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Die beiden Bestsellerautoren Anselm Grün und Clemens Bittlinger laden dazu ein, mitten im Alltag neue Wege zu entdecken, die zur Ruhe und Gelassenheit führen. Mit ihren kurzen Texten öffnen sie neue Horizonte und bieten ungewöhnliche Sichtweisen, die helfen, inmitten herausfordernder Zeiten den eigenen Lebensweg zu entdecken. Das Buch bietet wertvolle Impulse, um zur Ruhe zu kommen und Kraft für den Alltag zu schöpfen. Mit einfühlsamen und inspirierenden Texten begleiten die Autoren ihre Leser auf dieser Reise. Ein einzigartiges Werk, das Bekanntes aus den Büchern "Zum Glück gibt es Wege" und "Gelassen durch die schnelle Zeit" sowie bisher unveröffentlichte Texte enthält.
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Seitenzahl: 217
Veröffentlichungsjahr: 2025
AnselmGrünClemensBittlinger
Gelassen durchdie schnelle Zeit
Dr. Anselm Grün ist Benediktinerpater, war lange Jahre Verwaltungsleiter (Cellerar) der Abtei Münsterschwarzach und ist Autor zahlreicher geistlicher Bestseller.
Clemens Bittlinger ist Liedermacher, Buchautor und evangelischer Pfarrer. Er lebt mit seiner Familie im Odenwald.
Die Texte dieses Buches sind zum Teil bisher unveröffentlicht, zum Teil als Impulse des Fastenkalenders „7 Wochen ganz gelassen“ erschienen (vergriffen).
Die zitierten Bibelworte sind der Lutherbibel und der Einheitsübersetzung entnommen: Einheitsübersetzung der Heiligen Schrift, © 2016 Katholische Bibelanstalt GmbH, Stuttgart; Lutherbibel, revidierter Text, durchgesehene Ausgabe in neuer Rechtschreibung, © 1999 Deutsche Bibelgesellschaft Stuttgart
1. Gesamtauflage 2025
Zum Glück gibt es Wege: © 2016 Brunnen Verlag GmbH, Gießen
Gelassen durch die schnelle Zeit: © 2013 Brunnen Verlag GmbH, Gießen
Gottlieb-Daimler-Str. 22, 35398 Gießen
www.brunnen-verlag.de | [email protected]
Die Nutzung von Bild-, Sprach- und Textdaten für sog. KI-Training und ähnliche Zwecke ist nur nach vorheriger schriftlicher Genehmigung erlaubt.
Lektorat: Petra Hahn-Lütjen
Umschlaggestaltung: Jonathan Maul/Brunnen Verlag GmbH
Umschlagmotiv: Jürgen Fälchle/Adobe Stock
Satz: Brunnen Verlag GmbH
ISBN Buch 978-3-7655-0879-0
ISBN E-Book 978-3-7655-7740-6
Teil 1 Zum Glück gibt es Wege
Zum Glück … gibt es Wege
1. Wegweiser: Höhepunkte
Glück ist … … wenn wir echte Begegnung erleben
2. Wegweiser: Segen
Glück ist … … wenn das Leben „aufblüht“
3. Wegweiser: Krisen
Glück ist … … dankbar zu sein
4. Wegweiser: Freude
Glück ist … … klare Entscheidungen zu treffen
5. Wegweiser: Stille
Glück ist … … Gastfreundschaft zu leben
6. Wegweiser: Pausen
7. Wegweiser: Träume und Verheißungen
Glück ist … … Traurigkeit zu ertragen
8. Wegweiser: Vergebung
9. Wegweiser: Anbetung
10. Wegweiser: Die Seligpreisungen Jesu
11. Wegweiser: Unterwegs mit einem Auftrag
12. Wegweiser: Kreativität
Glück ist … … sich nicht zu vergleichen
13. Wegweiser: Umkehr
Glück ist … … Treue, Trost, Heimat zu erleben
14. Wegweiser: Das Einfache
15. Wegweiser: Liebe
Glück ist … … mit der Quelle der Liebe in Berührung zu kommen
16. Wegweiser: Auferstehung
17. Wegweiser: Bücher
18. Wegweiser: Gelingendes Gespräch
19. Wegweiser: Seinem Ruf folgen
Teil 2 Gelassen durch die schnelle Zeit
Einladung zum Innehalten
Stille
Stille und Schweigen
Stille ist wie ein Mantel, der dich einhüllt
Mut zur Stille
Mach einen Termin mit dir selbst
Gott spricht im Verzicht
In uns ist ein Raum der Stille
Genieße die Stille – sie führt dich zur Freiheit
In der Stille spricht Gott zu mir durch sein Wort
Wachheit
Bewache die Tür deines Herzens
Wie lebe ich? Wo werde ich gelebt? Wie möchte ich leben?
Leben mit allen Sinnen
Wach auf und mach die Augen auf
Man kann nicht nicht kommunizieren (Paul Watzlawick)
Steh auf vom Schlaf
Spür den Boden, der dich hält
Freude
Trau der Freude, die in dir ist
Freu dich an dem, was Gott dir täglich schenkt
Freude entsteht, wenn ich es mir bewusst mache: Jetzt bin ich glücklich
Freude wächst aus der Liebe zum Leben
Freu dich, wenn du dich wiederfindest
„Lass mich zu dem Menschen werden, für den mein Hund mich hält“
Erinnere dich an die Freuden, die du im Lauf deines Lebens hattest
Kommunikation
Wir kommunizieren immer
Es tut mir gut, wenn ich es lerne, zu schweigen
Die Kommunikation beginnt bei den Gedanken
Oft sind es die Stillen, die Wichtiges zu sagen hätten.
Unsere Sprache verrät uns
Das Eigentliche geschieht oft nonverbal
Freunde setzen sich auch auseinander
Liebe
Lass dich von der Erfahrung der Liebe zur Quelle der Liebe führen
Wer sich Zeit für andere nimmt, dem wird erfüllte Zeit geschenkt
Lass dich von der Sehnsucht nach Liebe leiten
Die Liebe, die Gott uns schenkt, kennt keine ausweglosen Situationen
Liebe mit dem Herzen, aber auch mit den Augen
Wir brauchen kostbare Momente, in denen wir innehalten
Lass dich von der Liebe heilen
Achtsamkeit
Achte auf den Augenblick
Behutsam auf uns selbst und andere achten
Die Achtsamkeit befragt unser Leben
Wach auf, um achtsam die Wirklichkeit wahrzunehmen
Die Achtsamkeit des Mitmenschen hilft uns zu leben
Tu heute alles in Achtsamkeit und Behutsamkeit
Gott hat mich im Blick
Achte darauf, ob du in Beziehung bist zu dem, was dir begegnet
Verzicht
Verzichte, um dein Ziel besser zu erreichen
Verzichte, um zu genießen
Verzichte, damit du selbst lebst, anstatt gelebt zu werden
Verzichte, um dich innerlich frei zu fühlen
Verzicht mündet in Hingabe und echter Begegnung
Nur wer Trauer (er)trägt, kann auch getröstet werden
Gelassenheit
Ich bin ganz gelassen, denn du, Gott, lässt mich sein
Am gedeckten Tisch
Gelassen bleiben, wenn ich angegriffen werde
Leben
Der Tod hat nicht das letzte Wort
Rechne mit Jesus, dem Auferstandenen
Willkommen zu Weg-Geschichten und -Erzählungen!
Alle Menschen wollen glücklich sein. Das sagte schon vor 1600 Jahren Augustinus.
Bis heute ist die Sehnsucht nach Glück ungebrochen. Es gibt viele Glücksbücher, die uns zeigen wollen, wie wir glücklich werden können. Jedoch: Glück kann man sich nicht kaufen. Glück kann man auch nicht einfach machen.
Aber es gibt
Wege
zum
Glück.
Es gibt innere Wege, die mich dazu führen, mit mir selbst in Einklang zu kommen. Und wenn ich im Einklang bin mit mir, dann fühle ich mich glücklich. Es gibt aber auch Menschen, die mich an die Hand nehmen, um mit mir das Glück des Miteinanders zu erfahren.
Die Wege, die wir gehen, bereiten uns vor, geben uns Zeit, dass wir uns auf das Kommende einstellen können: Eine Schwangerschaft dauert neun Monate. Die Eltern lernen, sich auf das Baby einzustellen und sich vorzubereiten. Menschen, die, z. B. bei einem Lottogewinn, plötzlich und allzu schnell vom Glück übereilt werden, sind oft ganz einfach überfordert und haben nicht gelernt, mit der neuen Situation „umzugehen“. Deshalb ist es gut und wichtig, sich dem Glück behutsam zu nähern.
Zum Glück gibt es Wege, die uns herausführen, z. B. aus der Trauer. Wenn wir einen geliebten Menschen verloren haben, brauchen wir eine Weile, um uns neu zu sortieren, wir „durchlaufen“ bestimmte Phasen der Trauer, bis wir wieder in der Lage sind aufzuschauen und neuen Mut zu fassen.
Zum Glück gibt es Wege heraus aus der Lethargie – hin zu neuer Lebensfreude, heraus aus der Ängstlichkeit – zu neuem Lebensmut.
Die Bibel ist voller Weggeschichten, die uns an die Hand nehmen und zum Leben ermutigen wollen.
Davon handelt dieses Buch, und wir fragen bei jeder dieser Erzählungen: „Was ist das Spezielle an diesem Weg zum Glück?“ Und wo kommt dieses Spezielle in unserem Alltag vor? Denn auch die biblischen Wege zum Glück führen uns nur dann zum Glück, wenn wir sie auch selbst gehen: im eigenen Leben, im eigenen Alltag und in den eigenen Begegnungen.
In der zweiten Hälfte unseres Buches wollen wir Sie einladen, ganz besondere Wege zum Glück zu beschreiten. Hier beginnt gewissermaßen der Praxisteil dieses Buches, in dem wir Sie mit z. T. ganz einfachen, kurzen Impulsen und Anleitungen dazu anregen, mit uns gemeinsam den Schatz zu entdecken, der in jedem Menschen steckt.
„Das Glück ist eine Reise, kein Ziel“, sagt ein altes Sprichwort der Wüstenväter. Zu dieser Reise wollen wir Sie nun einladen.
Herzlich
Pater Anselm Grün & Clemens Bittlinger
Im Urlaub zieht es viele Menschen in die Berge: einfach losmarschieren und dann von Hütte zu Hütte wandern, weit weg von allem anderen. Und während wir wandern, wird der Kopf freier und freier. Zwischendurch wird immer wieder mal angehalten, wir schauen hinunter ins Tal, trinken frisches Quellwasser und genießen die gute Bergluft. Wie schön ist es, wenn wir dann gegen Spätnachmittag die Hütte erreichen, ausgepowert und doch glücklich! Da schmecken die Brotzeit und das kühle Bier gleich doppelt so gut. Aber ohne den zurückgelegten Weg gäbe es diesen Glücksmoment nicht.
In solchen Momenten sammeln wir innerlich „Farben für den Winter“, wir tanken auf, wir atmen kräftig durch und lassen die Bilder auf uns wirken.
Auch Jesus und seine Jünger brauchen diese Zeiten, in denen sie einfach einmal auf Abstand gehen können – weg von den Menschenmassen, weg von den Streitgesprächen mit den Schriftgelehrten und dem stetig wachsenden Erwartungsdruck der Menschen, die ihnen begegnen. Da ist eine Bergtour genau das Richtige: Jesus und drei seiner Freunde auf einer kleinen Wanderung. Das muss ein sehr schönes Erlebnis gewesen sein – endlich Zeit zum Reden, Zeit, um auch persönlichere Dinge zu besprechen, Zeit auf dem Weg, Gelegenheit dazu, auch Ängste und Fragen zu formulieren. Was für ein Glück, diese Zeit zu haben, diesen Weg zu gehen und die Gedanken einfach einmal kommen und gehen zu lassen. Jesus von Nazareth als Bergführer, das muss man sich einfach einmal vorstellen!
Jeder, der schon einmal einen Berg erklommen hat, weiß: Das Gipfelerlebnis ist etwas ganz Besonderes. Wenn wir dann endlich oben stehen, am Gipfelkreuz, und wenn dann auch noch schönes Wetter und eine klare Sicht herrschen, dann kann einem das schon einmal den Atem rauben – nichts als wunderschöne Bergwelt, so weit das Auge reicht.
Das Gipfelerlebnis, das die drei Jünger Petrus, Jakobus und Johannes haben, ist allerdings von ganz besonderer Art. Sie beginnen auf einmal, „ihren Jesus“ in einem völlig neuen Licht zu sehen, und nicht nur das: Sie erkennen den historischen und religiösen Zusammenhang, in dem ihr Meister zu sehen ist: Jesus wird vor ihren Augen verklärt, sein Gesicht leuchtet hell wie die Sonne, und seine Kleider werden weiß wie das Licht. Und während sie ihn so in einem ganz neuen Licht sehen, wird die „Erscheinung“ noch erweitert, und zwar durch zwei herausragende Persönlichkeiten der jüdischen, also ihrer eigenen, Geschichte: Unverkennbar stehen da plötzlich – neben dem verklärten Jesus – Mose und der Prophet Elia (Mt 17,2f.).
Das muss ein unglaublicher Moment gewesen sein – die Jünger stehen da und sehen Mose, den Befreier, den Überbringer der Gesetzestafeln, den, der alles auf eine Karte gesetzt und sein Volk, die Israeliten, aus der Gefangenschaft der Ägypter in das gelobte Land geführt hat. Mose, den Mann, der den Betern im Sinn ist, wann immer das Urbekenntnis des Volkes Israel gesprochen wird: „Der Gott Abrahams und Isaaks, der uns aus Ägyptenland geführt hat!“
Wir können uns kaum vorstellen, wie beglückend diese Vision für einen gläubigen Juden sein muss! Und dazu noch Elia, der wichtigste Prophet nach Mose, der, von dem es heißt, er sei mit einem Feuerwagen direkt in den Himmel aufgenommen worden (2 Kön 2,1-18) – Elia, der Wegbereiter des erwarteten Messias.
Nun stehen diese beiden da, im Gespräch mit ihrem Jesus – was für ein erhabener, historischer Moment. Ein absoluter Höhepunkt im Leben dieser drei Freunde. Kein Wunder also, dass sie diesen Moment gerne festhalten würden.
Heutzutage würde bei so einem Ereignis vermutlich das Smartphone gezückt und der Augenblick mit der Smartcam festgehalten werden. Vielleicht würde er auch gleich über Facebook geteilt … und dabei wahrscheinlich der wichtigste Teil dieses Ereignisses verpasst werden.
Ich wundere mich immer, wie viele Leute, auch im Urlaub, permanent mit ihrem Smartphone zugange sind. Alles wird sofort digital gespeichert und gepostet: der Strand, das Essen, das Meer, und hier noch ein Selfie und da noch ein Klick und hier noch mal schnell ein Filmchen. Da denke ich manchmal: Leute, die so unterwegs sind, verpassen oft das eigentlich Schöne an solchen Momenten – nämlich die wunderbare Atmosphäre, den lauen Wind, das gemütliche Beisammensein am Tisch, die Entspannung, die sich langsam einstellt, und das Glücksgefühl: Wie schön, dass wir alle mal wieder beisammensitzen und uns aneinander freuen dürfen.
Der eigentliche Höhepunkt, er lässt sich doch gar nicht festhalten – er lebt doch von eben dem stillen Augenblick, in dem er stattfindet, und diesen Höhepunkt verpasse ich, wenn ich allzu sehr damit beschäftigt bin, ihn irgendwie zu fixieren und zu dokumentieren. Hinzu kommt: Ein Sonnenuntergang durch das kleine Display des Smartphones betrachtet ist längst nicht so eindrucksvoll wie ein Sonnenuntergang, bei dem ich das Ding einfach auslasse und den Moment voll und ganz auf mich wirken lasse. In so einem Moment wird das sogenannte „Smartphone“ ganz schnell zu „Stupidphone“, denn es hindert mich daran, einfach da zu sein und den Moment zu genießen. Glück kann man nicht festhalten, Glück braucht dieses Innehalten. Zum Glück braucht es stille Momente, stille Wege.
Die Jünger Jesu haben keine Smartphones und auch keine Kameras, aber auch sie wollen diesen wunderbaren Moment doch irgendwie festhalten. So ganz nach dem Motto „Hier gefällt es uns, hier bleiben wir!“ macht Petrus einen Vorschlag: „Wollen wir uns hier nicht einfach niederlassen – wir würden auch drei Hütten bauen: eine für dich, eine für Mose und eine für Elia!“ Doch der Vorschlag des Petrus geht unter in einem weiteren großartigen Schauspiel. Auf einmal sind sie umgeben von einer großen Wolke und einer Nebelwand, und aus dieser Nebelwand hören sie die Stimme: „Dies ist mein lieber Sohn, an dem ich Wohlgefallen habe, auf ihn sollt ihr hören!“ Nicht genug, dass sie Jesus vor wenigen Augenblicken in einem völlig neuen Licht sehen durften – nein, jetzt kommt auch noch die verbale Bestätigung hinzu: Dieser Jesus ist weit mehr als irgendein Mensch oder Wanderprediger, er ist der Sohn Gottes. In ihm begegnet uns auf einzigartige Weise Gott selbst – was für ein unglaublicher Moment, was für ein erschreckendes und gleichzeitig beglückendes Erlebnis, was für ein Höhepunkt, in vielerlei Hinsicht! Aber natürlich sind sie bis ins Mark erschrocken, als sie plötzlich die Stimme des allmächtigen Gottes vernehmen können, das lässt sie regelrecht erstarren.
Ja, es gibt diese Momente, in denen wir erschaudern vor Glück, in denen wir von dem, was gerade passiert, so ergriffen sind, dass wir es kaum wagen, uns zu rühren. Wie die Jünger, die gerade die Autoritäten des Alten Testamentes Mose und Elia vor sich sehen – gewaltige Wortführer, deren Reden und Gedanken absolut wegweisend für einen gläubigen Juden sind. Und nun wird Jesus in diesen Kontext gestellt und besonders herausgehoben durch die Aufforderung: „Auf ihn sollt ihr (nun) hören!“ Es wird damit klar: Jesus erfüllt die Botschaft des Alten Testaments, er ist der Messias, der, auf den alle warten.
Diese Erkenntnis, diese Botschaft, das lässt sie starr werden vor Furcht, vor Ehrfurcht.
Aus diesem Moment der Schreckens-und-Glücks-Starre auf dem Berg holt Jesus seine Freunde heraus, indem er sich ihnen ganz zuwendet, sie anrührt und zu ihnen sagt: „Habt keine Angst!“
Das sollen sie hören, das sollen wir hören, das ist eine der Grundbotschaften Jesu: „Du brauchst keine Angst zu haben – ich bin bei dir!“
Und als die Jünger auf dem Berg es wieder wagen, aufzublicken, ist diese besondere Szene vorbei … und sie sehen nur noch Jesus.
Nun, es wurden keine Hütten gebaut – nicht für Jesus, nicht für Mose und auch nicht für Elia. Es gibt besondere Momente wie diesen, es gibt diese Glücksmomente, die lassen sich nicht festhalten, und wir tun gut daran, es auch gar nicht zu probieren.
Wären die drei Jünger damit beschäftigt gewesen, auf der Stelle Holz und Steine zu sammeln, um den Bau der Hütten auch konkret umzusetzen – oder auf unsere Zeit heute übertragen: Wären sie damit beschäftigt gewesen, ihre Kameras und Smartphones optimal in Stellung zu bringen, auf Stativen, wohlmöglich noch mit den entsprechend installierten Lichtquellen, um ja diesen wunderbaren Moment festzuhalten –, dann wäre ihnen vielleicht der eigentlich wichtige Augenblick, das Besondere der Situation, durch die Lappen gegangen.
Und das ist etwas Essenzielles. Der eigentlich wichtige Moment in unserem Leben ist der Moment, in dem wir verstehen: Jetzt spricht Gott zu uns.
Und wenn das geschieht, dann haben wir Glück, denn das passiert eher selten, nicht ständig. Aber es geschieht.
Festhalten oder gar auf solch einem Höhepunkt verweilen, das können wir nicht. Wie die Jünger müssen auch wir zurück vom Besonderen ins Normale. Nach der klaren Gottesbegegnung zurück in trübe Tage mit den vielen offenen Fragen. Nach einem angenehm warmen Urlaub wieder zurück in den in mancher Hinsicht kühleren Alltag. Der Wechsel geht meistens ziemlich schnell. Es kann schon sein, dass uns bereits am Flughafen die alte Hektikwelt, das Gedränge und Geschubse wieder einholen.
Aber wir werden auch merken: Wir sind nach menschlich oder geistlich besonderen Erlebnissen entspannter und erfüllt von neuen tiefen Glückserfahrungen – und haben damit ein Stück Wegzehrung für die kommenden Wochen und Monate. Wegzehrung für die nächste Wegstrecke.
CB
Es gibt Menschen, die uns guttun. Wenn wir ihnen begegnen, wenn wir mit ihnen sprechen, dann kommen wir mit uns selbst in Berührung. Dann spüren wir für einen Augenblick lang ein unbeschreibliches Glück. Sie berühren unser Herz. Sie bringen uns in Berührung mit der Sehnsucht in uns nach Frieden, nach Lebendigkeit, nach Übereinstimmung, nach Glück. Manchmal sind solche Menschen für uns wie ein Engel. Sie kommen im richtigen Augenblick. Sie finden das Wort, das genau in unsere Situation passt.
Wenn wir mit solchen Menschen sprechen, dann wird uns auf einmal alles klar. Das Wirre und Trübe klärt sich. Und wenn wir uns gerade noch allein gefühlt haben, so spüren wir jetzt eine innere Verbindung. Wir sind nicht allein. Der Engel, der uns anspricht, führt uns tiefer in den Grund unserer Seele, in dem wir all-eins sind, eins mit uns selbst, eins mit allen Menschen, eins mit der Schöpfung, eins mit Gott.
AG
Abraham war glücklich an seinem Wohnort Haran. Er hatte sich gut eingerichtet, mit seiner Frau Sarai, mit seinen Knechten und seinen Viehherden. Doch mitten aus seinem Glück ruft ihn Gott heraus: „Zieh weg aus deinem Land, von deiner Verwandtschaft und aus deinem Vaterhaus in das Land, das ich dir zeigen werde“ (Gen 12,1). Abraham musste alles verlassen, um sich auf den Weg Gottes zu machen. Doch Gott verheißt dem Abraham, dass er ihn segnen wird und dass er selbst ein Segen sein soll. Die Zukunft des Abraham besteht nicht darin, dass er sich wohlfühlt, sondern dass er ein Segen wird für andere Menschen. Das ist eine neue Form des Glücks. Es geht nicht mehr um das, was ich selbst empfange, sondern um das, was von mir ausgeht. Und es gibt kaum ein größeres Glück, als Segen sein zu dürfen für andere. Manchmal sagen wir zu einem Menschen: „Du bist ein Segen für mich.“ Aber wir trauen uns kaum zu sagen: „Ich bin ein Segen.“ Die Geschichte Abrahams will uns einen Weg zeigen, wie wir selbst ein Segen sein dürfen für andere. Es geht nicht darum, dass wir viel leisten, sondern dass wir wie Abraham losziehen.
Abraham ist für Paulus das Urbild des Glaubens. Glauben heißt: losziehen und sich auf den Weg machen, den Gott mir zeigt. Die frühen Mönche haben den dreifachen Auszug – aus dem Land, aus der Verwandtschaft und aus dem Vaterhaus – so verstanden:
Wir sollen ausziehen aus allem, was uns festhält: aus unseren Gewohnheiten, von denen wir abhängig sind, von den Menschen, die uns festhalten und uns daran hindern, unseren eigenen Weg zu gehen, aus Bindungen, die uns unfrei machen.
Wir sollen ferner ausziehen aus den Gefühlen der Vergangenheit. Es gibt manche Menschen, die schwärmen immer nur von der Vergangenheit. Da war ihr Leben noch in Ordnung. Da war alles wunderbar. Doch sie leben dann nicht in der Gegenwart. Andere kreisen immer nur um die negativen Gefühle, die sie mit ihrer Kindheit verbinden, um die Verletzungen und Entwertungen, die sie erfahren. Auch daraus sollen wir ausziehen, damit wir jetzt in der Gegenwart unseren Weg gehen und uns auf das einlassen, was uns auf dem Weg hier und heute begegnet.
Und der dritte Auszug besteht darin, dass wir aus allem Sichtbaren ausziehen. Das Sichtbare ist nicht alles. Unser Weg zielt auf das Unsichtbare. Novalis hat das in dem schönen Wort ausgedrückt: „Wohin denn gehen wir? Immer nach Hause.“ Wir gehen letztlich immer auf Gott hin, immer auf eine letzte Heimat hin. Paulus drückt das so aus: „Unsere Heimat ist im Himmel“ (Phil 3,20).
Die jüdische Tradition hat den dreifachen Auszug Abrahams so verstanden: Du sollst ausziehen aus den Trübungen, die dir dein Vater bereitet hat, aus den Trübungen, die dir die Mutter bereitet hat, und aus den Trübungen, die du dir selbst bereitet hast. Doch wie sollen wir das verstehen? Der Vater sieht in seinem Sohn oft nicht diesen einmaligen Sohn, den Gott ihm geschenkt hat, sondern er projiziert seine eigenen Lebensträume in den Sohn hinein. Der Sohn soll das studieren, was der Vater nicht studieren konnte. Er soll all die unerfüllten Träume des Vaters leben. Oder aber der Vater sieht in dem Sohn all das Negative, das er selbst in seiner Seele verdrängt hat. Der Sohn wird dann entweder zum Traumfänger, der die Träume des Vaters leben soll, oder aber zum Sündenbock, der all das Böse, das der Vater verdrängt hat, verkörpert. Beide Sichtweisen trüben das Selbstbild des Sohnes. Der Sohn weiß gar nicht, wer er eigentlich ist.
Wir sollen zweitens ausziehen aus den Trübungen, die die Mutter uns bereitet hat. Auch die Mutter sieht im Sohn oder in der Tochter nicht dieses einmalige Kind, sondern sie trübt das Selbstbild ihrer Kinder durch ihre eigenen Schattenseiten, die ihren Blick verdunkeln. Eine Frau erzählte mir, dass sie als Kind eine Schwester hatte, die ihre Verwandten für hübscher hielten als sie selbst. Jetzt wurde sie Mutter einer schönen Tochter. Doch sie konnte sich gar nicht darüber freuen, sondern sah in der Tochter immer die Rivalin. Wir kennen dieses Motiv ja vom Märchen „Schneewittchen“. Die Stiefmutter sieht in der schönen Tochter nur eine Rivalin. Die Tochter weiß gar nicht, was mit ihr geschieht. Ihr Selbstbild wird getrübt. Oder wenn die Mutter sich als Frau nicht annehmen kann, trübt sie das Selbstbild der Tochter als Frau. Von solchen Trübungen sollen wir ausziehen, damit wir das einmalige Bild leben, das Gott sich von uns gemacht hat.
Wir sollen drittens ausziehen aus den Trübungen, die wir uns selbst bereitet haben. Wir sehen uns selbst auch nicht so, wie Gott uns sieht. Gott hat sich von jedem von uns ein einmaliges Bild gemacht. Aber wir haben oft Bilder der Selbstüberschätzung oder der Selbstentwertung. Wir denken entweder: Ich muss immer perfekt sein, cool sein, erfolgreich sein, alles im Griff haben. Oder aber: Ich bin nicht richtig. Keiner kann es mit mir aushalten. Keiner mag mich. Solche Selbstbilder trüben das einmalige Bild Gottes in mir. Daniel Hell, ein Schweizer Psychiater, meint, dass die Depressionen oft ein Hilfeschrei der Seele gegen Bilder der Selbstüberschätzung sind. Sie zeigen uns an, wo wir uns unrealistisch einschätzen. Nur wenn wir frei werden von den Trübungen, werden wir glücklich sein, dann werden wir ganz wir selbst sein.
Und wenn wir ganz wir selbst sind, wenn wir ausgezogen sind aus allen Bildern, die unser wahres Sein trüben, wenn wir immer mehr hineingehen in die einmalige Gestalt, die Gott uns zugedacht hat, dann werden wir ein Segen für andere sein. Wir müssen nicht etwas Besonderes leisten. Wir sollen nur wir selbst sein. Dann dürfen wir immer wieder dankbar erkennen: Ja, ich bin ein Segen. Und wenn ich ein Segen bin für andere, dann bin ich glücklich. Ich kann nicht angeben mit diesem Wort: „Ich bin ein Segen.“ Ich kann es nur in aller Demut bekennen.Trotz meiner Fehler und Schwächen darf ich ein Segen sein. Darin besteht für mich das größte Glück, dass ich als dieser durchschnittliche, fehlerhafte, aber doch einmalige Mensch für andere ein Segen sein darf, nicht in erster Linie, indem ich ein besonderes Werk vollbringe, sondern einfach durch die Tatsache, dass ich ganz ich selber bin, dass in mir das einmalige und unverfälschte Bild Gottes aufleuchtet und für die andern zum Segen wird.
AG
Das deutsche Wort „Glück“ hat mit Gelingen zu tun. Wenn das Leben gelingt, fühlen wir uns glücklich. Und wenn unser Leben fließt und aufblüht, spüren wir Glück.
Das biblische Bild für das Aufblühen unseres Lebens ist der Segen. Gott segnet den Abraham, dass er Segen wird für die Menschen (vgl. Gen 12,1ff.). Glück ist nicht etwas, was wir für uns behalten könnten. Glücklich sind wir, wenn unser Leben fließt, wenn wir selbst erfahren dürfen: Jetzt, in diesem Augenblick, darf oder durfte ich ein Segen sein für diesen Menschen. Ja, Gott hat mich selbst dazu erwählt, für andere zum Segen zu werden. Segen ist Fruchtbarkeit. Wenn ich zum Segen werde für andere, dann habe ich das Gefühl: Der andere ist von Gottes Segen eingehüllt wie von einem schützenden und wärmenden Mantel. Und Gottes Segen durchdringt diesen Menschen, bringt ihn in Berührung mit all den Fähigkeiten, die in seiner Seele vorhanden sind, und Gottes Segen bringt sein Leben zur Blüte. Es trägt Frucht für andere. Wenn ein Mensch spürt, dass er Segen wird für andere, fühlt er sich glücklich. Es ist ein Glück, das sich andern mitteilt, nicht ein Glück, das wir egoistisch für uns behalten wollen. Glück will sich mitteilen, so, wie Segen ausströmen will. Der gesegnete Mensch, der selbst zum Segen für andere wird, ist glücklich und eine Quelle des Glücks für andere.
AG
Stellen Sie sich vor, Sie müssten jeden Tag zwölf Stunden härteste Arbeit verrichten. Stellen Sie sich vor, es gäbe keinen Urlaub, keine Altersvorsorge und keine Krankenversicherung. Das, was Sie verdienen, reicht gerade mal, um in der spärlichen Unterkunft, die Ihnen zugewiesen wurde, nicht zu verhungern. Sie haben eine Frau und sechs Kinder, davon sind zwei so kränklich, dass Sie nicht wissen, ob sie im nächsten Monat, im nächsten Jahr noch leben werden. „Nächstes Jahr“, so weit wagen Sie gar nicht zu denken. Ihr Leben ist ein täglicher Überlebenskampf, sie leben buchstäblich von der Hand in den Mund, da ist kein Spielraum. Und dieses Überleben funktioniert nur, weil alle, wirklich alle, auch die Großeltern und die Kinder, mithelfen und mit anpacken. Wenn Sie sich das vorstellen können, bekommen Sie eine leise Ahnung davon, was es früher hieß, Leibeigener zu sein.
Leibeigene, Menschen, deren Leben wie Ware gehandelt wird, die keinen eigenen Besitz, keine eigenen Rechte besitzen, das sind die Israeliten vor rund dreitausend Jahren in Ägypten. Sie sind Gefangene und Sklaven des Pharao, und unter der Knute seiner Schergen werden sie brutal ausgebeutet.
Wer sieht dieses Elend? Wer spürt die Peitschenhiebe