blutiges Gemetzel veranstalten würde.
Verdammt, die beiden sollten sich beeilen! Ich wollte weg.
Es war aber nicht nur die Angst vor Mr. Brix und die brütende Hitze, die mir zu schaffen machten, es lag auch an der Gesamtsituation. Die Welt war einfach ungerecht, haderte ich. Nach Jacob verzehrten sich die Frauen, ich hatte nicht einmal eine Freundin.
Ich presste die Kiefer aufeinander, holte tief Luft, es war an der Zeit, die Misere zu beenden. Heute Abend würde ich bei Tracy aufs Ganze gehen. Hopp oder Topp, was hatte ich schon zu verlieren?
Zunächst galt es jedoch keine Zeit zu verlieren – wenn ich meine Zähne nicht verlieren wollte.
»Jacob!«, rief ich und klatschte mehrmals kräftig in die Hände. »Wir sollten uns empfehlen!«
Es gab keine Reaktion. Die Matratze quietschte weiter, Jacob stöhnte brünstig, die Brix hechelte.
Als Nora schrie: »Au, lass mich los!«, platzte mir der Kragen.
»Hört ihr nicht?«, brüllte ich und hämmerte brachial mit den Fäusten gegen die Schlafzimmertür. »Gefahr in Verzug!«
Endlich verstanden sie die Botschaft. Ich hörte Nora kreischen, Jacob fluchte.
Ich fluchte ebenfalls, denn der olivgrüne Dodge-Durango passierte bereits das Anwesen der Nachbarn, das nur einhundert Yards entfernt lag.
Warum fuhr Darrell Brix so schnell?
Ahnte er, dass seine Nora mit dem Küchenbauer durchs Bett tollte?
2.
»Calvin, mach die Karre klar!«, krächzte mein Partner.
Als ob es dieses Hinweises bedurft hätte. Ich war bereits im Treppenhaus, nahm immer drei bis vier Stufen auf einmal, musste beim Blick durch ein Seitenfenster feststellen, dass der Wagen des Sergeants nur noch einen Steinwurf entfernt war.
In Windeseile sprang ich in unseren GMC-Sierra-Pickup, den Jacob wohlweislich hinter dem Haus geparkt hatte. Schweißgebadet steckte ich den Schlüssel ins Zündschloss, drehte mich um und sah, wie mein Kollege halb nackt aus dem Schlafzimmerfenster kletterte. Mit einem Kleiderbündel unter dem Arm hetzte Jacob über das Flachdach des Anbaus, sprang auf die Ladefläche und kroch unter die Abdeckplane. Zwei Sekunden später gab er das vereinbarte Klopfzeichen. Ich startete den Wagen, ließ ihn ums Haus rollen, musste jedoch schon nach zwanzig Yards wieder anhalten. Der Dodge-Durango, dessen V8-Maschine gerade dumpf blubbernd erstarb, versperrte uns den Weg.
Brix stieg aus. Er bewegte sich wie in Zeitlupe. Seine Selbstsicherheit war noch furchteinflößender als das Militär-Outfit, das aus Tarnkleidung, Springerstiefeln und dem obligatorischen Waffenarsenal bestand: Am breiten Gürtel hingen ein M1911-Colt und ein Kampfmesser.
Der Sergeant schob sich die Army-Kappe ins Genick und musterte mich. Obwohl seine Sonnenbrille verspiegelt war, hatte ich das Gefühl, dass mich seine Blicke perforierten.
Ich schluckte mehrmals, ließ das Fenster herunter und begrüßte ihn mit bemüht fester Stimme: »Hi, Mr. Brix.«
»Hi.« Er steckte sich eine Chesterfield an.
Warum war er so einsilbig? Ahnte er bereits etwas? Mein ohnehin schon hoher Puls beschleunigte abermals.
»Heute allein?«, fragte er, nachdem er die Zigarette aus dem scharfkantigen Ledergesicht genommen hatte. »Wo ist dein Bimbo?«
Ich schnappte nach Luft – der Typ hatte den Charme einer Giftnatter.
»Was ist, Junge? Hast du was zu verbergen?«
»Nein. Es gibt allerdings etwas, das richtiggestellt werden sollte«, sagte ich mit grimmiger Miene. »Jacob Havershone ist nicht mein Bimbo, sondern mein Partner und Lehrmeister. Neben unserem Boss McStew ist er der beste Schreiner und Zimmermann zwischen Baton Rouge und dem Mississippi-Delta. Leider ist mein Kollege krank geworden.«
»Du hast Courage und bist loyal. Das ehrt dich, Junge.« Er nickte anerkennend. »Bist du mit der Küche fertig?«
»Leider nicht. Die letzten beiden Hängeschränke, das Regal und die Blenden für die indirekte Beleuchtung werden nächste Woche eingebaut, dann ist Ihre neue Küche komplett.«
»Wird ja auch Zeit«, brummte er mürrisch. »Der Herd steht, oder?«
Ich nickte, rang mir ein argloses Lächeln ab. Ob es gelang, vermochte ich nicht zu sagen. Was ich aber wusste, war, dass mir das Wasser im Arsch kochte.
»Mach’ die Kiste aus, Junge«, zischte die Natter.
Als ich nicht sofort reagierte, schlug Brix mit der flachen Hand gebieterisch auf die Kühlerhaube.
Ich würgte den Motor ab, das Herz rutschte mir endgültig in die Hose. Hatte er Lunte gerochen? Oder sah er rein zufällig zur Ladefläche?
Brix nahm einen tiefen Zug, dann warf er die halb gerauchte Chesterfield auf den Boden, trat sie mit dem Absatz seiner schweren Stiefel aus und schlenderte langsam um unseren Firmenwagen. Unerträglich langsam.
Während meine zitternden Hände Halt am Lenkrad suchten, schickte ich ein Stoßgebet zum Himmel, zugleich schloss ich die Augen, um nicht mit ansehen zu müssen, wie Brix die Knarre zückte, um mit Jacob abzurechnen.
Könnte ich meinem Kollegen helfen? Könnte ich das Massaker abwenden? Wohl nur, wenn ich dabei mein eigenes Leben aufs Spiel setzen wollte.
War es das wert? Schließlich hatte Havershone gewusst, was er riskierte, als er über die Ehefrau eines Typen wie Brix stieg.
Ich schwitzte Blut und Wasser und überlegte fieberhaft: Sollte ich den Wagen starten, zurücksetzen und dann mit quietschenden Reifen davonbrausen?
Ja, wir sollten flüchten, bevor es zu spät war. Ich nickte, es war allemal besser, das Rosenbeet der Brix umzupflügen, als einen zerlöcherten Jacob heimzufahren.
Ich wollte zum Zündschlüssel greifen, doch meine Finger schienen mit dem Lenkrad verwachsen zu sein. In Lethargie erstarrt fragte ich mich, wie Brix überhaupt bemerken konnte, dass sich mein Kollege unter der Plane versteckt hielt? Hatte die Natter etwa eine so feine Nase, dass sie den am Kollegenschwanz klebenden Mösenschleim witterte?
Seine Schritte näherten sich wieder. Bedrohung und Gefahr waren beinahe greifbar.
Als der Reservist neben der Fahrertür stehen blieb, wurde mir fast schlecht. Eine Szene aus dem Krimi, in dem ich zurzeit schmökerte, erschien drastisch vor meinen Augen: Ein gedungener Schurke namens Vince Lorre folterte einen Mann, der ein Verhältnis mit der Geliebten einer Unterweltgröße begonnen hatte. In dessen Auftrag quälte Vince Lorre den Ärmsten stundenlang auf grausamste Art und Weise, dann entmannte er ihn, bis er sein vor Schmerzen wahnsinnig gewordenes Opfer schließlich durch einen Kopfschuss von den unmenschlichen Qualen befreite. Dieses brutale Verbrechen wurde so detailliert geschildert, dass ich die schlimmsten Passagen überblättern musste.
»Siehst müde aus, Kleiner. Was ist? Du wirst immer blasser.«
Die Feststellung des Sergeants holte mich in die Realität zurück. War es eine Realität, die sich dem Thriller annäherte? Müsste ich jetzt mit ansehen, wie aus Darrell Brix ein Vince Lorre würde? Mein Magen verkrampfte sich. Würde der arme Havershone das gleiche Schicksal erleiden wie der Liebhaber der Gangsterbraut?
»Du gefällst mir gar nicht, Junge«, brummte Brix. »Geht es dir nicht gut?«
»Alles okay. Es ist nur, dass mir der Job noch in den Knochen steckt. Er war anstrengend«, stöhnte ich wahrheitsgemäß, während ich mich zwang, ihn anzusehen. »In Ihrem Haus gibt es keine rechten Winkel. Wir … ähm, ich musste alles anpassen. Maßarbeit dauert eben. Dazu diese mörderische Hitze.«
»Wem sagst du das. Wir haben das Reservisten-Training aber nicht deshalb abgebrochen, sondern weil Sturm gemeldet wurde.« Er rollte die Augen und zeigte zu den sich am Horizont rasch vergrößernden Quellwolken. »Der leitende Offizier hatte wohl Angst, dass sein schniekes Uniformjäckchen nass wird.« Brix spuckte auf den Boden. »Wenn solche Muschis hier das Kommando haben, sehnt man sich in den Irak zurück.« Sein Gesicht wurde zu einer hasserfüllten Fratze. »Egal, ich gönne mir eh bald Luftveränderung.«
Ich räusperte mich. »Sir, Ihr Wagen blockiert den Weg.«
»Nur keine Hektik, in der Ruhe liegt die Kraft.«
Wieder sah die Natter zur Ladefläche, dann fixierte sie mich erneut. Ich fühlte mich sprichwörtlich wie die Maus vor der Schlange.
»Was meinst du, Junge: Meine Nora könnte uns zur Feier des Tages saftige Steaks braten, dazu kaltes Bud … Klingt gut, oder?«
Ich atmete befreit auf. Darrell Brix hatte keinen Verdacht geschöpft, er war nicht zu einem Vince Lorre geworden – ein scheunengroßer Felsquader fiel mir von der Seele. »Danke, Sir, aber ich muss los.«
»Komm schon, Kleiner, du hast es dir verdient. Außerdem kann sich meine Holde dann ein wenig mit dir unterhalten.« Breit grinsend fügte er an: »Dann muss ich nicht so viel quatschen und kann das Budweiser in Ruhe genießen.«
Meine Hände waren nach wie vor mit dem Lenkrad verschweißt. Notgedrungen, denn wenn Brix mein Zittern bemerken würde, war es mehr als wahrscheinlich, dass er den Braten doch noch roch.
»Sorry, Mr. Brix, ich muss dringend duschen«, sagte ich eilig. »Habe noch ein Date.«
»Wohl wahr, du schwitzt wie ein Otter. Obwohl, manche Weiber mögen es, wenn die Muskeln unter Schweiß glänzen. Tracy Redbow zum Beispiel.«
Ich starrte ihn fassungslos an.
»Warum so erstaunt?«, raunte er fies grinsend. »Jeder in Ponchatoula weiß, dass du ihr wie ein Welpe hinterherläufst. Du solltest dich jedoch tummeln, die kesse Friseuse hat viele Verehrer.«
»Was wollen Sie damit andeuten?«, stammelte ich.
»Bist du so naiv oder tust du nur so?«, fragte er maliziös schmunzelnd. »Die Redbow-Schlampe ist immer für ’nen scharfen Fick zu haben. Vorausgesetzt, die Kasse stimmt.«
Zähneknirschend startete ich den Motor.
Brix stieg in seinen Wagen und fuhr zur Seite.
»Viel Spaß mit Tracy, Kleiner«, rief mir Mr. Arschloch durchs offene Wagenfenster nach, als ich an ihm vorbeibrauste. »Wenn sie dich lässt, steck ’nen schönen Gruß von mir mit rein.«
3.
Kaum, dass unser Firmen-Pick-up auf den Werkstatthof gerollt war, humpelte uns auch schon der Boss entgegen. »Verdammt, wo bleibt ihr denn so lange?«, rief er aufgebracht mit den Armen fuchtelnd.
»Mrs. Brix ist schwer zufriedenzustellen«, sagte ich süffisant lächelnd. »Sie hat viele Sonderwünsche.«
»Die kosten extra«, zischte Wayne McStew, während Jacobs Ellbogen in meine Rippen knallte.
Ich rang nach Atem, mein Beifahrer erklärte dem Chef: »Unser Kleiner hat das falsch rübergebracht. Die Kundin kann nichts dafür. In ihrer Hütte ist alles schief und krumm.«
»Was sollen die billigen Ausreden, Jacob?«
»Ist so, Boss. Wir müssen nächste Woche noch mal hin.«
»Ich hör’ wohl nicht richtig!«, zeterte der Alte. »Wie lange wollt ihr Schnarchtüten denn noch auf der Brix-Baustelle rumpfuschen? Darrell Brix hat ein normales Haus und kein Hotel mit Großküche, in der für dreihundert Gäste gekocht wird!«
Wir stiegen aus und wollten das Werkzeug abladen.
»Steigt sofort wieder ein!«, blaffte uns der Boss an. »Für euch ist noch nicht Feierabend. Auf der Vogelkundler-Station im St Tammany Wildlife Refuge klemmt die Haustür immer noch – ach, wenn man nicht alles selbst macht!«
»Boss, du weißt doch, dass sich das dortige Stelzenfundament beim letzten Hurrikan gesetzt hat. Die ganze Statik ist im Arsch«, seufzte Jacob. »Trotzdem hab’ ich die Tür bei Madame Houllier optimal eingestellt. Bei der Cajun-Lady klemmt was anderes.«
»Wie redest du von einer Kundin, die immer pünktlich bezahlt?«, tobte der Alte. »Außerdem ist sie eine international anerkannte Orthi- … Ornigo- … Eine berühmte Vogelkundlerin eben. Und wenn wir Glück haben, können wir bei der Erweiterung der Station mitwirken. Unsere Durststrecke wäre dann endlich beendet.«
»Warum sollte Madame Houllier ausgerechnet uns so einen Auftrag geben?«, fragte Jacob. »Im Wettbewerb gegen große Firmen hatten wir noch nie eine Chance.«
»Schweres Gerät ist dort nicht einsetzbar, somit rentiert sich das Projekt nicht für die Konkurrenz. Bei diesem Bauvorhaben zählt Logistik und gute alte Handwerkskunst – genau unser Ding.« McStews mürrische Miene entspannte sich. »Außerdem: Die Houllier mag mich. Ich hab’ schon für ihren Vater gearbeitet, da ging Monique noch aufs College.«
Er humpelte zum Büro, blieb unter der Tür stehen, drehte sich um und schrie, dass wir uns augenblicklich auf den Weg machen sollten.
»Verdammt, es ist Samstagnachmittag«, brummte ich.
»Jipp.«
»McStew gönnt uns wohl überhaupt kein Wochenende?«
»Er ist der Boss, Junge«, knurrte Jacob. »Und Auftrag ist Auftrag.«
Widerwillig fuhr ich los. Kurz nachdem wir Ponchatoula in östlicher Richtung verlassen hatten, wurden die Wolken über uns immer dunkler. Die Witterung passte zu meiner Stimmung. Ob das stimmte, was Brix gesagt hatte? War Tracy Redbow wirklich ein Flittchen, das Männern nur für Geld gefällig war? Müsste ich auch bezahlen, wenn ich mit ihr intim werden wollte? Aber wollte ich das?
Schwere Regentropfen klatschten auf die Windschutzscheibe, ich stöhnte schwermütig.
»Jipp, wirklich ein Scheißwetter«, brummte Jacob.
Sollte ich ihm gestehen, dass ich nicht wegen des Wetters niedergeschlagen war? Es hätte auch hageln oder schneien können, das wäre mir egal, aber mein Gefühlsleben und mein sexueller Notstand waren es nicht. Verbittert knirschte ich mit den Zähnen, Tracy Redbow konnte ich abschreiben. Eigentlich müsste ich Darrell Brix noch dankbar sein, hatte er mich doch vor einer noch größeren Enttäuschung bewahrt.
Traurig stierte ich auf die Straße. Wie sollte es jetzt weitergehen? Wie lange sollte ich eigentlich noch nach einer Partnerin suchen? Es musste doch irgendwo ein halbwegs anständiges, passabel aussehendes und zugleich unternehmungslustiges Mädchen geben, das ich erobern könnte. Sicher, aber wo? Und würde diese Person auf jemanden wie Calvin Booth warten? Verdammt, warum war das Leben so kompliziert?
Meine Ungeduld wuchs, deshalb durfte ich mir keine Fehler erlauben. Sollte ich mir ein paar Tipps von meinem Partner geben lassen? Von der Erfahrung eines derart erfolgreichen Aufreißers würde ich mächtig profitieren.
Der Regen wurde heftiger. Ich musste langsamer fahren und stellte den Scheibenwischer auf die schnellste Stufe.
Als ich eine Meile später endlich den Mut aufbrachte, um Jacob zu fragen, wie man ein Mädchen am schnellsten ins Bett kriegt, dirigierte er mich nach Norden.
»Wir sind doch erst in Mandisonville. Müssen wir nicht auf der 190 bleiben?«, reklamierte ich. »Die Abzweigung zur Ornithologen-Station liegt doch noch hinter Lacombe.«
Jacob wischte sich den Schweiß von der Stirn. »In diesen verfluchten Mangrovensumpf bringen mich keine zehn Pferde mehr.«
»Wie jetzt? Ich denke, Auftrag ist Auftrag?«
»Gwendolyn wartet auf mich.« Er massierte sich die Schläfen, seine Hände zitterten leicht.
»Gehts dir nicht gut, Jacob?«
»Alles okay«, murmelte er. »Fahr’ schneller. Du weißt, wo ich wohne.«
»Ich will mich ja nicht in dein Privatleben einmischen, aber vielleicht solltest du dir alleinstehende Freundinnen suchen. Das war heute echt gefährlich.«
»Kreuzgefährlich. Wenn ich das Biest nicht im letzten Moment festgehalten hätte – nicht auszudenken! Ich kann daheim alles erklären, aber keinen zerkratzten Rücken.«
»Mit gefährlich meinte ich eigentlich Noras Mann. Er hätte euch beinahe in flagranti erwischt.«
»Der Idiot tauchte fünf Minuten zu früh auf. Das nennt man Koitus Interruptus, oder?«
»Man nennt es sträflichen Leichtsinn. Ich dachte, unser letztes Stündchen hat geschlagen.«
»Du musst hier abbiegen.«
»Ich soll dich wirklich nach Hause fahren? Aber wir …«
»Nichts aber«, würgte er meinen Einwand mit belegter Stimme ab. »Die beschissene Tür kannst du auch allein reparieren.«
Als ich in der Calhoun Street vor seinem Häuschen anhielt, zückte Jacob fünfzig Dollar.
Ich stutzte. »Was soll das?«
»Du hast mir den Arsch gerettet.«
»Wir sind Kollegen, Ehrensache.«
Er steckte mir den Schein in die Hemdtasche. »Und Hut ab, wie cool du das mit Sergeant Brix gemeistert hast. Verteidigt hast du mich auch. Das vergesse ich dir nie, trotzdem kann ich jetzt nicht mit – kein Wort zum Boss, okay?«
»Wie du meinst«, brummte ich.
Jacob stieg aus, ich wollte losfahren, doch er hob die Hand und stoppte mich.
Eigenartig, warum rannte er bei dem Mistwetter nicht gleich ins Haus? Jacob war im Nu klatschnass, es schien ihn jedoch nicht zu stören.
Er klopfte an die Seitenscheibe.
Ich ließ sie eine Handbreit herunter und erschrak. Warum sah der Hüne plötzlich so blass aus? Steckte ihm das Brix-Abenteuer doch tiefer in den Knochen, als er zugeben wollte?
»Noch was, Kleiner«, rief er gegen das Prasseln des Regens an. »Die Alligatoren sind nicht das Gefährlichste im Sumpf.«
Ich sah ihn fragend an, er machte eine beschwörende Geste. »Bleib’ nicht länger bei Madame Houllier, als unbedingt nötig. Zudem musst du dort konsequent alles ablehnen. Snacks, Getränke … Einfach ALLES!«
Ich runzelte die Stirn. Warum war er so aufgeregt? Wir freuten uns doch immer, wenn wir von unseren Kunden Erfrischungen bekamen.
»Du nimmst nichts an«, schärfte er mir nochmals eindringlich durch den Fensterspalt ein. »Egal, was dir die Cajun anbietet, okay?«
Ich nickte sparsam, sagte: »Du wirst nass.«
»Jipp, das wirst du auch noch. Du weißt ja, dass du nur mit dem Boot zur Vogelwarte gelangst.«
»Wird schon nicht ewig schütten.«
»Der Mangrovensumpf ist tückisch. Du musst dich sklavisch an die Markierungen halten.«
»Schon klar, Jacob. Die gelben Rauten auf rotem Grund sind nicht zu übersehen.«
»Gut.«
»Jetzt entspann dich! An der Tür müssen wir wirklich nicht zu zweit herumfummeln. Vertrau’ mir, ich krieg’ das schon hin.«
»Das Handwerkliche schon …«
»Aber?«
»Versprich mir, dass du der Houllier nicht zu lange in die Augen siehst.«
»Weil sie mich sonst mit einem Zauberspruch in eine Kröte verwandelt? Mach dich nicht lächerlich, nur die Spinner vom Ku-Klux-Klan glauben, dass es unter den Cajun-Frauen Voodoo-Hexen gibt.«
»Mach’ dich nicht lustig über mich, Calvin. Befolge einfach meinen Rat, okay?«
»Schon gut, ich richte die Tür und hau’ wieder ab. Schließlich will ich auch irgendwann Feierabend haben.« Ich hob die Hand zum Gruß. »Bis Montag, schönes Wochenende.«
Jacob lächelte gequält und ich fuhr los. Im Rückspiegel sah ich, wie mein Kollege mit hängendem Kopf ins Haus schlurfte.
Was war nur mit ihm los? Was sollten die ominösen Warnungen?
Erst am Dienstag hatte ich gemeinsam mit ihm das Dach der Vogelwarte repariert, am Mittwoch war mein Kollege noch einmal allein dort gewesen. Mir war lediglich aufgefallen, dass Jacob in Anwesenheit der attraktiven Zoologin ungewöhnlich gehemmt gewesen war. Warum? Weil die Wissenschaftlerin von einer Aura umgeben war, die sie immun gegen Jacobs Charme machte? War der Womanizer in seiner Ehre gekränkt?
Als ich wieder auf die 190 bog, fragte ich mich abermals, warum mir Jacob diese merkwürdigen Botschaften mit auf den Weg gegeben hatte. Lag es daran, dass er mit der kapriziösen, distinguierten Art von Monique Houllier nicht klarkam? Logisch, die stolze Professorin war einfach ein paar Nummern zu groß für ihn. Oder hatte Jacob einfach nur Angst, dass ein Novize wie ich dort besser ankommen könnte als er selbst? Sah mich der erfolgsverwöhnte Frauenheld inzwischen als Konkurrenz?
Ich hörte mich bitter lachen. Nein, das konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen. Die exaltierte Cajun-Lady bewegte sich in Sphären, die für unsereins ein Leben lang unerreichbar blieben.
Madame Houllier war aber nicht nur eine außergewöhnliche Persönlichkeit, auch ihre sinnliche Figur und das exotische Flair waren ungemein beeindruckend. Ich hatte in den letzten Nächten oft an sie gedacht. Der Boss, der schon Jahrzehnte für die Vogelstationen am Lake Pontchartrain arbeitete, erzählte einmal, dass in ihren Adern nicht nur französisches Blut, sondern auch welches aus Jamaika fließen würde. Somit hatte die Houllier auch karibische Wurzeln.
Die Abstammung der Houllier konnte jedoch ebenso wenig wie ihr Intellekt der Grund für Jacobs sonderbares Verhalten sein. Ursächlich war wohl eher ein Erlebnis, das er bei seinem Besuch am Mittwoch hatte, als er einige Restarbeiten ausführen wollte. Hatte sie ihn abblitzen lassen oder war er mit dieser Diva schlichtweg überfordert gewesen?
Ich neigte den Kopf nachdenklich zur Seite. Was mochte Jacob dort erlebt haben? Sicher nicht das, was er im Hause Brix praktizierte, sonst hätte er sich anders geäußert. Was mochte es gewesen sein? Zugegeben, die Einsiedlerin war schon ein wenig schräg. Das mit geschnitzten Masken, obskuren Bildern und dem obligatorischen, ausgestopften Federvieh geschmückte Anwesen wirkte skurril, doch eine Voodoo-Hexe war Madame Houllier deshalb noch lange nicht.
Jacob war einfach nur abergläubisch.
4.
Als ich zwanzig Minuten später den Pick-up am Waldrand neben dem Bootssteg parkte, war die Gewitterfront zwar zum Delta weitergezogen, doch es regnete noch immer.
Sollte ich warten?
Nein, der Regen konnte nur bis zur Haut gehen und ich war schließlich nicht aus Zuckerguss. Allerdings sollte ich darauf achten, dass ich meiner schussligen Linie hier nicht treu blieb. Jacob sagte immer, wenn es auf einer riesigen, plangewalzten Ebene irgendwo ein kleines Loch geben würde, wäre das garantiert mein Verhängnis. Nur ich würde es finden und hineintreten. Deshalb bewegte ich mich jetzt besonders vorsichtig und inspizierte mit großer Sorgfalt den Boden vor mir, um nicht auszurutschen. Prompt schlug ich mir die Stirn an einem Ast auf, verlor beinahe das Gleichgewicht und schlitterte über die glitschigen Planken des Stegs. Dort knallte ich mit dem Knie gegen den Pfosten, an dem das hölzerne Ruderboot vertäut war.
›Jipp. Gleich und gleich gesellt sich gern – Vollpfosten unter sich‹, hätte Jacob jetzt voller Schadenfreude gefeixt. Ich vermisste ihn nicht. Schon viel zu oft hatte ich meinen Kollegen durch unfreiwillige Slapstick-Nummern derart erheitert, dass er wie ein besoffener Gaul wieherte. Manchmal war es echt besser, allein zu sein.
Unter Schmerzen zog ich die Plane vom Boot, rollte sie zusammen und verstaute sie zusammen mit meinem Werkzeugkoffer unter der Sitzbank des Kahns. Anschließend band ich ihn los und legte mich leise fluchend in die Riemen. Aber warum hadern? Schließlich hatte ich weder Werkzeug noch mich selbst im Morast versenkt, sondern mich nur zweimal gestoßen.